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Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offen- bach bis zum Jahr 2030

Endbericht

Eine Untersuchung im Auftrag des Landkreises

Darmstadt, 22.10.2018

Autoren: Martin Vaché, Dipl.-Ing. M. Sc. MRICS Dr. Philipp Deschermeier

Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Autoren: Martin Vaché, Dipl.-Ing. M. Sc. MRICS Dr. Philipp Deschermeier

Darmstadt, 22.10.2018

INSTITUT WOHNEN UND UMWELT GMBH Rheinstraße 65 64295 Darmstadt

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2 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Inhalt Kurzfassung ...... 10 1 Aufgabenstellung...... 17 1.1 Zielsetzungen ...... 17 1.2 Abgrenzung der Untersuchungsregion ...... 17 2 Nachfrageseitige Rahmenbedingungen ...... 20 2.1 Bevölkerungsstruktur- und Entwicklung ...... 20 2.2 Arbeitsmarkt ...... 33 3 Wohnungsangebot ...... 41 3.1 Entwicklung der Wohnungsbestände ...... 41 3.2 Kennzahlen der Wohnungsversorgungssituation ...... 49 4 Mieten und Immobilienpreise ...... 59 4.1 Mieten ...... 59 4.2 Kaufpreise ...... 62 5 Abschätzung des zukünftigen Wohnungsbedarfs ...... 70 5.1 Komponenten des Wohnbedarfs ...... 70 5.2 Zusammenfassung der Komponenten des Wohnungsbedarfs ...... 76 5.3 Qualitative Aspekte des zukünftigen Wohnungsbedarfs ...... 81 6 Der Bedarf an Wohnbauflächen ...... 93 7 Der öffentlich geförderte Mietwohnungssektor ...... 97 7.1 Nachfrage nach geförderten Wohnungen ...... 97 7.2 Sozialwohnungsbestände ...... 100 7.3 Die Versorgungssituation mit öffentlich geförderten Wohnungen ...... 103 8 Profilbildung und Handlungsoptionen ...... 112 8.1 Bildung von kommunalen Bedarfsprofilen ...... 112 8.2 Handlungserfordernisse und Instrumente ...... 115 Literaturverzeichnis ...... 122

3 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Bevölkerungsstand der Gemeinden und Städte im Landkreis Offenbach, seinen Teilräumen, den Vergleichsregionen sowie den übergeordneten Gebietskörperschaften für ausgewählte Jahre 23 Tabelle 2: Wanderungssalden nach Herkunfts- bzw. Zielorten und Altersgruppen im Jahresmittel 2011 bis 2014 29 Tabelle 3: Kennzahlen zur Beschäftigungs- und Pendlersituation in den Gemeinden des Landkreises Offenbach und seinen Teilräumen 2016 35 Tabelle 4: Bruttoinlandsprodukt je Einwohner und je Erwerbstätigen für den Landkreis Offenbach und seine Vergleichsräume für die Jahre 2000 und 2015 (in 1.000 € je Person bzw. je Erwerbstätigen) 40 Tabelle 5: Wohnungsbestände nach dem Gebäudetyp in den Gemeinden und Teilräumen des Landkreises Offenbach und den Vergleichsregionen 2000 und 2016 42 Tabelle 6: Fertigstellungen für Gesamt sowie für Ein- und Zweifamilienhäuser für die Jahre 2014, 2015 und 2016 mit jährlichen Durchschnittswerten 43 Tabelle 7:Wohnungsbestände nach der Zahl der Räume (einschließlich Küche) 2000 und 2016 44 Tabelle 8: Eigentümer der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen (Zensus 2011) 45 Tabelle 9: Anteil selbstgenutzter Wohnungen (ohne Leerstand und Ferienwohnungen; Zensus 2011) 47 Tabelle 10: Baujahre der Wohngebäude in den Gemeinden, Städten und Teilräumen im Landkreis Offenbach (Zensus 2011) 49 Tabelle 11: Wohnversorgungsquoten und Leerstandsquoten 2011 50 Tabelle 12: Wohnversorgungsquoten 2011 und 2015 in den Teilräumen des Landkreises Offenbach 52 Tabelle 13: Verteilung von Wohnhaushalten auf Wohnungen unterschiedlicher Größe im Teilraum 1 55 Tabelle 14: Verteilung von Wohnhaushalten auf Wohnungen unterschiedlicher Größe im Teilraum 2 55 Tabelle 15: Verteilung von Wohnhaushalten auf Wohnungen unterschiedlicher Größe im Teilraum 3 55 Tabelle 16: Verteilung von Wohnhaushalten auf Wohnungen unterschiedlicher Größe im Landkreis Offenbach 2011 55 Tabelle 17: Raumbezogene Unterversorgungsquoten nach Nutzungsform 2011, alle Haushaltsgrößen 56 Tabelle 18: Raumbezogene Unterversorgungsquoten nach Haushaltsgrößen bei selbstnutzenden Eigentümern 2011 57 Tabelle 19: Raumbezogene Unterversorgungsquoten nach Haushaltsgrößen bei vermieteten Wohnungen 2011 57 Tabelle 20: Preisdaten des Gutachterausschusses für Immobilienwerte für die Teilräume des Landkreises Offenbach nach Kategorien 68 Tabelle 21: Vorausberechnung des Bevölkerungsstandes und der Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte 75 Tabelle 22: Gegenüberstellung der kumulativen Wohnungsbedarfe, der jährlichen Bedarfe nach Teilperioden mit den gegenwärtigen durchschnittlichen Fertigstellungen für den Landkreis Offenbach und die Teilräume 77 Tabelle 23: Komponenten des Wohnungsbedarfs im Basisszenario in den Teilräumen des Landkreises Offenbachs und den Teilräumen nach Teilperioden 78 Tabelle 24: Wohnbau-Reserven in Hektar im Landkreis Offenbach, 31.12.2016 94 Tabelle 25: Dichte für die Gemeinden und Städte des Landkreises Offenbach auf Grundlage des LEP 94

4 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabelle 26: Flächenrelevante Wohnungsbedarfe nach Perioden und Szenarien für den Landkreis Offenbach und seine Teilräume 95 Tabelle 27: Szenarien des Wohnflächenbedarfs im Landkreises Offenbach und seinen Teilräumen 95 Tabelle 28: Als wohnungssuchend registrierte Haushalte mit Wohnberechtigungsschein im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften 2010 - 2017 97 Tabelle 29: Bestände an öffentlich geförderten Mietwohnungen in den Gemeinden und Teilbereichen des Landkreises Offenbach sowie den Vergleichsräumen nach Förderwegen 2017 100 Tabelle 30: Projektion der zukünftigen Bestandsentwicklung an öffentlich geförderten Mietwohnungen Gemeinden und Teilbereichen des Landkreises Offenbach sowie den Vergleichsräumen 2017 – 2030 102 Tabelle 31: Berechnungsschema der Kennzahl 4 106 Tabelle 32: Kennzahlgestützte Bedarfsnormen, Ziel- und Fehlbedarfe an öffentlich geförderten Wohnungen im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen 110 Tabelle 33: Datengrundlage der Faktorenanalyse 112 Tabelle 34: Profilbildung: Qualitative Merkmale 115 Tabelle 35: Profilbildung der Gemeinden: Handlungserfordernisse 116

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Zentrale Orte und Verflechtungsbereiche im Darmstadt 18 Abbildung 2: Teilraumgliederung des Landkreises Offenbach 19 Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften zwischen 1987 und 2016 (1987=100) 21 Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung der Teilräume und des Landkreises Offenbach zwischen 1987 und 2016 (1987=100) 22 Abbildung 5: Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Offenbach und seinen Vergleichsregionen zwischen 1987 und 2016 (1987=100) 22 Abbildung 6: Geburten je 1.000 Personen (links) sowie Sterbefälle je 1.000 Personen (rechts) im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften 24 Abbildung 7: Geburten und Sterbefälle jeweils je 1.000 Personen im Landkreis Offenbach für den Zeitraum 2000 bis 2016 25 Abbildung 8: natürliche Bevölkerungsentwicklung je 1.000 Personen im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften (links) sowie den Teilräumen innerhalb des Kreises (rechts) 25 Abbildung 9: Wanderungssaldo je 1.000 Personen im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften (links) sowie mit den Teilräumen (rechts) 26 Abbildung 10: Wanderungssaldo je 1.000 für den Landkreis Offenbach und die Vergleichsregionen 27 Abbildung 11: Wanderungssalden im Jahresmittel 2011-2014 nach Herkunftsgebieten im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen 28 Abbildung 12: Wanderungssalden im Jahresmittel 2011-2014 nach Altersgruppen im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen 28 Abbildung 13: Altersstruktur der Bevölkerung im Landkreis Offenbach, in den Teilräumen, den Vergleichsregionen sowie in den übergeordneten Gebietskörperschaften im Jahr 1987 31 Abbildung 14: Altersstruktur der Bevölkerung im Landkreis Offenbach, in den Teilräumen, den Vergleichsregionen sowie den übergeordneten Gebietskörperschaften im Jahr 2016 31 Abbildung 15: Vergleich der Altersstruktur im Landkreis Offenbach mit der Altersstruktur Hessens für die Jahre 1987, 2000 und 2016 32 Abbildung 16: Jugend-, Alten- und Abhängigenquotient der Altersverteilung in den Teilräumen des Landkreises Offenbach für 1987, 2000 und 2016 33 Abbildung 17: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort in den Teilräumen des Landkreises Offenbach 35 Abbildung 18: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften 36 Abbildung 19: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort im Landkreis Offenbach und den Vergleichsregionen 36 Abbildung 20: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Ein- und Auspendler nach Arbeits- und Wohnorten im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen 37 Abbildung 21: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Ein- und Auspendler nach Arbeits- und Wohnorten im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen (relative Darstellung) 38 Abbildung 22: Sozialversicherungspflichtig Beschäftige am Arbeitsort nach Wirtschaftsbereichen im Landkreis Offenbach 2000 und 2016 39 Abbildung 23: Sozialversicherungspflicht Beschäftige am Arbeitsort nach Wirtschaftsbereichen im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften 2016 39

6 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 24: Altersstruktur der Wohngebäude in den Teilräumen des Landkreises Offenbach (Zensus 2011) 48 Abbildung 25: Wohnversorgungsquoten 2011 in den Gemeinden des Landkreises Offenbach 51 Abbildung 26: Wohnversorgungsquoten für verschiedene Haushaltsdefinitionen in den Teilräumen den Landkreises Offenbach 2011 53 Abbildung 27: Wohnversorgungsquote der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen für die Jahre 2011 und 2015 54 Abbildung 28: Raumbezogene Unterversorgungsquoten bei Mieterhaushalten in den Gemeinden des Landkreises Offenbach 2011 58 Abbildung 29: Entwicklung der mittleren Angebotsmiete in € pro m² im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen zwischen 2008 und 2017 (2008 = 100%) 60 Abbildung 30: Höhe der durchschnittlichen Angebotsmiete in € pro m² in den Teilräumen des Landkreises Offenbach zwischen 2008 und 2017 60 Abbildung 31: Mittlere Angebotsmieten in € je m² in den Städten und Gemeinden des Landkreises Offenbach im Jahr 2017 61 Abbildung 32: Mittlere Angebotsmieten in den Teilräumen des Landkreises Offenbach nach der Wohnungsgröße 2008 bis 2017 (2008=100) 62 Abbildung 33: Entwicklung der durchschnittlichen Angebotspreise für Einfamilienhäuser je Quadratmeter in den Teilräumen des Landkreises Offenbach (2008 = 100) 63 Abbildung 34: Entwicklung der durchschnittlichen Angebotspreise von Einfamilienhäusern in Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen zwischen 2008-2017 64 Abbildung 35: Entwicklung der durchschnittlichen Angebotspreise für Eigentumswohnungen in den Teilräumen des Landkreises Offenbach (2008 = 100) 65 Abbildung 36: Entwicklung der durchschnittlichen Kaufpreisentwicklung für Eigentumswohnungen in € pro m² Wohnfläche im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen 66 Abbildung 37: Entwicklung der Preise von Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften (in €) in den Teilräumen des Landkreises Offenbach 2008-2017 (2008 = 100, Wiederverkauf und Neubau) 67 Abbildung 38: Entwicklung der Preise von Eigentumswohnungen (in € pro m²) in den Teilräumen des Landkreises Offenbach 2008-2017 (2008 = 100, Wiederverkauf und Neubau) 67 Abbildung 39: Vorausberechnung der Bevölkerung im Landkreis Offenbach und den Vergleichsregionen (2015=100) 71 Abbildung 40: Vorausberechnung der Bevölkerung im Landkreis Offenbach und den Teilräumen (2015=100) 72 Abbildung 41: Vorausberechnung der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach und den Vergleichsregionen (2015=100) 74 Abbildung 42: Vorausberechnung der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach und den Teilräumen (2015=100) 74 Abbildung 43: Geschätzte kumulative Wohnungsbedarfe nach Szenarien und deren Komponenten im Basisszenario bis 2030 in den Teilräumen des Landkreises Offenbach 77 Abbildung 44: Kumulative Wohnungsbedarfe nach Komponenten im Basiszenario bis 2030 in den Teilräumen des Landkreises Offenbach 78 Abbildung 45: Relative Entwicklung der Bevölkerung und der bedarfsrelevanten Haushalte bis 2030 79 Abbildung 46: Dekomposition des kumulierten Neubaubedarfs bis 2030 79

7 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 47: Geschätzte jährliche Wohnungsbedarfe nach Teilperioden in den Teilräumen des Landkreises Offenbach und durchschnittliche jährliche Fertigstellungen 80 Abbildung 48: Vorausschätzung der relativen Veränderung der Altersstruktur der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach, seinen Teilräumen sowie den übergeordneten Gebietskörperschaften 2015-2030 81 Abbildung 49: Vorausschätzung der Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte bestimmter Altersklassen in den Teilräumen des Landkreises Offenbach im Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2015 82 Abbildung 50: Vorausberechnung der bedarfsrelevanten Haushalte nach Größe für das Jahr 2030 und Vergleich mit 2015 83 Abbildung 51: Vorausberechnung der relativen Veränderung der Größenstruktur der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen und Vergleich mit 2015 84 Abbildung 52: Vorausberechnung der Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte differenziert nach Typen für den Landkreis Offenbach und die einzelnen Teilräume für 2015, 2020, 2025 und 2030 86 Abbildung 53: Relative Anteile der vorausberechneten bedarfsrelevanten Haushalte differenziert nach Typen für den Landkreis Offenbach und die einzelnen Teilräume für 2015, 2020, 2025 und 2030 87 Abbildung 54: Vorausberechnung der Zu- und Abnahme nachfragerelevanter Haushaltstypen im Landkreises Offenbach und seinen Teilräumen für die Teilperioden 2015 – 2020, 2020 – 2025 und 2025 - 2030 88 Abbildung 55: Nachfrageprofile typischer Wohnhaushalte in den Teilräumen des Landkreises Offenbach auf Basis des Zensus 2011 89 Abbildung 56: Abschätzung der Neubaubedarfe in der Periode 2015 – 2020 für zwei Szenarien und derzeitige Neubautätigkeit nach Wohnformen in den Teilräumen des Landkreises Offenbach 92 Abbildung 57: Kumulierter Flächenbedarf im Landkreis Offenbach nach Szenarien und Wohnbau- Reserven 95 Abbildung 58: Als wohnungssuchend registrierten Haushalte im Landkreis Offenbach und in den Vergleichsräumen 2010 – 2017 98 Abbildung 59: Entwicklung der Zahl der Transferleistungsbezieher und Haushalten ohne eigene Wohnung unter den wohnungssuchenden Haushalten im Landkreis Offenbach und in den Vergleichsräumen 2010 – 2017 99 Abbildung 60: Bestände an öffentlich geförderten Mietwohnungen im Landkreis Offenbach und in den Teilräumen 2017, nach Förderwegen 101 Abbildung 61: Entwicklung der Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen im Landkreis Offenbach und in den Teilräumen sowie den Vergleichsräumen bis 2030 (Index 2017=100) 103 Abbildung 62: Quotenbasierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Landkreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen 104 Abbildung 63: Bedarfsorientierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Landkreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen 107 Abbildung 64: Quotenbasierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Landkreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen 108 Abbildung 65: Quotenbasierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Landkreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen 109

8 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 66: Bedarfsorientierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Landkreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen 109 Abbildung 67: Profilbildung der Gemeinden und Städte im Landkreis 113

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Kurzfassung

Raumgliederung Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sind, wenn möglich, gemeindescharf dargestellt. Jedoch ist eine gemeindescharfe Darstellung beispielsweise aufgrund fehlender Daten oder hoher Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung bei kleinräumigen Vorausberechnungen nicht immer möglich. Deshalb wer- den die drei Gemeinden und zehn Städte des Landkreises in drei Teilräume gegliedert. Der Teilraum 1 umfasst die Gemeinde und die Städte , Langen und Neu-Isenburg. Zum Teilraum 2 gehören die Kreisstadt sowie die Städte , Mühlheim, , und Rödermark. Der Teilraum 3 beinhaltet neben der Stadt auch die beiden Gemeinden Hainburg und Mainhausen. Grundlage für diese Gliederung sind die drei Mittelbereiche des Landkreises auf Grundlage des Landesentwicklungsplans.

Nachfrageseitige Rahmenbedingungen Bevölkerungsentwicklung Die demografische Entwicklung im Landkreis Offenbach, im Regierungsbezirk Darmstadt und insgesamt in Hessen verlief seit 1987 und, trotz kurzfristigen Knicks durch den Zensus von 2011, positiv. Der Bevöl- kerungsstand stieg im Landkreis Offenbach zwischen 1987 und 2016 von etwa 303.000 Personen auf etwa 350.000 Personen und somit um 15 % und somit lediglich einen Prozentpunkt weniger stark als der Bevölkerungsstand im Regierungsbezirk Darmstadt. Getragen von der positiven Entwicklung in Südhes- sen übersteigt die Entwicklung im Landkreis Offenbach die des landesweiten Bevölkerungsstands um drei Prozentpunkte. Innerhalb des Landkreises gewinnt der Teilraum 3 zwischen 1987 und 2016 am meisten Einwohner hinzu (+19 % auf etwa 45.000 Einwohner). Der Bevölkerungsstand im Teilraum 2 (16 %) steigt auf etwa 178.000 Personen und somit geringfügig stärker an als der Kreisdurchschnitt. Im Teilraum 1 fällt der Anstieg mit 13 % auf etwa 127.000 Einwohner zwischen 1987 und 2016 dagegen am geringsten aus. Trotz dieser positiven Entwicklung zeigen sich die Folgen des demografischen Wandels bereits in der Altersverteilung der Bevölkerung im Landkreis und seinen Teilräumen. Das Zahlenverhält- nis zwischen jungen und älteren Menschen verschiebt sich zwischen 1987 und 2016 spürbar zu Gunsten der Senioren. Die Alterung der Gesellschaft ist somit kein Phänomen der nächsten Jahrzehnte, sondern sie vollzieht sich im Landkreis bereits heute.

Wanderungen Wanderungsbewegungen beeinflussen die Bevölkerungsentwicklung und die Nachfrage am Wohnungs- markt in der Regel stärker, als die beiden anderen demografischen Komponenten Geburten und Sterbe- fälle. Zwar bilden die Jahre 2015 und 2016 durch die Flüchtlingsmigration Sondereffekte, jedoch hat sich das Wanderungsgeschehen bereits davor durch die Folgen der europäischen Schuldenkrise und die EU- Arbeitnehmerfreizügigkeit verändert. Entsprechend positiv fällt seit Jahren der Wanderungssaldo des Landkreises Offenbach aus, wobei die Werte insbesondere seit 2014 verstärkt zunehmen. Die Alters- struktur der wandernden Personen zeigt, dass der Landkreis für Familien mit Kindern ein attraktiver Wohnstandort ist. Ebenso wandern junge Menschen zur Ausbildung, dem ersten Job oder Studierende insbesondere in den gut erreichbaren Teilraum 1.

Arbeitsmarkt und Pendlerverhalten Der Landkreis Offenbach liegt in der Metropolregion Rhein- und somit in einem Ballungsgebiet als auch in direkter Nachbarschaft zu den Großstädten Darmstadt, und Offenbach. Ein regionaler

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Arbeitsmarkt ist dadurch gekennzeichnet, dass Beschäftigte aus dem Umland in die Zentren einpendeln. Diese Struktur spiegeln auch die arbeitsmarktrelevanten Auswertungen für den Landkreis Offenbach wi- der. So ist der Pendlersaldo im Landkreis negativ (etwa -16.150 Personen) und die Anzahl der Beschäf- tigten mit einem Wohnort im Landkreis (etwa 134.000 Personen) übersteigt die Anzahl derjenigen mit einem Arbeitsort im Landkreis (etwa 118.000 Personen). Der Landkreis hat somit eine hohe Bedeutung als Wohnstandort für die Großstädte. Dies spiegelt auch die Pendlerverflechtungen wider. So pendelt der höchste Anteil der Einpendler innerhalb des Landkreises (30,3 %), während der größte Anteil der Auspendler mit Wohnort im Landkreis in die angrenzenden Großstädte auspendelt (47 %). Dennoch un- terscheidet sich die Struktur innerhalb des Landkreises. Insbesondere durch die wirtschaftliche Leis- tungsfähigkeit der Stadt Neu-Isenburg weist der Teilraum 1 einen positiven Pendlersaldo auf. Zwischen dem Teilraum 3 und dem angrenzenden Bundesland Bayern bestehen höhere Pendlerverflechtungen als mit den anderen beiden Teilräumen.

Wohnungsangebot Entwicklung der Wohnungsbestände Passend zur Bevölkerungsentwicklung wuchs der Wohnungsbestand im Landkreis zwischen 2000 und 2016 um 7 % auf etwa 163.000 Wohnungen. Innerhalb des Landkreises zeigen sich jedoch Unterschiede. Im Teilraum 3 erhöhte sich der Wohnungsbestand zwischen 2000 und 2016 um 15 % auf etwa 21.000 Wohnungen und somit deutlich stärker als in den beiden anderen Teilräumen. Die äußert sich auch in einem höheren relativen Anteil an neuen Wohnungen mit Baujahr seit 1990 am Bestand. Der Teilraum ist dabei mehrheitlich von Ein- und Zweifamilienhäusern (55 %) geprägt, während die anderen beiden Teilräume deutlich niedrigere Anteile aufweisen. Entsprechend höher fällt mit 55 % auch der Anteil an selbstgenutzten Wohnungen am Bestand aus. Der Wohnungsbestand im Teilraum 1 ist zwischen 2000 und 2016 um lediglich 5 % auf etwa 62.000 Wohnungen gestiegen und somit weniger stark als in den anderen beiden Teilräumen. Der Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern beträgt etwa ein Drittel, etwa zwei Drittel sind somit Mehrfamilienhäuser. Die Anteile kleinerer Wohnungen mit einem oder zwei Räumen und mittlerer Wohnungen mit drei bis vier Räumen liegen daher über den Anteilen der anderen Teilräume. Der Teilraum weist darüber hinaus hö- here Anteile in älteren Baualtersklassen vor 1970 auf. Der Wohnungsbestand im Teilraum 2 stieg um 7 % auf etwa 81.000 Wohnungen. Eigentümer der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen sind in allen drei Teilräumen überwiegend Privateigentümer. Der Anteil fällt jedoch im Teilraum 1 niedriger aus, da hier der Bund und die Länder nennenswerte Bestände besitzen.

Wohnungsversorgungssituation Wohnungsversorgungsquoten und Leerstände Die Beurteilung der Wohnungsversorgung erfolgt in der vorliegenden Studie auf Basis der Wohnungs- versorgungsquote, die das Verhältnis von Wohnungen und Haushalten angibt. Für die Schätzung des Wohnungsbedarfs sind die existierenden Haushaltsbegriffe der amtlichen Statistik („Wirtschaftshaus- halt“ und „Wohnhaushalt“) nur bedingt geeignet. Das Institut Wohnen und Umwelt arbeitet deshalb mit dem Konzept des bedarfsrelevanten Haushalts. Als bedarfsrelevant werden dabei Haushalte definiert, die auf einem gleichgewichtigen Markt eine eigene Wohnung nachfragen würden. Sowohl im gesamten Landkreis, als auch in den einzelnen Teilräumen, hat sich die Versorgungssituation zwischen 2011 und 2015 verschlechtert. Betrug das Verhältnis zwischen bedarfsrelevanten Haushalten zu Wohnungen zu- nächst noch etwa 101 zu 100, reduziert sich die Wohnversorgungsquote bis 2015 auf etwa 97 %. Somit fehlt auf Basis der Definition des bedarfsrelevanten Haushalts nicht nur eine Fluktuationsreserve für Umzüge oder Modernisierungen, sondern auch die Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte übersteigt

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die Anzahl der Wohnungen. Entsprechend haben sich die drei Teilräume entwickelt, wobei das Verhält- nis 2015 im Teilraum 3 noch am günstigsten ausfällt. So entspricht das Verhältnis in etwa 100 Haushal- ten auf 100 Wohnungen. Somit hat sich im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen das Stadium ei- nes angespannten Wohnungsmarktes nachhaltig verfestigt.

Raumbezogene Wohnungsversorgungsquote Die Wohnungsversorgungsquote zeigt, ob die Anzahl der Wohnungen für die zu versorgenden Haushalte in einem Wohnungsmarkt ausreicht, sagt aber nichts darüber aus, ob die Haushalte im Einzelfall grö- ßenmäßig angemessen untergebracht sind. Eine übliche Norm für die Angemessenheit geht davon aus, dass jedem Haushaltsmitglied neben der gemeinsamen Küche ein Wohnraum zur Verfügung stehen soll- te. Auf dieser Grundlage wurden in der vorliegenden Studie raumbezogene Unterversorgungsquoten er- rechnet, die angeben, ob ein Haushalt angemessen untergebracht ist. Nach diesem Kriterium sind im Landkreis 13 % der Haushalte unterversorgt. In den Teilräumen 1 und 2 sind jeweils 14 % der Haushalte unterversorgt, im Teilraum 3 sind es dagegen lediglich 10 %. Eigentümer sind dabei weniger stark von Unterversorgung betroffen als Haushalte, die zur Miete woh- nen. Bei Single- und Paarhaushalten gab es fast keine Unterversorgung bei selbstnutzenden Haushalten und nur geringe Werte bei zur Miete wohnenden Haushalten. Bei großen Haushalten sind dagegen im- merhin fast die Hälfte bei den selbstnutzenden Eigentümern und etwa drei Viertel bei zur Miete woh- nenden Haushalten unterversorgt. Von den drei Teilräumen weist der Teilraum 2 mit etwa 20 % die höchste Unterversorgung der zu Miete wohnenden Haushalte auf, der Teilraum 3 mit nur 14 % die ge- ringste. Bei den Selbstnutzern zeigen sich nur geringe Unterschiede zwischen den Teilräumen 1 und 2 (jeweils 8 %) und dem Teilraum 3 (6 %). Sowohl bei Selbstnutzern, als auch bei Mietern steigt die Unter- versorgung mit der Anzahl der Personen im Haushalt.

Entwicklung der Mieten und Immobilienpreise Mieten und Kaufpreise Vor 2011 entwickelten sich die Mieten im Landkreis unterhalb der Inflationsrate. In der Folge stiegen die durchschnittlichen Angebotsmieten in allen Teilräumen leicht an. Dabei fiel der Anstieg in den Teilräu- men 1 und 2 stärker aus als im Teilraum 3. Bis 2017 folgt jedoch ein Aufholprozess und über den be- trachteten Zeithorizont zwischen 2008 und 2017 verteuerten sich die Mieten in allen drei Teilräumen um etwas weniger als 30 %. Die absolute Miethöhe ist im Teilraum 1 am höchsten und überstieg 2017 die Marke von 10 € je m². Die Preise für Einfamilienhäuser in den Teilräumen 1 (+47 %) und 2 (+45 %) sind im Vergleich zur Miet- entwicklung deutlich stärker gestiegen. Im Teilraum 3 sind die Angebotspreise von Einfamilienhäusern seit 2008 zwar stärker gestiegen (+32 %) als die Angebotsmieten (+29 %), die Differenz beträgt jedoch lediglich drei Prozentpunkte. Eine Erklärung dafür, dass die Preise weniger stark als in den anderen bei- den Teilräumen gestiegen sind, könnte das stärker gestiegene Wohnungsangebot im Teilraum 3 sein. Anders als bei der Entwicklung der Angebotspreise für Einfamilienhäuser übertrifft am aktuellen Rand der Anstieg der Angebotspreise für Eigentumswohnungen im Teilraum 2 (+57 %) den Anstieg im Teil- raum 1 (+54 %). Im Teilraum 3 stiegen die Angebotspreise für Eigentumswohnungen zwischen 2008 und 2017 dagegen um 48 %. Als Ergänzung zu den Angebotspreisen wurden zusätzlich Preisdaten des Gut- achterausschusses für Immobilienwerte ausgewertet. Bei diesen Daten fällt der relative Anstieg von Ein- familienhäusern in allen drei Teilräumen stärker aus als auf Basis von Angebotsdaten. Bei Eigentums- wohnungen zeigt sich eine vergleichbare Entwicklung wie die Auswertung auf Basis von Angebotsprei- sen. Lediglich im Teilraum 3 zeigen sich Abweichungen.

12 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abschätzung des zukünftigen Wohnungsbedarfs Quantitativer Wohnungsbedarf Das Institut Wohnen und Umwelt nutzt ein Komponentenmodell zur Vorausberechnung des zukünftigen Wohnungsbedarfs. Dieser errechnet sich dabei als Summe aus dem Neubaubedarf, dem Nachholbedarf und dem Ersatzbedarf. Die Wohnungsnachfrage geht in diesem Modell nicht von Einzelpersonen, son- dern von Haushalten aus. Die Grundlage der Vorausberechnung des Wohnungsbedarfs ist eine Voraus- berechnung der bedarfsrelevanten Haushalte, die auf der Bevölkerungsprognose der Hessen Agentur aufbaut. Auf dieser Grundlage wird ein Bevölkerungsanstieg im Landkreis bis 2030 auf etwa 365.000 Personen vorausberechnet. Die Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte steigt bis 2030 um etwa 11 % von etwa 168.000 Haushalten im Jahr 2015 auf etwa 186.000 im Jahr 2030. Innerhalb des Landkreises Offenbach zeigt sich bis zum Jahr 2030 eine einheitliche Entwicklung des Be- völkerungsstandes über den Betrachtungszeitraum. Die Teilräume 1 und 2 weisen beide dieselbe relati- ve Bevölkerungsentwicklung wie der Kreis auf (etwa +5 % bis 2030). Der Bevölkerungsstand im Teil- raum 1 wird im Jahr 2030 auf 133.000 Personen geschätzt, im Teilraum 2 sind es etwa 185.000 Perso- nen. Auf dieser Grundlage wird die Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte im Teilraum 1 auf etwa 69.000 Haushalte (+10 %) und im Teilraum 2 auf etwa 91.000 Haushalte (+11 %) vorausberechnet. Vergleich- bar fällt der Anstieg im Teilraum 3 aus. Die Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte erhöht sich bis 2030 um 11 % auf etwa 23.000 Haushalte. Für die zukünftige Wohnungsnachfrage bedeutsam ist somit, dass innerhalb des Kreises bis 2030 alle drei Teilräume sowohl Einwohner als auch Haushalte gewinnen. Im Ergebnis liefert das Komponentenmodell einen kumulierten Wohnungsbedarf von etwa 12.100 Wohnungen im Teilraum 1, beziehungsweise von etwa 17.600 Wohnungen für den Teilraum 2 und etwa 3.500 Wohnungen für den Teilraum 3. Dies entspricht kurzfristig bis 2020 einem jährlichen Bedarf von etwa 1.000 Wohnungen im Teilraum 1, von etwa 1.600 Wohnungen im Teilraum 2 und etwa 300 Woh- nungen im Teilraum 3. Zum Vergleich beträgt die Anzahl der jährlich fertiggestellten Wohnungen zwi- schen 2014 und 2016 im Teilraum 1 durchschnittlich 326 Wohnungen, im Teilraum 2 sind es 375 Woh- nungen und 200 Wohnungen im Teilraum 3. Der kurzfristige jährliche Bedarf übersteigt somit die aktuel- len Fertigstellungen in allen drei Teilräumen.

Qualitative Aspekte der Baubedarfe Neben der mengenmäßigen Zu- und Abnahme der Haushaltszahlen ist auch die demografische Struktur der Haushalte für Größe und Art der Wohnungsnachfrage maßgeblich. Deshalb wurde in der vorliegen- den Studie auch der Einfluss des demografischen Wandels auf die Wohnungsnachfrage diskutiert und eine Abschätzung der Folgen für den Neubaubedarf in den Teilräumen des Landkreises vorgenommen. Dafür wurden fünf verschiedene Haushaltstypen (junge Haushalte, jüngere Kleinhaushalte, mittelalte Kleinhaushalte, Mehrpersonenhaushalte sowie ältere Haushalte) erstellt und deren Entwicklung über die Zeit vorausberechnet. Den einzelnen Typen liegen Wohnprofile für die Wahl ihrer Wohnform zu- grunde. Aus der Veränderung der Anzahl der jeweiligen Typen mit den zugrunde liegenden Präferenzen des entsprechenden Typs resultieren qualitative Aspekte der zukünftigen Wohnungsnachfrage. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und den resultierenden Herausforderungen an die Wohnungsmärkte ist der starke Anstieg der älteren Haushalte im Landkreis um über 17.000 Haushalte auf insgesamt etwa 69.000 ältere Haushalte im Jahr 2030 bedeutsam. Zeitgleich reduziert sich die An- zahl der Mehrpersonenhaushalte. Dennoch wird es auch im Jahr 2030 noch etwa 33.000 derartiger Haushalte geben. Beide Haushaltstypen wählen vergleichbare Wohnformen, insbesondere Ein- und Zweifamilienhäuser. Bei den älteren Haushalten ist das Phänomen, dass nach dem Auszug der Kinder aus dem Haushalt die Wohnform nicht verändert wird und somit weniger Personen in einem Haus oder einer großen Wohnung verbleiben, als Remanenzeffekt bekannt. Für jüngere Familien fehlen daher ent- sprechende Angebote. Gleichzeitig gilt es die Anforderungen der alternden Gesellschaft an den zukünf- tigen Wohnraum langfristig zu planen und die Remanenz im Bestand zukünftig zu senken.

13 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Der Bedarf an Wohnbauflächen Aus dem ermittelten Wohnungsbedarf ergibt sich ein Bedarf an zusätzlichen Wohnbauflächen. Der Wohnsiedlungsflächenbedarf in Hektar errechnet sich in der vorliegenden Studie, indem man den flä- chenrelevanten Wohnungsbedarf durch den Wohndichtewert teilt. Der Wohndichtewert legt die Anzahl der Wohnungen pro Hektar Bruttowohnbauland fest. Für die Auswertung wurden die Dichtewerte aus dem Landesentwicklungsplan in der dritten Änderung von 2017 herangezogen. Relevant für die Voraus- berechnung der benötigten Wohnbauflächen ist der sogenannte flächenrelevante Bedarf. Dieser setzt sich aus dem Neubaubedarf und dem Ersatzbedarf zusammen. Jedoch wird nicht jede der vorausbe- rechneten Wohnungen relevant für die Außenentwicklung. Daher erfolgte die Vorausberechnung der benötigten Wohnbauflächen über drei Szenarien, die die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung abbilden. Diese unterstellen, dass der flächenrelevante Bedarf entweder 30 %, 50 % und 70 % flächenre- levant für die Außenentwicklung beträgt. Die Datengrundlage für die aktuell vorhandenen Wohnbaure- serven stammt vom Regionalverband Rhein-Main. Diese bezieht sich lediglich auf die Außenentwicklung. Im ersten Szenario, das den flächenrelevanten Bedarf mit 30 % der Außenentwicklung zuordnet, über- steigen die ermittelten Flächen die vorhandene Reserve bis 2030 nicht. Im zweiten Szenario, das einen Wert von 50 % unterstellt, gilt dies nur für den Teilraum 3. Im Teilraum 2 übersteigt der Bedarf an Wohnbauflächen zwischen 2025 und 2030 die vorhandenen Reserven. Im Teilraum 1 wird die verfügba- re Obergrenze dagegen bereits zwischen 2020 und 2025 erreicht. Im dritten Szenario, das 70 % unter- stellt, wird die vorhandene Obergrenze nun auch im Teilraum 2 bereits nach 2020 und vor Mitte der 2020er Jahre erreicht. Selbst in diesem Szenario erreichen die vorausberechneten Bedarfe nicht die vor- handene Reserve von 70 Hektar im Teilraum 3.

Der öffentlich geförderte Wohnungssektor Nachfrage- und Angebotssituation Die Nachfrage nach öffentlich geförderten Wohnungen hängt von mehreren Faktoren ab, darunter der Zusammensetzung der einzelnen Bedarfsgruppen, der tatsächlichen Verfügbarkeit von Wohnungen, z.B. im barrierefreien Bereich sowie der Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit des frei finanzierten Mietwoh- nungsmarktes. Als Kennzahl für die unbefriedigte Nachfrage wurde die Zahl der bei den kommunalen Wohnungsämtern registrierten und nach hessischem Wohnfördergesetz wohnberechtigten Haushalte herangezogen. Die tatsächlichen Bedarfslagen können davon abweichen. Hessenweit und im Regie- rungsbezirk Darmstadt (+22 %) ist die Anzahl der registrierten wohnberechtigten Haushalte zwischen 2010 und 2017 um 24 % gestiegen. Im Landkreis Offenbach lag der Zuwachs bei 25 %. Der Anteil der Transferleistungsempfänger unter den wohnberechtigten Haushalten ist hessenweit nur geringfügig ge- stiegen und lag in diesem Zeitraum bei knapp über 50 %. Im Landkreis Offenbach lag der Anteil bis ca. 2015 relativ stabil bei ca. 40 % und stieg bis 2017 auf 47 % an. Ca. 20% der Haushalte waren im Land- kreis Offenbach 2017 ohne eigene Wohnung. Insgesamt waren im Landkreis Offenbach im Jahr 2017 ca. 3.300 wohnungssuchende Haushalte gemeldet, davon waren ca. 1.500 Transferleistungsbezieher. Bei den Sozialwohnungsbeständen lassen sich folgende Kategorien unterscheiden: der 1. Förderungs- weg (1.FW), ab 1987 die vereinbarte Förderung mit kürzeren Bindungszeiträumen und höheren Ein- kommensgrenzen und ab 2001 die Förderung nach dem Wohnraumförderungsgesetz. Zum Stichtag 30.11.2017 unter Berücksichtigung von Bindungsausläufen bis Jahresende waren im Landkreis Offen- bach kreisweit ca. 3.600 Wohnungen mit laufenden Förderverträgen vorhanden. Davon unterlagen ca. 79 % dem 1. Förderweg, 14 % dem Förderweg „Vereinbarte Förderung“ und 5 % der Förderung nach WoFG Weitere Förderarten wie Förderungen der Wohnungsfürsorge und der Erwerb von Belegungs- rechten spielen zahlenmäßig nur eine untergeordnete Rolle. Studentisches Wohnen war im Kreis nicht

14 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

als Förderart vertreten. Der Anteil der Förderarten in den Teilräumen des Landkreises variiert, wobei der 1. Förderweg in allen Teilräumen den größten Anteil einnimmt. Relativ am geringsten war dieser mit 74 % im Teilraum 1; dort entfielen 21 % der Wohnungen auf die vereinbarte Förderung. Soweit nicht durch Neuförderungen oder vorzeitige Bindungsausläufe zusätzliche Bestandsveränderungen vorge- nommen werden, wird sich bis 2030 durch den Auslauf von Sozialbindungen die Gesamtzahl der geför- derten Mietwohnungen im Landkreis Offenbach um ca. 1.100 auf ca. 2.500 reduzieren, was einem Rück- gang um ca. 30% entspricht. Abschätzung der Sollbedarfe Das Ziel der sozialen Wohnungspolitik besteht darin, den auf Hilfe angewiesenen Haushalten eine an- gemessene Wohnungsversorgung zu garantieren. Die Frage zum Bedarf an Sozialwohnungen lässt daher nicht allein empirisch begründen, sondern ist auf Grundlage von Versorgungsstandards und zu fördern- den Zielgruppen normativ festzulegen. Zur Ermittlung von quantitativen Sollbedarfen und zur Einschät- zung der Ist-Situation können verschiedene Kennzahlen herangezogen werden. Setzt man den gesamten Wohnungsbestand mit dem geförderten Wohnungsbestand ins Verhältnis, erhalt man eine bestandsbe- zogene Förderquote genannt. Diese Quote lag im Jahr 2016 im Landkreis Offenbach bei 2,2 %. Innerhalb der Teilräume variierte sie zwischen 2,8 % im Teilraum 1 und 1,7 % im Teilraum 2. Grundsätzlich fallen Förderquoten in Gebietskörperschaften mit einem geringeren Anteil an Mietwohnungen, wie er für kleinere Gemeinden typisch ist, geringer aus, da geförderte Wohnungen nur dem Mietwohnungsseg- ment zuzuordnen sind. Wird eine kreisweite Förderquote von 3 % angestrebt, entspräche dies einer Sollzahl von ca. 5.000 geförderten Wohnungen. Eine weitere quotenbezogene Kennzahl ist die neubaubezogene Förderquote. Diese setzt die jährlichen Förderbewilligungen mit den gesamten Fertigstellungszahlen eines Jahres in Relation. Auch hier stellt sich das Problem, geförderte Mietwohnungen mit der gesamten Neubautätigkeit, die sich auf Eigenhei- me, Wohnheime, Eigentumswohnungen und Mietwohnungen erstreckt, in Bezug zu setzen. Nimmt man in Landkreisen wie dem Landkreis Offenbach einen mittleren Anteil des Wohnungsbaus in Mehrfamili- enhäusern von 75 % an, davon 50 % als Mietwohnungen, entspricht eine Gesamtförderquote von 10% in etwa einem Förderanteil an Mietwohnungen von 25 %-30 %. Dazu müssten im Landkreis pro Jahr ca. 90 geförderte Wohnungen pro Jahr neu bewilligt werden. Wird als Versorgungsnorm die Aufrechterhaltung des derzeitigen Bestandes an geförderten Wohnungen angestrebt, kann dies mit Hilfe einer Ersatzquote ausgedrückt werden. Diese setzt die Zahl der jährlichen Neubewilligungen ins Verhältnis zur mittleren Zahl der bis 2030 jährlich aus der Bindung fallenden Woh- nungen. Liegt dieses Verhältnis bei 100 %, dann reduziert sich der Bestand nicht weiter. Die Ersatzquote im Landkreis Offenbach liegt aktuell bei 38 % der im Jahresmittel bis 2030 aus der Bindung fallenden So- zialwohnungen, wenn das aktuelle Niveau der Neubewilligungen aufrechterhalten wird. Wird der voll- ständige Erhalt der derzeitigen Bestandszahlen angestrebt, wären bis 2030 ca. 80-90 Wohnungen pro Jahr neu zu fördern. Um eine Abschätzung der Versorgungslage unter Berücksichtigung der Nachfrage zu erlauben, wurde eine Kennzahl errechnet, die die Zahl der Anwärter mit der Zahl der jährlich vermittelbaren Wohnungen in Bezug setzt. Anstelle der Mietsubvention für Niedrigeinkommenshaushalte tritt nämlich verstärkt die Bedeutung als Verfügbarkeitsreserve für Haushalte hervor, die unter den Selektionskriterien des freien Wohnungsmarkts nur geringe Chancen auf eine Mietwohnung besitzen. Die Möglichkeit, Haushalten über Belegungsrechte und Benennungsrechte Wohnraum zur Verfügung stellen zu können, ist neben der Mietverbilligung der wesentliche Förderaspekt der Objektförderung. Aus dem Verhältnis aus re- gistrierten wohnungssuchenden Haushalten und einem rechnerisch durch Umzugsfluktuation jährlich zur Verfügung stehenden Angebot resultiert eine jährliche Vermittlungsquote von ca. 14 % im Landkreis Offenbach (12 % im Teilraum 2, 18 % im Teilraum 1 und 13 % im Teilraum 3). Wird als Bedarfsnorm eine Vermittlungsquote von 25% angestrebt, die in etwa dem Anteil der besonders dringlichen Fälle (Woh- nungsnotstandsfällen und von Haushalte ohne eigene Wohnung) entspricht, würde dies einem Mehrbe-

15 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

darf von ca. 2.750 geförderten Wohnungen im Landkreis entsprechen, was ca. 200 Neuförderungen pro Jahr bis 2030 erforderlich macht. Insgesamt ergeben sich jährliche Neuförderungsbedarfe von mind. ca. 80 bis ca. 200 Mietwohnungen im Landkreis Offenbach.

16 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

1 Aufgabenstellung 1.1 Zielsetzungen Der deutsche Wohnungsmarkt ist derzeit durch eine Phase der Angebotsverknappung mit steigenden Prei- sen gekennzeichnet. Grund hierfür ist der Angebotsüberhang, der in Folge der Wiedervereinigung und der Zuwanderung nach Deutschland Anfang der 1990er Jahre produziert wurde und ab 2000 für stagnierende Mieten sorgte. Während seither auch die Baukosten weiter stiegen, befand sich das Mietniveau vielerorts auf einem Niveau, auf dem Mietwohnungsneubau kostendeckend nicht mehr möglich war. Währenddessen haben sich die Wanderungsbewegungen zunehmend stärker auf die Ballungsräume gerich- tet. Hier dürfte insbesondere die zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen eine Rolle spielen, die zu einer steigenden Präferenz für kurze Pendelzeiten führt. Aber auch generell dürfte ein gewisser Kulturwan- del hin zur Stadt einer Rolle spielen – auch wenn bspw. die Rückwanderung Älterer in die Städte im statisti- schen Saldo noch keine bedeutende Rolle spielt. Gleichzeitig gingen die Baufertigstellungen bis 2011 auch in den Ballungsräumen massiv zurück. Dies hat sich nun erstaunlich plötzlich gedreht. Die Nachfrage steigt bedingt durch die steigenden Studie- rendenzahlen sowie durch Zuwanderung aus dem Ausland insbesondere in den Großstädten. Der Kreis Offenbach als Teil des Rhein-Main-Gebiets bekommt diese Entwicklung indirekt zu spüren. Die vergleichs- weise hohe Migrantenquote sowie die Nähe zum Frankfurter Flughafen machen ihn aber auch zu einem direkten Ziel von Einwanderern und damit Wohnungsnachfragern. Die positive wirtschaftliche Entwicklung des Kreises und der Region bei gleichzeitig fortschreitender Polari- sierung zwischen Metropolraum und Peripherie erfordert eine kontinuierliche Anpassung der Wohninfra- struktur im Landkreis Offenbach. Der Landkreis Offenbach hat daher das Institut Wohnen und Umwelt mit der Erstellung eines Wohnraumkonzeptes beauftragt. Darin sollen folgende Themenbereiche untersucht werden: • Strukturanalyse der Wohnungsnachfrage und des Wohnungsangebots • Ermittlung von Wohndefiziten • Analyse der Miet- und Kaufpreisstruktur und -entwicklung für Wohnimmobilien • Vorausschätzung des zukünftigen Wohnungsbedarfs bis zum Jahr 2030 in quantitativer und qualita- tiver Hinsicht, sowie darauf aufbauend, Kenngrößen zum Siedlungsflächenbedarf • Analyse der Bedarfssituation im öffentlich geförderten Wohnungsmarkt • Bildung von Profilen der Gemeinden und Städte des Kreises sowie Verknüpfung der Profile mit wohnungspolitischen Instrumenten und Umsetzungsstrategien

1.2 Abgrenzung der Untersuchungsregion Grundlegende Untersuchungseinheit der Studie ist der Landkreis Offenbach. Der geografisch in der unteren Mainebene gelegene Kreis ist eine Gebietskörperschaft im Regierungsbezirk Darmstadt und besteht aus drei Gemeinden und zehn Städten. Der Landkreis liegt zentral im Rhein-Main-Gebiet beziehungsweise in der Metropolregion Rhein-Main und ist somit Teil der Stadtregion Frankfurt, der städtischen Agglomeration um die Kernstadt Frankfurt am Main. Die vorliegende Studie für den Landkreis Offenbach basiert auf sekundärstatistischen Daten und daraus abgeleiteten Berechnungsergebnissen. Soweit diese für einzelne Kreisgemeinden und Städte mit hinrei- chender Genauigkeit berechnet werden konnten oder direkt verfügbar waren, wurde eine gemeindespezifi- sche Darstellung gewählt. Dies war jedoch nicht für alle Fragestellungen dieses Gutachtens möglich. Eine Ursache hierfür ist die hohe Unsicherheit kleinräumiger Prognosen. Die Vorausschätzung des Wohnbedarfs bis 2030 basierte beispielsweise auf Bevölkerungsvorausberechnungen der Hessen Agentur, die den Zeit- raum von 2015 bis 2030 umfasst. Die Bevölkerungsentwicklung hängt von drei Komponenten ab: der Ge-

17 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 burtenrate, der Lebenserwartung sowie dem Wanderungsverhalten. Anders als die Geburtenrate und die Lebenserwartung ist das Wanderungsverhalten durch erhebliche Schwankungen geprägt, so dass die An- nahmen zur zukünftigen Entwicklung der Bevölkerungszahlen mit hohen Unsicherheiten behaftet sind. Insbesondere auf kleinräumiger Ebene, d.h. unterhalb der Ebene der Landkreise, können sich deutliche Abweichungen zwischen der tatsächlichen und der vorausgeschätzten Bevölkerungsentwicklung ergeben.

Abbildung 1: Zentrale Orte und Verflechtungsbereiche im Regierungsbezirk Darmstadt

Quelle: Regionalplan Südhessen / Regionaler Flächennutzungsplan 2010, S. 19

Eine zweite Ursache für den teilweisen Verzicht auf gemeindespezifische Ergebnisse war die fehlende Ver- fügbarkeit regional ausreichend differenzierter Berechnungsgrundlagen. Um z.B. aus Bevölkerungsdaten den Wohnungsbedarf berechnen zu können, ist zunächst die zukünftige Zahl der bedarfsrelevanten Haus- halte zu schätzen. Die Schätzung der bedarfsrelevanten Haushalte basiert auf Ergebnissen des Mikrozensus, wodurch aufgrund des eingeschränkten Stichprobenumfangs die Berechnung von kleinräumig differenzier- ten Ergebnissen nur sehr eingeschränkt möglich ist. Eine gemeindescharfe Vorausschätzung des Wohnbe- darfs war daher nicht mit vertretbarer Schätzgenauigkeit durchführbar. Vergleichbare Genauigkeitsproble- me ergaben sich bei der gemeindeweisen Analyse der Wohnimmobilienpreise, für die in den kleineren Ge- meinden z.T. nicht ausreichend Fälle zur Berechnung zur Verfügung standen. Als Ausweg wurden daher für die Untersuchungsbereiche des Gutachtens, für die aus den oben genannten Gründen keine gemeindespezifischen Ergebnisse berechnet werden konnte, auf abgegrenzte Wohnungs-

18 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 marktbereiche zurückgegriffen. Der Landkreis wurde dafür in drei Teilräume (TR)1 gegliedert, die in Abbil- dung 2 visualisiert werden. Es handelt sich um die drei Mittelbereiche gemäß dem Landesentwicklungs- plans (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, 2000). Zum Teilraum 2 ge- hören die Kreisstadt Dietzenbach sowie die Städte Heusenstamm, Mühlheim, Obertshausen, Rodgau und Rödermark. Der Teilraum 1 umfasst die Gemeinde Egelsbach und die Städte Dreieich, Langen und Neu- Isenburg. Diese Orte liegen an der Regionalachse zwischen Darmstadt und Frankfurt (Abbildung 1). Der Teilraum 3 beinhaltet neben der Stadt Seligenstadt auch die beiden Gemeinden Hainburg und Mainhausen. Gemäß dem Regionalplan Südhessen (Regierungspräsidium Darmstadt, 2011) liegen die Stadt und die Ge- meinden des Teilraumes an einer gemeinsamen überörtlichen Nahverkehrs- und Siedlungsachse. Für eine bessere Einordnung der Befunde werden ausgewählte Ergebnisse für den Landkreis Offenbach mit den Ergebnissen der übergeordneten Gebietskörperschaften sowie den benachbarten hessischen Landkreisen Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau und den Großstädten Darmstadt, Frankfurt und Offenbach ver- glichen.

Abbildung 2: Teilraumgliederung des Landkreises Offenbach

Quelle: Eigene Darstellung

1 Die Teilräume werden teilweise aus Platzgründen insbesondere in Abbildungen und Tabellen mit „TR“ abgekürzt, ebenso wird der Landkreis Offenbach mit „LK Offenbach“ abgekürzt.

19 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

2 Nachfrageseitige Rahmenbedingungen 2.1 Bevölkerungsstruktur- und Entwicklung Die Bevölkerung bildet die Grundlage der Wohnungsnachfrage. Die Bevölkerungsentwicklung basiert auf Veränderungen in der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, also dem Saldo aus Geburten und Sterbefäl- len, sowie Veränderungen im Bevölkerungsstand durch Wanderungsbewegungen. Diese Komponenten werden in den nachfolgenden Kapiteln dargestellt. Bei den Wanderungen werden zusätzlich die Herkunfts- und Zielorte der Zu- und Abgewanderten beleuchtet. Da sich die Wohnanforderungen und Wohnwünsche im Alter verändern, wird darüber hinaus die Altersstruktur der Bevölkerung untersucht. Bevölkerung in dieser Untersuchung bezieht sich auf die Bevölkerung am Ort der alleinigen Wohnung bzw. Hauptwohnung am Jahresende, wie sie in der amtlichen Statistik ausgewiesen wird. Von der „Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung“ ist die „Bevölkerung in Privathaushalten“ zu unterscheiden. Letztere schließt auch Personen mit Nebenwohnsitz ein. Personen in Gemeinschaftsunterkünften (z.B. Altenheime) werden dagegen nicht mitgezählt, da sie keinen eigenen Haushalt führen. Die Bevölkerungszahlen der amtlichen Statistik liegen daher in der Regel unterhalb der Angaben aus gemeindespezifischen Registerwerten. Diese Vorgehensweise ist jedoch erforderlich, um einheitliche und mit den übergeordneten Gebietskörperschaf- ten konsistente Berechnungsgrundlagen zu erhalten. Eine Berücksichtigung von wohnungsnachfragerele- vanten Nebenwohnsitzinhabern erfolgt implizit bei der Ermittlung der wohnungsbedarfsrelevanten Haus- halte.

2.1.1 Bevölkerungsentwicklung zwischen 1987 und 2016 Abbildung 3 zeigt, wie sich die Bevölkerung im Landkreis Offenbach, dem Regierungsbezirk Darmstadt und dem Land Hessen im Zeitraum von 1987 bis 2016 entwickelt hat. Um einen Vergleich zwischen den unter- schiedlichen Gebietskörperschaften zu ermöglichen, wird die Entwicklung indexiert zum Basisjahr 1987 dargestellt (1987 = 100). Die absoluten Bevölkerungszahlen für das Jahr 2016 können Tabelle 1 entnommen werden. Flüchtlinge sind in den Werten enthalten, soweit sie bis zum Jahr 2016 registriert wurden. Die Bevölkerungsentwicklung Hessens zwischen 1987 und 2016 lässt sich in drei Phasen unterteilen. So stieg Abbildung 3 zufolge in einer ersten Phase ist die Bevölkerung im Land zwischen Ende 1987 und Ende 2004 an (ca. 10 %), wobei die Zunahme in den fünf Jahren von 1989 bis einschließlich 1993 besonders stark ausfiel (ca. 8 %). Von Ende 2004 bis Ende 2009 folgt eine zweite Phase mit leicht rückläufigen Einwohner- zahlen (-0,6 %), um anschließend wieder anzusteigen. In der dritten und aktuellsten Phase wuchs in den fünf Jahren von 20112 bis einschließlich 2016 die Bevölkerung um 4 % und damit deutlich langsamer als Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre. Über den kompletten Betrachtungshorizont zwischen 1987 und 2016 resultiert hieraus ein Anstieg von etwa 13 %. Die Zunahme der Einwohnerzahlen Ende der 80er beziehungsweise Anfang der 90er Jahre geht weitgehend auf die mit dem Zusammenbruch des Ostblocks einhergehende starke Zuwanderungstätigkeit zurück. Au- ßerdem nahm das Defizit der natürlichen Bevölkerungsentwicklung (Geborene abzüglich Gestorbene) ab und blieb während der 90er Jahre auf einem relativ niedrigen Niveau. Ursächlich dafür war der Geburten- anstieg, der wiederum darauf zurückzuführen war, dass die geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre in die Familiengründungsphase kamen. Das seit 2010 wieder einsetzende Bevölkerungswachstum ist ebenfalls zuwanderungsbedingt. Anders als Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre war das Defizit der natürlichen Bevölkerung nun aber deutlich größer und stieg im Zeitablauf sogar an, wenn man vom Jahr 2014 absieht. Die Wanderungsgewin- ne gingen bis 2013 hauptsächlich auf Zuwanderungen aus süd- und osteuropäischen Ländern zurück. Die

2 Der im Jahr 2011 erkennbare Sprung in den Zeitreihen geht auf die Korrektur der Bevölkerungsfortschreibung durch den Zensus 2011 zurück.

20 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Asylbewerberzahlen fielen, wenn auch mit steigender Tendenz, noch relativ gering aus. 2015 kam es dann zu der starken Zuwanderung von Flüchtlingen, die zu einem besonders hohen Bevölkerungswachstum führ- te. Verglichen mit dem Wachstum Ende der 80er beziehungsweise Anfang der 90er Jahre fiel der Anstieg der letzten Jahre in Hessen aber immer noch deutlich geringer aus.

Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörper- schaften zwischen 1987 und 2016 (1987=100) 120

115

110

105 Landkreis Offenbach Reg-Bez Darmstadt 100 Hessen 95

90

Quelle: Hessische Gemeindestatistik

Eine ähnliche Entwicklung mit drei Phasen zeigt sich sowohl im Landkreis Offenbach, als auch im Regie- rungsbezirk Darmstadt. Bei beiden verläuft die Entwicklung weitestgehend parallel, ab 2003 auch sichtbar günstiger als die Entwicklung des Landes. Am aktuellen Rand beziehungsweise seit dem Zensusknick, zeigen sich leichte Unterschiede, so gewinnt der Regierungsbezirk Darmstadt etwas mehr Bevölkerung hinzu als der Landkreis Offenbach. Im Jahr 2016 steht ein Bevölkerungswachstum im Regierungsbezirk seit 1987 von 16 % zu Buche, während der Anstieg im Landkreis mit 15 % etwa einen Prozentpunkt geringer ausfällt. Innerhalb des Landkreises fällt die Bevölkerungsentwicklung in allen drei Teilräumen grundsätzlich positiv aus, es zeigen sich jedoch markante Unterschiede. So wuchs die Bevölkerung im Teilraum 3 über den Be- obachtungszeitraum am stärksten (18,7 %). Auch der Bevölkerungsanstieg im Teilraum 2 (16,1 %) liegt oberhalb des Mittels des Kreises, fällt jedoch über 2 Prozentpunkte geringer aus, als im Teilraum 3. Deutlich langsamer als beide Teilräume entwickelte sich das Bevölkerungswachstum im Teilraum 1. Der Anstieg um 12,9 Prozent zwischen 1987 und 2016 liegt unterhalb der Kreisentwicklung (15,2 %) und etwa 6 Prozent- punkte unterhalb der Entwicklung des Teilraumes 3. Als Vergleichsregionen für den Landkreis Offenbach dienen die Kreise Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau sowie die Städte Darmstadt, Frankfurt am Main, Hanau und Offenbach. Abbildung 5 zeigt die Bevölke- rungsentwicklung für den Zeitraum zwischen 1987 und 2016. Zu Beginn der 1990er Jahre zeigen alle darge- stellten Räume hohe Bevölkerungsgewinne (s.o.), die Entwicklung verläuft relativ parallel. In den Folgejah- ren geht die Entwicklung jedoch deutlich auseinander. Während die Kreise (insbesondere Darmstadt- Dieburg, aber auch Offenbach sowie Groß-Gerau) weiter Bevölkerung hinzugewinnen konnten, zeigten die Städte (besonders Darmstadt) wieder rückläufige Entwicklungen.

21 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung der Teilräume und des Landkreises Offenbach zwischen 1987 und 2016 (1987=100) 125

120

115

110

105 Landkreis Offenbach 100 Teilraum 1 Teilraum 2 95 Teilraum 3 90

Quelle: Hessische Gemeindestatistik

Abbildung 5: Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Offenbach und seinen Vergleichsregionen zwischen 1987 und 2016 (1987=100) 120

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105

100

95

90

Landkreis Offenbach Darmstadt, Stadt Frankfurt am Main

Offenbach am Main Hanau, Brüder-Grimm-Stadt Landkreis Darmstadt-Dieburg

Landkreis Groß - Gerau

Quelle: Hessische Gemeindestatistik

Am aktuellen Rand steigen die Bevölkerungsstände in allen dargestellten Gebieten wieder spürbar an. Den höchsten Anstieg über den Betrachtungshorizont zeigt Frankfurt am Main (ca. 19 %). Nach dem Ende der Auswirkungen der Finanzkrise gewann die Finanzmetropole wieder spürbar an Bevölkerung hinzu. Gleiches gilt für Darmstadt und die anderen Städte. Der Wunsch nach Urbanität vieler Menschen spiegelte sich in einer steigenden Nachfrage am Wohnungsmarkt und letztendlich in steigenden Einwohnerzahlen wider. Von den seit Jahren günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen profitiert aber der gesamte Metropol-

22 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 raum. So weisen auch die Kreise Groß-Gerau und Darmstadt-Dieburg (beide ca. 18 %) ein Wachstum auf, das oberhalb der Werte des und deutlich oberhalb des Landes liegt.

Tabelle 1: Bevölkerungsstand der Gemeinden und Städte im Landkreis Offenbach, seinen Teilräumen, den Vergleichsregionen sowie den übergeordneten Gebietskörperschaften für ausge- wählte Jahre 1987- 2011- 1987 2000 2011 2016 2016 2016 Dietzenbach, Kreisstadt 27.638 32.982 32.030 33.903 22,7% 5,8% Dreieich 38.392 40.114 39.526 41.042 6,9% 3,8% Egelsbach 9.104 9.710 11.047 11.589 27,3% 4,9% Hainburg 13.605 15.228 13.961 14.483 6,5% 3,7% Heusenstamm 18.016 18.860 18.101 18.932 5,1% 4,6% Langen (Hessen) 30.665 35.208 35.303 37.252 21,5% 5,5% Mainhausen 6.991 8.426 8.967 9.287 32,8% 3,6% Mühlheim am Main 23.192 26.082 26.918 28.130 21,3% 4,5% Neu-Isenburg 34.757 35.524 35.051 37.563 8,1% 7,2% Obertshausen 21.937 24.658 23.814 24.573 12,0% 3,2% Rodgau 38.399 43.123 42.945 44.465 15,8% 3,5% Rödermark 23.791 26.049 26.297 27.579 15,9% 4,9% Seligenstadt 17.275 19.066 20.059 21.184 22,6% 5,6%

Landkreis Offenbach 303.762 335.030 334.019 349.982 15,2% 4,8%

Darmstadt 135.034 138.242 145.845 157.437 16,6% 7,9% Frankfurt am Main 621.379 646.550 676.533 736.414 18,5% 8,9% Offenbach am Main 111.626 117.535 114.855 124.589 11,6% 8,5% Hanau 83.575 88.294 87.521 95.370 14,1% 9,0% Landkreis Darmstadt-Dieburg 250.274 286.780 290.032 294.744 17,8% 1,6% Landkreis Groß - Gerau 227.395 249.266 257.143 269.045 18,3% 4,6% Reg-Bez. Darmstadt 3.408.317 3.737.589 3.763.611 3.951.234 15,9% 5,0% Hessen 5.524.637 6.068.129 5.993.771 6.213.088 12,5% 3,7%

Teilraum 1 112.918 120.556 120.927 127.446 12,9% 5,4% Teilraum 2 152.973 171.754 170.105 177.582 16,1% 4,4% Teilraum 3 37.871 42.720 42.987 44.954 18,7% 4,6% Quelle: Hessische Gemeindestatistik, eigene Berechnungen

2.1.2 Natürliche Bevölkerungsentwicklung Der in Abschnitt 2.1.1 dargestellten Bevölkerungsentwicklung liegen verschiedene demografische Prozesse zu Grunde. So entwickelt sich die Bevölkerung zwischen zwei Zeitpunkten durch die Anzahl der Geburten, der Sterbefälle sowie durch die Nettomigration, den Saldo der Zu- und Fortgezogenen. Der Saldo aus Ge- burten und Sterbefällen bildet die natürliche Bevölkerungsentwicklung. Sie erlaubt Rückschlüsse auf die Bevölkerungsentwicklung ohne Wanderungsbewegungen einzubeziehen. Dieses demografische Merkmal war in Deutschland zur Zeit des Babybooms regelmäßig positiv, die Bevölkerung wuchs somit auch ohne positive Nettomigration. Durch den Geburtenrückgang während der 1970er Jahre kehrte sich das Verhältnis

23 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 jedoch um, die Anzahl der Sterbefälle übertraf die Anzahl der Geburten, ohne Zuwanderung sank der Be- völkerungsstand somit. Abbildung 6 zeigt die Entwicklung der Geburten und der Sterbefälle im Landkreis Offenbach, dem Regie- rungsbezirk Darmstadt sowie dem Land Hessen. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden die Werte je 1.000 Personen definiert. Der dargestellte Zeitraum umfasst die Jahre 2000 bis 2016. Sowohl bei den Geburten, als auch bei den Sterbefällen zeigt sich im Landkreis Offenbach auf Grund der kleineren Grundgesamtheit eine etwas höhere Volatilität in der Zeitreihe. Über weite Teile des Betrachtungszeitraumes finden sich die meisten Geburten je 1.000 Personen im Regierungsbezirk Darmstadt. Am aktuellen Rand steigt der Wert für den Landkreis Offenbach aber deutlich an und deckt sich in etwa mit dem des Regierungsbezirkes (je- weils 9,6). Der Landesdurchschnitt liegt über den gesamten Betrachtungszeitraum unterhalb des Regie- rungsbezirkes. Die höchste Anzahl an Sterbefällen je 1.000 Personen findet sich durchgängig im Land. Sowohl der Land- kreis Offenbach als auch der Landkreis Offenbach verzeichnen geringere Werte. In den frühen 2000er Jah- ren zeigte sich eine größere Differenz zwischen dem Landkreis und dem Regierungsbezirk. Diese verkleiner- te sich aber im Zeitverlauf. Aktuell liegen die Sterbefälle in beiden Betrachtungsräumen annährend gleich auf (9,5 im Landkreis gegenüber 9,6 im Regierungsbezirk). Eine geringe Anzahl an Sterbefällen je 1.000 Per- sonen deutet meist auf eine höhere Lebenserwartung (aufgrund geringerer Sterberaten) hin.

Abbildung 6: Geburten je 1.000 Personen (links) sowie Sterbefälle je 1.000 Personen (rechts) im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften 12,0 12,0

10,0 10,0

8,0 8,0

6,0 6,0

4,0 4,0 Landkreis Offenbach Landkreis Offenbach Reg-Bez Darmstadt Reg-Bez Darmstadt 2,0 2,0 Hessen Hessen

0,0 0,0

Quelle: Hessische Gemeindestatistik

Abbildung 7 vergleicht die Anzahl der Geborenen je 1.000 Einwohnern mit der Anzahl der Gestorbenen je 1.000 Einwohnern für den Landkreis Offenbach. Bis 2008 überstiegen die Geburten die Anzahl der Sterbe- fälle. Die natürliche Bevölkerungsentwicklung berechnet sich als Saldo beider Größen. Somit stieg rechne- risch ohne Wanderungsbewegungen die Bevölkerung im Landkreis Offenbach bis zu diesem Zeitpunkt. In der Folge kehrt sich das Verhältnis jedoch um. Um dieses Defizit auszugleichen sind grundsätzlich Wande- rungsgewinne nötig. Aktuell steigen die Geburten wieder an, ob auch eine nachhaltige Trendumkehr fest- zustellen sein wird, müssen die nächsten Jahre zeigen.

24 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 7: Geburten und Sterbefälle jeweils je 1.000 Personen im Landkreis Offenbach für den Zeit- raum 2000 bis 2016 12,0

10,0

8,0

6,0

4,0

Geborene LK Offenbach 2,0 Gestorbene LK Offenbach 0,0

Quelle: Hessische Gemeindestatistik

Abbildung 8: natürliche Bevölkerungsentwicklung je 1.000 Personen im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften (links) sowie den Teilräumen innerhalb des Krei- ses (rechts) 8,0 8,0

6,0 6,0

4,0 4,0

2,0 2,0

0,0 0,0

-2,0 -2,0

-4,0 -4,0 Landkreis Offenbach Teilraum 1 Teilraum 2 -6,0 Reg-Bez Darmstadt -6,0 Teilraum 3 Hessen LK Offenbach -8,0 -8,0

Quelle: Hessische Gemeindestatistik

Abbildung 8 vergleicht die natürliche Bevölkerungsentwicklung je 1.000 Personen im Landkreis Offenbach sowohl mit der Entwicklung der übergeordneten Gebietskörperschaften, als auch mit der Entwicklung der einzelnen Teilräume innerhalb des Kreises. Anders als im Landkreis Offenbach verzeichnete Hessen bereits in den frühen 2000er Jahren einen negativen Saldo bei der natürlichen Bevölkerungsentwicklung. Auch im Regierungsbezirk Darmstadt kehrte sich das Verhältnis aus Geburten und Sterbefällen etwas früher in den negativen Wertebereich um als im Landkreis. Sowohl im Landkreis als auch im Regierungsbezirk gleicht sich

25 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 der Saldo im Jahr 2014 und 2016 aus. Abbildung 8 zeigt darüber hinaus auch den natürlichen Bevölkerungs- saldo der Teilräume innerhalb des Kreises. Während die Werte des Teilraumes 2 über den dargestellten Zeithorizont über dem Kreisdurchschnitt liegen, verläuft die Entwicklung im Teilraum 3 stets unterhalb der Werte für den Landkreis. Im Teilraum 1 ist der Saldo bis in die zweite Hälfte der 2000er Jahre unterhalb der Werte des Kreises, anschließend in etwa gleich.

2.1.3 Wanderungen Quantitativ bedeutsamer und deutlich volatiler als die natürliche Bevölkerungsentwicklung beeinflussen die Wanderungsbewegungen die Bevölkerungsentwicklung. Denn während die Geburtenrate und Lebenser- wartung seit Jahrzehnten stetigen Trends folgen, hängt das Wanderungsgeschehen von vielfältigen Einflüs- sen im Herkunfts- und Zielland ab. Auf nationaler Ebene führte der Zuzug durch Gastarbeiter in den 1970er Jahren und die Rückwanderung der Russlanddeutschen zusammen mit den Folgen der Balkankriege zu überdurchschnittlichen Wanderungssalden zu Beginn der 1990er Jahre. Zuletzt zeigte die Rekordzuwande- rung durch Flüchtlinge große Hebelwirkung auf die Bevölkerungsentwicklung. Bereits 2014 war der Wande- rungssaldo nach Deutschland durch die Folgen der europäischen Schuldenkrise und der EU- Arbeitnehmerfreizügigkeit überdurchschnittlich hoch. Abbildung 9 zeigt die Entwicklung des Wanderungssaldos je 1.000 Personen im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften sowie die Entwicklung der drei Teilräume. Das Geschehen auf nationaler Ebene spiegelt sich in beiden Darstellungen auch kleinräumig wider. So zogen im Landkreis Of- fenbach, dem Regierungsbezirk Darmstadt und auch insgesamt in Hessen ab 2014 die Wanderungssalden an und erreichten 2015 Rekordwerte. Die Entwicklung der drei Betrachtungsräume verläuft über die Zeit innerhalb eines engen Korridors und somit pro 1.000 Einwohner gerechnet in etwa vergleichbar. Deutlich volatiler entwickelten sich dagegen die Wanderungssalden in den drei Teilräumen innerhalb des Landkrei- ses. Der Teilraum 3 hatte in der ersten Hälfte der 2000er Jahre den höchsten Wanderungssaldo je 1.000 Einwohner, in den Folgejahren kehrte sich die Entwicklung jedoch um, die Wanderungssalden lagen unter denen der anderen Teilräume innerhalb des Kreises. Seit der zweiten Hälfte der 2000er Jahre wurden die höchsten Wanderungssalden je 1.000 Einwohner in den meisten Jahren im Teilraum 1 verzeichnet.

Abbildung 9: Wanderungssaldo je 1.000 Personen im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Ge- bietskörperschaften (links) sowie mit den Teilräumen (rechts) 25,0 25,0 20,0 20,0 15,0 15,0 10,0 10,0 5,0 5,0 0,0 0,0 2000 2005 2010 2015 -5,0 -5,0 -10,0 Landkreis Offenbach -10,0 Landkreis Offenbach Reg-Bez Darmstadt Teilraum 1 -15,0 -15,0 Teilraum 2 Hessen Teilraum 3 -20,0 -20,0

Quelle: Hessische Gemeindestatistik Auch in den Vergleichsregionen hinterlässt die Rekordzuwanderung von 2015 ihre Spuren, wie Abbildung 10 verdeutlicht. Die linke Darstellung vergleicht den Landkreis Offenbach mit den angrenzenden Landkrei-

26 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 sen Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau. Alle drei Kreise zeigen über den Betrachtungshorizont einen ähnli- chen Verlauf innerhalb eines engen Bandes. Seit 2009 weisen die Wanderungssalden der Kreise durchweg positive Werte auf. Quantitativ vergleichbar fielen die Wanderungssalden in den Städten aus. Jedoch zeigen sich vereinzelt starke Ausschläge in einzelnen Städten. So verbirgt sich beispielsweise die Einführung der Zweitwohnsitzsteuer in Darmstadt im Jahr 2011 hinter dem hohen Wanderungssaldo der Wissenschafts- stadt. In Offenbach am Main wurde im Jahr 2006 die niedrigste Anzahl an Zuzügen seit der Wiedervereini- gung registriert, was im Saldo zu einem hohen Wanderungsverlust je 1.000 Einwohnern führte.

Abbildung 10: Wanderungssaldo je 1.000 für den Landkreis Offenbach und die Vergleichsregionen 35,0 35,0

25,0 25,0

15,0 15,0

5,0 5,0

-5,0 2000 2005 2010 2015 -5,0 2000 2005 2010 2015

-15,0 -15,0

-25,0 -25,0

Landkreis Offenbach Landkreis Offenbach Landkreis Darmstadt-Dieburg Darmstadt, Stadt Landkreis Groß - Gerau Frankfurt am Main

Offenbach am Main Hanau, Brüder-Grimm-Stadt

Quelle: Hessische Gemeindestatistik

2.1.4 Herkunfts- und Zielorte der 2011 bis 2014 Zu- und Fortgezogenen Neben dem Wanderungsgeschehen, das wie in Abschnitt 2.1.3 als Wanderungssaldo dargestellt wird, liefert die Analyse der Herkunfts- und Zielorte der wandernden Personen weitere wertvolle Informationen. So zeigt Abbildung 11 den Wanderungssaldo des Landkreises Offenbach differenziert nach den Herkunftsge- bieten, und Abbildung 12 differenziert nach Altersgruppen. Über die Altersverteilung und die Herkunft las- sen sich Rückschlüsse über die Wanderungsmotive treffen. Beide Auswertungen zeigen Jahresmittel, die auf Daten der Jahre 2011 bis 2014 basieren. Die von der Flüchtlingsmigration bedingte Rekordzuwanderung des Jahres 2015 und die ebenfalls weit überdurchschnittlich hohen Werte des Folgejahres verursachen statistische Verwerfungen. Bei den in diesem Abschnitt betrachteten Verflechtungen würde die Inkludie- rung der Jahre möglicherweise zu falschen Rückschlüssen für die vorliegende Wohnungsmarktanalyse und den langfristen Planungshorizont verursachen. Aus diesem Grund wurden die entsprechenden Daten nicht berücksichtigt. Der nach den Herkunftsgebieten differenzierte Wanderungssaldo des Landkreises zeigt, dass im Jahresmit- tel die größten Wanderungsgewinne aus dem Ausland kamen (etwa 2.000 Personen). Ebenfalls verzeichnet der Landkreis Wanderungsgewinne aus den hessischen kreisfreien Städten. Die Kombination aus guter Er-

27 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 reichbarkeit vieler Wohnstandorte im Landkreis mit der zunehmenden Anspannung der Wohnungsmärkte in Frankfurt und Darmstadt seit 2011 wirkt sich positiv auf den Wanderungssaldo aus. Leichte Wanderungs- verluste von etwa 250 Personen verbucht der Landkreis dagegen mit anderen Bundesländern, während in die übrigen hessischen Gemeinden etwa 750 Personen abwandern. Innerhalb des Landkreises variiert das Muster in geringem Umfang zwischen den drei Teilräumen. So gewinnt der Teilraum 3 als einziger Teilraum aus den übrigen hessischen Gemeinden Einwohner hinzu. Fast der vollständige negative Wert der Wande- rungsverflechtungen mit anderen Bundesländern geht auf den Teilraum 2 zurück, während die Werte in den anderen beiden Teilräumen gering ausfallen, im Teilraum 1 sogar mit positivem Vorzeichen.

Abbildung 11: Wanderungssalden im Jahresmittel 2011-2014 nach Herkunftsgebieten im Landkreis Of- fenbach und seinen Teilräumen 4.000 3.500 3.000 2.500 2.000 Ausland 1.500 1.000 andere Bundesländer 500 übrige hessische Gemeinden

Jahr pro Personen 0 hessische Kreisfreie Städte -500 -1.000 -1.500 Landkreis Teilraum 1 Teilraum 2 Teilraum 3 Offenbach Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt

Abbildung 12: Wanderungssalden im Jahresmittel 2011-2014 nach Altersgruppen im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen 3.000

2.500

2.000

1.500 65 und mehr 30 bis unter 65 1.000 18 bis unter 30

Jahr pro Personen 500 Unter 18

0

-500 Landkreis Teilraum 1 Teilraum 2 Teilraum 3 Offenbach

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt

28 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabelle 2: Wanderungssalden nach Herkunfts- bzw. Zielorten und Altersgruppen im Jahresmittel 2011 bis 2014 Hessen andere Bundesländer Saldo im Jahresmit- insges. Landkreis Sonstige Ausland tel 2011 - 2014 Landkreis Darmstadt Frankfurt Wiesbaden Offenbach Kassel Hanau Darmstadt- Landkreise benachbart übrige Groß - Gerau Dieburg in Hessen

Landkreis Offenbach Unter 18 651 1 179 127 127 0 -17 -55 -2 -131 -29 7 444 18 bis unter 30 915 -79 -88 67 67 6 -13 5 8 81 43 -17 833 30 bis unter 65 1.039 -3 414 275 275 3 -75 -137 -5 -335 -122 -45 794 65 und mehr -168 -3 25 25 25 1 -6 -10 0 -51 -61 -33 -82 insgesamt 2.437 -83 530 495 495 10 -110 -198 2 -435 -168 -88 1.988 Teilraum 1 Unter 18 242 4 84 7 7 1 0 -13 0 -20 -4 11 165 18 bis unter 30 537 -11 -5 11 11 2 1 13 18 48 91 3 356 30 bis unter 65 399 3 206 26 26 1 -6 -32 -7 -117 -24 -7 329 65 und mehr -102 -1 18 -2 -2 0 -2 -5 2 -23 -32 -14 -40 insgesamt 1.076 -5 303 41 41 4 -6 -36 12 -112 32 -7 809 Teilraum 2 Unter 18 315 -3 76 105 105 0 -20 -44 -2 -124 -19 1 240 18 bis unter 30 338 -54 -62 68 68 0 -15 -13 -10 -2 -33 -21 412 30 bis unter 65 479 -4 187 231 231 0 -69 -105 2 -258 -81 -34 380 65 und mehr -106 -1 4 16 16 0 -8 -6 -1 -36 -37 -17 -37 insgesamt 1.026 -62 205 419 419 0 -112 -168 -11 -420 -169 -72 995 Teilraum 3 Unter 18 94 0 20 15 15 0 3 2 0 13 -7 -5 39 18 bis unter 30 41 -14 -20 -11 -11 1 2 4 0 39 -16 2 66 30 bis unter 65 162 -2 20 19 19 0 -1 -1 1 42 -17 -4 85 65 und mehr 40 -1 3 11 11 0 4 1 0 8 9 -1 -5 insgesamt 336 -16 22 34 34 0 8 6 1 102 -31 -9 184 Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt

29 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Die Altersverteilung des Wanderungssaldos gibt Informationen über die Wohnwünsche der wandernden Personen. Außer einem leicht negativen Wert bei den Personen im Alter von mindestens 65 Jahren zeigen sich in keiner Altersgruppe Abwanderungstendenzen. So entfällt der größte Anteil am Wanderungsgewinn im Landkreis auf die Altersgruppe der 30- bis unter 65-jähirigen Personen. In dieser Altersgruppe handelt es sich häufig um arbeitsmarktbedingte Zuwanderung in das Ballungsgebiet. In Kombination mit dem Über- schuss der Personen unter 18 Jahren zeigt sich, dass der Landkreis durch Familien mit Kindern den Großteil der Wanderungsgewinne erzielt. Darüber hinaus ist der Saldo bei Personen in der Altersgruppe 18- bis unter 30-Jährigen, also den sogenann- ten Ausbildungswanderern, positiv. Somit ziehen ebenfalls junge Menschen in den Kreis, um dort ihre Aus- bildung oder den ersten Job zu beginnen. Studierende finden im Landkreis entlang der Verkehrsachsen günstigere Wohnstandortalternativen, insbesondere zu den für studentische Verhältnisse teuren Woh- nungsmärkten der nahegelegenen Universitätsstädte wie Darmstadt oder Frankfurt. Dies gilt insbesondere für den Teilraum 1, der trotz geringerer Einwohnerzahl im Vergleich zum Teilraum 2 höhere Wanderungs- gewinne bei den Ausbildungswanderern verbucht. In den Teilraum 3 ziehen dagegen mehr Personen mit mindestens 65 Jahren als von dort fortziehen. Diese Entwicklung findet sich nicht in den anderen beiden Teilräumen. Tabelle 2 zeigt eine aggregierte Fassung der Auswertungen. Für den Landkreis und die drei Teilräume sind die Wanderungssalden nach Herkunfts- bzw. Zielorten und Altersgruppen im Jahresmittel 2011-2014 ge- genüber ausgewählten anderen Gebietskörperschaften dargestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich hinter den Wanderungssalden ein Vielfaches an Zu- und Fortzügen verbergen kann, d.h. eine nahezu aus- geglichene Bilanz kann auch das Resultat aus der Differenz einer hohen Zuwanderung bei zeitgleich hoher Abwanderung sein. Als Quell- und Zielorte, für die die Wanderungssalden dargestellt werden, wurden die Vergleichsräume, ergänzt um die restlichen hessischen kreisfreien Städte Wiesbaden und Kassel, sonstige hessische Landkreise, andere Bundesländer und das Ausland herangezogen. Bei den anderen Bundesländern wurde zwischen solchen unterschieden, die an Hessen angrenzen (Rhein- land-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg) und solchen, bei denen das nicht der Fall ist. Die Wanderungssalden sind farblich markiert, wobei die Wanderungsgewinne (positive Werte) gelb bis grün gekennzeichnet sind und die Wanderungsverluste (negative Werte) gelb bis rot. Je intensiver die Farbe ist, desto höher ist der Gewinn bzw. Verlust. Die farbliche Skalierung erfolgte für die Wanderungssalden insgesamt und die unterschiedlichen Altersgruppen getrennt.

2.1.5 Altersstruktur der Bevölkerung Neben der quantitativen Veränderung des Bevölkerungsstandes ist die Entwicklung der Altersstruktur der Bevölkerung für die Wohnungsnachfrage bedeutsam. Denn ältere Menschen haben beispielsweise andere Wohnwünsche als junge, Familien wiederum andere Anforderungen als kleine Haushalte und so weiter. Die Alterung der Gesellschaft ist ein wesentliches Merkmal des demografischen Wandels, der die zukünftige Entwicklung prägen wird. Die Alterung leitet sich aus den niedrigen Geburtenzahlen ab, die, zumindest auf nationaler Ebene und auch in Hessen insgesamt, unterhalb der Sterbefälle liegen, wie die Auswertungen in Abschnitt 2.1.2 gezeigt haben. Nach dem sogenannten Pillenknick in den 1970er Jahren sanken die Gebur- tenzahlen deutlich. Diese „fehlenden Kinder“ können ihrerseits keine Kinder bekommen, wodurch diese Entwicklung im Zeitverlauf verstärkt wird. Das Zahlenverhältnis von Jungen zu Alten verschiebt sich so zu Gunsten der Senioren.

Abbildung 13 und Abbildung 14 zeigen die Altersstruktur der Bevölkerung im Landkreis Offenbach, in den Teilräumen, den Vergleichsregionen sowie in den übergeordneten Gebietskörperschaften für die Jahre 1987 und 2016. Die Abbildungen verdeutlichen, dass Deutschland, bzw. die dargestellten Räume, nicht vor dem demografischen Wandel stehen, sondern der Wandel bereits stattfindet. Dies spiegelt sich zentral im

30 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Anteil der älteren Personen an der Gesamtbevölkerung wider. So lag der kumulierte Anteil der Personen, die mindestens 65 Jahre alt sind 1987 im Landkreis Offenbach bei etwa 13 Prozent, 2016 beträgt der Anteil bereits 21 Prozent. Dieser Alterungsprozess findet sich in allen drei Teilräumen innerhalb des Landkreises. Auch die Entwicklungen in den Vergleichskreisen Darmstadt-Dieburg (von 13 % auf 20 %) und Groß- Gerau (von 13 % auf 19 %) verlaufen entsprechend.

Abbildung 13: Altersstruktur der Bevölkerung im Landkreis Offenbach, in den Teilräumen, den Ver- gleichsregionen sowie in den übergeordneten Gebietskörperschaften im Jahr 1987 100% 5% 7% 6% 6% 9% 8% 8% 7% 6% 6% 7% 7% 90% 6% 8% 7% 7% 8% 7% 7% 8% 8% 10% 9% 9% 8% 80% 11% 11% 11% 11% 13% 11% 12% 12% 12% 11% 11% 70% 16% 15% 16% 15% 16% 16% 13% 15% 15% 15% 15% 15% 60% 75 u. älter 16% 15% 15% 15% 15% 50% 15% 13% 15% 14% 14% 15% 14% 65 - 75 40% 16% 15% 16% 15% 17% 15% 14% 15% 15% 15% 55 - 65 30% 15% 17% 16% 16% 16% 16% 45 - 55 20% 14% 15% 15% 14% 14% 15% 15% 15% 10% 16% 12% 15% 14% 12% 12% 13% 14% 15% 15% 14% 14% 35 - 45 0% 25 - 35 15 - 25 bis u. 15

Quelle: Hessische Gemeindestatistik

Abbildung 14: Altersstruktur der Bevölkerung im Landkreis Offenbach, in den Teilräumen, den Ver- gleichsregionen sowie den übergeordneten Gebietskörperschaften im Jahr 2016 100% 10% 11% 11% 11% 9% 8% 9% 9% 10% 10% 10% 11% 90% 8% 8% 11% 10% 11% 10% 8% 9% 10% 9% 10% 10% 80% 11% 11% 12% 12% 13% 70% 14% 13% 14% 13% 14% 13% 13% 14% 15% 15% 60% 16% 16% 16% 75 u. älter 16% 16% 18% 16% 17% 16% 50% 12% 16% 14% 65 - 75 13% 13% 13% 40% 13% 13% 12% 13% 12% 12% 19% 18% 16% 13% 55 - 65 30% 12% 13% 11% 12% 11% 13% 13% 13% 20% 11% 10% 10% 10% 14% 10% 11% 12% 11% 11% 11% 11% 45 - 55 10% 14% 14% 13% 14% 13% 14% 16% 15% 14% 15% 14% 14% 35 - 45 0% 25 - 35 15 - 25 bis u. 15

Quelle: Hessische Gemeindestatistik

31 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Die vergangenen Jahre waren durch die Attraktivität der Städte geprägt. Sowohl junge als auch ältere Men- schen zog der Wunsch nach urbanem Wohnen in die Städte. Die günstige wirtschaftliche Entwicklung be- wirkte, dass in den Zentren neue Arbeitsplätze entstanden sind, und die Zuwanderung aus dem Ausland ist ebenfalls hauptsächlich auf die Groß- und Universitätsstädte gerichtet. Die spiegelt sich auch in der Alters- struktur wider. So bleiben die Anteile der Altersgruppen „15 bis unter 25 Jahre“ und „25 bis unter 35 Jahre“ in Darmstadt, Frankfurt am Main, Offenbach am Main und Hanau zwischen 1987 und 2016 konstant. An- ders verhält es sich in den betrachteten Landkreisen Offenbach, Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau. Die entsprechenden Anteile sinken über die Zeit. Im Aggregat des Regierungsbezirkes und im Land insgesamt überlagern sich beide Entwicklungen, so ist jeweils eine Zunahme der Anteile der älteren Bevölkerung zu beobachten, und gleichzeitig nimmt der Anteil der jüngeren Bevölkerung leicht ab. Abbildung 15 zeigt die Entwicklung für den Landkreis Offenbach und das Land zusätzlich noch für das Jahr 2000, um die zeitliche Veränderung über den Betrachtungshorizont darzustellen. Die Zunahme der Anteile der Älteren und der Rückgang der Anteil der Jüngeren ist bereits im Jahr 2000 sichtbar. Der demografische Wandel wird sich auch trotz der gegenwärtig hohen und meist jungen Zuwanderung weiter vollziehen. Ins- besondere die Alterung der Gesellschaft wird sich zukünftig in einer steigenden Nachfrage nach passenden Wohnformen für Senioren äußern (vgl. Abschnitt 5.3).

Abbildung 15: Vergleich der Altersstruktur im Landkreis Offenbach mit der Altersstruktur Hessens für die Jahre 1987, 2000 und 2016 100% 6% 6% 11% 7% 7% 11% 90% 7% 9% 8% 9% 11% 10% 10% 80% 14% 11% 13% 13% 70% 16% 13% 14% 15% 13% 75 und älter 60% 16% 16% 50% 15% 17% 14% 17% 65 bis unter 75 13% 12% 40% 15% 15% 55 bis unter 65 30% 15% 12% 15% 13% 20% 15% 10% 10% 15% 11% 11% 45 bis unter 55 10% 14% 15% 14% 14% 15% 14% 35 bis unter 45 0% 25 bis unter 35 15 bis unter 25 bis unter 15

Quelle: Hessische Gemeindestatistik

Neben der Darstellung der Altersstruktur erlauben die Jugend-, Alten- und Abhängigenquotienten der Al- tersverteilung Rückschlüsse über die demografische Entwicklung. Abbildung 16 zeigt die Quotienten für die drei Teilräume des Landkreises für die Jahre 1987, 2000 und 2016. Die Abbildung visualisiert, dass der de- mografische Wandel keine zukünftige Entwicklung ist, sondern bereits begonnen hat. So steigt die Anzahl der Personen im Alter von mindestens 65 Jahren, die auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter kommen, bereits zwischen 1987 und 2000 in allen drei Teilräumen leicht an. Diese Entwicklung beschleunigt sich in der Folge zwischen 2000 und 2016 spürbar. Die Anzahl der jungen Personen unter 15 Jahren verbleibt der- weil annährend konstant in den Teilräumen 2 und 3, während sie im Teilraum 1 zwar leicht ansteigt, aber in deutlich geringerem Maße als die Anzahl der älteren Personen. Die relative Anzahl der älteren Personen je 100 erwerbsfähige Personen übersteigt im Jahr 2016 die entsprechende Anzahl an jungen Personen.

32 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Die Summe aus Jugend- und Altenquotient bildet den Abhängigenquotienten. Er misst, wie viele Personen außerhalb des Erwerbsalters auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter entfallen. Häufig wird die Maßzahl als Kenngröße für den demografischen Druck auf den Arbeitsmarkt herangezogen. Diese Interpretation bietet sich für den Landkreis Offenbach nicht vollständig an, da der Landkreis in einen regionalen Wirt- schaftsraum eingebettet ist, bei dem der Wohn- und der Arbeitsort bei vielen Personen auseinanderfällt. Dennoch verdeutlicht der Abhängigenquotient eindrucksvoll die Verschiebung der Altersstruktur der Bevöl- kerung. Diese Entwicklung ist eine entscheidende Determinante für die zukünftige Wohnungsnachfrage. Die leichten Unterschiede beim Jugend- und Altenquotienten gleichen sich im Jahr 2016 in allen Teilräumen in etwa aus. Gerundet kommen in den drei Teilräumen jeweils etwa 54 Personen außerhalb des erwerbsfä- higen Alters auf 100 erwerbsfähige Personen, was auch dem hessischen Landesdurchschnitt entspricht. 1987 lag der Wert in den drei Teilräumen noch zwischen 36 und 39 Personen.

Abbildung 16: Jugend-, Alten- und Abhängigenquotient der Altersverteilung in den Teilräumen des Land- kreises Offenbach für 1987, 2000 und 2016 60

50

40

30 1987 2000

20 2016

10

0 TR 1 TR 2 TR 3 TR 1 TR 2 TR 3 TR 1 TR 2 TR 3 Jugend-Quotient Alten-Qutient Gesamtlast

Quelle: Eigene Berechnungen, Hessische Gemeindestatistik

2.2 Arbeitsmarkt Die Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt üben einen entscheidenden Einfluss auf die Wohnungs- nachfrage aus. Dabei spielen die Zahl der Beschäftigten und der Standort eine Rolle. Ein hoher Pendlersaldo kann ein Anzeichen für besondere Engpässe in einem lokalen Wohnungsmarkt sein. Nachfolgend wird ge- zeigt, wie sich die Zahl und Struktur der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und die Zahl der sozial- versicherungspflichtigen Ein- und Auspendler entwickelt hat. Darüber hinaus wird beschrieben, wo die Auspendelnden mit Wohnsitz im Landkreis Offenbach arbeiten und wo die Einpendelnden mit Arbeitsort im Landkreis Offenbach wohnen.

33 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

2.2.1 Sozialversicherungspflichtig Beschäftige und Pendlerstruktur Tabelle 3 zeigt die Zahl der Einwohner3 (zum 31.12.2016), die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäf- tigten am Arbeitsort4 und am Wohnort5 (jeweils zum 30.6.2016) und als daraus abgeleitete Kennzahlen für die Wirtschaftskraft der Region veranschaulicht durch die Arbeitsplatzdichte (Verhältnis aus Beschäftigen am Arbeitsort und der erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahren) und den relativen Pendler- saldo (Pendlersaldo pro Beschäftigtem am Arbeitsort). Betrachtet werden der Landkreis Offenbach sowie die Vergleichskreise und Vergleichsstädte. Bei den dargestellten Ergebnissen ist zu beachten, dass nur Ein- und Auspendler erfasst werden, die eine Gemeindegrenze überschreiten. Im Landkreis Offenbach übersteigt die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Wohnort mit etwa 134.400 Personen die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort von etwa 114.000 Personen. Auch der Pendlersaldo fällt durch etwa 16.100 Personen, die mehr aus dem Land- kreis aus- als einpendeln, negativ aus. Entsprechend ist die Arbeitsplatzdichte mit 52 % in Relation zu den meisten Vergleichsräumen niedrig. Dies überrascht jedoch nicht, denn durch die räumliche Nähe zu Frank- furt, dem Finanzzentrum Deutschlands mit einer der höchsten Arbeitsplatzdichten im ganzen Land, bedingt eine hohe Anzahl an Auspendlern. In einem regionalen Arbeitsmarkt beziehungsweise Ballungszentrum pendelt ein großer Teil der arbeitenden Bevölkerung aus den umliegenden Kreisen in die Zentren ein und das sind üblicherweise die Großstädte mit über 100.000 Einwohnern. So weist beispielsweise ebenfalls Darmstadt eine hohe Arbeitsplatzdichte von etwa 90% auf. Innerhalb des Landkreises zeigt sich im Vergleich der Teilräume ein heterogenes Bild. So liegt der Teil- raum 1 an der Hauptverkehrsachse zwischen Frankfurt, Darmstadt und Mannheim im Süden und bildet somit einen bevorzugten Wohnstandort für Pendler. Dennoch weist der Teilraum insgesamt einen positiven Pendlersaldo auf. Dieser geht insbesondere auf den hohen Überschuss der Stadt Neu-Isenburg zurück. Die Stadt hat sich vom Standort für produzierendes Gewerbe in einen Dienstleistungsstandort gewandelt. Durch die Nähe zu Frankfurt und zum Flughafen ist Neu-Isenburg ein attraktiver Standort für Unternehmen unterschiedlicher Branchen, darunter auch viele Hotels. Die Anzahl der Beschäftigten am Arbeitsort von 27.400 Personen ist der höchste Wert im Landkreis. Entsprechend hoch fällt mit 112 % die Arbeitsplatzdich- te der Stadt aus, wodurch der Wert im Teilraum mit 73 % die Arbeitsplatzdichte der anderen beiden Teil- räume deutlich übersteigt. Insgesamt übersteigt die Anzahl der Beschäftigten am Arbeitsort im Teilraum 1 die Anzahl der Beschäftigten am Wohnort. In den beiden anderen Teilräumen ist das Verhältnis umgekehrt.

3 Die gezeigten Werte beziehen sich auf die Bevölkerung am Ort der alleinigen Wohnung bzw. Hauptwohnung am Jahresende. Von der „Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung“ ist die „Bevölkerung in Privathaushalten“ zu unterscheiden. Letztere schließt auch Personen mit Nebenwohnsitz ein, nicht dagegen Personen in Gemeinschaftsunterkünften (z.B. Altenheime), da diese kei- nen eigenen Haushalt führen. 4 Die regionale Zuordnung erfolgt nach dem Arbeitsortprinzip, d. h., die Beschäftigten werden der Gemeinde zugeordnet, in der der Betrieb liegt, in dem sie beschäftigt sind. (Hessisches Statistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik) 5 Die Zuordnung der Beschäftigten zum Wohnort richtet sich nach den - dem Arbeitgeber gegenüber angegebenen - melderechtli- chen Verhältnissen. In einer eigenen Datei wird im Rahmen des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung für jeden sozialversi- cherungspflichtig Beschäftigten die jeweils zuletzt übermittelte Wohnortangabe gespeichert. Die Meldevorschrift stellt nicht klar, welcher Wohnsitz – Haupt- oder Nebenwohnsitz mit überwiegendem Aufenthaltsort – vom Arbeitgeber zu melden ist. Dies kann in der Beschäftigtenstatistik zum Nachweis von „Fernpendlern“ zwischen gemeldetem Hauptwohnsitz und Arbeitsort führen, obwohl der Beschäftigte am Nebenwohnsitz seiner Beschäftigung nachgeht, also faktisch nicht pendelt (Hessisches Sta- tistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik).

34 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabelle 3: Kennzahlen zur Beschäftigungs- und Pendlersituation in den Gemeinden des Landkreises Of- fenbach und seinen Teilräumen 2016 Beschäftigte am Arbeitsort Beschäftigte am Woh- Pendlersaldo nort Gemeindename Einwohner insgesamt Pro EW Pro EW im er- insgesamt Pro EW insgesamt Pro Beschäf- (EW) werbsfähigen Alter tigten am (Arbeitsplatzdichte) Arbeitsort Dietzenbach 33.903 12.557 37% 58% 11.885 55% 656 5% Dreieich 41.042 14.767 36% 56% 15.410 59% -655 -4% Egelsbach 11.589 3.859 33% 52% 4.432 60% -574 -15% Hainburg 14.483 2.340 16% 25% 5.590 61% -3.250 -139% Heusenstamm 18.932 6.234 33% 53% 6.938 59% -708 -11% Langen 37.252 14.178 38% 58% 14.786 60% -610 -4% Mainhausen 9.287 2.698 29% 44% 3.739 60% -1.043 -39% Mühlheim am Main 28.130 5.393 19% 29% 11.499 63% -6.112 -113% Neu-Isenburg 37.563 27.384 73% 112% 14.406 59% 12.958 47% Obertshausen 24.573 7.760 32% 49% 9.783 61% -2.026 -26% Rodgau 44.465 9.503 21% 32% 17.622 60% -8.122 -85% Rödermark 27.579 6.138 22% 35% 10.143 57% -4.009 -65% Seligenstadt 21.184 5.551 26% 41% 8.198 60% -2.648 -48%

LK Offenbach 349.982 118.362 34% 52% 134.431 59% -16.143 -14%

Darmstadt 157.437 97.763 62% 90% 58.187 53% 39.531 40% Frankfurt am Main 736.414 551.231 75% 107% 286.955 56% 263.874 48% Offenbach am Main 124.589 45.970 37% 55% 48.748 58% -2.814 -6% Hanau 95.370 45.603 48% 72% 34.484 55% 11.098 24% LK Darmstadt- 294.744 72.429 Dieburg 25% 37% 113.353 58% -40.948 -57% LK Groß - Gerau 269.045 93.688 35% 53% 106.057 60% -12.432 -13% Reg-Bez. Darmstadt 3.951.234 1.646.710 42% 63% 1.506.560 58% 139.234 8% Hessen 6.213.088 2.457.746 40% 60% 2.340.515 57% 116.003 5%

Teilraum 1 127.446 60.188 47% 73% 49.034 59% 11.119 18% Teilraum 2 177.582 47.585 27% 41% 67.870 59% -20.321 -43% Teilraum 3 44.954 10.589 24% 36% 17.527 60% -6.941 -66% Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik, eigene Berechnung

Abbildung 17: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort in den Teilräu- men des Landkreises Offenbach 160% 140% 120% 100% TR 1 80% 60% TR 2 40% TR 3 20% 0%

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik, eigene Berechnung

Abbildung 17 zeigt die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort in den Teil- räumen des Landkreises Offenbach zwischen 1988 und 2016. Über diesen Betrachtungszeitraum ist die Beschäftigung im Teilraum 1 stärker gestiegen als in den anderen beiden Teilräumen. Die positive Entwick- lung beginnt Mitte der 1990er Jahre und dann wieder verstärkt nach 2013. Bis Ende 2016 bedeutet dies einen Anstieg von 41 % seit 1988. In den Teilräumen 2 und 3 verlief die Entwicklung bis Mitte der 2000er

35 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Jahre teilweise negativ. Im Teilraum 2 stieg die Beschäftigung nach 2011 jedoch wieder an, was Ende 2016 zu einem gesamten Anstieg von 12 % führt. Im Teilraum 3 ist das Beschäftigungsniveau seit 1988 um 5 % gesunken.

Abbildung 18: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften 140% 120% 100%

80% Landkreis Offenbach 60% Reg-Bez Darmstadt 40% Hessen 20% 0%

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik, eigene Berechnung

Die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften zwischen 1988 und 2016 ist in Abbildung 18 und der Vergleich zwischen dem Landkreis Offenbach und den Vergleichsräumen ist in Abbildung 19 dargestellt. Insgesamt ist die Beschäftigung im Landkreis Offenbach zwischen 1988 und 2016 um 27 % gestiegen. Die Entwicklung folgt dabei der des Regierungsbezirks und der des Landes. Bis in die Mitte der 2000er Jahre verlief die Ent- wicklung etwas positiver, im Anschluss dann in etwa gleich. Am aktuellen Rand fällt der Anstieg dann wie- der etwas höher aus. Im Regierungsbezirk und im Land beträgt der Anstieg über den Betrachtungshorizont jeweils 23 %.

Abbildung 19: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort im Landkreis Offenbach und den Vergleichsregionen 160% 140% LK Offenbach 120% Darmstadt 100% 80% Frankfurt am Main 60% Offenbach am Main 40% Hanau 20% 0% LK Darmstadt-Dieburg LK Groß - Gerau

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik, eigene Berechnung

Auch im Vergleich mit den anderen Betrachtungsräumen fällt die Entwicklung des Landkreises Offenbach positiv aus. Lediglich der Anstieg im Landkreis Darmstadt-Dieburg fällt höher aus (+35 %). Somit übertreffen beide Landkreise die Entwicklung von Frankfurt, das das Zentrum des Ballungsraums bildet. Die Werte bei- der Landkreise sind in absoluten Zahlen jedoch deutlich niedriger als die Frankfurts. Entsprechend hoch fällt

36 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 auch das Verhältnis aus den Beschäftigten am Arbeitsort und den Einwohnern aus, wie aus Tabelle 3 zu entnehmen ist. So übersteigt das Verhältnis in Frankfurt mit 74 %, die Werte der Landkreise Offenbach (33 %) und Darmstadt-Dieburg (24 %).

2.2.2 Pendlerverflechtungen In diesem Abschnitt wird dargestellt, in welchen Kreisen die Beschäftigten wohnen, die in die Gemeinden des Landkreises Offenbach einpendeln und in welchen Kreisen die Beschäftigten, die auspendeln, arbeiten. Hierfür liefert Abbildung 20 die Ergebnisse in absoluten Zahlen, während Abbildung 21 die Ergebnisse zur besseren Vergleichbarkeit in relativer Darstellung zeigt. In beiden Darstellungsformen zeigen sich markante Unterschiede zwischen den drei Teilräumen des Landkreises. Der größte Anteil der Einpendler (30,3 %) der Beschäftigten pendelt zwischen Wohn- und Arbeitsort innerhalb des Landkreises. Von den Auspendlern pendelt fast die Hälfte (47 %) und somit der größte Anteil der Beschäftigten mit einem Wohnort im Land- kreis Offenbach in die angrenzenden Großstädte Darmstadt, Frankfurt oder Offenbach aus.

Abbildung 20: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Ein- und Auspendler nach Arbeits- und Wohnor- ten im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen Einpendler: Auspendler: 100.000 120.000

80.000 100.000 80.000 60.000 60.000 40.000 40.000 20.000 20.000 0 0 TR 1 TR 2 TR 3 Landkreis TR 1 TR 2 TR 3 Landkreis Offenbach Offenbach Rest Hessen Rest RB Ausland andere Bundesländer angrenzende Großstädte Landkreis OB Landkreis OB angrenzende Großstädte andere Bundesländer Ausland Rest RB Rest Hessen

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, eigene Darstellung

Im Teilraum 3 wird aufgrund der geografischen Lage beziehungsweise durch die Nähe zur Landesgrenze nach Bayern ein höherer Anteil an Einpendlern aus anderen Bundesländern (29,5 %) verzeichnet. Bei den Auspendlern fällt der Anteil an Beschäftigten, die im Teilraum wohnen und in angrenzende Großstädte auspendeln geringer aus als in den anderen beiden Teilräumen. Auch hier zeigt sich die Verflechtung mit dem benachbarten Bundesland durch einen höheren Anteil (15,1%). Der höchste Anteil an Auspendlern in die angrenzenden Großstädte findet sich im Teilraum 1 (49,8 %), was mit der hohen Erreichbarkeit durch die gute Verkehrsanbindung erklärt werden kann. Ein ähnlich hoher Wert findet sich im Teilraum 2 (48,6 %).

37 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 21: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Ein- und Auspendler nach Arbeits- und Wohnor- ten im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen (relative Darstellung) Einpendler: Auspendler: 100% 100% 24,2% 16,7% 16,0% 20,0% 16,8% 80% 26,6% 28,1% 27,0% 80% 8,6% 18,1% 33,2% 60% 19,2% 18,6% 60% 49,8% 48,6% 47,0% 36,3% 40% 40% 26,2% 34,7% 30,3% 31,0% 20% 23,1% 25,4% 25,4% 29,5% 20% 25,3% 16,6% 22,3% 15,1% 10,2% 0% 0% 9,7% 9,3% TR 1 TR 2 TR 3 Landkreis TR 1 TR 2 TR 3 Landkreis Offenbach Offenbach Rest Hessen Rest RB Ausland andere Bundesländer angrenzende Großstädte Landkreis OB Landkreis OB angrenzende Großstädte andere Bundesländer Ausland Rest RB Rest Hessen

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, eigene Darstellung

2.2.3 Struktur der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort Hinsichtlich der fachlichen Struktur der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort wurden die obersten Ebenen der Klassifikation der Wirtschaftsbereiche6 herangezogen: 1. Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, 2. produzierendes Gewerbe, 3. Handel, Verkehr, Gastgewerbe, 4. Erbringung von Unternehmensdienstleistungen und 5. Erbringung von öffentlichen und privaten Dienstleistungen.

Abbildung 22 vergleicht die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort nach Wirtschaftsbereichen für den Landkreis Offenbach für die Jahre 2000 und 2016. Die Ergebnisse spiegeln die voranschreitende Tertiarisierung der deutschen Wirtschaftsstruktur auch im Landkreis wider. Zwischen beiden Zeitpunkten hat der Anteil der Beschäftigten im Sektor der öffentlichen und privaten Dienstleistun- gen sowie der Unternehmensdienstleistungen zugenommen. Zusammen entfallen 2016 bereits etwa 43 % auf beide Bereiche, 2000 waren es lediglich etwa 32 %. Der Anteil des Bereichs Handel, Verkehr und Gast- gewerbe an der Beschäftigung ist dagegen leicht rückläufig (-3 Prozentpunkte), während der Anteil des produzierenden Gewerbes 2016 etwa 7 Prozentpunkte niedriger ausfällt als noch im Jahr 2000.

6 Grundlage der Einteilung ist das Verzeichnis der Wirtschaftszweige für die Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Statistik: Klassi- fikation der Wirtschaftszweige. Zum produzierenden Gewerbe gehören das verarbeitende Gewerbe, die Energieversorgung, die Wasserversorgung, die Abwasser und Abfallentsorgung und das Baugewerbe. Die Unternehmensdienstleistungen schließen In- formation und Kommunikation, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Grundstücks- und Wohnungswesen, freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen ein. Die öffentlichen und privaten Dienstleistungen erfassen die öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung, Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen, Kunst, Unterhal- tung und Erholung, Erbringung von sonstigen Dienstleistungen, private Haushalte mit Hauspersonal, Herstellung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen durch private Haushalte für den Eigenbedarf.

38 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 23 zeigt, wie sich die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort auf die Wirt- schaftsbereiche im Jahr 2016 im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften ver- teilen. Der Anteil an öffentlichen und privaten Dienstleistungen sowie an Unternehmensdienstleistungen ist im Landkreis (43 %) niedriger als im Regierungsbezirk (54 %) und im Land (51 %). Die Tertiarisierung der Wirtschaft ist üblicherweise in den Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern stärker ausgeprägt. Ent- sprechend fällt der Anteil der anderen Wirtschaftsbereiche in den Vergleichsregionen höher aus. Der Anteil des produzierenden Gewerbes übersteigt mit 25 % im Landkreis den Wert des Regierungsbezirks (20 %) und knapp den des Landes (24 %).

Abbildung 22: Sozialversicherungspflichtig Beschäftige am Arbeitsort nach Wirtschaftsbereichen im Landkreis Offenbach 2000 und 2016 100% 13% 16%

80% 19% Öffentliche und private Dienstleistungen 27% 60% Unternehmensdienstleistungen 35% Handel, Verkehr und Gastgewerbe 40% 32% Produzierendes Gewerbe 20% 32% 25% Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 0% 2000 2016

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik, eigene Berechnung

Abbildung 23: Sozialversicherungspflicht Beschäftige am Arbeitsort nach Wirtschaftsbereichen im Land- kreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften 2016 100% 16% 23% 25% 80% Öffentliche und private Dienstleistungen 27% Unternehmensdienstleistungen 60% 31% 26%

Handel, Verkehr und Gastgewerbe 40% 32% 24% 25% Produzierendes Gewerbe 20% Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 25% 20% 24% 0% Landkreis Offenbach Reg. Bez. Darmstadt Hessen

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik, eigene Berechnung

39 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

2.2.4 Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts Tabelle 4 gibt einen Überblick über das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner und je Erwerbstätigen für den Landkreis Offenbach und seine Vergleichsräume für die Jahre 2000 und 2015. Das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner ermöglicht einen Vergleich verschiedener, unterschiedlich großer Wirtschaftsräume miteinan- der und gilt als gängiges Maß für den materiellen Wohlstand in einer Region. Dagegen ist das Bruttoin- landsprodukt je Erwerbstätigen als ein Maß für Wirtschaftskraft einer Region zu interpretieren. Dargestellt sind die Jahre 2000 und 2015 sowie die relative Veränderung zwischen beiden Beobachtungszeitpunkten.

Tabelle 4: Bruttoinlandsprodukt je Einwohner und je Erwerbstätigen für den Landkreis Offenbach und seine Vergleichsräume für die Jahre 2000 und 2015 (in 1.000 € je Person bzw. je Erwerb- stätigen) Bruttoinlandsprodukt je Einwohner Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen

2000 2015 Veränderung 2000 2015 Veränderung

LK Offenbach 26,4 38,2 44,6% 59,2 83,2 40,6% Reg. Bez. Darmstadt 37,5 48,0 28,2% 68,9 86,2 25,0% Hessen 32,1 42,4 32,4% 62,4 78,6 26,0%

Darmstadt 51,9 67,1 29,4% 58,3 80,1 37,4% Frankfurt am Main 77,3 91,3 18,1% 82,1 98,5 20,0% Offenbach am Main 36,1 37,1 2,7% 62,8 69,3 10,4% LK Darmstadt-Dieburg 18,1 26,3 45,5% 56,1 72,2 28,8% LK Groß-Gerau 35,7 40,4 13,1% 72,3 90,3 24,9% Quelle: Inkar-Datenbank, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder

Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner hat sich im Landkreis Offenbach zwischen 2000 und 2015 um etwa 47 % erhöht und beträgt 2015 etwa 38.200€. Es fällt somit niedriger aus als im Regierungsbezirk (etwa 48.000€) und im Land (etwa 42.400€), jedoch fällt der relative Anstieg höher aus. Die höchsten Werte fin- den sich in Frankfurt mit einem Bruttoinlandsprodukt je Einwohner von etwa 91.300€. Das Finanzzentrum bildet den Kern des Wirtschaftsraumes. So fallen die Werte von Darmstadt, das die zweithöchsten Werte aufweist, deutlich niedriger aus. Verglichen mit den beiden Vergleichskreisen liegt der Landkreis Offenbach zwischen den Werten vom Landkreis Groß-Gerau (etwa 40.400€) und dem Landkreis Darmstadt-Dieburg (etwa 26.300€). Bezieht man das Bruttoinlandsprodukt auf die Anzahl der Erwerbstätigen finden sich die höchsten Werte erneut in Frankfurt. Die hohe Arbeitsplatzdichte (vgl. Abschnitt 2.2.1) führt zu einem Wert von etwa 98.500€. Verglichen mit dem Landkreis Offenbach fällt der Unterschied kleiner aus als beim Bruttoinlands- produkt je Einwohner. Auch übertrifft das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen im Landkreis Offenbach den Wert der Stadt Darmstadt. Die Relation mit den übergeordneten Gebietskörperschaften entspricht dem Verhältnis des Bruttoinlandsprodukts pro Einwohner. So fallen die absoluten Werte im Landkreis Of- fenbach höher aus als im Land (etwa 78.600€) und geringer als im Regierungsbezirk (etwa 86.200€).

40 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

3 Wohnungsangebot Das nachfolgende Kapitel analysiert das Wohnungsangebot im Landkreis Offenbach. Hierzu wird zunächst die Entwicklung der Wohnungsbestände näher beleuchtet (Abschnitt 3.1). Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Ein- und Zweifamilienhäusern. Anschließend wird die Entwicklung des Wohnungsbestandes nach der Woh- nungsgröße aufgezeigt. Es folgt ein Überblick über die Anbieterstruktur von Mietwohnungen im Landkreis. Der letzte Unterabschnitt in diesem Block adressiert den selbstgenutzten Wohnraum. Es folgen Kennzahlen zur Wohnversorgungssituation (Abschnitt 3.2). Diese Daten erlauben Rückschlüsse über etwaige Anspan- nungen im Wohnungsmarkt.

3.1 Entwicklung der Wohnungsbestände 3.1.1 Ein- und Mehrfamilienhäuser Tabelle 5 zeigt die Wohnungsbestände und die entsprechenden Anteile der Ein- und Zweifamilienhäuser am Wohnungsbestand in den Gemeinden und Teilräumen des Landkreises sowie den Vergleichsräumen für die Jahre 2000 und 2016. Zusätzlich wird gezeigt, um welchen Prozentsatz sich der Wohnungsbestand und der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser zwischen den beiden Jahren verändert haben. Als Referenz für die Entwicklung ist ebenfalls die Veränderung des Bevölkerungsstandes dargestellt. In allen Gemeinden des Landkreises hat der Wohnungsbestand zwischen 2000 und 2016 zugenommen. Die einzige Ausnahme bildet die Kreisstadt Dietzenbach, wo der Bestand um etwa 600 Wohnungen bezie- hungsweise vier Prozent abnahm. Den größten relativen Anstieg verzeichnet die Stadt Seligenstadt mit einer Zunahme von 20 %, gefolgt von der Gemeinde Mainhausen, in der sich der Wohnungsbestand um 18 % erhöhte. An beiden Orten stieg der Bevölkerungsstand im selben Zeitraum zwar langsamer, aber je- weils um über zehn Prozent. Kreisweit beträgt die Zunahme des Wohnungsbestandes sieben Prozent, bei einem Anstieg des Bevölkerungsstandes um vier Prozent. Betrachtet man die Teilräume innerhalb des Landkreises zeigen sich Unterschiede. So findet sich der höchs- te Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern im Teilraum 3. Zwar ist dieser im Beobachtungszeitraum um 5 Prozentpunkte zurückgegangen, dennoch beträgt er im Jahr 2016 noch 55 %, was die Anteile der beiden anderen Teilräume deutlich übersteigt. So beträgt der Anteil im Teilraum 2 nur 44 % und im Teilraum 1 sogar lediglich 35 %. In beiden Teilräumen sind diese Werte im Vergleich zum Jahr 2000 nahezu konstant geblieben. Der gesamte Wohnungsbestand ist im Teilraum 3 mit einer Veränderung von 15 % am stärksten gestiegen. Zwar gewachsen, aber in geringerem Umfang, sind die Bestände im Teilraum 2 (+7 %) und im Teilraum 1 (5 %). Trotz dieser Entwicklung nahm die Bevölkerung im Teilraum 3 etwas weniger stark zu (+5 %), als im Teilraum 1 (+6 %). Die Entwicklung des Landkreises mit den Vergleichsräumen fällt uneinheitlich aus. So erhöhte sich der Wohnungsbestand etwas stärker als in Darmstadt, Offenbach am Main oder in Hanau. Jedoch fallen die Anstiege beispielsweise in Frankfurt am Main (+13 %) oder in den Landkreisen Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau (jeweils +12 %) deutlich höher aus. Der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser am Wohnungs- bestand hat sich in allen dargestellten Vergleichsregionen konstant entwickelt. Die Veränderungen betra- gen zwischen minus zwei Prozentpunkten und einer Zunahme von zwei Prozentpunkten. Die höchsten Be- völkerungsanstiege entfallen auf die Städte Frankfurt und Darmstadt (je 14 %). Diese überproportionale Entwicklung findet sich entsprechend in vielen anderen deutschen Groß- und Universitätsstädten. Der Landkreis Offenbach ist Teil des Metropolraums und profitiert somit als Teil des wirtschaftsstarken regiona- len Arbeitsmarktes ebenfalls von diesem Trend. Im Vergleich stieg der Bevölkerungsstand landesweit um lediglich zwei Prozent. Tabelle 6 zeigt die Fertigstellungen für den gesamten Wohnungsbestand sowie für Ein- und Zweifamilien- häuser für die Jahre 2014, 2015 und 2016 zusammen mit den jährlichen Durchschnittswerten. Da die Fer- tigstellungen im Zeitverlauf teilweise stark streuen, bilden die Durchschnittswerte eine geglättete Refe-

41 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 renzgröße. Diese dient beispielsweise als Vergleich für die vorausberechnete Höhe des zukünftigen Woh- nungsbedarfs (vgl. Abschnitt 5.2). Zusätzlich dargestellt sind in Tabelle 6 die Anteile der durchschnittlich jährlich fertigstellten Ein- und Zweifamilienhäuser an den gesamten Fertigstellungen. Der Vergleich mit dem Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser am Wohnungsbestand aus Tabelle 5 erlaubt Rückschlüsse über die Art der Fertigstellungen.

Tabelle 5: Wohnungsbestände nach dem Gebäudetyp in den Gemeinden und Teilräumen des Landkreises Offenbach und den Vergleichsregionen 2000 und 2016 2000 2016 Veränderung Veränderung Anstieg Bestand Anteil EZFH Bev. Bestand Anteil Bestand Anteil 2000-2016 2000-2016 2000- EZFH EZFH 2016 Dietzenbach, Kreisstadt 14.682 31% 14.065 35% -4% 4% 3% Dreieich 19.190 46% 20.163 45% 5% -1% 2% Egelsbach 4.352 58% 4.927 58% 13% 0% 19% Hainburg 6.216 59% 6.688 56% 8% -3% -5% Heusenstamm 8.474 48% 9.145 46% 8% -2% 0% Langen (Hessen) 16.904 32% 17.791 32% 5% 0% 6% Mainhausen 3.619 63% 4.253 61% 18% -3% 10% Mühlheim am Main 12.192 41% 13.439 39% 10% -2% 8% Neu-Isenburg 18.811 22% 19.061 22% 1% 0% 6% Obertshausen 10.984 36% 11.597 35% 6% -1% 0% Rodgau 18.001 50% 20.043 48% 11% -3% 3% Rödermark 11.136 60% 12.234 58% 10% -2% 6% Seligenstadt 8.417 59% 10.065 52% 20% -7% 11%

Landkreis Offenbach 152.978 43% 163.471 42% 7% -1% 4%

Darmstadt 73.655 24% 78.335 24% 6% 0% 14% Frankfurt am Main, St 340.277 13% 384.609 12% 13% -1% 14% Offenbach am Main, St 57.309 16% 60.229 17% 5% 0% 6% Hanau 42.242 31% 44.109 33% 4% 2% 8% LK Darmstadt-Dieburg 119.573 63% 133.444 61% 12% -1% 3% LK Groß - Gerau 109.055 50% 122.238 48% 12% -2% 8% Reg-Bez. Darmstadt 1.725.323 42% 1.902.325 40% 10% -1% 6% Hessen 2.734.399 50% 3.003.408 48% 10% -2% 2%

Teilraum 1 59.257 35% 61.942 35% 5% 0% 6% Teilraum 2 75.469 44% 80.523 44% 7% -1% 3% Teilraum 3 18.252 60% 21.006 55% 15% -5% 5% Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik, eigene Berechnungen

Innerhalb des Landkreises findet sich der höchste Durchschnittswert in der Stadt Langen mit 182 Wohnun- gen. Entsprechend erfuhr die drittgrößte Stadt des Landkreises nach Rodgau und Dreieich in den Jahren seit 2011 den höchsten Anstieg des Bevölkerungsstandes (vgl. Tabelle 1 in Abschnitt 2.1.1.). Die hohe Erreich- barkeit durch die Autobahnanbindung in Kombination mit der geografischen Lage zwischen Darmstadt und Frankfurt treiben diese Entwicklung an, denn gerade in diesen Zentren fehlen Wohnungen bzw. werden zu wenige gebaut (Kirchner und Rodenfels, 2017). Der zweithöchste absolute Durchschnittswert der Fertigstel- lungen findet sich in der Stadt Seligenstadt mit 129 Wohnungen. Auffallend ist, dass der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser lediglich 23 % betrug. Entsprechend sank der Anteil am Bestand. So entfielen im Jahr 2000 noch 59 % des Bestands auf Ein- und Zweifamilienhäuser, bis zum Jahr 2016 sank der Anteil dagegen auf 52 %. Kreisweit wurden jährlich durchschnittlich 901 Wohnungen fertiggestellt. Dies entspricht etwa dem Niveau der Vergleichskreise Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau. Jedoch lag der Anteil der Ein- und Zweifamilien- häuser im Landkreis Darmstadt-Dieburg mit 53 % deutlich höher, während der Anteil in Groß-Gerau (31 %) und im Landkreis Offenbach (26 %) deutlich näher beieinander liegt. Ähnliche Anteile sind auch in den übergeordneten Gebietskörperschaften zu sehen, so beträgt der Wert im Regierungsbezirk Darmstadt 25 % und landesweit 29 %.Bezogen auf die Teilräume innerhalb des Kreises ist der Anteil im Teilraum 3 mit 30 %

42 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 am höchsten. Analog zur Stadt Seligenstadt ist dieser Anteil an den Fertigstellungen jedoch deutlich gerin- ger als der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäusern am gesamten Bestand von 2016.

Tabelle 6: Fertigstellungen für Gesamt sowie für Ein- und Zweifamilienhäuser für die Jahre 2014, 2015 und 2016 mit jährlichen Durchschnittswerten Fertigstellungen insg. Fertigstellungen EZFH Fertigstellungen Anteil EZFH an Fertigstellungen 2014 2015 2016 2014 2015 2016 Durchschnitt p.a. Durchschnitt p.a. 2014-2016 2014-2016 Dietzenbach, Kreisstadt 50 11 8 3 5 3 23 16% Dreieich 45 94 102 19 28 50 80 40% Egelsbach 6 41 10 4 11 7 19 39% Hainburg 33 36 50 25 16 11 40 44% Heusenstamm 65 35 71 21 29 20 57 41% Langen (Hessen) 122 256 172 15 27 10 183 9% Mainhausen 28 37 29 6 4 12 31 23% Mühlheim am Main 29 64 94 20 31 6 62 30% Neu-Isenburg 50 45 34 28 14 4 43 36% Obertshausen 95 106 27 4 24 5 76 14% Rodgau 83 126 82 30 14 31 97 26% Rödermark 38 92 50 16 27 32 60 42% Seligenstadt 116 209 62 30 39 20 129 23%

Landkreis Offenbach 760 1.152 791 221 269 211 901 26%

Darmstadt 613 838 785 123 52 55 745 10% Frankfurt am Main, St 4.418 4.325 4.273 369 166 201 4.339 6% Offenbach am Main, St 420 427 631 131 65 81 493 19% Hanau 213 170 202 161 50 43 195 43% LK Darmstadt-Dieburg 835 1.013 941 441 545 501 930 53% LK Groß - Gerau 857 837 1.121 344 269 252 938 31% Reg-Bez. Darmstadt 12.569 13.214 13.978 3.590 3.228 3.209 13.254 25% Hessen 17.179 17.792 20.021 5.474 5.068 5.475 18.331 29%

Teilraum 1 223 436 318 66 80 71 326 22% Teilraum 2 360 434 332 94 130 97 375 29% Teilraum 3 177 282 141 61 59 43 200 30% Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik, eigene Berechnungen

3.1.2 Entwicklung des Wohnungsbestandes nach der Wohnungsgröße Tabelle 7 zeigt, wie sich die Größenstruktur der Wohnungen zwischen 2000 und 2016 verändert hat. Die Wohnungsgröße wird nicht an der Wohnfläche sondern der Anzahl der Räume gemessen, wobei auch die Küche als Raum zählt. Hinsichtlich der Wohnungsgrößenstruktur ist zu beachten, dass seit 2011 auch die Wohnheimwohnungen, bei denen es sich häufig um Einraumwohnungen handelt, erfasst werden, was in den Vorjahren nicht der Fall war. Unterschieden werden in Tabelle 7 kleine Wohnungen (1-2 Räume), mit- telgroße Wohnungen (3-4 Räume) und größere Wohnungen (5 und mehr Räume). Bei der letzten Kategorie werden die Wohnungen mit 5 Räumen separat ausgewiesen, damit innerhalb der größeren Wohnungen nochmals differenziert werden kann. Betrachtet man die Wohnungsbestände im Jahr 2016, dann zeigen sich zwischen dem Landkreis Offenbach und dem Land Hessen nur bei mittelgroßen Wohnungen nennenswerte Abweichungen, so ist der Wert im Landkreis 5 Prozentpunkte höher als im Land. Verglichen mit den Großstädten aus den betrachteten Ver- gleichsregionen fällt der Anteil kleiner und mittelgroßer Wohnungen im Landkreis Offenbach geringer aus. Analog gibt es in den dargestellten Großstädten weniger größere Wohnungen. Aus Tabelle 5 war bereits ersichtlich, dass der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser, die in der Regel in die größte Größenklasse fallen, im Landkreis deutlich höher ist.

43 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabelle 7:Wohnungsbestände nach der Zahl der Räume (einschließlich Küche) 2000 und 2016 2000 2016 Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil 1-2 R 3-4 R 5 R 5+ R 1-2 R 3-4 R 5 R 5+ R Dietzenbach, Kreisstadt 10% 52% 20% 38% 15% 49% 17% 36% Dreieich 8% 52% 20% 40% 9% 51% 16% 40% Egelsbach 6% 45% 26% 49% 8% 42% 20% 50% Hainburg 4% 46% 25% 49% 7% 46% 21% 47% Heusenstamm 7% 46% 22% 47% 10% 46% 18% 44% Langen (Hessen) 9% 57% 20% 33% 12% 54% 18% 34% Mainhausen 4% 47% 22% 48% 6% 47% 21% 48% Mühlheim am Main 7% 58% 19% 35% 10% 56% 17% 35% Neu-Isenburg 12% 62% 15% 26% 18% 58% 13% 25% Obertshausen 8% 55% 20% 37% 11% 54% 17% 35% Rodgau 6% 44% 23% 50% 9% 44% 20% 47% Rödermark 5% 40% 23% 55% 8% 40% 21% 52% Seligenstadt 5% 46% 23% 50% 8% 46% 20% 46%

Landkreis Offenbach 8% 52% 21% 41% 11% 50% 18% 40%

Darmstadt 15% 56% 16% 29% 21% 51% 13% 27% Frankfurt am Main, St 15% 65% 13% 20% 23% 57% 11% 19% Offenbach am Main, St 11% 67% 14% 23% 17% 62% 11% 21% Hanau 8% 60% 18% 31% 15% 54% 14% 31% LK Darmstadt-Dieburg 6% 43% 22% 52% 8% 41% 20% 51% LK Groß - Gerau 8% 51% 20% 41% 11% 48% 18% 41% Reg-Bez. Darmstadt 9% 52% 19% 39% 13% 48% 16% 38% Hessen 8% 48% 20% 44% 12% 45% 17% 43%

Teilraum 1 9% 56% 19% 34% 12% 53% 16% 35% Teilraum 2 7% 49% 21% 44% 10% 48% 18% 42% Teilraum 3 4% 46% 24% 49% 7% 46% 20% 47% Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt: Hessische Gemeindestatistik, eigene Berechnungen

Innerhalb des Landkreises zeigen sich Unterschiede bei der Verteilung der Wohnungsbestände nach der Zahl der Räume zwischen den drei Teilräumen. Der im Vergleich zu den Vergleichsregionen bereits niedrige Anteil der kleinen Wohnungen ist im Teilraum 3 nochmals deutlich geringer (7 % im Jahr 2016), während die Teilräume 2 (10 %) und 1 (12 %) etwas höher ausfallen. Jedoch haben sich die Anteile seit dem Jahr 2000 leicht erhöht. Den jeweils größten Anteil weisen die mittelgroßen Wohnungen auf. Der höchste Anteil dieser Größenklasse innerhalb des Landkreises entfällt mit 53 % auf den Teilraum 1. Dieser zeigt im Ver- gleich zu den anderen beiden Teilräumen wiederum den geringsten Anteil an großen Wohnungen (35 %), während der Teilraum 3 (47 %) und der Teilraum 2 (42 %) höhere Werte aufweisen. Entsprechend höher fallen in diesen Teilräumen auch die Anteile der Ein- und Zweifamilienhäusern aus (vgl. Tabelle 5). Zwischen den Gemeinden innerhalb des Landkreises zeigen sich ebenfalls Unterschiede. So finden sich in den Städten Neu-Isenburg (18 %) und Dietzenbach (15 %) Anteile an kleinen Wohnungen, die etwa doppelt so hoch ausfallen, wie in Seligenstadt (8 %). Den geringsten Anteil an kleinen Wohnungen am Bestand ist in Mainhausen zu finden (6 %). Beide Letztgenannten zählen zum Teilraum 3, der wie oben schon ausgeführt, den höchsten Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern und somit folglich auch bei den großen Wohnungen aufweist. Wie bei kleinen Wohnungen entfällt der höchste Anteil an mittelgroßen Wohnungen auf Neu- Isenburg (58 %).

44 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

3.1.3 Anbieterstruktur von Mietwohnungen Regelmäßig aktualisierte und vollständige Übersichten über die Eigentümerstruktur des Wohnungsbestan- des werden nicht erhoben. Die folgenden Auswertungen beziehen sich daher auf die Ergebnisse des Zensus 2011. Angesichts der langfristigen Strukturkonstanz von Wohnungsmärkten ist davon auszugehen, dass die Aussagen auch heute noch überwiegend zutreffen. Tabelle 8 gibt einen Überblick über die Eigentümer der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen in den Gemeinden, Städten und Teilräumen des Landkreises Offenbach sowie den Vergleichsregionen.

Tabelle 8: Eigentümer der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen (Zensus 2011)

h-

n ohne Erwerb s- Insgesamt Unternehmen Bund oder Land Privateigentümer Kirche) (z.B. zweck nungsunternehmen Wohnungsunternehmen Wohnungsgenossenschaft Privatwirtschaftliches Wo Organisatio Kommune oder kommunales kommunales oder Kommune Anderes privatwirtschaftlichesAnderes Dietzenbach, Kreisstadt 7.588 86% 4% 4% 2% 5% 1% 0% Dreieich 10.952 74% 1% 2% 3% 1% 18% 2% Egelsbach 2.061 87% 8% 1% 0% 1% 4% 0% Hainburg 3.072 77% 20% 0% 1% 1% 0% 0% Heusenstamm 4.222 86% 0% 2% 5% 5% 1% 0% Langen (Hessen) 10.639 64% 16% 1% 3% 2% 13% 1% Mainhausen 1.741 98% 0% 0% 1% 1% 0% 0% Mühlheim am Main 7.562 79% 0% 18% 2% 1% 0% 0% Neu-Isenburg 13.040 65% 0% 23% 6% 1% 4% 0% Obertshausen 6.567 86% 0% 6% 5% 0% 2% 0% Rodgau 9.790 95% 0% 2% 2% 1% 0% 0% Rödermark 5.397 92% 1% 3% 1% 2% 1% 0% Seligenstadt 4.643 83% 0% 5% 0% 2% 10% 0%

LK Offenbach 87.274 79% 3% 7% 3% 2% 5% 1%

Darmstadt, Wissenschafts- 50.869 62% 2% 23% 6% 1% 4% 2% stadt Frankfurt am Main 294.954 55% 5% 18% 9% 3% 7% 3% Offenbach am Main 45.395 63% 6% 13% 6% 4% 6% 1% Hanau 27.985 66% 3% 17% 5% 1% 6% 1% LK Darmstadt-Dieburg 58.097 87% 2% 5% 1% 1% 2% 1% LK Groß-Gerau 62.746 68% 9% 14% 2% 3% 3% 0%

Hessen 1.583.175 73% 5% 10% 4% 2% 4% 1%

Teilraum 1 36.692 68% 6% 9% 4% 1% 11% 1% Teilraum 2 41.126 88% 1% 6% 3% 2% 1% 0% Teilraum 3 9.456 84% 7% 2% 0% 1% 5% 0% Quelle: Zensusdatenbank, eigene Berechnungen

Zu ersten Gruppe zählen Wohnungen, die nicht vom Eigentümer der Wohnung bewohnt sind, unabhängig davon, ob für die Wohnung Miete gezahlt wird oder diese mietfrei überlassen ist. Als „leer stehend“ zählt eine Wohnung, wenn sie am Stichtag 9. Mai 2011 weder zu Wohnzwecken vermietet (auch mietfrei) ist, noch vom Eigentümer selbstgenutzt wird und auch keine Ferien- und Freizeitwohnung ist. Wenn die Woh-

45 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 nung wegen Umbau/Modernisierung – bei Weiterbestehen des Mietverhältnisses – vorübergehend nicht genutzt werden kann, gilt diese Wohnung nicht als leerstehend. Diese Gruppe von Wohnungen kann somit grundsätzlich genutzt werden. Eine anteilige Zuordnung der leerstehenden Wohnungen zu den übrigen Kategorien wurde nicht vorgenommen, da eine derartige Angabe für eine zur Selbstnutzung vorgesehene Wohnung unplausibel wäre. Zum Stichtag leerstehende Wohnungen wurden deshalb dem zur Vermietung dienenden Wohnungsbestand in Tabelle 8 zugeordnet. Unter den Anbietern der 1.583.175 Wohnungen, die zum Stichtag insgesamt in Hessen zur Vermietung dienten, stellten die Privateigentümer die landesweit größte Anbietergruppe. In ihrem Eigentum standen 73 % der Mietwohnungen. Auf die Kommunen oder die kommunalen Wohnungsunternehmen als zweit- größte Gruppe entfielen lediglich zehn Prozent der Mietwohnungen, gefolgt von den Genossenschaften (5 %). Auf privatwirtschaftliche Wohnungsunternehmen entfielen 6 %. Auf Bundes- oder Landesunterneh- men entfielen 4 % der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen in Hessen, auf Organisationen ohne Er- werbszweck wie beispielsweise Kirchen, 1 %. Die Verteilung im Landkreis Offenbach weicht nur geringfügig von den landesweiten Werten ab. So gehören von den etwa 87.000 der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen 79 % Privateigentümern, somit sechs Prozentpunkte mehr als im Land. Entsprechend geringer sind die Anteile der Wohnungsgenossenschaften, auf die lediglich 3 % entfallen. Auch der Anteil in der Kategorie „Kommune oder kommunales Wohnungsun- ternehmen“ fällt mit 7 % etwa 3 Prozentpunkte geringer aus als im Land. In Relation zu den Vergleichsregionen fällt der Anteil der Privateigentümer im Landkreis Offenbach hoch aus. Lediglich im Landkreis Darmstadt-Dieburg ist der Anteil mit 87 % deutlich höher. Insbesondere in den Städten der Vergleichsregionen fällt der Anteil deutlich geringer aus. Der geringste Anteil findet sich in Frankfurt (55 %), gefolgt von Darmstadt (62 %) und der Stadt Offenbach (63 %). Entsprechend höher sind dort die Anteile der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen, die insbesondere im Besitz der Kommunen oder der kommunalen Wohnungsunternehmen sind. Diese Anteile liegen in allen dargestellten Vergleichs- städten im zweistelligen Prozentbereich. Der Anteil der Privateigentümer streut innerhalb des Landkreises Offenbach zwischen den Gemeinden und Städten. So gibt es Gemeinden wie beispielsweise Mainhausen, in denen fast der komplette Bestand an Mietwohnungen Privateigentümern gehört. Das andere Ende der Spanne bildet die Stadt Langen mit einem Anteil von lediglich 64 %. Dort sind entsprechend die anderen Kategorien höher besetzt. So spielen Woh- nungsgenossenschaften in der Gemeinde Hainburg (20 %) und eben in Langen (16 %) eine überproportiona- le Rolle im Vergleich zu den übrigen Städten und Gemeinden des Kreises. Auf die Kommunen oder kommu- nale Wohnungsunternehmen entfallen in Mühlheim (18 %) und Neu-Isenburg (23 %) auffallend hohe Antei- le. Der Bund besitzt nennenswerte Anteile in Dreieich (18 %), Langen (13 %) und in Seligenstadt (10 %). Auch zwischen den Teilräumen zeigen sich Unterschiede bei der Eigentümerstruktur der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen. So ist der Anteil der Privateigentümer im Teilraum 2 mit 88 % am höchsten, ge- folgt vom Anteil im Teilraum 3 mit 84 %. Im Teilraum 1 entfällt mit 68 % ein deutlich niedrigerer Anteil auf die Privateigentümer. Dies geht unter anderem auf den geringen Anteil in der Stadt Langen zurück, wo Wohnungsgenossenschaften sowie der Bund und das Land vergleichsweise hohe Bestände besitzen. Gera- de in diesen beiden Kategorien sind die Anteile in den Teilräumen 1 und 3 höher als im Teilraum 2. Kom- munen oder kommunale Wohnungsunternehmen als Eigentümer sind dagegen im Teilraum 3 nur in gerin- gem Maße vertreten, in den anderen beiden Teilräumen dagegen liegen die Anteile zwischen 5 und 10 %.

3.1.4 Selbstgenutzter Wohnraum Die Frage ob Menschen zur Miete oder im Eigentum wohnen möchten, hängt von vielfältigen Faktoren und regionalen Gegebenheiten ab. Tabelle 9 zeigt auf Basis des Zensus 2011 den Anteil selbstgenutzter Woh- nungen ohne Leerstand und Ferienwohnungen am gesamten Bestand in den Gemeinden, Städten und Teil- räumen des Landkreises Offenbach sowie den Vergleichsregionen. Im Landesdurchschnitt waren 47 % der Wohnungen von Selbstnutzern bewohnt. 76 % der Ein- und Zweifamilienhäuser wurden durch den Eigen-

46 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 tümer selbstgenutzt. Bei größeren Gebäuden mit 3 und mehr Wohnungen betrug der Selbstnutzeranteil nur 20 %. Verglichen mit dem landesweiten Durchschnitt, fällt der Anteil an selbstgenutzten Wohnungen am Woh- nungsbestand mit 26 % im Landkreis Offenbach lediglich in der Kategorie „3 und mehr Wohnungen“ spür- bar höher aus als die 20 % im hessischen Aggregat. Zwischen den Teilräumen weichen die Quoten jedoch deutlicher voneinander ab. Insgesamt werden im Teilraum 3 55 % aller Wohnungen vom Eigentümer selbstgenutzt. Im Teilraum 2 entfallen dagegen lediglich 49 % und somit sechs Prozentpunkte weniger auf Selbstnutzer. Im Teilraum 1 ist der Anteil nochmals geringer. Mit einem Selbstnutzeranteil von 41 % wird deutlich weniger als jede zweite Wohnung vom Eigentümer selbstgenutzt. Während die Anteile in den Teil- räumen bei Ein- und Zweifamilienhäusern vergleichbare Werte zwischen 73 % und 75 % aufweisen, weicht bei Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen der Anteil im Teilraum 1 mit nur 22 % im Vergleich zu den anderen beiden Teilräumen deutlich nach unten ab.

Tabelle 9: Anteil selbstgenutzter Wohnungen (ohne Leerstand und Ferienwohnungen; Zensus 2011) Anteil selbstgenutzter Wohnungen am Wohnungsbe- stand 2011 (ohne Leerstand und Ferienwohnungen) Alle 1 bis 2 3 und mehr Gebäudegrößen Wohnungen Wohnungen Dietzenbach, Kreisstadt 47% 75% 31% Dreieich 46% 73% 24% Egelsbach 59% 77% 33% Hainburg 55% 77% 25% Heusenstamm 54% 76% 34% Langen (Hessen) 39% 74% 22% Mainhausen 60% 75% 34% Mühlheim am Main 44% 72% 24% Neu-Isenburg 32% 70% 21% Obertshausen 43% 73% 26% Rodgau 52% 74% 30% Rödermark 57% 74% 31% Seligenstadt 53% 74% 25%

LK Offenbach 47% 74% 26%

Darmstadt, Wissenschaftsstadt 33% 72% 20% Frankfurt am Main 20% 65% 13% Offenbach am Main 23% 71% 14% Hanau 37% 73% 19% Darmstadt-Dieburg 57% 76% 27% Groß-Gerau 48% 76% 22% Hessen 47% 76% 20%

Teilraum 1 41% 73% 22% Teilraum 2 49% 74% 29% Teilraum 3 55% 75% 27% Quelle: Zensusdatenbank, eigene Berechnungen

Bei den Vergleichsregionen teilt sich das Bild in die Großstädte und die Landkreise. Während Darmstadt, Frankfurt, Hanau und Offenbach deutlich unter 40 %, teilweise sogar unter 30 % aufweisen, sind die Anteile im Landkreis Darmstadt-Dieburg (57 %) höher als im Landkreis Offenbach und im Landkreis Groß-Gerau mit 48 % in etwa vergleichbar. Innerhalb des Landkreises zeigt sich bei den Gemeinden und Städten eine breite Spanne der Anteile an selbstgenutzten Wohnungen. Der niedrigste Selbstnutzeranteil findet sich in Neu- Isenburg mit 32 %. Der höchste Wert und damit das obere Ende der Spanne ist in der Gemeinde Mainhau- sen mit 60 % verzeichnet. Diese Streuung ist im Wesentlichen auf die Gebäude mit drei oder mehr Woh- nungen zurückzuführen. Sie reicht von 21 % in Neu-Isenburg bis zu 34 % in der Stadt Heusenstamm. Bei den

47 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Ein- und Zweifamilienhäusern variieren die Anteile lediglich um sieben Prozentpunkte im Bereich zwischen 70 % in Neu-Isenburg und 77 % in den Gemeinden Egelsbach und Hainburg.

3.1.5 Altersstruktur der Wohngebäude Hinsichtlich der Altersstruktur der Wohngebäude zeigen sich sichtbare Unterschiede zwischen den drei Teilräumen. Da sich die absoluten Fallzahlen zwischen den Teilräumen stark unterscheiden, wurde zur bes- seren Vergleichbarkeit der jeweilige Anteil einer Altersklasse am gesamten Bestand an Wohngebäuden des Teilraums gebildet. Abbildung 24 gibt einen Überblick über die Ergebnisse. Die höchsten Anteile finden sich in der Baualtersklasse der Jahre zwischen 1960 und 1969. So wurden 21 % des Wohngebäudebestands im Teilraum 2, 23 % im Teilraum 1 und 17 % im Teilraum 3 in dieser Periode gebaut. Somit wurde beispielswei- se etwa ein Viertel des Bestands an Wohngebäuden im Teilraum 1 zwischen 1960 und 1969 gebaut.

Abbildung 24: Altersstruktur der Wohngebäude in den Teilräumen des Landkreises Offenbach (Zensus 2011) 25%

20%

15%

10%

5%

0% Vor 1919 - 1950 - 1960 - 1970 - 1980 - 1990 - 2000 - 2006 1919 1949 1959 1969 1979 1989 1999 2005 und später

TR 1 TR 2 TR 3

Quelle: Zensusdatenbank, eigene Berechnungen

Es zeichnen sich jedoch auch unterschiedliche Dynamiken in der Verteilung ab. So sind die Anteile der Wohngebäude am Bestand, die in der Zeit vor 1960 gebaut wurden im Teilraum 1 höher als die entspre- chenden Anteile in den anderen beiden Teilräumen. Seit 1990 weist der Teilraum 3 höhere Anteile an ge- bauten Wohngebäuden auf als die anderen beiden Teilräume. Tabelle 10 gibt einen Überblick über die Al- tersstruktur der Wohngebäude für die einzelnen Gemeinden, Städte und Teilräume im Landkreis Offen- bach. Die Altersverteilung deckt sich mit den aggregierten Teilräumen. Der größte Bestand an Wohngebäu- den findet sich zum Zensusstichtag in der Stadt Rodgau mit etwa 9.400 Wohngebäuden, von denen der höchste Anteil zwischen 1960 und 1969 gebaut wurde.

48 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabelle 10: Baujahre der Wohngebäude in den Gemeinden, Städten und Teilräumen im Landkreis Offenbach (Zensus 2011) Insgesamt Vor 1919 - 1950 - 1960 - 1970 - 1980 - 1990 - 2000 - ab 1919 1949 1959 1969 1979 1989 1999 2005 2006 Dietzenbach, Kreisstadt 5.058 182 221 319 992 1.435 895 657 285 72 Dreieich 8.878 931 906 1.392 2.020 1.410 776 764 457 222 Egelsbach 2.624 274 177 276 491 385 409 119 107 386 Hainburg 3.395 343 280 426 562 831 412 361 131 49 Heusenstamm 4.104 256 215 286 1.254 947 681 252 126 87 Langen (Hessen) 6.194 769 543 802 1.680 549 733 665 299 154 Mainhausen 2.249 156 167 276 418 318 255 278 280 101 Mühlheim am Main 5.353 729 664 662 1.026 704 556 580 269 163 Neu-Isenburg 5.121 531 929 857 1.105 638 399 379 183 100 Obertshausen 4.213 260 312 570 912 838 706 409 163 43 Rodgau 9.404 525 692 948 2.117 1.757 1.607 1.091 481 186 Rödermark 6.636 245 392 668 1.153 1.692 1.148 787 401 150 Seligenstadt 4.850 493 351 670 806 661 630 567 402 270

Offenbach (Landkreis) 68.079 5.694 5.849 8.152 14.536 12.165 9.207 6.909 3.584 1.983

Teilraum 1 22.817 2.505 2.555 3.327 5.296 2.982 2.317 1.927 1.046 862 Teilraum 2 34.768 2.197 2.496 3.453 7.454 7.373 5.593 3.776 1.725 701 Teilraum 3 10.494 992 798 1.372 1.786 1.810 1.297 1.206 813 420 Quelle: Zensusdatenbank, eigene Berechnungen

3.2 Kennzahlen der Wohnungsversorgungssituation 3.2.1 Wohnungsversorgungsquoten und Leerstände Für die Beurteilung der Wohnungsversorgung gibt es unterschiedliche Indikatoren. Ein grundlegender Indi- kator ist die Wohnungsversorgungsquote, die das Verhältnis von Wohnungen und Haushalten angibt. Da ein Teil der Wohnungen infolge von Umzügen, Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen zeitwei- se leer stehen muss, kann ein Wohnungsmarkt nur dann funktionieren, wenn die Zahl der Wohnungen die Zahl der Wohnhaushalte übersteigt. Das Verhältnis von Wohnungen zu Wohnhaushalten wird Wohnungs- versorgungsquote genannt. Sie zeigt, wie viele Wohnungen 100 Haushalten gegenüberstehen. Bei einer Wohnungsversorgungsquote von 102 stehen 100 Haushalten 102 Wohnungen zur Verfügung. Die Verfüg- barkeitsreserve oder Fluktuationsreserve beläuft sich in diesem Fall auf ca. 2 % der Wohnungen. Obwohl die Quoten in viele Prognosen eingehen, liegt eine wissenschaftliche Bestimmung der anzustrebenden Werte bisher nicht vor. Anhand der vorliegenden Literatur haben Rink und Wolff (2015) folgende Kategori- sierung entwickelt, in der die Höhe der Fluktuationsreserve in Relation zur Wohnungsknappheit gesetzt wird: • unter 2 %: sehr niedriger Leerstand. 2 % Leerstand wird in allen Publikationen als unterste Grenze zur Wohnungsnot angegeben. Diese Quote kann als „notwendige Fluktuationsreserve“ bezeichnet werden. • 2 bis 3 %: niedriger Leerstand. 3 % Leerstand kann als Schwellenwert zu einem angespannten Markt angesehen werden. • 3 bis 5 %: angemessener Leerstand. Diese Quote wird vielfach als „normale Fluktuationsreserve“ oder „natürliche Leerstandsquote“ bezeichnet und indiziert einen normal funktionierenden Wohnungsmarkt. • 5 bis 7 %: moderater Leerstand. Bei dieser Quote ist die Marktgängigkeit der Wohnungen nicht mehr vollständig gewährleistet.

49 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

• 7 bis 10 %: hoher Leerstand. Die Marktgängigkeit der Wohnungen ist nur mit Einschränkungen gegeben. Aus immobilienökonomischer Sicht ist der Markt als problematisch anzusehen. • 10 bis 15 %: sehr hoher Leerstand. Die Marktgängigkeit der Wohnungen ist nicht mehr gegeben. Es kön- nen sich städtebauliche und siedlungsstrukturelle Probleme ergeben. • Über 15 %: extremer Leerstand.

Tabelle 11: Wohnversorgungsquoten und Leerstandsquoten 2011 Wohnversorgungs- Leerstand inklusive Gemeindename quote (Wohnhaus- Fluktuationsleerstand Leerstand nach halte nach aus der Wohnversor- Zensus 2011 Zensus 2011) gungsquote Dietzenbach, Kreisstadt 106% 6% 3% Dreieich 106% 6% 3% Egelsbach 104% 4% 3% Hainburg 106% 6% 3% Heusenstamm 105% 5% 3% Langen (Hessen) 104% 4% 2% Mainhausen 107% 7% 4% Mühlheim am Main 105% 5% 3% Neu-Isenburg 105% 5% 3% Obertshausen 104% 4% 3% Rodgau 104% 4% 3% Rödermark 104% 4% 3% Seligenstadt 105% 5% 3%

Teilraum 1 105% 5% 3% Teilraum 2 105% 5% 3% Teilraum 3 106% 6% 3%

Landkreis Offenbach 105% 5% 3%

Darmstadt 104% 4% 3% Frankfurt am Main 103% 3% 3% Offenbach am Main 105% 5% 3% Hanau 108% 8% 5% Landkreis Darmstadt-Dieburg 107% 7% 4% Landkreis Groß-Gerau 105% 5% 3% Reg-Bez. Darmstadt 105% 5% 3% Hessen 106% 6% 4% Quelle: Zensusdatenbank, eigene Berechnungen

Die Fluktuationsreserve bezieht sich jedoch grundsätzlich nur auf nutzbare oder in angemessener Zeit (z.B. durch Modernisierungsmaßnahmen) nutzbar zu machende Wohnungen. Sie ist unabhängig vom momenta- nen vertraglichen Nutzungsstatus. In der Regel werden Wohnungsmietverträge lückenlos abgeschlossen, wenn der Markt dies zulässt, da bei mindestens dreimonatigen Kündigungsfristen eine Weitervermietung während der Restlaufzeit des Mietverhältnisses vorgenommen werden kann. Für eine solche Wohnung besteht daher immer der vertragliche Status „vermietet“, auch wenn sie während des Mieterwechsels un- ter die Fluktuationsreserve fällt. Die Definition des Zensus 2011 für den Nutzungsstatus „leer stehend“ lau- tet jedoch „Wenn die Wohnung am Stichtag 9. Mai 2011 weder zu Wohnzwecken vermietet (auch mietfrei) ist, noch vom Eigentümer selbstgenutzt wird und auch keine Ferien- und Freizeitwohnung ist. Wenn die Wohnung wegen Umbau/Modernisierung – bei Weiterbestehen des Mietverhältnisses – vorübergehend nicht genutzt werden kann, gilt diese Wohnung nicht als „leer stehend“. Die Wohnversorgungsquoten der einzelnen Teilräume weichen nur minimal voneinander ab. In Relation zu den Vergleichsregionen findet sich der Landkreis Offenbach mit 105 % etwa in der Mitte der Spanne der Werte. Diese reicht von 103 % in Frankfurt bis 108 % in Hanau. Somit zeigten sich in Frankfurt bereits 2011

50 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Anzeichen für Anspannungen am Wohnungsmarkt. Für die Gemeinden, Städte und Teilräume des Landkrei- ses Offenbach und die Vergleichsregionen zeigen sich auf Basis der Definition von Leerstand des Zensus kaum Unterschiede. Außer den 2 % in Langen und den 5 % in Hanau, weisen alle anderen Orte einen Wert von 3 % oder 4 % auf.

Abbildung 25: Wohnversorgungsquoten 2011 in den Gemeinden des Landkreises Offenbach

Quelle: Eigene Darstellung

Eine Fortschreibung der Wohnversorgungsquoten auf die Folgejahre ist nicht direkt möglich, da Haushalts- zahlen und Leerstände nach der Definition des Zensus 2011 nicht regelmäßig erhoben werden. Eine Ermitt- lung der Wohnversorgungsquote kann jedoch ersatzweise anhand von Schätzwerten erfolgen. Die amtliche Statistik stellt Haushaltszahlen über zwei Quellen zur Verfügung: den Zensus und den Mikrozensus. Der Zensus ist eine Vollerhebung, die wegen ihres hohen Aufwandes nur in größeren Abständen durchgeführt wird, wobei die letzten beiden Erhebungen 1987 und 2011 stattfanden und die nächste für 2021 geplant ist. Der Mikrozensus ist nur eine Stichprobenerhebung, die jährlich durchgeführt wird und bei der 1 % der Haushalte zu ihren Lebensbedingungen befragt werden. Da über den Zensus alle Haushalte erfasst werden, kann er Daten zur Anzahl und Struktur der Haushalte auf Gemeindeebene zur Verfügung stellen, allerdings nur für die Erhebungsjahre. Der Mikrozensus stellt Haushaltszahlen zwar jährlich bereit, aufgrund des Stichprobencharakters aber nur für größere Gebietskörperschaften. In Hessen sind das die drei Regierungs- bezirke, neun sogenannte Anpassungsregionen7 und vier Gemeindegrößenklassen8. Für kleine Städte und

7 Region 1: Hochtaunuskreis, Main-Taunus-Kreis, Rheingau-Taunus-Kreis, Region 2: Wetteraukreis, Main-Kinzig-Kreis, Region 3: Frankfurt am Main, Region 4: Landkreis Darmstadt-Dieburg, Landkreis Bergstraße, Odenwaldkreis, Region 5: Offenbach am Main, Darmstadt, Wiesbaden, Region 6: Landkreise Groß-Gerau und Offenbach, Region 7: Regierungsbezirk Gießen, Region 8:

51 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Gemeinden ist die Stichprobe des Mikrozensus nicht groß genug. Die Zahl und Struktur der Haushalte auf Ebene der Landkreise und ihrer Teilbereiche im Zeitraum zwischen zwei Zensuserhebungen muss deshalb geschätzt werden. Bei der Schätzung ist zu berücksichtigen, dass die Haushalte im Zensus 2011 und im Mikrozensus unter- schiedlich definiert werden. Der Zensus 2011 weist Wohnhaushalte aus, der Mikrozensus Wirtschaftshaus- halte. Dem Wohnhaushalt liegt das Konzept des gemeinsamen Wohnens zugrunde, dementsprechend alle Personen, die gemeinsam in einer Wohnung leben, als Mitglieder desselben Haushalts gelten9. Mehrere Haushalte in einer Wohnung kann es dieser Definition zufolge nicht geben, ebenso wenig kann ein Haushalt ohne eigene Wohnung bestehen. Einen Wirtschaftshaushalt bilden Personen, wenn sie sowohl gemeinsam wohnen als auch gemeinsam wirtschaften. Wer allein wirtschaftet, bildet einen eigenen Haushalt und zwar auch dann, wenn er mit anderen Personen eine gemeinsame Wohnung bewohnt10. In einer Wohnung kön- nen demzufolge auch mehrere Wirtschaftshaushalte leben. Aufgrund der unterschiedlichen Definitionen gibt es mehr Wirtschafts- als Wohnhaushalte.

Tabelle 12: Wohnversorgungsquoten 2011 und 2015 in den Teilräumen des Landkreises Offenbach Wohnversorgungsquote Wohnversorgungsquote Wohnversorgungsquote Wirtschaftshaushalte Bedarfshaushalte Wohnhaushalte 2011 2015 2011 2015 2011 Teilraum 1 98% 95% 101% 97% 104,9% Teilraum 2 98% 95% 100% 97% 104,7% Teilraum 3 100% 98% 102% 100% 105,7%

Landkreis Offenbach 99% 95% 101% 97% 105 % Quelle: eigene Berechnungen

Für die Schätzung des Wohnungsbedarfs sind beide Haushaltsbegriffe nur bedingt geeignet. Geht man von den Wohnhaushalten aus, wird vernachlässigt, dass ein Teil der Wirtschaftshaushalte nur deshalb mit ande- ren Wirtschaftshaushalten zusammenlebt, weil sie bisher noch keine eigene Wohnung gefunden haben. Über die Wohnhaushalte wird der Wohnungsbedarf somit unterschätzt. Macht man die Wirtschaftshaus- halte zur Grundlage, ist zu berücksichtigen, dass es auch Wirtschaftshaushalte gibt, die das Zusammenleben mit anderen präferieren und gar keine eigene Wohnung suchen, so dass die Zahl der erforderlichen Woh- nungen anhand der Wirtschaftshaushalte überschätzt würde. Als Mittelweg wurde daher vom IWU im Rahmen der Prognose des Wohnungsbedarfs für die hessischen Landkreise und kreisfreien Städte (Kirchner und Rodenfels 2017) der Begriff des bedarfsrelevanten Haushalts eingeführt. Als bedarfsrelevant wurden dabei Haushalte definiert, die auf einem gleichgewichtigen Markt eine eigene Wohnung nachfragen würden. Bei der Beurteilung der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Ergebnis- se auf einer Schätzung der Haushaltszahlen beruhen, die mit Unsicherheiten behaftet ist, da wie oben be- schrieben, der Mikrozensus keine individuellen Auswertungen für einzelne Gemeinden zulässt. Lokale Be- sonderheiten der demografischen Struktur lassen sich daher nicht hinreichend berücksichtigen. Generell ist

kreisfreie Stadt Kassel, Landkreis Kassel, Landkreis Waldeck-Frankenberg, Region 9: Landkreis Fulda, Landkreis Hersfeld- Rotenburg, Schwalm-Eder-Kreis, Werra-Meißner-Kreis. 8 Bis zu 20.000 Einwohner, 20.000 bis unter 100.000 Einwohner, 100.000 bis unter 500.000 Einwohner und 500.000 und mehr Ein- wohner. 9 Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Zensus 2011 - Bevölkerung & Haushalte. Übersicht über Merkmale und Merkmals- ausprägungen, Definitionen, Stand 28.5.2014, S. 33. 10 Mikrozensusgesetz 2005: § 2 Abs. 2.

52 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 die Unsicherheit der Ergebnisse umso größer, je kleiner die betrachtete Gemeinde ist11. Aus diesem Grund wurde für die Fortschreibung der Wohnversorgungsquoten von 2011 auf das Jahr 2015 auf eine gemein- deweise Darstellung verzichtet und auf die im Abschnitt 1.2 vorgestellte Teilraumgliederung für den Land- kreis Offenbach zurückgegriffen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 12 sowie in Abbildung 25 und Abbildung 26 dargestellt. Dabei wird zunächst der vorbeschriebene Unterschied zwischen den verschiedenen Haushaltsbegriffen deutlich: Während im Jahr 2011 im Mittel des Landkreises Offenbach auf 100 Wohnhaushalte 105 Wohnungen entfielen, betrug das rechnerische Verhältnis nur etwa 100 Wirtschaftshaushalte zu 99 Wohnungen (Abbildung 26). Das be- deutet, dass der Wohnungsmarkt im Landkreis Offenbach den Bedarf nicht decken kann, wenn alle Wirt- schaftshaushalte eine eigene Wohnung nachfragen würden. Da allerdings ein bestimmter Anteil freiwilliger Zusammenschlüsse zu Wohnhaushalten unterstellt wird, ergibt sich bei den bedarfsrelevanten Haushalten ein Verhältnis von 100 bedarfsrelevanten Haushalten auf etwa 101 Wohnungen. Von den drei Teilräumen sind die Wohnversorgungsquoten für alle drei Definitionen der Haushalte im Teilraum 3 am höchsten, wäh- rend im Teilraum 2 die geringsten Werte verzeichnet sind.

Abbildung 26: Wohnversorgungsquoten für verschiedene Haushaltsdefinitionen in den Teilräumen den Landkreises Offenbach 2011

108% 106% 104% 102% 100% 98% 96% 94% TR 1 TR 2 TR 3 LK Offenbach

Wohnversorgungsquote Wirtschaftshaushalte 2011 Wohnversorgungsquote Bedarfshaushalte 2011 Wohnversorgungsquote Wohnhaushalte 2011

Quelle: eigene Berechnungen

Abbildung 27 zeigt die Wohnversorgungsquote der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen für die Jahre 2011 und 2015. Sowohl im Landkreis im Aggregat, als auch in den ein- zelnen Teilräumen hat sich die Versorgungssituation zwischen 2011 und 2015 verschlechtert. Betrug das Verhältnis zwischen bedarfsrelevanten Haushalten zu Wohnungen noch etwa 101 zu 100, reduziert sich die Wohnversorgungsquote bis 2015 auf etwa 97 %. Somit fehlt auf Basis der Definition des bedarfsrelevanten Haushalts nicht nur eine Fluktuationsreserve, sondern die Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte über- steigt die Anzahl der Wohnungen. Entsprechend haben sich die drei Teilräume entwickelt, wobei das Ver-

11 Das liegt zum einen an den nach Altersklassen differenzierten Haushaltsvorstandsquoten, die in kleinen Gemeinden zu Unstetig- keiten führen können. Das ist beispielsweise der Fall, wenn im Betrachtungszeitraum viele Personen die Altersklasse wechseln und sich dadurch die Gewichte der einzelnen Altersklassen verschieben.

53 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 hältnis 2015 im Teilraum 3 am günstigsten ausfällt. So entspricht das Verhältnis in etwa 100 Haushalten auf 100 Wohnungen. Somit hat sich über den dargestellten Zeitraum das Stadium eines angespannten Woh- nungsmarktes nachhaltig verfestigt.

Abbildung 27: Wohnversorgungsquote der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen für die Jahre 2011 und 2015

4%

3%

3%

2%

2%

1%

1%

0% TR 1 TR 2 TR 3 LK Offenbach

Leerstand aus Wohnversorgungsquote Leerstand nach Zensus 2011

Quelle: eigene Berechnungen

3.2.2 Wohnungsversorgung nach der Anzahl der Räume Die Wohnungsversorgungsquote zeigt, ob die Anzahl der Wohnungen für die zu versorgenden Haushalte in einem Wohnungsmarkt ausreicht, sagt aber nichts darüber aus, ob die Haushalte im Einzelfall größenmäßig angemessen untergebracht sind. Eine übliche Norm für die Angemessenheit geht davon aus, dass jedem Haushaltsmitglied neben der gemeinsamen Küche ein Wohnraum zur Verfügung stehen sollte. Für einen Zweipersonenhaushalt wäre demnach eine Wohnung mit zwei Wohnräumen und einer Küche angemessen. Auch die raummäßige Versorgung ist als Indikator nicht unproblematisch. Einzimmerapartments mit einer Kochgelegenheit für Alleinstehende sind dabei immer unangemessen. Das Gleiche gilt für Loftwohnungen, für Wohnungen, bei denen die Küche in einen Wohnraum integriert ist oder für Einzimmerwohnungen, denen eine gemeinsame Küche zur Verfügung steht. Bei Haushalten mit Kindern wird auch die Auffassung vertreten, dass sich zumindest kleinere Kinder ein Zimmer teilen können. Trotzdem ist der Indikator besser geeignet als die Wohnfläche, da diese für typgleiche Wohnungen hohen Schwankungen unterliegt. Die raummäßige Wohnungsversorgung kann auf Ebene der Gemeinden und Landkreise allerdings nur auf Basis des Zensus 2011 ermittelt werden.

54 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabelle 13: Verteilung von Wohnhaushalten auf Wohnungen unterschiedlicher Größe im Teilraum 1 Haushalte mit … Personen Insgesamt 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5+ Personen 1 Raum 1.969 1.544 261 102 37 25 2 Räume 4.973 3.747 908 198 69 51 3 Räume 13.944 7.826 4.128 1.202 534 254 4 Räume 16.810 5.719 6.367 2.714 1.458 552 5 Räume 9.358 2.080 3.403 1.805 1.421 649 6 Räume und mehr 10.908 1.701 3.749 2.173 2.283 1.002 Insgesamt 57.962 22.617 18.816 8.194 5.802 2.533 Quelle: Zensus 2011, Sonderauswertung durch das Statistische Bundesamt

Tabelle 14: Verteilung von Wohnhaushalten auf Wohnungen unterschiedlicher Größe im Teilraum 2 Haushalte mit … Personen Insgesamt 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5+ Personen 1 Raum 1.661 1.315 217 75 34 20 2 Räume 5.697 3.732 1.322 337 175 131 3 Räume 15.548 7.738 4.961 1.580 799 470 4 Räume 20.596 6.378 8.004 3.309 1.917 988 5 Räume 14.006 2.699 5.493 2.693 2.103 1.018 6 Räume und mehr 17.905 2.716 6.459 3.745 3.431 1.554 Insgesamt 75.413 24.578 26.456 11.739 8.459 4.181 Quelle: Zensus 2011, Sonderauswertung durch das Statistische Bundesamt

Tabelle 15: Verteilung von Wohnhaushalten auf Wohnungen unterschiedlicher Größe im Teilraum 3 Haushalte mit … Personen Insgesamt 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5+ Personen 1 Raum 293 243 37 9 4 0 2 Räume 859 713 234 26 18 9 3 Räume 3.416 1.780 1.146 330 127 33 4 Räume 5.357 1.724 2.093 935 426 179 5 Räume 3.936 810 1.509 779 631 207 6 Räume und mehr 5.116 788 1.579 1.092 1.209 448 Insgesamt 19.118 6.058 6.598 3.171 2.415 876 Quelle: Zensus 2011, Sonderauswertung durch das Statistische Bundesamt

Tabelle 16: Verteilung von Wohnhaushalten auf Wohnungen unterschiedlicher Größe im Landkreis Of- fenbach 2011 Haushalte mit … Personen Insgesamt 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5+ Personen 1 Raum 3.923 3.102 515 186 75 45 2 Räume 11.529 8.192 2.464 561 262 191 3 Räume 32.908 17.344 10.235 3.112 1.460 757 4 Räume 42.763 13.821 16.464 6.958 3.801 1.719 5 Räume 27.300 5.589 10.405 5.277 4.155 1.874 6 Räume und mehr 33.929 5.205 11.787 7.010 6.923 3.004 Insgesamt 152.493 53.253 51.870 23.104 16.676 7.590 Quelle: Zensus 2011, Sonderauswertung durch das Statistische Bundesamt

55 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Ausgangspunkt für die Ermittlung der raummäßigen Versorgung sind Belegungsmatrizen. Diese beschrei- ben, wie sich die Wohnhaushalte mit unterschiedlicher Mitgliederzahl auf die Wohnungen mit unterschied- licher Raumzahl verteilen. Tabelle 13 bis Tabelle 16 zeigen die Belegungsmatrizen für die Teilräume und den Landkreis Offenbach jeweils für das Zensusjahr. Aus Platzgründen ist es nicht möglich, die Belegungs- matrizen für alle Gemeinden des Landkreises, für die übergeordneten Körperschaften und die Vergleichs- gebiete darzustellen. In die Tabellen ist die Grenze zur Unterversorgung eingezeichnet. Die oberhalb der eingezeichneten Linie zu findenden Haushalte einer bestimmten Haushaltsgröße gelten als unterversorgt. So sind beispielsweise im Teilraum 2 (Tabelle 14) 2.925 (= 34 + 175 + 799 + 1.917) Haushalte der Größe „4 Personen“ unterversorgt. Aus diesen Matrizen bestimmen sich die raumbezogenen Unterversorgungsquo- ten. Hierfür wird die Summe der unterversorgten Haushalte einer Größenklasse gebildet und ins Verhältnis zur entsprechenden Anzahl der Haushalte gesetzt. Im Beispiel ergibt dies eine Unterversorgungsquote von 35 % (= 2.925/8.459). Aus den absoluten betroffenen Fallzahlen ist ersichtlich, dass die Unterversorgung mit der Haushaltsgröße steigt. Tabelle 17 zeigt die raumbezogenen Unterversorgungsquoten differenziert nach den Nutzungsformen „selbstgenutzt durch Eigentümer“, „vermietet“ und das Aggregat „alle Nutzungsformen“ für die Gemein- den, Städte und Teilräume des Landkreises Offenbach. Die Ergebnisse errechnen sich analog zu obigem Rechenbeispiel. Insgesamt sind im Landkreis 13 % der Haushalte unterversorgt. In den Teilräumen 1 und 2 sind jeweils 14 % der Haushalte unterversorgt, im Teilraum 3 sind es dagegen nur 10 %. Vergleicht man die Unterversorgungsquoten nach der Eigentumsstruktur, sieht man durchweg niedrigere Werte bei den selbstnutzenden Eigentümern als bei Haushalten, die zur Miete wohnen. Dies dürfte auf die im Mittel hö- here Wohnkaufkraft von Eigentümerhaushalten zurückzuführen sein.

Tabelle 17: Raumbezogene Unterversorgungsquoten nach Nutzungsform 2011, alle Haushaltsgrößen Alle Nutzungsformen Selbstgenutzt durch vermietet Eigentümer Dietzenbach, Kreisstadt 22% 11% 32% Dreieich 11% 6% 15% Egelsbach 11% 7% 16% Hainburg 10% 5% 17% Heusenstamm 11% 8% 14% Langen (Hessen) 14% 10% 14% Mainhausen 9% 6% 13% Mühlheim am Main 13% 9% 17% Neu-Isenburg 17% 7% 21% Obertshausen 14% 8% 19% Rodgau 12% 7% 18% Rödermark 10% 6% 15% Seligenstadt 10% 7% 13%

Teilraum 1 14% 8% 17% Teilraum 2 14% 8% 20% Teilraum 3 10% 6% 14%

Landkreis Offenbach 13% 8% 18% Quelle: Zensus 2011, Sonderauswertung durch das Statistische Bundesamt

Die Ausprägungen sind dennoch interessant. So gab es bei den Single- und Paarhaushalten fast keine Un- terversorgung bei selbstnutzenden Haushalten (Tabelle 18) und nur geringe Werte von überwiegend unter 10 % bei zur Miete wohnenden Haushalten (Tabelle 19). In der größten Haushaltsklasse sind es dagegen immerhin 42 % bei den selbstnutzenden Eigentümern und 75 % bei zur Miete wohnenden Haushalten. Von den drei Teilräumen weist der Teilraum 2 mit 20 % die höchste Unterversorgung der zu Miete wohnenden Haushalte auf, der Teilraum 3 mit nur 14 % die geringste. Bei den Selbstnutzern zeigen sich nur geringe Unterschiede zwischen den Teilräumen 1 und 2 (jeweils 8 %) und dem Teilraum 3 (6 %).

56 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabelle 18: Raumbezogene Unterversorgungsquoten nach Haushaltsgrößen bei selbstnutzenden Eigentümern 2011 Haushalte mit… 5 und mehr 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen Personen Dietzenbach, Kreisstadt 1% 2% 10% 26% 58% Dreieich 1% 2% 8% 13% 33% Egelsbach 1% 1% 5% 19% 41% Hainburg 1% 1% 3% 17% 31% Heusenstamm 2% 2% 10% 20% 46% Langen (Hessen) 2% 4% 13% 23% 46% Mainhausen 1% 0% 4% 12% 40% Mühlheim am Main 1% 2% 12% 23% 48% Neu-Isenburg 2% 2% 11% 24% 32% Obertshausen 1% 2% 9% 20% 48% Rodgau 1% 2% 6% 18% 40% Rödermark 1% 1% 7% 14% 34% Seligenstadt 1% 2% 7% 16% 35%

Teilraum 1 2% 3% 9% 19% 38% Teilraum 2 1% 2% 8% 20% 46% Teilraum 3 1% 1% 5% 15% 35%

Landkreis Offenbach 1% 2% 8% 19% 42% Quelle: Zensus 2011, Sonderauswertung durch das Statistische Bundesamt

Tabelle 19: Raumbezogene Unterversorgungsquoten nach Haushaltsgrößen bei vermieteten Wohnungen 2011 Haushalte mit… 5 und mehr 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen Personen Dietzenbach, Kreisstadt 9% 21% 46% 73% 92% Dreieich 8% 7% 22% 54% 80% Egelsbach 7% 10% 20% 45% 74% Hainburg 5% 9% 33% 49% 82% Heusenstamm 6% 9% 20% 53% 77% Langen (Hessen) 7% 8% 24% 54% 19% Mainhausen 4% 8% 25% 34% 67% Mühlheim am Main 7% 8% 21% 60% 85% Neu-Isenburg 12% 13% 36% 68% 90% Obertshausen 8% 10% 29% 61% 75% Rodgau 9% 8% 27% 50% 78% Rödermark 6% 8% 21% 43% 66% Seligenstadt 7% 7% 14% 42% 82%

Teilraum 1 9% 9% 27% 58% 64% Teilraum 2 8% 11% 28% 58% 82% Teilraum 3 6% 8% 23% 43% 78%

Landkreis Offenbach 8% 10% 27% 56% 75% Quelle: Zensus 2011, Sonderauswertung durch das Statistische Bundesamt

57 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 28: Raumbezogene Unterversorgungsquoten bei Mieterhaushalten in den Gemeinden des Landkreises Offenbach 2011

Quelle: Eigene Darstellung

58 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

4 Mieten und Immobilienpreise Da Angebot und Nachfrage den Preis eines handelbaren Gutes auf Märkten bestimmen, lässt sich die Woh- nungsmarktlage auch anhand der Miet- und Immobilienpreisentwicklung beschreiben. Die vorliegende Preisanalyse wurde anhand von Daten durchgeführt, die das IWU von der IDN-ImmoDaten GmbH bezieht. Das Unternehmen erfasst die Immobilienanzeigen, die in Internetportalen veröffentlicht wurden. Betrach- tet werden die Angebotsmieten und die Angebotspreise für Kaufobjekte. Bei den Kaufimmobilien wird zwi- schen Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen unterschieden. Betrachtet wurde der Zeitraum von Anfang 2008 bis Ende 2017. Bei der Interpretation der Ergebnisse sind folgende Einschränkungen zu beachten. • Die Datenbank erfasst nur Angebotspreise, d.h. diejenigen Preise, zu denen die Miet- bzw. Kaufob- jekte angeboten werden. Zu welchen Preisen die Vermietung oder der Verkauf tatsächlich erfolgt, wird nicht erhoben. Insbesondere bei Kaufobjekten sind Abschläge zwischen Angebots- und Ver- tragspreisen zu erwarten. Bei den Mieten ist zu beachten, dass die Preise nur für Objekte erfasst werden, die neu vermietet werden, so dass Aussagen zur Höhe der Bestandsmieten nicht möglich sind. • Die Datenbank enthält nur Objekte, die über Inserate angeboten werden. Insbesondere Mietwoh- nungen werden aber zu einem nicht unerheblichen Anteil über Empfehlungen aus dem Freundes- kreis oder über direkte Vermietungsportale in Wohnungsunternehmen vergeben. Von daher ist nicht auszuschließen, dass die erfassten Wohnungen die neu vermieteten Wohnungen nicht reprä- sentativ abbilden. • Bei den Mietpreisen ist nicht sichergestellt, dass die Angebotspreise immer die Nettokaltmieten wiedergeben. Nicht auszuschließen ist, dass sie zum Teil auch Nebenkosten enthalten. • Viele Wohnungen werden bis zur Vermietung oder bis zum Verkauf mehrfach annonciert, so dass die Zahl der Anzeigen die Zahl der angebotenen Wohnungen übersteigt. Insbesondere bei den Kaufobjekten ist mit Mehrfachinseraten zu rechnen. Um dadurch bedingte Verzerrungen zu ver- meiden, wurden die Daten entsprechend bereinigt. Trotzdem sind Mehrfacherfassungen nicht gänzlich ausgeschlossen, da es auch Objekte gibt, die mit leicht abweichenden Angaben mehrfach inseriert werden.

4.1 Mieten Die nachfolgenden Ergebnisse basieren auf der Durchschnittsmiete. Nach der Bereinigung der Datensätze werden für die betrachteten räumlichen Einheiten für jede betrachtete Periode die Durchschnittswerte der entsprechenden Inserate berechnet. Die Entwicklung der durchschnittlichen Angebotsmiete in Euro pro Quadratmeter in den Teilräumen des Landkreises Offenbach zwischen 2008 und 2017 ist in Abbildung 29 dargestellt und auf das Jahr 2008 normiert. Über den dargestellten Beobachtungszeitraum verläuft die rela- tive Entwicklung der drei Teilräume bis einschließlich 2010 näherungsweise parallel. Seit 2011 stiegen die durchschnittlichen Angebotsmieten in allen Teilräumen leicht an. In der Folge erhöht sich der Anstieg in den Teilräumen 1 und 2 stärker als im Teilraum 3. Dort verlief die Entwicklung der Angebotsmieten zwi- schen 2008 und 2015 deutlich moderater als in den anderen beiden Teilräumen, jedoch folgte ein spürba- rer Aufholprozess. Bis Ende 2017 übertrifft die Steigerung der Angebotsmieten im Teilraum 3 die Entwick- lung der anderen Teilräume. So beträgt der Anstieg seit 2008 etwa 29 %. Dies übersteigt die Entwicklung des Teilraums 1 um einen Prozentpunkt. Bis Ende 2017 haben sich die mittleren Angebotsmieten im Teil- raum 2 dagegen um etwa 27 % verteuert.

59 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 29: Entwicklung der mittleren Angebotsmiete in € pro m² im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen zwischen 2008 und 2017 (2008 = 100%)

TR 1 TR 2 TR 3

Quelle: IDN-ImmoDaten GmbH. Zugriff: Juli 2018, eigene Auswertungen

Abbildung 30: Höhe der durchschnittlichen Angebotsmiete in € pro m² in den Teilräumen des Landkreises Offenbach zwischen 2008 und 2017

TRTR West 1 TRTR Mitte 2 TRTR Ost 3

Quelle: IDN-ImmoDaten GmbH. Zugriff: Juli 2018, eigene Auswertungen

Aus der indexierten Darstellung lassen sich zwar Aussagen über die relative Entwicklung, nicht aber über die absolute Höhe der Angebotsinserate treffen. Abbildung 30 zeigt daher die Höhe der durchschnittlichen Angebotsmiete in Euro pro Quadratmeter in den Teilräumen des Landkreises Offenbach für die Jahre 2008 bis 2017. Die geringsten Angebotsmieten in Euro je Quadratmeter wurden im Betrachtungszeitraum im Teilraum 3 inseriert. Im Jahr 2017 betrug die durchschnittliche Angebotsmiete dort etwa 9,00€. Die Diffe- renz bei der absoluten Höhe der mittleren Angebotsmiete zwischen den Teilräumen 2 und 3 reduziert sich

60 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 durch den höheren relativen Anstieg seit 2015 im Teilraum 3. So beträgt 2017 die mittlere Angebotsmiete im Teilraum 2 etwa 9,30€. Die höchste durchschnittliche Angebotsmiete findet sich in jedem der dargestell- ten Zeitpunkte im Teilraum 1. Die Mieten steigen dort seit dem Jahr 2014 verstärkt an, 2017 beträgt die durchschnittliche Angebotsmiete je Quadratmeter etwa 10,40€. Abbildung 31 visualisiert die mittleren Angebotsmieten auf Gemeindeebene für das Jahr 2017 und verdeutlicht die Ergebnisse aus Abbildung 30. Die höchsten Mieten finden sich in den Kommunen im Teilraum 1 und dort insbesondere in Neu-Isenburg. Die niedrigsten Angebotsmieten finden sich in den Gemeinden des Teilraumes 3.

Abbildung 31: Mittlere Angebotsmieten in € je m² in den Städten und Gemeinden des Landkreises Offen- bach im Jahr 2017

Quelle: IDN-ImmoDaten GmbH. Zugriff: Juli 2018, Eigene Auswertungen

Abbildung 32 zeigt die durchschnittlichen Angebotsmieten in den Teilräumen des Landkreises differenziert nach der Wohnungsgröße12. Unterschieden werden Wohnungen mit einem, zwei, drei oder mindestens vier Zimmern. Im Teilraum 1 sind die Angebotsmieten von kleinen Wohnungen mit einem Zimmer bis 2014 am stärksten gestiegen. In den Folgejahren ziehen große Wohnungen mit mindestens vier Zimmern nach. Im Jahr 2017 übertrifft die relative Entwicklung der großen Wohnungen mit mindestens vier Räumen den Anstieg der kleinen Wohnungen, welche 2017 auf dem Vorjahresniveau verharren. Eine ähnliche Entwick- lung findet sich im Teilraum 2, jedoch stiegen hier bis 2014 kleine Wohnungen, sowohl mit einem als auch mit zwei Zimmern, vergleichbar stark. Ab 2014 folgt dann der Aufholprozess der großen Wohnungen mit mindestens vier Zimmern. Bis 2017 haben sich die drei Kategorien jeweils knapp unter 30 % seit 2008 ver-

12 Hinsichtlich der Zimmerzahl ist zu beachten, dass hier die Küche in der Regel nicht enthalten ist. Üblicherweise haben die in Inseraten als x-Zimmerwohnungen ausgewiesenen Wohnungen zusätzlich noch eine Küche.

61 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 teuert. Für den Teilraum 3 können aufgrund von zu geringen Fallzahlen keine Ergebnisse für Wohnungen mit einem Zimmer ausgewiesen werden. Kreisweit findet sich der Trend wieder, dass kleine Wohnungen mit einem Zimmer bis 2014 am stärksten gestiegen sind. Im Jahr 2017 übertraf der relative Anstieg von Wohnungen mit mindestens vier Zimmern die Entwicklung der kleinen Wohnungen.

Abbildung 32: Mittlere Angebotsmieten in den Teilräumen des Landkreises Offenbach nach der Woh- nungsgröße 2008 bis 2017 (2008=100) Teilraum 1 Teilraum 2

Teilraum 3 Landkreis Offenbach

Quelle: IDN-ImmoDaten GmbH. Zugriff: Juli 2018, eigene Auswertung

4.2 Kaufpreise Bei den Immobilienkaufpreisen wird zwischen Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen unterschie- den. Die Fallzahlen für Reihenhäuser o.ä. waren für eine Auswertung zu gering. Neben der Gesamtheit der Objekte wurde auch zwischen Bestands- und Neubauobjekten unterschieden. Als Neubauten wurden Ob- jekte eingestuft, die im Erscheinungsjahr des Inserats nicht älter als zwei Jahre waren. Zu berücksichtigen ist, dass das Baujahr nicht für alle Objekte ausgewiesen wird. Eine weitere Differenzierung nach der Quali- tät oder der Grundstücksgröße, die bei Einfamilienhäusern von Bedeutung sein könnte, erfolgte nicht. In- soweit können auch Veränderungen der Immobilienpreise im Zeitablauf durch unterschiedliche Objekt- strukturen beeinflusst sein.

62 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

4.2.1 Einfamilienhäuser

Abbildung 33 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Angebotspreise für Einfamilienhäuser in Euro pro Quadratmeter in den drei Teilräumen des Landkreises Offenbach. Die Abbildung umfasst den Zeitraum zwischen 2008 und 2017, wobei die Darstellung der Ergebnisse auf das Jahr 2008 indexiert ist. Von den drei Teilräumen sind die Angebotspreise für Einfamilienhäuser im Teilraum 1 um 47 % und somit stärker als in den anderen beiden Teilräumen gestiegen. 2017 sind die Preise im Teilraum 2 am stärksten gestiegen, wodurch sich der Abstand aktuell verkleinert. So fällt der Anstieg seit 2008 insgesamt nur 2 Prozentpunkte geringer aus als im Teilraum 1. Insgesamt fällt der Anstieg der Angebotspreise von Einfamilienhäusern in den Teilräumen 1 (+47 %) und 2 (+45 %) deutlich höher aus als der Anstieg der Angebotsmieten im selben Beobachtungszeitraum. Im Teil- raum 3 sind die Angebotspreise von Einfamilienhäusern seit 2008 zwar stärker gestiegen (+32 %), als die Angebotsmieten (+29 %), die Differenz beträgt jedoch lediglich drei Prozentpunkte. Eine Erklärung dafür, dass die Preise weniger stark als in den anderen beiden Teilräumen gestiegen sind, könnte das stärker ge- stiegene Angebot im Teilraum 3 sein (vgl. Tabelle 5 in Abschnitt 3.1.1).

Abbildung 33: Entwicklung der durchschnittlichen Angebotspreise für Einfamilienhäuser je Quadratmeter in den Teilräumen des Landkreises Offenbach (2008 = 100)

TR 1 TR 2 TR 3

Quelle: IDN-ImmoDaten GmbH. Zugriff: Juli 2018, eigene Auswertung

Abbildung 34 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Angebotspreise von Einfamilienhäusern in Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen für die Jahre 2008 bis 2017. Für Neubauten im Teilraum 1 steigen die Angebotspreise steil an. Der Preis liegt 2017 deutlich über 4.000€, dem höchsten beobachten Wert in den drei Teilräumen. Zwischen Neubau und Bestand besteht im Teil- raum durchweg eine Spanne, die sich zwar 2013 stark verkleinert, anschließend aber wieder deutlich öff- net. So liegt der Preis pro Quadratmeter im Bestand bei etwa 3.500€. Auch im Teilraum 3 geht der Trichter zwischen Angebot und Neubau nach 2013 weiter auf, jedoch auf deutlich niedrigerem Niveau. Die Ange- botspreise von Neubauten nähern sich 2017 der Marke von 3.500€, während Preise im Bestand bei etwa 2.500€ liegen. Im Teilraum 2 verläuft die Entwicklung in einem engeren Intervall. So liegen die Preise für Neubau zwar auch über denen im Bestand, beide bewegen sich 2017 aber im engen Bereich zwischen 3.000€ und 3.500€.

63 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 34: Entwicklung der durchschnittlichen Angebotspreise von Einfamilienhäusern in Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen zwischen 2008-2017 Teilraum 1 Teilraum 2

Teilraum 3 Landkreis Offenbach

Quelle: IDN-ImmoDaten GmbH. Zugriff: Juli 2018, eigene Auswertung

4.2.2 Eigentumswohnungen Abbildung 35 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Angebotspreise für Eigentumswohnungen in den Teilräumen des Landkreises Offenbach zwischen 2008 und 2017, indexiert auf das Basisjahr 2008. Anders als die Entwicklung bei Einfamilienhäusern verläuft die Entwicklung der Preise für Eigentumswohnungen im Vergleich der drei Teilräume deutlich ähnlicher. In einer ersten Phase bis 2011 zeigt sich ein nur minimaler Preisanstieg. In einer zweiten Phase ab 2012 ziehen besonders im Teilraum 1 die Preise an. Diese Entwick- lung ereignet sich in den anderen beiden Teilräumen etwas zeitversetzt. Was 2015 wieder zu einem in etwa gleichen Entwicklungsstand führt. Anders als bei der Entwicklung der Angebotspreise für Einfamilienhäuser übertrifft am aktuellen Rand der Anstieg im Teilraum 2 (+57 %) den Anstieg im Teilraum 1 (+54 %). Im Teil- raum 3 stiegen die Angebotspreise für Eigentumswohnungen zwischen 2008 und 2017 dagegen um 48 %.

64 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Insgesamt sind zwischen 2008 und 2017 die Preise für Eigentumswohnungen somit in allen drei Teilräumen stärker gestiegen als die Angebotspreise von Einfamilienhäusern.

Abbildung 35: Entwicklung der durchschnittlichen Angebotspreise für Eigentumswohnungen in den Teil- räumen des Landkreises Offenbach (2008 = 100)

TR 1 TR 2 TR 3

Quelle: IDN-ImmoDaten GmbH. Zugriff: Juli 2018, eigene Auswertung

Eine nach Neubau und Bestand differenzierte Darstellung der Entwicklung der durchschnittlichen Kauf- preisentwicklung für Eigentumswohnungen in Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen findet sich in Abbildung 36. Anders als bei der Entwicklung der Angebotspreise von Einfamilienhäusern zeigt die Entwicklung der Eigentumswohnungen in allen drei Teilräumen eine klare Spreizung zwischen Bestand und Neubau. So liegen die Preise für Bestandswohnungen im Teilraum 1 2017 bei etwa 2.500€ je Quadratmeter, während eine neugebaute Eigentumswohnung über 3.700€ je Quadrat- meter kostet. Vorausgegangen war eine beschleunigte Preisentwicklung im Neubau ab 2011. Im Teilraum 2 stiegen die Preise relativ betrachtet etwas stärker als im Teilraum 1, dennoch liegen die Prei- se auf einem geringeren Niveau. So kostet eine Eigentumswohnung 2017 im Neubausegment etwa 3.300€ je Quadratmeter, während eine Wohnung im Bestand etwa 2.000€ je Quadratmeter kostet. Im Teilraum 3 ist die Spanne zwischen Neubau und Bestand durchweg am geringsten. So liegen die Preise im Bestand 2017 bei etwa 2.300€ und somit über dem Preis je Quadratmeter im Teilraum 2. Im Neubausegment sind die Preise je Quadratmeter mit etwa 3.100€ aber geringer als in den beiden anderen Teilräumen.

65 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 36: Entwicklung der durchschnittlichen Kaufpreisentwicklung für Eigentumswohnungen in € pro m² Wohnfläche im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen Teilraum 1 Teilraum 2

Teilraum 3 Landkreis Offenbach

Quelle: IDN-ImmoDaten GmbH. Zugriff: Juli 2018, eigene Auswertung

4.2.3 Kaufpreisdaten der Gutachterausschüsse Als Ergänzung zu den Auswertungen der vorangegangenen Abschnitte von Angebotsinseraten für Mieten und Preise dienen die Daten des Gutachterausschusses für Immobilienwerte. Für den Zeitraum zwischen 2008 und 2017 konnten Preise von Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften sowie die Preise von Eigen- tumswohnungen ausgewertet werden. Die auf das Jahr 2008 normierten Ergebnisse sind in Abbildung 37 und in Abbildung 38 dargestellt. Tabelle 20 zeigt darüber hinaus ein differenziertes Bild über die absoluten Werte und die zu Grunde liegenden Fallzahlen der Daten differenziert nach den Teilräumen des Landkrei- ses. Seit 2008 haben sich die Preise auf Basis der Daten des Gutachterausschusses für Immobilienwerte von Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften im Teilraum 1 am stärksten verteuert. Mit einem Anstieg um 73 % sind die Preise damit um 6 Prozentpunkte mehr gestiegen als im Teilraum 3. Die Preisentwicklung im Teilraum 2 verläuft dagegen am aktuellen Rand deutlich flacher als in den anderen beiden Teilräumen. Zwi- schen 2008 und 2017 verteuerten sich die Preise von Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften um 49 %. Die Daten bilden damit eine etwas andere Entwicklung ab, als die zuvor untersuchten Angebotsdaten. Der

66 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Anstieg auf Grundlage der Gutachterdaten fällt in allen drei Teilräumen deutlich höher aus. Dies gilt insbe- sondere für den Teilraum 3, dessen Preise auf dieser Datengrundlage stärker steigen, als die Preise im Teil- raum 2. Dies kann unterschiedliche Gründe haben. Angebotsdaten bilden nicht den kompletten Wohnungsmarkt ab. So nutzen beispielsweise viele Wohnungsunternehmen und Genossenschaften keine der gängigen Platt- formen, sondern haben meist eigene online-Angebote. Private Vermittlungen finden darüber hinaus eben- falls keinen Eingang in eine Sammlung von Angebotsdaten. Weitere vergleichbare Argumente, die bei der Interpretation zu beachten sind, finden sich zu Beginn von Kapitel 4. Auf der anderen Seite sind die Fallzah- len der Daten des Gutachterausschusses jedoch deutlich geringer als die Fülle, die Angebotsdaten bieten. Aus diesem Grund sind die Fallzahlen, die den Auswertungen zugrunde liegen, in Tabelle 20 hinterlegt. Die Kombination aus beiden Datenquellen ermöglicht es jedoch, die Bandbreite der Entwicklung sinnvoll einzu- ordnen.

Abbildung 37: Entwicklung der Preise von Einfamilienhäusern und Doppelhaushälften (in €) in den Teil- räumen des Landkreises Offenbach 2008-2017 (2008 = 100, Wiederverkauf und Neubau) 200% 180% 160% 140% 120% TR 1 100% TR 2 80% 60% TR 3 40% 20% 0% 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

Quelle: Gutachterausschuss für Immobilienwerte, Geschäftsstelle Amt für Bodenmanagement Heppenheim, eigene Auswertung

Abbildung 38: Entwicklung der Preise von Eigentumswohnungen (in € pro m²) in den Teilräumen des Landkreises Offenbach 2008-2017 (2008 = 100, Wiederverkauf und Neubau) 180% 160% 140% 120% 100% TR 1 80% TR 2 60% TR 3 40% 20% 0% 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

Quelle: Gutachterausschuss für Immobilienwerte, Geschäftsstelle Amt für Bodenmanagement Heppenheim, eigene Auswertung

67 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 Tabelle 20: Preisdaten des Gutachterausschusses für Immobilienwerte für die Teilräume des Landkreises Offenbach nach Kategorien

Teilraum 1 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Mittelwert in € 306.466 319.204 325.612 342.264 357.863 382.439 424.919 453.194 480.139 531.064 EFH/DHH Wiederverkauf und Neubau Anzahl 180 156 220 186 185 162 160 220 198 140 Mittelwert in € 468.343 522.062 515.190 524.416 671.423 539.266 675.715 643.410 741.844 813.283 RH Wiederverkauf und Neubau Anzahl 74 97 91 74 85 71 77 85 100 53 Alle Typen Häuser Mittelwert in € 387.404 420.633 420.401 433.340 514.643 460.853 550.317 548.302 610.991 672.173

Mittelwert in €/m² 1.433 1.468 1.488 1.553 1.612 1.729 1.757 1.930 1.909 2.219 ETW Wiederverkauf Anzahl 314 288 344 371 469 342 393 424 364 474 Mittelwert in €/m² 2.402 2.391 2.536 2.800 2.834 2.825 3.021 3.327 3.529 3.512 ETW Neubau Anzahl 62 71 70 23 63 95 170 105 144 117 Alle Typen Wohnungen Mittelwert in €/m² 1.917 1.930 2.012 2.177 2.223 2.277 2.389 2.628 2.719 2.866

Teilraum 2 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Mittelwert in € 266.303 257.646 267.222 270.232 294.601 304.964 318.326 333.660 383.056 395.942 EFH/DHH Wiederverkauf und Neubau Anzahl 253 244 257 303 338 263 292 272 252 250 Mittelwert in € 474.828 458.860 493.480 442.549 474.674 501.854 566.544 614.150 691.096 705.206 RH Wiederverkauf und Neubau Anzahl 101 101 114 108 116 97 125 130 101 109 Alle Typen Häuser Mittelwert in € 370.565 358.253 380.351 356.390 384.637 403.409 442.435 473.905 537.076 550.574

Mittelwert in €/m² 1.242 1.236 1.275 1.317 1.344 1.409 1.390 1.554 1.629 1.879 ETW Wiederverkauf Anzahl 437 461 465 608 734 669 666 645 683 755 Mittelwert in €/m² 2.165 2.154 2.249 2.310 2.403 2.579 2.667 2.856 3.029 3.488 ETW Neubau Anzahl 53 63 72 69 89 98 101 108 201 281 Alle Typen Wohnungen Mittelwert in €/m² 1.704 1.695 1.762 1.813 1.873 1.994 2.028 2.205 2.329 2.684

Teilraum 3 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Mittelwert in € 208.545 241.742 216.616 244.263 259.637 271.009 277.993 299.216 306.889 348.541 EFH/DHH Wiederverkauf und Neubau Anzahl 75 60 81 86 106 90 96 91 86 73 Mittelwert in € 361.265 462.049 457.080 353.731 398.987 521.922 523.277 431.861 473.152 605.468 RH Wiederverkauf und Neubau Anzahl 19 16 20 15 27 17 23 12 25 43 Alle Typen Häuser Mittelwert in € 284.905 351.896 336.848 298.997 329.312 396.466 400.635 365.539 390.021 477.005

Mittelwert in €/m² 1.339 1.420 1.525 1.425 1.549 1.533 1.747 1.888 1.975 2.139 ETW Wiederverkauf Anzahl 66 60 59 70 140 74 80 72 66 71 Mittelwert in €/m² 1.908 2.219 2.501 2.243 2.152 2.726 2.439 2.594 2.667 3.093 ETW Neubau Anzahl 22 28 35 43 63 41 65 60 101 89 Alle Typen Wohnungen Mittelwert in €/m² 1.623 1.819 2.013 1.834 1.851 2.129 2.093 2.241 2.321 2.616 Quelle: Gutachterausschuss für Immobilienwerte, Geschäftsstelle Amt für Bodenmanagement Heppenheim, eigene Auswertung

68 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Aus Abbildung 38 geht hervor, dass auf Basis der Daten des Gutachterausschusses, die Preise für Eigen- tumswohnungen im Landkreis Offenbach beziehungsweise in seinen Teilräumen weniger stark gestiegen sind, als die Preise für Einfamilienhäuser. Trotz geringerer Fallzahlen im Vergleich zu den Einfamilienhäu- sern und Doppelhaushälften unterscheidet sich die Entwicklung in den Teilräumen 1 und 2 nur um wenige Prozentpunkte von der Entwicklung, die auf Basis von Angebotsdaten berechnet wurde. Lediglich im Teil- raum 3 zeigt sich eine größere Abweichung. Der Steigerung von etwa 48 % auf Grundlage der Angebotsda- ten steht ein Anstieg um 61 % bei den Gutachterdaten gegenüber. Dieser Anstieg übertrifft somit die Ent- wicklung in den beiden anderen Teilräumen. Jedoch fallen die zu Grunde liegenden Fallzahlen im Teil- raum 3 auch deutlich geringer aus.

69 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

5 Abschätzung des zukünftigen Wohnungsbedarfs Die Vorausschätzung des Wohnbedarfs bis 2030 basiert auf Bevölkerungsvorausberechnungen der Hessen Agentur, die den Zeitraum von 2015 bis 2030 umfasst (Hessen Agentur, 2016, S.2). Anders als die Gebur- tenrate und die Lebenserwartung ist das Wanderungsverhalten durch erhebliche Schwankungen geprägt, so dass die Annahmen zur zukünftigen Entwicklung der Bevölkerungszahlen mit hohen Unsicherheiten be- haftet sind. Insbesondere auf kleinräumiger Ebene, d.h. unterhalb der Ebene der Landkreise, können sich deutliche Abweichungen zwischen der tatsächlichen und der vorausgeschätzten Bevölkerungsentwicklung ergeben. Eine weitere Quelle für die Unsicherheit der zukünftigen Entwicklung bildet die Rekordmigration des Jahres 2015, ausgelöst durch die Flüchtlingsmigration und gestiegene EU-Zuwanderung. Die 2016 aktu- alisierte Bevölkerungsvorausberechnung der Hessen Agentur, die den nachfolgenden Berechnungen zu- grunde liegt, reflektiert diese Entwicklung durch Anpassung der Annahmen über die zukünftige Migration. Um aus Bevölkerungsdaten den Wohnungsbedarf berechnen zu können, ist zunächst die zukünftige Zahl der bedarfsrelevanten Haushalte zu schätzen. Die Schätzung der bedarfsrelevanten Haushalte ist mit noch größeren Unsicherheiten behaftet als die Schätzung der Bevölkerung. Das liegt zum einen daran, dass die Haushaltsschätzung mehr Schätzschritte erfordert als die Bevölkerungsschätzung und dass die Verfügbar- keit von kleinräumig differenzierten Datengrundlagen nur sehr eingeschränkt gegeben ist. Potenzielle Feh- lerquellen liegen im Verfahren zur Bestimmung der Zahl der Haushalte im Basisjahr der Prognose und in der Fortschreibung des Haushaltsbildungsverhaltens. Dieses kann sich zukünftig anders entwickeln als in der Vergangenheit. Außerdem kann die Entwicklung in den einzelnen Gemeinden von der gemeindegrößen- klassenspezifischen Entwicklung abweichen. Hinzu kommen die Fehlerquellen bei der Schätzung der Wohnbedarfsrelevanz der Haushalte. Eine gemeindescharfe Vorausschätzung des Wohnbedarfs im Landkreis Offenbach ist daher nicht mit ver- tretbarer Sicherheit durchführbar. Um dennoch über die bereits im Jahr 2017 durch das IWU vorgelegte Bedarfsprognose (Kirchner und Rodenfels, 2017) für die hessischen Landkreise und kreisfreien Städte hin- aus kleinräumige differenzierte Prognosen des Wohnbedarfs zu erhalten, wurden drei Betrachtungsräume definiert (vgl. Abschnitt 1.2). Die räumliche Grundlage der Einteilung stellen die Mittelbereiche dar, die durch die Landesplanung aktuell für Hessen definiert sind. Zu berücksichtigen ist, dass die Schätzergebnisse auf einer Trendprognose beruhen, die sich auf die Ent- wicklung der jüngeren Vergangenheit stützt. Die Fortschreibung dieses Trends setzt daher auch eine ent- sprechende Wohnbautätigkeit und -kapazität voraus, was wiederum erfordert, dass sie den Zielen der zu- künftigen Landesplanung entspricht, was im Rahmen der Trendprognose nicht untersucht werden kann. Ein steuerndes Eingreifen der Siedlungsflächenplanung kann daher hinsichtlich der räumlichen Verteilung der Wohnbedarfe zu anderen Ergebnissen führen als in dieser Studie aufgeführt. Dies gilt insbesondere für die Teilräume innerhalb des Landkreises.

5.1 Komponenten des Wohnbedarfs In diesem Kapitel wird der Wohnungsbedarf geschätzt, der im Zeitraum bis 2030 zu erwarten ist. Der Woh- nungsbedarf setzt sich aus drei Komponenten zusammen: dem Neubedarf, dem Nachholbedarf, und dem Ersatzbedarf. Der Neubedarf wiederum wird durch zwei separate Faktoren bestimmt, der Bevölkerungs- entwicklung (s. Abschnitt 5.1.1) und dem Haushaltsbildungsverhalten (s. Abschnitt 5.1.2). Der Unterschied zwischen beiden Faktoren ist entscheidend, denn der Wohnungsbedarf geht nicht von Personen sondern von Haushalten aus. Auch bei rückläufigen Einwohnerzahlen kann die Zahl der Haushalte gleich bleiben oder sogar zunehmen. Ursächlich hierfür ist der langfristige Trend zu einer Verkleinerung der Haushaltsgrößen, einerseits ausge- löst durch die Alterung der Gesellschaft. So sind zunehmend mehr Menschen in einem Alter, in dem die Kinder den Haushalt bereits verlassen haben und ihrerseits einen eigenen Haushalt führen. Im hohen Alter gibt es mehr Menschen, die beispielsweise durch Trennung oder einen Todesfall des Partners alleine leben.

70 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Andererseits bewirken die zunehmende Akademisierung und die resultierende höhere berufliche Mobilität von Akademikern, dass es mehr Studenten und Berufspendler gibt, die ebenfalls häufig in kleineren Haus- halten leben. Die zukünftige Zahl der Haushalte bestimmt also in erster Linie, wie viele Wohnungen zusätz- lich errichtet werden müssen. Neben einem eventuell auftretenden zukünftigen Mehrbedarf ist als zweite Komponente auch der eventu- ell bereits jetzt bestehende Fehlbedarf zu berücksichtigen. Vom Verhältnis zwischen der aktuellen Zahl der Haushalte und dem derzeitigen Wohnungsbestand hängt es ab, ob ein Wohnungsdefizit oder ein Überan- gebot besteht. Der Ersatzbedarf als letzte Komponente kompensiert den Abgang von Wohnungen, wobei dieser sowohl in physischer Sicht, also in Form von Rückbau interpretiert werden muss, als auch in Form von statistischen Effekten, z.B. bei Zusammenlegung von zwei Wohneinheiten oder Umwandlungen in ge- werblich genutzte Gebäude, kommt es zum Abgang von Wohnungen.

5.1.1 Vorausberechnung der Bevölkerungsentwicklung Im Jahr 2015 wurde eine Rekordzuwanderung nach Deutschland verzeichnet. Neben der in der zweiten Jahreshälfte einsetzenden Flüchtlingsbewegung bildet Deutschland für Einwanderer aufgrund der jahrelang anhaltenden positiven wirtschaftlichen Entwicklung ein attraktives Ziel. So waren die Wanderungssalden in den vorangegangenen Jahren bereits oberhalb des Durchschnitts der letzten beiden Jahrzehnte. Insbeson- dere die Folgen der EU-Schuldenkrise sowie die EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit waren die Treiber dieser Entwicklung. Da diese Rahmenbedingungen aktuell und in den kommenden Jahren voraussichtlich Bestand haben werden, ist weiterhin mit Wanderungsgewinnen zu rechnen. Auch eine Rückwanderung der Perso- nen, die vor dem Krieg im Irak und insbesondere in Syrien geflohen sind, erscheint kurzfristig unrealistisch. Denn anders als bei den Flüchtlingsbewegungen in der Vergangenheit sind die meisten großen Städte ver- wüstet und annährend unbewohnbar.

Abbildung 39: Vorausberechnung der Bevölkerung im Landkreis Offenbach und den Vergleichsregionen (2015=100) 112 110 108 106 104 102 2020 100 2025 98 2030

Quelle: Eigene Darstellung auf Datengrundlage der Hessen Agentur

71 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich eine neue demografische Perspektive auf nationaler Ebene und den Metropolräumen ab. Der lange von Experten als sicher angenommene Bevölkerungsrückgang kehrt sich in ein Bevölkerungswachstum um. So schätzt Deschermeier (2016) den Bevölkerungsstand im Jahr 2035 auf 83,1 Millionen Personen und somit etwa eine Million Personen mehr als Ende 2015. Die Bundesregierung folgt dieser Einschätzung und passt in ihrer demografiepolitischen Bilanz zum Ende der 18. Legislaturperio- de die Erwartungen über die Bevölkerungsentwicklung entsprechend an (Bundesministerium des Inneren, 2017). Auch das statistische Bundesamt hat die vor der Flüchtlingsbewegung veröffentlichte 13. koordinier- te Bevölkerungsvorausberechnung (Statistisches Bundesamt, 2015) inzwischen aktualisiert und deutlich nach oben korrigiert. Jedoch bleibt die Alterung der Gesellschaft als zentrale Herausforderung bestehen und auch das Bevölkerungswachstum verteilt sich regional ausgesprochen unterschiedlich. Insbesondere strukturschwächere Regionen sehen sich weiterhin mit Abwanderung und Schrumpfung konfrontiert. Die Vorausberechnung der Bevölkerung der Hessen Agentur wurde 2016 ebenfalls an das geänderte Wan- derungsgeschehen angepasst und ermittelt bis 2020 einen Anstieg des Bevölkerungsstandes in Hessen um 2,8 % zum Bevölkerungsstand zum Jahresende 2015. Bis 2025 erhöht sich der Bevölkerungsstand leicht um weitere 0,4 Prozentpunkte. Es folgt anschließend jedoch ein leichter Rückgang um 0,1 Prozentpunkte. Zwi- schen 2015 und 2030 erhöht sich somit der Bevölkerungsstand um 3,1 %. Der leichte Rückgang zum Ende des Prognosehorizonts deutet an, dass die zukünftigen Wanderungssalden nicht mehr ausreichen, die per- sistente negative natürliche Bevölkerungsentwicklung im Land (vgl. Abschnitt 2.1.2) auszugleichen. Die größten Kohorten im Bevölkerungsaufbau bilden die Babyboomer-Jahrgänge, die zwischen 1954 und 1969 geboren wurden, und in den 2030er Jahren durch ein höheres Alter auch entsprechend relativ mehr Sterbe- fälle aufweisen, was die natürliche Bevölkerungsentwicklung negativ beeinflusst.

Abbildung 40: Vorausberechnung der Bevölkerung im Landkreis Offenbach und den Teilräumen (2015=100) 106

105

105

104 2020 104 2025 103 2030 103

102

102 Landkreis Teilraum 1 Teilraum 2 Teilraum 3 Offenbach

Quelle: Eigene Berechnung auf Datengrundlage der Hessen Agentur

Der Landkreis Offenbach (Abbildung 39) zeigt eine positivere Entwicklung der Bevölkerung bis 2030. Bis 2020 steigt die Bevölkerung um 3,4 %, gefolgt von einem Wachstum um weitere 1,2 Prozentpunkte. Anders als im Land steigt der Bevölkerungsstand auch nach 2025 um weitere 0,6 Prozentpunkte weiter an. Über den kompletten Betrachtungszeitraum erhöht sich der Bevölkerungsstand somit um insgesamt 5,2 %. In allen in Abbildung 39 dargestellten Vergleichsregionen zeigt sich eine vergleichbare Entwicklung, jedoch mit teils deutlichen Niveauunterschieden. So steigt der Bevölkerungsstand in Frankfurt am Main um über 10 %

72 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 bis 2030 und somit am stärksten, gefolgt von Darmstadt (+8,6 %). Grundsätzlich wachsen die dargestellten Städte stärker als die Landkreise. Von den Landkreisen erhöht sich der Bevölkerungsstand im Landkreis Groß-Gerau am stärksten. Der Zuwachs von 6,3 % bis 2030 übertrifft somit den Anstieg im Landkreis Offen- bach um 1,1 Prozentpunkte. Den geringsten Zuwachs zeigt der Kreis Darmstadt-Dieburg (+2,9 %), der 2030 aber somit auch einen höheren Bevölkerungsstand als 2015 aufweist. Innerhalb des Landkreises Offenbach zeigt sich eine einheitliche Entwicklung des Bevölkerungsstandes über den Betrachtungszeitraum bis zum Jahr 2030. Die Teilräume 1 und 2 weisen beide dieselbe relative Ent- wicklung wie der Kreis auf (+5,2 %). Etwas geringer fällt der Anstieg mit +4,8 % im Teilraum 3 aus. Das Wachstum in den Teilräumen 1 und 2 vollzieht sich jedoch unterschiedlich schnell. So wächst der Teil- raum 2 (+3,8 %) zunächst bis 2020 schneller als der Teilraum 1 (+2,8 %). Bis 2025 erhöht sich der Bevölke- rungsstand im Teilraum 2 um weitere 1,1 Prozentpunkte, der Teilraum 1 wächst zeitgleich um 1,4 Prozent- punkte somit nun etwas stärker. Der Bevölkerungsstand im Teilraum 3 steigt zwischen 2015 und 2020 um 3,3 %, bis 2025 um einen weiteren Prozentpunkt und schließlich um 0,5 Prozentpunkte bis 2030.

5.1.2 Vorausberechnung der Haushaltsentwicklung Die Vorausberechnung der Bevölkerung bildet nur einen Baustein für die Wohnungsnachfrage, denn diese geht von den Haushalten aus. Die Ermittlung der zukünftigen Haushaltszahlen erfolgte zunächst auf Grund- lage der Definition des Mikrozensus. Dieser definiert den Haushalt als Wirtschaftshaushalte. Einen Wirt- schaftshaushalt bilden Personen, wenn sie sowohl gemeinsam wohnen als auch gemeinsam wirtschaften. Wer allein wirtschaftet, bildet einen eigenen Haushalt und zwar auch dann, wenn er mit anderen Personen eine gemeinsame Wohnung bewohnt. In einer Wohnung können demzufolge auch mehrere Wirtschafts- haushalte leben. Die Anzahl der Wirtschaftshaushalte aus dem Mikrozensus wurde in einem zweiten Schritt an die Bedarfsrelevanz der Haushalte angepasst. Für die genauere Beschreibung der Vorgehensweise sei auf die methodischen Erörterungen in der landesweiten Prognose aus dem Jahr 2017 verwiesen (Kirchner und Rodenfels, 2017, S.16). Ähnlich wie bei der Bevölkerungsentwicklung zeigt sich bei allen dargestellten Teilräumen und Vergleichs- regionen in Abbildung 41 und Abbildung 42 eine positive Entwicklung. Die Abbildungen verdeutlichen dar- über hinaus, dass die Dynamik bei der Entwicklung der Haushalte größer ist als bei der Bevölkerungsent- wicklung. Den geringsten Anstieg der bedarfsrelevanten Haushalte weist mit 8,3 % das Land im Aggregat auf. Dieser Wert übersteigt aber immer noch die relative Bevölkerungsentwicklung der meisten Teilräume und Vergleichsregionen (Ausnahme Frankfurt und Darmstadt). Hinter den Anstiegen der bedarfsrelevanten Haushalte verbirgt sich die Singularisierung aufgrund der al- ternden Gesellschaft. Denn zukünftig steigt der Anteil an Haushalten, deren Kinder bereits hinreichend alt und deshalb ausgezogen sind und ihrerseits eigene Haushalte gegründet haben. Darüber hinaus steigt der Anteil an älteren Seniorenhaushalten, deren Haushaltsgröße beispielsweise durch mögliche Trennung oder Todesfall des Partners gesunken ist. Trotz des Anstiegs bei den Geburtenzahlen auf nationaler Ebene in den Jahren 2015 und 2016 ist die durchschnittliche Zahl der Kinder, die eine Frau in ihrem Leben gebären wird geringer als zu Zeiten des Babybooms in den 1950er und 1960er Jahren. Entsprechend fällt die durch- schnittliche Familiengröße tendenziell geringer aus. Aus diesen Gründen verkleinert sich die durchschnittli- che Haushaltsgröße, was sich positiv auf die Wohnungsnachfrage auswirkt. So kann selbst eine negative Bevölkerungsentwicklung durch diese Entwicklungen zu einem Wachstum der bedarfsrelevanten Haus- haltszahlen führen. Analog zur Vorausberechnung der Bevölkerungsentwicklung findet sich der größte relative Anstieg der be- darfsrelevanten Haushalte bis zum Jahr 2030 in Frankfurt (+13,7 %). Jedoch verläuft die Entwicklung zwi- schen den Städten und Landkreisen nicht so klar getrennt wie bei der Bevölkerungsentwicklung. So findet sich der zweihöchste Anstieg bis 2030 im Landkreis Groß-Gerau (+12,1 %), gefolgt von Hanau (+11,6 %). Die Alterung bewirkt aus den oben angeführten Gründen, dass auch in der Periode zwischen 2025 und 2030, in der sich das Bevölkerungswachstum merklich abschwächt, die Haushaltszahlen weiter steigen. So steigt bis

73 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

2020 die relative Anzahl an bedarfsrelevanten Haushalten im Landkreis Offenbach zunächst um 5,9 %. In der Folgeperiode bis 2025 erhöht sich die Anzahl um weitere 3 Prozentpunkte. Auch im letzten der darge- stellten Zeiträume zwischen 2026 und 2030 erhöht sich der Wert um weitere 2 Prozentpunkte. Somit steht über den gesamten Zeithorizont bis 2030 ein Anstieg um 10,9 % zu Buche.

Abbildung 41: Vorausberechnung der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach und den Ver- gleichsregionen (2015=100) 116 114 112 110 108 106 2020 104 102 2025 100 2030

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des Zensus 2011, des Mikrozensus, der Hessischen Gemeindestatistik und der Bevölke- rungsvorausschätzung der Hessen Agentur.

Abbildung 42: Vorausberechnung der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach und den Teilräumen (2015=100) 114

112

110

108 2020 106 2025

104 2030

102

100 Landkreis Teilraum 1 Teilraum 2 Teilraum 3 Offenbach

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage des Zensus 2011, des Mikrozensus, der Hessischen Gemeindestatistik und der Bevölke- rungsvorausschätzung der Hessen Agentur.

74 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Innerhalb des Landkreises Offenbach zeigen die Teilräume eine relativ einheitliche Entwicklung. Jedoch anders als bei der Entwicklung der Bevölkerung übertrifft das Wachstum der bedarfsrelevanten Haushalte bis 2030 im Teilraum 3 (+11,1 %) die Entwicklung im Teilraum 1 (+9,9 %). Der Teilraum 2 verbucht dagegen sogar eine Zunahme der relativen Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte von 11,6 %. Auffallend ist somit dass innerhalb des Kreises alle drei betrachteten Räume sowohl bei der Bevölkerung als auch bei den Haus- halten bis 2030 wachsen werden. Dies ist ein wichtiges Ergebnis für die zukünftige Entwicklung der Woh- nungsnachfrage. Tabelle 21 gibt abschließend einen Überblick über die absoluten Werte der Bevölkerung und der bedarfsrelevanten Haushalte für die Jahre 2015, 2020, 2025 und 2030.

Tabelle 21: Vorausberechnung des Bevölkerungsstandes und der Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte Bevölkerungsvorausschätzung Vorausschätzung der Bedarfshaushalte 2015 2020 2025 2030 2015 2020 2025 2030

Teilräume Teilraum 1 126.686 130.178 132.008 133.332 62.666 63.799 66.994 68.732 Teilraum 2 176.226 183.000 184.818 185.422 82.007 83.071 88.512 91.131 Teilraum 3 44.445 45.932 46.348 46.583 20.571 20.870 22.098 22.772 Landkreis Offenbach 347.357 359.110 363.174 365.337 167.740 177.604 182.635 186.000 Vergleichsregionen Darmstadt 155.353 161.697 165.650 168.725 79.211 80.981 85.700 87.688 Frankfurt am Main 732.688 772.894 792.886 807.350 387.499 395.277 420.726 434.424 Offenbach am Main 123.734 127.752 129.869 131.757 60.863 62.230 65.251 66.941 Hanau 92.643 96.091 97.866 99.370 43.345 44.163 46.635 48.108 Landkreis Darmstadt-Dieburg 292.773 298.899 300.656 301.250 128.983 131.240 137.550 141.094 Landkreis Groß - Gerau 266.042 276.970 280.554 282.717 122.908 125.338 133.636 137.607 Reg-Bez Darmstadt 3.922.369 4.070.974 4.117.978 4.147.217 1.874.203 1.903.480 2.014.064 2.067.145 Hessen 6.176.172 6.349.651 6.370.733 6.365.235 2.916.246 2.958.002 3.106.567 3.165.925 Quelle: Bevölkerungsvorausschätzung der Hessen Agentur, eigene Berechnungen

5.1.3 Ermittlung des Nachholbedarfs Als Nachholbedarf wurde die positive Differenz zwischen dem Sollwohnungsbestand und dem tatsächlichen Wohnungsbestand im Ausgangsjahr definiert. Der Sollwohnungsbestand wiederum errechnet sich aus der Zahl der bedarfsrelevanten Haushalte und der Fluktuationsreserve, die pauschal mit 3 % der bedarfsrele- vanten Haushalte angesetzt wurde. Der tatsächliche Wohnungsbestand wurde der Gemeindestatistik des Hessischen Statistischen Landesamtes entnommen, von dem die Freizeitwohnungen, die laut Zensus 2011 nicht durch Wohnhaushalte belegt waren, abgezogen werden. Gerade in schnell wachsenden Regionen, in denen der Wohnungsneubau nicht mit der Zuwanderung mit- halten kann, kommt es zu meist temporären Wohnungsdefiziten, deren Ausgleich den Nachholbedarf ergibt. Der Abbau dieser Defizite wird in der Prognose so berücksichtigt, dass ein anteiliger jährlicher Nach- holbedarf ermittelt wird. Das heißt, es wird von einem allmählichen Abbau des Nachholbedarfs über den gesamten Betrachtungshorizont ausgegangen. Negative Werte beim Nachholbedarf lassen sich als Leerstandsreserve definieren, die grundsätzlich mit dem Neubedarf verrechnet werden kann. Das ist gleichbedeutend mit der Annahme, dass bestehende Leerstände, die z.B. Folge von Abwanderungstätigkeit der Vergangenheit waren, anstelle von Neubauten zur Deckung des zukünftigen Bedarfs herangezogen werden können, wenn dieser höher ist als der gegen- wärtige Bedarf. Voraussetzung hierfür ist allerdings die zumindest mittelbare Marktfähigkeit dieser Leer- stände. Leerstände, die aufgrund ihrer schlechten Bausubstanz oder ihrer nicht aktuellen Wohnvorstellun- gen genügenden Ausstattung nicht mehr mit vertretbarem wirtschaftlichen Aufwand nutzbar gemacht werden können, sind daher als strukturelle Leerstände nicht zur Leerstandsreserve zu zählen.

75 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Das gleiche kann auch für Wohnlagen angenommen werden, die aufgrund ihrer Lageungunst (z.B. durch Lärmimmissionen oder schlechte infrastrukturelle Anbindung) nicht mehr als marktfähig anzunehmen sind. Eine Wohnungsbedarfsberechnung ist somit nicht nur mit den Unsicherheiten aus der Schätzung der be- darfsrelevanten Haushalte und des Ersatzbedarfs behaftet, sondern auch mit den Unsicherheiten über die Bedarfsgerechtigkeit und Marktgängigkeit der überschüssigen Wohnungen. Die Ergebnisse aus Abschnitt 5.2 zeigen jedoch, dass diese Unsicherheit aufgrund fehlender Leerstände vernachlässigt werden kann.

5.1.4 Ermittlung des Ersatzbedarfs Der Ersatzbedarf kompensiert den Abgang von Wohnungen. Zu seiner Quantifizierung wurde zunächst auf die Abgangsquoten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zurückgegriffen, die für Ein- und Zweifamilienhäusern bei 0,2 % und für Mehrfamilienhäusern bei 0,3 % liegen (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, 2015, S.13). Diese Quoten erschienen jedoch vor allem in solchen Wohnungs- märkten, die von stagnierenden oder rückläufigen Wohnungsbedarfen geprägt sind, im Verhältnis zum Neubaubedarf deutlich zu hoch, da anzunehmen ist, dass ein Ersatzbedarf nur in solchen Wohnungsmärk- ten realisiert wird, in denen die notwendigen wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Nachfrage nach Neubauten besteht. Die oben genannten Quoten wurden daher mit Anpassungsfaktoren versehen, so dass in stagnierenden Teilräumen nur 25 % des Ersatzbedarfs berücksichtigt wird. In Teilräumen mit einem Neu- und Nachholbe- darf bis 2030, der weniger als 20 % des Wohnungsbestandes im Basisjahr 2015 ausmacht, wurde ange- nommen, dass nur 63 % des Ersatzbedarfs realisiert wird. Für die Siedlungsflächenplanung zu beachten ist, dass der Ersatzbedarf nur zum Teil flächenwirksam ist, wenn man davon ausgeht, dass frei gemachte Grundstücke wieder bebaut werden können. Allerdings führen nicht nur Abrisse, sondern auch Umwand- lungen oder Zusammenlegungen zu Wohnungsabgängen. So wird beispielsweise im Regionalplan Nordhes- sen 2009 unterstellt, dass der Ersatzbedarf im Ordnungsraum zu 30 % und im ländlichen Raum zu 40 % flächenwirksam ist (Regierungspräsidium Kassel, 2009, S.48).

5.2 Zusammenfassung der Komponenten des Wohnungsbedarfs Der zukünftige Wohnungsbedarf errechnet sich nach einem Komponentenmodell. Der vorausberechnete Wohnungsbedarf ergibt sich dabei aus der Addition der drei Komponenten, die in den Unterabschnitten des Abschnitts 5.1 erläutert wurden. Bei der Berechnung des Wohnungsbedarfs wurden drei Perioden un- terschieden: bis 2020, bis 2025 und bis 2030. Die Ergebnisse der Vorausberechnung unterscheiden zwi- schen den drei Teilräumen, die sich gemeinsam auf den Landkreis Offenbach aggregieren. Aussagen über die zukünftige Entwicklung sind immer mit Unsicherheiten behaftet. Daher differieren die Ergebnisse zwi- schen zwei Szenarien. Das Basisszenario orientiert sich am Ausgangsjahr 2015 der zugrunde liegenden Be- völkerungsvorausberechnung sowie der Prognose der bedarfsrelevanten Haushalte. Deren Ergebnisse lie- gen lediglich in 5 Jahresschritten vor. Die erste Periode des vorausberechneten Wohnungsbedarfs umfasst somit den Zeitraum von 2015 bis 2020. Vor dem Hintergrund der aktuell vielerorts gestiegenen Bautätigkeit wurde zusätzlich ein zweites Szenario berechnet. In diese Rechnung flossen die Fertigstellungen bis einschließlich 2016 ein. Vom bis zum Jahr 2020 ermittelten Wohnungsbedarf des Basisszenarios wurden die sekundärstatistisch vorliegenden Fertig- stellungen abgezogen. Der resultierende Gesamtbedarf für die Periode bis 2020 fällt entsprechend geringer aus. Das Szenario ermöglicht eine aktuellere Abschätzung des jährlichen Bedarfs, da die Datengrundlage neuer ist. Somit umfasst die erste Periode in diesem Szenario die Jahre 2017 bis 2020. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass die Bautätigkeit auf Gemeindeebene für Einzeljahre volatil ist. Vor diesem Hintergrund

76 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 ermöglicht es das zweite Szenario den denkbaren Schwankungsbereich der vorliegenden Ergebnisse zu- mindest anzudeuten13.

Tabelle 22: Gegenüberstellung der kumulativen Wohnungsbedarfe, der jährlichen Bedarfe nach Teilperi- oden mit den gegenwärtigen durchschnittlichen Fertigstellungen für den Landkreis Of- fenbach und die Teilräume kumulativer Wohnungsbedarf pro Jahr Fertigstellungen Wohnungsbedarf Bis Bis Bis Bis 2021- 2026- Jährl. Mittel zw. 2020 2025 2030 2020 2025 2030 2014 – 2016 Basisszenario

Teilraum 1 5.172 8.844 12.137 1.034 734 659 326 Teilraum 2 8.150 13.395 17.562 1.630 1.049 833 375 Teilraum 3 1.627 2.683 3.479 325 211 159 200 LK Offenbach 14.950 24.922 33.178 2.990 1.994 1.651 901 Szenario 2

Teilraum 1 4.418 8.090 11.383 1.105 734 659 326 Teilraum 2 7.384 12.629 16.796 1.846 1.049 833 375 Teilraum 3 1.204 2.260 3.056 301 211 159 200 LK Offenbach 13.007 22.979 31.235 3.252 1.994 1.651 901 Quelle: Eigene Berechnungen

Abbildung 43: Geschätzte kumulative Wohnungsbedarfe nach Szenarien und deren Komponenten im Basisszenario bis 2030 in den Teilräumen des Landkreises Offenbach 20.000 18.000 Wohnungsbedarf: Basisszenario 16.000 Wohnungsbedarf: Szenario 2 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3

Quelle: Eigene Berechnungen

Tabelle 22 und Abbildung 43 zeigen die Ergebnisse der Vorausberechnung des Wohnungsbedarfs für beide Szenarien. Bis 2030 besteht der größte Wohnungsbedarf in absoluten Zahlen und aggregiert über den kom- pletten Prognosehorizont im Teilraum 2. Der Wohnungsbedarf dort liegt zwischen etwa 16.800 (Szenario 2)

13 Der resultierende Schwankungsbereich stellt dabei aus statistischer Sicht jedoch nicht notwendigerweise die absoluten Ober- beziehungsweise Untergrenzen der möglichen Entwicklung dar.

77 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 und etwa 17.560 Wohnungen (Basisszenario). Der vorausberechnete Wohnungsbedarf im Teilraum 1 be- trägt zwischen etwa 11.380 (Szenario 2) und etwa. 12.140 Wohnungen (Basisszenario). Im Teilraum 3 be- trägt der kumulierte Wohnungsbedarf bis 2030 zwischen etwa 3.060 (Szenario 2) und 3.480 Wohnungen (Basisszenario). In allen Teilräumen fällt der kumulative Wohnungsbedarf in Szenario 2 aufgrund der ver- kürzten Berechnungsperiode bis 2020 kleiner aus als im Basisszenario. Tabelle 23 zeigt die detaillierten Ergebnisse der einzelnen Komponenten des kumulierten Wohnungsbe- darfs für die drei Perioden bis 2020, bis 2025 und bis 2030 für das Basisszenario. Abbildung 44 veranschau- licht die Informationen als Aggregat über den gesamten Prognosehorizont bis 2030. Der größte Anteil am kumulierten Wohnungsbedarf entfällt auf den Neubau. So entfallen im Landkreis vom gesamten Woh- nungsbedarf von etwa 33.200 Wohnungen im Basisszenario etwa 18.800 auf die Komponente Neubau. Aufgrund des Spannungsverhältnisses des Wohnungsmarkts im Landkreis besteht ein Fehlbedarf, der sich bis 2030 in einem Bedarf von etwa 10.000 Wohnungen äußert. Innerhalb des Kreises ist der Anteil des Fehlbedarfs am gesamten kumulierten Wohnungsbedarf im Teilraum 1 am größten. Der Ersatzbedarf im Landkreis beträgt bis 2030 etwa 4.360 Wohnungen.

Tabelle 23: Komponenten des Wohnungsbedarfs im Basisszenario in den Teilräumen des Landkreises Offenbachs und den Teilräumen nach Teilperioden Nachholbedarf /

Kumulierter Neubedarf Leerstandsreserve Ersatzbedarf Bis Bis Bis Bis Bis Bis Bis Bis Bis 2020 2025 2030 2020 2025 2030 2020 2025 2030 Teilraum 1 3.291 5.081 6.492 1.355 2.710 4.065 527 1.053 1.580 Teilraum 2 5.604 8.302 9.922 1.777 3.554 5.331 769 1.539 2.308 Teilraum 3 1.265 1.959 2.393 206 413 619 156 311 467 Landkreis Offenbach 10.160 15.342 18.808 3.338 6.677 10.015 1.452 2.904 4.355 Quelle: Eigene Berechnungen

Abbildung 44: Kumulative Wohnungsbedarfe nach Komponenten im Basiszenario bis 2030 in den Teilräumen des Landkreises Offenbach 20.000 18.000 Ersatzbedarf 16.000 Nachholbedarf/Leerstandsreserve 14.000 12.000 Neubedarf 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3

Quelle: Eigene Berechnungen

Der Neubaubedarf als eine Komponente des Wohnungsbedarfs lässt sich über Dekomposition in zwei Teile zerlegen. Abbildung 45 zeigt als Grundlage dafür die Bevölkerungs- und die Haushaltsentwicklung für den Landkreis und seine Teilräume bis 2030. Die Bevölkerungsentwicklung lässt sich als Anteil am Neubaube- darf interpretieren, der insbesondere die Zuwanderung zurückgeht (zuwanderungsbedingte Komponente).

78 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Diese Definition enthält die Annahme, dass die durchschnittliche Größe eines Haushaltes zukünftig kon- stant bleibt. Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass die Anzahl der Haushalte stärker zunimmt als die Bevöl- kerungsstände (vgl. Abschnitt 5.1.1 und Abschnitt 5.1.2). Die Differenz zwischen dem Zuwachs der Anzahl der Haushalte und dem Zuwachs der Bevölkerung entspricht daher dem Anteil des Wohnungsbedarfs, der die gesellschaftlichen Entwicklungen abbildet, die sich aus der Veränderung der Zusammensetzung der Haushalte ergibt (demografische Komponente).

Abbildung 45: Relative Entwicklung der Bevölkerung und der bedarfsrelevanten Haushalte bis 2030 14%

12%

10% 9,9% 11,6% 11,1% 10,9% 8%

6%

4% 5,2% 5,2% 4,8% 5,2% 2%

0% Teilraum 1 Teilraum 2 Teilraum 3 LK Offenbach

Bevölkerungsentwicklung bis 2030 Haushaltsentwicklung bis 2030

Quelle: Eigene Berechnungen.

Abbildung 46: Dekomposition des kumulierten Neubaubedarfs bis 2030 20.000

16.000

12.000

8.000

4.000

0 Teilraum 1 Teilraum 2 Teilraum 3 LK Offenbach

Anteil der demographischen Komponente am Bedarf Anteil der zuwanderungsbedingten Komponente am Bedarf

Quelle: Eigene Berechnungen.

Abbildung 46 zeigt die zuwanderungsbedingte und die demografische Komponente des Neubaubedarfs bis 2030. Von dem für den Teilraum 1 ermittelten Neubaubedarf von etwa 6.500 Wohnungen entfallen etwa 3.500 Wohnungen auf die zuwanderungsbedingte Komponente und etwa 3.000 Wohnungen auf die demo- grafische Komponente. Der Teilraum 2 hat mit annähernd 10.000 Wohnungen den höchsten Neubaubedarf

79 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 der drei Teilräume. Etwa 45 % davon entfallen auf die zuwanderungsbedingte Komponente (etwa 4.500 Wohnungen). Im Teilraum 3 ist der Anteil der zuwanderungsbedingten Komponente am geringsten. Von den etwa 2.400 vorausberechneten neuzubauenden Wohnungen entfallen lediglich etwa 43 % auf die zu- wanderungsbedingte Komponente. Dies entspricht etwas mehr als 1.000 Wohnungen. Im Aggregat resul- tiert damit eine Verteilung, bei der etwa 48 % des Neubaubedarfs auf die zuwanderungsbedingte Kompo- nente entfallen. Dies entspricht etwa 8.900 der insgesamt etwa 18.800 neuzubauenden Wohnungen. Auf die demografische Komponente entfallen entsprechend etwa 9.900 Wohnungen. Unterscheidet man für die kumulierten Wohnungsbedarfe die Teilperioden bis 2020, 2021 bis 2025 sowie 2026 bis 2030 und legt die Werte auf einzelne Jahre um, zeigt sich eine Dynamik für die jährlichen Bedarfe, die in Abbildung 47 visualisiert ist. Eine Zusatzinformation bildet die durchschnittliche Anzahl der jährlichen Fertigstellungen des Zeitraumes zwischen 2014 und 2016. Sie dient als Referenz der gegenwärtigen Situati- on für die zukünftigen jährlichen Bedarfe. Die pro Jahr vorausberechneten Wohnungsbedarfe werden für die erste Periode bis 2020 für beide Szenarien getrennt dargestellt. In den Teilräumen 1 und 2 fällt der jähr- liche Bedarf im zweiten Szenario höher aus als im Basisszenario. Da die Bautätigkeit der Jahre 2015 und 2016 in diesen Teilräumen unterhalb des errechneten Bedarfs lag, vergrößerte sich der jährliche Bedarf für die Folgejahre der Periode. Im Teilraum 3 kehrt sich das Verhältnis zwischen den Szenarien dagegen um. Der jährliche Wohnungsbedarf bis 2020 liegt im zweiten Szenario unterhalb des Bedarfs des Basisszenarios. Dies spiegelt die hohe Bautätigkeit des Teilraums in den vergangenen Jahren wider (vgl. Abschnitt 3.1.1).

Abbildung 47: Geschätzte jährliche Wohnungsbedarfe nach Teilperioden in den Teilräumen des Landkrei- ses Offenbach und durchschnittliche jährliche Fertigstellungen 2.000 Bedarf p.a. bis 2020: Basisszenario 1.800

1.600 Bedarf p.a. bis 2020: Szenrio 2

1.400 Bedarf p.a. (o. Leerst.) 2021-2025

1.200 Bedarf p.a. (o. Leerst.) 2026-2030

1.000 durchschnittl. Fertigstellungen p.a. 2014-2016

800

600

400

200

0 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3

Quelle: Eigene Berechnungen

Alle Teilräume zeigen nach 2020 eine sich verlangsamende Dynamik. Dabei übersteigen die Bedarfe den- noch durchweg die Anzahl der gegenwärtigen mittleren jährlichen Fertigstellungen. Einzige Ausnahme bil- den die jährlichen Bedarfe in der letzten Teilperiode im Teilraum 3. Hier entsprechen sich die Werte in et- wa. Somit besteht dennoch über den Prognosehorizont ein zusätzlicher Bedarf, der das aktuelle Niveau an Fertigstellungen weitestgehend übersteigt. Der größte Anteil des zukünftigen Bedarfs besteht dabei in der ersten Teilperiode in beiden Szenarien bis 2020. In den Folgeperioden ist der jeweilige jährliche Bedarf ab- nehmend.

80 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

5.3 Qualitative Aspekte des zukünftigen Wohnungsbedarfs Neben der mengenmäßigen Zu- und Abnahme der Haushaltszahlen ist auch die demografische Struktur der Haushalte für Größe und Art der Wohnungsnachfrage maßgeblich. Ältere Haushalte besitzen andere Wohnbedürfnisse als junge Haushalte, Familienhaushalte benötigen üblicherweise größere Wohnungen als Singlehaushalte. Dazu kommt, dass Wohnbedürfnisse von Haushalten im Lebenszyklus Änderungen erfah- ren, die tatsächliche Wohnsituation jedoch nicht immer entsprechend angepasst wird. Insbesondere ältere Haushalte verbleiben in hohem Maße in Wohnungen, die sie bereits in der Expansionsphase, d.h. während der Familienbildung, belegt haben. Im folgenden Abschnitt wird der Einfluss des demografischen Wandels auf die Wohnungsnachfrage disku- tiert und eine Abschätzung der Folgen für den Neubaubedarf in den Teilräumen des Landkreises vorge- nommen.

5.3.1 Veränderung der Altersstruktur der bedarfsrelevanten Haushalte Neben der quantitativen Entwicklung des Bevölkerungsstandes (vgl. Abschnitte 2.1.1 und 5.1.1) ist die Alte- rung ein wesentliches Merkmal des demografischen Wandels. Wie oben angesprochen, führt eine sich wandelnde Altersstruktur auch zu Veränderungen für die Wohnungsnachfrage der Haushalte bei Art und Größe. Abbildung 48 und Abbildung 49 verdeutlichen die Verschiebung für alle Teilräume. Deutlich wird, dass sich das Verhältnis zwischen jüngeren und älteren Haushalten zugunsten der älteren verschiebt. So erhöht sich sowohl im Landkreis Offenbach, den drei Teilräumen innerhalb des Kreises sowie in den über- geordneten Gebietskörperschafen der Anteil der Personen mit mindestens 65 Jahren an der Gesamtbevöl- kerung.

Abbildung 48: Vorausschätzung der relativen Veränderung der Altersstruktur der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach, seinen Teilräumen sowie den übergeordneten Ge- bietskörperschaften 2015-2030

100%

90% 28% 29% 31% 30% 31% 30% 34% 80% 38% 36% 38% 37% 35%

70%

60% 65 u. älter 37% 37% 50% 38% 37% 38% 40% 34% 33% 45 bis u.65 33% 34% 34% 33% 40% 25 bis u. 45 30% bis u. 25

20% 29% 28% 31% 28% 29% 28% 28% 26% 26% 26% 26% 26% 10%

0% 4% 3% 4% 4% 3% 3% 4% 3% 5% 4% 5% 4% 2015 2030 2015 2030 2015 2030 2015 2030 2015 2030 2015 2030 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach Reg-Bez Darmstadt Hessen

Quelle: Eigene Berechnungen

81 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Die Zunahme fällt im Landkreis und seinen Teilräumen etwas ausgeprägter aus, als im Regierungsbezirk und im Bundesland. So beträgt der Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung im Landkreis Offenbach im Jahr 2030 etwa 37 % (+7 Prozentpunkte zu 2015). Im Regierungsbezirk liegt der Anteil mit etwa 34 % im Vergleich zum Landkreis etwa 3 Prozentpunkte niedriger (bei einer Zunahme von 6 Prozentpunkten gegen- über 2015). Im Land beträgt der Anteil etwa 35 % (+ 6 Prozentpunkte gegenüber 2015). Diesem Zuwachs steht eine Abnahme der Anteile jüngerer Haushalte gegenüber. Dabei übersteigt der Anteil der jüngeren Bevölkerung unter 45 Jahren im Regierungsbezirk und im Land im Jahr 2030 (jeweils etwa 28 %) den ent- sprechenden Anteil im Landkreis Offenbach um 2 Prozentpunkte. Der Alterungsprozess ist somit im Land- kreis Offenbach stärker ausgeprägt als in den übergeordneten Gebietskörperschaften. Abbildung 49 liefert eine Vorausschätzung der absoluten Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte bestimm- ter Altersklassen in den Teilräumen des Landkreises Offenbach im Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2015. Insbesondere die Zunahme der Anzahl der Seniorenhaushalte, die sich in der relativen Darstellung in Abbil- dung 48 zeigte, wird auch in absoluten Zahlen deutlich. So steigt die Anzahl der Seniorenhaushalte um an- nährend 10.000 auf deutlich über 35.000 Haushalte im Teilraum 2. Im Teilraum 1 beträgt die Zunahme die- ser Haushalte über 6.000 auf über 25.000. Im kleinsten Teilraum 3 erhöht sich die Anzahl um über 2.000 auf etwa 8.800 Seniorenhaushalte. Da die Anzahl der besonders jungen Haushalte zahlenmäßig ein geringes Gewicht aufweist, fällt der absolute Rückgang entsprechend geringer aus.

Abbildung 49: Vorausschätzung der Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte bestimmter Altersklassen in den Teilräumen des Landkreises Offenbach im Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2015 100.000

90.000

80.000

70.000

60.000 65 u. älter 50.000 45 bis u.65 40.000 25 bis u. 45

30.000

20.000

10.000

0 2015 2030 2015 2030 2015 2030 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3

Quelle: Eigene Berechnungen

5.3.2 Veränderung der Haushaltsgröße der bedarfsrelevanten Haushalte Neben der Alterung der Bevölkerung wirkt sich auch die Veränderung der Größenstruktur der Haushalte auf die Wohnungsnachfrage aus. Ursächlich hierfür sind mehrere Faktoren: Veränderte Lebensgewohnheiten, die z.B. zu einem späteren Familienbildungsverhalten führen, geringere Personenzahlen jüngerer Altersko- horten, aus denen sich zukünftige Familienhaushalte rekrutieren und eine nachholende Verlängerung der Lebenserwartung von Männern, die zu einer gewissen Zunahme der Zahl der Seniorenpaarhaushalte führt. Diese gesellschaftlichen Entwicklungen führen tendenziell dazu, dass die Anzahl der kleinen und kleineren Haushalte steigt, während die Anzahl der großen Haushalte zukünftig eher zurückgehen wird. Abbildung 50 verdeutlicht die erwartete Entwicklung für den Landkreis Offenbach und seine Teilräume.

82 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Dargestellt sind die Jahre 2015 und 2030. In allen drei Teilräumen steigt die gesamte Anzahl der Haushalte über den Prognosehorizont. Dabei kommt es jedoch nicht nur zur oben diskutierten Veränderung der Al- tersstruktur der bedarfsrelevanten Haushalte, sondern auch die zu Beginn dieses Abschnitts aufgezeigten Entwicklungen bewirken, Veränderungen bei der Haushaltsgröße. So steigt die Anzahl der Singlehaushalte im Teilraum 2 um etwa 5.300 Haushalte auf über 32.200 Haushalte an, im Teilraum 1 um etwa 3.450 Haus- halte auf etwa 27.650 Haushalte und im Teilraum 3 um etwa 1.250 Haushalte auf 7.950 Haushalte. Insgesamt summiert sich dies im Jahr 2030 auf eine Gesamtzahl von etwa 67.850 Singlehaushalten im Landkreis. Noch stärker steigt die Anzahl der Zweipersonenhaushalte. Kreisweit sind für das Jahr 2030 etwa 78.400 bedarfsrelevante Haushalte vorausberechnet, während es im Jahr 2015 lediglich etwa 63.900 Haus- halte waren. Die Anzahl der Haushalte von mindestens drei Personen reduzierte sich dagegen in allen drei Teilräumen. Dennoch erhöhte sich die Gesamtanzahl der Haushalte im Kreis insgesamt auf etwa 186.000 Haushalte, was einem Zuwachs um etwa 18.200 Haushalte im Vergleich zum Jahr 2015 entspricht.

Abbildung 50: Vorausberechnung der bedarfsrelevanten Haushalte nach Größe für das Jahr 2030 und Vergleich mit 2015

200.000

180.000

160.000

140.000

120.000

100.000 5+ PHH 4 PHH 80.000 3 PHH 2 PHH 60.000 1 PHH

40.000

20.000

0 2015 2030 2015 2030 2015 2030 2015 2030 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 Landkreis Offenbach

Quelle: Eigene Berechnungen

Diese Entwicklungen machen sich auch in den relativen Anteilen bemerkbar (Abbildung 51). Der Anteil der Single- und Paarhaushalte erhöht sich bis zum Jahr 2030 auf etwa 78 %, was einem Anstieg von 6 Prozent- punkten entspricht. Entsprechend sinken die Anteile der Haushalte mit einer Größe von mindestens drei Personen. Innerhalb des Kreises zeigen sich die Veränderungen unterschiedlich stark ausgeprägt. So ist der Anteil der Zweipersonenhaushalte im Teilraum 1 mit 39 % mindestens 4 Prozentpunkte höher als in den anderen beiden Teilräumen. Im Vergleich zu 2015 hat sich der Anteil jedoch nur um einen Prozentpunkt erhöht. Auch in den anderen beiden Teilräumen zeigt sich nur eine geringe Steigerung beim Anteil der Sin- glehaushalte an der Gesamtzahl der Haushalte. Die dynamischere Entwicklung vollzieht sich somit bei den Zweipersonenhaushalten.

83 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 51: Vorausberechnung der relativen Veränderung der Größenstruktur der bedarfsrelevanten Haushalte im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen und Vergleich mit 2015

100% 4% 3% 3% 2% 3% 2% 3% 3% 7% 9% 7% 8% 7% 90% 10% 11% 10% 12% 11% 12% 12% 80% 14% 15% 15% 14%

70%

60% 40% 5+ PHH 44% 36% 43% 42% 40% 38% 50% 38% 4 PHH 3 PHH 40% 2 PHH 30% 1 PHH

20% 38% 39% 36% 32% 35% 32% 34% 34% 10%

0% 2015 2030 2015 2030 2015 2030 2015 2030 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 Landkreis Offenbach

Quelle: Eigene Berechnungen

5.3.3 Typisierung der Haushalte Aus dem Zusammenspiel von Alter (der Haushaltsbezugsperson) und der Zahl der Haushaltsmitglieder wer- den für die weitere Untersuchung folgende wohnungsnachfragerelevante Haushaltsgrundtypen verwendet:

• Junge Haushalte: Hierunter werden unabhängig von der Zahl der Haushaltsmitglieder sogenannte Starterhaushalte zusammengefasst, deren Bezugsperson unter 25 Jahren ist. Hierbei handelt es sich meist um Single- oder Paarhaushalte, die nach dem Auszug aus dem Elternhaus erstmals einen eigenen Haushalt gründen. • Jüngere Kleinhaushalte sind vorwiegend (aus Gründen der geringen Fallzahl werden Alleinerziehen- denhaushalte mit einem Kind nicht extra aufgeführt) Single- und Paarhaushalte im Alter zwischen 25 und 45 Jahren verstanden. Diese Haushalte befinden sich zum Teil noch vor der Expansionsphase, das heißt vor der Phase der Familiengründung. • Mittelalte Kleinhaushalte sind Single- und Paarhaushalte, die ohne Kinder im Haushalt leben und mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Statuswechsel zum Familienhaushalt mehr durchlaufen, oder die sich bereits in der Phase nach dem Auszug der erwachsenen Kinder befinden. • Mehrpersonen- und Familienhaushalte sind alle Haushalte mit drei und mehr Haushaltsmitgliedern. Neben Familien sind hier zu untergeordneten Anteilen auch Mehrgenerationenhaushalte ohne Kinder, Mehrpersonenhaushalte ohne Kernfamilie oder Alleinerziehende mit zwei und mehr Kindern enthalten. • Ältere Haushalte sind unabhängig von der Zahl der Haushaltsmitglieder alle Haushalte, deren Be- zugsperson mindestens 65 ist.

Um Aussagen zu qualitativen Wohnbedarfen in den Teilräumen des Kreises für das Jahr 2030 treffen zu können, wird im ersten Schritt der Saldo der prognostizierten Haushaltszahlen zwischen den Jahren 2015

84 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 und 2030 anhand der Haushaltscharakteristika Alter und Zahl der Haushaltsmitglieder einem der oben auf- geführten Typen zugeordnet. Im zweiten Schritt wird dann anhand von typischen Wohnungsnachfragepro- filen jedes Haushaltstyps der Mehr- oder Minderbedarf an Wohnungen bestimmter Wohnformen und Wohnungsgrößen abgeleitet. Die Schwierigkeit bei der Vorausschätzung dieses Profils liegt in der Vielzahl von Einflussfaktoren, die die Wohnformwahl von Haushalten beeinflussen, denn trotz bestimmter Präferenzen ist die Wohnungswahl von Haushalten nicht deterministisch. Das bedeutet, dass Haushalte ihre Wahl unter Prüfung der vorhan- denen Alternativen treffen: das Preisgefüge am Wohnungsmarkt und die Angebotsalternativen spielen bei der Wahl also eine entscheidende Rolle. So ist zu beobachten, dass Haushalte gleichen Typs im ländlichen Raum einen deutlich größeren Wohnflächenkonsum aufweisen als in städtischen Räumen. Der Einfluss der Wohnkosten hat auch Auswirkungen auf die Wohnbiografie im Lebenszyklus eines Haushalts. So erhöhen die geringen Nutzungskosten abbezahlter Eigenheime die Wahrscheinlichkeit, dass Haushalte in der Konso- lidierungsphase häufig keine Verringerung des Wohnkonsums anstreben, da ein Umzug kaum zu einer Ver- ringerung der Wohnkosten führt. Da eine Prognose der zukünftigen Angebots- und Preissituation in den einzelnen Teilmärkten nicht möglich ist, wurde bei der Abschätzung der zukünftig nachgefragten Wohnformen zunächst vom gegenwärtigen Nutzungsprofil ausgegangen, auch wenn, wie vorbeschrieben, dieses nicht unbedingt den vorrangigen Be- darf widerspiegelt sondern die tatsächliche Nachfrage. Das bedeutet, die Art der zukünftigen Wohnungs- nachfrage wurde rechnerisch unter der Prämisse ermittelt, dass die Wohnformwahl der Haushalte be- stimmter Typen im Zeitablauf konstant ist (Status-Quo-Prognose). Empirisch zeigt sich, dass große Ähnlichkeit im Nutzungsprofil von Mehrpersonenhaushalten und Senioren- haushalten bestehen. Verglichen mit Familienhaushalten zeigt sich bei Seniorenhaushalten demnach häufig nur ein geringfügiger Rückgang der Einfamilienhausnutzung. Dieser sog. Remanenzeffekt erklärt sich mit dem Verbleib des Haushaltes in der Wohnung nach Auszug der erwachsenen Kinder und kommt dem gera- de im Alter ausgeprägten Bedürfnis nach Verbleib in den bekannten Wohnverhältnissen und dem Woh- numfeld entgegen. Remanenz reduziert aber gerade in Zeiten zunehmender Alterung der Bevölkerung das Angebot an Einfamilienhäusern im Bestand für neu gegründete Familienhaushalte. Aus dieser Engpasssitua- tion kann auch trotz abnehmender Zahlen an Familienhaushalten zwischenzeitlich ein erheblicher Neube- darf an Eigenheimen erwachsen. Fraglich ist jedoch, ob der Remanenzeffekt auch zukünftig in gleichem Maße Bestand haben wird. Steigen- de Betriebskosten energetisch ineffizienter älterer und großer Einfamilienhäuser, anstehende Modernisie- rungsnotwendigkeiten etc. können dazu beitragen, dass ältere und kleinere Haushalte in verstärktem Maße Umzüge in Erwägung ziehen, vorausgesetzt, ein entsprechendes Angebot an geeigneten Wohnungen steht zur Verfügung und die Fungibilität des Eigenheims wird durch eine entsprechende Immobiliennachfrage sichergestellt. Eine gute Veräußerbarkeit oder Vermietbarkeit von Bestandsgebäuden und geeignete senio- rengerechte Wohnalternativen können den Remanenzeffekt mindern. Andererseits wird auch zukünftig die Zahl der Seniorenhaushalte zunehmen, die andere als die „klassische“ Wohnbiografie mit Haushaltsgrün- dung, Expansion (Familiengründung) und Konsolidierung durchleben werden. Höhere Wohnkaufkraft, hö- here Mobilitätsbereitschaft und Kinderlosigkeit zukünftiger Seniorenhaushalte wirken sich ebenfalls min- dernd auf den Remanenzeffekt aus. Um die Auswirkungen derartig veränderter Rahmenbedingungen veranschaulichen zu können, wurde in einem zweiten Szenario ein Rückgang des Remanenzeffekts um 30% unterstellt. Dies bedeutet, dass in die- sem Szenario die Häufigkeit der Eigenheimnachfrage durch Seniorenhaushalte gegenüber dem Nachfrage- profil des Jahres 2011 um 30% geringer angesetzt wurde, entsprechend wurde die Nachfrage nach kleinen und mittleren Wohnungen um den gleichen Wert höher angesetzt. Eine Abschätzung der zukünftigen wohnformspezifischen Neubaubedarfe erhält man nun durch die Multiplikation der zukünftigen Mehr- und Minderzahlen an Haushalten jeden Typs mit den vorgenannten zwei Szenarien an haushaltstypspezifischen Nutzungsprofilen. Abschnitt 5.3.4 zeigt die Ergebnisse der Vorausberechnung der Haushaltstypen, während Abschnitt 5.3.5 einen Überblick über die Ergebnisse der Szenarien gibt.

85 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

5.3.4 Vorausberechnung der Haushaltstypen Abbildung 52 zeigt die Ergebnisse der Vorausberechnung der Haushaltstypen für die Jahre 2020, 2025 und 2030 sowie für das Basisjahr 2015. Zu den Erkenntnissen der vorangegangenen Abschnitte gehört die Ent- wicklung, dass die zukünftige Anzahl bedarfsrelevanter Haushalte im Landkreis Offenbach und seinen Teil- räumen über den betrachteten Zeithorizont höher ausfällt als im Basisjahr 2015. Die Zahl der Haushalte steigt im Zeitverlauf an, lediglich nach 2025 zeigt sich im Landkreis sowie in den Teilräumen 1 und 2 ein minimaler Rückgang. Hinter dieser Entwicklung verbergen sich vielfältige gesellschaftliche und demografi- sche Prozesse (siehe Abschnitte 5.1.1 und 5.1.2). Insbesondere der Trend hin zu kleineren Haushalten kann die Wohnungsnachfrage auch bei sinkendem Bevölkerungsstand stabilisieren. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass es über den betrachteten Prognosezeitraum bis 2030 im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen, auf Grundlage der unterstellten Bevölkerungsvorausberechnung, zu Bevölkerungsgewinnen kommen wird.

Abbildung 52: Vorausberechnung der Anzahl der bedarfsrelevanten Haushalte differenziert nach Typen für den Landkreis Offenbach und die einzelnen Teilräume für 2015, 2020, 2025 und 2030 200.000

180.000 ältere HH Mehrpers.-HH mittelalte Klein-HH jüngere Klein-HH 160.000 junge HH 140.000

120.000

100.000

80.000

60.000

40.000

20.000

0 2015 2020 2025 2030 2015 2020 2025 2030 2015 2020 2025 2030 2015 2020 2025 2030

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 Landkreis Offenbach Quelle: Eigene Berechnungen

Insbesondere die Anzahl der älteren Haushalte stellt die quantitativ bedeutsamste Zunahme dar. So wird es im Landkreis im Jahr 2030 etwa 69.500 Seniorenhaushalte geben. Im Basisjahr 2015 waren es dagegen nur etwa 52.200 Haushalte. Obwohl die Gesamtanzahl an Haushalten bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2015 an- steigt, sinkt die Anzahl der Mehrpersonenhaushalte um über 7.000 auf etwa 32.800 Haushalte. Die Anzahl der jüngeren und mittelalten (Klein-)Haushalte nimmt insgesamt zwar zu, jedoch bleibt der relative Anteil an allen Haushalten des jeweiligen Jahres zwischen 2015 und 2030 im Landkreis gleich (je 46 %). Dies gilt näherungsweise für alle drei Teilräume, was Abbildung 53 verdeutlicht. Kreisweit beträgt im Jahr 2030 der Anteil der Seniorenhaushalte an allen Haushalten 37 %. Dies entspricht einem Anstieg um 6 Prozentpunkte seit 2015. Analog zum absoluten Wachstum erhöht sich auch der relative Anteil der Seniorenhaushalte über den Betrachtungshorizont. Diese Entwicklung vollzieht sich in den Teilräumen einheitlich.

86 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 53: Relative Anteile der vorausberechneten bedarfsrelevanten Haushalte differenziert nach Typen für den Landkreis Offenbach und die einzelnen Teilräume für 2015, 2020, 2025 und 2030 100%

90% 32% 32% 32% 31% 31% 32% 31% 32% 34% 31% 35% 80% 35% 38% 36% 38% 37%

70%

60% 22% 20% 18% 22% 20% 25% 22% 20% 17% 25% 23% 21% 24% 18% 18% 50% 19%

40% 25% 26% 25% 25% 24% 24% 25% 24% 25% 23% 30% 24% 23% 24% 25% 25% 23%

20% 21% 20% 19% 20% 19% 10% 18% 18% 18% 18% 20% 16% 17% 18% 17% 19% 18%

0% 2% 3% 3% 3% 1% 4% 4% 4% 4% 3% 3% 3% 2% 4% 3% 3% 2015 2020 2025 2030 2015 2020 2025 2030 2015 2020 2025 2030 2015 2020 2025 2030 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 Landkreis Offenbach junge HH jüngere Klein-HH mittelalte Klein-HH Mehrpers.-HH ältere HH

Quelle: Eigene Berechnungen

Abbildung 54 zeigt die Zu- bzw. Abnahme der Haushaltszahlen für jeden Teilraum des Landkreises Offen- bach aufgeteilt nach den oben vorgestellten wohnungsnachfragerelevanten Haushaltstypen. Um der Tatsa- che gerecht zu werden, dass der Prognosezeitraum unterschiedliche Phasen mit abweichenden Tendenzen aufweist, wurde die Berechnung für drei Teilzeiträume (2015 – 2020, 2020 – 2025 und 2025 – 2030) vorge- nommen. Wie die Abbildung zeigt, ergibt sich in allen Teilräumen ein vergleichbares charakteristisches Bild, ungeachtet der unterschiedlichen Dimension der Zunahme der Haushaltszahlen im Saldo: • Im ersten Teilzeitraum bis 2020 nimmt infolge der Zuwanderung die Zahl der Ein- und Zweiperso- nenhaushalte jüngeren und mittleren Alters zu. Der beginnende Übergang der frühen Kohorten der Babyboomergeneration, also die Geburtsjahrgänge zwischen Mitte der 1950er- bis Ende der 1960er Jahre in das Rentenalter, macht sich in einer Zunahme der Zahl der Seniorenhaushalte bemerkbar. Auf der negativen Seite des Saldos stehen Familienhaushalte, deren Zahl durch die Konsolidie- rungsphase nach Auszug der Kinder und durch den Übergang in den Status eines Seniorenhaushalts abnimmt und junge Haushalte, deren Zahl durch den Übergang in die nächste Phase (jüngere Klein- haushalte) und eine geringere Personenzahl der nachfolgenden Kohorten abnimmt. Einzig im Teil- raum 3 nimmt die Anzahl der jungen Haushalte bereits in dieser Teilperiode ab, während sie in den Teilräumen 1 und 2 noch spürbar ansteigt. • In der zweiten Phase ab 2020 wurde in der Bevölkerungsprognose der Hessen Agentur mangels vorliegender anderer Erkenntnisse von einer weitgehenden Normalisierung der aktuell sehr starken Zuwanderungsintensität ausgegangen. Ohne substanzielle Zuwanderung ist dann davon auszuge- hen, dass die Neubildung jüngerer Haushalte weitgehend zum Erliegen kommen wird oder sich zu- mindest abschwächen wird, sodass die weitere Wachstumsdynamik der Wohnungsnachfrage vor- wiegend von der zunehmenden Zahl der Seniorenhaushalte getragen wird.

87 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

• Ab 2025 steigert sich diese Zunahme noch, da die besonders geburtenstarken späteren Jahrgänge der Babyboomer dann in den Ruhestand treten werden. Ohne erneute verstärkte Zuwanderung wird es dann auch zu abnehmenden Zahlen jüngerer Haushalte kommen.

Abbildung 54: Vorausberechnung der Zu- und Abnahme nachfragerelevanter Haushaltstypen im Land- kreises Offenbach und seinen Teilräumen für die Teilperioden 2015 – 2020, 2020 – 2025 und 2025 - 2030 20.000

ältere HH Mehrpers.-HH mittelalte Klein-HH 15.000 jüngere Klein-HH junge HH

10.000

5.000

0

-5.000

-10.000 Saldo 2015-2020 Saldo 2020-2025 Saldo 2025-2030 Saldo 2015-2020 Saldo 2020-2025 Saldo 2025-2030 Saldo 2015-2020 Saldo 2020-2025 Saldo 2025-2030 Saldo 2015-2020 Saldo 2020-2025 Saldo 2025-2030

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 Landkreis Offenbach Quelle: Eigene Berechnungen

5.3.5 Auswirkung auf die Art der Neubaubedarfe Wie in Abschnitt 5.3.3 methodisch erläutert, bestimmen die Nutzerprofile der einzelnen Haushaltstypen die qualitativen Aspekte der zukünftigen Wohnungsnachfrage. Auf Basis der Daten des Zensus wurde für jeden definierten Haushaltstyp eine Verteilung der betrachteten Wohnformen vorgenommen. Abbildung 55 ver- anschaulicht diese sogenannten Nutzerprofile für die einzelnen Teilräume und den aggregierten Landkreis Offenbach. Der Remanenzeffekt (s. Abschnitt 5.3.3) erklärt sich mit dem Verbleib des Haushaltes in der Wohnung auch nach Auszug der erwachsenen Kinder und unterstreicht den Wunsch vieler älterer Men- schen zum Verbleib in den bekannten Wohnverhältnissen und dem Wohnumfeld. Remanenz reduziert aber gerade in Zeiten zunehmender Alterung der Bevölkerung das Angebot an Einfamilienhäusern im Bestand für neu gegründete Familienhaushalte. Aus dieser Engpasssituation kann auch trotz abnehmender Zahlen an Familienhaushalten zwischenzeitlich ein erheblicher Neubedarf an Eigenheimen erwachsen. Remanenz zeigt sich in allen drei Teilräumen. So ähnelt die Verteilung der Mehrpersonen- und Familienhaushalte auf die verschiedenen Wohnformen der Verteilung der älteren Haushalte. So zeigt sich sowohl bei der Nachfra- ge der Mehrpersonen- beziehungsweise der Familienhaushalte und den älteren Haushalten eine ausge- prägte Präferenz für Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern. Diese sind in den einzelnen Teilräumen jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt. So entfallen bei den Mehrpersonen- und Familienhaushalten im Teilraum 2 etwa 55 % auf Wohnungen in Ein- und Zweifamili- enhäusern. Im Teilraum 1 sind es dagegen mit lediglich etwa 49 % etwas weniger als die Hälfte, jedoch im-

88 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 mer noch die absolut häufigste Wohnform innerhalb dieses Haushaltstyps. Den größten Anteil der Woh- nungen in Ein- und Zweifamilienhäusern an der Verteilung der Wohnformen der Mehrpersonen- und Fami- lienhaushalte ist im Teilraum 3 zu beobachten. Hier wird diese Wohnform mit etwa 68 % von mehr als zwei von drei Haushalten innerhalb dieses Typs gewählt. Bei den älteren Haushalten entsprechen die Anteile der Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern in etwa den Werten der Mehrpersonen- und Familienhaushal- te. So wählen auf Basis der Zensusdaten 2011 etwa 57 % der älteren Haushalte im Teilraum 2, 45 % im Teil- raum 1 und 68 % im Teilraum 3 diese Wohnform. Bei den anderen drei Haushaltstypen spielen die Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern dagegen erwartungsgemäß nur eine untergeordnete Rolle. Denn die geringere Haushaltsgröße und die monetären Möglichkeiten durch das meist geringere Lebensalter verlangen nach kleineren Wohnungen. Deshalb sind Wohnungen in Geschosswohnungen mit drei oder vier Räumen die am häufigsten gewählte Wohnform in den Teilräumen 1 und 2. Etwas anders stellt sich die Situation im Teilraum 3 dar. Auch hier entfallen die höchsten Anteile der jungen Haushalte und der jüngeren Kleinhaushalten auf Wohnungen in Geschoss- wohnungen mit drei oder vier Räumen, jedoch wählen mittelalte Kleinhaushalte Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern häufiger als Wohnungen in Geschosswohnungen, wie in den beiden anderen Teilräu- men.

Abbildung 55: Nachfrageprofile typischer Wohnhaushalte in den Teilräumen des Landkreises Offenbach auf Basis des Zensus 2011 Teilraum 1: 100% 90% 80% Wohnungen in 70% Geschoßwohnungen mit 5 o. 60% mehr Räumen Wohnungen in 50% Geschoßwohnungen mit 3+4 40% Räumen Wohnungen in 30% Geschoßwohnungen mit 1+2 20% Räumen Wohnungen in Ein- und 10% Zweifamilienhäusern 0% (65+) jüngere mittelalte junge HH (<25) ältere Haushalte ältere Kleinhaushalte Kleinhaushalte Familienhaushalte (3+ Pers.; 25-65 J.) 25-65(3+ Pers.; (1-2 Pers.;25-45 J.) (1-2 Pers.;45-65 J.) Mehrpersonen und Mehrpersonen

89 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Teilraum 2: 100% 90% 80% Wohnungen in 70% Geschoßwohnungen mit 5 o. 60% mehr Räumen Wohnungen in 50% Geschoßwohnungen mit 3+4 40% Räumen Wohnungen in 30% Geschoßwohnungen mit 1+2 20% Räumen Wohnungen in Ein- und 10% Zweifamilienhäusern 0% (65+) jüngere mittelalte junge HH (<25) ältere Haushalte ältere Kleinhaushalte Kleinhaushalte Familienhaushalte (3+ Pers.; 25-65 J.) 25-65(3+ Pers.; (1-2 Pers.;25-45 J.) (1-2 Pers.;45-65 J.) Mehrpersonen und Mehrpersonen

Teilraum 3: 100% 90% 80% Wohnungen in 70% Geschoßwohnungen mit 5 o. 60% mehr Räumen Wohnungen in 50% Geschoßwohnungen mit 3+4 40% Räumen Wohnungen in 30% Geschoßwohnungen mit 1+2 20% Räumen Wohnungen in Ein- und 10% Zweifamilienhäusern 0% (65+) jüngere mittelalte junge HH (<25) ältere Haushalte ältere Kleinhaushalte Kleinhaushalte Familienhaushalte (3+ Pers.; 25-65 J.) 25-65(3+ Pers.; (1-2 Pers.;25-45 J.) (1-2 Pers.;45-65 J.) Mehrpersonen und Mehrpersonen

90 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Landkreis Offenbach: 100% 90% 80% Wohnungen in 70% Geschoßwohnungen mit 5 o. 60% mehr Räumen Wohnungen in 50% Geschoßwohnungen mit 3+4 40% Räumen Wohnungen in 30% Geschoßwohnungen mit 1+2 20% Räumen Wohnungen in Ein- und 10% Zweifamilienhäusern 0% (65+) jüngere mittelalte junge HH (<25) ältere Haushalte ältere Kleinhaushalte Kleinhaushalte Familienhaushalte (3+ Pers.; 25-65 J.) 25-65(3+ Pers.; (1-2 Pers.;25-45 J.) (1-2 Pers.;45-65 J.) Mehrpersonen und Mehrpersonen Quelle: Eigene Berechnungen

Die Ergebnisse aus Abbildung 55 spiegeln die Situation der Haushaltstypen zum Zeitpunkt des Zensus wider. Ob der gut erkennbare Remanenzeffekt auch zukünftig in gleichem Maße Bestand haben wird ist jedoch unklar. So sprechen unterschiedliche Argumente dafür (s. Abschnitt 5.3.3), dass ältere und kleinere Haus- halte in verstärktem Maße Umzüge in Erwägung ziehen, vorausgesetzt, ein entsprechendes Angebot an geeigneten Wohnungen steht zur Verfügung und die Fungibilität des Eigenheims wird durch eine entspre- chende Immobiliennachfrage sichergestellt. Deshalb zeigen die Ergebnisse in Abbildung 56 auch die Aus- wirkungen derartig veränderter Rahmenbedingungen in zwei Szenarien, eines in dem das Nutzerprofil der älteren Haushalte als konstant angenommen wird und ein zweites Szenario, das einen Rückgang des Remanenzeffekts um 30% unterstellt. Dies bedeutet, dass in diesem Szenario die Häufigkeit der Eigenheim- nachfrage durch Seniorenhaushalte gegenüber dem Nachfrageprofil des Jahres 2011 um 30% geringer an- gesetzt wurde, entsprechend wurde die Nachfrage nach kleinen und mittleren Wohnungen um den glei- chen Wert höher angesetzt. Die Ergebnisse der beiden Szenarien in Abbildung 56 werden mit dem Angebotsprofil der durchschnittli- chen jährlichen Baufertigstellungen der Jahre 2014 bis 2016 abgeglichen. Aufgrund der höheren Relevanz der ersten Teilperiode bis 2020 und der zunehmenden Prognoseunsicherheit werden nur die Ergebnisse für diese kurzfristigen Neubaubedarfe dargestellt. Im Landkreis Offenbach ergibt sich ein Anteil von Ein- und Zweifamilienhäusern am Neubaumix von etwa 35 %, wenn das Nachfrageprofil aus Abbildung 55 aufrechterhalten werden soll (Szenario 1). Wird ein Ab- bau von Remanenzeffekten unterstellt (Szenario 2), reduziert sich dieser Anteil auf etwa 29%. Der Schwer- punkt der Neubaubedarfe liegt damit bei Wohnungen in Geschosswohnbauten und dort bei mittelgroßen Wohnungen mit drei und vier Räumen, die etwa 42 % (Szenario 1) beziehungsweise 46 % (Szenario 2) aus- machen. Etwas weniger als ein Sechstel (Szenario 1) beziehungsweise mehr (Szenario 2) des Bedarfs entfällt auf kleine Wohnungen, weniger als ein Zehntel (in beiden Szenarien) auf große Wohnungen. Verglichen mit dem Angebotsmix aus den Baufertigstellungen der letzten Jahre entspricht dieses Bedarfsprofil in etwa den derzeitigen Baufertigstellungen.

91 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Strukturbedingt zeigt sich im Teilraum 3 ein höherer Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern als in den an- deren beiden Teilräumen. So umfassen die Szenarien im Teilraum 3 den Wertebereich zwischen 42 % und 51 %, dagegen nur zwischen 29 % und 36 % im Teilraum 2 sowie zwischen 22 % und 27 % im Teilraum 1. Entsprechend höher fallen dort die Anteile nach Wohnungen in Mehrfamilienhäusern aus. So liegen die Anteile für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mit 3 oder 4 Räumen zwischen 42 % und 45 % im Teil- raum 2 und zwischen 48 % und 50 % im Teilraum 1. In den Teilräumen 1 und 2 entspricht jeweils der vo- rausberechnete EZFH-Anteil in etwa dem aktuellen Angebotsmix, im Teilraum 3 ist der EZFH-Anteil der Fer- tigstellungen geringer.

Abbildung 56: Abschätzung der Neubaubedarfe in der Periode 2015 – 2020 für zwei Szenarien und derzei- tige Neubautätigkeit nach Wohnformen in den Teilräumen des Landkreises Offenbach Teilraum 1: Teilraum 2: 100% 100%

80% 80%

60% 60%

40% 40%

20% 20%

0% 0% 2015-2020 2015-2020 jährl. 2015-2020 2015-2020 jährl. Szenario 1 Szenario 2 Fertigst. Szenario 1 Szenario 2 Fertigst. Whg. in MFH 2014-2016 Whg. in MFH 2014-2016 Whg. in MFH mit 5+ R. Whg. in MFH mit 5+ R. Whg. in MFH mit 3+4 R. Whg. in MFH mit 3+4 R. Whg. in MFH mit 1+2 R. Whg. in MFH mit 1+2 R. Whg. in EFH/2FH Whg. in EFH/2FH Teilraum 3: Landkreis Offenbach: 100% 100%

80% 80%

60% 60%

40% 40%

20% 20%

0% 0% 2015-2020 2015-2020 jährl. 2015-2020 2015-2020 jährl. Szenario 1 Szenario 2 Fertigst. Szenario 1 Szenario 2 Fertigst. 2014-2016 2014-2016 Whg. in MFH Whg. in MFH Whg. in MFH mit 5+ R. Whg. in MFH mit 5+ R. Whg. in MFH mit 3+4 R. Whg. in MFH mit 3+4 R. Whg. in MFH mit 1+2 R. Whg. in MFH mit 1+2 R. Whg. in EFH/2FH Whg. in EFH/2FH

Quelle: Eigene Berechnungen

92 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

6 Der Bedarf an Wohnbauflächen Der quantitative Wohnungsbedarf (s. Abschnitt 5.2) bildet die Grundlage zur Abschätzung des Bedarfs an Wohnbauflächen. Als Anker für die gegenwärtige Situation in den Gemeinden und Städten des Landkreises Offenbach dienen die vom Regionalverband „FrankfurtRheinMain“ ausgewiesenen aktuellen Wohnbau- Reserven in Hektar (Regionalverband FrankfurtRheinMain, 2017, S.32) als Datengrundlage. Auf Basis der Informationen über die Reserven der einzelnen Gemeinden und Städte des Landkreises werden die Einzel- werte als Summe für den Gesamtwert des Landkreises aggregiert sowie die entsprechenden Gemeinden und Städte auf die drei Teilräume aufsummiert. Maßgeblich für den Abgleich des zu ermittelten Flächenbe- darfs ist die die Summe aus Wohnbaufläche (W) und der Hälfte der gemischten Bauflächen (M) jeweils oh- ne Bebauung. Diese findet sich in der rechte Spalte in Tabelle 24. Die Werte beziehen sich auf den Stichtag 31.12.2016. Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf Flächen zur Außenentwicklung. Der bis zum Jahr 2030 ermittelte Wohnungsbedarf setzt sich aus drei Komponenten zusammen: dem Neu- baubedarf, dem Nachholbedarf und dem Ersatzbedarf. Relevant für die Vorausberechnung der benötigten Wohnbauflächen ist der sogenannte flächenrelevante Bedarf. Dieser setzt sich aus dem Neubaubedarf und dem Ersatzbedarf zusammen. Jedoch wird nicht jede der vorausberechneten Wohnungen relevant für die Außenentwicklung14. Daher erfolgt die Vorausberechnung der benötigten Wohnbauflächen über drei Sze- narien, die die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung abbilden:

• Szenario 1: Der flächenrelevante Bedarf ist zu 30% flächenrelevant für die Außenentwicklung. • Szenario 2: Der flächenrelevante Bedarf ist zu 50% flächenrelevant für die Außenentwicklung. • Szenario 3: Der flächenrelevante Bedarf ist zu 70% flächenrelevant für die Außenentwicklung.

Der Wohnsiedlungsflächenbedarf in Hektar errechnet sich, indem man den flächenrelevanten Wohnungs- bedarf durch den Wohndichtewert teilt. Der Wohndichtewert legt die Anzahl der Wohnungen pro Hektar Bruttowohnbauland fest15. Herangezogen werden die Dichtewerte aus dem Landesentwicklungsplan in der dritten Änderung von 2017 (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, 2017, S.11). Die Gemeinden und Städte des Landkreises Offenbach fallen hier in die Kategorie „Verdichtungs- raum“ (Regierungspräsidium Darmstadt, 2011, S.15). Somit gilt der ausgewiesene Basiswert von 35 Wohneinheiten je Hektar. Dieser Basiswert wird jedoch unter anderem16 für Gemeinden mit einer Funktion als Mittelzentrum korrigiert. Als Mittelzentren im Landkreis Offenbach als Teil der Planungsregion Südhes- sen sind im Landesentwicklungsplan alle zehn Städte des Landkreises ausgewiesen. Für diese gilt daher ein Wert von 40 Hektar. Tabelle 25 gibt einen Überblick über die Dichtewerte für die Gemeinden und Städte des Landkreises, Tabelle 26 über die flächenrelevanten Wohnungsbedarfe der drei Teilräume nach Szenari- en.

14 Aus planerischer Sicht relevant ist die Tatsache, dass der Ersatzbedarf grundsätzlich nur zum Teil flächenwirksam wird, da frei gemachte Grundstücke wieder bebaut werden können. Im Regionalplan Nordhessen von 2009 wird unterstellt, dass der Ersatz- bedarf im Ordnungsraum zu 30 % und im ländlichen Raum zu 40 % flächenwirksam ist (Regierungspräsidium Kassel, 2009, S.48).Im Regionalplan für Südhessen finden sich keine expliziten Angaben. 15 Das Bruttowohnbauland setzt sich aus dem Nettowohnbauland (Wohngrundstücksflächen) sowie den Verkehrsflächen zur Ge- bietserschließung, den öffentlichen Grünflächen und Gemeinbedarfsflächen zusammen (Möller und Kalusche, 2013, 163). 16 Weitere Korrekturen, wie beispielsweise für Oberzentren, sind für die Berechnungen in diesem Kapitel nicht relevant. Der inte- ressierte Leser findet die Kategorien bei der oben genannten Quelle.

93 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabelle 24: Wohnbau-Reserven in Hektar im Landkreis Offenbach, 31.12.2016 Städte und Gemeinden W+M/2 W+M/2 (ohne Bebauung) Dietzenbach 18 14 Dreieich 37 33 Egelsbach 6 6 Hainburg 22 18 Heusenstamm 24 20 Langen (Hessen) 40 39 Mainhausen 24 24 Mühlheim am Main 23 21 Neu-Isenburg 13 11 Obertshausen 11 11 Rodgau 93 91 Rödermark 30 26 Seligenstadt 35 28

Kreis Offenbach 376 342

Teilraum 1 96 89 Teilraum 2 199 183 Teilraum 3 81 70 Quelle: Regionalverband FrankfurtRheinMain, S.32

Die Ergebnisse für die Vorausberechnung des Wohnbauflächenbedarfs auf Basis der drei Szenarien finden sich in Tabelle 27. Neben den Bedarfen liefert die Tabelle durch die farbige Markierung der Zellen und der Werte einen Abgleich mit den verfügbaren Flächen. Solange der ermittelte Bedarf eines Teilraums kleiner ist, als die aktuell verfügbare Reserve werden der Wert und die Zelle grün markiert. Übersteigt dagegen der vorausberechnete Bedarf die verfügbare Reserve sind Wert und Zelle rot gefärbt. Im ersten Szenario, das den flächenrelevanten Bedarf mit 30 % der Außenentwicklung zuordnet, übersteigen die ermittelten Flä- chen die vorhandene Reserve bis 2030 nicht. Im zweiten Szenario, das einen Wert von 50 % unterstellt, gilt dies nur für den Teilraum 3. Im Teilraum 2 übersteigt der Bedarf an Wohnbauflächen zwischen 2025 und 2030 die vorhandenen Reserven. Im Teilraum 1 wird die verfügbare Obergrenze dagegen bereits zwischen 2020 und 2025 erreicht. Im dritten Szenario, das 70 % unterstellt, wird die vorhandene Obergrenze nun auch im Teilraum 2 bereits nach 2020 und vor Mitte der 2020er Jahre erreicht. Selbst in diesem Szenario erreichen die vorausberechneten Bedarfe nicht die vorhandene Reserve von 70 Hektar im Teilraum 3.

Tabelle 25: Dichte für die Gemeinden und Städte des Landkreises Offenbach auf Grundlage des LEP Städte und Gemeinden Dichte LEP Dietzenbach 40 Dreieich 40 Egelsbach 35 Hainburg 35 Heusenstamm 40 Langen (Hessen) 40 Mainhausen 35 Mühlheim am Main 40 Neu-Isenburg 40 Obertshausen 40 Rodgau 40 Rödermark 40 Seligenstadt 40 Quelle: Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (2017)

94 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabelle 26: Flächenrelevante Wohnungsbedarfe nach Perioden und Szenarien für den Landkreis Offenbach und seine Teilräume Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 Bis 2020 2021- 2026- Bis 2020 2021- 2026- Bis 2020 2021- 2026- 2025 2030 2025 2030 2025 2030 Teilraum 1 1.394 2.337 3.167 2.323 3.895 5.278 3.252 5.453 7.390 Teilraum 2 2.214 3.557 4.576 3.690 5.928 7.627 5.167 8.299 10.678 Teilraum 3 441 712 904 736 1.186 1.506 1.030 1.660 2.109

LK Offenbach 4.049 6.606 8.647 6.749 11.009 14.411 9.449 15.413 20.176 Quelle: Eigene Berechnungen

Tabelle 27: Szenarien des Wohnflächenbedarfs im Landkreises Offenbach und seinen Teilräumen Flächenbedarf - Szenario 1 Flächenbedarf - Szenario 2 Flächenbedarf - Szenario 3 2016 - 2016 - 2016 - 2016 - 2016 - 2016 - 2016 - 2016 - 2016 - 2020 2025 2030 2020 2025 2030 2020 2025 2030

Teilraum 1 35 59 80 59 99 134 83 139 188 Teilraum 2 55 89 114 92 148 191 129 207 267 Teilraum 3 12 19 24 20 32 40 28 44 56

LK Offenbach 103 167 219 171 279 365 239 391 511 Quelle: Eigene Berechnungen

Abbildung 57: Kumulierter Flächenbedarf im Landkreis Offenbach nach Szenarien und Wohnbau- Reserven 500 450 400 350 300 Szenario 1 250 Szenario 2 200 Szenario 3 150 Wohnbau-Reserven 100 50 0

Quelle: Regionalverband FrankfurtRheinMain, eigene Berechnungen

Abbildung 57 zeigt die aggregierten Ergebnisse der drei Teilräume für den Landkreis Offenbach. Diese wer- den von der periodenscharfen Betrachtung aus Tabelle 27 auf eine jährliche Darstellung umgerechnet. Die verfügbare Wohnbau-Reserve des Landkreises von 342 Hektar errechnet sich durch die Summe der Reser- ven der einzelnen Städte und Gemeinden (vgl. Tabelle 24). Zusätzlich ist, differenziert nach den drei Szena- rien, der Wohnbauflächenbedarf dargestellt. Im ersten Szenario wird die verfügbare Obergrenze bis 2030 nicht erreicht. Dies galt in dieser Form auch für die einzelnen Teilräume. Im zweiten Szenario dagegen reicht die verfügbare Reserve kreisweit bis 2027. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass sich die Entwicklung zwischen den Teilräumen unterschiedlich vollzieht und insbesondere im Teilraum 1 die Obergrenze deutlich

95 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 früher erreicht wird. Dies gilt auch bei der kreisweiten Betrachtung im dritten Szenario zu berücksichtigen. Der Bedarf übersteigt hier bereits 2025 die vorhandene Reserve.

96 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

7 Der öffentlich geförderte Mietwohnungssektor Haushalte mit Transferbezug oder niedrigem Einkommen stehen auf angespannten Wohnungsmärkten in besonderem Maße vor Problemen, eine adäquate Wohnung zu finden. Nachfolgend wird zunächst darge- stellt, wie sich die Zahl der sozialwohnungssuchenden Haushalte in den letzten Jahren im Landkreis Offen- bach und seinen Teilräumen entwickelt hat. Angebotsseitig wird der Sozialwohnungsbestand und seine zukünftige Entwicklung vorgestellt. Angesichts der Tatsache, dass mit der Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 HWofG eine Berechtigung zum Bezug einer geförderten Wohnung verbunden ist, aber kein Anrecht auf eine solche besteht, ist der Bedarf an Sozialwohnungen letztlich eine normative Größe, die sich an sozi- alpolitischen Zielvorstellungen orientieren muss, nichtsdestotrotz aber empirisch fundiert werden kann. Aus der Gegenüberstellung von Sozialwohnungsnachfrage und Wohnungsbeständen werden dafür Kenn- zahlen zur Einschätzung der aktuellen Versorgungslage abgeleitet und mögliche Versorgungsziele und -defizite diskutiert.

7.1 Nachfrage nach geförderten Wohnungen Die Nachfrage nach öffentlich geförderten Wohnungen hängt von mehreren Faktoren ab, darunter der Zusammensetzung der einzelnen Bedarfsgruppen, der tatsächlichen Verfügbarkeit von Wohnungen, z.B. im barrierefreien Bereich sowie der Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit des frei finanzierten Mietwoh- nungsmarktes.

Tabelle 28: Als wohnungssuchend registrierte Haushalte mit Wohnberechtigungsschein im Landkreis Offenbach und den übergeordneten Gebietskörperschaften 2010 - 2017 Landkreis Offenbach Regierungsbezirk Darmstadt Hessen davon Anteil davon Anteil davon Anteil Trans- Trans- Trans- Trans- Trans- Trans- Jahr Gesamtzahl Gesamtzahl Gesamtzahl ferleist- ferleist- ferleist- ferleist- ferleist- ferleist- Haushalte Haushalte Haushalte ungs- ungs- ungs- ungs- ungs- ungs- bezug bezug bezug bezug bezug bezug 2010 2.644 1.114 42% 31.409 15.933 51% 40.662 19.247 47% 2011 2.722 974 36% 30.820 15.930 52% 40.161 18.927 47% 2012 3.222 1.137 35% 32.251 16.902 52% 41.648 20.339 49% 2013 3.577 1.486 42% 35.469 18.440 52% 45.603 22.309 49% 2014 2.588 1.042 40% 34.590 18.368 53% 44.744 22.643 51% 2015 2.950 1.214 41% 34.283 18.245 53% 44.261 22.668 51% 2016 2.738 1.180 43% 34.491 18.724 54% 46.195 23.744 51% 2017 3.300 1.535 47% 38.219 21.123 55% 50.252 26.962 54% Quelle: Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, jeweils zum 1.11. des Jahres. Transferbezieher sind insbesondere Empfänger von ALG II, Grundsicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt

Als Kennzahl für die unbefriedigte Nachfrage kann die Zahl der bei den kommunalen Wohnungsämtern registrierten und nach hessischem Wohnfördergesetz wohnberechtigten Haushalte herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Einkommensgrenzen des Wohnfördergesetzes den Kreis der Berechtigten relativ weit zieht17, aus dieser Wohnberechtigung jedoch kein Rechtsanspruch auf eine geförderte Woh- nung erwächst. Inwieweit die Zahl der Haushalte mit Wohnberechtigungsschein also tatsächlich auf eine Sozialwohnung angewiesen sind, ist nicht belegbar. Zum einen ist zu vermuten, dass einige berechtigte

17 Nach Berechnungen des IWU waren 2012 ca. 40% der Mieterhaushalte in der Stadt Frankfurt nach den Einkommensgrenzen des HWoFG wohnberechtigt.

97 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Haushalte aus Unkenntnis oder in Erwartung fehlender Chancen auf eine Registrierung verzichten, zum anderen kann der angemeldete Bedarf innerhalb der individuellen Wohnungssuche von anderen Haushal- ten nur geringe Priorität aufweisen. Dennoch kann die zeitliche Entwicklung der Zahl der registrierten Wohnungssuchenden wertvolle Informa- tionen über die Sozialwohnungsnachfrage geben. Dabei sind vor allem die zeitliche Entwicklungsdynamik der Gesamtzahlen sowie der jeweiligen Bedarfsgruppen von Interesse. Tabelle 28 und Abbildung 58 zeigen, wie viele Haushalte im Landkreis Offenbach und in den Vergleichsräumen in den Jahren von 2010 bis 2017 einen Wohnberechtigungsschein für eine Sozialwohnung beantragt haben. Hessenweit (+24 %) und im Re- gierungsbezirk Darmstadt (+22 %) ist die Anzahl der Haushalte im Zeitablauf gestiegen. Auch im Landkreis Offenbach lag der Zuwachs mit 25 % in diesem Bereich. Besonders starke Anstiege waren im Landkreis Groß-Gerau zu beobachten; unter den größeren Städten war der Anstieg in Frankfurt mit 40 % am größten, gefolgt von Offenbach mit 28 % und Darmstadt mit 22 %. Am geringsten war der Zuwachs mit 10 % in Ha- nau.

Abbildung 58: Als wohnungssuchend registrierten Haushalte im Landkreis Offenbach und in den Ver- gleichsräumen 2010 – 2017 Gesamtzahl der Wohnberechtigten (Index 2010=100)

200 200 180 180 160 160 140 140 120 120 100 100 80 80 Index (2010=100) Index (2010=100) 60 60 40 40 20 20 0 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Hessen Landkreis Offenbach Regierungsbezirk Darmstadt Hanau, Brüder-Grimm-Stadt Landkreis Offenbach Darmstadt, Stadt Landkreis Darmstadt-Dieburg Frankfurt am Main, St Landkreis Groß - Gerau Offenbach am Main, St Quelle: Eigene Darstellung

Ebenfalls ein Indikator für zunehmende Versorgungsengpässe stellt die Entwicklung des Anteils der Trans- ferleistungsbezieher unter den registrierten wohnberechtigten Haushalten dar. Zwar dient die Subjektför- derung (Bedarfe der Unterkunft nach SGB II, Wohngeld) vorwiegend dazu, Wohnungen im freifinanzierten Mietwohnungsmarkt anmieten zu können, eine Angebotsverknappung, steigende Mieten bei gleichzeitig unzureichender Anpassung der Bedarfe der Unterkunft etc. können allerdings dazu führen, dass dies Haus- halte mit Transferleistungsbezug verstärkt im geförderten Wohnungsmarkt nachfragen. Als weitere ausge- wählte Zielgruppe wurden die Registrierungszahlen von Haushalten ohne eigene Wohnung dargestellt, da diese Zahl in besonderem Maße auf Zugangsprobleme verweist. Abbildung 59 zeigt die anteilige Entwick- lung der genannten Bedarfsgruppen an der Gesamtzahl der registrierten Haushalte in den Jahren 2010 bis 2017. Der Anteil der Transferleistungsempfänger ist nur geringfügig gestiegen und liegt im Regierungsbezirk und landesweit bei knapp über 50 %. Eine vergleichbare geringfügige Dynamik ist auch im Landkreis Offen- bach und im Vergleichskreis Darmstadt-Dieburg zu beobachten, auch wenn das Ausgangsniveau hier jeweils unterschiedlich ist. Im Landkreis Offenbach lag der Anteil bis ca. 2015 relativ stabil bei ca. 40 %, mit einem Anstieg auf 47 % bis zum Jahr 2017. Im Landkreis Darmstadt-Dieburg lag der Anteil im Jahr 2017 bei 65 %.

98 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Im Landkreis Groß-Gerau war er hingegen rückläufig und lag zuletzt bei ca. 40 %. Deutlich größere Anteile an Transferleistungsempfängern waren hingegen in den Städten zu beobachten, mit Anteilen um die 65 %. Strukturelle Unterschiede in der Höhe der Anteile sind ein Anzeichen für die relative Zugänglichkeit des frei finanzierten Wohnungsmarktes. Die nur geringfügige Zunahme der Anteile deutet hingegen auf eine nur unwesentlich schlechter werdende Versorgungslage für Transferleistungsbezieher im Zeitablauf hin.

Abbildung 59: Entwicklung der Zahl der Transferleistungsbezieher und Haushalten ohne eigene Woh- nung unter den wohnungssuchenden Haushalten im Landkreis Offenbach und in den Ver- gleichsräumen 2010 – 2017 Anteil der Transferleistungsbezieher an der Gesamtzahl registrierter wohnungssuchender Haushalte

100% 100%

90% 90% 80% 80% 70% 70% 60% 60% 50% 50% 40% 40%

Index (2010=100) 30% 30% 20% 20% 10% 10% Anteil Transferleistungsempfänger Anteil 0% 0% 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

Hessen Landkreis Offenbach Regierungsbezirk Darmstadt Hanau, Brüder-Grimm-Stadt Landkreis Offenbach Darmstadt, Stadt Landkreis Darmstadt-Dieburg Frankfurt am Main, St Landkreis Groß - Gerau Offenbach am Main, St

Anteil der Haushalte ohne eigene Wohnung an der Gesamtzahl registrierter wohnungssuchender Haushalte

50% 50%

40% 40%

30% 30%

20% 20%

10% 10%

0% 0% 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Antei der Haushalte der Haushalte Antei Wohnung ohne eigene Antei der Haushalte der Haushalte Antei Wohnung ohne eigene Hessen Landkreis Offenbach Regierungsbezirk Darmstadt Hanau, Brüder-Grimm-Stadt Landkreis Offenbach Darmstadt, Stadt Landkreis Darmstadt-Dieburg Frankfurt am Main, St Landkreis Groß - Gerau Offenbach am Main, St Quelle: Eigene Darstellung

99 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Anders stellt sich hingegen die Entwicklung der Versorgungslage für Haushalte ohne eigene Wohnung dar. Auch hier sind Niveauunterschiede zwischen den Betrachtungsräumen erkennbar. So spielt diese Bedarfs- gruppe in den Landkreisen Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau eine geringere Rolle als im Landkreis Offen- bach, wo sie aktuell ca. 20 % der registrierten Haushalte ausmacht. Deutlich höhere Anteile sind in den Städten zu verzeichnen, mit Werten von 31 % in Hanau, 37 % in Darmstadt und 46 % in Frankfurt. Insge- samt hat dieser Anteil in allen Betrachtungsräumen relativ stark zugenommen, wobei wiederum in den Städten der Anstieg am stärksten ausfiel. Im Landkreis Offenbach war dieser hingegen bis 2014 mit ca. 13 % im mehrjährigen Mittel eher gering, erst 2015 war hier ein starker Anstieg auf aktuell 20 % erkennbar.

7.2 Sozialwohnungsbestände 7.2.1 Bestandsentwicklung Als Sozialwohnungen werden Mietwohnungen bezeichnet, die einer förderungsbedingten Belegungsbin- dung unterliegen. Bei den Sozialwohnungen lassen sich folgende Kategorien unterscheiden: der 1. Förde- rungsweg (1.FW), ab 1987 die vereinbarte Förderung mit kürzeren Bindungszeiträumen und höheren Ein- kommensgrenzen, die auch 3. Förderungsweg (3.FW) genannt wird und ab 2001 die Förderung nach dem Wohnraumförderungsgesetz.

Tabelle 29: Bestände an öffentlich geförderten Mietwohnungen in den Gemeinden und Teilbereichen des Landkreises Offenbach sowie den Vergleichsräumen nach Förderwegen 2017 Erwerb von Wohnungs- Vereinbarte Förderung Student. Gemeindename 1. Förderweg Belegungs- Summe fürsorge Förderung nach WoFG Wohnen rechten Dietzenbach, Kreisstadt 297 0 30 32 0 0 359 Dreieich, Stadt 345 0 0 12 0 0 357 Egelsbach 34 0 0 8 0 0 42 Hainburg 280 0 0 30 0 0 310 Heusenstamm, Stadt 35 24 19 0 0 0 78 Langen (Hessen), Stadt 267 0 178 20 0 0 465 Mainhausen 0 0 8 0 0 0 8 Mühlheim am Main, Stadt 332 0 30 18 16 0 396 Neu-Isenburg, Stadt 649 0 192 53 0 0 894 Obertshausen, Stadt 370 0 0 0 0 0 370 Rodgau, Stadt 101 0 11 18 0 0 130 Rödermark, Stadt 70 0 0 0 0 0 70 Seligenstadt, Stadt 102 0 38 0 8 0 148 Teilraum 1 1.295 0 370 93 0 0 1.758 Teilraum 2 1.205 24 90 68 16 0 1.403 Teilraum 3 382 0 46 30 8 0 466 Landkreis Offenbach 2.882 24 506 191 24 0 3.627 Darmstadt, Stadt 2.938 0 274 824 21 0 4.057 Frankfurt am Main, St 17.179 455 1.975 2.424 490 0 22.523 Offenbach am Main, St 3.015 0 146 97 32 0 3.290 Hanau, Brüder-Grimm-Stadt 1.551 0 72 97 17 0 1.737 Landkreis Darmstadt-Dieburg 2.304 162 173 210 0 0 2.849 Landkreis Groß - Gerau 2.742 0 305 646 175 0 3.868 Reg.-Bez. Darmstadt 47.607 973 5.278 5.998 851 43 60.750 Hessen 66.024 1.003 6.626 7.209 1.196 258 82.316 Quelle: WI-Bank, Stand 30. November 2017

Tabelle 29 zeigt die Sozialwohnungsbestände zum Stichtag 30.11.2017 unter Berücksichtigung von Bin- dungsausläufen bis Jahresende nach Förderarten für die Städte und Gemeinden des Landkreises und seiner

100 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Teilräume, Abbildung 60 zeigt zusätzlich die absolute und relative Verteilung der Bestände nach Förderar- ten im Landkreis und in den Teilräumen des Landkreises. Von den kreisweit ca. 3.600 Wohnungen mit laufenden Förderverträgen entstammen ca. 2.900 oder 79 % dem 1. Förderweg. Förderungen des Förderweges „Vereinbarte Förderung“ stellten mit 14 % kreisweit die zweitgrößte Gruppe dar, Förderungen nach WoFG mit 5 % die drittgrößte Gruppe. Weitere Förderarten wie Förderungen der Wohnungsfürsorge und der Erwerb von Belegungsrechten spielen zahlenmäßig nur eine untergeordnete Rolle. Studentisches Wohnen war im Kreis nicht als Förderart vertreten. Der Anteil der Förderarten in den Teilräumen des Landkreises variiert, wobei der 1. Förderweg in allen Teilräumen den größten Anteil einnimmt. Relativ am geringsten war dieser mit 74 % im Teilraum 1; dort entfielen 21 % der Wohnungen auf die vereinbarte Förderung.

Abbildung 60: Bestände an öffentlich geförderten Mietwohnungen im Landkreis Offenbach und in den Teilräumen 2017, nach Förderwegen Gesamtzahl der gefördeten Wohnungen Zusammensetzung nach Förderwegen

4.000 100%

3.500 80%

3.000

2.500 60% 2.000

1.500 40%

Wohneinheiten 2017 Wohneinheiten 1.000 20% 500 Anteil Anteil an geförderten Wohnungen 2017 0 0% Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 Landkreis Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 Landkreis Offenbach Offenbach

Erwerb von Belegungsrechten Studentisches Wohnen Erwerb von Belegungsrechten Studentisches Wohnen Wohnungsfürsorge Vereinbarte Förderung Wohnungsfürsorge Vereinbarte Förderung Förderung nach WoFG 1. Förderweg Förderung nach WoFG 1. Förderweg

Quelle: Eigene Darstellung

Durch Bindungsausläufe reduziert sich die Zahl der Sozialwohnungen im Zeitablauf, wenn diesen keine glei- che Zahl an Neubewilligungen entgegensteht. Soweit nicht durch Neuförderungen oder vorzeitige Bin- dungsausläufe zusätzliche Bestandsveränderungen vorgenommen werden, wird sich bis 2030 durch den Auslauf von Sozialbindungen die Gesamtzahl der geförderten Mietwohnungen im Landkreis Offenbach um ca. 1.100 auf ca. 2.500 reduzieren, was einem Rückgang um ca. 30% entspricht (vgl. Tabelle 30 und Abbil- dung 61). Dieser Rückgang fällt deutlich stärker aus als in den Vergleichsräumen. Hessenweit und im Regie- rungsbezirk Darmstadt werden in der Projektion ca. 19% der Bindungen bis 2030 auslaufen, im Landkreis Darmstadt-Dieburg nur 16%. In den zu Vergleichszwecken herangezogenen südhessischen Großstädten liegt der Rückgang zwischen 21% in Frankfurt und 11% in Offenbach. Zu beachten ist, dass die Wohnungen auch nach Bindungsauslauf auf dem Markt bleiben, also nicht verlo- ren gehen. Da sie aufgrund ihrer Größe, Lage und Qualität meist von mittlerer bis einfacher Qualität sind, dürften sie auch nach dem Verlust der Bindungen dem eher preisgünstigen Wohnungsmarktsegment zuzu- rechnen sein. Wie ältere Untersuchungen des IWU gezeigt haben, wird der überwiegende Teil der ehemali-

101 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 gen Sozialwohnungen (67%) auch nach Bindungsauslauf an wohnberechtigte Haushalte vergeben18. Das heißt, dass auch ohne Bindungen der Großteil der Wohnungen an die Zielgruppenhaushalte vermietet wird. Dafür verantwortlich ist die oftmals schlechtere Qualität und Lage dieser Wohnungen. Nach einer Untersu- chung von Kirchhoff und Jacobs19 wurden in der Hälfte der ehemaligen Sozialwohnungen die Mieten aber zügig auf das Niveau der ortsüblichen Miete angehoben. Die andere Hälfte der Anbieter, zu denen oftmals Genossenschaften gehörten, erhöhte die Mieten nur langsam. Die Unternehmensform und der Geschäfts- zweck dürften also erheblichen Einfluss auf die Mietentwicklung nach Bindungsauslauf besitzen.

Tabelle 30: Projektion der zukünftigen Bestandsentwicklung an öffentlich geförderten Mietwohnun- gen Gemeinden und Teilbereichen des Landkreises Offenbach sowie den Vergleichsräu- men 2017 – 2030 Gemeindename 2017 2020 2025 2030 Dietzenbach, Kreisstadt 359 297 206 174 Dreieich, Stadt 357 357 241 229 Egelsbach 42 42 42 34 Hainburg 310 310 310 237 Heusenstamm, Stadt 78 59 35 35 Langen (Hessen), Stadt 465 397 337 264 Mainhausen 2 0 0 0 Mühlheim am Main, Stadt 396 366 350 284 Neu-Isenburg, Stadt 894 820 763 599 Obertshausen, Stadt 370 370 370 370 Rodgau, Stadt 119 119 119 119 Rödermark, Stadt 70 70 70 62 Seligenstadt, Stadt 148 110 102 102 Teilraum 1 1.758 1.616 1.383 1.126 Teilraum 2 1.392 1.281 1.150 1.044 Teilraum 3 460 420 412 339 Landkreis Offenbach 3.610 3.317 2.945 2.509 Darmstadt, Stadt 4.057 4.046 3.952 3.416 Frankfurt am Main, St 22.523 20.716 19.147 17.702 Offenbach am Main, St 3.287 3.173 2.945 2.917 Hanau, Brüder-Grimm-Stadt 1.737 1.662 1.565 1.412 Landkreis Darmstadt-Dieburg 2.849 2.700 2.668 2.382 Landkreis Groß - Gerau 3.816 3.658 3.381 2.924 Reg.-Bez. Darmstadt 60.750 56.894 52.472 48.101 Hessen 82.036 75.687 70.217 64.411 Quelle: WI-Bank, Stand 30. November 2017, Entwicklung ohne zukünftige Neuförderungen, Verlängerungen und vorzeitige Bin- dungsausläufe

18 Sautter, H. Auswirkungen des Wegfalls von Sozialbindungen und des Verkaufs öffentlicher Wohnungsbestände auf die Woh- nungsversorgung unterstützungsbedürftiger Haushalte, 2005. 19 ARGE Kirchhoff/Jacobs, Versorgungsbeitrag der ehemaligen Sozialwohnungen, Hamburg 2001, S.104-110.

102 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 61: Entwicklung der Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen im Landkreis Offenbach und in den Teilräumen sowie den Vergleichsräumen bis 2030 (Index 2017=100)

120 120

100 100

80 80

60 60

Index (2017=100) 40 Index (2017=100) 40

20 20

0 0 2017 2020 2025 2030 2017 2020 2025 2030

Hessen Landkreis Offenbach Reg.-Bez. Darmstadt Frankfurt am Main, St Landkreis Offenbach Darmstadt, Stadt Landkreis Darmstadt-Dieburg Offenbach am Main, St Landkreis Groß - Gerau Hanau, Brüder-Grimm-Stadt Quelle: Eigene Darstellung

7.3 Die Versorgungssituation mit öffentlich geförderten Wohnungen Die Frage nach dem Bedarf an Sozialwohnungen lässt sich nur schwer beantworten. Da das Ziel der sozialen Wohnungspolitik darin besteht, den auf Hilfe angewiesenen Haushalten eine angemessene Wohnungsver- sorgung zu garantieren, sind hierfür zunächst Bedarfsgruppen und Versorgungsprobleme zu identifizieren. Die angestrebten Versorgungsstandards (was ist angemessen?) sind dann im zweiten Schritt zu bestimmen, wobei diese nicht nur durch den gesellschaftlichen Wandel, sondern auch durch politisch-normative Wert- ordnungen bestimmt werden. Ein Neubau von Sozialwohnungen sollte grundsätzlich dann infrage kommen, wenn sich das versorgungspolitische Ziel über den Markt nicht erreichen lässt. Zur exakten Dimensionie- rung des sozialen Wohnungsbaus müsste neben der Kenntnis der Versorgung auch bekannt sein, wie sich der soziale Wohnungsbau auf die Versorgung der Zielgruppen auswirkt. Auch dabei handelt es sich um eine ungeklärte Frage. Insoweit ist die Frage zum Bedarf an Sozialwohnungen nicht vollumfänglich empirisch zu begründen, son- dern normativ festzulegen. Die vergleichende Darstellung der Versorgungssituation im Landkreis Offenbach und in den benachbarten und übergeordneten Gebietskörperschaften soll dazu als Beurteilungsgrundlage dienen. Im zweiten Schritt werden auf dieser Grundlage mögliche Orientierungswerte für Bedarfskennwer- te diskutiert.

103 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

7.3.1 Versorgungskennzahlen In diesem Abschnitt werden vergleichende Kennzahlen zur derzeitigen quantitativen Versorgungssituation mit öffentlich geförderten Wohnungen diskutiert. Neben der Möglichkeit, die Versorgungssituation im Landkreis durch einen Vergleich mit den benachbarten Landkreisen und kreisfreien Städten sowie den übergeordneten Gebietskörperschaften zu bewerten, werden auch mögliche Versorgungsnormen darge- stellt. Eine erste Gruppe von Kennzahlen, die in der fachöffentlichen Diskussion verbreitet sind, stellen Förder- quoten dar. Setzt man den gesamten Wohnungsbestand mit dem geförderten Wohnungsbestand ins Ver- hältnis, erhalt man eine bestandsbezogene Förderquote, hier Kennzahl I genannt. Wie Abbildung 62 im linken Diagramm zeigt, liegt diese Quote im Landkreis Offenbach unter Zugrundelegung der Wohnungsbe- standszahlen 2016 als aktuellstem verfügbarem Jahrgang bei 2,2 %. Innerhalb der Teilräume variierte sie zwischen 2,8 % im Teilraum 1 und 1,7 % im Teilraum 2. Vergleichbare Werte finden sich auch für den Land- kreis Darmstadt-Dieburg. Im Landkreis Groß-Gerau liegt die Quote dagegen bei 3,2 %, gleichauf mit dem bezirksweiten Mittel. Deutlich höhere Anteile an geförderten Wohnungen finden sich in den Großstädten mit 3,9 % in Hanau und 5,9 % in Frankfurt. Ein Teil dieser Unterschiede erklärt sich dadurch, dass sich ge- förderte Wohnungen ausschließlich auf Wohnungen zur Miete beziehen und deren Marktanteil in kleineren Städten und Landgemeinden geringer ausfällt als in Großstädten. Ein Vergleich zwischen Gebietskörper- schaften unterschiedlichen Urbanisierungsgrades ist daher bei dieser Kennzahl nicht zielführend. Nimmt man den Regierungsbezirk Darmstadt oder das Land Hessen zum Maßstab einer Versorgungsnorm, wäre eine Sollquote von 3% auf den Gesamtbestand ein möglicher Zielwert.

Abbildung 62: Quotenbasierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Land- kreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen Kennzahl 1: Bestandsbezogene Förderquote 2017 Kennzahl 2: Neubaubezogene Förderquote 2017

7% 14%

6% 12%

5% 10%

4% 8%

3% 6%

2% 4%

1% 2%

nWohnungsbestandes 2016/2017 nWohnungsbestandes 0% 0% Geförderter Bestand in gesamte in des v.H. Bestand Geförderter Hessen Hessen Anteil Förderbewilligungen an an Fertigstellungen Anteil Förderbewilligungen Hanau, St Hanau, St Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach LK Offenbach LK Groß - Gerau LK Groß - Gerau Darmstadt, Stadt Darmstadt, Stadt Reg.-Bez. Darmstadt Reg.-Bez. Darmstadt Frankfurt am Main, St Frankfurt am Main, St LK Darmstadt-Dieburg LK Darmstadt-Dieburg Offenbach am Main, St Main, am Offenbach St Main, am Offenbach

Quelle: Eigene Darstellung. Angaben zur Fördertätigkeit: WI-Bank, Stand 30. November 2017. Die Gegenüberstellung erfolgte jeweils mit Angaben zum Wohnungsbestands 2016 bzw. den Fertigstellungsraten 2014 bis 2016. Die Förderbewilligungen lagen nur auf Kreisebene vor. Für Hanau waren daher keine Werte angegeben. Die Bewilligungen im LK Offenbach wurden proportional zu den Beständen auf die Teilräume aufgeteilt.

104 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Eine weitere quotenbezogene Kennzahl, die in der wohnungspolitischen Diskussion Anwendung findet, ist die neubaubezogene Förderquote. Diese hier als Kennzahl 2 titulierte Quote setzt die jährlichen Förderbe- willigungen mit den gesamten Fertigstellungszahlen eines Jahres in Relation (vgl. Abbildung 62 rechtes Dia- gramm). Auch hier stellt sich das Problem, geförderte Mietwohnungen mit der gesamten Neubautätigkeit, die sich auf Eigenheime, Wohnheime, Eigentumswohnungen und Mietwohnungen erstreckt, in Bezug zu setzen. Eine Förderquote bezogen auf den Mietwohnungsbau von 30 % Sozialwohnungen bedeutet z.B. bei einem Marktanteil des Mietwohnungsbaus von insgesamt 40 % eine Förderquote von 12 %. Die Höhe der Quote ist daher auch hier nicht zwischen Gebietskörperschaften unterschiedlicher Wohnungsmarktstruktu- ren vergleichbar. Nimmt man in Landkreisen wie dem Landkreis Offenbach einen mittleren Anteil des Woh- nungsbaus in Mehrfamilienhäusern von 75 % an, davon 50 % als Mietwohnungen, entspricht eine Gesamt- förderquote von 10% in etwa einem Förderanteil an Mietwohnungen von 25 %-30 %. Insgesamt erscheinen die Kennzahlen 1 und 2 aus den vorgenannten Gründen nicht geeignet, eine Einord- nung der Versorgungssituation im Landkreis durch Vergleich vorzunehmen. Das bedeutet im Umkehr- schluss jedoch nicht, dass Zielförderquoten als wohnungspolitische Maßnahme innerhalb des Kreises nicht zur Anwendung kommen können. Dazu reicht jedoch ein rein angebotsseitiger Bewertungsmaßstab, wie ihn die Kennzahlen 1 und 2 darstellen, nicht aus. Die Zahl der geförderten Wohnungen ist nämlich nur in Relation zum Bedarf sinnvoll interpretierbar. Ist dieser Bedarf in einem Gebiet sehr gering, dürfte eine För- derquote in Höhe der oben skizzierten Sollquote zu hoch angesetzt sein. Als Alternative werden im Folgenden deshalb zwei weitere Kennzahlen diskutiert. Die Kennzahl 3 stellt auf die Tatsache ab, dass durch Bindungsausläufe die Zahl geförderter Wohnungen schrittweise abnimmt. Die Ersatzquote setzt dazu die Zahl der Neubewilligungen im Jahr 2017 ins Verhältnis zur mittleren Zahl der bis 2030 jährlich aus der Bindung fallenden Wohnungen. Die Quote drückt damit eine bestandserhaltende Förderquote aus, bezogen auf die Wohnungsfertigstellungen im Mittel der Jahre 2014-2016. Liegt dieses Verhältnis bei 100 %, dann reduziert sich der Bestand nicht weiter. Wie Abbildung 63 links zeigt, lag die Ersatzquote im Landkreis Offenbach aktuell bei 38 % der im Jahresmittel bis 2030 aus der Bindung fallen- den Sozialwohnungen. Da keine Angaben über die Bewilligungen in den Teilräumen vorlagen, wurden diese geschätzt. Dazu wurde die Gesamtzahl der Neubewilligungen 2017 proportional zu den Anteilen geförder- ter Bestände auf die Teilräume aufgeteilt. Am höchsten lag die Ersatzquote mit ca. 230 % in der Stadt Of- fenbach, gefolgt vom Landkreis Groß-Gerau mit knapp 150 % und dem Landkreis Darmstadt-Dieburg mit ca. 100 %. Die Ersatzquote zielt nicht auf ein absolutes normatives Versorgungsziel ab, sondern auf den Erhalt des aktuellen Bestands an geförderten Wohnungen. Bei einer Ersatzquote von 100% wird nur eine Verschlech- terung der Versorgungssituation relativ zum gegenwärtigen Zustand aufrechterhalten. Zukünftige Mehr- oder Minderbedarfe, die sich aus einer wachsenden Bevölkerungszahl oder veränderten Bedarfsgruppen ergeben, sind darin nicht berücksichtigt und erfordern eine Anpassung der Kennzahl. Auch diese Kennzahl bzw. die daraus abgeleitete Versorgungsnorm berücksichtigt nicht die nachfrageseiti- ge Situation. Um eine Abschätzung der Versorgungslage unter Berücksichtigung der Nachfrage zu erlauben, wurde vom IWU eine vierte Kennzahl entwickelt, die, Vermittlungsquote genannt, das Verhältnis aus geför- derten Wohnungsbeständen und registrierten Wohnungssuchenden berücksichtigt. Im Jahr 2017 betrug dieses beispielsweise im Landkreis Offenbach 91 zu 100, d.h. auf 91 registrierte Haushalte kamen 100 Sozi- alwohnungen. Diese Kennzahl ist jedoch in dieser Form ohne praktische Relevanz, da Bestandsgrößen (Zahl der Sozialwohnungen) mit einer Stromgröße (Anwärter auf eine Sozialwohnung) verglichen werden. We- sentlich zielführender wäre eine Kennzahl, die die Zahl der Anwärter mit der Zahl der jährlich vermittelba- ren Wohnungen in Bezug setzt oder anders ausgedrückt, wie lange ein Haushalt auf eine Wohnung warten muss. Diese Fragestellung hat nämlich infolge der Subjektförderung des SGB II/XII für den sozialen Wohnungsbau einen Bedeutungswandel erhalten: Anstelle der Mietsubvention für Niedrigeinkommenshaushalte tritt ver- stärkt die Bedeutung als Verfügbarkeitsreserve für Haushalte hervor, die unter den Selektionskriterien des freien Wohnungsmarkts nur geringe Chancen auf eine Mietwohnung besitzen. Diese Chancenarmut stellt

105 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 dabei nicht nur auf die geringe Wohnkaufkraft ab, sondern auch auf andere Merkmale, wie Diskriminie- rungstatbestände. Die Möglichkeit, Haushalten über Belegungsrechte, insbesondere aber über die gezielter nutzbaren Benennungsrechte Wohnraum zur Verfügung stellen zu können, ist daher neben der Mietverbil- ligung der wesentliche Förderaspekt der Objektförderung. Die Berechnung der Kennzahl 4 basiert daher auf der grundlegenden Annahme, dass Wohnungsbedarfe keine Bestandsgrößen darstellen, sondern zeitraumbezogene Stromgrößen. Die Menge an wohnberechtig- ten Bewerbern um eine geförderte Wohnung nimmt nicht ab, wenn jährlich ein Teil dieser Gruppe in eine Wohnung vermittelt wird. Es handelt sich vielmehr um eine Menge, zu der ständig Haushalte hinzukom- men, gleichzeitig durch Vermittlung einer Wohnung, durch eigenständige Wohnungssuche und durch Fort- zug, Haushalte ausscheiden. Diese Menge jährlich wohnungssuchender Haushalte kann unter normalen Umständen als zeitkonstant angesehen werden, durch veränderte Marktbedingungen oder plötzliche Zu- zugsströme kann sich aber auch eine Veränderung der Menge ergeben, vgl. die Darstellungen in der Abbil- dung 58. Für die Aufstellung von Bedarfskennzahlen bedeutet dies, dass eine wesentlich größere Zahl an Wohnun- gen im Bestand vorhanden sein muss, um jährlich eine bestimmte Zahl an Wohnungen vermitteln zu kön- nen, da unter den gegebenen Verweildauern in Mietverhältnissen nur ein Bruchteil der Bestände jedes Jahr zur Neuvermittlung freigezogen wird. Tabelle 31 zeigt das Berechnungsverfahren für die Teilräume und den gesamten Landkreis Offenbach, Abbildung 63 rechts die vergleichende Darstellung der Ergebnisse mit den Vergleichsräumen. Unter Ansatz der oben in Tabelle 29 aufgeführten Bestandszahlen an geförderten Miet- wohnungen und der Zahl wohnungssuchender Haushalte aus Tabelle 28, ergibt sich unter Ansatz einer jähr- lichen Fluktuationsrate von 13 % eine Zahl von 469 Wohnungen, die im Landkreis Offenbach jedes Jahr unter den getroffenen Annahmen neu vergeben werden können. Diese addieren sich aus 181 Wohnungen im Teilraum 2, 229 im Teilraum 1 und 60 im Teilraum 3. Aus dem Verhältnis aus registrierten wohnungssu- chenden Haushalten und jährlichem Angebot resultiert eine jährliche Vermittlungsquote von ca. 14 % im Landkreis Offenbach, 12 % im Teilraum 2, 18 % im Teilraum 1 und 13 % im Teilraum 3. Deutlich höhere Vermittlungsquoten werden in den Städten errechnet, mit 26 % in Hanau und mehr als 30 % in Darmstadt und Frankfurt. Im hessenweiten Mittel liegt die Kennzahl bei ca. 23 %. Vergleichbare Ergebnisse wie für den Landkreis Offenbach liefert die Berechnung auch für die Landkreise Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau, obwohl deren Förderquoten im Bestand (Kennzahl 1) deutlich höher liegen als im Kreis Offenbach.

Tabelle 31: Berechnungsschema der Kennzahl 4 LK Offen- Teilraum 1 Teilraum 2 Teilraum 3 Annahmen bach Gesamtzahl der als wohnungssuchend 1.302 1.533 465 3.300 Jahreswerte 2017 registrierten Haushalte Bestand an öffentlich geförderten 1.758 1.392 460 3.610 Bestand Ende 2017 ohne Wohnungen Neuförderungen mittlere Umzugsfluktuation 13% 13% 13% 13% Aus Mikrozensus 2010, wohnungsgrößenabhängig, ca. 12-18% p.a. Gesamtes rechnerisches Angebot an 229 181 60 469 geförderten Wohnungen p.a. Rechnerische Vermittlungsquote p.a. 18% 12% 13% 14% Quelle: Eigene Berechnungen, Mikrozensus 2010

Diese Tatsache illustriert die Wichtigkeit einer Bewertung der Versorgungssituation unter Berücksichtigung der Nachfrageseite. Wie Tabelle 31 zeigt, ist die wesentliche Einflussgröße bei der Ermittlung der Kennzahl jedoch die Fluktuationsrate in den geförderten Beständen. Die Annahme in der Berechnung ist ein Mittel- wert aus Auswertungen aus dem Mikrozensus 2010, die für verschiedene Haushaltsgrößenklassen und Ge-

106 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 meindetypen gemacht wurden, um regional und familienstatusbezogen unterschiedliche Verweildauern berücksichtigen zu können. Eine Verlängerung der durchschnittlichen Wohndauer, die z.B. in der derzeiti- gen Phase knapper und teurer Wohnalternativen auftreten kann, reduziert sich die Zahl jährlich vermittel- barer Wohnungen und senkt damit die Vermittlungsquote. Eine Verlängerung der mittleren Wohndauer von 8 auf 10 Jahren, was gleichbedeutend mit einer Veränderung der Fluktuationsrate von 13% auf 10% ist, reduziert sich die rechnerische Vermittlungsquote im Landkreis Offenbach auf 11% oder eine rechnerisch 9- jährige Wartezeit auf eine Sozialwohnung. Auch bei dieser Kennzahl kann eine Versorgungsnorm abgeleitet werden. Unterstellt man eine unterschied- liche Dringlichkeit des Vermittlungsbedarfs unter den verschiedenen Bedarfsgruppen des geförderten Wohnungsbaus, so dürfte die Vermittlung von Wohnungsnotstandsfällen und von Haushalten ohne eigene Wohnung vorrangig sein. Diese Bedarfsgruppen umfassen im Landkreis Offenbach ca. 25% der registrierten Wohnungssuchenden, so dass eine Vermittlungsquote in dieser Höhe dem Dringlichkeitsbedarf entspre- chen sollte.

Abbildung 63: Bedarfsorientierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Landkreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen Kennzahl 3: Ersatzquote Kennzahl 4: Vermittlungsquote

250% 40%

35%

200% 30%

150% 25% 20% 100% 15%

zu Bindungsausläufen 10% 50%

Verhältnis Neubewilligungen Verhältnis Neubewilligungen 5% vermittelbarer Wohnungenvermittelbarer 0% 0% Verhältnis wohnungssuichende HH HH zur Zahl wohnungssuichende Verhältnis Hessen Hessen Hanau, St Hanau, St Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach LK Offenbach LK Groß - Gerau LK Groß - Gerau Darmstadt, Stadt Darmstadt, Stadt Reg.-Bez. Darmstadt Reg.-Bez. Darmstadt Frankfurt am Main, St Frankfurt am Main, St LK Darmstadt-Dieburg LK Darmstadt-Dieburg Offenbach am Main, St Main, am Offenbach St Main, am Offenbach

Quelle: Eigene Darstellung

107 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

7.3.2 Ableitung von Zielbedarfen Die im vorigen Abschnitt im Zusammenhang mit den vergleichsorientierten Kennzahlen 1 bis 4 diskutierten Versorgungsnormen 1 bis 4 werden abschließend zur Ableitung von Zielbedarfen herangezogen. Aus der Gegenüberstellung von Bestand und Zielbedarfen ergibt sich für jede Versorgungsnorm ein spezifischer Fehlbedarf. Die Unterschiedlichkeit der herangezogenen Normen und der Ergebnisse illustrieren die Not- wendigkeit einer normativen Festlegung der Frage nach dem erforderlichen Sozialwohnungsbedarf, zeigen aber auch gleichzeitig die Bandbreite, innerhalb derer sich ein bedarfsgerechter geförderter Wohnungsbau einordnen kann. Unterstellt man eine an der Kennzahl 1 abgeleitete Versorgungsnorm von 3 % des gesamten Wohnungsbe- standes, ergibt sich für den Landkreis Offenbach ein Sollbestand von ca. 4.900 geförderten Einheiten, was einem Fehlbedarf von ca. 1.300 Einheiten im Bestand entspricht (vgl. Tabelle 32). Dieser Fehlbedarf ent- steht vor allem im Teilraum 2, dort ist das Verhältnis aus Wohnungsbeständen und geförderten Beständen besonders ungünstig (siehe Abbildung 65 links). Verglichen mit der ebenfalls bestandsorientierten Versor- gungsnorm 4, die auf eine mindestens 25 % Vermittlungsquote abstellt, liegt der Gesamtbedarf mit ca. 6.350 Einheiten und der Fehlbedarf mit ca. 2.750 Einheiten noch darüber. Zur Zielerreichung im Vermitt- lungsansatz ist vor allem im Teilraum 2 und Teilraum 3 eine Verdopplung des geförderten Wohnungsbe- stands erforderlich (siehe Abbildung 66 rechts).

Abbildung 64: Quotenbasierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Land- kreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 1 Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 2

7.000 100

90 6.000 80 5.000

70

60 4.000 50 3.000

Sollbestand 40 Sollbewilligungen 2.000 30 20 1.000 10

0 0 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach Offenbach

geförderte Wohnungen 2017 Fehlbedarf 1 Bewilligungen 2017 Fehlbedarf 2

Quelle: Eigene Darstellung.

108 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Abbildung 65: Quotenbasierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Land- kreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 1 Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 2

7.000 100

90 6.000 80 5.000

70

60 4.000 50 3.000

Sollbestand 40 Sollbewilligungen 2.000 30 20 1.000 10

0 0 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach Offenbach

geförderte Wohnungen 2017 Fehlbedarf 1 Bewilligungen 2017 Fehlbedarf 2

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 66: Bedarfsorientierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Landkreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 3 Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 4

90 7.000

80 6.000 70 5.000

60 4.000 50

3.000

40 Sollbestand

Sollbewilligungen 30 2.000

20 1.000 10 0 0 Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach Offenbach Bewilligungen 2017 Fehlbedarf 3 geförderte Wohnungen 2017 Fehlbedarf 4

Quelle: Eigene Darstellung

Diese bestandsorientierten Bedarfsziele stellen jedoch nur eine Momentaufnahme dar. Wachsende Bevöl- kerungszahlen und wachsende Zahlen an Dringlichkeitsfällen können eine weitere Zunahme der Sollbe- darfszahlen ergeben. Ebenso wenig sind Bindungsausläufe hierbei berücksichtigt. Den erforderlichen Er-

109 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 satzbedarf für Bindungsausläufe ergibt der Zielbedarf 3. Wird ein Erhalt der derzeitigen Zahl an geförderten Wohnungen angestrebt, so sind hierzu kreisweit bis 2030 jährlich im Mittel ca. 85 Neuförderungen erfor- derlich. Davon wurden im Jahr 2017 im Landkreis weniger als 40% bewilligt. Wird auf einen Anteil von im Mittel 10% geförderter Wohnungen unter allen Fertigstellungen abgestellt, so ergibt sich eine jährliche Sollförderung von 90 Wohnungen. Dieser Orientierungswert kann daher zum Erhalt der derzeitigen Versor- gungssituation an geförderten Wohnungen genutzt werden.

Tabelle 32: Kennzahlgestützte Bedarfsnormen, Ziel- und Fehlbedarfe an öffentlich geförderten Woh- nungen im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen Verhältnis ge- geförderte förderte Woh- Zielbedarfs- Wohnungs- Raum Wohnungen nungen 2017 zu norm "Bestands- Zielbedarf 1 Fehlbedarf 1 bestand 2016 2017 Wohnungs- quote" bestand 2016 Teilraum 1 61.942 1.758 2,8% 3% 1.858 124 Teilraum 2 80.523 1.392 1,7% 3% 2.416 1.047 Teilraum 3 21.006 460 2,2% 3% 630 168 LK Offenbach 163.471 3.610 2,2% 3% 4.904 1.308

Verhältnis För- derbewilligun- Zielbedarfs- Fertigstell-ungen Bewilligungen Raum gen 2017 zu norm "Neubau- Zielbedarf 2 Fehlbedarf 2 2014-2016 2017 Fertigstellungen quote" 2016 Teilraum 1 326 16 4,8% 10% 33 17 Teilraum 2 375 12 3,0% 10% 38 25 Teilraum 3 200 4 2,0% 10% 20 16 LK Offenbach 901 32 3,6% 10% 90 58

Verhältnis För- geförderte Bildungs- derbewillig- Zielbedarfs- Raum Wohnungen ausläufe bis ungen 2017 zu norm 3 "Er- Zielbedarf 3 Fehlbedarf 3 2017 2030 p.a. Bindungs- satzquote" ausläufen p.a. Teilraum 1 1.758 49 32% 100% 49 33 Teilraum 2 1.392 27 46% 100% 27 14 Teilraum 3 460 9 44% 100% 9 5 LK Offenbach 3.610 85 38% 100% 85 53

geförderte Wohnungs- Zielbedarfs- Vermittlungs- Raum Wohnungen suchende Haus- norm "Vermitt- Zielbedarf 4 Fehlbedarf 4 quote 2017 halte 2017 lungs-quote" Teilraum 1 1.758 1.302 18% 25% 2.504 746 Teilraum 2 1.392 1.533 12% 25% 2.948 1.556 Teilraum 3 460 465 13% 25% 894 434 LK Offenbach 3.610 3.300 14% 25% 6.346 2.736 Quelle: Eigene Darstellung

Insgesamt legen die Ergebnisse, insbesondere die des Vermittlungsquotenansatzes jedoch nahe, den Be- stand an geförderten Wohnungen über das derzeitige Maß hinaus deutlich auszuweiten. Um die Versor-

110 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 gungsnorm 4 zu erreichen, wären beispielsweise bis zum Jahr 2030 weitere jährliche 125 Förderungen, entweder im Neubau, durch Modernisierungen oder durch Erwerb von Belegungsrechten im Bestand er- forderlich, so dass sich insgesamt ein kreisweiter Zielwert von 200 Neuförderungen pro Jahr bis zum Jahr 2030 ergibt.

111 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

8 Profilbildung und Handlungsoptionen 8.1 Bildung von kommunalen Bedarfsprofilen Als Grundlage für die Ableitung von Handlungserfordernissen werden in diesem Abschnitt kommunale Be- darfsprofile gebildet. Diese Typisierung des Landkreises Offenbach dient dazu, die einzelnen Gemeinden und Städte mit vergleichbaren Problemlagen mit Hilfe statistischer Methoden zusammenzufassen. Hierfür werden ausgewählte statistische Grundlagen sowie empirische Ergebnisse der Berechnungen der vorange- gangenen Kapitel als Datengrundlage genutzt. Ein direkter Vergleich der umfangreichen Informationen erschwert die Transparenz des Vorgehens. Daher basiert die Typisierung auf einem zweistufigen Verfahren. Im ersten Schritt werden die Informationen der vielfältigen Variablen, die Erklärungsgehalt für die Typisie- rung besitzen, mit Hilfe einer Faktorenanalyse verdichtet. Dieses Verfahren aus der multivariaten Statistik dient dazu, aus empirischen Beobachtungen vieler verschiedener manifester Variablen auf wenige zugrun- de liegende sogenannte latente Variablen („Faktoren“) zu schließen. Die Entdeckung dieser voneinander unabhängigen Variablen oder Merkmale ist der Sinn des datenreduzierenden (auch dimensionsreduzieren- den) Verfahrens der Faktorenanalyse. Die Informationen aus den zugrunde liegenden Variablen werden so in eine geringe Anzahl neuer Variablen überführt. Die durch die Faktorenanalyse neu generierten „verdichteten“ Variablen werden in einem zweiten Schritt durch eine hierarchische Clusteranalyse kategorisiert. Unter Clusteranalyse versteht man ein Verfahren zur Entdeckung von Ähnlichkeitsstrukturen in großen Datenbeständen. Die so gefundenen Gruppen von „ähnli- chen“ Objekten werden als Cluster bezeichnet, die Gruppenzuordnung als Clusterung. Die Clusteranalyse ist eine wichtige Disziplin des Data-Mining. Bei der Clusteranalyse ist es das Ziel, neue Gruppen in den Daten zu identifizieren. Die Clusterung der Faktoren aus dem ersten Berechnungsschritt liefert somit für die ein- zelnen Gemeinden und Städte des Landkreises Offenbach ein Raster, um die einzelnen Orte mit vergleich- barer Wohnungsmarktlage als Profil zu systematisieren. Für die auf diese Weise ermittelten Profile werden im Abschnitt 8.2 Handlungserfordernisse aufgezeigt.

Tabelle 33: Datengrundlage der Faktorenanalyse Themengebiet Generiertes Merkmal / Statistische Grundlage Wohnungsnachfrage Demografie: • Anteil der Anzahl Haushalte der Gemeinde bzw. Stadt an der Gesamtzahl der Haushalte im Landkreis • Jugendquotient • Altenquotient • Anteil nicht deutsch Arbeitsmarkt: • Arbeitsplatzdichte • Arbeitslosenquote • Dienstleistungsquote • Pendlersaldo je Beschäftigten am Arbeitsort Wohnungsangebot • Anteil EZFH • Anteil Privateigentümer • Wohnungsversorgungsquote Mieten und Preise • Miete je Quadratmeter 2017 Der öffentlich geförderte Mietwohnungssektor • Anteil der Sozialwohnungen am Wohnungsbestand • Anteil der wohnungssuchenden Haushalte an allen Haushal- ten Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 33 gibt einen Überblick über die Merkmale, die in die Faktorenanalyse eingehen. In die Berechnung gehen Variablen aus den Kapiteln 2 bis 4 sowie Kapitel 7 ein. Dabei handelt es sich jeweils um den aktuells- ten verfügbaren Beobachtungszeitpunkt. Genaue Hinweise zu den zugrunde liegenden Berechnungen zur

112 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Erstellung der einzelnen Merkmale und die entsprechenden sekundärstatistischen Datenquellen sind in den einzelnen Kapiteln zu finden. Redundante Informationen in Form von sehr hohen Korrelationen wurden durch eine Voranalyse vermieden. Bei den ausgewählten Variablen handelt es sich um relative Werte, da bei absoluten Werten das Ergebnis zu sehr von stark streuenden Variablen wie beispielsweise des Bevölke- rungsstandes beeinflusst werden würden. Daher wurden die Merkmale gegeben falls entsprechend in rela- tive Darstellung überführt. Statt der Anzahl der Haushalte, geht der Anteil der Anzahl Haushalte der Ge- meinde bzw. Stadt an der Gesamtzahl der Haushalte im Landkreis in die Auswertung ein. Die 14 Variablen wurden schließlich zu vier Faktoren verdichtet. Die vier Faktoren wurden anschließend in einer ersten Clusteranalyse auf statistische Ausreißer untersucht. Als Algorithmus wurde hierfür das Single-Linkage-Verfahren gewählt. Die so identifizierten Orte sind Drei- eich, Neu-Isenburg sowie die Gemeinde Egelsbach. Diese werden nachfolgend als Orte mit besonderen Ausprägungen jeweils einzeln als Sondercluster behandelt. Inhaltlich bedeutet dies, dass die Orte in ihren Ausprägungen von den restlichen Orten abweichen, weswegen eine Clusterzuordnung nicht sinnvoll er- scheint. Die verbleibenden Gemeinden und Städte wurden anschließend mit dem Ward-Verfahren geclus- tert. Die Zuordnung der einzelnen Städte und Gemeinden ist in Abbildung 67 visualisiert. Das erste Cluster umfasst die Städte Dreieich und Langen, das zweite Cluster beinhaltet Hainburg und Obertshausen, das Cluster 3 enthält Heusenstamm, Mainhausen und Seligenstadt, während sich das vierte Cluster aus den Städten Mühlheim, Rödermark und Rodgau zusammensetzt.

Abbildung 67: Profilbildung der Gemeinden und Städte im Landkreis

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 34 enthält eine Übersicht über wesentliche qualitative Ausprägungen von clusterprägenden Sach- verhalten. Die Grobklassifizierung in drei Ausprägungen dient dem einfachen visuellen Verständnis der Clusterprofile und soll keine mathematisch-exakte Klassifizierung ersetzen. Ebenso ist zu beachten, dass die Ausprägungen nicht absolute Sachverhalte darstellen, sondern die Bandbreite unterschiedlicher Situatio-

113 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 nen im Landkreis abbilden sollen (beispielsweise steht also „+++“ im Mietpreisniveau lediglich für ein im Kreisvergleich relativ hohes Preisniveau, das kann dennoch bedeuten, dass das Mietpreisniveau im Ver- gleich zu angrenzenden Städte wie Frankfurt oder Offenbach geringer ausfällt).

Die Clusterung zeigt folgende charakteristischen Ergebnisse: • Dreieich, Langen: städtisch geprägte Standorte mit relativ ausgewogener Funktion als Arbeits- und Wohnstandorte. Hoher Dienstleistungsanteil bei mittlerer Zentralität des Arbeitsmarktes hinsicht- lich Arbeitsplatzdichte und Pendlersaldo. Die Wohnstandortnachfrage der letzten Jahre war eben- falls ausgewogen ohne klare Präferenzen bei der Familien- Bildungs- und Arbeitsmarktzuwande- rung. Aufgrund der strukturell eher geringen Siedlungsdichte herrscht ein für die Stadtgröße relativ hoher Anteil kleinteiliger Wohnformen (Ein- und Zweifamilienhäuser) vor, im Mietwohnungsbe- reich sind private Anbieter allerdings im Kreisvergleich eher unterdurchschnittlich vertreten. Das Mietpreisniveau ist stadtgrößen- und lagebedingt im Mittelbereich, ebenso der Anteil öffentlich ge- förderter Wohnungen. • Obertshausen, Hainburg: Vorwiegend durch die Funktion als Wohnstandort geprägte Gemeinden mit negativem Pendlersaldo, geringer Arbeitsplatzdichte und Dienstleistungsanteil bei der Beschäf- tigung. Vergleichsweise geringere Zuwanderungstätigkeit in den letzten Jahren ohne klare Präfe- renz bei den einzelnen Zielgruppen. Im Kreisvergleich niedriges Mietpreisniveau, aber deutlich überdurchschnittlicher Anteil an öffentlich geförderten Wohnungen und relativ hohe Arbeitslosen- quoten. Der Mietwohnungsmarkt ist vorwiegend durch private Anbieter geprägt. • Heusenstamm, Seligenstadt, Mainhausen: Von kleinteiligen Siedlungsstrukturen geprägte Standor- te mit relativ ausgewogener Funktion als Arbeits- und Wohnstandorte. Hoher Dienstleistungsanteil bei mittlerer Zentralität des Arbeitsmarktes hinsichtlich Arbeitsplatzdichte und Pendlersaldo. Die zuwanderungsbedingte Wohnstandortnachfrage der letzten Jahre war vorwiegend durch Arbeits- marktzuwanderung, aber auch hohen Anteilen der Familienwanderung geprägt. Aufgrund der strukturell sehr geringen Siedlungsdichte herrscht ein hoher Anteil kleinteiliger Wohnformen (Ein- und Zweifamilienhäuser) vor, auch im Mietwohnungsbereich sind private Anbieter vorherrschend. Der Anteil öffentlich geförderter Wohnungen ist gering, ebenso ist das Mietpreisniveau im Kreis- vergleich eher gering. • Rodgau, Rödermark, Mühlheim: Vereint Charakteristika der Cluster Obertshausen, Hainburg hin- sichtlich der Bedeutung als Arbeitsmarkt, und des Clusters Heusenstamm, Seligenstadt, Mainhaisen hinsichtlich der nachfrage- und angebotsseitigen Struktur des Wohnungsmarktes. • Dietzenbach: Vereint Charakteristika des städtisch geprägten Cluster Dreieich, Langen mit einer be- sonders stark durch Familienwanderung geprägten Wohnungsnachfrage der letzten Jahre. Bei überdurchschnittlicher Arbeitslosenquote herrscht ein im Mittel eher geringes Mietpreisniveau vor. • Neu-Isenburg: Sonderfall als im kreisvergleich überdurchschnittlich städtisch geprägtes Wirtschaft- szentrum mit großem Einzugsbereich als Arbeitsstandort, hohem Anteil an Dienstleistungsbeschäf- tigten. Die Wohnungsneunachfrage der letzten Jahre war vor allem durch Zuzug von Arbeitskräften und von Bildungswanderung geprägt, dadurch ist die Altersstruktur der Haushalte relativ jung und der Anteil ausländischer Bevölkerung hoch. Bei niedriger Arbeitslosenquote ist das Preisniveau auf dem Wohnungsmarkt aufgrund der guten Arbeitsmarktlage durch hohe unbefriedigte Nachfrage relativ hoch. Der im kreisvergleich geringe Anteil an Einfamilienhäusern und an privaten Mietwoh- nungsanbietern unterstreicht den städtischen Charakter des Standorts. Der hohe Anteil des öffent- lich geförderten Wohnungsbaus ist Folge der Präsenz öffentlicher und genossenschaftlicher Ver- mieter. • Egelsbach: Sonderfall einer Gemeinde mit eher wohnstandorttypischen Charakteristika hinsichtlich der Wohnangebotsstruktur, aber durch die Lage am westlichen Kreisrand relativ höherer Arbeits- marktzentralität, geringerer Arbeitslosigkeit und verstärkter Wohnungsnachfrage durch Berufs- wanderung.

114 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Tabelle 34: Profilbildung: Qualitative Merkmale

Wohnstandortprofil Wohnstandortprofil Wirtschaftsstandortprofil Nachfrage Angebot

r-

Pendle

+

Anteil - saldo öff. geförderter geförderter öff. EFH Wohnraum Arbeitslosigkeit Mietpreisniveau Berufswanderung s- (Arbeit Zentralität Bildungswanderung Privatvermieteranteil Dienstleistungssektor platzdichte Anteil Familienzuwanderung Anteil Arbeitsplätze im

Dreieich, Langen (Cluster 1) ++ +++ ++ ++ ++ ++ ++ + ++ ++ Obertshausen, Hainburg (Cluster 2) + + +++ + ++ ++ ++ ++ +++ + Heusenstamm, Seligenstadt, Mainhausen (Cluster 3) ++ +++ ++ ++ + +++ +++ +++ + + Rodgau, Rödermark, Mühlheim (Cluster 4) + ++ +++ ++ + +++ ++ +++ + + Dietzenbach ++ ++ +++ +++ ++ ++ ++ +++ ++ + Neu-Isenburg +++ +++ + + ++ +++ + + +++ +++ Egelsbach ++ + + ++ + +++ +++ +++ + ++ Anmerkung: Die Merkmalsausprägungen verstehen sich relativ zur Situation im Landkreis insgesamt. Aussagen absoluter Natur (z.B. zur Miethöhe oder zur Wohnversorgungssituation) sind damit nicht intendiert. Quelle: Eigene Darstellung

8.2 Handlungserfordernisse und Instrumente Zur Systematisierung der Handlungserfordernisse wird im Folgenden zwischen wohnungswirtschaftlichen, sozialpolitischen und raumentwicklungspolitischen Teilzielen unterschieden. Aufgrund der vielfachen Wechselwirkungen zwischen den Teilzielen sollte die Wirkungsintention von Maßnahmen stets hinsichtlich ihrer möglichen Nebenwirkungen auf andere Zielsetzungen überprüft werden. Die unterschiedlichen Cha- rakteristika der im vorigen Abschnitt vorgestellten Cluster machen deutlich, dass auch die wohnungsbezo- genen Problemlagen und Handlungserfordernisse, aber auch die Potenziale einzelner Standortvertreter individuelle Maßnahmen erfordern. Tabelle 35 dient hierfür zur Evaluation der der einzelnen Cluster in Bezug auf die nachfolgend diskutierten Problemlagen und Instrumente. Die dargestellten Merkmalsausprä- gungen der Tabelle verstehen sich relativ zur Situation im Landkreis insgesamt. Aussagen absoluter Natur (z.B. zur Miethöhe oder zur Wohnversorgungssituation) sind damit nicht intendiert. Tabelle 35 unterteilt die Problemlagen in drei Gruppen: Wohnraumbedarfe, Wohnbauflächen sowie den demografischen Wandel. Unter den Wohnraumbedarf fällt zunächst die Wohnraumversorgung. Diese ist gegenwärtig insbesondere in Neu-Isenburg, der Gemeinde Egelsbach sowie in etwas geringerem Umgang im Cluster 4 relativ angespannt. Der relative Bedarfsdeckungsgrad im geförderten Wohnraum ist besonders niedrig im Cluster 3 ebenso in Egelsbach. Bis 2030 werden von relativen Bindungsausläufen das Cluster 3 sowie Dietzenbach relativ am stärksten betroffen sein. Relativ hohe zuwanderungsbedingte Neunachfrage bis 2030 ist in Cluster 4, Dietzenbach und Egelsbach zu erwarten. Der relative Einfluss der demografiebe- dingten Mehrnachfrage bis 2030, aufgrund der Veränderung der Haushaltsstruktur, betrifft besonders Diet- zenbach und Egelsbach. Der Block Wohnbauflächen teilt sich in die Siedlungsdichte im Bestand (Haushalte pro ha Wohnbaufläche) und die Bedarfsdeckung von Bauland bis 2030 (vgl. Kapitel 6). Die Siedlungsdichte im Bestand ist im Clus- ter 3 am geringsten. Die vorangegangenen Auswertungen zeigten gerade in Seligenstadt und dem dritten

115 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Teilraum der Analyse den höchsten Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern mit der einhergehenden gerin- geren Dichte. Die höchste Dichte findet sich dagegen in Dietzenbach und Egelsbach. Der Bedarf mit Bauland ist daher am besten im Cluster 3 gedeckt. Engpässe relativ zur Situation im Landkreis sind in Dietzenbach, Neu-Isenburg und Egelsbach zu erwarten. Der dritte Block zum demografischen Wandel umfasst Merkmale zur aktuellen Betroffenheit sowie zur zu- künftigen Betroffenheit der Alterung der Gesellschaft. Die Alterung vollzieht sich im Landkreis mit einer unterschiedlich hohen Geschwindigkeit. So ist die Altersstruktur in den Clustern 2 und 3 bereits heute vo- rangeschritten, während bis 2030 insbesondere Cluster 4 und Dietzenbach betroffen sein werden. Durch die relativ junge Zuwanderung in Neu-Isenburg fallen die Auswirkungen der Alterung dort entsprechend geringer aus.

Tabelle 35: Profilbildung: Handlungserfordernisse Demografischer Wohnraumbedarfe Wohnbauflächen Wandel

r- r- s- n-

der

Wohnraum raum Bedarfsdeckung derter derter nachfrage bis 2030 nachfrage bis Wohnraumversorgung Neunachfrage bis 2030 bis Neunachfrage Zuwanderungsbedingte Alterung der Gesellschaft der Alterung Alterung der Gesellschaft der Alterung aktuelle Betroffenheit deraktuelle Relativer Demografiebedingte Meh Demografiebedingte geförderten Woh grad geförderten im Siedlungsdichte im Bestand 2030 (Prognose 3. Szenario) 2030 (Prognose (HH pro(HH ha Wohnbaufläche) Bedarfsdeckung Bauland bis Bindungsausläufe öff. gefö zukünftige Betroffenheit

Dreieich, Langen(Cluster 1) - ++ ++ + + ++ - ++ ++ Obertshausen, Hainburg(Cluster 2) - ++ + + + ++ - +++ ++ Heusenstamm, Seligenstadt, Mainhausen (Cluster 3) + + +++ + ++ + +++ +++ ++ Rodgau, Rödermark, Mühlheim (Cluster 4) -- ++ + ++ ++ ++ ++ ++ +++ Dietzenbach -- ++ +++ ++ +++ +++ --- + +++ Neu-Isenburg --- +++ ++ + + ++ --- ++ + Egelsbach --- + + ++ +++ +++ --- ++ + Anmerkung: Die Merkmalsausprägungen verstehen sich relativ zur Situation im Landkreis insgesamt. Aussagen absoluter Natur (z.B. zur Miethöhe oder zur Wohnversorgungssituation) sind damit nicht intendiert. Quelle: Eigene Darstellung

Nachfolgend werden wohnungswirtschaftliche (Abschnitt 8.2.1) und sozialpolitische Teilziele (Ab- schnitt 8.2.2) unterschieden. Hinsichtlich des möglichen Instrumenteneinsatzes sollte man sich bewusst sein, dass nicht jedes wohnungspolitische Instrument in allen Standorten geeignet ist. Ebenso wichtig ist es, zu betonen, dass bei der Lösung wohnungspolitischer Herausforderungen die Städte und Gemeinden zwar in erster Linie angesprochen werden, durch die Verzahnung von Sozialpolitik, Infrastrukturpolitik und Wirt- schaftspolitik sowie Landesplanung aber auch die Rollen des Landkreises und der übergeordneten Gebiets- körperschaften zu berücksichtigen sind.

8.2.1 Wohnungswirtschaftliche Teilziele Die Vorausberechnung des Wohnungsbedarfs ergab für alle drei Teilräume des Landkreises positive Neu- baubedarfe. Das primäre Ziel sollte daher in allen Clustern die möglichst verzögerungsfreie Bereitstellung eines ausreichenden Angebots an Wohnungen sein, um außergewöhnliche Preissteigerungen in Folge von Knappheitseffekten wie in der jüngsten Vergangenheit zu dämpfen. Insbesondere in Neu-Isenburg und

116 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030

Egelsbach ist die Anspannung gegenwärtig am höchsten, was aus Tabelle 35 unter „Wohnraumversorgung“ durch die Merkmalsausprägung „---“ hervorgeht. Allerdings sind dabei bestimmte Risiken nicht außer Acht zu lassen. Denn die Rekordzuwanderung der letzten Jahre bedeutete eine Sonderentwicklung, deren län- gerfristige Implikationen für den Wohnungsmarkt aus heutiger Sicht noch schwer abschätzbar sind. Nicht nur die gestiegene Abhängigkeit der Wanderungsbewegungen von der konjunkturellen Lage, sondern auch die offene Frage nach Intensität und Richtung der Zu- und Abwanderung von Flüchtlingen und der weiteren Nachfrageentwicklung im studentischen Wohnungsmarkt, der gleichfalls stärker von der internationalen Nachfrage geprägt ist, macht die Prognose des mittelfristigen Wohnungsbedarfs zusätzlich volatil. Die prognostizierten Baubedarfe und die Bautätigkeit sollten daher regelmäßig überprüft werden, um Fehlallo- kationen zu vermeiden. Die Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung gilt insbesondere für Neu- Isenburg als Stadt mit der höchsten Arbeitsmarktzentralität sowie über einen hohen Anteil an Arbeitsplät- zen im Dienstleistungssektor auch für die Cluster 1 und 3. Ein abgeschwächtes Risiko gilt über die Dimensi- on der Berufswanderungen darüber hinaus auch für alle restlichen Cluster durch die zentrale Lage des Landkreises innerhalb des Metropolraumes. Die Neubaubedarfe resultieren kurzfristig aus Wanderungsgewinnen (zuwanderungsbedingte Neunachfra- ge), mittelfristig dagegen insbesondere aus dem Wachstum der Haushaltszahlen (demografiebedingte Mehrnachfrage). Sowohl die demografische als auch die zuwanderungsbedinge Komponente wirken insbe- sondere in Dietzenbach und Egelsbach, während die zuwanderungsbedinge Nachfrage zusätzlich in Clus- ter 4 wirkt. Das Wachstum der Haushaltszahlen leitet sich wiederum aus der Alterung der Bevölkerung ab, denn Haushalte mit einer älteren Bezugsperson sind meist kleiner. Bereits weit vorangeschritten ist diese Entwicklung in den Clustern 2 und 3. Die Anforderungen an die Wohnungsbestände einer alternden Gesell- schaft (s. Abschnitt 8.2.2) gelten hier bereits gegenwärtig beziehungsweise werden kurzfristiger relevant. Langfristig sind von der Alterung besonders das Cluster 4 sowie Dietzenbach betroffen. Das sich langfristig abschwächende Bevölkerungswachstum wird dort durch die von der Alterung beschleunigte Haushaltsent- wicklung tendenziell überkompensiert. Das bedeutet zum einen, dass die Preisstruktur für Wohnimmobi- lien in den betroffenen Räumen auch in Zukunft kaum ausreichende Preissignale setzen kann, um die er- forderlichen Angebote ausschließlich durch Neubau zu realisieren, zum anderen, dass die Nachfrage selte- ner in Form von Familienhaushalten auftritt, die Neubauinvestitionen als Selbstnutzer vorwiegend im Ei- genheimsektor tätigen. Große Teile der Wohnungsbestände entstammen jedoch Perioden, die in absehbarer Zeit lebenszyklusbe- dingte Vollmodernisierungen erfahren werden. Dies gilt insbesondere für die Cluster, die räumlich in den Teilräumen 1 und 2 liegen. Gestiegene Bewirtschaftungskosten für die Gebäude und hohe Baukosten für Modernisierungen machen eine Modernisierungsentscheidung zur Weiternutzung als Familienwohnhaus möglicherweise unwirtschaftlich. Fehlende Fungibilität dieser älteren Bestände und fehlende Alternativen für die bisherigen Bewohner verhindern auf der Gegenseite ein Freiwerden der Bestände dort, wo tatsäch- lich eine Umzugsbereitschaft besteht. Der Abbau von Remanenzeffekten zur effizienten Weiternutzung bestehender Wohninfrastrukturen erfordert daher Strategien für die Entwicklung von Wohnalternativen für ältere Haushalte und Strategien für den Erhalt von attraktiven Bestandsstrukturen einschließlich der sozia- len und öffentlichen Infrastruktur für nachfolgende Generationen. Remanenzeffekte sind verstärkt insbe- sondere im Cluster 3 aufgrund des hohen Anteils an Ein- und Zweifamilienhäusern zu erwarten. Die Alterung vollzieht sich jedoch im ganzen Landkreis, nur in unterschiedlich starker Ausprägung. Alterung und sozialer Wandel werden verstärkt dafür sorgen, dass zukünftig verstärkt Mehrbedarfe im Teilmarkt der kleineren und mittleren Geschoßwohnungen entstehen. Zukünftig stark altern wird die Bevölkerung im Cluster 4 sowie in Dietzenbach. In abgeschwächter Form betrifft dies aber grundsätzlich alle Cluster außer Neu-Isenburg, das durch relativ junge Zuwanderung einen Gegenpol in der Altersstruktur erfährt. Daher sollte kreisweit flankierend zur Neubautätigkeit eine Strategie der Umstrukturierung und Anpassung beste- hender Wohnimmobilien implementiert werden, um eine Anpassung der Bestände an das veränderte Nachfrageverhalten unter Beibehalt relativ geringer Wohnkosten zu ermöglichen. Angesichts der durch den hohen Anteil privater Vermieter stark fragmentierten Anbieterstruktur im frei finanzierten Mietwoh-

117 Wohnsituation und Wohnraumbedarf im Landkreis Offenbach bis zum Jahr 2030 nungsmarkt sind hierfür Maßnahmen zu einer gezielten Mobilisierung von Grundeigentümern und Vermie- tern am erfolgversprechendsten, da institutionelle Akteure kaum in kleineren Kommunen präsent sind.

8.2.2 Sozialpolitische Teilziele Sozialpolitische Teilziele stellen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum angemesse- ner Qualität und zu angemessenen Kosten in den Vordergrund. Hier hat die Analyse bestimmte Risiken aufgezeigt, die allerdings für die einzelnen Nachfragegruppen unterschiedliche Zielsetzungen erfordert. Diese werden nachfolgend unterschieden.

• Transferleistungsbezieher: Eine wichtige Zielgruppe der sozialen Wohnungspolitik stellen Haushal- te dar, die unter Marktbedingungen nicht über genügend Wohnkaufkraft verfügen, um sich mit ei- ner angemessenen Einkommensbelastungsquote ausreichend mit Wohnraum zu versorgen. Diese sind in besonderem Maße auf preiswerten Wohnraum angewiesen. Unter diese Gruppe fallen ei- nerseits Transferleistungsbezieher (SGB II und XII), da die Übernahme der Bedarfe für Wohnen nur unter der Maßgabe erfolgt, dass die Kosten die seitens der kommunalen Träger ermittelten Ange- messenheitsgrenzen nicht überschreiten. Die Grenzen dieser Angemessenheit erlauben im Regelfall nur die Anmietung einer Wohnung im einfachen Segment. Ebenfalls zu dieser Gruppe zählen Haus- halte, die Subjektförderung in Form von Wohngeld erhalten. Für diese Zielgruppe kann die Wohn- kostensituation ein entscheidender Faktor der sozioökonomischen Stabilisierung sein. Für diese Zielgruppe ist es erforderlich, dass ein ausreichendes Angebot an frei finanzierten Bestandswoh- nungen im einfachen und mittleren Marktsegment zur Verfügung steht, da entsprechend der Ziel- setzung der Subjektförderung der geförderte Mietwohnungsmarkt die Versorgungsaufgabe nur an- teilig leisten kann. Handlungserfordernisse für diese Zielgruppe umfassen die regelmäßige Anpassung der Angemes- senheitsgrenzen an die jeweilige Wohnungsmarktlage, um die Zugänglichkeit des frei finanzierten Mietwohnungsmarktes zu gewährleisten und damit geförderte Wohnungen für Bedarfsgruppen mit höherer Dringlichkeit frei zu halten. Ebenfalls erforderlich ist eine bessere Anpassung der Größen- struktur von verfügbaren Wohnungen, um der besonders hohen Zahl an kleinen Haushalten im Transferbezug gerechter zu werden. Dies erscheint vor allem in den Clustern des Kreises notwendig zu sein, in denen kleine Wohneinheiten bislang weniger nachfragerelevant waren (beispielsweise Cluster 3). Bei der gesuchten Wohnungsgrößenstruktur kann man sich an der Haushaltsgrößen- struktur der sozialwohnungsberechtigten Haushalte orientieren. Diese lässt sich aus einer Untersu- chung zur Anzahl der sozialwohnungsberechtigten Haushalte in Hessen ableiten (Institut Wohnen und Umwelt 2014). Im Jahr 2012 entfielen von den sozialwohnungsberechtigten Haushalten rund 50 % auf Einpersonenhaushalte, ca. 25 % auf Zweipersonenhaushalte, 11 % auf Dreipersonenhaus- halte, 9 % auf Vierpersonenhaushalte und 5 % auf Haushalte mit fünf und mehr Personen. Den Richtlinien „Soziale Wohnraumförderung – Mietwohnungsbau“ Ziffer 4.2.1 zufolge belaufen sich die förderungsfähigen Regelwohnflächen für Einpersonenhaushalte auf 45 m², für Zweipersonen- haushalte auf 60 m² und erhöhen sich für jede weitere Person um 12 m². Der Fokus sollte bei Neu- förderungen daher verstärkt auf die Ansprüche kleinerer Haushalte ausgerichtet werden. • Haushalte mit Zugangsschwierigkeiten: Neben den Transferleistungsempfängern ist die soziale Wohnangebotspolitik auch an die Bedürfnisse der Haushalte mit Zugangsschwierigkeiten auszurich- ten. Diese Bedarfsgruppe ist nur teilweise mit der erstgenannten deckungsgleich. Hierunter fallen Haushalte, die aufgrund ihrer persönlichen Situation Schwierigkeiten haben, im freien Wohnungs- markt eine Wohnung zu finden, da nicht zuletzt aufgrund der Rechtslage bei Wohnraummietver- hältnissen viele private Vermieter die Vermietung an bestimmte Haushaltstypen eher vermeiden, da sie nicht über Erfahrungen im Umgang mit den entsprechenden Zielgruppen verfügen. Neben kinderreichen Familien, Alleinerziehenden, Personen mit Gesundheitsproblemen erfahren insbe- sondere Migrantenhaushalte häufig Zugangsschwierigkeiten. Entsprechend ist davon auszugehen,

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dass die Entwicklung der Flüchtlingszahlen in den Jahren 2015/2016 sich steigernd auf den Bedarf an belegungsgebundenen Wohnungen auswirken wird. Ein Instrument zur Sicherstellung der Wohnbedarfe von Haushalten mit Zugangsschwierigkeiten ist der geförderte Wohnungsmarkt, da Kommunen über Belegungs- oder Besetzungsrechte eine direkte und bedarfsgerechte Steuerung der Wohnungszuweisung besitzen. In Städten und Gemeinden des Landkreises mit hohem Anteil privater Vermieter steht die Nachfra- ge nach Sozialwohnungen vor dem Problem, dass ein entsprechendes Angebot und institutionelle Anbieterstrukturen mit Erfahrungen in der Bestandsbewirtschaftung geförderter Wohnungen nur unzureichend vorhanden sind. Gleichzeitig sind Neubauförderungen angesichts der geringen erfor- derlichen Mietpreise nur mit sehr hohen kommunalen Eigenanteilen umsetzbar. Ohne eine ent- sprechende institutionelle Verankerung sind Bestände an geförderten Mietwohnungen nur schwer zu schaffen und zu bewirtschaften. Ein zeitnaher Ausbau der Kapazitäten an geförderten Beständen in den betroffenen Kreisteilen sollte daher durch Kooperation oder Beauftragung bestehender Un- ternehmen erfolgen, die über die notwendige Erfahrung in der Realisierung und Bewirtschaftung verfügen. Denn außer in Langen und Neu-Isenburg beträgt der Anteil der Privatvermieter in allen Städten und Gemeinden mindestens, teilweise auch deutlich mehr als 70 %. • Familienhaushalte: Unter diese Zielgruppe fallen Haushalte, die den Landkreis Offenbach als Ziel- standort für arbeitsmarktbedingte Zuwanderung wählen, und solche, die vor Ort als Familienhaus- halte neu gegründet werden und ihren Wohnbedarf entsprechend anpassen wollen. Die Auswer- tungen der Studie haben gezeigt, dass die Wanderungsgewinne des Landkreises zu großen Teilen auf diese Gruppe entfallen. Die Vorausberechnung der Haushaltstypen zeigte, dass die Zahl der Familienhaushalte im Landkreis bis 2030 deutlich zurückgehen wird. Damit verbunden ist auch eine entsprechend abnehmende Bedeutung der Neubaunachfrage nach Eigenheimen durch die Ziel- gruppe. Durch die oftmals fehlende Verfügbarkeit von Bestandsbauten durch Remanenzeffekte, zu hohe Modernisierungskosten für Bestände und städtebaulichen Gegebenheiten, die freistehende Häuser auch für Nichtfamilienhaushalte attraktiv machen, ist jedoch davon auszugehen, dass eine grundlegende Nachfrage nach Neubaueinfamilienhäusern je nach Teilraumprägung in der Größen- ordnung von ca. 20 % (Teilraum 1) bis etwa 50 % (Teilraum 3) der gesamten Neubautätigkeit auch in den nächsten Jahren bestehen wird (vgl. Abbildung 56). Wie im Gutachten dargelegt, hängt der Neubaubedarf stark von den Wohnalternativen für Senio- renhaushalte ab, denn innerhalb des baulichen Bestands bietet auch der Generationswechsel in den Quartieren gute Chancen für Familienwohnen in den bebauten Ortsteilen der Städte und Ge- meinden des Landkreises. Als Entwicklungshemmnis sind jedoch unter Umständen die fehlende Marktfähigkeit des Angebots (aufgrund der Mikrolage, Baustilpräferenzen oder unwirtschaftliche Wohnflächen) und zu hohe Modernisierungskosten zu nennen. Mit dem Erhalt öffentlicher Infra- strukturen (Schulen, Kindertagesstätten, Einkaufsmöglichkeiten) und der Weiterentwicklung von Standortvorteilen (Verkehrsinfrastruktur, naturräumliche Ausstattung, Mikrolagequalitäten) für Familien und Senioren kann die öffentliche Hand den Generationswechsel im Bestand jedoch wirk- sam unterstützen. • Jüngere Haushalte: Jüngere Haushalte, die erstmals auf dem Wohnungsmarkt auftreten, präferie- ren in Folge ihrer noch geringen Wohnkaufkraft und ihrer geringen Haushaltsgröße überwiegend Mietwohnungen in gut erreichbaren Lagen, die ihren Standortpräferenzen und der häufig nur be- grenzten Aufenthaltsdauer (z.B. zu Studien- und Ausbildungszwecken) entgegenkommen. Aufgrund der zunehmenden Nachfragekonkurrenz mit Senioren, Berufspendlern und Niedrigeinkommensbe- ziehern ist der Ausbau eines entsprechenden Angebots kleiner und mittelgroßer Wohnungen (Ein- bis Dreizimmerwohnungen und Appartements) insbesondere in den Städten und der Gemeinde des Teilraumes 1, also im Cluster 1 sowie in Neu-Isenburg und Egelsbach, notwendig. Durch die Tatsa- che, dass die gegenwärtig jüngeren Haushalte zukünftig, meist nach dem Studium oder der Ausbil- dung, einen perspektivischen Familienstandort suchen und wählen werden, ist es wichtig im Land- kreis entsprechende Angebote bieten zu können, um Abwanderungen junger Menschen mittel- und

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langfristig zu vermindern und so dem vorausberechneten Rückgang der Familienhaushalte entge- gen zu wirken. • Seniorenhaushalte: Seniorenhaushalte sind die Bedarfsgruppe, die im Landkreis Offenbach und in jedem der Teilraume zahlenmäßig am stärksten zunehmen wird. Problemsituationen für ältere Se- nioren können sich bei Altbauten durch die fehlende Barrierearmut, steile Treppenläufe und gering dimensionierte Bewegungsflächen in Wohnungen ergeben. Bei jüngeren Beständen der 1960er bis 1980er-Jahre ist mit zunehmenden Belastungen durch unwirtschaftliche Wohnungsgrößen und die damit verbundenen erhöhten Betriebskosten zu rechnen. Eine gewisse Nachfrage nach seniorenge- rechtem Wohnraum im höherpreisigen Segment besteht insbesondere durch jüngere Senioren- haushalte oder noch erwerbstätige Haushalte, die präventiv für den Erhalt einer selbständigen Wohnweise im Alter sorgen wollen (Krings-Heckemeier 2006, Oswald 2002). Die Umzugshäufigkeit von Senioren steigt generell mit dem Urbanisierungsgrad, auch infolge der anderen sozioökonomischen Zusammensetzung der Seniorenbevölkerung in den Ballungsräumen (höherer Anteil zugewanderter Senioren, höherer Bildungsgrad), verbunden mit einer größeren Wohnkaufkraft und besseren Verwertungsmöglichkeiten von Immobilieneigentum im Falle einer Verlagerung des Wohnstandorts. Im südhessischen Metropolraum kommt es daher zukünftig in höherem Maße zu Ruhesitzwanderungen in Form von Wohnortverlagerungen in das Umland (Insti- tut Wohnen und Umwelt 2017). Dieses Phänomen dürfte zukünftig im Landkreis Offenbach durch die geografische Nähe zu Frankfurt, Offenbach und Darmstadt eine zunehmende Rolle spielen. Durch Altersarmut sind in Zukunft auch verstärkt Zugangsprobleme von Senioren zu erwarten. Der soziale Wohnungsmarkt sollte durch verstärkte Bereitstellung geeigneter Wohnangebote darauf vorbereitet sein. Außerhalb der Großstädte ist insgesamt eine geringere freiwillige Umzugsbereitschaft erkennbar, die erst mit dem Alter zunimmt, dann aber verstärkt von externen Auslösern initiiert wird (Friedrich 2002). Ursächlich für die geringere Umzugsneigung dürften, bezogen auf den Landkreis Offenbach, beispielsweise kleinstädtisch geprägte Wohnbiographien sein, oftmals kann jedoch auch eine Zwangsimmobilität infolge geringer Vermögenswerte und mangelnder Fungibilität des Immobilien- vermögens vorliegen. Deshalb wird die seniorengerechte Anpassung des vorhandenen Wohn- raums, besonders im Cluster 4 und in Dietzenbach als vorrangig erachtet, die in besonderem Maße von der Alterung betroffen sein werden (vgl. Tabelle 35). Die Potenziale für die Verbesserung der Wohnsituation durch Neubauten werden dagegen als gering eingeschätzt, da die Wohnkaufkraft der Senioren dafür in der Regel zunehmend nicht ausreichen wird. Handlungserfordernisse in diesem Bereich umfassen die Unterstützung von Eigentümern bei der Entscheidung zu baulichen Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit, die Aufrechterhal- tung und Verbesserung der Infrastruktur an Pflege- und Betreuungsdiensten, wohnortnahen Ver- sorgungseinrichtungen und Mobilitätsangeboten.

8.2.3 Raumentwicklungspolitische Teilziele Der Landkreis Offenbach ist von einer enormen Vielfältigkeit geprägt. Im südhessischen Ballungsraum, bie- tet der Landkreis sowohl als Wohnstandort, aber auch als Arbeitsort verschiedenste Standortvorteile. So gibt es im Kreis eine gut ausgebaute Infrastruktur, die eine hohe Erreichbarkeit der benachbarten Arbeits- marktzentren in kurzer Zeit ermöglicht. Mit Neu-Isenburg findet sich ein, zwar im Vergleich zu Darmstadt, Frankfurt und Offenbach, kleineres aber dennoch bedeutsames regionales Arbeitsmarktzentrum innerhalb der Kreisgrenze. Darüber hinaus bietet der Landkreis eine überdurchschnittlich naturräumliche Ausstattung mit einem großen Anteil von Grünflächen und Wäldern. Durch die geografische Lage resultiert aber auch eine Abhängigkeit des Wohnungsmarktes von der konjunkturellen Entwicklung sowohl in Südhessen, als auch gesamtwirtschaftlich in Deutschland.

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Die Vielfältigkeit im Landkreis ermöglicht es Wohnwünsche von verschiedenen Haushaltstypen zu befriedi- gen und die Abhängigkeit von der konjunkturellen Lage zu reduzieren. Preisgünstigere, großzügige Wohn- angebote im Landkreis Offenbach im Vergleich zu den benachbarten Großstädten sind hierbei ein Standort- vorteil. Der Erhalt dieses Standortfaktors sollte daher ein wichtiges wohnungspolitisches Ziel sein, das mit einer angemessenen Baulandpolitik und dem Erhalt und Ausbau kommunaler Infrastrukturen unterstützt werden kann. Auf der anderen Seite sollten Fehlentwicklungen, die zu einer übermäßigen Entwertung von Bestandsim- mobilien beitragen können, vermieden werden. Dies betrifft einerseits eine nicht bedarfsgerechte Bauland- und Siedlungspolitik, andererseits eine zu unflexible Erhaltungs- und Sanierungspolitik in bestehenden Ortskernen.

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