Aus der Klinik für Anästhesiologie

der

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Direktor: Prof. Dr. Dr. J. Schüttler

Das intravenöse Anästhetikum Propofol aktiviert nozizeptive Neurone über

TRPA1-, TRPV1- und GABAA-Rezeptoren

Inaugural-Dissertation

zur Erlangung der Doktorwürde

der Medizinischen Fakultät

der

Friedrich-Alexander Universität

Erlangen-Nürnberg

vorgelegt von

Florian Niedermirtl

aus

Lauf an der Pegnitz

Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Dekan: Prof. Dr. Dr. h.c. J. Schüttler

Referentin: Prof. Dr. med. C. Nau

Korreferent: Prof. Dr. med. P.W. Reeh

Tag der mündlichen Prüfung: 19. Oktober 2011

Gewidmet meiner lieben Großmutter Emilie Langhans

*28.11.1926 - †22.04.2007

Inhaltsverzeichnis

1. Zusammenfassungen 1.1 Deutsch 1 1.2 Englisch 2 2. Einleitung 3 2.1 Einführung in das Thema 3 2.2 Propofol 4 2.2.1 Historie 4 2.2.2 Chemische Eigenschaften von Propofol 5 2.2.3 Pharmakokinetik 5 2.2.4 Pharmakodynamik und Dosierung 6 2.2.5 Andere zentralnervöse Effekte von Propofol 8 2.2.6 Effekte auf das kardiovaskuläre und respiratorische System 8 2.2.7 Besondere Patientengruppen 8 2.2.8 Injektionsschmerz 9 2.3 Das nozizeptive System 10 2.3.1 Allgemeines 10 2.3.2 Schmerzeinteilung 13 2.3.3 Peripheres nozizeptives System 14 2.3.3.1 Hitzenozizeption 16 2.3.3.2 Kältenozizeption 17 2.3.3.3 Chemonozizeption 18 2.3.3.4 Mechanonozizeption 19 2.3.3.5 Periphere Sensibilisierung 19 2.3.4 Zentrales nozizeptives System 21 2.3.5 Schmerzresistenz 22 3. Material und Methoden 24 3.1 Tiere 24 3.2 Zellkultur 24 3.3 Gezielte Mutation und heterologe Expression 24 3.4 Calcium-Imaging 25 3.5 Patch-clamp Experimente 26 3.6 Messung der CGRP-Freisetzung 26 3.7 Psychophysikalische Experimente 27 3.8 Chemikalien 27 3.9 Datenanalyse 28 4. Ergebnisse 29 4.1 Propofol verursacht in kultivierten Spinalganglienzellen eine Erhöhung 29 2+ der intrazellulären Calcium-Konzentration [Ca ]i

4.2 TRPV1-, TRPA1- und GABAA–Rezeptoren sind für den Propofol- 32 induzierten Anstieg der intrazellulären Calcium-Konzentration in Spinalganglienzellen verantwortlich 4.3 Propofol verursacht Einwärtsströme in Spinalganglienzellen von 36

Mäusen durch die Aktivierung von TRPV1-, TRPA1- und GABAA- Rezeptoren 4.4 Propofol aktiviert und blockiert TRPA1 39 4.5 Propofol aktiviert, sensibilisiert und desensibilisiert TRP-Kanäle aus 40 der TRP-Unterfamilie V 4.6 Propofol aktiviert TRPA1 nicht über eine kovalente Bindung an 43 Cystein-Reste oder eine Interaktion mit der Transmembranregion 5

4.7 Propofol verursacht eine TRPV1- und TRPA1-abhängige aber GABAA- 46 unabhängige Freisetzung von CGRP aus isolierten peripheren Nerven 4.8 Propofol, aber nicht GABA, verursacht einen intensiven Schmerz nach 49 intrakutaner Injektion 5. Diskussion 51 5.1 Aktivierung und Sensibilisierung von TRP-Kanälen durch Propofol 51

5.2 Aktivierung von GABAA-Rezeptoren durch Propofol 53 5.3 Klinische Relevanz und Schlussfolgerungen 55 6. Literaturverzeichnis 56 7. Abkürzungsverzeichnis 72 8. Anhang und Bildquellennachweis 73 9. Danksagung 74 10. Lebenslauf 75

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1. Zusammenfassungen

1.1 Deutsch Hintergrund: Klinisch-gebräuchliche Anästhetika können bei intravasaler Injektion Schmerzen verursachen und sind daher in der Lage, nozizeptive Neurone zu akti- vieren und möglicherweise auch zu sensibilisieren. In dieser Studie identifizierten wir die molekularen Mechanismen, die dem Injektionsschmerz des Hypnotikums 2,6-Diisopropylphenol (Propofol) unterliegen. Methoden: Mit der Whole-cell-Konfiguration der Patch-clamp- Technik und der Ca2+-Imaging-Technik wurden Human embryonic kidney (HEK)-Zellen, die transient unterschiedliche nozizeptive Proteine exprimierten sowie nozizeptive Spinalgang- lienzellen von Wildtyp- und Knockout-Mäusen untersucht. Mit Hilfe eines ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) wurde die Freisetzung des Neuropeptids Calcitonin gene-related peptide (CGRP) aus isolierten peripheren Nerven von Wild- typ- und Knockout-Mäusen bestimmt. In Humanexperimenten wurde die Schmerz- haftigkeit der intrakutanen Injektion mehrerer Substanzen getestet. Ergebnisse: Klinisch-relevante Dosen von Propofol aktivierten die Rezeptoren TRPA1 und TRPV1 aus der „Transient receptor potential“ (TRP)-Familie in Spinal- ganglienzellen sowie in HEK-Zellen. In Spinalganglienzellen korrelierte die Aktivie- rung besser mit der Expression von TRPA1 als mit der Expression von TRPV1. Nach Vorbehandlung der Spinalganglien- oder HEK-Zellen mit dem PKC-Aktivator 4-Phorbol12-Myristat13-acetat (PMA) zeigte sich jedoch eine signifikante Sensibili- sierung der durch Propofol induzierten und durch TRPV1 vermittelten Ströme in Spinalganglienzellen und HEK-Zellen. Die Blockade der Rezeptoren in Spinalgang- lienzellen von Wildtyp-Mäusen mit bekannten Rezeptor-Antagonisten sowie der Knock-out der Gene für TRPV1 und/ oder TRPA1 in Mäusen führt zu einer deutli- chen Verkleinerung der Propofol-induzierten Aktivierung. Die verbleibende Restakti- vierung konnte durch den selektiven GABAA-Rezeptor-Antagonisten Picrotoxin voll- ständig geblockt werden. Propofol verursachte an isolierten peripheren Nervenprä- paraten von Wildtyp-Mäusen eine Freisetzung von CGRP, die Applikation von GA- BA an isolierten peripheren Nerven führte zu keiner CGRP-Freisetzung. Nach Appli- kation von Propofol an isolierten Nerven von TRPV1-/-/ TRPA1-/-- Mäusen zeigte sich ebenfalls keine CGRP-Freisetzung. Im Humanversuch verursachte nur Propofol, nicht aber GABA einen intensiven, brennenden Schmerz nach intrakutaner Injektion. Schlussfolgerungen: Da sowohl die Freisetzung von CGRP aus peripheren Ner-

ven als auch der Injektionsschmerz nicht durch GABAA-Rezeptoren vermittelt zu sein scheinen, belegen unsere Daten, dass TRPV1 und TRPA1 die Schlüsselele- 2

mente bei der Propofol-induzierten Aktivierung von nozizeptiven Neuronen sind. Unsere Studie eröffnet neue Aspekte zum Thema der Nozizeptor-Sensibilisierung durch Anästhetika sowie einer dadurch induzierten, möglicherweise verstärkten, postoperativen Schmerzwahrnehmung.

1.2 Englisch Background: Anesthetic agents can induce a paradox activation and sensitization of nociceptive sensory neurons and, thus, potentially facilitate pain processing. Here we identify distinct molecular mechanisms that mediate an activation of sensory neurons by 2,6-diisopropylphenol (propofol), a commonly used intravenous anes- thetic known to elicit intense pain upon injection. Methods: By means of the whole cell configuration of the patch clamp technique and the Ca2+ -imaging technique human embryonic kidney (HEK) cells transiently expressing different nociceptive proteins and dorsal root ganglia (DRG) cells from wild-type and knock-out mice were studied. The release of calcitonin gene-related peptide (CGRP) from isolated peripheral nerves from wild-type and knock-out mice was explored by an enzyme-linked immunosorbent assay. In human experiments the painfulness of intracutaneous injection of different substances was tested. Results: Clinically relevant concentrations of propofol activated the transient recep- tor potential (TRP) receptors TRPA1 and TRPV1 in HEK and DRG cells. In DRG neurons, propofol-induced activation correlated better to expression of TRPA1 than of TRPV1. However, pretreatment with the protein kinase C-activator 4-phorbol 12- myristate 13-acetate (PMA) resulted in a significantly sensitized propofol-induced activation of TRPV1 in DRG neurons as well as in HEK cells. Pharmacological and genetic silencing of both TRPA1 and TRPV1 only partially abrogated propofol- induced responses in DRG neurons. The remaining propofol-induced activation was abolished by the selective GABAA receptor antagonist picrotoxin. Propofol but not GABA evoked a release of CGRP, a key component of neurogenic inflammation, from isolated peripheral nerves of wild-type but not TRPV1 and TRPA1-deficient mice. Moreover, propofol but not GABA induced an intense pain upon intracutane- ous injection. Conclusions: As both the release of calcitonin gene-related peptide and injection pain by propofol seem to be independent of GABAA receptors, our data identify TRPV1 and TRPA1 as key molecules for propofol-induced excitation of sensory neurons. This study warrants further investigations into the role of anesthetics to induce nociceptor sensitization and to foster postoperative pain. 3

2. Einleitung 2.1 Einführung in das Thema Das intravenöse Anästhetikum Propofol (2,6-Diisopropylphenol) ist eines der meist- gebräuchlichsten Anästhetika im klinischen Einsatz. Dank seiner kurzen Kontext- sensitiven Halbwertszeit wird es nicht nur als hypnotische Komponente im Rahmen der totalen intravenösen Anästhesie (TIVA) verwendet, sondern auch als Kurzzeit- sedativum. Einer der Hauptnachteile des Präparats ist der intensive brennende Schmerz, der bei intravasaler Injektion von Propofol auftritt. Abhängig von der Kon- zentration (5mg/ml, 10mg/ml, 20mg/ml), der Trägerlösung und der Komedikation erleiden 24 - 90% aller Patienten Schmerzen bei intravenöser Injektion des Medi- kaments101. Eine mögliche Erklärung ist, dass Propofol direkt mit den sensorischen Nervenendigungen in der venösen Adventitia interagiert38,65,117. Eine Studie von Matta et al. zeigte, dass TRPA1, ein Rezeptor, der in nozizeptiven sensorischen Neuronen exprimiert wird und für Irritanzien sensibel ist, der einzige Rezeptor in diesen Neuronen ist, der durch Propofol und volatile Anästhetika akti- viert wird80. Diese Arbeitsgruppe konnte ebenfalls zeigen, dass das bei Tieren durch intranasale oder intraarterielle Applikation von Propofol induzierte Schmerzverhalten durch TRPA1 vermittelt wird80. TRPA1 ist ein unselektiver Kationen-Kanal, welcher durch stechende und irritieren- de Substanzen wie Senföl, Acrolein und Formalin aktiviert wird118. TRPA1 spielt eine wichtige Rolle bei Hyperalgesien nach Inflammation oder bei neuropathischen Schmerzen10,61,82,89. Ein weiterer exzitatorischer Ionenkanal aus der Familie der TRP-Rezeptoren ist TRPV1, der Capsaicin-Rezeptor. Er wird durch Wärme > 43°C sowie durch Capsai- cin, Protonen, das Endocannabinoid Anandamid, pflanzliche und tierische Gifte, Lokalanästhetika und andere Substanzen aktiviert18,71,113,135. Ein bedeutender Anteil von Neuronen, welche TRPV1 auf ihrer Oberfläche exprimieren, exprimieren eben- falls TRPA1118. TRPV1 ist verantwortlich für die Entwicklung einer thermischen Hy- peralgesie während Entzündungsphasen und verursacht zusammen mit TRPA1 die Bradykinin-induzierte Hyperalgesie5,10,19,32. Unsere Arbeitsgruppe konnte im Jahr 2008 zeigen, dass TRPV1 und TRPA1 ebenfalls durch Lokalanästhetika aktiviert werden71. Eine Studie von Cornett et al.28 zeigte sensibilisierende Effekte von volati- len Anästhetika an TRPV1. Allerdings gibt es widersprüchliche Daten bezüglich der Aktivierung von TRPV1 durch Propofol80,124. Es ist denkbar, dass sowohl die Aktivierung als auch die Sensibilisierung von TRPA1 und TRPV1 durch Anästhetika die Entstehung von postoperativen Schmer- zen begünstigen und eine postoperative Inflammation fördern. Da Injektionsschmerz 4

und postoperative Hyperalgesie bedeutende Nebenwirkungen selbst von kleineren chirurgischen Eingriffen darstellen97, war es Ziel dieser Studie, ein besseres und detaillierteres Verständnis für die Abläufe auf molekularer Ebene herzustellen, die zur Aktivierung von sensorischen Neuronen durch Propofol führen.

2.2 Propofol 2.2.1 Historie Das intravenöse Anästhetikum Propofol (2,6-Diisopropylphenol, siehe Abb. 1) wurde 1970 zum ersten Mal durch die Firma Imperial Chemicals (heute: Astra Zeneca) synthetisiert, Ende der 70er Jahre wurden die ersten klinischen Studien durchge- führt64. Im Jahr 1989 wurde Propofol durch die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) für den klinischen Gebrauch zugelassen; in Deutschland er- folgte die Zulassung 1996. Im Jahr 1996 kam das durch die Firma Astra Zeneca entwickelte Diprifusor TCI® System in Deutschland auf den Markt, welches auf dem Konzept der „Target controlled infusion“ basierte59. Das Diprifusor®-System bestand aus einer speziellen Infusionspumpe, welche nur mit Propofol-Fertigspritzen vom Hersteller betrieben werden konnte, die Infusionspumpe war mit speziellen TCI-Infusionsprotokollen programmiert. Das Konzept der TCI wurde in den frühen 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelt112. Grundidee der „Target controlled infusion“ ist, dass nicht feste Dosen oder Laufraten eines Medikaments, unabhängig vom bereits bestehen- den Plasmaspiegel des Medikaments, appliziert werden, sondern der Plasmaspiegel des Medikaments selbst gesteuert wird. Nachdem sich der Plasmaspiegel eines Medikaments aber nicht unmittelbar bestimmen lässt, sondern erst verzögert nach chemischer Analyse zur Verfügung steht, wurden pharmakokinetische und pharma- kodynamische Modelle aus Probandenversuchen entwickelt. Definierten Proban- dengruppen (Alter, Geschlecht, Gewicht, etc.) wurden festgelegte Medikamenten- dosen verabreicht und der Plasmaspiegel von Propofol zu bestimmten Zeitpunkten bestimmt. Aus diesen Daten konnten Modelle für einen „virtuellen“ Plasmaspiegel von Propofol erstellt werden. Die Modelle nach Marsh79 und Schnider111 sind für Propofol heute am gebräuchlichsten, moderne Perfusoren bieten diese Modelle standardmäßig zur Programmierung an. Zur Steuerung des virtuellen Plasmaspie- gels von Propofol ist die Eingabe von Alter, Geschlecht, Körpergröße und Körper- gewicht nötig. Die notwendige Perfusorlaufrate zum Erreichen und Aufrechterhalten eines bestimmten Plasmaspiegels wird vom Perfusor dann errechnet. Das überzeugende pharmakologische Profil von Propofol, welches auf geringer Kumulation und konstantem Abbau beruht, half dem damals neuen Konzept der 5

„totalen intravenösen Anästhesie“ (TIVA), sich gegenüber der etablierten Neurolep- tanästhesie (Kombination aus Opioid, Neuroleptikum, Lachgas sowie fakultativer Muskelrelaxierung) und der balancierten Anästhesie (Kombination aus volatilem Anästhetikum, Opioid und fakultativem Muskelrelaxans) zu behaupten. Bei einer TIVA werden alle Komponenten der Allgemeinanästhesie (Hypnose, Analgesie, Muskelrelaxierung und vegetative Dämpfung) durch i.v.-Medikamente abgedeckt. Die Beatmung mit volatilen Anästhetika oder der Gebrauch von Neuroleptika ist nicht mehr notwendig. Bereits 1999 war die Neuroleptanästhesie nahezu vollständig aus dem klinischen Alltag verschwunden13, die Zahl der mit Propofol durchgeführten Allgemeinanästhesien nimmt im Vergleich zu den balancierten Anästhesien stetig zu, ein Effekt, der wahrscheinlich nicht unwesentlich durch die Markteinführung von preiswerteren Generika-Präparaten beeinflusst wurde.

2.2.2 Chemische Eigenschaften von Propofol

CH3

CH3

OH

CH CH 3 3

Abbildung 1: 2,6‐Diisopropylphenol (Propofol)

Propofol ist ein alkyliertes Phenol (Bezeichnung nach IUPAC 2,6-Diisopropylphenol) und als solches ein Farbstoff. Reines Propofol hat eine gelbe Farbe und ist extrem lipophil (Octanol/ Wasser-Verteilungskoeffizient 5012/ 1)136. Diese Eigenschaft machte die klinische Verwendung von Propofol zunächst schwierig, da ein geeigne- tes Lösungsmittel gefunden werden musste. Anfängliche Versuche der Applikation von Propofol mit Cremophor EL®, einer Emulgatormischung aus verschiedenen Polyethylenglykolethern und Ricinolsäurederivaten, mussten aufgrund einer starken anaphylaktischen Potenz des Lösungsmittels abgebrochen werden43. Propofol wird heute in Emulsionen aus mittel- und langkettigen Triglyzeriden, Hühnerei- Phospholecithinen, Natriumoleat und Konservierungsmitteln (Disoprivan®, Propofol- Lipuro®) gelöst; anaphylaktische Reaktionen treten nur selten auf137.

2.2.3 Pharmakokinetik Aufgrund seiner Lipophilie verteilt sich Propofol nach intravenöser Injektion schnell im Körper und überwindet schnell die Blut-Hirn-Schranke. Bei einem Absinken des 6

Plasmaspiegels überwindet Propofol die Blut-Hirn-Schranke in umgekehrter Rich- tung ebenso schnell. Deshalb zeichnet sich Propofol durch ein schnelles Einsetzen und Abklingen der hypnotischen Wirkung aus. Die hohe Lipophilie ist auch Grund dafür, dass ca. 98% des Propofols im Blutplasma an Proteine gebunden ist136. Je nach Autor werden zwischen 50 und 90% des applizierten Propofols über das Cytochrom P450-System der Leber abgebaut. Hierbei wird es durch eine 4- Hydroxylierung zu 2,6-Diisopropyl-1,4-quinol umgewandelt und nach Glukoronidie- rung oder Sulfatierung als wasserlösliche Substanz über die Nieren ausgeschie- den25. Weniger als 0,3% des applizierten Propofols werden unverändert über den Stuhl ausgeschieden114. Sämtliche Metaboliten sind hypnotisch unwirksam. Nach i.v.-Injektion unterliegt Propofol einer schnellen Umverteilung mit einer Halb- wertszeit von 2-8 Minuten (initiale Verteilungsphase oder α-Phase), gefolgt von langsameren β- und γ-Phasen. Die β-Phase repräsentiert die Eliminationsphase, die Halbwertszeit liegt zwischen 34 und 64 Minuten. Die γ-Phase repräsentiert eine Wiedereinschwemmung von Propofol aus dem sog. tiefen Kompartiment (Muskel- und Fettgewebe) in den Kreislauf, über den es dann zur Leber gelangt und abge- baut wird. Diese Phase kann bis zu sechs Stunden dauern, aufgrund der äußerst niedrigen Plasmakonzentrationen wird die Aufwachphase bzw. der Bewusstseins- status des Patienten in aller Regel nicht behindert51,52.

2.2.4 Pharmakodynamik und Dosierung Propofol wirkt wie die meisten intravenösen Hypnotika zentral über eine Modulation

von inhibitorischen GABAA-Rezeptoren. Dies sind Liganden-gesteuerte Ionenkanä- le, welche durch den inhibitorischen Neurotransmitter γ-Aminobuttersäure (GABA) aktiviert werden. Es kommt zu einem Chlorid-Einstrom in das Neuron, welcher zu einer Hyperpolarisierung der postsynaptischen Membran und infolgedessen zu einer verminderten Erregbarkeit des postsynaptischen Neurons führt21. Propofol führt in niedrigen Konzentrationen (1 – 100 µM) zu einer Potenzierung der GABA-eigenen Wirkung, in höheren Konzentrationen aktiviert Propofol selbst GA- 91 BAA-Rezeptoren . Ein Plasmaspiegel von 3 µg/ ml entspricht einer Konzentration von ca. 16 µM. Eine Hemmung der GABA-Wiederaufnahme in die Synapse wird ebenfalls als weiterer hypnotischer Mechanismus von Propofol diskutiert78. Die Wirkung von Propofol kann durch den bekannten Benzodiazepin-Antagonisten Flumazenil nicht blockiert werden, ferner verdrängt Propofol radioaktiv-markiertes GABA nicht von seiner Bindungsstelle am Rezeptor56,94. Beide Fakten weisen dar- auf hin, dass sich die Bindungsstelle von Propofol sowohl von der Benzodiazepin- Bindungsstelle als auch von der Bindungsstelle von GABA selbst unterscheidet. 7

GABAA-Rezeptoren bestehen aus verschiedenen Untereinheiten (α1-6, β1-3, γ1-3, δ, ε, θ, π, ρ1-3)21, von denen jeweils fünf einen Rezeptorkomplex bilden. Elektro- physiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass für den GABA-verstärkenden Effekt von Propofol β-Untereinheiten im Rezeptorkomplex notwendig sind und be- stimmte Aminosäuren (Methionin an Stelle 286 für β1-Untereinheiten, Asparagin an Stelle 265 für β2- und β3-Untereinheiten) innerhalb der Untereinheiten für die Wir- kung entscheidend sind. Eine weitere Interaktionsstelle für Propofol befindet sich in den γ2-Untereinheiten (Lysin an Stelle 287)21. Propofol interagiert auch mit anderen Rezeptoren im zentralen Nervensystem, u.a. mit Glyzin-Rezeptoren, Na+ -Kanälen und Ca2+ -Kanälen sowie Acetylcholin- Rezeptoren. Diese scheinen aber eher für andere durch Propofol vermittelte Medi- kamentenwirkungen verantwortlich zu sein46,56,92. Propofol führt ab einem Plasmaspiegel von 1,5 bis 2 µg/ml zum Bewusstseinsver- lust. Durch höhere Plasmaspiegel in Kombination mit Opioiden wird eine Allgemein- anästhesie erreicht, die eine chirurgische Behandlung ermöglicht. Je nach Alter, Gesamtkonstitution und Komedikation des Patienten werden zur Aufrechterhaltung einer Allgemeinanästhesie Plasmaspiegel in Höhe von 2,5 bis 4,5 µg/ml benötigt. Die Narkoseeinleitung im TCI-Modus erfolgt durch Einstellung des gewünschten Plasmaspiegels, ansonsten wird initial ein Bolus (ggf. fraktioniert) in Höhe von 1,5 bis 2,5 mg/kg Körpergewicht (KG) Propofol appliziert, gefolgt von einer kontinuierli- chen Laufrate (je nach gewünschter Anästhesietiefe zwischen 4 und 12 mg/kg KG/h). Propofol eignet sich nicht nur zur Durchführung einer Allgemeinanästhesie, sondern kann in geringeren Dosierungen zur Sedierung während diagnostischer Eingriffe (Gastroskopie, Koloskopie, Bronchoskopie, MRT-Untersuchung bei Kin- dern) verwendet werden. Laut Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhe- siologie und Intensivmedizin sind aber auch hierzu sämtliche Materialien und Gerät- schaften, die zur Durchführung einer Allgemeinanästhesie benötigt werden, vorzu- halten138. Propofol kann ebenfalls zur Sedierung beatmeter Patienten verwendet werden. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass nur Patienten ab 16 Jahren für maximal 7 Tage mit Propofol sediert werden dürfen und kontinuierliche Laufraten von 4 mg/kg KG/h nicht überschritten werden sollten. Der Grund hierfür ist die Gefahr der Entwicklung eines sog. Propofol-Infusionssyndroms, welches mit massiver Stoffwechselentglei- sung und Rhabdomyolyse einhergeht. Man nimmt an, dass die durch die Propofol- Emulsion zugeführte hohe Menge an Lipiden mit dem Komplex IV der Atmungskette in den Mitochondrien interagiert und es dadurch zur Stoffwechselentgleisung kom- men kann47. 8

2.2.5 Andere zentralnervöse Effekte von Propofol Neben der Hypnose, dem Haupteffekt im ZNS, können auch andere Eigenschaften beobachtet werden. So senkt Propofol den zerebralen Blutfluss, ebenso den zereb- ralen Sauerstoffbedarf und den intrakraniellen Druck. Aufgrund dieser Eigenschaf- ten eignet sich das Medikament gut für neurochirurgische Eingriffe33,125. Propofol scheint aber auch Krampfschwellen-senkend zu wirken107. Epileptiforme Anfälle in der Einleitungsphase sind beschrieben, treten allerdings selten auf12.

2.2.6 Effekte auf das kardiovaskuläre und respiratorische System Propofol führt abhängig von Dosis, Injektionsgeschwindigkeit, präoperativem Vo- rerkrankungs- und Volumenzustand des Patienten zu einem leichten bis massiven Abfall des mittleren arteriellen Blutdrucks. Eine Senkung des Sympathikotonus, wel- che zu einer peripheren Vasodilatation führt, wird hierfür verantwortlich gemacht44. Eine negativ-inotrope Wirkung, wie sie z.B. für Thiopental bekannt ist, konnte für Propofol bis dato nicht eindeutig nachgewiesen werden. In vitro-Tierversuchsdaten weisen jedoch darauf hin23. Eine negativ-chronotrope Wirkung von Propofol kann bei Narkoseeinleitung jedoch häufig beobachtet werden. Selten kann es zu Ar- rhythmien während der Aufwachphase kommen24. Aufgrund der ausgeprägten Va- sodilatation eignet sich das Medikament weniger zur Narkoseeinleitung bei kardio- vaskulären Risikopatienten. Eine Dosisreduktion und Supplementierung mit Midazo- lam und/ oder Ketamin als Alternative ist bei diesen Patienten in der Literatur be- schrieben121. Einleitungsdosen von Propofol führen in aller Regel zu einer Apnoe; die Kombinati- on mit Opiaten verstärkt und prolongiert diesen Effekt. Auch in Sedierungsdosen kann es zu einer vorübergehenden Atemdepression kommen. Todesfälle wegen inadäquater Überwachung solcher Patienten sind beschrieben. Aus diesem Grund soll das Medikament nur von anästhesiologisch- oder intensivmedizinisch- erfahrenen Ärzten verwendet werden. Propofol scheint abhängig vom Grundtonus auf die pulmonalen Gefäße zu wirken; der pulmonale hypoxisch-vasokonstriktive Reflex scheint unbeeinflusst oder gar verstärkt zu werden, was das Medikament zum bevorzugten Anästhetikum in der Thoraxchirurgie im Rahmen der Ein-Lungen-Ventilation macht90.

2.2.7 Besondere Patientengruppen Propofol ist zur Einleitung und Aufrechterhaltung von Allgemeinanästhesien ab dem zweiten Lebensmonat zugelassen. Im off-label-Gebrauch wird Propofol allerdings auch bei jüngeren Kindern eingesetzt. Kinder im Alter zwischen 3 und 8 Jahren be- 9

nötigen höhere Dosen des Medikaments, so wird zur Narkoseeinleitung zwischen 2,5 und 4 mg/kg KG Propofol appliziert, zur Aufrechterhaltung sind Laufraten zwi- schen 8 und 15 mg/kg KG/h erforderlich. Aufgrund der beschriebenen kardiovaskulären Eigenschaften von Propofol muss bei Narkoseeinleitung und Aufrechterhaltung von Patienten mit mittleren bis schweren Einschränkungen des Allgemeinzustandes (ASA3-4) eine Dosisreduktion erfolgen, die Gabe von Ketamin oder Katecholaminen zur Kreislaufstabilisierung ist zu erwä- gen. Zur Narkoseeinleitung älterer Patienten sollte ebenfalls eine niedrigere Dosis verwendet und diese langsam appliziert werden. Laut Fachinformation ist „die Sicherheit von Propofol während der Schwangerschaft [ist] nicht belegt“. Der Einsatz von Propofol sollte daher mit Vorsicht erfolgen „und nur bei eindeutiger Notwendigkeit“137. Aufgrund der Plazentagängigkeit von Propofol kann es zur Atem- und Kreislaufdepression beim Neugeborenen bei Kaiserschnitt- entbindungen kommen. Propofol tritt in geringen Mengen ebenfalls in die Mutter- milch über, auf das Stillen des Säuglings sollte daher 24 Stunden nach Applikation verzichtet werden. Bei adipösen Patienten sollte ebenfalls eine Dosisreduktion erfolgen, die Gabe sollte sich am Idealgewicht des Patienten orientieren.

2.2.8 Injektionsschmerz Die am häufigsten beobachtete Nebenwirkung von Propofol bei Narkoseeinleitung ist der Schmerz nach intravasaler Applikation. Abhängig von der Größe der Vene, in der die Venenverweilkanüle liegt, von der Zusammensetzung der Propofollösung und der Prämedikation berichten bis zu 90% der Patienten über intensive, brennen- de Schmerzen nach Applikation von Propofol70. Die molekulare Grundlage für diese Nebenwirkung von Propofol ist bis dato unklar. Mögliche Ursachen wie pH-Wert und Hypertonizität der Lösung wurden ausgeschlossen38. Anfang der 90er Jahre kristal- lisierte sich heraus, dass eine deutliche Korrelation zwischen der „freien“ Konzentra- tion von Propofol (gelöst in der wässrigen Phase) in der Medikamentenlösung und dem Injektionsschmerz besteht65. Doenicke und Mitarbeiter zeigten, dass eine Er- höhung des Fettanteils in der Lösung den Injektionsschmerz deutlich reduzieren konnte38,39. Der indische Arzneimittelhersteller Themis Medicare Mumbai brachte im Jahr 2003 eine Propofol-Lösung auf den Markt, welche keine Fette und Hühnereiex- trakte enthielt; Cleofol® wurde als „rein vegetarisches“ Medikament verkauft, wel- ches die Anwendung von Propofol in streng-religiösen Gruppen der indischen Ge- sellschaft ermöglichen sollte87. Über die Zusammensetzung der Lipid-freien, „klaren“ Propofol-Lösung liegen keine Informationen vor. Studien von Dubey42 und Sood116 10

belegten ein Auftreten von massivsten Injektionsschmerzen bei ca. 90% der Patien- ten. Das Medikament ist heute nicht mehr auf dem Markt und es liegen auch keine Informationen über die Gründe des Verkaufsstopps vor, ein Zusammenhang mit den massiven Injektionsschmerzen ist aber denkbar. Verschiedene Arzneimittelhersteller gingen dem Ansatz der Zusammensetzung der Trägerlösung für Propofol nach. Heute wird Propofol in einer Mischung aus mittel- und langkettigen Triglyzeriden (MCT/LCT) angeboten70. Die Firma Braun brachte kürzlich eine 0,5%ige Propofollösung für die Narkoseeinleitung bei Kindern auf den Markt, welche signifikant weniger Injektionsschmerzen als 1%iges Propofol-Lipuro® verursacht, dies wird auf die verminderte Konzentration und den dadurch erniedrig- ten freien Anteil von Propofol in wässriger Lösung zurückgeführt115. Zur Reduktion des Injektionsschmerzes wurden verschiedene Medikamente getes- tet. Die Gabe der Medikamente erfolgte sowohl vor, als auch parallel zur Propofo- lapplikation, ebenso wurden verschiedene physikalische Maßnahmen wie die Küh- lung der Propofollösung untersucht101. Weit verbreitet im klinischen Alltag ist heute die Applikation von Opioiden vor Narkoseeinleitung, welche den Injektionsschmerz von Propofol zentral dämpfen sowie die vorherige und/ oder gleichzeitige Applikati- on von Lokalanästhetika.

2.3 Das nozizeptive System 2.3.1 Allgemeines Für jedes höhere Lebewesen ist die Wahrnehmung von Schmerzen zwar unange- nehm, jedoch notwendig, um in einer nicht-kontrollierbaren Umwelt körperliche Un- versehrtheit oder beim Eintritt von Beschädigung, den Umfang des Schadens zu begrenzen. Die Wahrnehmung von Schmerzen soll Lebewesen helfen, selbst- beschädigende Situationen zu vermeiden und führt im Falle von Erkrankung, Verlet- zung oder Operation zu einer Schonung entsprechender Körperregionen und damit zu einem besseren Heilungsergebnis. Die wissenschaftliche Ergründung des Phänomens Schmerz begann schon im anti- ken Griechenland. Aristoteles definierte Schmerz im vierten Jahrhundert vor Chris- tus als Gefühl, welches seinen Sitz zusammen mit den anderen Gefühlen im menschlichen Herz hat. Dort sollte der Schmerz als Gegenspieler zur Freude auftre- ten7. Galenius vermutete im zweiten Jahrhundert nach Christus aufgrund experimenteller Studien, dass das Gehirn Sitz der Gefühle sein müsse und platzierte das Schmerz- gefühl dort. Bei den fünf Sinnen des Menschen Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Fühlen wurde die Schmerzempfindung erst später angesiedelt. 11

René Descartes beschrieb im 17. Jahrhundert den Menschen mechanistisch als eine von Gott geschaffene Maschine, die spezifische Nervenbahnen unter anderem auch für die Schmerzwahrnehmung und Weiterleitung zum Gehirn besitzt. Abbil- dung 2 zeigt eine weltberühmte Illustration der Vorstellungen von René Descartes aus seinem Buch „De homine“. Sie zeigt die spezifischen Schmerzbahnen eines Menschen, die peripher im Fuß beginnen und bis in den Schädel ziehen und für die schmerzhafte Wahrnehmung des Feuers verantwortlich sind.

Abbildung 2: René Descartes: De homine (aus Basbaum & Bushnell 2009)

Der sogenannten Spezifitätstheorie, bei der bestimmte Rezeptoren für die Schmerzwahrnehmung zuständig sind, stand die von Wilhelm Erb 1874 mitbegrün- dete Intensitätstheorie entgegen, dass jeder sensorische Rezeptor Schmerz wahr- nehmen könne; dies wäre nur vom Stimulationsmuster und von der Intensität ab- hängig7,98. Maximilian von Frey entwickelte die Spezifitätstheorie weiter und stellte im Jahr 1895 erstmals die Theorie auf, dass dünne, unmyelinisierte, afferente Nervenfasern in der Peripherie als Schmerzrezeptoren dienen, die ihre Signale zu zentralnervösen Strukturen in Rückenmark und Gehirn weiterleiten. Charles Scott Sherrington prägte in seinem 1906 erschienen Neurophysiologielehrbuch „The Integrative Action of the Nervous System“ den Begriff der Nozizeption im Sinne der peripheren sensorischen 12

Perzeption schädigender Ereignisse, welcher auch heute noch gebräuchlich ist. Er führte die Bezeichnung „Nozizeptoren“ für von Freys dünne Nervenfasern ein7. Die von Melzack und Wall 1965 in publizierte „Gate-Control-Theory“ stellte einen weiteren Meilenstein in der wissenschaftlichen Ergründung der Nozizeption dar und war eine Weiterentwicklung der Intensitätstheorie83. Melzack und Wall pos- tulierten, dass sowohl myelinisierte A-Fasern als auch unmyelinisierte C-Fasern auf das gleiche Weiterleitungsneuron im Rückenmark projizieren können. Aus diesem Grund spricht man bei diesen Weiterleitungsneuronen auch von „wide dynamic ran- ge“ (WDR)-Neuronen. Die auf WDR-Neurone projizierenden A- und C-Fasern unter- liegen einer präsynaptischen Prozessierung durch Neurone der Substantia gelatino- sa (SG), auf die sie ebenfalls projizieren. Durch die Neurone der SG wird der senso- rische Input der A- und C-Fasern für die WDR-Neurone moduliert und eine Vermi- schung und Überlappung von rein-sensorischem und nozizeptiv-sensorischem Input ermöglicht. Abbildung 3 zeigt einen Schaltplan der Afferenzen im Rückenmark nach der Theorie von Melzack und Wall. Das Phänomen des übertragenen Schmerzes, bei dem viszeraler und somatischer Schmerz an unterschiedlichen Stellen gleichzei- tig auftreten (z.B. Schulterschmerzen bei einer Gallenblasenentzündung) wurde ebenfalls erklärt7,83. Die Theorie setzt allerdings voraus, dass es keine spezifisch- nozizeptiven Nervenfasern gibt.

SG: Substantia gelatinosa

T: Transmissionsneuron

(Wide dynamic range neuron)

Abbildung 3: Schema der Gate‐Control‐Theory nach Wall und Melzack (modifiziert nach Perl 2007)

1967 konnten Burgess und Perl zeigen, dass kutane Afferenzen der Katze C-Fasern enthielten, die nur auf starke und damit noxische Reize reagierten, ein weiterer Be- leg für die Spezifitätstheorie von Freys15. 13

Melzack und Casey entwickelten 1968 die Dimensionstheorie des Schmerzes, wel- che die psychologischen Aspekte der Schmerzwahrnehmung betonte84. Die Theorie unterscheidet zwischen einer sensorisch-diskriminativen Komponente, welche Dau- er, Örtlichkeit, Qualität und Intensität wahrnimmt, einer affektiv-motivationalen Kom- ponente, welche die gefühlsmäßige Bewertung des Ereignisses vornimmt sowie die Ausbildung von Angst und Fluchtverhalten initiiert, und einer kognitiv-evaluierenden Komponente, welche eine Bewertung im Rahmen der Persönlichkeit, des kulturellen Hintergrundes und anderer Einflüsse durchführt. Die Theorie erklärt gut, wieso Men- schen Schmerzen unterschiedlich-stark empfinden können und dass äußere Ein- flüsse wie Stress in menschlichen Ausnahmesituationen die Schmerzwahrnehmung vollständig hemmen können84. Dieser kurze Auszug aus der Geschichte der wissenschaftlichen Schmerzergrün- dung macht zum Einen deutlich, wie komplex die Schmerzwahrnehmung aufgebaut ist und zeigt zum Anderen, dass Schmerz nicht nur ein rein sensorisches Phänomen ist, sondern Einflüsse aus Psyche, Persönlichkeit und äußeren Umständen wichtige Modulatoren der menschlichen Schmerzwahrnehmung sind. Auch lässt sich aus den hier dargelegten unterschiedlichen und ergänzenden Theo- rien die heute von der „International Association for the study of pain“ (IASP) ver- wendete Schmerzdefinition gut verstehen: “Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer tatsächlichen oder potentiellen Gewebeschädi- gung einhergeht, bzw. mit Begriffen einer solchen Beschädigung beschrieben wird“73.

2.3.2 Schmerzeinteilung Die Literatur unterscheidet heute vier Schmerzformen: nozizeptiven, inflammatori- schen, dysfunktionalen und neuropathischen Schmerz29,73. Allerdings verschwim- men in der Praxis die Grenzen zwischen nozizeptivem und inflammtorischem Schmerz sowie zwischen dysfunktionalem und neuropathischem Schmerz. Nozizeptiver Schmerz bezeichnet die Wahrnehmung von Schmerzen durch die ent- sprechenden sensorischen Neurone, die Nozizeptoren. Ihre Aufgabe ist es, den Körper vor Schädigungen durch äußere Einflüsse zu bewahren. Sie geben Informa- tion über die Lokalität, Qualität, Intensität und Dauer eines Schmerzreizes. Nozizep- tive Schmerzen klingen nach Beendigung Reizes ab8,128. Inflammatorischer Schmerz entsteht nach Gewebeschädigung. Durch einen äuße- ren Reiz kommt es zur Zellzerstörung und zur Freisetzung von intrazellulären Medi- atoren. Eine Entzündungsreaktion des umgebenden Gewebes wird auslöst. Durch das inflammatorische Milieu werden Nozizeptoren sensibilisiert, daraus resultierend 14

werden leicht-schmerzhafte Reize plötzlich stark-schmerzhaft. Eine Schonung des entsprechenden Körperteils bringt Linderung, was gleichzeitig die Chancen für eine Restitutio ad integrum erhöht. Schmerzen nach einer Gelenkstorsion sind ein klassi- sches Beispiel für inflammatorischen Schmerz8,128. Dysfunktionaler Schmerz hat keinen erkennbaren Zweck und liegt bei chronischer Schmerzerkrankung vor. Kennzeichnend für diese Schmerzform ist die Abwesenheit von nozizeptiven oder inflammatorischen Schmerzen. Ebenso wenig liegt eine Be- schädigung des sensorischen Nervensystems vor, was diese Schmerzform vom neuropathischen Schmerz unterscheidet. Fibromyalgie, Reizdarmsyndrom und in- terstitielle Zystitis sind Beispiele für Erkrankungen mit dysfunktionalem Schmerz, bei denen die Ursachen noch weitgehend unklar sind29. Ein Zusammenhang mit einer dauerhaften zentralen Sensibilisierung unbekannten Ursprungs, die zu Hyperalge- sie, Allodynie und Hypersensibilität führt, wird vermutet129. Neuropathischer Schmerz kann als Spezialfall des dysfunktionalen Schmerzes ge- sehen werden denn auch er erfüllt keinen erkennbaren Zweck und kann bei chroni- scher Schmerzerkrankung vorliegen. Er wird durch Zerstörung von neuronalem Ge- webe des nozizeptiv-sensorischen Systems verursacht. Ein Beispiel für neuropathi- sche Schmerzen ist der sogenannte Phantomschmerz: er entsteht nach Durchtren- nung der Nerven von Extremitäten bei Amputationen und geht mit einschießenden Schmerzen und Missempfindungen, die auf die verlorene Extremität projiziert wer- den, einher. Nach ischämischer oder hämorrhagischer Schädigung des Thalamus, der für die Verarbeitung aller sensorischer Informationen des Körpers zuständig ist, kann es zur Ausbildung eines zentralen neuropathischen Schmerzes kommen. Neu- ropathischer Schmerz zeigt in aller Regel sog. Positivsymptome wie plötzlich- einschießende, starke und brennende Schmerzen und Negativsymptome wie sen- sorische und motorische Defizite29.

2.3.3 Peripheres nozizeptives System Nozizeption bezeichnet nur die sensorische Perzeption von gewebeschädigenden Ereignissen. Erst durch die zentralnervöse Verarbeitung und das Hinzufügen einer affektiven Bewertung des Ereignisses entsteht die Wahrnehmung „Schmerz“ beim Menschen. Nozizeption findet durch eine Subpopulation peripherer sensorischer Nervenfasern statt, die sogenannten Nozizeptoren. Abbildung 4 zeigt schematisch ein nozizeptives Neuron. Es handelt sich um sog. pseudounipolare Nervenzellen, welche im Rahmen der Embryonal- und Fetalentwicklung aus bipolaren Nervenzel- len hervorgehen. Sie haben periphere und zentrale axonale Verzweigungen, ihr Zellkern befindet sich in den Spinalganglien des Rückenmarkes oder in den Trige- 15

minuskernen. Die Proteinexpression an beiden Enden des Neurons ist überwiegend gleich, ein Faktum, welches nozizeptive Neurone von anderen sensorischen Neuro- nen unterscheidet8. Nozizeptoren innervieren mit Ausnahme von Gehirn- und Knorpelgewebe alle Kör- pergewebe und Organe. Sie reagieren nur auf intensive, überschwellige mechani- sche, thermische und chemische Reize und können deshalb von niederschwelligen Mechano-, Thermo- oder Chemosensoren unterschieden werden, welche für die „normale“, nicht-noxische Wahrnehmung der Umgebung zuständig sind8,128. Nozizeptive Neurone können nach verschiedenen Gesichtspunkten differenziert werden. Als ältestes Differenzierungskriterium für Neurone ist die Nervenleitge- schwindigkeit nach Erlanger und Gasser zu nennen. Nozizeptoren sind entweder schwach-myelinisierte Aδ-Fasern mit einer Leitungsgeschwindigkeit von ca. 6 bis 15 m/s oder gehören den unmyelinisierten C-Fasern mit einer Leitungsgeschwindigkeit von ca. 1 m/s an. Die im nicht-noxischen Bereich aktiven sensorischen Neurone haben sämtlich höhere Nervenleitgeschwindigkeiten (Aβ-Fasern bis 70 m/s). Trotz Unterschiede in der Leitgeschwindigkeit sind die meisten nozizeptiven Nervenfasern polymodal, d.h. sie reagieren auf hochschwellige Reize unterschiedlicher Art.

Abbildung 4: Schemazeichnung eines nozizeptiven Neurons (aus Woolf 2007)

Aδ-Fasern übertragen den ersten, „scharfen“, gut lokalisierbaren Schmerz. Sie kön- nen in Bezug auf ihre thermische Schwelle in zwei Untergruppen differenziert wer- den: Typ I-Fasern reagieren auf Hitze ab 50°C, haben eine niedrige mechanische Schwelle und adaptieren langsam; Typ II-Fasern reagieren ab deutlich-niedrigeren Temperaturen, haben eine sehr hohe mechanische Schwelle und adaptieren schnell. Von daher nimmt man an, dass Typ I-Fasern für die noxische Wahrneh- mung von mechanischen Reizen verantwortlich sind, wohingegen Typ II-Fasern eher für die Wahrnehmung noxischer Hitzereize zuständig sind122. C-Fasern übertragen hingegen den zweiten, eher dumpfen und drückenden Schmerz. Besonderes Interesse erwecken bei den C-Fasern die sogenannten stillen Nozizeptoren, welche erst eine mechanonozizeptive Sensibilität im inflammatori- schen Milieu nach Verletzungen entwickeln110. 16

C-Fasern können in peptiderge und nicht-peptiderge Fasern differenziert werden. Peptiderge Fasern können die Neuropeptide Calcitonin gene-related peptide CGRP und Substanz P freisetzen und so eine neurogene Entzündung verursachen; sie exprimieren den Neurotrophinrezeptor TrkA auf ihrer Zellmembran, welcher sie für nerve growth factor (NGF) sensibel macht. Nicht-peptiderge C-Fasern exprimieren den Neurotrophinrezeptor c-Ret auf ihrer Zellmembran, welcher für Glial-derived neurotrophic factor (GDNF), Artemin und Neurturin sensibel ist. Zu einem großen Teil binden diese Fasern Isolectin B4 (IB4) und exprimieren G-Protein-gekoppelte Rezeptoren der Mrg-Familie8,128. Ein anderes Kriterium für die Unterscheidung nozizeptiver Neurone sind die an ihren Enden exprimierten Transduktionsproteine. Sie verleihen dem Nozizeptor erst seine Fähigkeit, äußere Reize mechanischer, chemischer oder thermischer Art in Genera- torpotentiale umzuwandeln, welche bei entsprechender Größe in der Lage sind, Aktionspotentiale auszulösen. Unimodale Nozizeptoren reagieren nur auf eine Reiz- art, polymodale Nozizeptoren reagieren hingegen auf mehrere Arten. Bei den Transduktionsproteinen handelt es sich unter anderem um Ionenkanäle aus der Familie der „Transient receptor potential“ (TRP)-Rezeptoren, der Kalium-Kanäle und der „Acid sensing ion channels“ (ASIC) 8,128. Abbildung 5 zeigt schematisch einen polymodalen Nozizeptor mit den an beiden Enden exprimierten Transduktions- und Modulationsproteinen.

Abbildung 5: Schematische Darstellung der peripheren und terminalen Endigung eines nozizeptiven Neurons mit entsprechenden Transduktionsproteinen (aus Woolf 2007)

2.3.3.1 Hitzenozizeption Das erste Hitzetransduktionsprotein, welches aus Nozizeptoren isoliert und geklont wurde, war der Capsaicin-Rezeptor TRPV118. Es handelt sich um einen unselekti- 17

ven Kationenkanal, welcher durch den scharfen Inhaltsstoff von Chillischoten (Capsaicin), durch Hitze >43°C, durch Protonen, das Endocannabinoid Anandamid, pflanzliche und tierische Gifte, Lokalanästhetika und diverse andere Stoffe aktiviert werden kann18,71,113,135. TRPV1-Knockout-Mäuse (TRPV1-/- -Mäuse) zeigen in verschiedenen Verhaltenstest ab Reiztemperaturen >48°C verlängerte Latenzen bis zum Auftreten von Vermei- dungsverhalten; dies spricht für eine veränderte thermische Nozizeption in diesen Mäusen. Nach der Injektion von „Complete Freund’s Adjuvant“ (CFA, Emulsion aus Mineralöl und abgetöteten Mykobakterien) in die Pfote von Mäusen entwickeln Wild- typtiere an der Injektionsstelle eine Entzündung, die mit einer thermischen und me- chanischen Hyperalgesie einhergeht. TRPV1-/- -Mäuse entwickeln eine mit dem Wildtyp vergleichbare mechanische, aber keine thermische Hyperalgesie19. Im Lauf der letzten zehn Jahre wurden weitere hitzesensible TRP-Rezeptoren entdeckt (TRPV2 für Hitze >50°C, TRPV3 und TRPV4 für Wärme > 25-35°C)36 jedoch konnte der Mechanismus der Hitzenozizeption bis heute nicht aufgeklärt werden.

2.3.3.2 Kältenozizeption Im Jahr 2002 wurde der Menthol-Rezeptor TRPM8 identifiziert81,96. Es handelt sich ebenfalls um einen unselektiven Kationenkanal welcher durch Temperaturen <25°C sowie Menthol, Icilin, Eukalyptol und Minze aktiviert wird36. Zunächst wurde für TRPM8 angenommen, dass es sich um den Rezeptor handele, der für die Kälteper- zeption und nicht für die Nozizeption zuständig sei. Das Transduktionsprotein für Kältenozizeption sollte der Irritanziensensor TRPA1 sein, der in vitro durch Tempe- raturen <15°C aktivierbar ist118. TRPM8-Knock-out-Mäuse zeigten ein deutlich redu- ziertes kälteaversives Verhalten, reagieren jedoch immer noch auf Temperaturreize <5°C. Diese verbleibende Kältenozizeption wurde mit TRPA1 erklärt. Erstaunlicher- weise brachten Verhaltensexperimente an TRPM8-/-/TRPA1-/--Mäusen zu Tage, dass diese Tiere weiterhin für extrem kalte Temperaturen schmerzempfindlich wa- ren und der Phänotyp der Tiere insgesamt stark dem der TRPM8-/- -Tieren ähnel- te66. Die Frage, ob TRPA1 in vivo signifikant zur Kältenozizeption beiträgt, bleibt damit weiterhin offen. Spannungsgesteuerte Kaliumkanäle vom Typ Kv1 scheinen im Rahmen der Kälte- nozizeption auch eine Rolle zu spielen. Einige TRPM8-exprimierende Zellen zeigen eine Hyperpolarisierung welche durch Kv1 verursacht wird. Diese Hyperpolarisie- rung soll zu einer erhöhten Schwelle für die Kälteaktivierung von TRPM8 und da- durch erst zu einer Aktivierung im niedrigen Temperaturbereich führen76. Andere Kaliumkanäle wie die Mitglieder der KCNK-Familie KCNK2 (TREK-1) und KCNK4 18

(TRAAK) werden ebenfalls in nozizeptiven Endigungen exprimiert und werden unter anderem durch Temperatur moduliert. TREK-1-/-/TRAAK-/- -Tiere vermeiden in ver- schiedenen Verhaltenstests signifikant häufiger Temperaturen unter 20°C. Kälte-C- Fasern dieser Tiere reagieren bereits auf Temperaturen zwischen 29 und 20°C mit der Generierung von Aktionspotentialen, wohingegen Wildtyp-Fasern erst im Tem- peraturbereich zwischen 19 und 13°C reagieren. Diese Erkenntnisse sprechen da- für, dass die Kaliumkanäle TREK-1 und TRAAK in Wildtyptieren für eine Senkung der Kälteschmerzschwellen sorgen88. Letztlich verbleiben die molekularen Mecha- nismen, die zu einer „Restkälteantwort“ in TRPM8-/- -Mäusen führen, unklar.

2.3.3.3 Chemonozizeption Viele der bereits erwähnten TRP-Kanäle sind durch Irritantien von Pflanzen oder Tiergifte aktivierbar. Besonderes Augenmerk richtet sich in diesem Bereich aller- dings auf den Rezeptor TRPA1, der im Jahr 2003 kloniert wurde118. Zunächst als Kältenozizeptor klassifiziert, zeigte sich später, dass er durch eine ganze Reihe von irritierenden Substanzen aktivierbar ist. Senföl, Acrolein, Zimt, Allicin und vielen wei- teren Stoffen ist gemeinsam, dass sie eine α,β-ungesättigte Carbonylgruppe enthal- ten, die über eine sogenannte Michael-Addition an bestimmte Cystein-Reste von TRPA1 gebunden werden kann und dadurch eine Aktivierung des Kanals verursa- chen kann57,75. Nachdem in der Natur ungesättigte Carbonyl-Verbindungen in rei- zenden oder toxischen Substanzen sehr häufig vorkommen, wird klar, dass dieser Aktivierungsmechanismus von TRPA1 sehr wirksam ist zur Detektion von schädi- genden und reaktiven Chemikalien. Es scheint sich hierbei auch um ein sehr altes Prinzip zu handeln da in der Fliege Drosophila melanogaster das TRPA1-Ortholog ebenfalls für die Detektion irritierender Substanzen verantwortlich ist62. Neben die- sem Aktivierungsmechanismus gibt es bei TRPA1 aber auch die klassische Aktivie- rung durch kompetitiven Agonismus, z.B. durch Menthol63. TRPA1 ist sensibel für endogene Metabolite wie z.B. 4-Hydroxynonenal, welches unter oxidativen Stress- bedingungen produziert wird123. Der Formalintest, ein weitverbreitetes Tier- schmerzmodell, bei dem den Tieren Methanal in die Pfoten injiziert wird und die Tiere daraufhin akutes Schmerzverhalten entwickeln, ist in TRPA1-/- -Tieren vermin- dert82. TRPA1 scheint ebenfalls einen signifikanten Beitrag zur Ausbildung von me- chanischer und Kältehyperalgesie zu leisten da die Ausbildung dieser Hyperalge- sien durch die lokale, systemische oder intrathekale Gabe von TRPA1-Antagonisten gehemmt werden kann31,100. Der Rezeptor wird durch intrazelluläres Calcium akti- viert40,134, dies wird durch eine sogenannte EF-hand-domain im N-terminalen Ende des Rezeptors vermittelt. TRPA1 könnte hierdurch in vivo die Rolle eines molekula- 19

ren Verstärkers zukommen, da durch die Aktivierung anderer TRP-Kanäle die intra- zelluläre Calcium-Konzentration ansteigt und dies wiederum eine Aktivierung von TRPA1 zur Folge haben könnte. Verkompliziert wird diese Theorie allerdings durch die Tatsache, dass Calcium den Rezeptor ebenfalls desensibilisiert126.

2.3.3.4 Mechanonozizeption Im Bereich der Mechanonozizeption gibt es mehrere Kandidaten für entsprechende Transduktionsproteine. Knock-out-Studien haben allerdings noch nicht den erhofften Erfolg gebracht. Aus dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans ist bekannt, dass epitheliale Natriumkanäle (DEG, ENaC) für Mechanotransduktion verantwortlich sind20. Die orthologen Kanäle der Säugetiere ASIC 1, 2 und 3, die unter anderem als Rezeptoren für Protonen im Rahmen von Ischämien dienen, werden von Me- chanosensoren exprimiert, doch Daten von entsprechenden Knock-out-Tieren zei- gen keine fundamentale Änderung ihres Mechanotransduktions-Phänotyps41,93. TRPV2 und TRPV4 sind im heterologen Expressionsmodell durch osmotische Sti- muli aktivierbar55,72, TRPV4-/- -Tiere zeigen Defekte in der Blutdruckregulierung, der Homöostase des Wasserhaushaltes sowie in der Ausbildung von mechanischer und thermischer Hyperalgesie1. Allerdings ist die kutane Mechanotransduktion unverän- dert, so dass für TRPV4 eine Rolle als Mechanonozizeptor unwahrscheinlich er- scheint. TRPA1 ist, wie oben bereits erwähnt, an der Ausbildung einer mechani- schen Hyperalgesie beteiligt, TRPA1-/- -Mäuse zeigen allerdings auch keine signifi- kante Veränderung der Mechanonozizeption68. Kaliumkanäle spielen in der Mecha- notransduktion ebenfalls eine gewisse Rolle, KCNK18 wird beispielsweise in C- Fasern und Aβ-Fasern exprimiert; allerdings ist bis dato unklar, ob der Rezeptor durch direkte mechanische Stimulation aktivierbar ist10.

2.3.3.5 Periphere Sensibilisierung Im Rahmen von Gewebeverletzungen bleibt der Schmerz auch nach dem Ende des noxischen Reizes bestehen, eine Tatsache, die durch die periphere Sensibilisierung der Nozizeptoren erklärt werden kann. Abbildung 6 gibt einen Überblick über die Faktoren, die zur Sensibilisierung eines nozizeptiven Neurons beitragen können. Durch Trauma oder Verletzung werden Zellen zerstört und Zellinhalt gelangt in die Umgebung von Nozizeptoren. Diese besitzen Transduktionsproteine, welche auf Protonen, ATP und Proteasen reagieren. Es kommt zur Aktivierung dieser Neurone. Im Falle peptiderger C-Fasern erfolgt, bedingt durch ihre Aktivierung, eine Freiset- zung der Peptide CGRP und Substanz P, die eine neurogene Entzündung mit Va- sodilatation und Plasmaextravasation einleiten. 20

Abbildung 6: Schema zur peripheren Sensibilisierung und den Vorgänge im Gewebe (aus Basbaum 2009)

Durch Zellzerstörung wird aber ebenso das Immunsystem aktiviert. Es kommt zur Einwanderung von Makrophagen, Mastzellen, Lymphozyten und Granulozyten, wel- che ihrerseits weitere Entzündungsmediatoren ins Gewebe abgeben. Diese Media- toren, unter anderem Bradykinin, Prostaglandine, Interleukine und TNFα führen über spezifische Membranrezeptoren der nozizeptiven Neurone zu deren Sensibili- sierung. Durch Initiierung von „second-messenger“-Kaskaden steigt z.B. der cAMP- Spiegel innerhalb der nozizeptiven Endigungen an. Dies führt zu einer Aktivierung von Proteinkinasen, welche wiederum über eine Phosphorylierung der Transdukti- onsproteine die Aktivierungsschwellen dieser Proteine herabsetzen können8,48,128.

Abbildung 7: Schema zur peripheren Sensibilisierung und den Vorgängen in der nozizeptiven Endigung (aus Woolf 2007) 21

Abbildung 7 zeigt schematisch die Vorgänge, die zur Sensibilisierung einer nozizep- tiven Endigung führen.

2.3.4 Zentrales nozizeptives System Abbildung 8 gibt einen Überblick über das nozizeptive System des Menschen. Die zentralen axonalen Verzweigungen der nozizeptiven Neurone enden im Hinterhorn des Rückenmarkes und projizieren dort je nach Faserklasse auf unterschiedliche Laminae. Aδ-Fasern projizieren auf Lamina I, vor Eintritt in das Hinterhorn geben sie noch Kollateralen in die Lamina V ab. Peptiderge C-Fasern enden in den Laminae I und II, nicht-peptiderge C-Fasern in der Mitte von Lamina II. Auf den zentralen axo- nalen Verzweigungen sowie auf Interneuronen können verschiedene Neurotransmit- ter-Rezeptoren gefunden werden, über die die Aktionspotentialweiterleitung modu- liert werden kann. Glutamat, Substanz P und CGRP wirken hierbei exzitatorisch, Glyzin, GABA, Cannabinoide und Opioide wirken inhibitorisch8,9,128. Die Axone der meisten Projektionsneurone kreuzen noch in der gleichen Ebene vom Hinterhorn auf den Vorderseitenstrang der Gegenseite und verlaufen dort im Tractus spinotha- lamicus. Einige niederschwellig-mechanische Projektionsneurone verlaufen auch im ipsilateralen Hinterstrang und kreuzen erst in der Medulla oblongata als Lemniscus medialis zur Gegenseite. Bereits im Tractus spinothalamicus existiert eine somato- tope Gliederung; nozizeptive Signale aus kopffernen Bereichen verlaufen eher late- ral, aus kopfnahen Bereichen eher medial. Im lateralen Thalamus erfolgt die Ver- schaltung auf das dritte Neuron der nozizeptiven Bahn, welches zu kortikalen Area- len projiziert. So werden im Nucleus ventralis posterior medialis hauptsächlich tri- geminale Afferenzen, im Nucleus ventralis posterior lateralis Körperafferenzen ver- schaltet, die zu den Brodmann-Arealen S1 und S2 projizieren. Weitere Axone von Projektionsneuronen verlaufen im Tractus spinoreticularis und im Tractus spinome- sencephalicus, die im periaquäduktalen Grau, in der Formatio reticularis sowie im Nucleus parabrachialis verschaltet werden. Über diese Stationen gelangen Informa- tionen zur Amygdala, zum Inselkortex sowie Gyrus cinguli. In diesen Bereichen soll die affektive Bewertung des Schmerzerlebens entstehen8,9,128. Dem periaquäduktalen Grau (PAG) entspringen die ersten Nervenfasern eines des- zendierenden Systems, über das das Schmerzempfinden auf spinaler Ebene modu- liert werden kann. Die Fasern des PAG verlaufen zunächst zur rostroventralen Me- dulla, serotonerge Fasern aus dem Nucleus raphe magnus steigen im dorsolatera- len Funiculus des Rückenmarks ab und modulieren in den Hinterhörnern unter an- derem über µ-Opiatrezeptoren C- und Aδ-Fasern in den entsprechenden Laminae. 22

Ein weiteres System entspringt dem Locus coeruleus im Pons und hemmt nozizep- tive Afferenzen sowohl direkt als auch indirekt. Die endogene Schmerzhemmung wird zum großen Teil über Opiatrezeptoren ver- mittelt, jedoch spielen Serotonin, Noradrenalin und Dopamin ebenfalls wichtige Rol- len in der endogenen Analgesie. So lässt sich z.B. mit dem µ-Opiatrezeptor- Antagonisten Naloxon nur ein Teil der stressinduzierten Analgesie im Tierversuch aufheben8,9,128.

Abbildung 8: Darstellung des nozizeptiven Systems des Menschen (aus Basbaum 2009)

2.3.5 Schmerzresistenz Es gibt seltene hereditäre Erkrankungen, die zur Unfähigkeit führen, Schmerz zu empfinden. Betroffene Menschen verletzten sich schon in jungen Jahren drastisch, die meisten erreichen das Erwachsenenalter nicht. Hereditäre sensorische und au- tonome Neuropathien (HSAN) sind Erkrankungen von peripheren sensorischen Nerven, die meist mit einer Einschränkung oder einem völligen Fehlen der Schmerzwahrnehmung einhergehen. Der HSAN Typ IV liegt eine Mutation des Neu- rotrophinrezeptors TrkA zugrunde120. Über TrkA wird die Funktion des Wachstums- hormons „Nerve growth factor“ (NGF) vermittelt, die entsprechenden Neurone rea- gieren aufgrund der Mutation nicht auf das Wachstumshormon und reifen nicht aus. Daraus resultiert eine vollkommene Unfähigkeit, noxische Reize wahrnehmen zu können60. 23

Eine andere Form der Schmerzresistenz wurde durch Cox und Goldberg beschrie- ben30, 54. Sie erstellten Stammbäume von Familien, in denen es schmerzresistente Familienmitglieder gab. Bei diesen Patienten wurden Gensequenzierungen und - analysen durchgeführt und es konnten verschiedene autosomal-rezessive Mutatio- + nen des Gens SCN9A, welches den spannungsgesteuerten Na -Kanal Nav1.7 co- diert, nachgewiesen werden. Sämtliche Mutationen führten zu einem Funktionsver- lust des Kanals was sowohl elektrophysiologisch im heterologen Expressionssystem als auch in in-vivo-Experimenten nachgewiesen werden konnte.

Diese Patienten haben keine sonstigen neurologischen Einschränkungen. NaV1.7 scheint von daher eine essentielle Rolle in der menschlichen Nozizeption zu spielen; hieraus ergibt sich der vielversprechende Ansatz, durch die Entwicklung von selekti- ven NaV1.7-Antagonisten eine möglichst nebenwirkungsarme Analgesie zu errei- chen. 24

3. Material und Methoden

3.1 Tiere Die Tierpflege und –behandlung fand im Einvernehmen mit den Richtlinien der In- ternational Association for the Study of Pain statt133. Erwachsene Wistar-Ratten (150-200g Gewicht) sowie erwachsene Mäuse der Linien C57BL/6, TRPV1-/-, TRPA1-/-, TRPV1-/-/TRPA1-/-- wurden verwendet. Die ursprünglichen Brutpaare der TRPV1-/-- und TRPA1-/-- Mäuse wurden von Dr. David Corey68 und Dr. John Davis32 zur Verfügung gestellt und kontinuierlich mit C57BL/6-Mäusen rückgekreuzt. TRPV1-/-/TRPA1-/-- Mäuse wurden durch Verpaarung von TRPV1-/-- und TRPA1-/-- Tieren gezüchtet. Alle Tiere wurden mit vorbeschriebenen Primern genotypisiert.

3.2 Zellkultur

Die Tiere wurden in reiner CO2-Umgebung getötet. Die Spinalganglien aller lumba- len sowie der letzten beiden thorakalen Segmente der Wirbelsäule wurden exzidiert und in „Dulbecco’s modified Eagle’s medium“ (DMEM, Invitrogen, Carlsbad, USA) transferiert; DMEM enthielt 50 µg/ml Gentamicin (Sigma, St. Louis, USA). Die Gang- lien wurden mit Kollagenase (1mg/ml) sowie Protease (0,1 mg/ml) (beide Sigma, St. Louis, USA) für 30 Minuten behandelt und anschließend mit einer Hitze-polierten, silikonüberzogenen Pasteur-Pipette dissoziiert. Die Zellen wurden auf Poly-L-Lysin- beschichteten Deckgläsern (200 µg/ml, Sigma) ausgesät und in TNB 100 Zellkul-

turmedium bei 37°C und 5%iger CO2-Atmosphere inkubiert; TNB 100 enthielt TNB 100 Lipoproteinkomplex, Streptomycin (100 µg/ml), Penicillin (100 µg/ml) (alle Bio- chrom, Berlin, Deutschland) sowie Glutamin (200 µg/ml, Invitrogen, Carlsbad, USA). Für Patch-Clamp-Experimente wurde Nerve growth factor (Maus-NGF 2.5S, 100 ng/ml, Alomone Labs, Tel Aviv, ) hinzugesetzt. Sämtliche Experimente wurden 12-30 Stunden nach Dissoziierung der Ganglien durchgeführt.

3.3 Gezielte Mutation und heterologe Expression Die Mutation von TRPA1 (Ursprung Maus (mTRPA1) und Mensch (hTRPA1)) wurde mit dem „TransformerTM Site-directed mutagenesis kit“ (Clontech Inc, Palo Alto, USA) mit speziell hergestellten Mutations- und Selektionsprimern durchgeführt. Im Selektionsprimer wurde die Wildtyp HindIII-Stelle zu einer SspI-Stelle abgeändert. Die in-vitro-Synthese wurde für drei Stunden mit einer einmaligen Zugabe von Nukleotiden und der T4-DNA-Polymerase durchgeführt. Potentielle Mutanten wur- den durch Verdauung mit der Restriktionsendonuklease HindIII als HindIII-resistente Plasmide identifiziert und mittels DNA-Sequenzierung unter Zugabe passender Mu- tationsprimer (ca. 500 Basenpaare um die Mutationsstelle herum) bestätigt86. 25

hTRPA1 cDNA wurde von Dr. Paul Heppenstall (EMBL, Monterorondo, Italien) zur Verfügung gestellt, Maus- und Mensch-Konstrukte von TRPA1 wurden von Dr. Ar- dem Patapoutian (The Scripps Research Institute, La Jolla, USA) zur Verfügung gestellt. Alle anderen cDNAs wurden von Dr. David Julius (UCSF, San Fransisco, USA) zur Verfügung gestellt. Sämtliche DNA-Konstrukte wurden durch Gensequen- zierung überprüft. HEK293t-Zellen wurden bis zu einer Dichte von 70 - 80 % in 7 ml – Zellkulturflaschen kultiviert, anschließend wurden die Zellen mittels der Calcium- Präzipitationsmethode transient transfiziert. Angepasst an das Expressionsverhalten wurden unterschiedliche Mengen an DNA verwendet: Ratten-TRPV1 (rTRPV1) (1 µg), rTRPA1 (5 µg), mTRPA1 (5 µg), mTRPA1-hTM5/6 (5 µg), mTRPA1- S876V/T877L (5 µg), hTRPA1-mTM5/6 (5 µg), hTRPA1-S873V/T874L (5 µg), rTRPV2 (2 µg), rTRPV3 (2 µg), rTRPV4 (2 µg), rTRPM8 (2 µg). Alle Gene wurden in den Plasmid-Vektor pcDNA3 kloniert. Von hTRPA1 und hTRPA1- C621S/C641S/C665S wurden ebenfalls 5 µg zur Transfektion verwendet, diese be- fanden sich im Plasmid-Vektor pTRE. Zur Identifikation der transfizierten Zellen wurde zusätzlich das Reporter-Plasmid CD8-pih3m (1 µg) hinzugegeben, entspre- chende Zellen konnten mittels Anti-CD8-Immunobeads (anti-CD8 Dynabeads, Dynal Biotech, Oslo, Norwegen) identifiziert werden. Nach einer Inkubation von 12-15 Stunden wurden die Zellen in 35 mm Zellkultur-Schälchen ausgesät und innerhalb von ein bis drei Tagen für die Experimente verbraucht. Die Transfektionseffektivität war abhängig vom verwendetet Gen und lag zwischen 50 und 80%.

3.4 Calcium-Imaging Die Zellen wurden zur Vorbereitung mit 5 µM fura-2-AM und 0,02% Pluronic F-127 (beide von Invitrogen) für 30 Minuten beladen, anschließend wurden die Zellen in eine Kammer überführt, welche auf einem inversem Mikroskop der Marke Zeiss Axiovert angebracht wurde. Das Mikroskop war mit einem 40-fach NeoFluar- Objektiv ausgestattet. Die Zellen wurden kontinuierlich mit Extrazellulärlösung (145

mM NaCl, 5 mM KCl, 1,25 mM CaCl2, 1 mM MgCl2, 10 mM HEPES, 10 mM Gluco- se) oder mit Testlösung superfundiert, die Lösungen wurden durch ein Schwerkraft- betriebenes, Mehrkanal-Superfusionssystem mit gemeinsamen Ausgang appliziert (Dittert 1998). Die Zellen wurden mit einer 75 Watt Xenon-Bogenlampe und einem Monochromator mit wechselnder Wellenlänge (340 nm bzw. 380 nm) beleuchtet (Photon International, New Jersey, USA). Ein Bild pro Sekunde wurde mittels einer durch die Image Master Software (PTI, Birmingham, USA) kontrollier- ten CCD-Kamera mit einer Beleuchtungszeit von 200 µs aufgenommen. Der Fluo- reszenzhintergrund wurde kontinuierlich aufgenommen und vor Errechnung der Flu- 26

oreszenz-Ratios subtrahiert. Alle Experimentierprotokolle wurden vorprogrammiert. Die Stimulationsantworten wurden als Fläche unter der Kurve (Area under the cur- ve, AUC) der Fluoreszenz-Ratio während der Applikationsdauer quantifiziert, ein Zeitrahmen von 10 Sekunden vor der Applikation wurde als Referenzzeitraum be-

nutzt. Die absoluten Anstiege der Calcium-Konzentration wurden auf Basis von Rmin 103 und Rmax errechnet . Ein Anstieg der intrazellulären Calcium-Konzentration um wenigstens 50 nM während der Applikationsdauer wurde als Aktivierung bewertet. Wurden Chemikalien durch Koapplikation in einer Reihenfolge von drei Applikatio- nen untersucht, so wurden die erste und dritte Antwort als Referenz zur zweiten Antwort verwendet. Am Ende aller Protokolle wurde für 10 Sekunden 60 mM KCl als Kontrolle und Normalisierungsreferenz zum Vergleich zwischen den unterschiedli- chen Genotypen appliziert.

3.5 Patch-clamp Experimente Die Methode der Ganz-Zell-Spannungsklemme nach Neher und Sakmann wurde an Spinalganglienzellen mit kleinem Durchmesser (10 - 25 µm) sowie an transfizierten HEK293t-Zellen durchgeführt. Membranströme wurden mit einem Verstärker der Marke Axopatch 200B (Axon Instruments/ Molecular Devices, Sunnyvale, Kalifor- nien, USA) registriert, mit einer Frequenz von einem Kilohertz gefiltert und mit einer Frequenz von zwei Kilohertz aufgenommen. Elektroden wurden aus Borosilikat- Glasröhren mit einem Gerät der Marke TW150F-3 (World Precision Instruments, Berlin, Deutschland) gezogen und auf einen Widerstand von 1,5 bis 3 MΩ hitzepo- liert. Die Extrazellulärlösung bestand aus 140 mM NaCl, 5 mM KCl, 2 mM CaCl2, 2

mM MgCl2, 10 mM HEPES, 10 mM Glucose und wurde mit Tetramethylammonium (TMA) auf einen pH-Wert von 7,4 titriert. In Calcium-freier Lösung wurde Calcium durch 5 mM EGTA ersetzt. Die Intrazellulärlösung bestand aus 140 mM KCl, 2 mM

MgCl2, 5 mM EGTA und 10 mM HEPES (ebenfalls auf pH 7,4 mit KOH titriert). Alle Zellexperimente wurden mit einem Haltepotential von -60 mV und bei Raumtempe- ratur durchgeführt. Die Lösungen wurden mit einem Schwerkraft-betriebenen, Poly- tetrafluorethylen-Glas-Multiperfusionssystem appliziert. Das Programm pCLAMP in den Versionen 8.1 und 10 von Axon Instruments wurde zur Aufnahme und Analyse der Daten verwendet.

3.6 Messung der CGRP-Freisetzung Es wurden C57BL/6-Mäuse beider Geschlechter mit einem Durchschnittsgewicht von 20 g verwendet. Die Ischiadikus-Nerven oder die Haut beider Hinterpfoten distal des Knies wurden präpariert und für 30 Minuten in einem Schüttelbad bei 32°C auf- 27

bewahrt. Das Schüttelbad enthielt Standard Interstitial Fluid (SIF) (108 mM NaCl,

3,5 mM KCl, 26 mM NaHCO3, 1,7 mM NaH2PO4, 9,6 mM Natriumgluconat, 7,6 mM

Sucrose, 5,6 mM Glucose, 1,5 mM CaCl2 und 0,7 mM MgSO4*7 H2O). Es erfolgte 13 eine Begasung mit Carbogen (95% O2, 5% CO2) . In jedem Experiment wurden die Präparationen zunächst für jeweils zwei mal fünf Minuten in Kontroll-SIF inkubiert um die basale CGRP-Freisetzung zu messen. In der dritten Fünf-Minuten-Periode wurden die Präparationen mit den Testlösungen stimuliert, anschließend wurde die CGRP-Freisetzung nach Stimulation in zwei weiteren Fünf-Minuten-Perioden ge- messen. Der CGRP-Gehalt der Inkubationslösung (120 µl für Ischiadikus-Nerven, 500 µl für Pfotenhaut) wurde durch einen Enzymimmunoassay (SPlbio, Montigny, Frankreich) bestimmt4. Die CGRP-Konzentrationen wurden fotometrisch durch ei- nen Microplate-Reader (Dynatech, USA) bestimmt. Zur Kontrolle von Interaktionen zwischen dem EIA und den verschiedenen Lösungen wurden Probebestimmungen durchgeführt, nur die Triglycerid-Trägerlösung für Propofol interagierte mit dem CGRP-Assay. Zur Größenabschätzung der entstehenden Verzerrung wurden Triglycerid-Lösungen mit definierten CGRP-Konzentrationen (50, 100 und 200 pg/ml) durch den EIA überprüft. Es zeigte sich bei allen Konzentrationen eine 70%ige Übereinstimmung, dies wurde als Korrekturfaktor für die späteren Experi- mente verwendet.

3.7 Psychophysikalische Experimente 10 mM GABA wurde in isotoner Kochsalzlösung verdünnt und auf einen pH-Wert von 7,4 mit NaOH titriert, isotone Kochsalzlösung wurde ebenfalls auf pH 7,4 titriert. Beide Lösungen wurden vor Injektion steril gefiltert. Allen Probanden wurde an ver- schiedenen Stellen des volaren Unterarms 50 µl 10 mM GABA, 50 µl Kochsalzlö- sung, 50µl Propofol-Lipuro® 1% sowie 50 µl Lipofundin® durch eine 27G-Nadel intrakutan injiziert. Die Injektionen wurden doppelt-verblindet durchgeführt mit einem Intervall von 15 Minuten zwischen den einzelnen Injektionen. Der Schmerz wurde auf einer numerischen Rating-Skala (Werte 0-10) minütlich über einen Zeitraum von 10 Minuten dokumentiert.

3.8 Chemikalien Propofol (Sigma-Aldrich, Taufkirchen, Deutschland) wurde in Dimethylsulfoxid (DMSO) gelöst und eine Stocklösung von 50 mM hergestellt. Zum Experimentieren wurde Propofol in Extrazellulärlösung verdünnt, der maximale DMSO-Anteil betrug 2%. Klinisch-gebräuchliche Lösungen von Propofol wurden von Braun (Melsungen, Deutschland, Propofol-Lipuro® 1% und 2%) und von AstraZeneca (Wedel, Deutsch- 28

land, Disoprivan® 1%) erworben. Sie wurden auf 1/10 bis 1/1.000 mit SIF verdünnt, da die Originallösungen keine essentiellen Salze und Glucose enthielten. Capsaicin, GABA, Capsazepin, Acrolein und Picrotoxin wurden von Sigma-Aldrich, Phorbol-12- myristat-13-acetat (PMA) von Calbiochem-Novabiochem (Läufelfingen, Deutsch- land), HC-030031 von Enamine (Kiew, Ukraine) und BCTC von Enzo Life (Lörrach, Deutschland) beschafft. Capsaicin 10 mM und PMA 1 mM wurden in Ethanol gelöst, Capsazepin 10 mM wurde in DMSO gelöst.

3.9 Datenanalyse Zwei Datengruppen, die mindestens 10 Messungen enthielten, wurden mit abhängi- gem oder unabhängigem t-Test verglichen. Wiederholte Messungen sowie mehrere Gruppen wurden mit ANOVA und Fisher LSD post-hoc-Test verglichen. CGRP- Freisetzungsexperimente wurden unter Verwendung der Haut beider Hinterpfoten eines Tieres durchgeführt und durch den Wilcoxon-matched-pairs-Test verglichen. Die Verknüpfung von Variablen wurde durch die Produkt-Momentum-Korrelation untersucht. Statistische Analysen wurden unter Verwendung von Statistica 7 (Stat- soft, Tulsa, USA) durchgeführt, Dosiswirkungskurven wurden unter Verwendung der Hill-Gleichung in Origin 7.5 (OriginLab, Northhampton, USA) angepasst. Die gezeig- ten Daten sind als Mittelwerte ± Standardfehler des arithmetischen Mittelwertes an- gegeben, ein p-Wert < 0,05 wurde als signifikant betrachtet. „*“ bedeutet p < 0,05, „**“ bedeutet p < 0,01, „***“ bedeutet p < 0,001, „n.s.“ bezeichnet ein nicht- signifikantes Ergebnis. 29

4. Ergebnisse

4.1 Propofol verursacht in kultivierten Spinalganglienzellen eine Erhöhung der 2+ intrazellulären Calcium-Konzentration [Ca ]i Um die Effekte von Propofol auf nozizeptive Neurone zu untersuchen, applizierten wir zunächst die klinisch-gebräuchlichen Propofol-Lösungen auf kultivierte Spinal- ganglienzellen von adulten C57BL/6-Mäusen. Nach einer dreiminütigen Applikation rief eine tausendfache Verdünnung von 2%igem Propofol-Lipuro® (112 µM Propo- fol) einen intrazellulären Calcium-Anstieg in 79 von 137 Neuronen hervor (Abb. 9).

Abbildung 9: Propofol verursacht einen Anstieg der intrazellulären Calcium‐Konzentration in kultivierten Spinalganglienzellen Tausendfach verdünntes Propofol‐Lipuro® 2% (112µM Propofol) verursachte einen Anstieg des intrazellulären Calciums in mehr als 50% der untersuchten Spinalganglienzellen. Die erhöhte Calcium‐Konzentration blieb über das Ende der dreiminütigen Applikation hinaus bestehen. Es konnte kein Effekt nach Applikation der tausend‐ fach‐verdünnten Trägerlösung von Propofol (Lipofundin®) gesehen werden.

Die Stromantwort war biphasisch und zeigte einen zeitlich-begrenzten Gipfel (< 60s) sowie eine Restantwort, die über den gesamten Zeitraum der Medikamentenappli- kation andauerte. Im Gegensatz dazu konnte nach dreiminütiger Applikation einer tausendfach-verdünnten Lösung von Lipofundin®, der Trägerlösung von Propofol- Lipuro®, kein intrazellulärer Calcium-Anstieg festgestellt werden. Ein stabiler An- 2+ stieg der intrazellulären Calcium-Konzentration [Ca ]i konnte bei der Anwendung von 100 µM Propofol in Extrazellulärlösung mit Dimethylsulfoxid als Lösungsmittel (0,2%) beobachtet werden. Enthielt die Extrazellulärlösung kein Calcium, so zeigte 2+ sich auch kein Anstieg der [Ca ]i (weniger als 4% Anstieg im Vergleich zur Kontrol- le, n=30, p < 0,001, t-Test, Abb. 10). Nach dreimaliger Applikation von Propofol zeigte der dritte Calcium-Anstieg im Durchschnitt noch eine Größe von 57 ± 14% des ersten Calcium-Anstieges. 30

Abbildung 10: Propofol verursacht einen Anstieg der intrazellulären Calcium‐Konzentration in kultivierten Spinalganglienzellen Der Anstieg der intrazellulären Calcium‐Konzentration wurde durch einströmendes, extrazelluläres Calcium verursacht. 100 µM Propofol in wässriger Lösung wurde in Intervallen von fünf Minuten jeweils für 30 Sekunden appliziert. Die zweite Propofol‐Applikation wurde in Calcium‐freier Extrazellulärlösung durchgeführt. Die Appli‐ kation von 60 mM Kalium am Schluss wird in dieser und den anderen Abbildungen nicht gezeigt.

Propofol in einer Konzentration von 100 µM verursachte einen Calcium-Einstrom in einer großen Untergruppe der Spinalganglienzellen. Zur Erstellung einer Dosiswir- kungskurve wurden unterschiedliche Konzentrationen jeweils für 30s appliziert. Ab einer Konzentration von 10 µM Propofol zeigte sich konzentrationsabhängig ein An- 2+ stieg der [Ca ]i, es ergab sich ein EC50-Wert für Spinalganglienzellen von Wildtyp- Mäusen in Höhe von 20,8 ± 1,0 µM (p < 0,001, n=84, t-Test, Abb. 11A). Wir vermu- 2+ teten, dass der Propofol-induzierte Anstieg der [Ca ]i durch die „transient receptor potential“-Kanäle TRPA1 und TRPV1 verursacht wird, deshalb untersuchten wir die Spinalganglienzellen der entsprechenden Knock-out-Tiere. Erstaunlicherweise zeig- ten sich keine Unterschiede in den Dosiswirkungskurven von TRPV1-/--, TRPA1-/-- und TRPV1-/-/TRPA1-/--Tieren (p < 0,001 für 10 µM Propofol, n = 80, 102 und 70 für die entsprechenden Genotypen, t-Test, Abb. 12). Im Vergleich zu Wildtyp-Neuronen zeigte sich allerdings eine signifikant-verminderte Aktivierbarkeit der Neurone aller -/- -/- Knock-out-Tiere (ANOVA F(3,298)=6,7, TRPV1 p = 0,036, n =80; TRPA1 p < 0,001, n = 102; TRPV1/TRPA1-/- p = 0,003, n = 70; Fisher LSD post-hoc-Tests, Abb. 12). Während die Propofol-Ströme in TRPA1-/--Neuronen signifikant kleiner als in TRPV1-/--Neuronen waren (p = 0,039, LSD post-hoc-Test), zeigten sich keine signi- fikanten Unterschiede zwischen den Neuronen der Einzel-Knock-out-Tiere und den Neuronen von Doppel-Knock-out-Tieren. 31

Abbildung 11: Konzentrationsabhängige Aktivierung von Spinalganglienzellen von Wildtyp‐C57BL/6‐, TRPV1‐/‐‐ , TRPA1‐/‐‐ und TRPV1‐/‐/ TRPA1‐/‐‐Mäusen durch Propofol. Propofol in unterschiedlichen Konzentrationen wurde für jeweils 30 Sekunden in fünfminütigen Intervallen appliziert. Die Fluoreszenz‐Ratios aller getesteten Neuronen wurden auf die jeweilige individuelle Antwort auf 60 mM Kalium normalisiert und insgesamt gemittelt.

Abbildung 12: Dosiswirkungskurven von Wildtyp‐C57BL/6‐, TRPV1‐/‐‐, TRPA1‐/‐‐ und TRPV1‐/‐/TRPA1‐/‐‐ Mäusen. Die Kurven wurden der Hill‐Funktion angeglichen. Man beachte den Rest‐Effekt bei TRPA1‐/‐/TRPV1‐/‐‐Mäusen. 32

Als nächstes wurde untersucht, ob die funktionellen Eigenschaften der Propofol- Ströme in Neuronen von TRPV1-/-- und TRPA1-/--Tieren verändert waren. Die Akti- vierung und akute Desensibilisierung wurden durch die Applikation von 100 µM Propofol über 300s studiert. Es zeigte sich bei TRPV1-/-- und TRPA1-/--Tieren wie bei Wildtyp-Neuronen eine biphasische Stromantwort mit einem kurzzeitigen Gipfel und einer langsamer abklingenden Komponente (Abb.13). Die langsamer abklingende Komponente des Stroms konnte bei keinem anderen TRPV1- oder TRPA1-Agonisten gesehen werden (Daten nicht gezeigt), was, nach- dem der Effekt sowohl in Wildtyp- als auch in Knock-out-Neuronen gezeigt werden konnte, darauf hindeutete, dass mehrere Mechanismen zur Propofol-induzierten Aktivierung von Spinalganglienzellen beitrugen. Deshalb wurde der exzitatorische Effekt von Propofol durch einen kombinierten genetischen und pharmakologischen Ansatz weiter untersucht.

Abbildung 13: Propofol‐Antworten in Neuronen von Wildtyp‐C57BL/6‐, TRPV1‐/‐‐, TRPA1‐/‐‐ und TRPV1‐/‐/ TRPA1‐/‐‐Mäusen zeigen eine ähnliche Kinetik. 100µM Propofol wurde für 300 Sekunden appliziert, die Graphen zeigen den Mittelwert sowie den Standardfeh‐ ler des Mittelwertes für die Fluoreszenz‐Ratio. Für C57BL/6‐Mäuse sind zwei verschiedene Mittelwerte gezeigt: a) Neurone, welche einen Anstieg von über 50 nM Calcium (n = 61, gestrichelte Linie) und b) Neurone, welche einen Anstieg von unter 50 nM Calcium (n = 51, kontinuierliche Linie) innerhalb der ersten Minute zeigten. Man beachte die unterschiedlichen Aktivierungszeitkonstanten für den Calcium‐Anstieg von 11 bzw. 23 Sekunden. In Neuronen von TRPV1‐/‐‐ und TRPA1‐/‐‐ Mäusen hielt der Calcium‐Anstieg ebenfalls über die Applikationszeit hinaus an, kehrte allerdings später auf die Grundlinie zurück. Die Daten zeigen den Mittelwert ± Standardfehler des Mittelwertes aller getesteten Neuronen.

4.2 TRPV1-, TRPA1- und GABAA–Rezeptoren sind für den Propofol-induzierten Anstieg der intrazellulären Calcium-Konzentration in Spinalganglienzellen verantwortlich Wie in Abb. 14 A bis D dargestellt, wurde drei Mal nacheinander Propofol in einer Konzentration - von 30 µM auf Neurone von Wildtyp-Mäusen, TRPV1-/--, TRPA1-/-- 33

und TRPV1-/-/ TRPA1-/-- Mäusen gegeben. In Neuronen von TRPA1-/--Tieren war die zweite Antwort auf 30 µM Propofol in Anwesenheit des TRPV1-Antagonisten BCTC (10 µM) deutlich reduziert (p < 0,001, n = 68, t-Test, Abb. 14A). In Neuronen von TRPV1-/--Tieren reduzierte die Anwesenheit des TRPA1-Antagonisten HC-030031 (50 µM) die Stromantwort ebenfalls deutlich (p < 0,001, n =76, t-Test, Abb. 14B). Sowohl BCTC als auch HC-030031 zeigten selbst keinen Calcium-Einstrom und die Propofol-Antworten zeigten nach Auswaschung der Antagonisten keine Unterschie- de im Vergleich zu den ersten Antworten (p = 0,54 und p = 0,82, t-Test, Abb. 14 A/B). 26,27 GABAA-Rezeptoren sind wichtig für die hypnotische Wirkung von Propofol . Da diese Rezeptoren ebenfalls in primären sensorischen Neuronen exprimiert werden und ihre Aktivierung eine Exzitation verursacht, untersuchten wir, ob die Aktivierung dieser Rezeptoren ebenfalls zur Aktivierung von nozizeptiven Neuronen durch Pro- pofol beiträgt. Mit dem gleichen Versuchsprotokoll, mit dem die TRP-Kanäle untersucht wurden, wurde auch unter Verwendung des nicht-kompetitiven GABAA-Rezeptor- Antagonisten Picrotoxin (PTX) der Beitrag von GABA-Rezeptoren zur Aktivierung von Spinalganglienzellen durch Propofol untersucht. In Neuronen von C57BL/6- Wildtyp-Mäusen reduzierte 100 µM PTX die Propofol-Antwort um 48% (p = 0,019, n =46, t-Test, Abb. 14C). Die verbleibende Propofol-Antwort in Neuronen von TRPV1- /-/TRPA1-/--Tieren wurde durch 100 µM PTX um 83% verringert (p < 0,001, n = 82, t- Test, Abb. 14D); der verbleibende Propofol-induzierte Calcium-Einstrom unter Picro- toxin war minimal (3,3 ± 0,6 nM).

Abbildung 14: Selektive Blockersubstanzen von TRPA1, TRPV1 und GABAA‐Rezeptoren reduzieren die Propo‐ fol‐induzierten Antworten in Spinalganglienzellen (A‐D) 30 µM Propofol wurde für 30 Sekunden in fünfminütigen Intervallen appliziert. Wie in den jeweiligen Abbildungen gezeigt, wurde die entsprechende Blockersubstanz während der zweiten Propofol‐Applikation hinzugegeben. (A) In Neuronen von TRPA1‐/‐‐Mäusen reduzierte der TRPV1‐Blocker BCTC reversibel die Propo‐ fol‐Antwort. (B) In Neuronen von TRPV1‐/‐‐Mäusen reduzierte der TRPA1‐Blocker HC‐030031 reversibel die Propofol‐Antwort. (C, D) Der selektive GABAA‐Rezeptor‐Antagonist Picrotoxin (100µM) reduzierte Propofol‐ induzierte Ströme in C57BL/6‐Wildtyp‐Mäusen (C) und blockierte sie fast vollständig in TRPV1‐/‐/TRPA1‐/‐‐ Mäusen (D). Die Daten werden präsentiert als Mittelwert ± Standardfehler aller getesteten Neuronen. 34

Als nächstes wurden die relativen Beiträge von TRPV1, TRPA1 und GABAA- Rezeptoren zur Propofol-induzierten Aktivierung von Spinalganglienzellen unter- sucht. Die Empfindlichkeit von Neuronen gegenüber Propofol (30 µM), GABA (10 µM), Capsaicin (100 nM) und Acrolein (TRPA1-Agonist, 10 µM) wurde im gleichen Versuchsprotokoll untersucht (Abb. 15A). 35

Die Empfindlichkeit für Propofol korrelierte stark mit der von GABA induzierten Stromantwort (r = 0,67, p < 0,001, n = 83). Eine ähnliche Korrelation wurde zwi- schen Propofol- und Acrolein-Antworten gefunden (r = 0,82, p < 0,001). Zwischen Propofol und Capsaicin konnte keine positive Korrelation gefunden werden (r = - 0,16, p = 0,51, Abb. 15B). Es zeigte sich jedoch eine signifikant-negative Korrelation zwischen GABA und Capsaicin-Antworten in Wildtyp-Neuronen (r = -0,23, p = 0,04), welche möglicher- weise eine positive Propofol-Capsaicin-Korrelation überdeckt. Tatsächlich konnte eine signifikante, positive Korrelation zwischen Propofol und Capsaicin (100 nM) in -/- TRPA1 -Tieren unter gleichzeitiger Blockade von GABAA-Rezeptoren durch PTX gezeigt werden (r = 0,62, p < 0,001, n = 502, Abb. 15D). Unter Gabe von PTX (100µM) antworteten noch immer 18% aller untersuchten TRPA1-/--Neuronen (n = 502) auf 50 µM Propofol. Dieser Anteil stieg auf 38% nach einer Vorbehandlung mit dem Proteinkinase C- Aktivator Phorbol-12-myristat-13-acetat (PMA) (100 nM für 60s). Außerdem stieg nach einer Vorbehandlung mit PMA der Anteil der Propofol-sensiblen Neuronen, welche ebenfalls auf Capsaicin reagieren, von 45% auf 93% an. Der Propofol- induzierte Calcium-Einstrom vergrößerte sich nach sechs Minuten PMA- Vorbehandlung auf 306% (erster Strom nach Vorbehandlung) sowie 266% (zweiter Strom nach Vorbehandlung) im Vergleich zum allerersten Propofol-Strom (beide p < 0,001, t-Test, Abb. 15C). 10 µM GABA zeigte unter den oben angegebenen Ver- suchsbedingungen erwartungsgemäß keinen Effekt (Abb. 15D). Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den Daten von Cornett et al.28, die zeigen konnten, dass volatile Allgemeinanästhetika TRPV1 erst nach PKC-abhängiger Phosphorylierung aktivieren können.

Abbildung 15: Spinalganglienzellen von C57BL/6‐Mäusen reagieren auf GABA und TRP‐Agonisten (A) Calcium‐Signalkurven mit einem Calcium‐Anstieg von über 50 nM (schwarz) oder unter 50 nM (grau) nach Propofol‐Stimulation. (B) Der Calcium‐Anstieg nach Applikation von 30 µM Propofol korrelierte mit der Antwort auf 10 µM GABA und 10 µM Acrolein, nicht aber mit der Antwort auf 100 nM Capsaicin. (C) 50 µM Propofol aktivierte TRPA1‐/‐‐Neurone in der Anwesenheit von 100 µM Picrotoxin. 100 nM PMA sensibilisierte die Neurone für die folgende Propofol‐Applikation. Die sensibilisierte Propofol‐Antwort korrelierte mit einer durch 100 nM Capsaicin ausgelösten Stromantwort. Der Durchmesser der Propofol‐sensiblen Neurone in diesem Versuch betrug 22,6 ± 0,7 µm und war vergleichbar mit allen Neuronen, die diesem Versuchsprotokoll unterzogen wur‐ den (23,5 ± 0,7 µm) sowie den GABA‐sensiblen (24,2 ± 0,8 µm) und Acrolein‐sensiblen (23,6 ± 0,8 µm) Neuro‐ nen. Lediglich die Capsaicin‐sensiblen Neurone waren im Vergleich zu den anderen Gruppen kleiner (19,7 ± 0,7 µm, p ≤ 0,02 für alle Vergleiche, t‐Tests). Die Daten zeigen den Mittelwert ± Standardfehler des Mittelwertes aller getesteten Neuronen. 36

4.3 Propofol verursacht Einwärtsströme in Spinalganglienzellen von Mäusen durch die Aktivierung von TRPV1-, TRPA1- und GABAA-Rezeptoren Um die aus dem Calcium-Imaging gewonnenen Daten zu erhärten und um die Pro- pofol-Effekte auf molekularer Ebene zu untersuchen, wurden Whole cell patch clamp-Experimente an Spinalganglienzellen von Wildtyp-C57BL/6- und TRPV1-/- /TRPA1-/--Mäusen durchgeführt. Die Neurone wurden auf ihre Sensibilität für Propo- fol (300 µM), GABA (50 µM), Capsaicin (1 µM) und Acrolein (50 µM) untersucht. Die hohe Konzentration von Propofol wurde gewählt um vergleichbare Stromgrößen zu 37

erhalten. Wie in Abbildung 16 A/B gezeigt, konnten an Spinalganglienzellen Propo- fol-induzierte Einwärtsströme unterschiedlicher Größe und Kinetik abgeleitet wer- den. In Wildtyp-Neuronen verursachte Propofol (300 µM) in 75% (44 von 59) aller getes- teten Neuronen Ströme mit einer mittleren Stromdichte von 10,6 ± 1,1 pA/pF. Er- staunlicherweise zeigten sich bei TRPV1-/-/TRPA1-/--Neuronen weder in der Anzahl der aktivierbaren Neuronen (82%, 22 von 27 Neuronen) noch in der Stromdichte (14,3 ± 3,5 pA/pF) Unterschiede im Vergleich zum Wildtyp (p = 0,49 und p = 0,23, t- Test, Abb. 16C/D). Nur 16% (7 von 44) aller Propofol-sensiblen Wildtyp-Neuronen waren auch Capsai- cin-sensibel. Diese Neurone zeigten nur kleine Propofol-Stromdichten (6,8 ± 1,9 pA/pF). Capsaicin-induzierte Ströme konnten an 32% (19 von 59) aller getesteten Wildtyp-Neuronen gezeigt werden. Von daher reagiert die Mehrheit der Capsaicin- sensiblen Neurone (63%, 12 von 19) nicht auf Propofol. 36,4% (16 von 44) aller Propofol-sensiblen Wildtyp-Neurone waren ebenfalls für Acrolein sensibel und generierten kleine Propofol-Stromdichten (7,4 ± 1,3 pA/pF, p = 0,74, t-Test, Abb. 16E). Acrolein-induzierte Ströme konnten an 31% (18 von 59) der getesteten Wildtyp-Neurone gezeigt werden. Im Gegensatz zu den Capsaicin- sensiblen Neuronen (37%, 7 von 19 Neurone reagierten auf Propofol) reagierten 89% (16 von 18) aller Acrolein-sensiblen Neurone auf Propofol. Acrolein-sensible Neurone zeigten eine typische Stromcharakteristik mit einem „Resurging-current“ nach der eigentlichen Propofol-Applikation (Abb. 16A). 55% (24 von 44) aller Propofol-sensiblen Wildtyp-Neurone zeigten keine Aktivier- barkeit durch Capsaicin oder Acrolein, generierten dafür aber signifikant-größere Propofol-Ströme im Vergleich zu Capsaicin- oder Acrolein-sensiblen Neuronen (13,4 ± 1,6 pA/pF, p = 0,002, t-Test, Abb. 16E). Somit besteht eine negative Korrelation für die Aktivierbarkeit durch Propofol und die Irritantien Acrolein und Capsaicin in Spinalganglienzellen. 50 µM GABA verursachte bei 44 von 54 Wildtyp-Neuronen (81,5%) einen Ein- wärtsstrom, bei TRPV1-/-/TRPA1-/--Neuronen bei 22 von 27 (81,5%). Alle Propofol- sensiblen Neurone antworteten ebenfalls auf GABA (Wildtyp: 40 von 40; TRPV1-/- /TRPA1-/-: 22 von 22). Ferner zeigte sich eine starke Korrelation in Bezug auf die Größe zwischen den von Propofol und GABA hervorgerufenen Stromamplituden an Wildtyp- und TRPV1-/-/TRPA1-/- -Neuronen (Wildtyp: r = 0,86, p < 0,001, Abb. 16F; TRPV1-/-/TRPA1-/-: r = 0,98, p < 0,001, Abb. 16G). Die Propofol-induzierten Ströme an TRPV1-/-/TRPA1-/--Neuronen konnten durch PTX (100 µM) komplett geblockt werden (n = 7, Abb. 16H). 38

Abbildung 16: Propofol verursacht im Patch‐clamp Einwärtsströme in Spinalganglienzellen von C57BL/6‐ Mäusen. (A,B) Repräsentative Stromkurven von Spinalganglienzellen nach Applikation von 300 µM Propofol, 50 µM GA‐ BA, 1 µM Capsaicin, und 50 µM Acrolein. Bei einem Haltepotential von ‐60 mV wurde jede Substanz in zweimi‐ nütigen Intervallen für 10‐30 Sekunden appliziert. (A) In Neuronen, die große Acrolein‐ und Capsaicin‐Ströme zeigten, jedoch nur kleine GABA‐Antworten, konnten ebenfalls nur kleine Propofol‐Antworten mit „Resurging‐ currents“ gesehen werden. (B) Große Propofol‐Ströme konnten in Neuronen gesehen werden, die auch große GABA‐Antworten generierten, aber keine Ströme auf Capsaicin‐ oder Acrolein‐Applikation zeigten. (C,D) Der Prozentsatz an Spinalganglienzellen von Wildtyp‐C57BL/6‐Mäusen, welche Propofol‐Ströme (> 30 pA) zeigten, sowie die entsprechenden Stromamplitude unterschieden sich nicht signifikant von den Antworten von Spinal‐ ganglienzellen aus TRPV1‐/‐/TRPA1‐/‐‐Mäusen. (E) Die Propofol‐Stromantworten von Capsaicin‐ und Acrolein‐ insensiblen Wildtyp‐Neuronen waren im Vergleich zu Capsaicin‐ und Acrolein‐sensiblen Neuronen größer. (F,G) Es zeigte sich eine starke Korrelation zwischen den Stromspitzenamplituden von GABA und Propofol in C57BL/6‐ und TRPV1‐/‐/TRPA1‐/‐‐Mäusen. Die Stromspitzenamplituden durch Propofol und GABA wurden für jede Zelle einzeln aufgetragen. Die Graphen zeigen jeweils einen „Linear‐least‐squares‐fit“ und den jeweiligen Produkt‐ Momentum Korrelationskoeffizienten. (H) Die durch Propofol (300 µM) verursachten Einwärtsströme in Neuro‐ ‐/‐ ‐/‐ nen von TRPA1 /TRPV1 ‐Mäusen waren vollständig und reversibel blockierbar durch den GABAA‐Rezeptor Antagonisten Picrotoxin (100 µM).

39

4.4 Propofol aktiviert und blockiert TRPA1 Matta et al. berichteten 200880, dass Propofol Spinalganglienzellen nur durch TRPA1 aktiviert. Wir konnten bestätigen, dass rTRPA1, exprimiert im heterologen Expressionssystem in HEK293t-Zellen, tatsächlich durch Propofol konzentrations- abhängig und reversibel aktiviert wird (Abb. 17A). Propofol verursachte Ein- wärtsströme in entsprechenden HEK-Zellen ab einer Konzentration von 0,3 µM und 105 zeigte damit eine vergleichbare Potenz an TRPA1 wie an GABAA-Rezeptoren Ab einer Konzentration von 10 µM rief Propofol durchwegs Ströme hervor, die während der Applikation schnell inaktivierten (Abb. 17B) und nach dem Ende der Propofol- Applikation einen „Resurging-current“ zeigten (100 µM Propofol in Abb. 17A). Matta et al.80 zeigten dieses Phänomen ebenfalls, eine mögliche Erklärung hierfür könnte ein Propofol-induzierter Block der Pore von TRPA1 im offenen Zustand darstellen. Um diese These zu bestätigen, wurde Propofol, nachdem sich ein durch Acrolein- induzierter Strom nicht mehr vergrößerte, koappliziert (Abb. 17C). 30 µM Propofol reduzierten in diesem Versuchsansatz die Acrolein-Ströme um 89,2 ± 2,8%, n = 7, p = 0,018, Wilcoxon-Test, Abb. 17 C/D). Abbildung 17 zeigt außerdem, dass Propofol- induzierte Ströme an rTRPA1-HEK293t-Zellen vollständig durch HC-030031 (100 µM) geblockt werden konnten (n = 5, Abb. 17E).

Abbildung 17: Propofol aktiviert und blockiert den TRP‐Rezeptor TRPA1 (A) Repräsentative Stromkurven von Propofol‐induzierten Einwärtsströmen von rTRPA1‐HEK293t‐Zellen. Auf‐ steigende Propofol‐Konzentrationen wurden für 10 – 15 Sekunden bei einem Haltepotential von ‐60 mV appli‐ ziert. Um eine Desensibilisierung zu vermeiden, wurde an jeder Zelle nur eine Konzentration getestet. (B) Dosis‐ Wirkungskurve für die durch Propofol verursachte Aktivierung von rTRPA1. Jede Konzentration wurde an 6 – 10 Zellen getestet. (C,D) Propofol blockierte Acrolein‐induzierte Einwärtsströme in rTRPA1‐HEK293t‐Zellen. (C) 30 µM Propofol wurde mit 50 µM Acrolein koappliziert, nachdem durch alleinige Applikation von Acrolein ein Steady‐state des Stroms erreicht wurde. (D) Der Propofol‐induzierte Block wurde aus der Normalisierung der Stromantwort von Acrolein und Propofol auf die alleinige Acrolein‐Antwort errechnet. (E) Der TRPA1‐Rezeptor‐ Antagonist HC‐030031 (100 µM) blockierte vollständig Propofol‐induzierte Stromantworten an rTRPA1‐ HEK293t‐Zellen. HC‐030031 wurde mit 10 µM Propofol koappliziert, nachdem durch alleinige Applikation von Propofol ein Steady‐state erreicht wurde. (F) Propofol aktivierte rTRPV1 und rTRPV3, nicht aber rTRPV2, rTRPV4 und rTRPM8. Repräsentative Stromkurven für jeden TRP‐Kanal unter Propofol‐Applikation. Der Effekt von 300 µM Propofol wurde an HEK293t‐Zellen, welche den entsprechenden Rezeptor transient‐exprimierten unter‐ sucht. Das Haltepotential betrug ‐60 mV. rTRPM8‐exprimierende Zellen zeigten kleine (< 20 pA,) durch Propofol induzierte Ströme. 40

4.5 Propofol aktiviert, sensibilisiert und desensibilisiert TRP-Kanäle aus der TRP-Unterfamilie V Der Effekt von Propofol auf andere TRP-Rezeptoren, welche in Spinalganglienzellen funktionell exprimiert werden oder einen Einfluss auf die periphere Nozizeption ha- ben sollen, wurde ebenfalls untersucht. 300 µM Propofol aktivierten den in HEK293t-Zellen exprimierten Capsaicin-Rezeptor rTRPV1 sowie den Hitzerezeptor TRPV3 der Ratte (Abb. 17F). Während rTRPM8-HEK293t-Zellen minimal durch Propofol aktiviert wurden (Stromgröße < 50 pA, n =8, Abb. 17F), zeigten mit rTRPV2 und rTRPV4 transfizierte HEK293t-Zellen sowie nicht-transfizierte HEK-Zellen keine Aktivierbarkeit durch Propofol (n = 9 – 14 für jeden Rezeptor, Abb. 17F). Im Falle von rTRPV3 nahmen die Stromamplituden bei wiederholter Applikation von Propofol zu (Abb. 18), dieses Phänomen wurde bereits für andere Agonisten des Rezeptors gezeigt11.

41

Abbildung 18: Wiederholte Propofol‐Applikationen an rTRPV3‐HEK293t‐Zellen. Repräsentative Stromkurven nach wiederholter Applikation von 300 µM Propofol. Nach wiederholter Applikati‐ on von Propofol vergrößerte sich die Stromamplitude. Die Spitzenstromamplitude nach der zweiten und dritten Propofol‐Applikation wurde gegen die Spitzenstromamplitude der ersten Applikation normalisiert (n = 9).

Eine nähere Untersuchung der Wirkungen von Propofol auf rTRPV1-HEK293t-

Zellen konnte zeigen, dass Propofol rTRPV1 konzentrationsabhängig mit einer EC50 von 90 ± 20 µM (n= 6 – 10 für jede Konzentration, Abb. 19 A/B) aktiviert. Propofol- induzierte Einwärtsströme konnten durch den kompetitiven TRPV1-Antagonisten Capsazepin (10 µM) vollständig geblockt werden (99 ± 3%, n = 10, Abb. 19C). Al- lerdings sensibilisierte Propofol bei Koapplikation mit einem anderen Agonisten TRPV1 nicht, eine Eigenschaft, die für viele Agonisten von TRPV1 gezeigt wurde71. Wie in Abb. 19D und 19E dargestellt, führte die Koapplikation von Capsaicin (5 nM) und Propofol (100 µM) zu eher reduzierten Strömen im Vergleich zur alleinigen Capsaicin-Applikation (Reduktion der Stromgröße um 58,4 ± 13,7%, p = 0,003, n = 8, t-Test). Die Propofol-Sensibilität von rTRPV1 konnte durch PKC-abhängige Phosphorylie- rung extrem gesteigert werden, dies bestätigte die Ergebnisse aus den Calcium- Imaging-Experimenten an Spinalganglienzellen (Abb. 15C). Nach einer ersten Ap- plikation von 100 µM Propofol folgte eine dreiminütige Periode mit Applikation des PKC-Aktivators PMA (1 µM), die zweite Propofol-Applikation im Anschluss zeigte einen 28 ± 6,8 fachen Anstieg der Stromamplituden (n = 8, p = 0,001, t-Test, Abb. 19F). Diese PMA-induzierte Sensibilisierung von TRPV1 gegenüber Propofol konnte in der TRPV1-Doppelmutante S502A/S800A, bei der die wahrscheinlich durch PKC phosphorylierten Serine durch Alanin ersetzt wurden, nicht gezeigt werden (1,6 ± 0,7facher Anstieg, n = 6, p = 0,42, t-Test, Abb. 19F). Die Fähigkeit von Propofol, TRPV1 zu desensibilisieren, wurde ebenfalls untersucht. Desensibilisierung und Tachyphylaxie nach wiederholter Applikation von Agonisten sind typische Merkmale für den Capsaicin-Rezeptor. Sie werden durch einen An- stieg der intrazellulären Calcium-Konzentration vermittelt und können verhindert 42

werden, wenn die extrazelluläre Lösung kein Calcium enthält86. Nach wiederholter Applikation von 300 µM Propofol zeigte sich eine starke Desensibilisierung (ANO-

VA, F1,32 = 12,392, p = 0,001, Abb. 19G). Die Stromantwort in Calcium-haltiger Lö- sung reduzierte sich nach wiederholter Propofol-Applikation in Bezug auf die erste Antwort bei der ersten Wiederholung auf 72,3 ± 14,2% und bei der zweiten Wieder- holung auf 48,8 ± 10,2%. Es konnte allerdings kein signifikanter Unterschied zur Desensibilisierung in Calcium-freier extrazellulärer Lösung (erste Wiederholung der Propofol-Applikation: 53,7 ± 20,1% des ersten Stromes, zweite Wiederholung: 37,0 ± 24,0% des ersten Stromes, p = 0,66, Fisher LSD post-hoc-Test, Abb. 19 G/H) festgestellt werden. Im Gegensatz hierzu zeigte die wiederholte Applikation von 100 nM Capsaicin in Calcium-freier Lösung stabile Einwärtsströme und keine Anzeichen für eine Desensibilisierung (erste Wiederholung der Capsaicin-Applikation: 99,9 ± 5,5% des ersten Stromes, zweite Wiederholung: 103,4 ± 10,9% des ersten Stromes, n = 5, Abb. 19I). Die kontinuierliche Gabe von 30 µM Propofol im Intervall (3 Minu- ten) zwischen den Capsaicin-Applikationen resultierte in einer Kreuz- Desensibilisierung der Capsaicin-Ströme sogar in der Abwesenheit von extrazellulä- rem Calcium (erste Wiederholung der Capsaicin-Applikation: 63,8 ± 6,2% des ersten Capsaicin-Stroms, zweite Wiederholung: 48,6 ± 6,7% des ersten Capsaicin-Stroms, n = 8, p = 0,001 und p = 0,012, Wilcoxon-Test, Abb. 19I). Es erscheint daher wahr- scheinlich, dass sich der Aktivierungsmechanismus von Propofol an TRPV1 vom Aktivierungsmechanismus von Capsaicin unterscheidet. Um dies zu belegen sind allerdings weitere Untersuchungen notwendig.

Abbildung 19: Propofol aktiviert und desensibilisiert den TRP‐Rezeptor TRPV1 (A) Repräsentative Stromkurven für Propofol‐induzierte Einwärtsströme. Ansteigende Propofol‐Konzentrationen wurden für 10 – 15 Sekunden auf rTRPV1‐HEK293t‐Zellen bei einem Haltepotential von ‐60 mV appliziert. Um eine Desensibilisierung zu vermeiden, wurde pro Zelle nur eine Konzentration getestet. (B) Dosiswirkungskurve für Propofol an rTRPV1. Die Kurve wurde der Hill‐Gleichung angepasst. (C) Der TRPV1‐Rezeptor‐Antagonist Capsazepin (10 µM) blockierte Propofol‐induzierte Einwärtsströme an rTRPV1‐HEK293t‐Zellen. Capsazepin wurde mit Propofol koappliziert, nachdem der Propofol‐Strom einen Steady‐state erreicht hatte. (D,E) Capsai‐ cin‐induzierte Einwärtsströme an rTRPV1 wurden durch Propofol nicht potenziert. (D) 5 nM Capsaicin wurde zunächst alleine appliziert, anschließend gemeinsam mit 100 µM Propofol. (E) Nach Normalisierung auf den alleinigen Capsaicin‐Strom zeigte sich bei gemeinsamer Applikation von Propofol und Capsaicin eine Reduktion der Stromamplitude. (F) Die Aktivierung von PKC sensibilisierte Propofol‐induzierte Einwärtsströme in rTRPV1‐ HEK293t‐Zellen. Nach einer ersten Applikation von 100 µM Propofol wurden die Zellen mit dem PKC‐Aktivator PMA (1 µM) behandelt. Während Wildtyp‐rTRPV1 durch PMA sensibilisiert werden konnte, zeigte sich keine Sensibilisierung bei der rTRPV1‐Mutante S502A/S800A. (G,H) Calcium‐unabhängige Desensibilisierung von Pro‐ pofol‐induzierten Einwärtsströmen in rTRPV1‐HEK293t‐Zellen. (G) Repräsentative Stromkurven für eine Propofol induzierte Desensibilisierung. 300 µM Propofol wurde für 10 – 15 Sekunden in zweiminütigen Intervallen bei einem Haltepotential von ‐60 mV appliziert. (H) Nach Normalisierung auf den ersten Propofol‐Strom zeigte sich eine Calcium‐unabhängige Desensibilisierung. (I) Propofol desensibilisierte Capsaicin‐induzierte Ströme in rTRPV1‐HEK293t‐Zellen. 100 nM Capsaicin wurde in zweiminütigen Intervallen in Calcium‐freier Extrazellulärlö‐ sung appliziert. Während sich keine signifikante Desensibilisierung bei Zellen zeigte, welche mit Kontrolllösung zwischen den Applikationen behandelt wurden, konnte nach einer kontinuierlichen Gabe von 30 µM Propofol zwischen den Capsaicin‐Applikationen eine Desensibilisierung gesehen werden. 43

4.6 Propofol aktiviert TRPA1 nicht über eine kovalente Bindung an Cystein- Reste oder eine Interaktion mit der Transmembranregion 5 Wie in Abb. 17 A/F gezeigt, aktiviert Propofol mehrere TRP-Kanäle, davon TRPA1 mit der höchsten Potenz. Die relativ langsame Aktivierungskinetik von Propofol- Strömen an TRPA1 ähnelt der Aktivierungskinetik von Substanzen wie Acrolein oder Senföl, für die gezeigt wurde, dass sie TRPA1 über kovalente Bindungen an reakti- ve Cystein-Reste aktivieren57,75. Interessanterweise konnte der gleiche Aktivie- rungsmechanismus auch für TRPV1 nachgewiesen werden22,106. Von daher stellten wir uns die Frage, ob Propofol TRPA1 und TRPV1 über den oben beschriebenen Mechanismus aktiviert. Hierzu wurde eine Mutation von hTRPA1, in der die reakti- ven Cysteine durch Serine ersetzt wurden (hTRPA1-C621S/C641S/C665S) unter- sucht. Wie durch Hinman et al. gezeigt, ist diese Mutante komplett unempfindlich für 100 µM Acrolein (Abb. 20B). Jedoch zeigte die Mutante weiterhin große Ein- wärtsströme auf die Applikation von 300 µM Propofol (697,5 ± 263,3 pA, n=8) und auf 250 µM Carvacrol, einem kürzlich etablierten TRPA1-Agonisten. Deshalb er- schien es unwahrscheinlich, dass die kovalente Bindung an Cystein-Reste der ge- meinsame Aktivierungsmechanismus von Propofol an TRPA1 und TRPV1 ist. Während der Durchführung der Experimente an hTRPA1 und rTRPA1 fiel bei den Propofol-Einwärtsströmen ein Spezies-abhängiger Unterschied auf: die bereits er- 44

wähnten „Resurging currents“, die sich nach Beendigung der Propofolapplikation zeigten, konnten an rTRPA1 ab einer Konzentration von 10µM Propofol beobachtet werden (Abb. 17A). Bei hTRPA1 konnte selbst mit 300 µM Propofol kein solcher Strom gezeigt werden (Abb. 20A, n=7 für Wildtyp-hTRPA1). Ein ähnlicher Spezies- unterschied zwischen Mensch und Nagern konnte für die Aktivierung durch Menthol gezeigt werden. TRPA1 von Mäusen wird durch Menthol und Thymol aktiviert und blockiert, wohingegen hTRPA1 durch Menthol und Thymol nur aktiviert wird130. Ba- sierend auf Versuchen mit dem Menthol-insensiblen TRPA1-Ortholog von Drosophi- la melanogaster konnten Xiao et al. zeigen, dass dieser Spezies-Unterschied durch bestimmte Aminosäuren in der Transmembranregion 5 vermittelt wird. Erstaunli- cherweise zeigen Menthol, Thymol und das Thymol-Isomer Carvacrol eine große strukturelle Ähnlichkeit mit Propofol (Abb. 20C). Außerdem zeigen Menthol und Pro- pofol gemeinsame Interaktionsstellen für die Aktivierung von GABAA- Rezeptoren127,132. Deshalb erschien es nicht unwahrscheinlich, dass Propofol TRPA1 über den gleichen Mechanismus wie Menthol und Thymol aktiviert. Zur Er- härtung dieser These untersuchten wir die TRPA1-Orthologe von Mensch und Maus sowie verschiedene Mutationen dieser Orthologe. mTRPA1 verhält sich wie rTRPA1 und zeigt bei 100µM Propofol eine Aktivierung und bei 300µM eine Blockade, ge- folgt von „Resurging currents“ (Abb. 20D, n=6). Eine Chimärenmutante von mTRPA1, bei der die Transmembranregionen 5 und 6 (TM 5/6) durch die menschli- chen Domänen ersetzt wurden, zeigte erstaunlicherweise das Verhalten des hTRPA1-Wildtyps mit großen Einwärtsströmen ohne „Resurging currents“ nach der Propofol-Applikation (Abb. 20E). Dazu passend zeigte die entgegengesetzte Chimä- re von hTRPA1, bei der TM5/6 durch die entsprechenden Mausregionen ersetzt wurden, das entgegengesetzte Verhalten: die Chimäre verhielt sich wie der Maus- wildtyp und zeigte Einwärtsströme bei 100 µM und eine Blockade bei 300 µM, ge- folgt von „Resurging currents“ (Abb. 20F, n = 6). Im nächsten Schritt untersuchten wir, ob die Anwesenheit bestimmter Aminosäurereste innerhalb der TM5, die für die Aktivierbarkeit durch Menthol und Thymol essentiell sind, ebenfalls für die Aktivie- rung durch Propofol wichtig sind130. Erstaunlicherweise zeigten die Menthol- insensiblen Mutanten mTRPA1-S876V/T877L und hTRPA1-S873V/T874L in HEK293t-Zellen große Einwärtsströme nach Applikation von 300 µM Propofol (Abb. 20G 1909,6 ± 808,6 pA, n=5 bzw. Abb. 20H 493,4 ± 162 pA, n=5). mTRPA1- S876V/T877L zeigte nach Propofol-Applikation keine „Resurging currents“. Im Ge- gensatz zu Propofol waren beide Mutanten durch Carvacrol nicht zu aktivieren (Da- ten nicht gezeigt). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Propofol trotz gro- 45

ßer struktureller Ähnlichkeit mit Menthol, Thymol und Carvacrol TRPA1 über einen bis dato unbekannten Mechanismus zu aktivieren scheint.

Abbildung 20: Propofol aktiviert TRPA1 nicht über kovalente Bindung an Cystein‐Reste oder Interaktion mit der Transmembranregion 5 (A,B) Repräsentative Stromkurven von Propofol‐induzierten Einwärtsströmen an hTRPA1 (A) oder hTRPA1‐ C621S/C641S/C665S (B). 300 µM Propofol, 250 µM Carvacrol und 100 µM Acrolein wurden an HEK293t‐Zellen (Haltepotential ‐60 mV) für 10‐30s appliziert. (C) Strukturformeln von Menthol (2‐Isopropyl‐5‐ Methylcyclohexanol), Thymol (2‐Isopropyl‐5‐Methylphenol), Carvacrol (5‐Isopropyl‐2‐Methylphenol) und Propo‐ fol (2,6‐Diisopropylphenol). (D‐F) Die Transmembranregion 5 trägt zur Spezies‐unterschiedlichen Aktivierung von TRPA1 durch Propofol bei. Repräsentative Stromkurven von Propofol‐induzierten Einwärtsströmen (300 µM) an mTRPA1 (D), der Chimären mTRPA1‐hTM5/6 (E) und hTRPA1‐mTM5/6 (F). Propofol wurde an HEK293t‐ Zellen (Haltepotential ‐60 mV) für 10 bis 15s appliziert. (G,H) Propofol und Menthol haben unterschiedliche Bindungsstellen an TRPA1. Repräsentative Stromkurven von Propofol‐ (300 µM), Menthol‐ (300 µM) und Acro‐ lein‐induzierten Einwärtsströmen (100 µM) an den Mutanten mTRPA1‐S876V/T877L (G) und hTRPA1‐ 46

S873V/T874L (H). Die Substanzen wurden jeweils für 10 bis 30s an HEK293t‐Zellen (Haltepotential ‐60 mV) ap‐ pliziert.

4.7 Propofol verursacht eine TRPV1- und TRPA1-abhängige aber GABAA- unabhängige Freisetzung von CGRP aus isolierten peripheren Nerven Die Experimente an kultivierten Neuronen aus Spinalganglien legten den Schluss

nahe, dass der exzitatorische Effekt von Propofol zum Großteil durch GABAA- Rezeptoren und TRPA1 verursacht wird und der Beitrag von TRPV1 überlagert wird. Unter Entzündungsbedingungen könnte dieser Beitrag allerdings durch eine Sensi- bilisierung von TRPV1 bedeutend größer sein und damit relevant werden. Nozizep- toren, z.B. in der Haut, exprimieren die TRP-Kanäle TRPV1 und TRPA1 und ihre Aktivierung führt zu schmerzhaften Wahrnehmungen. Es ist allerdings unklar, ob GABA ebenfalls dazu in der Lage ist, die peripheren Endigungen in ähnlicher Weise wie entsprechende Spinalganglienzellen zu aktivieren und schmerzhafte Wahrneh- mungen zu verursachen. Deshalb wurden als nächstes isolierte periphere Nerven- präparationen untersucht. Die Aktivierung von nozizeptiven Neuronen führt zu einer Calcium-abhängigen Frei- setzung des proinflammatorischen Neuropeptids Calcitonin gene-related peptide (CGRP). CGRP trägt u.a. zur neurogenen Entzündung, zur peripheren Sensibilisie- rung nozizeptiver Afferenzen und zur zentralen Sensibilisierung im Rückenmark bei85,102. Zunächst war es wichtig zu erfahren, ob Propofol dazu in der Lage ist, peri- phere Nervenendigungen zu aktivieren und eine Freisetzung von CGRP zu verursa- chen. Isolierte und vom Perineurium befreite Ischiadikus-Nerven der Maus wurden mit klinisch-verwendeten Propofol-Emulsionen oder mit Lipofundin® stimuliert. Pro- pofol-Lipuro® 1% und Disoprivan® 1% in zehnfacher Verdünnung in SIF mit einer Propofol-Konzentration von 5,6 mM riefen eine signifikante Freisetzung von CGRP hervor (beide p = 0,012 und n = 8, Wilcoxon-Test). Es zeigte sich für beide Präpara- te die gleiche Effektivität (p = 0,40, U-Test). Im Gegensatz dazu zeigte zehnfach verdünntes Lipofundin®, die Trägerlösung für Propofol in Propofol-Lipuro®, keine CGRP-Freisetzung. Durch Propofol-Lipuro® 1% wurde aus Ischiadikus-Nerven von TRPV1-/-/TRPA1-/-- Tieren kein CGRP freisetzt (p = 0,27, n = 8, Wilcoxon-Test, Abb. 21A). Eine hohe extrazelluläre KCl-Konzentration (60 mM) führte jedoch zu einer mit Wildtyp- Ischiadikus-Nerven vergleichbaren Neuropeptidfreisetzung (Daten nicht gezeigt). Es ist bekannt, dass die klinischen Lösungen einen geringen Prozentsatz „freies“ Propofol in der wässrigen Phase enthalten, der Hauptanteil von Propofol soll micel- lär im Fettanteil der Lösung gebunden sein. Für Propofol-Lipuro® 1% soll die Kon- zentration von „freiem“ Propofol ca. 58 µM, für Disoprivan® 1% ca. 83 µM betra- 47

gen131. Propofol-Konzentrationen in dieser Größenordnung sowie zehnfach höhere Konzentrationen von Propofol in wässriger Lösung (mit DMSO als Lösungsmittel) riefen keine signifikanten CGRP-Freisetzungen aus isolierten Nervenpräparaten hervor (Daten nicht gezeigt). Jedoch rief Propofol in wässriger Lösung in einer Kon- zentration von 5,6 mM, was der Gesamt-Propofol-Konzentration in den zehnfach verdünnten klinischen Lösungen entspricht, eine signifikante CGRP-Antwort in der selben Größe wie die verdünnten klinischen Lösungen hervor (Abb. 21B). Die CGRP-Freisetzung war klar dosisabhängig, da Propofol in einer Konzentration von 56 mM (entsprechend der Konzentration in unverdünnten klinischen Lösungen) eine fünf Mal größere CGRP-Freisetzung verursachte (Abb. 21B). Erstaunlicherweise führte die Applikation von 100 µM GABA zu keiner CGRP- Freisetzung aus Ischiadikus-Nerven (p = 0,73, n = 7, Wilcoxon-Test). Die Applikati- on von 10 mM GABA auf präparierte Hinterpfotenhaut von Mäusen, einem ebenfalls etablierten Modell für die Aktivierung von peripheren Nervenendigungen, zeigte ebenfalls keine CGRP-Freisetzung (p = 0,26, n = 6, Wilcoxon-Test, Abb. 21C). Der selektive GABAA-Rezeptor-Agonist Muscimol zeigte ebenfalls keine CGRP- Freisetzung (1 und 10 µM, jeweils n = 4, Abb. 21D).

Abbildung 21: Propofol stimuliert eine Freisetzung von CGRP aus isolierten Ischiadikus‐Nerven (A) Lipofundin® stellt die MCT/ LCT‐Trägerlösung für Propofol in Propofol‐Lipuro® dar. Im Vergleich zur 10fach verdünnten Lipofundin®‐Lösung zeigte sich bei 10fach verdünntem Propofol‐Lipuro® 1% sowie bei 10fach ver‐ dünntem Disoprivan® 1% eine signifikante und reversible Freisetzung von CGRP aus isolierten Ischiadikus‐ Nerven von C57BL/6‐Mäusen. Eine CGRP‐Freisetzung aus Nerven von TRPV1‐/‐/TRPA1‐/‐‐Mäusen zeigte sich nicht (n = 8 Ischiadikus‐Nerven in beiden Gruppen). (B) 5,6 mM Propofol in wässriger Lösung (mit DMSO als Lösungs‐ vermittler) zeigte im Vergleich zu den klinischen Lösungen gleicher Konzentration eine ähnliche CGRP‐ Freisetzung. 56 mM Propofol (entsprechend der Propofol‐Konzentration in unverdünnter klinischer Lösung) in wässriger Lösung setzte fünf Mal mehr CGRP als 5,6 mM Propofol frei (n = 8 Ischiadikus‐Nerven für beide Kon‐ zentrationen). (C) 100 µM GABA zeigte keine CGRP‐Freisetzung, weder aus Ischiadikus‐Nerven (n = 7) noch in 100fach höherer Konzentration aus Hinterpfotenhaut von C57BL/6‐Mäusen (n = 6).

48

In einer weiteren Versuchsreihe wurde überprüft, ob GABA oder der selektive GA-

BAB-Rezeptor-Agonist Baclofen die CGRP-Freisetzung durch 60 mM KCl aus Hin- terpfotenhaut beeinflusst. Weder GABA (100 µM) noch Baclofen (100 µM) beein- 49

flussten die Freisetzung von Neuropeptiden nach Kalium-Stimulation, was es un-

wahrscheinlich erscheinen lässt, dass eine durch GABAA-Rezeptoren vermittelte

CGRP-Freisetzung durch die gleichzeitige Aktivierung von GABAB-Rezeptoren ver- hindert wird. Zusammenfassend legen diese Daten nahe, dass die Freisetzung von CGRP durch Propofol nur mit der Aktivierung von TRPV1 und TRPA1 verbunden ist und nicht über GABA-Rezeptoren vermittelt zu sein scheint.

Abbildung 22: CGRP‐Freisetzung aus Hinterpfotenhaut von Wildtyp‐C57BL/6‐Mäusen 60mM KCl führte zu einer signifikanten CGRP‐Freisetzung aus Hinterpfotenhaut von Wildtyp‐C57BL/6‐Mäusen (n = 12). Weder GABA (100 µM, n = 4) noch der selektive GABAB‐Rezeptor‐Agonist Baclofen ( 100 µM, n = 6) beeinflussten die durch Kalium induzierte Neuropeptidfreisetzung.

4.8 Propofol, aber nicht GABA, verursacht einen intensiven Schmerz nach intrakutaner Injektion Die Messung der Freisetzung von CGRP ist letztendlich nur ein Maß für die Aktivie- rung der peptidergen Untergruppe von Nozizeptoren, nicht jedoch für die Isolectin B4-positive Untergruppe von Nozizeptoren. Aus diesem Grund und weil der durch Propofol verursachte Injektionsschmerz hauptsächlich bei Menschen beobachtet werden kann, wurde eine psychophysikalische Studie an Freiwilligen (die Autoren der Studie, n = 5) durchgeführt. Ziel der psychophysikalischen Versuche war die Klärung der Frage, ob GABA-Rezeptoren in die periphere Schmerzwahrnehmung involviert sind, nachdem sich in den in-vitro-Experimenten an Spinalganglienzellen gezeigt hatte, dass GABAA-Rezeptoren mindestens für die Hälfte des durch Propo- fol an diesen Zellen verursachten exzitatorischen Effekts verantwortlich sind. Es wurden jeweils 50 µl 1%iges Propofol-Lipuro®, Lipofundin®, gepuffertes GABA 50

(10mM) und isotonische NaCl-Lösung an verschiedenen Stellen des volaren Unter- arms intrakutan injiziert. Die Substanzen wurden doppelt-verblindet und in zufälliger Reihenfolge in einem Intervall von 15 Minuten appliziert. Die Schmerzeinschätzung erfolgte mit einer numerischen Ratingskala, auf der eine „1“ für keinen Schmerz und eine „10“ für einen maximal-vorstellbaren Schmerz steht. Die zu den Zeitpunkten 1 und 10 Minuten nach Injektion durch die Probanden angegebenen Schmerzwerte wurden addiert und der Mittelwert errechnet. Eine Minute nach Injektion von Propo- fol betrug der durchschnittliche Schmerzwert ca. 8, nach 10 Minuten ca. 2. Die Injek- tionen von Lipofundin®, GABA und isotonischer NaCl-Lösung wurde von keinem Teilnehmer als stark schmerzhaft empfunden.

51

5. Diskussion

Propofol ist eines der am weitesten verbreiteten Allgemeinanästhetika im klinischen Gebrauch. Seine hervorragenden pharmakodynamischen und pharmakokinetischen Eigenschaften werden allerdings von seiner Eigenschaft überschattet, einen intensi- ven, brennenden Schmerz bei intravasaler Gabe erzeugen zu können. In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass Propofol TRPV1 und TRPA1 aus der TRP-Kanal-Familie in Spinalganglienzellen und HEK293t-Zellen aktiviert. Erstaunli-

cherweise trugen GABAA-Rezeptoren im bedeutenden Ausmaß zur exzitatorischen Antwort von Spinalganglienzellen bei. Propofol rief ebenfalls eine Freisetzung von Calcitonin gene-related peptide aus isolierten peripheren Nerven von Wildtyp- Mäusen hervor. Diese Freisetzung konnte an Nerven von TRPV1-/-/TRPA1-/--Knock- out-Tieren nicht gesehen werden. Propofol war dazu in der Lage, durch intrakutane Injektion bei Menschen Schmerzen an der Injektionsstelle hervorzurufen, ein Effekt, der bei intrakutaner Injektion von GABA nicht auftrat. Alle diese Fakten weisen darauf hin, dass TRPV1 und TRPA1 die Hauptmediatoren der durch Propofol induzierten neurogenen Entzündung sowie des Injektions- schmerzes sind.

5.1 Aktivierung und Sensibilisierung von TRP-Kanälen durch Propofol Kürzlich wurde gezeigt, dass TRPA1 verantwortlich ist für die Aktivierung von Nozi- zeptoren durch gasförmige und intravenöse Anästhetika28,80. Außerdem wurde ge- zeigt, dass TRPA1 der einzige molekulare Mediator für den Propofol-induzierten Schmerz in zwei Tiermodellen ist; es handelte sich hierbei um das Schmerzverhal- ten, welches nach Applikation auf das Nasenepithel entsteht sowie das Verhalten nach intravasaler Injektion. Wir konnten diese Versuchsergebnisse bestätigen und zeigen, dass TRPA1 signifi- kant zur Propofol-induzierten Nozizeptoraktivierung beiträgt: a) Propofol aktivierte TRPA1 in HEK293t-Zellen. b) Propofol induzierte in Spinalganglienzellen eine Aktivierung, welche gut mit der Aktivierung durch den TRPA1-Agonisten Acrolein korrelierte und welche durch den bekannten TRPA1-Antagonisten HC-030031 blockiert werden konnte. c) TRPA1-/--Mäuse zeigten eine reduzierte Aktivierbarkeit im Vergleich zu Wildtyp- Mäusen und zu TRPV1-/--Mäusen. Im Gegensatz zu den hier vorliegenden Ergebnissen berichteten Matta et al., dass die Applikation von 100 µM Propofol zu keinem intrazellulären Calcium-Anstieg in 120 Spinalganglienzellen von TRPA1-/--Tieren führte. Diese Daten stehen im Ge- gensatz zu unseren Erkenntnissen: 52

a) Propofol aktivierte TRPV1 in HEK293t-Zellen. b) Capsazepin und BCTC als TRPV1-Antagonisten blockierten die Propofol- Antworten. c) Capsaicin-Antworten von TRPV1 ließen sich durch Propofol-Applikation desensi- bilisieren.

d) Unter Gabe von GABAA-Rezeptor-Antagonisten ließen sich an Spinalganglienzel- len von TRPA1-/--Tieren immer noch Einwärtsströme ableiten. e) Propofol-Antworten von TRPV1 ließen sich durch PKC-Aktivierung signifikant steigern. In Wildtyp-Spinalganglienzellen erschien der Anteil von TRPV1 an der exzitatori- schen Antwort der Zellen zunächst eher gering, bedingt durch die starke Aktivierung

von TRPA1- und GABAA-Rezeptoren. Durch eine PKC-abhängige Phosphorylierung (induziert z.B. durch Bradykinin und Prostaglandine) in Entzündungszuständen könnte die Aktivierung von TRPV1 allerdings deutlich stärker sein. Unsere Ergeb- nisse stehen im Einklang mit den Ergebnissen von Cornett et al., die zeigen konn- ten, dass TRPV1 nach einer PKC-abhängigen Phosphorylierung durch volatile An- ästhetika aktiviert werden kann28. Die Aktivierung von TRPV1 und TRPA1 durch Propofol könnte auf einen gemein- samen Aktivierungsmechanismus hinweisen; die kovalente Bindung elektrophiler Agonisten wie Acrolein und Allicin an bestimmte Cystein-Reste wurde als Aktivie- rungsmechanismus gezeigt22,57,75,106. Wir konnten zeigen, dass die Acrolein- insensible Mutante hTRPA1-C621S/C641S/C665S noch durch Propofol aktivierbar ist, was eine Modulation von TRPA1 durch Propofol über eine kovalente Bindung unwahrscheinlich erscheinen lässt. Die ebenfalls erhaltene Sensibilität dieser Mut- ante für Carvacrol erscheint angesichts der Ähnlichkeit der Strukturformeln von Car- vacrol und Propofol nicht überraschend. Die unterschiedlichen Effekte von Propofol und Carvacrol auf hTRPA1 und mTRPA1 (ein bimodaler Effekt mit Aktivierung in niedrigen Konzentrationen und Blockade in hohen Konzentrationen bei mTRPA1 und eine alleinige Aktivierung bei hTRPA1) scheinen durch die gleiche Struktur in- nerhalb der Transmembranregion 5/6 erklärbar zu sein. Die bereits gezeigte Insen- sibilität der Mutanten mTRPA1-S876V/T877L und hTRPA1-S873V/T874L für Men- thol und Thymol130 konnte jedoch für Propofol nicht gezeigt werden, da Propofol weiterhin große Einwärtsströme an beiden Mutanten verursacht. Im Gegensatz dazu sind beide Mutanten allerdings insensibel für Carvacrol. Interessanterweise hat

Menthol auch anästhetische Eigenschaften und ist in der Lage, GABAA-Rezeptoren über Molekülstrukturen zu aktivieren, die auch für die Aktivierung durch Propofol benötigt werden127,132. Betrachtet man die strukturelle Ähnlichkeit zwischen Menthol 53

und Propofol, so ist es überraschend, dass sich der Aktivierungsmechanismus von Propofol an TRPA1 zu unterscheiden scheint von dem von Menthol, Thymol und Carvacrol. In der Gruppe anderer untersuchter TRP-Kanäle zeigte nur TRPV3 eine signifikante Aktivierbarkeit durch Propofol. TRPV3 wird wahrscheinlich nicht in sensorischen Neuronen exprimiert. Eine hohe Expression wird in Keratinozyten gefunden wer- den96. Durch eine funktionelle Verkettung von sensorischen Neuronen und Kerati- nozyten könnte TRPV3 allerdings eine wichtige Rolle in der Schmerzwahrnehmung zukommen und unter diesem Aspekt könnte TRPV3 ebenfalls eine relevantes Ziel- struktur für Propofol darstellen58. Obwohl der Aktivierungsmechanismus nicht aufgeklärt werden konnte, lassen unse- re Daten den Schluss zu, dass Propofol eine interessante Substanz sein könnte um die molekulare Pharmakologie von TRPA1 und anderen TRP-Kanälen weiter zu erforschen.

5.2 Aktivierung von GABAA-Rezeptoren durch Propofol Die verlängerte Applikation von Propofol zeigte in Spinalganglienzellen eine bipha- sische Stromantwort mit einem nicht-adaptierenden Anteil, welcher sich klar unter- schied von anderen TRPV1- und TRPA1-Agonisten in Gegenwart von extrazellulä- rem Calcium 67,126. Etwa die Hälfte der Propofol-Aktivierung blieb in TRPV1-/-/TRPA1-/-- Tieren erhalten. Der verbleibende Aktivierungsanteil korrelierte stark mit dem durch GABA verur- sachten Calcium-Einstrom bzw. mit der entsprechenden Stromantwort und war

durch den GABAA-Rezeptor-Antagonisten Picrotoxin vollständig blockierbar. Das Fehlen einer klaren Rechtsverschiebung der Dosis-Wirkungskurve von Propofol in TRPV1-/-- oder TRPA1-/--Neuronen lässt eine vergleichbare Potenz von Propofol an

GABAA-Rezeptoren bzw. TRP-Kanälen vermuten.

Unsere Daten zeigen, dass GABAA-Rezeptoren signifikant zur Propofol-Sensitivität von sensorischen Neuronen beitragen. Wir konnten jedoch auch zeigen, dass nur

Propofol, aber nicht GABA oder der selektive GABAA-Rezeptor-Agonist Muscimol in der Lage ist, in einem etablierten Modell CGRP aus Ischiadikus-Nerven freizuset- zen45,109. Genauso war GABA nicht in der Lage, die durch eine hohe Kaliumkonzent- ration induzierte CGRP-Freisetzung aus Hinterpfotenhaut zu verstärken und der

selektive GABAB-Rezeptor-Agonist Baclofen war nicht in der Lage, die CGRP- Freisetzung durch Kalium zu modulieren oder gar zu verhindern. Die intrakutane Gabe von GABA führte auch nicht zu Schmerzen im Humanversuch. 54

In der existierenden Literatur werden verschiedene Interaktionen von GABA mit pe- ripheren sensorischen Nerven beschrieben: Im Gegensatz zum inhibitorischen Profil von GABA im zentralen Nervensystem ist bekannt, dass GABA in der Lage ist, eine Depolarisierung und erhöhte Erregbarkeit in sensorischen Neuronen von Fröschen6, Katzen50, Ratten34,35,50 und Menschen17 zu induzieren. Weiterhin ist bekannt, dass

GABAA-Rezeptoren in primären afferenten Neuronen exprimiert werden und eine signifikante Ko-Expression mit Markern nozizeptiver Neurone wie TRPV1 be- steht49,74,95,99. Ferner wurde berichtet, dass die periphere Injektion von GABA oder dem GABAA-Rezeptor-Agonisten Muscimol ein Schmerzverhalten in Nagern indu- ziert oder gar verstärkt3. Die Depolarisation sensorischer Neurone durch GABA kann auf eine hohe intrazelluläre Chlorid-Konzentration zurückgeführt werden, wel- che durch den in sensorischen Neuronen exprimierten Chlorid-Transporter NKCC1 119 verursacht wird . Durch die GABAA-Rezeptor-Aktivierung kommt es zum Chlorid- Ausstrom, dadurch wird das Chlorid-Umkehrpotential unter das Ruhemembranpo- tential verschoben und es kommt zur dosisabhängigen Depolarisation von C- und Aδ-Fasern.

GABAA-Rezeptoren scheinen in der Mehrzahl der Spinalganglienzellen exprimiert zu werden. Aptel et al. stellten die These auf, dass nur solche Neurone Aktionspoten-

tiale nach GABA-Applikation bilden, die den T-Typ Calcium-Kanal Cav3.2/α1H exprimieren2. Dazu passend zeigte kürzlich ein Bericht von Carr et al.17, dass eine durch GABA vermittelte Steigerung der Erregbarkeit nur in 40% der C-Fasern in menschlichen peripheren Nerven stattfindet. In dieser Studie wurde ebenfalls be- richtet, dass es durch die Applikation von GABA nur zu einer Erregbarkeitssteige- rung kam, nicht aber zu einer Aktivierung der C-Fasern. Diese Beobachtung passt gut zu unseren Daten, die zeigen, dass GABA keinen Injektionsschmerz bei intraku- taner Injektion verursacht. Die Beobachtungen von Carr und unsere Daten suggerie- ren, dass GABA selbst nicht die Bildung von Aktionspotentialen in menschlichen C- Fasern auslöst. Unsere Daten zur GABA-induzierten Neuropeptidfreisetzung ergän- zen die bereits bestehende Literatur zu diesem Thema, in der die unterschiedlichs- ten Effekte beschrieben sind: Go et al.53 zeigten eine Hemmung, Santicioli et al.108 und Lao et al.69 eine Förderung der CGRP-Freisetzung durch GABA und Malcangio et al.77 und Riley et al.104 konnten keinen Effekt von GABA zeigen. Eine vergleichende Betrachtung unserer Daten und der bereits vorhandenen Litera-

tur unterstützt die These, dass GABAA-Rezeptoren substanziell zur Aktivierung von peripheren Neuronen bzw. zur Freisetzung von Neuropeptiden beitragen, nicht.

Ebenfalls unterstützen unsere Daten nicht die These, dass eine GABAB-Rezeptor-

Aktivierung einen von GABAA-Rezeptoren vermittelten pronozizeptiven Effekt über- 55

decken könnte. Trotzdem kann aufgrund der Komplexität der GABA- Signaltransduktionswege in sensorischen Neuronen eine pronozizeptive Aktivität

von Propofol, die durch GABAA-Rezeptoren vermittelt wird, nicht vollständig ausge- schlossen werden.

5.3 Klinische Relevanz und Schlussfolgerungen Unsere Daten zeigen klar, dass TRPA1 und TRPV1 die Hauptmediatoren für den durch Propofol induzierten Injektionsschmerz und für die durch Propofol induzierte Freisetzung von Neuropeptiden sind. Die Neuropeptidfreisetzung von peripheren und zentralen Nervenendigungen verursacht eine vaskuläre Dilatation und Plas- maextravasation, die zur Entstehung einer neurogenen Inflammation in der Periphe- rie und einer zentralen Sensibilisierung im Hinterhorn des Rückenmarks führt. Ob- wohl ergänzende klinische Daten zum momentanen Zeitpunkt fehlen, scheint es denkbar, dass Propofol durch die direkte Aktivierung und Sensibilisierung von TRPV1 und TRPA1 eine signifikante Sensibilisierung von Nozizeptoren verursachen könnte. Da diese Sensibilisierung auch über die intraoperative Zeitspanne hinaus bestehen könnte, ist ein relevanter Beitrag zur Entstehung von postoperativen und persistierenden Schmerzen denkbar. Sollte sich diese These durch klinische Daten bestätigen, könnte sich das Verständnis über die Konsequenzen des intraoperativen Gebrauchs von Propofol und anderen Anästhetika mit ähnlichem Profil grundlegend wandeln. TRPV1- und/ oder TRPA1-Antagonisten könnten sich in diesem Fall aber als nützlich erweisen zur Prävention oder für die Behandlung der, von Propofol mög- licherweise modulierten, postoperativen Schmerzwahrnehmung. 56

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7. Abkürzungsverzeichnis

DRG Dorsal root ganglion (Spinalganglion)

TRPV1 Transient receptor potential-Kationenkanal, Unterfamilie V, Mitglied 1

TRPA1 Transient receptor potential-Kationenkanal, Unterfamilie A, Mitglied 1

hTRPA1 humanes TRPA1-Ortholog

GABA γ-Aminobuttersäure

PKC Proteinkinase C

SIF Synthetic interstitial fluid (künstl.-hergestellte interstitielle Flüssigkeit)

CGRP Calcitonin gene-related peptide

Propofol 2,6-Diisopropylphenol

MCT/LCT medium/ longchain triglycerides (mittel- und langkettige Triglyzeride)

TM 5/6 Transmembranregionen fünf und sechs

BCTC 4-(3-Chloro-2-pyridinyl)-N-[4-(1,1-dimethylethyl)phenyl]-1-piperazin- carboxamid, selektiver TRPV1-Antagonist

HC-030031 2-(1,3-Dimethyl-2,6-dioxo-1,2,3,6-tetrahydro-7H-purin-7-yl)-N-(4- isopropylphenyl)acetamid, selektiver TRPA1-Antagonist

73

8. Anhang und Bildquellennachweis

Abb. 1: Eigenproduktion

Abb. 2: Basbaum A, Bushnell C. Science of Pain, 1st edition, Academic Press, Ox- ford, 2009, Seite 6, Abbildung 1

Abb. 3: Perl ER. Ideas about pain. A historical review. Nat Rev. Neurosci. 2007; 8(1): 74, Abbildung 1D

Abb. 4: Woolf CJ, Ma Q. Nociceptors – Noxious Stimulus Detectors. Neuron 2007; 55: 354, Abbildung 1A

Abb. 5: Woolf CJ, Ma Q. Nociceptors – Noxious Stimulus Detectors. Neuron 2007: 55: 354, Abbildung 1B

Abb. 6: Basbaum A, Bautista D, Scherrer G, Julius D. Cellular and Molecular Mechanisms of Pain. Cell 2009; 139: 274, Abbildung 4

Abb. 7: Woolf CJ, Ma Q. Nociceptors – Noxious Stimulus Detectors. Neuron 2007; 55: 358, Abbildung 3A

Abb. 8: Basbaum A, Bautista D, Scherrer G, Julius D. Cellular and Molecular Mechanisms of Pain. Cell 2009; 139: 269, Abbildung 2

Abb. 9 – 22: Eigenproduktion 74

9. Danksagung

Mein Dank gilt zunächst meinem „Chef“, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Schüttler, der mir ermöglicht hat, in seiner Klinik diese Arbeit durchzuführen.

Meiner „Doktormutter“ Frau Prof. Dr. med. Carla Nau danke ich ebenfalls für die Möglichkeit zur Durchführung dieser Arbeit und vor allem für die Aufnahme in ihre Arbeitsgruppe.

Herrn Prof. Dr. med. Andreas Leffler danke ich für die intensive Ausbildung, die fruchtbare Zusammenarbeit und die gute Freundschaft in den vergangenen Jahren.

Den Labormitarbeiterinnen Frau Kerstin Fischer, Frau Rebecca Günther, Frau Miri- am Hacker-Rogner und Frau Gabriele Göring-Waldeck danke ich für die hervorra- gende Unterstützung in allen Laborangelegenheiten.

Frau Dipl.-Biologin Stefanie Kienel und Frau Dipl.-Biologin Anja Latrell danke ich für die erfolgreiche Zusammenarbeit innerhalb der Arbeitsgruppe.

Herrn Prof. Dr. med. Peter Reeh und Herrn PD Dr. med. Michael Fischer danke ich für die gute Zusammenarbeit über Institutsgrenzen hinweg.

Meinen Eltern bin ich zu tiefem Dank verpflichtet, sie haben mir alles ermöglicht.

Meinen Freunden vom SCK und dem LK B, Horst Gebhardt, Helge Schönrock, Achim Stegmann, Thomas Meusel und allen, die vergessen wurden, danke ich für die stete Unterstützung! 75

10. Lebenslauf