Stenografisches Protokoll 55 I

18. Wahlperiode 1. Untersuchungsausschuss nach Artikel 44 des Grundgesetzes

Nur zur dienstlichen Verwendung

Stenografisches Protokoll der 55. Sitzung - Endgültige Fassung* -

1. Untersuchungsausschuss Berlin, den 18. Juni 2015, 10.30 Uhr Paul-Löbe-Haus, Europasaal (4.900) 10557 Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1

Vorsitz: Prof. Dr. , MdB

Tagesordnung

Tagesordnungspunkt

Zeugenvernehmung Seite

- Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, BK 4 (Beweisbeschluss Z-12)

- Bundesminister Dr. Thomas de Maizière, MdB 93 (Beweisbeschluss Z-17)

* Hinweis: Die Korrekturen und Ergänzungen des Zeugen Herrn Bundesinnenminister Thomas de Maizière (Anlage) sind in das Protokoll eingearbeitet.

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Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Lindholz, Andrea Marschall, Matern von Schipanski, Tankred Ostermann, Dr. Tim Sensburg, Prof. Dr. Patrick Wendt, Marian Warken, Nina SPD Flisek, Christian Zimmermann, Dr. Jens Mittag, Susanne DIE LINKE. Renner, Martina Hahn, Dr. André BÜNDNIS 90/DIE Notz, Dr. Konstantin von Ströbele, Hans-Christian GRÜNEN

Fraktionsmitarbeiter CDU/CSU Bredow, Lippold von Feser, Dr. Andreas Kühnau, Dan Otto, Birgit Puglisi, Livia Wendt, Dr. Christina Wodrich, Anja SPD Ahlefeldt, Johannes Geiger, Nicolas Hanke, Christian Diego Heyer, Christian Leuxner, Alexander Schlukke, Lisa DIE LINKE. Halbroth, Anneke Martin, Stephan Scheele, Dr. Jürgen BÜNDNIS 90/DIE Busold, Christian GRÜNEN Kant, Martina Leopold, Nils Pohl, Jörn Schlikker, Michael

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Teilnehmer Bundesregierung Bundeskanzleramt Heinemann, Martin Kämmerer, Marie Pabst, Daniel Wolff, Philipp Zygojannis, Dr. Philipp Auswärtiges Amt Berkemeier, Gunnar Lehmann, Uta Bundesministerium des Innern Akmann, Torsten Fremke, Eva Gierth, Sonja Hauer, Florian Jacobi, Stephan Köning-Laforet, Elisabeth Matthes, Thomas Weiss, Jochen Bundesministerium der Justiz und für Kirchner, Heino Verbraucherschutz Milke, Dr. Tile Bundesministerium für Wirtschaft und Hohensee, Gisela Energie Bundesministerium für Verteidigung Rauch, Rüdiger Henschen, Elmar Voigt, Björn Die Bundesbeauftragte für den Daten- Kremer, Dr. Bernd schutz und die Informationsfreiheit

Teilnehmer Bundesrat LV Bayern Luderschmid, Florian LV Hessen Steinbach, Arvid

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(Beginn: 13.04 Uhr) Vernehmung des Zeugen Klaus-Dieter Fritsche Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich eröffne die Als Erstes begrüßen darf ich unseren Zeugen Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses der Herrn Staatssekretär Herrn Klaus-Dieter Fritsche. 18. Wahlperiode und stelle fest: Die Öffentlich- Ich stelle fest, der Zeuge ist ordnungsgemäß gela- keit ist hergestellt. Die Öffentlichkeit und die den. Herzlichen Dank, dass Sie unserer Ladung Vertreter der Presse darf ich, wie regelmäßig, gefolgt sind und dem Ausschuss für diese Ver- herzlich begrüßen. Ich freue mich, dass Sie aus- nehmung zur Verfügung stehen. giebig über diesen Ausschuss Bericht erstatten. Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die Bun- Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand der heu- destagsverwaltung eine Tonbandaufnahme der tigen Sitzung komme, gestatten Sie mir einige Sitzung fertigt. Diese dient ausschließlich dem Vorbemerkungen. Auch die sind den meisten in- Zweck, die stenografische Aufzeichnung der Sit- zwischen schon bekannt; sie gelten aber nach wie zung zu erleichtern. Die Aufnahme wird nach Er- vor, auch für diejenigen, die neu bei uns sind stellung des Protokolls gelöscht. selbstverständlich. Das Protokoll dieser Anhörung wird Ihnen nach Ton- und Bildaufnahmen sind während der öf- Fertigstellung zugestellt. Sie haben, falls dies ge- fentlichen Beweisaufnahme grundsätzlich nicht wünscht ist, die Möglichkeit, innerhalb von zwei zulässig. Ein Verstoß gegen dieses Gebot kann Wochen Korrekturen und Ergänzungen vorzu- nach dem Hausrecht des Bundestages nicht nur nehmen. - Gibt es hierzu Fragen? zu einem dauernden Ausschluss von den Sitzun- gen dieses Ausschusses sowie des ganzen Hauses (Der Zeuge schüttelt den führen, sondern gegebenenfalls auch strafrecht- Kopf) liche Konsequenzen nach sich ziehen. - Ich sehe, das ist nicht der Fall. - Herr Fritsche, Ich rufe den einzigen Tagesordnungspunkt der vor Ihrer Anhörung habe ich Sie zunächst zu be- heutigen Sitzung auf: lehren. Sie sind als Zeuge geladen worden. Als Zeuge sind Sie verpflichtet, die Wahrheit zu sa- Zeugenvernehmung gen. Ihre Aussagen müssen richtig und vollstän- dig sein. Sie dürfen nichts weglassen, was zur - Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, BK Sache gehört, und nichts hinzufügen, was der (Beweisbeschluss Z-12) Wahrheit widerspricht. - Bundesminister Dr. Thomas de Maizière Ich habe Sie außerdem auf die möglichen straf- (Beweisbeschluss Z-17) rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen. Wer vor dem Un- Die Beweisbeschlüsse Z-12 und Z-17 stammen tersuchungsausschuss uneidlich falsch aussagt, vom 08.05.2014. Es wird Beweis erhoben zum kann gemäß § 162 in Verbindung mit § 153 des Untersuchungsauftrag - Bundestagsdrucksache Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafe von drei 18/843 - durch Vernehmung der Zeugen Herrn Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, Herrn Bun- bestraft werden. Nach § 22 Absatz 2 des Unter- desminister Dr. Thomas de Maizière. suchungsausschussgesetzes können Sie die Aus- kunft auf solche Fragen verweigern, deren Beant- Zunächst werden die Zeugen hintereinander wortung Sie selbst oder Angehörige im Sinne des öffentlich vernommen. Im Anschluss findet die § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung der Gefahr nichtöffentliche Vernehmung statt. aussetzen würde, einer Untersuchung nach einem gesetzlich geordneten Verfahren ausgesetzt zu werden. Dies betrifft neben Verfahren wegen

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einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit gegebe- im Zusammenhang zum Gegenstand Ihrer Ver- nenfalls auch Disziplinarverfahren. nehmung zu äußern. Möchten Sie dies?

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen des (Der Zeuge nickt) Schutzes von Dienst-, Privat- oder Geschäfts- geheimnissen nur in einer nichtöffentlichen oder - Ganz herzlichen Dank, dann haben Sie jetzt das eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich Sie Wort. um einen Hinweis, damit der Ausschuss dann die Frage zurückstellen kann und die Fragen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, Herr Vorsitzen- dann in nichtöffentlicher oder eingestufter Sit- der, ich hatte ja schon verschieden die Möglich- zung erneut stellen kann. Wir würden dann keit, mit diesem Ausschuss in Beratungssitzun- einen dementsprechenden Beschluss fassen. - gen, natürlich auch in Obleutegesprächen zu Haben Sie hierzu Fragen? sprechen. Deswegen will ich nur drei Vorbemer- kungen machen und stehe Ihnen dann für die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, Herr Vorsit- Fragen zur Verfügung. zender. Die drei Vorbemerkungen beschäftigen sich na- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke türlich vor allem damit - weil es um eine Materie schön. - Nach diesen notwendigen Vorbemerkun- geht, mit der ich beruflich zu tun habe -, was wir gen darf ich Ihnen den geplanten Ablauf kurz uns, was sich die Bundesregierung, was ich mir darstellen. Eingangs habe ich Sie zur Person zu vom Untersuchungsausschuss erhoffe und auch befragen. Zu Beginn der Vernehmung zur Sache erwarte - nicht im Sinne einer Verpflichtung, haben Sie gemäß § 24 Absatz 4 des Untersu- sondern was aus dem Untersuchungsauftrag und chungsausschussgesetzes Gelegenheit, zum Be- aus dem Ausschuss und dem Abschlussbericht weisthema im Zusammenhang vorzutragen, also folgt. ohne Unterbrechung durch einzelne Fragen. Da- nach werde ich Sie befragen. Anschließend erhal- Erste Bemerkung: Es ist die Aufgabe dieses Aus- ten die Mitglieder des Ausschusses Gelegenheit schusses, Fehler zu benennen und Vorschläge für für ihre Fragen. Dies geschieht nach dem Stärke- Optimierungen vorzulegen, und dabei - und das verhältnis der Fraktionen, Fraktion nach Frak- möchte ich noch mal ausdrücklich betonen - hilft tion. - Haben Sie hierzu Fragen? die Bundesregierung, indem wir Zeugen zur Ver- fügung stellen und auch Unterlagen. Ich bitte al- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, Herr Vorsit- lerdings um Verständnis - weil ich das auch in zender. der öffentlichen Diskussion immer wieder gese- hen und gehört habe -, dass nicht alles offen dis- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen kutiert werden kann, und Herr Vorsitzender, Sie Dank. - Ich darf Sie bitten, sich nun dem Aus- haben das ja auch im Hinblick auf den Hinweis, schuss mit Namen, Alter, Beruf und einer la- den Sie mir gegeben haben, einleitend gesagt. dungsfähigen Anschrift vorzustellen. Das Wesen der Nachrichtendienste - und damit Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, danke, Herr Vor- beschäftigt sich ja dieser Ausschuss - ist es eben, sitzender. - Mein Name ist Klaus-Dieter Fritsche, dass diese Nachrichtendienste zur Sicherheit un- 62 Jahre, und ladungsfähige Anschrift ist das serer Bürger Erfolg haben. Erfolg ist nur möglich Bundeskanzleramt in der Willy-Brandt-Straße 1. bei Nachrichtendiensten, wenn ihre Methodik nicht bekannt wird. Und das ist eine unabding- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- bare Voraussetzung, dass wir in Zusammenarbeit lichen Dank. - Ich hatte es gerade schon gesagt: mit anderen Partnerdiensten gegenseitig auf die Zunächst möchte ich Ihnen, wenn Sie dies wün- Geheimhaltung vertrauen können. Nur dann er- schen, entsprechend § 24 Absatz 4 des Untersu- halten wir die Informationen, die für die Sicher- chungsausschussgesetzes Gelegenheit geben, sich

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heit unseres Landes notwendig sind. Ich bin - ge- ten Welt, und dabei ist Zusammenarbeit unver- statten Sie mir den Hinweis - auch der Überzeu- zichtbar. Heute ist die Gewährleistung von Si- gung, dass auch in geheimen Sitzungen die Sach- cherheit sogar nach meiner persönlichen Über- lage und der Untersuchungsgegenstand aufge- zeugung noch schwerer als in Zeiten des Kalten klärt werden können. Ich bitte auch in dem Zu- Krieges. Wir haben es mit einem internationalen sammenhang um die Mithilfe des Untersu- Terrorismus zu tun. Wir haben neue Konflikte, chungsausschusses; denn das Verfassungsgericht direkt vor unserer Haustür. Wir haben eine zu- hat uns ja beiden das Staatswohl, das Wohl, die nehmende Proliferation, und wir haben Aus- Sicherheit der Bürger unseres Landes in die landseinsätze unserer Bundeswehr. All das sind Hände gelegt: der Bundesregierung und dem relativ - jedenfalls in der Bedeutung und in der Deutschen Bundestag. Bedrohung für unsere Gesellschaft - recht neue Phänomene. Zweite Bemerkung: Wenn Fehler passiert sind, dann möchte ich darauf hinweisen, dass ich das, Ich habe die Hoffnung, dass als Ergebnis dieses was in den Medien teilweise geschrieben wird - - Untersuchungsausschusses auch unsere Nach- nicht dazu führen kann, dass es zu einer generel- richtendienste und unsere Sicherheitsbehörden len Unterstellung kommt, dass sich Mitarbeiter, insgesamt gestärkt werden; aber ohne Arbeitstei- die geheim halten, weil sie geheim halten, grund- lung mit Partnern, die die gleichen Werte wie wir sätzlich nicht an Gesetze und Regularien halten. verfolgen, ist das, nämlich die Gewährleistung Und meine Erfahrung - auch im Zusammenhang der Sicherheit, unmöglich. Deswegen bitte ich mit etwaigen Theorien, dass bestimmte Ver- Sie, kritisch zu fragen; aber ich bitte auch darum, schwörungen eine Rolle spielen - sind einfach in nicht grundsätzlich das Vertrauen in uns, unsere der Zeit, in der ich jetzt schon im öffentlichen Mitarbeiter und das unserer Partner infrage zu Dienst bin, so, dass es keine Verschwörungen stellen. - Herzlichen Dank. gibt, sondern eben nur menschliche Fehler, und menschliche Fehler passieren überall da, wo Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Menschen arbeiten. Das, glaube ich, ist etwas, lichen Dank, Herr Staatssekretär. - Das werden was nicht nur für Nachrichtendienste gilt, son- wir versuchen nicht zu tun, und ich hoffe, die dern für alle, die in einer Arbeitstätigkeit stehen, Aussagen, die Sie treffen werden, führen umge- nicht nur im öffentlichen Dienst. kehrt nicht ebenfalls dazu. Von daher hoffe ich, dass wir mit der jetzt anschließenden Befragung Im Übrigen möchte ich noch einmal darauf hin- viele Sachverhalte aufklären können, die dement- weisen, dass die Mitarbeiter der Nachrichten- sprechend an Fragen bei uns bestehen. dienste, vor allem des Bundesnachrichtendiens- tes, aber auch des Bundesamtes für Verfassungs- Ich möchte einmal beginnen, und ich möchte be- schutz, eine schwere Aufgabe leisten, weil sie ginnen mit den Ausführungen, die Sie begonnen eben in diesem Zwiespalt zwischen der Nicht- haben. Sie haben gesagt: „wenn Fehler passiert öffentlichkeit im teilweise Geheimen und der sind“. Welche Fehler sind denn passiert? Verpflichtungen nach Transparenz stehen. Und ich glaube - ich versuche das jedenfalls in meiner Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Vorsitzender, Position - - die Mitarbeiter zu stützen; denn für das ist Aufgabe des Untersuchungsausschusses, unsere Sicherheit sind sie wichtig, ihre Tätigkeit das herauszubekommen; aber die Bundesregie- ist für unsere Sicherheit wichtig. Ich habe selbst rung hat ja schon erklärt, auch öffentlich erklärt, erlebt, dass die meisten jedenfalls überaus enga- dass es hinsichtlich der Organisation im Bundes- giert sind an diesem Ziel im Rahmen der recht- nachrichtendienst - und von dem sprechen wir lichen Möglichkeiten. derzeit -, Unzulänglichkeiten gibt, denen die Bundesregierung auch mit entsprechenden Wei- Dritte und letzte Bemerkung: Wir alle leben in sungen, als die Kenntnis in der Bundesregierung einer globalisierten Welt, zunehmend globalisier- vorlag, entgegengewirkt hat.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke da frage ich mich ja: Seit wann führen Sie diesen schön. - Könnten Sie da konkreter werden? Prozess der Nachsuche, welche technischen und organisatorischen Defizite vorliegen? Seit wann? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, es sind zum Bei- spiel Weisungen, die um die Frage gehen, die ja, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ganz einfach: als jedenfalls wenn es Inhalte angeht, die sogenann- die Bundesregierung, die Fach- und Dienstauf- ten Listen, Selektorenlisten, betreffen, und die - - sicht, von dem Nichtinformieren erfahren hat, ganz einfach das Informationsverhalten innerhalb und das ist seit März diesen Jahres. des Dienstes und vom Dienst zur Fach- und Dienstaufsicht für die Zukunft verbessert werden Im Übrigen darf ich aber noch darauf hinweisen, muss. dass wir natürlich nicht nur in diesem Bereich tätig sind; es ist eben auch eine Aufgabe der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Das ist Fach- und Dienstaufsicht, wenn sie Kenntnisse ein Punkt, also das Informationsverhalten; ich von Fehlern hat, permanent nachzujustieren. Das nenne das jetzt mal das Meldewesen von unten ist ein Geben und Nehmen zwischen der unterge- nach oben; ein Punkt. Also, da wird ein Organi- ordneten Behörde und der Fach- und Dienstauf- sationsdefizit - könnte man es so benennen? - sicht, hier in dem Fall zwischen dem Bundes- festgestellt. Ich probiere, die Begriffe jetzt des nachrichtendienst und dem Kanzleramt und Pressesprechers der Bundesregierung zu nutzen; natürlich auch zwischen Bundesamt für Verfas- „organisatorische und technische Defizite“ war ja sungsschutz und der zuständigen Behörde, dem gesagt worden. Und jetzt probiere ich, nicht Bundesinnenministerium. eigene Begriffe zu verwenden, sondern die, die die Bundesregierung und ihr Pressesprecher - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt habe ich mal in alten Akten gekramt zum BND-Untersu- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es, so ist es. chungsausschuss. Da war festgestellt worden, dass es insbesondere mit den Außenstellen im Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, das ist BND Probleme gibt mit dem Kommunikations- ein Punkt: Organisationsverschulden. Ist das der fluss, mit dem, was ich als Meldewesen be- einzige? schreibe. Das scheint also schon Gegenstand eines Untersuchungsausschuss gewesen - - Und Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wir sind, Herr Vor- da ist festgestellt worden von Mitarbeitern des sitzender - da bitte ich einfach um Nachsicht -, BND, dass es da ein Defizit gibt. Genau dieses De- derzeit ja auch noch, wie Sie wissen und wie wir fizit scheint jetzt einige Jahre später wieder genau dem Ausschuss gegenüber gesagt haben, auch im- einen sehr sensiblen Teil - Sie sprachen die Se- mer noch in der Sachverhaltsaufklärung. Und ich lektorenlisten an - - wieder aufzutreten. Und denke, dass das jetzt das Vordringliche ist, näm- auch der BND-Präsident, Herr Schindler, hat die- lich den ganzen Sachverhalt, soweit das möglich ses Defizit hier sehr deutlich betont. Da habe ich ist, aufzuklären, hier auch den Ausschuss inso- Sorge, dass sich irgendwie nichts tut. Können Sie weit zu unterstützen, und erst danach werden mir die Sorge nehmen? wir an einzelne Maßnahmen denken können; denn allein aus der Sachverhaltsaufklärung ergibt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das hoffe ich, Herr sich ja dann auch, welche Maßnahmen angezeigt Vorsitzender. Das, was im BND-Untersuchungs- sind. ausschuss eine Rolle gespielt hat, war die Viel- zahl von Außenstellen, jetzt nicht im Bereich der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Seit wann - Fernmeldeaufklärung, sondern in anderen Berei- Sie sagten, Sie sind mittendrin in der Aufarbei- chen des Bundesnachrichtendienstes über die tung und der Prüfung, welche technischen und Bundesrepublik Deutschland verteilt. Und da- organisatorischen Defizite vorliegen - - Da ist der mals war es die feste Überzeugung, dass wir - ich Pressesprecher wohl etwas schnell nach vorne war ja zu der Zeit auch Abteilungsleiter 6 im geprescht, wenn Sie noch mittendrin sind. Also, Kanzleramt - hier die Außenstellen reduzieren

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müssen. Das ist auch gelungen, nämlich zusam- können wir auch gemeinsam sicherlich an den menzuführen die dort Tätigen in der Zentrale, Verbesserungen arbeiten. weil wir der Überzeugung waren, dass man auch von der Zentrale aus diese Tätigkeit durchführen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Vorsitzender, kann. das sind natürlich jetzt, sage ich mal, gutachter- liche Fragen, die ich natürlich trotzdem gerne be- Bei der strategischen Fernmeldeaufklärung haben reit bin zu beantworten. Es gibt natürlich auch wir damals einen anderen Weg verfolgt, weil wir innerhalb der Meldekette jetzt innerhalb des ja bei der strategischen Fernmeldeaufklärung Dienstes, auch zwischen den Abteilungen unter ganz einfach an geostationäre Punkte gebunden Umständen Optimierungspotential; aber da sind. Von daher gibt es Außenstellen, die einfach komme ich wirklich darauf zurück, dass wir der- dort stehen, wo sie stehen, weil sie dort stehen zeit in Gesprächen sind und ich noch nicht so müssen aus geostationären Gründen, und diese weit bin, Ihnen quasi einen Maßnahmenkatalog brauchen eben auch das entsprechende Personal. vorzulegen. Ich glaube, dafür ist es auch zu früh.

Was wir künftig jetzt aus den Erfahrungen dieses Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Dann Untersuchungsausschusses dann für Lehren zie- gehe ich mal in den Zeitraum 2013. - Oder ich hen, das ist eine Diskussion, die wir derzeit mit frage erst noch mal was anderes. Ich frage mal dem Bundesnachrichtendienst und natürlich in- Richtung Abteilung TA. Sie hatten es ja gerade nerhalb des Kanzleramtes führen. gesagt, Sie waren Abteilungsleiter der Abtei- lung 6. Die Fach- und Dienstaufsicht wird, wenn Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich hatte das ich es richtig verstehe, durch die Gruppe 61 und bei der Vernehmung des BND-Präsidenten speziell durch das Referat 611 wahrgenommen Schindler gesagt: Das ist natürlich auch für einen zu Ihrer Zeit. Wie erfolgt denn eigentlich genau Präsidenten einer solchen Behörde eine sehr Fach- und Dienstaufsicht durch das Bundeskanz- missliche Situation, wenn er in der Rolle ist, dass leramt, durch die Abteilung 6? er ein Haus führen muss, wo die Gefahr oder die Besorgnis zumindest besteht, dass Informationen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, zunächst ein- nicht nach oben dringen. Dann ist das eine sehr mal - und da möchte ich darauf hinweisen, wie mutige Position, die man da wahrnimmt. Von da- ich Abteilungsleiter 6 geworden bin, und jetzt her wäre es doch sinnvoll nach den Erfahrungen auch, als ich zurückgekommen bin ins Kanzler- jetzt der vielen Außenstellen und den jetzigen Er- amt - haben wir damals sowohl fachlich als auch fahrungen, insbesondere aus der Abteilung TA, personell die Fach- und Dienstaufsicht gestärkt. die mit Außenstellen eben, wie Sie sagen, not- Das ist jetzt wieder geschehen, und das ist da- wendigerweise ausgestattet ist, ein anderes Sys- mals geschehen. Wir hatten damals eine zwei- tem des Informationsflusses zu entwickeln. Da zügige Abteilung 6 im Kanzleramt. Das ist eine sind wir sicherlich gespannt, wie dieser Punkt der Grundvoraussetzungen, und das Übrige ist, verbessert wird, weil er ist als Defizit, glaube ich, auch wenn es sich um nachrichtendienstliche oder als „Sollbruchstelle“, hat es Herr Schindler Arbeit handelt, eine Arbeit, die in allen Ministe- benannt, wenn ich das richtig erinnere, festge- rien in der Regel gleich abläuft. Das bedeutet, stellt worden. dass bei Fehlern, die der Fach- und Dienstauf- sicht bekannt werden, die Fach- und Dienstauf- Ist das denn jetzt der einzige Knackpunkt, will sicht hier reagieren muss, dass sie Vorschläge er- ich mal nennen, wo man sagt: „Da hat es Defizite arbeiten muss, am besten im Gespräch mit der gegeben“, oder gibt es weitere? Weil das ist natür- Unterbehörde, wie diese Fehler für die Zukunft lich für uns interessant mit Blick auf einen Ab- bereinigt werden können. Und es ist natürlich schlussbericht. Wir möchten Sie ja gerne unter- Aufgabe der Fach- und Dienstaufsicht, unabhän- stützen bei der Verbesserung des Bundesnach- gig von dem Vorliegen von Fehlern mit der Be- richtendienstes und der nachrichtendienstlichen hörde, die hier unter der Fach- und Dienstauf- Kontrolle. Umso mehr wir da wissen, umso mehr sicht liegt, sich auszutauschen. Dazu habe ich

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damals als Abteilungsleiter 6 - und das haben wir oder wesentliche Informationen, die dort vorlie- jetzt wieder - eingeführt regelmäßige Jours fixes gen, dass die der Fach- und Dienstaufsicht mitge- mit den Abteilungen, von den zuständigen Refe- teilt werden; denn für uns ist es natürlich nicht raten mit den Abteilungen, in denen mit den Ab- so, dass wir eine 100-Prozent-Kontrolle als Fach- teilungen das besprochen wird. und Dienstaufsicht haben; das geschieht in kei- nem Über-/Unterordnungsverhältnis. Denn eine Lassen Sie mich ein Beispiel geben: In der Zeit, 100-Prozent-Kontrolle würde bedeuten, dass wir als ich Abteilungsleiter 6 war, hatten wir gerade zu den über 6 000 Mitarbeitern des BND dahinter die große Umstellung zwischen dem leitungsge- jeweils einen weiteren Mitarbeiter der Fach- und bundenen Verkehr, also was Fernmeldeaufklä- Dienstaufsicht stellen. Das ist nicht Sinn und rung angeht, und dem sogenannten paketvermit- Zweck der Fach- und Dienstaufsicht. telten Verkehr. Damals haben wir intensive Ge- spräche mit dem Bundesnachrichtendienst ge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- führt, wie dieser neuen technischen Herausforde- lichen Dank. - Sie sind ja schon auf den Zeitraum rung bei gleichen rechtlichen Zuständigkeiten be- der Umstellung zu paketvermittelten Verkehren gegnet werden kann. Und wir haben damals auch eingegangen. Haben Sie sich das mal zeigen las- mit der G-10-Kommission intensive Gespräche sen, wie das funktioniert? Weil Sie sprachen von darüber geführt, wie paketvermittelter Verkehr Spam, der da einging. Ich habe mir das - und sich von dem leitungsgebundenen Verkehr unter- wahrscheinlich die Kolleginnen und Kollegen ja scheidet und was für uns damals ein Problem auch - intensiv erst mal aneignen müssen. Haben war. Damals ist vom Bundesnachrichtendienst Sie sich das mal erklären lassen, was der BND da vor allem eines aufgezeigt worden: dass ein gro- technisch überhaupt macht? ßes Problem war, als der Anfang dieser paketver- mittelten Verkehre existierte, dass der BND keine Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, soweit ich es genügenden sogenannten Spamfilter hatte. Fast als Jurist dann auch verstanden habe, habe ich es 80 Prozent der Meldungen, die aufgefangen wur- mir erklären lassen. Ich bin vor Ort gewesen. Es den, waren Spams. Das ist als Problem erkannt ist meine Aufgabe auch als Fach- und Dienstauf- worden, das ist mit dem BND auch besprochen sicht gewesen, mit allen Abteilungen auch vor worden, und der Dienst hat mit der Zeit auch Ort zu sprechen, also Pullach und die Außenstel- entsprechende Filter entwickelt, um eben Spams len, die damals noch existierten, und habe mir ausfiltern zu können und nicht die ganzen Auf- natürlich sowohl in Bad Aibling als auch in der fassungen damit volllaufen zu lassen. Das war Zentrale in Pullach solche Dinge vorstellen las- damals ein Punkt, der sowohl vom Dienst ange- sen. Dabei sind die Gespräche eben dazu gekom- sprochen worden ist als auch von uns erkannt men, welche Probleme es gibt. Aus meiner Erin- worden ist in der Dienst- und Fachaufsicht und nerung war damals das entscheidende Problem den wir auch mit der G-10-Kommission bespro- die technische Umstellung: Wie gehen wir damit chen haben. Ich hatte damals, im Jahre 2006, um, und wie können wir den Spam wegfiltern? auch angewiesen, dass wir halbjährliche Berichte an die G-10-Kommssion geben in diesen Fragen: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, was ich Umstellung leitungsgebundener Verkehr zu pa- mich jetzt frage, ist: Ich kenne das Problem mit ketvermitteltem Verkehr. dem Spam in dem Rahmen nicht. Aber auch bei der paketvermittelten Auswertung von Daten Das war für uns damals der entscheidende Punkt, muss ich doch erst mal bestimmte Suchbegriffe und das zeigt, wie Fach- und Dienstaufsicht rea- einsetzen, nach denen ich suche. Oder nehme ich giert. Wir haben auch heute noch Jours fixes mit da im Grunde alles, was durch die Leitungen den gesamten Fachabteilungen des Bundesnach- durchfließt? richtendienstes, und dort wird natürlich dann auch erwartet seitens der Fach- und Dienstauf- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, damals hat sicht, dass Probleme, die dort erkannt werden, man Suchbegriffe genommen. Aber zu weiteren

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Einzelheiten möchte ich darauf in einer nicht- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, damals ist na- öffentlichen Sitzung zurückkommen. türlich über ein - in meiner Zeit als Abteilungs- leiter 6 - Projekt gesprochen worden, zu dem ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das verstehe in geheimer Sitzung gerne das, was ich dazu ich. Ich würde mich nur wundern, wenn diese weiß, Ihnen sagen kann. Das Problem, das damals Suchbegriffe Spam wären. Also, ich weiß ja, was eine Rolle gespielt hat, war vor allem die G-10- in diesem Spam wahrscheinlich drin ist. Das ist Ausfilterung, und da haben wir uns auch seitens ja wohl nichts, wonach der BND sucht; - des Kanzleramtes massiv mit eingebracht.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich glaube - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, ging es bei dem Projekt - was in öffentlicher Sitzung ja Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - denn ein auch schon bezeichnet worden ist unter verschie- Großteil dieses Datenflusses sind ja Dinge, die denen Namen, sowohl unter den Begriffen wahrscheinlich nicht Gegenstand dieses Untersu- „Eikonal“ als auch „Transit“ -, da ging es also im chungsausschusses sind. Kern gar nicht um G-10-Verkehre, sondern das war das Problem, die rauszufiltern? Habe ich das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich glaube, richtig verstanden? dass das die Fachleute Ihnen - und es ist auch nicht die Aufgabe der Fach- und Dienstaufsicht, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es, ohne dass jetzt vollständig technisch das zu durchdringen, ich die Bezeichnungen verwenden möchte. sondern ich muss mit den Problemen umgehen - sicher besser erklären können; aber ist ganz ein- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Um was ging fach so, dass, wenn mit solchen Begriffen ge- es denn dann eigentlich? Was für Daten wollte arbeitet wird, dann eben bestimmte Merkmale da man denn bekommen mit diesem Projekt drinstehen und Spams eben, die die gleichen „Eikonal“ oder „Transit“? Merkmale haben, dann aufploppen. So ist mir das jedenfalls damals erklärt worden. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, das, was der BND in der sogenannten Routineaufklärung und Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Auf der strategischen Fernmeldeaufklärung in seinem jeden Fall wird mit Suchbegriffen auch bei der Aufgabenprofil hat. paketvermittelten Datenauswertung gearbeitet. Mit welchen Suchbegriffen denn? Also, Sie sol- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Und len die jetzt nicht benennen; dann würde sich wie hat man das dann mit den G-10-Verkehren eine andere Diskussion erledigen. Aber wie kom- gelöst, dass die, die ja eben - ich sage jetzt mal men die zustande? „Beifang“, wenn ich das so sagen darf - da mit drin waren - - und Sie sagen, da hat die Filterung Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist Aufgabe der nicht perfekt geklappt, oder wie soll ich das - - Fachabteilungen im Bundesnachrichtendienst, Ich will Ihnen nichts in den Mund legen. solche Entsprechenden nicht zu entwickeln, son- dern zu finden mit anderen nachrichtendienst- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es hat, ohne dass lichen Mitteln und dann an die TA weiterzu- ich jetzt weiter in - - Soweit ich in offener Sit- geben. zung das sagen kann, kann ich Ihnen sagen, dass es einen gewissen Zeitaufwand erforderte, und Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also nur von- dieser Zeitaufwand war letztlich für den Erfolg seiten des BND, oder gab es auch bei der paket- des Projekts zu viel. vermittelten Datenauswertung Suchbegriffe, die von Partnern der Five-Eyes-Staaten zugesteuert Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. - Be- worden sind? Andere sind ja nicht Untersu- züglich der G-10-Verkehre aus dem entsprechen- chungsgegenstand. den Projekt „Eikonal“, ist Ihnen da noch eine weitere Diskussion bekannt? Insbesondere wenn

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es sich um paketvermittelte Verkehre handelt, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, in meiner Ver- muss man die ja irgendwo gewinnen. antwortung, weil ich ja damals Innenstaatssekre- tär war, habe ich das ja nur teilweise mitbekom- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Eine weitere Dis- men. Soweit ich das mitbekommen habe - und kussion haben wir damals nicht geführt. was ich jetzt in öffentlicher Sitzung sagen kann -, war es meine feste Überzeugung, dass es Ver- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Weil handlungen gab, die auch optimistisch zu be- wir haben auch mit Juristen der Telekom gespro- trachten waren, dass das aber letztlich dann im chen - mit Vertretern der Telekom, Entschuldi- Frühjahr 2014 beendet worden ist. gung. Die sagten uns, dass es da schon Probleme gegeben hätte beim Abgriff am Kabel. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Können Sie dieses Gefühl, was Sie gerade beschreiben, an ir- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da sind wir nicht gendwelchen Punkten festmachen, zum Beispiel einbezogen worden, - Ihr Minister - -

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, Herr Vorsitzen- der, ich versuche es mal anhand einer Delega- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - und ich kann mir tionsreise, an der ich selbst teilgenommen habe, auch vorstellen, dass das, wenn es solche Pro- Anfang August des Jahres 2013, also vor dem bleme gab - ich weiß nicht, welcher Art, techni- Herbst, als wir Gespräche geführt haben und als scher Art -, auch vor meiner Zeit war, weil das solche Abkommen signalisiert worden sind, wo- Ganze ja entwickelt worden ist. bei ich persönlich mit dem Begriff „No Spy“ un- glücklich bin. Der Inhalt des Abkommens ist aber Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Aber der gleiche, der in den Medien besprochen wird. Sie erinnern es grob, dass es eben um die soge- Denn unter Diensten ein Abkommen abzuschlie- nannten Transitverkehre oder Ausland-Ausland- ßen, das den Einsatz von Spionen ganz grund- Verkehre ging bei diesem Projekt, und das Pro- sätzlich ausschließt, ist an sich schon ein Wider- blem war, dass man nicht hundertprozentig die spruch; aber das ist nur die Frage des Begriffes. G-10-Verkehre rausfiltern konnte, und das Das Abkommen, der Inhalt ist das Wichtige. dauerte lange, das technisch zu gewährleisten, und im Endeffekt war die Zeitkomponente das Bei diesem Besuch ist uns signalisiert worden, Problem dann für das Projekt; - dass ein solches Abkommen möglich erscheint, dass in dem Zusammenhang natürlich auch die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. politische Spitze in den Vereinigen Staaten mit einbezogen werden muss, dass aber die, mit de- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - so fasse ich nen wir gesprochen haben, nämlich die Vertreter es mal zusammen. - Okay. - Dann komme ich der Dienste, das durchaus für realistisch angese- noch mal zu einem anderen Themenkomplex, hen haben. Und dann habe ich selbst an diesen und zwar die Zeit Herbst 2013 bis Anfang 2014. Verhandlungen ja nicht teilgenommen, sondern Sie können sich sicherlich vorstellen, da geht es ich weiß nur, dass es Delegationen gegeben hat, uns - da haben wir auch gestern intensiv drüber die dort Gespräche geführt haben und die dann diskutiert - um die Frage nach den Veröffent- auch entsprechend weitere Meldungen gegeben lichungen von . Gab es da einen haben, dass man noch in diesen Gesprächen ist - Zeitraum, einen Zeitansatz, in dem die Partner das habe ich am Rande mitbekommen -, dass Amerika und Deutschland bewogen waren, man auch optimistisch sei. Dieser Optimismus ist wodurch auch immer, ein Abkommen abzu- dann allerdings Anfang des Jahres, Frühjahr schließen, was in den Medien oft als No-Spy-Ab- 2014, also letzten Jahres, getrübt worden. kommen bezeichnet wurde - was auch immer da drinstand? Wie haben Sie diesen Zeitraum in Er- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen innerung? Dank. - Als Sie im August, Anfang August, 2013

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selbst auf Delegationsreise in den USA waren, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Oder Delega- wer war denn da noch mit? tionen hier.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Chefs der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - das weiß ich nicht. Dienste, der deutschen Dienste, also BfV, BND. Ich glaube, es waren immer wieder Gespräche zwischen den Außenministern, also dem deut- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Also schen Außenminister und dem US-Außenminis- da wurde auf Dienstebene verhandelt. ter. Es hat auch Gespräche gegeben von mir mit dem - ich glaube, im Dezember des Jahres 2013 - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Ich würde amtierenden DHS-Chef, also das ist Department allerdings sagen, auch an der Schnittstelle zwi- of Homeland Security, das ja nach 9/11 einge- schen Diensten und Politik. So wie ich als Beauf- richtet worden ist, wo wir auch über diesen tragter für die Nachrichtendienste des Bundes im Punkt gesprochen haben, also nicht über ein Ab- Kanzleramt sitze, ist der sogenannte Director of kommen, sondern über die Post-Snowden-Zeit; National Intelligence ja auch quasi dem Weißen denn DHS ist für ein Abkommen nicht zuständig. Haus zugeordnet, also eine Schnittstelle zwi- schen Politik und Diensten. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie würden Sie das sagen: Von amerikanischer Seite wollten Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sie waren ja die das, oder wollte das die deutsche Seite, und zu der Zeit - Sie hatten es gesagt - ein Staatssekre- die Amerikaner haben gesagt: „Okay, das müssen tär, ein verbeamteter Staatssekretär im Innen- wir uns mal näher angucken; sind wir erst mal ministerium. War der Innenminister auch mal in verhalten“, oder - - dieser Angelegenheit in den USA zu dieser Zeit? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, also die Idee Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, das ist ja den kam ja nicht von uns, sondern die Idee kam dort Medien zu entnehmen. Ich weiß jetzt gar nicht - - in dem Gespräch - da war ich ja selbst dabei - von den Vertretern der amerikanischen Behörden, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich wollte und jetzt speziell bei meinem Gespräch mit DHS, jetzt nicht den Zeitungsdienst bemühen, jetzt, wo wie gesagt, hat es keine Rolle gespielt, weil es ich Sie hier habe. nicht die Zuständigkeit von DHS und dem Bun- desinnenministerium war. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich will es bestäti- gen, was in den Medien steht: Er war dort. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Was könnte die Amerikaner dazu bewegen, was von ihren Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, gut. - Möglichkeiten abzugeben, will ich mal so sagen, Wissen Sie den Zeitraum noch genau? so ein Abkommen vorzuschlagen?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich glaube, das war Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, das, was unter nach unserer Delegationsreise. Ich glaube, Mitte Partnern unter Umständen eine Rolle spielt, dass August; aber das kann ich jetzt nicht mehr genau man mit Partnern eben eine noch festere Allianz sagen. eingehen will, das ist ein Punkt. Zum anderen sind natürlich auch Snowden und die Umstände, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, wir könn- die durch Snowden in Welt gesetzt worden sind, ten es nachgucken, aber - - Wissen Sie von weite- ein Punkt. Immerhin war er Systemadministrator ren Ministern, die danach noch in den USA wa- als Externer für Nachrichtendienste, und das, mit ren und über das Thema gesprochen haben? dem er - was wir heute noch nicht vollständig wissen - wuchern kann, ist eben aus den ameri- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ob in den USA, - kanischen Nachrichtendiensten nach außen ge- flossen. Jedenfalls gehe ich mal davon aus; denn beweisen kann ich es nicht.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also Sie hat- Schotten dicht gemacht - - Ich kann mich noch ten den Eindruck, dass die Amerikaner unter erinnern an ein Telefonat mit der stellvertreten- einem hohen Druck standen, Schaden wiedergut- den Sicherheitsberaterin des Weißen Hauses, wo zumachen? Verstehe ich das so richtig, oder wie? ich -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, in solchen Ge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Frau Rice - sprächen ist es schlecht zu entnehmen, ob das oder? War das Frau Rice? Gegenüber tatsächlich unter einem hohen Druck steht. Es bestand jedenfalls die Bereitschaft, und Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - nein, Frau wir haben das gerne entgegengenommen. Monaco -

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Kam Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. das spontan, oder waren Sie schon mit so einer Erwartungshaltung in die USA gefahren: „Da Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - nicht so pessimis- könnte so was kommen“? tisch war. Zu dem Inhalt könnte ich Ihnen in ge- heimer Sitzung etwas sagen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Gut. - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ist da viel- Ich wäre durch mit meinen einführenden Fragen. leicht auf anderer Ebene schon mal was vorbe- Wir kämen dann zu den Fragen der Fraktionen, sprochen worden? und es beginnt in der ersten Fragerunde die Frak- tion Die Linke. Frau Kollegin Renner. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, nein. Also nicht, dass ich wüsste. Ich habe jedenfalls keine (DIE LINKE): Willkommen, Herr Kenntnis über etwaige Vorbesprechungen, und Fritsche. - Ich hätte ein paar Fragen, zu denen ich ich muss sagen, ich war angenehm überrascht. gekommen bin durch die Vernehmung von Herrn Uhrlau hier unlängst. Herr Uhrlau ist gefragt wor- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Und den, ob er Kenntnis darüber hat, dass die Vor- als es sich dann nicht konkretisiert hatte, Sie sag- gänge EADS und Eurocopter in den Jahren 2005/ ten, Anfang 2014, kann man das etwas näher ein- 2006 Gegenstand von Präsidentenunterrichtun- ordnen? gen, Präsidentenrunden gewesen sein können, und er antwortet auf die Frage des Kollegen von Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ich kann es Notz: eigentlich - - Der Regierungssprecher hat ja dann irgendwann, ich glaube, im April 2014, gesagt, Also, ich gehe davon aus, dass ich dass auf absehbare Zeit ein solches Abkommen das bei den regelmäßigen Bespre- nicht mehr möglich erscheint. chungen, die ich mit Herrn Fritsche hatte, sicherlich auch nicht unerwähnt gelassen habe. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich sage, es Ich kann es aber nicht garantieren. war schon etwas eher. Ich glaube, der Außenmi- Aber das Verhältnis ist eigentlich nister hat im Februar, glaube ich - ich habe das so gewesen, dass Sachverhalte, die jetzt nicht vor mir liegen -, schon auf einer Reise problematisch sind, dann auch an- gesagt, dass das wohl nicht mehr zustande gesprochen werden. kommt; aber ich will jetzt auch nichts Falsches sagen. Deswegen meine Frage an Sie: Wurden Sie über die EADS/Eurocopter-Problematik unterrichtet? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Auch das, kann ich Wann war das? Wer hat Sie unterrichtet? Und mich erinnern, ist gesagt worden; aber das natür- was haben Sie daraufhin veranlasst? lich jetzt nicht so, dass solche Erwartungshaltun- gen, dass man dann sagt: Jetzt werden sofort die

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ganz grund- Schriftlichen nicht so der übliche Weg war, son- sätzlich kann ich sagen: Ich hoffe, dass es so ist, dern dass es eher andersherum gewesen ist, dass, wie Herr Uhrlau gesagt hat, dass alles, was pro- wenn Dinge besonders kritisch sind, man doch blematisch ist, mit mir auch besprochen worden dann eher darauf verfallen ist, mündliche Wei- ist. Ich kann mich nicht erinnern, dass er mir zu sungen zu erteilen, mündliche Aufträge zu ertei- solchen Teilen der Selektorenlisten irgendetwas len - zum Beispiel ist dieser Auftrag zur Selek- gesagt hat, und ich halte es auch für unwahr- torenprüfung auch mündlich erteilt worden -, Er- scheinlich, dass er das gesagt hat, weil ich mir gebnisse nur mündlich zu übermitteln und Ähn- zur Regel gemacht habe bei diesen Vieraugen- liches mehr. Deswegen bleibe ich dabei: Auch gesprächen und Informationen unter Tür und wenn Sie nichts mehr schriftlich auffinden, kön- Angel - nen Sie sich an Gespräche erinnern, in denen es darum ging, dass es sein kann, dass die US-ame- Martina Renner (DIE LINKE): Unter der Tür? rikanische Seite in der Kooperation irgendetwas in der Zielstellung unternimmt, was so mit Ihnen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - ja, ich - - gut - - bei nicht abgesprochen ist, also der Bundesregierung, diesen Vieraugengesprächen zu erwarten, dass und auch eigenen Interessen widersprechen das dann schriftlich mir vorgelegt wird. Und das würde - ganz allgemein? ist, soweit ich das sehe, nicht geschehen. Deswe- gen halte ich es für unwahrscheinlich, dass er Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, noch mal: Ich mir das gesagt hat. weiß nicht, was andere Zeugen gesagt hatten und in welchem Zusammenhang sie es gesagt haben. Martina Renner (DIE LINKE): Nun kann es ja Ich habe es mir jedenfalls, seitdem ich Abtei- sein, dass Sie über etwas anderes gesprochen ha- lungsleiter 6 war und jetzt Beauftragter für die ben und nicht den Begriff „Selektoren“ verwandt Nachrichtendienste bin und auch was die haben und dass Sie deswegen natürlich richtig Dienste angeht, als ich Innenstaatssekretär war auf meine Frage geantwortet haben, aber viel- dem BfV gegenüber - - dass, wenn ich etwas leicht zum Sachverhalt nicht ganz genau. Man mündlich erfahren habe, ich dazu einen schrift- kann ja auch über Selektoren reden, wenn man lichen Bericht will. Ich will jetzt nicht den Be- über Suchmerkmale spricht. Man kann auch über griff „Wer schreibt, der bleibt“ aus dem vor allem die EADS-Problematik reden, indem man über Verteidigungsbereich benutzen, aber ich halte den Verdacht der Wirtschaftsspionage redet. Da das für die Tätigkeit der Fach- und Dienstaufsicht mache ich das ein bisschen größer. Gehen wir für essenziell. Ich habe nichts dagegen, wenn im weg von Selektoren. Ist darüber gesprochen wor- operativen Bereich, bei Operationen etwas münd- den, dass die NSA Suchmerkmale, -begriffe, lich weitergegeben wird; das weiß ich selbst als Kommunikationsmerkmale - da können Sie sich Vizepräsident des BfV. Aber das betrifft einen jetzt weitere Vokabeln dazu denken - übergibt, operativen Bereich. Hier haben wir das Verhält- bei denen der Verdacht ist, dass sie sich gegen nis zwischen Fach- und Dienstaufsicht und der deutsche oder europäische Interessen wenden? zu kontrollierenden Behörde, und da habe ich es mir zur Regel gemacht, dass solche mündlichen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, da gilt genau Dinge dann schriftlich berichtet werden müssen. das Gleiche. Ich habe Ihre Frage schon so weit verstanden, zu dem weiteren Sinne. Wenn so et- Martina Renner (DIE LINKE): Dann würde ich was gesprochen worden wäre - - Ich habe ihm Ihnen gerne jetzt einen Vorhalt machen aus der immer gesagt: „Dazu möchte ich einen schrift- Akte MAT A BK-6a_3.pdf, Blatt 27; das ist die lichen Bericht haben“, und ich habe keinen sol- Paginierung Seite 34. Es ist hier die Vorbereitung chen Bericht. auf ein Gespräch des Chefs des Bundeskanzler- amtes mit DNI McConnell. Das Schreiben ist vom Martina Renner (DIE LINKE): Also, mehrere Zeu- 22. Februar 2008. Es ist an Herrn Gruppenlei- gen haben ausgeführt, dass das Prinzip des ter 62 und Herrn Abteilungsleiter 6 gerichtet. Und es ist NfD; es ist kein Problem. Und dort

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heißt es jetzt unter „Zusammenarbeit und Ge- eines Misstrauens den Vereinigen Staaten gegen- sprächsthemen“: über, sondern vor dem Hintergrund der techni- schen Entwicklungen, die wir natürlich in Es ist zu erwarten, dass US-Seite Deutschland auch nicht verlieren wollten? Und Sie erneut auf eine verstärkte Zu- das ist der Gegenstand des Gespräches gewesen, sammenarbeit im Bereich der also eine politische Vorbereitung für den Minis- technischen Aufklärung und zur ter oder ein politisches Gespräch. Aber noch mal: IT- und Kommunikationssicher- Es ist nicht so, dass ich mündlich etwas erfahren heit ansprechen wird. Hierzu un- terrichtet Sie AL 6 aus Gründen habe, sondern ich habe es schriftlich erfahren der VS-Einstufung der Unterlagen und habe dann den Minister über die Inhalte un- persönlich. Wie bei den übrigen terrichtet. Themen ist hier kein neuer Sach- stand seit Ihrer Begegnung mit Martina Renner (DIE LINKE): Nun steht aber dem DNI im Dezember zu erwar- hier, dass es nicht an zeitlichen Abläufen lag, ten. sondern:

Hier wird explizit also - - Mehrere Dinge möchte Hierzu unterrichtet Sie AL 6 aus ich dazu fragen. Erstens wird hier gesagt: Ange- Gründen der VS-Einstufung der sichts des Gegenstandes gibt es nur eine persön- Unterlagen persönlich. liche Unterrichtung. Das widerspricht gerade dem, was Sie eben gesagt haben: dass man eben Das ist so: Ab einer bestimmten Einstufung zu solchen - hier geht es ja um problematische macht man das dann mündlich. Dinge - immer natürlich einen schriftlichen Be- richt verlangt. Hier wird genau das Umgekehrte Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, in dem Fall verabredet: dass man dazu nur persönlich unter- ist es so gewesen, dass wir diese Unterlagen na- richtet. Und dann wäre natürlich die Frage: Wel- türlich nicht mitnehmen können, - che Informationen haben Sie seinerzeit tatsäch- lich von Dr. Urmann erhalten in dieser persön- Martina Renner (DIE LINKE): Okay, und dann - - lichen Unterrichtung? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - und dann bleiben Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, wenn ich die in Deutschland. Trotzdem gibt es Vorberei- mich richtig erinnere, bezieht sich das auf eine tungsunterlagen, und die müssen ja gelesen wer- Vorlage der Abteilung 6 an den Chef des Bundes- den. Und das ist die Aufgabe natürlich der Abtei- kanzleramtes zur Vorbereitung einer Reise nach lung und hier des Abteilungsleiters gewesen. Washington. Dazu lagen die Unterlagen - dazu Und dann haben wir auch darüber gesprochen. musste ich nicht mit Herrn Urmann oder mit Wir haben dem Minister das zwar nach meiner wem auch immer reden - mir vor, und in der Vor- Erinnerung auch zur Verfügung gestellt, aber er lage ist dann gesagt worden: Zu den weiteren hat, glaube ich, nur relativ kurze Zeit gehabt, Einzelheiten - ich glaube, das war auch zeitlich diese Unterlagen einzusehen. ziemlich nah an der Reise - unterrichtet Sie Herr AL 6. Das ist dann auch tatsächlich erfolgt: nach Martina Renner (DIE LINKE): Können Sie sich an meiner Erinnerung teilweise, soweit es ging, im Gespräche oder auch Aktenvorgänge erinnern, Flugzeug, teilweise im Hotelzimmer in Washing- bei denen es darum ging, dass man bei bestimm- ton dem Minister gegenüber. Und da ging es we- ten Kooperationen, betreffend auch SIGINT-Maß- niger um strategische Fernmeldeaufklärung, nahmen, also IT- und TK-Infrastruktur, Zurück- wenn ich mich richtig erinnere, sondern es ging haltung üben sollte, was die Zusammenarbeit mit um die ganz grundsätzliche Frage politischer Art, den US-Amerikanern angeht, weil man vermutet, nämlich die grundsätzliche Frage: Wie weit kann dass es eigenständige nachrichtendienstliche man in der Kooperation mit den Vereinigten Aufklärungsaktivitäten zum Beispiel gegen euro- Staaten zusammenarbeiten - aber nicht wegen päische Staaten geben könnte?

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, da tue ich dazu habe, was in der Abteilung läuft und wie mich jetzt ein bisschen schwer mit der Antwort - Herr - - nicht, weil ich die Antwort nicht wüsste, son- dern weil ich das in offener Sitzung natürlich nur Christian Flisek (SPD): Umgekehrt gefragt: Ist es schlecht gewährleisten kann. eher üblich, dass ein Referatsleiter ohne aus- drückliche Weisung von Ihnen so eine Anforde- Martina Renner (DIE LINKE): Was? rung beim BND machen würde?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Antwort zu ge- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ganz grund- ben. Das sind Fragen, die natürlich nur in gehei- sätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: Ein Referats- mer Sitzung - - die Antworten erfolgen können. leiter ist im Gespräch mit dem BND schon und wird, ohne dass er mich darüber informiert oder Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und im vielleicht auch erst nachträglich informiert, tätig Zweifel dann in der nächsten Runde, weil die in der Fach- und Dienstaufsicht, oder es ergibt Zeit abgelaufen ist. sich aus dem Gespräch mit mir, dass ich sage: Da haken Sie noch mal nach, oder fragen Sie noch Martina Renner (DIE LINKE): Ja, dann machen mal nach. wir in der nächsten Runde damit weiter. Christian Flisek (SPD): Im Bundesnachrichten- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir kommen dienst, ich sage mal, herrschte - das wird auch jetzt in der ersten Fragerunde zur Fraktion der berichtet - damals wohl eine sehr kritische Hal- SPD. Herr Kollege Flisek. tung gegenüber einer Kooperation, vor allen Din- gen auch in Bezug auf eine Ausweitung einer Ko- Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- operation mit US-amerikanischen Nachrichten- der. - Herr Fritsche, ich würde da gerne jetzt diensten wie beispielsweise der NSA. Frau Kolle- noch mal anknüpfen, was Frau Kollegin Renner gin Renner hatte ja da schon zum Teil drauf hin- auch schon in der Zielrichtung gefragt hat. Es gewiesen. Sie waren als Abteilungsleiter 6 dort gibt Medienberichte - die werden Sie ja auch ken- sicherlich stark eingebunden. Können Sie sich nen -, da wurde gesagt, dass ein Referatsleiter im vorstellen, was der Grund für dieses Petitum des Bundeskanzleramt Anfang 2008 eine Stellung- Bundesnachrichtendienstes war? nahme des BND angefordert hat zum Thema „Ko- operationen mit anderen ausländischen Nach- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, die Diskus- richtendiensten“, auch zu den Kooperationspro- sion haben wir natürlich geführt, und die ist ja jekten mit der NSA, die hier im Ausschuss ein- auch geführt worden mit dem Minister, mit dem schlägig sind. Wir hatten auch schon Zeugen - - Chef des Kanzleramtes damals vor dem Hinter- Die Zeugen Kurz und Vorbeck haben das dem grund des Gesprächs und des Besuches des da- Grunde nach bestätigt. Und diese Anforderung maligen DNI McConnell - Anfang Dezember 2007 kam ja von einem Referatsleiter in Ihrer Abtei- war das dann -, und 2008 - darauf rekurrieren Sie lung. Ist dieser Sachverhalt zu Ihnen durchge- ja - ist natürlich vor allem eine Frage gewesen: drungen? Was ist die Folge - und das kann ich hier in offe- ner Sitzung sagen -, wenn wir weiter eine weitere Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist es. technische Kooperation und eine Intensivierung der technischen Kooperation mit den Vereinigten Christian Flisek (SPD): Haben Sie den Auftrag Staaten haben? Nabeln wir uns dann in unseren dazu gegeben? eigenen Fähigkeiten ab? Können wir verlangen, dass die Amerikaner uns die gleichen Zugänge Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das will ich nicht gewähren, wie es in einem Projekt, das ja hier ausschließen, weil ich - die Abteilung ist ja jetzt auch eine Rolle spielt, hier in Deutschland der nicht übermäßig groß - fast täglich Gespräche Fall ist?

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Und da kann ich mich an Diskussionen erinnern, Punkt gewesen, der auch im Zusammenhang mit dass gesagt worden ist: Erweitern wir dann auch - dieser Diskussion eine Rolle gespielt hat, also in und das sind politische Diskussionen gewesen, den konkreten Zusammenarbeitsprojekten mit nicht nachrichtendienstliche Diskussionen, in- den Amerikanern. dustriepolitische Diskussionen - den Abstand im technischen Know-how in dem Zusammenhang Christian Flisek (SPD): Mein Eindruck ist mehr zu den Amerikanern, oder verfestigen wir ihn ge- so, dass es da teilweise richtige Richtungskämpfe rade, statt ihn durch eigene Entwicklungen, gab, ich sage mal, innerhalb des BND, vielleicht durch eigene deutsche Entwicklungen, durch auch mit dem Bundeskanzleramt, ich weiß nicht, eigene europäische Entwicklungen hier in ob innerhalb des Bundeskanzleramtes. Da gab es Europa auffangen zu können? Und ich kann mich so eine Fraktion, das waren so die Kooperations- gut erinnern, dass ja nicht nur im Bereich der befürworter, und es gab die Kooperationsskepti- Nachrichtendienste auch in der letzten Legisla- ker. Ist das richtig beschrieben? turperiode darüber gesprochen worden ist, quer durch alle Fraktionen, warum wir in Europa Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, dann ist es bei keine Router-Industrie mehr haben, warum wir mir so in der Art nicht angekommen. Natürlich bei Routern auf Cisco und Huawei zurückgreifen ist es so, dass es zu allen Punkten, über die wir müssen und ob es hier Möglichkeiten gibt, diese diskutieren, Leute gibt - und das ist ja auch die technische Know-how - das sind industriepoliti- Pflicht derer, die zuarbeiten für die, die letztlich sche Fragen, die hier auch eine Rolle gespielt ha- dann entscheiden -, die sagen, wie es auf der ben -, wie wir das bewahren können und welche einen Seite sein könnte und was die andere Mög- Möglichkeiten wir haben. Das ist die Diskussion lichkeit ist; aber ich würde das jetzt nicht be- damals gewesen. schreiben, dass es Fraktionen gab, die quasi fest zementiert waren und gesagt haben - - Christian Flisek (SPD): Ja, Sie stellen das jetzt - ich kann das nachvollziehen; das ist ja eine Christian Flisek (SPD): Ja, ja, ich nehme das jetzt grundlegende strategische Überlegung - als die mal zurück. Also, ich habe jetzt bildhaft - - damit zentrale Diskussion dar. Nur uns interessiert na- wir uns da bitte nicht dran aufhängen. türlich, ob auch über konkrete Probleme im Rah- men dieser Kooperationen diskutiert wurde. Wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ja. können, ich sage mal, auch diesen Medienberich- ten entnehmen, dass das offensichtlich wohl der Christian Flisek (SPD): Also, es gab starke Strö- Fall sei, dass der BND wohl konkrete Probleme mungen auch innerhalb des BND über verschie- gesehen hat, dass er gegebenenfalls sogar für dene Ebenen, vielleicht sogar bis zur Leitungs- möglich gehalten hat, dass die Amerikaner - ich ebene, die einer Ausweitung von Kooperations- sage das jetzt mal hier - nicht mit offenen Karten projekten mit amerikanischen Nachrichtendiens- gegenüber dem BND spielen und dass sie Dinge ten sehr skeptisch gegenüberstanden, und das, verfolgen, die nicht so klar sind. Gab es diese obwohl sie wussten, dass das natürlich grund- Diskussionen bei Ihnen auch, oder war das, was sätzlich eine strategisch elementare Bedeutung Sie gerade geschildert haben, die einzige Diskus- für die Fortentwicklung der Fähigkeiten des BND sion, die Sie geführt haben? haben könnte. Teilen Sie diese Auffassung?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ohne jetzt in der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das mag sein, dass offenen Sitzung auf die weiteren Inhalte einzu- eine solche Diskussion innerhalb des Bundes- gehen, kann ich Ihnen sagen, dass natürlich auch nachrichtendienstes gegeben hat. In den Diskus- andere Punkte bei der Diskussion eine Rolle ge- sionen, die wir mit dem Bundesnachrichten- spielt haben. Mir selbst ist ja - und das ist ja vor- dienst geführt haben, haben wir natürlich auch hin schon mal angedeutet worden - bei dem darüber - - Und das ist die politische Diskussion, einen Projekt - - dass die G-10-Ausfilterung rein die ich vorhin gesagt habe, die für uns natürlich technisch eine Schwierigkeit war, und das ist ein

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mit wesentlich war, nämlich die industriepoliti- in einem konkreten Projekt, und das hat dabei sche Diskussion: Wie stellen wir uns auf? Und eine Rolle gespielt. Und die anderen Punkte, die was müssen wir machen, damit wir Sicherheit in aufgeführt worden sind, waren aus meiner Sicht Deutschland - - im Wesentlichen Punkte, die man bei jeder Zu- sammenarbeit und bei jeder Verstärkung von Zu- Christian Flisek (SPD): Ja, Herr Fritsche, ent- sammenarbeit zwischen Nachrichtendiensten im- schuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche. mer berücksichtigen muss, ohne dass konkrete Hinweise dazu vorgelegt worden sind. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, bitte. Christian Flisek (SPD): Na ja, wir sitzen ja heute Christian Flisek (SPD): Ich werde Ihnen das na- hier - ich sage es mal so, das gebe ich gerne zu: türlich in der eingestuften Sitzung vorhalten aus im Nachhinein ist man immer schlauer - sozusa- den Akten, ja. Und insofern - - mir ist schon klar, gen in der Ex-post-Betrachtung, haben uns heute dass wir hier jetzt nicht en détail über einzelne wieder sehr viel Zeit beschäftigt mit der Frage: Punkte sprechen können. Aber wenn Sie sich na- Wie gehen wir mit diesen Selektorenlisten um? türlich jetzt, ich sage es jetzt mal so, darauf zu- Und ich sage mal, da stehen ja massive Vorwürfe rückziehen, dass es hier nur eine rein strategi- im Raum, und einer der Vorwürfe ist, dass unter sche Diskussion gab, ob wir unsere Fähigkeiten anderem wohl bei diesen Suchbegriffen vielleicht ausweiten und wie auch immer und angeblich sogar Verstöße gegen deutsches Recht stattgefun- klar geäußerte Probleme keine Rolle gespielt ha- den haben beim Einsatz dieser Suchbegriffe, zu- ben sollen, weiß ich nicht - - mindest aber gegebenenfalls auch über Jahre hin- weg massiv gegen deutschen Interessen verstoßen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Flisek, ich will werden kann. Ich meine, das ist wieder ein ande- ja - - rer Begriff. Das ist jenseits der Schwelle von rechtswidrig/rechtmäßig. Aber es ist natürlich Christian Flisek (SPD): Jetzt überlegen Sie sich auch eine sehr politische Dimension, über die das. wir hier reden und die ja durchaus, sage ich mal, in einigen Bereichen auch ihre Regelungen fin- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, nein. Ich det, und darüber reden wir jetzt hier, die ganzen überlege mir permanent das. Ich will nicht aus- Tage und Wochen schon. Ich meine, wir haben weichen, Herr Flisek, sondern ich habe einfach natürlich jetzt mal ein Interesse, herauszufinden, Schwierigkeiten, mit Ihnen über einen Punkt zu nachher: An welcher Stelle schlugen diese The- sprechen, der ja in operative Details geht und der men denn beim Bundesnachrichtendienst auf? in offener Sitzung nicht behandelt werden kann. An welcher Stelle schlugen sie gegebenenfalls Deswegen bitte ich einfach um Nachsicht. Ich auch bei der Aufsichtsbehörde, beim Bundes- habe Ihnen auch gesagt: Es gab andere Punkte als kanzleramt, auf? Wir haben gehört, dass diese die industriepolitischen Punkte, die besprochen konkrete Selektorenliste, die jetzt da entstanden worden sind. Und das bin ich gerne bereit, dann ist, das ist alles scheinbar wohl erst im März auch noch einzeln in der geheimen Sitzung 2015 aufgeschlagen. Schlimm genug, aber die Ihnen darzulegen. Ich will mich nicht Ihrer Frage Ansicht teilen Sie ja auch. entziehen, sondern ich muss nur unterscheiden, was ich in offener Sitzung sagen kann. Die Frage ist aber, die auch spannend ist: Gab es nicht sozusagen wirklich valide Anhaltspunkte Christian Flisek (SPD): Dann frage ich mal so: dafür in der Zeit vorher, dass hier vielleicht tat- Konnten Sie denn die Kritik, die damals geäußert sächlich Risiken schlummern gerade bei dem wurde in Bezug auf die Punkte, über die wir jetzt Thema „Suchbegriffe, Selektoreneinsatz“? Wir nicht reden können, nachvollziehen? haben ja gelernt, da wird mehrfach wohl - - täg- lich fast werden da so Dinger geliefert, die wer- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, das eine habe ich den dann ordentlich auf G 10 geprüft; aber alles Ihnen ja vorhin schon gesagt: Es gab ein Problem andere, das ist mit großen Fragezeichen behaftet.

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Die spannende Frage ist für uns: Welche Anhalts- nicht regelgerecht gearbeitet worden ist, das ist punkte hat es denn da vorher gegeben? Weil ich Fakt. Aber die Frage, die entscheidende Frage - sage mal: In der Zusammenschau bisher: Ich und die ist auch für die Fach- und Dienstaufsicht kann es mir einfach gar nicht vorstellen, dass die- wichtig -: Was hat die Fach- und Dienstaufsicht ses Thema in einem Bereich, der elementar ist für hier erfahren? Und wir haben selbst schon ge- die Weiterentwicklung des Bundesnachrichten- sagt - der Herr Vorsitzende hat das ja in seiner dienstes - das alles, was an Wichtigkeit hier im- einleitenden Fragerunde aufgezeigt und die Frage mer artikuliert wird, zugrunde gelegt - - dass man auch mir gestellt -: Welche Optimierungsmög- da einfach über Jahre hinweg nicht hingeschaut lichkeiten gibt es? Wo ist es schiefgelaufen? Und hat, dass man gerade diese ganz kritischen ich habe ja die auch benannt und habe vor allem Punkte laufen ließ, dass es überhaupt dazu ge- benannt - und da teile ich ja Ihre Ansicht -, dass kommen ist, dass dann eine Unterabteilung ent- es nicht sein kann, dass solche bedeutenden scheiden konnte: So was melden wir nicht. Dinge wie die entscheidende Frage, über die wir jetzt sprechen, der Fach- und Dienstaufsicht Also, wissen Sie, wenn das der Eindruck wäre, nicht mitgeteilt worden sind. Das ist etwas, was der dann am Ende auch der Arbeit des Untersu- optimiert werden muss und offensichtlich ja, wie chungsausschusses verbleiben würde, das wäre Sie auch selbst gesagt haben, Herr Abgeordneter, aus meiner Sicht fatal - das habe ich auch schon auch im BND die Leitungsebene nicht erreicht an den BND adressiert - für den BND. Aber es hat - - sondern dass das spätestens auf Unterab- wäre auch fatal für die Aufsichtsbehörde, weil sie teilungsleiterebene, aber wahrscheinlich sogar in betonen, alle Vertreter - und ich nehme ihnen das den meisten Fällen vorher, behandelt worden ist. auch ab -, bei jeder Gelegenheit, wie grundsätz- Das ist jetzt aufgedeckt worden, und jetzt ist es lich wichtig diese Kooperation ist mit den ande- die Pflicht der Fach- und Dienstaufsicht, hier ent- ren amerikanischen Diensten. Wenn ich das un- sprechende Verbesserungsmaßnahmen hinzube- terstelle und wenn ich weiß, wie sozusagen un- kommen. terschiedlich auch die jeweiligen Kompetenzen und Fähigkeiten in technischer Hinsicht sind - Und zur generellen Frage: Was kann ich als Fach- das wird auch an jeder Stelle betont -, dann muss und Dienstaufsicht mehr machen als das, was ich ich doch, wenn es grundsätzlich Risikobewertun- einleitend zur Tätigkeit der Fach- und Dienstauf- gen gibt, im BND wie im Kanzleramt - und die sicht gesagt habe, nämlich dass ich permanent im gab es -, hier mit Argusaugen auf das operative Gespräch bin mit den Fachabteilungen, dass die Geschäft in solchen Kooperationen schauen. Und Fachabteilungen mir erläutern müssen, wie ihre wenn ich das tue, dann ist es mir unerklärlich, Arbeiten sind und vor allem wie ihre Probleme wie all das passieren konnte, was eigentlich wir stehen? Und zu dieser Frage ist offensichtlich jetzt hier als Sachverhalt vor Augen haben. uns vom Bundesnachrichtendienst nichts gesagt worden. Vielleicht können Sie da einfach mal uns oder mir ein bisschen mehr Licht reingeben, wie Sie Christian Flisek (SPD): Herr Fritsche, wir haben das als jemand betrachten, der über Jahre hinweg hier so ein Verfahren: Auch wenn wir geheim zu an verschiedenen Funktionen sich mit dieser haltende Akten haben, da lesen wir dann nicht Thematik auseinandergesetzt hat. draus vor, aber wir können die mit Einverständ- nis des Vorsitzenden vorlegen. Sie schauen sich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gerne, Herr Abge- das an, und ich würde das gerne mal in Bezug ordneter. - Zunächst einmal: Sie haben ja selber hier auf die Akte Tagebuchnummer 51/14, MAT gesagt - - ob Verstöße gegen deutsches Recht vor- A BK-6b, tun. Gibt es jemanden? Oder soll ich es liegen. Das ist aus meiner Sicht zweifelhaft. Dass vorlegen? Verstöße - das ist ja zur Genüge auch schon in diesem Ausschuss betrachtet worden - gegen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich würde deutsche Interessen vorliegen, dass unter Um- dann die Zeit anhalten, bis Sie kurz Einsicht in ständen gegen zugrundeliegende Vereinbarungen das Dokument nehmen können.

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Stenografisches Protokoll 55 I

1. Untersuchungsausschuss

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(Dem Zeugen wird ein Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Schriftstück vorgelegt) Christian Flisek (SPD): Also, wenn ich das jetzt Christian Flisek (SPD): Sie konnten sich Kennt- mir vor Augen halte, dann gehe ich davon aus: nis davon jetzt verschaffen. Da weiß der Absender schon genau, was er schreibt. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, aber, Herr Abge- Christian Flisek (SPD): Ich frage jetzt mal eher ordneter, ich bekomme als für die Fach- und allgemein: Dieses Schreiben ging über Ihren Dienstaufsicht Zuständiger sowohl im Kanzler- Tisch? amt als auch im BMI häufig Schreiben von Ver- antwortlichen, meistens der Amtsleitung, in der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. die Amtsleitung einen Weg verfolgt, und nach Gesprächen mit der Fach- und Dienstaufsicht Christian Flisek (SPD): Sie können sich auch da- verfolgt sie einen anderen Weg. Also, das ist die ran erinnern, dass Sie dieses Schreiben mal zur normale Diskussion. Das ist auch die Aufgabe. Kenntnis genommen haben? Wenn hier das geschrieben wird, was hier drin- steht, dann nehme ich das zur Kenntnis, und Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. dann wird das diskutiert.

Christian Flisek (SPD): Ich will mit Ihnen jetzt Christian Flisek (SPD): Davon gehe ich aus, Herr nicht über die Detailprobleme reden, ja, aber dass Fritsche. Das will ich auch gar nicht abstreiten dort doch, auch adressiert an die Aufsichtsbe- wollen. Mich interessiert nur, wenn man, ich hörde, gegebenenfalls ein anderer Zungenschlag sage mal, ein Schreiben in dieser Form kriegt, eingeschlagen worden ist in Bezug auf Koopera- wie man das dann bewertet und welche Konse- tionen, sehen Sie das? quenzen daraus gezogen werden.

(Dr. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, so, dass man mit (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den Leuten redet und dann sich austauscht. Denn NEN): Hattest du eine wenn Sie das Schreiben anschauen, gibt es ja Seitenzahl, Christian?) auch - ohne dass ich jetzt Geheimnisse verrate - Können Sie, damit die Kollegen mit folgen kön- andere Organisationen innerhalb der Bundes- nen, gerade die Seitenzahl - - Ich habe es jetzt lei- regierung, die eine andere Auffassung vertreten, der - - Ich habe Ihnen mein Exemplar gegeben. und das Ganze muss diskutiert werden.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Seite 22 und 23. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und aus- diskutieren müssen Sie das in der nächsten Fra- Christian Flisek (SPD): Ja. Entschuldigung. - gerunde. Wenn wir so was lesen, das können Sie nachvoll- ziehen, dass wir das so interpretieren - oder? Christian Flisek (SPD): Letzte Frage.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe ja nicht be- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. stritten, dass es eine Diskussion gegeben hat. Sie haben ja die Diskussion angefangen mit verschie- Christian Flisek (SPD): Konnten Sie denn auf- denen Fraktionen, die es im Dienst gegeben hat. grund dieser Gespräche dann etwaige Bedenken Das habe ich nicht bestritten. ausräumen, die beim BND herrschten?

Christian Flisek (SPD): Aber das kommt jetzt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Bedenken jetzt auf auch nicht von einer untersten Stelle des BND - die konkrete Frage, die von dem Director of Na- nicht? tional Intelligence, McConnell, gestellt worden

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1. Untersuchungsausschuss

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ist, nämlich eine weitere Intensivierung - - Zu der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Richtig. ist es nicht gekommen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die Details NEN): Fangen wir bei der letzten Station an. Ha- sind auch eingestuft des Schreibens. ben Sie in dem Zusammenhang damals - - Seiner- zeit gab es hier auch einen Untersuchungsaus- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. schuss, der 2001 einen Bericht erstellt hat zum Thema Echelon. Können Sie sich daran erinnern? Christian Flisek (SPD): Danke. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich kann mich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Jetzt an die Existenz auch dieses Untersuchungsaus- sind wir mit der Fraktion von Bündnis 90/Die schusses und auch grob an die Diskussion, die Grünen dran. Herr Kollege von Notz beginnt, damals zu diesem sogenannten Echelon-System glaube ich. existierte, erinnern. Ich kann mich auch erin- nern, dass das, ich glaube, im Europarat damals Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eine große Rolle gespielt hat. NEN): Herr Fritsche, ich will noch mal ganz kurz mit Ihnen Ihre beruflichen Stationen der letzten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Jahre besprechen. Sie können ja vielleicht ein- NEN): Was war denn grob das Problem bei fach sagen, ob das so ist. Sie sind seit Januar 2014 Echelon? beamteter Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragter für die Nachrichtendienste des Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na, es ist gefragt Bundes und unterstehen dem Chef BK Peter Alt- worden, ob auf dem Boden anderer Nationalstaa- maier und sind auch für die Abteilung 6 zustän- ten hier Anlagen existieren und was in diesen dig. Korrekt? Anlagen geschieht.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und dass die eventuell übergriffig sind Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und problematisch vom Auftragsprofil? NEN): So ist es. - Von Dezember 2009 bis Ende 2013 waren Sie Staatssekretär im BMI, zuständig Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das habe nicht ich für den Bereich Öffentliche Sicherheit, Polizei, gesagt, aber es ist gesagt worden. Terrorismusbekämpfung, Bundespolizei, Bevöl- kerungsschutz und Migration. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, das haben Sie nicht gesagt. Aber das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. war ja - -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe es nicht NEN): Vom 1. Dezember 2005 bis Dezember 2009 gesagt, aber es ist gesagt worden. waren Sie selbst Leiter der Abteilung 6 im Bun- deskanzleramt und damit auch Koordinator, da- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mals in der Logik, für die Nachrichtendienste des NEN): Es ist gesagt worden. - Und war das für Sie Bundes. als Vizepräsident des Bundesamtes für Verfas- sungsschutz seinerzeit ein Thema? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Soweit ich mich er- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- innere, waren wir am Rande hier befasst; aber es NEN): Und von Oktober 1996 bis November 2005 war jetzt nicht ein Thema, das mich irgendwie in waren Sie Vizepräsident des Bundesamtes für besonderer Weise - nach meiner Erinnerung - be- Verfassungsschutz. schäftigt hat.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, Herr Abgeord- NEN): Aber für die Jahre 1996 bis 2005 galt auch neter, das ist eine sehr grundsätzliche Diskus- schon, dass das Bundesamt für Verfassungs- sion, die man bei nachrichtendienstlicher Zu- schutz für die Spionageabwehr zuständig war. sammenarbeit immer haben muss.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es, Herr Abge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ordneter. NEN): Das gebe ich gerne zu. Sie können Sie ganz schlicht beantworten, wenn Sie wollen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Und da ist das ja für den Vizepräsi- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, zunächst ein- denten wahrscheinlich nicht ganz irrelevant, mal muss man Vertrauen haben, wenn man ins- dass ein Untersuchungsausschuss tagt, der diese besondere gemeinsame Projekte durchführt. Übergriffigkeiten und Probleme, die Sie jetzt viel- leicht so nicht wiederholen wollen, aber die sei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nerzeit ein großes Thema waren, in der Öffent- NEN): Das stimmt wohl. lichkeit ein erhebliches Thema waren - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Unabhängig davon Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, die öffentliche ist man natürlich auch im Informationsaustausch Diskussion war damals stark - da gebe ich Ihnen mit Nachrichtendiensten, die zum Beispiel keine recht -, soweit ich mich noch erinnere. Es ist Partner sind. Aber wenn es darum geht, Informa- dann, nach meiner Erinnerung, auch, soweit tionen zu erlangen oder von diesen zu bekom- Möglichkeiten bestanden, versucht worden, Er- men, um Anschläge zu verhindern, dann macht kenntnisse zu erlangen. Aber ich glaube, die wa- man das trotzdem. Und das zeigt die ganze ren nicht erfolgreich. Spannbreite, mit der die Zusammenarbeit zwi- schen Nachrichtendiensten erfolgt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hat das Bundesamt für Verfassungsschutz Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- irgendwelche Konsequenzen in der Arbeit gezo- NEN): Die will ich nicht bestreiten, aber Sie ha- gen aus diesem Abschlussbericht und aus dem ben meine Frage jetzt umgangen. Kann man Part- Umstand, der bei Echelon verhandelt wurde, nern, auch den USA, blind vertrauen? überhaupt? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, blind ver- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In welcher Art - trauen sollte man niemandem. muss ich jetzt die Gegenfrage stellen - sollen Konsequenzen gezogen werden? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist immer richtig. - Würden Sie sagen, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass das in der Geheimdienstbranche erst recht NEN): Na ja - - gilt? Oder würden Sie das aus dem Beziehungs- leben insgesamt für das berufliche Feld entwi- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da ist natürlich ckeln? zum einen die Frage: Wie kann ich etwas auf- klären als Spionageabwehrbehörde? Das ist die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Für das gesamte Aufgabe, die das BfV hat. Weitere Konsequenzen berufliche Feld, Herr Abgeordneter. sehe ich jetzt nicht, Herr Abgeordneter. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha. - Mit dem Kenntnisstand sind Sie ja NEN): Konnte man dem Partner USA blind ver- nun durch mehrere Stationen danach gegangen, trauen? wo das eine oder andere Thema eine Rolle ge- spielt hat. Wir werden das im Detail anhand der

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Akten, glaube ich, heute Nachmittag versuchen, Deswegen, um dieses Blame Game jetzt hier uns zu erschließen. gleich mal vorwegzustellen - - der vielen Fragen, die wir uns jetzt hier noch annähern, Herr Aber ich will Bezug nehmen auf die Aussage, die Fritsche. Waren Sie, war das Bundeskanzleramt Herr Uhrlau hier letzte Woche gemacht hat. Der nicht schon vor dem März 2015, wie Sie das ja sprach davon und verwendete den Begriff „Bös- eingangs gesagt haben, bösgläubig im Hinblick gläubigkeit“. Ich zitiere jetzt hier aus dem vorläu- auf den Umstand, dass man den Kooperationen figen Stenografischen Protokoll, Seite 43 von 89, mit den USA nicht blind vertrauen durfte? öffentlich: Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, Herr Abgeord- Im Übrigen ist hinsichtlich der neter, zum einen weiß ich natürlich nicht - das amerikanischen Interessenslage an erschließt sich mir auch nicht durch das, was Sie Informationen über unsere Interes- vorlesen -, was Herr Uhrlau mit „Bösgläubigkeit“ senlage hinaus eigentlich die Bös- eigentlich alles umschreiben will. Für mich ist gläubigkeit, sage ich mal, nach wichtig, dass die Frage, warum das eine Projekt, 2008 vorhanden gewesen. das Sie gerade bezeichnet haben, beendet worden Das sagt der Präsident des Bundesnachrichten- ist, natürlich bekannt war. Das war dem Kanzler- dienstes. amtsminister bekannt, und das war mir bekannt. Dazu kann ich Einzelheiten in der geheimen Sit- Also, deswegen Verantwortung zung durchaus sagen. Das hat aber nichts mit der und Zuständigkeiten nach hinten Frage zu tun, die ich jetzt aus den Äußerungen zu verlagern, mag vielleicht wohl- von Herrn Uhrlau - ich verstehe sie nicht ganz; feil sein. Aber ich sehe da kein das ist immer mein Problem gewesen - Versäumnis, was ich mir dann zu- rechnen muss. Verteidigungs- (Heiterkeit) linien zu einem anderen Zeit- punkt mögen anders sein so entnehmen kann, was er mit dieser „Bösgläu- bigkeit“ gemeint hat. Meint er mit „Bösgläubig- Das ist eine lustige Aussage, wenn man es im keit“, dass wir also schon zu dieser Frage, die Kontext bedenkt. den Ausschuss ja beschäftigt, vor März 2015 et- was wussten? Dann muss ich sagen: Nein. Wenig später sagt er - jetzt Seite 49 -: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Also, bezogen auf „Eikonal“ NEN): Er sagt: Die Entscheidung von Herrn de schätze ich, dass auch im Kanzler- Maizière, die er auch nach der PKGr-Sitzung hier amt eine Bösgläubigkeit da gewe- sen sein dürfte. neulich formulierte, dass man 2008 den Begehr- lichkeiten der Amerikaner sich widersetzt hat, ist Zwei Seiten später sagt er - 51 -: nur vor dem Hintergrund zu verstehen, dass man bösgläubig war. Wichtige Vorgänge wurden mit dem Chef des Kanzleramtes Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Tja. eigentlich immer besprochen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Da frage ich zurück: Ist es vorstellbar, dass so ein NEN): Das sehen Sie anders? gravierender Eingriff wie die Übergriffigkeit in diesen Fällen, weswegen man „Eikonal“ beendet Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das sehe ich defini- hat, nicht mit dem Chef BK besprochen wurde? tiv anders. Daraufhin sagt Herr Uhrlau, kann er sich nicht vorstellen: „Kann ich mir nicht vorstellen.“ Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre Seite 51. dann die letzte Frage auch.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- „Wirtschaftsspionage“ bedeutet: Angriffe, um NEN): Nämlich? Was ist der Grund? Know-how abzuziehen und daraus einen Wett- bewerbsvorteil zu erreichen im Bereich staat- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Diskussion habe licher Strukturen, also durch ausländische Nach- ich vorhin schon bei den Fragen von Herrn Flisek richtendienste, während „Konkurrenzspionage“ versucht, soweit sie offen möglich ist, zu bringen, in der Abgrenzung dazu meint: durch Privat- indem ich nämlich gesagt habe, dass hier auch detektive, dass eben die eine Firma die andere industriepolitische Fragen eine Rolle gespielt ha- Firma aufklärt, um dort an die Pläne und an die ben und natürlich auch die Erfahrungen, die in Blaupausen zu kommen, um dadurch einen Wett- dem speziellen Projekt, das Sie angeführt ha- bewerbsvorteil zu haben. Das ist die einzige Defi- ben - - nämlich dass hier das Projekt dann des- nition, die existiert. wegen letztlich beendet worden ist, weil in der G-10-Frage keine befriedigende zeitnahe Lösung In dem Zusammenhang ist für mich Wirtschafts- gefunden worden ist. spionage, wie gesagt, nur das, und das erklärt sich aus dieser Abgrenzung, weil es beide - - Ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- meine, Privatdetektive werden nicht Proliferation NEN): Aber - - und Sanktionsverstöße aufklären. Das interessiert die nicht, sondern denen geht es um die Pläne Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- für ein Getriebe oder was auch immer. Und Wirt- lichen Dank. - Wir kommen jetzt zur nächsten schaftsspionage ist dann in diesem Sinne auch zu Fraktion, die Fraktion der CDU/CSU mit Frau verstehen, nämlich Know-how-Abfluss und der Kollegin Warken. Wettbewerbsvorteil, der dadurch erreicht werden soll. (CDU/CSU): Ja, Herr Staatssekretär, ich würde zunächst auf die Zeit zurückkommen, Im Übrigen gibt es natürlich Aufklärung im Be- als Sie 2005 Leiter der Abteilung 6 im Bundes- reich Proliferation und Sanktionsverstöße. Da kanzleramt wurden. Das Amt hatten Sie ja von muss ich ganz deutlich sagen: Das ist auch eine Herrn Uhrlau übernommen. Den hatten wir hier Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes, die er schon als Zeugen gehört. Mich würde interessie- zu erfüllen hat. ren noch mal genau, wie der Kenntnisstand in der Abteilung 6 zum Thema Wirtschaftsspionage Nina Warken (CDU/CSU): Und hat der Herr Uhr- zu diesem Zeitraum war. Vielleicht können Sie lau Ihnen irgendwas darüber berichtet, als Sie uns vorab erläutern, was Sie auch konkret unter sein Nachfolger wurden? Ich habe da jetzt keine Wirtschaftsspionage verstehen würden, auch in Vorstellung, wie so eine Amtsübergabe abläuft. Abgrenzung zu Aufklärung von Proliferation etc., Herr Uhrlau hat gesagt: Es gibt da eigentlich und was dann genau Herr Uhrlau Ihnen zu die- keine große Übergabe. - Aber hat er Ihnen dazu sem Thema berichtet hat. berichtet? Gab es, als Sie Abteilungsleiter wur- den, irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, zunächst ein- NSA die Kooperation, die man ja 2002 begonnen mal zu der Begrifflichkeit „Wirtschaftsspionage“. hat, missbrauchen könnte, für Wirtschaftsspio- Das ist natürlich - - Deswegen - - Wir haben kei- nage etwa? nen unbestimmten Rechtsbegriff, den wir mit dem Begriff „Wirtschaftsspionage“ belegen kön- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, darüber hat nen. Aber für mich ist die Begrifflichkeit auch mir Herr Uhrlau nichts berichtet. aus dem Bereich der Spionageabwehr natürlich mit der einzigen Definition erklärbar, die wir ha- Nina Warken (CDU/CSU): Der Herr Uhrlau hat ben, nämlich die Abgrenzung zwischen dem Be- uns ja gesagt, er habe Anfang 2006 wiederum von griff „Wirtschaftsspionage“ - - zum Begriff „Kon- Herrn Urmann erstmals erfahren, dass es eben kurrenzspionage“. Das ist die Begrifflichkeit, die problematische Funde gab, unzulässige Suchbe- gültig ist. griffe, die von den Amerikanern eingesteuert

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wurden. Er konnte sich konkret nur an den Be- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kann ich Ihnen griff „EADS“ erinnern, meinte dann auch, er habe nicht sagen. Ich habe auch nicht nachgefragt, Sie darüber unterrichtet. Jetzt haben Sie gesagt, weil ich nicht der Kontrolleur des anderen Res- in den regelmäßigen Gesprächen habe er Sie sorts bin. nicht unterrichtet; wenn, dann hätte das auch schriftlich erfolgen müssen. Können Sie denn sa- Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt haben Sie gesagt, gen, wann Sie das erste Mal von diesen Funden, Herr Uhrlau hat Ihnen in den regelmäßigen Ge- von diesen Vorfällen im Jahr 2005 erfahren ha- sprächen davon nicht berichtet. In der Nach- ben, wie konkret Sie erfahren haben davon? Also, schau: Hätte er Ihnen davon berichten müssen? haben Sie auch die Namen oder Begriffe „EADS“, „Eurocopter“, „französische Behörden“ genannt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich gehe mal bekommen? Wann war das, und von wem war davon aus, dass der Dienst überhaupt zu dieser das? Frage frühzeitig, und zwar schon mit Beginn des Jahres 2005, hätte berichten müssen. Im April/ Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, wenn ich Mai hat ja das Ganze begonnen. Und damals mich richtig erinnere, habe ich Unterlagen be- hätte man das schon mal - das wäre wahrschein- kommen zur Vorbereitung einer Reise, die ich als lich auch der entscheidende Zeitpunkt gewesen, Innenstaatssekretär in die Vereinigten Staaten um sich mit der grundsätzlichen Frage auseinan- unternommen habe. Das war 2010, glaube ich, im derzusetzen - seitens des Dienstes mit der Fach- Frühjahr 2010. Und in dem Zusammenhang - ich und Dienstaufsicht besprechen müssen. denke, dass ich das in offener Sitzung sagen kann - waren diese Begriffe zum ersten Mal darin Nina Warken (CDU/CSU): Und Sie haben keine gestanden. Ob ich es tatsächlich gelesen habe, Kenntnis darüber, wie man dann seitens des weiß ich nicht mehr. Aber ich will es nicht aus- Dienstes reagiert hat gegenüber den Amerika- schließen. Also, ich will mich da nicht irgendwo nern? hinten anstellen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Habe ich keine Da war ich allerdings Innenstaatssekretär, und Kenntnis. das sind ja Unterlagen, die vom Bundesnachrich- tendienst und vom Kanzleramt zur Verfügung ge- Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt hatten wir schon stellt worden sind freundlicherweise zur Vorbe- vorhin besprochen, dass es dieses Gespräch gab reitung der Gespräche. Ich habe dann aus diesem im Januar 2008 im Bundeskanzleramt; war wohl Anlass, weil es nicht in meine Zuständigkeit fiel, auch zur Vorbereitung einer Reise bzw. um auch auch nichts unternommen. Aber das war das zu besprechen, dass die Amerikaner eben den erste Mal, dass ich so etwas gehört habe. Und Wunsch hatten, die Kooperation auszuweiten. wenn ich das richtig gesehen habe, lag das ja Sie haben an dem Gespräch teilgenommen, der auch schon einige Zeit zurück. Zeuge Uhrlau, die Zeugen Urmann und der Herr von Brandis, damals Vizepräsident des BND. Der Nina Warken (CDU/CSU): Das war nun das erste Herr Uhrlau konnte sich nicht erinnern, dass bei Mal, als Sie konkret davon erfahren haben. Ha- diesem Gespräch Firmennamen gefallen sind wie ben Sie vielleicht in allgemeinerer Form, also zum Beispiel EADS und Eurocopter. Ihren Aussa- ohne die Nennung der Begriffe, davon gehört, gen entnehme ich jetzt auch, dass Sie die nicht auch in Ihrer - - als Sie noch zuständig waren da- gehört haben, weil Sie gesagt haben, Sie haben es für? erst später gehört.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Es wurde aber über diese Skepsis ja gesprochen, die man hatte, nämlich das Projekt, die Koopera- Nina Warken (CDU/CSU): Was wurde nach tion auszuweiten. Können Sie da jetzt noch mal Ihrem Kenntnisstand damals gemacht? Wie hat konkreter werden, wie man die Skepsis begrün- man reagiert auf diese Funde?

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det hat? Zum einen ja schon auch mit dem Hin- und dann eben auch in dieser Skepsis ist das tergrund, dass die Kooperation ausgenutzt wird Ganze nach meiner Erinnerung besprochen wor- eben auch, um solche Begriffe einzusteuern, bzw. den beim Chef BK Anfang des Jahres 2008. Und ausgenutzt wurde. Zum anderen meinte der Herr daraus sind auch Fragen entstanden aus dem Uhrlau aber auch, es hätte einen anderen Kanzleramt, nämlich vor dem Hintergrund: Gibt Schwerpunkt auch des Gesprächs gegeben und es es irgendwelche Probleme - soweit ich mich jetzt gäbe andere Gründe, die dann dazu geführt ha- erinnere - mit der Grundlage, die eine Zusam- ben, dass man letzten Endes die Kooperation menarbeit bildet? Und da haben wir ja dann auch auch nicht ausweiten wollte. Können Sie das so eine schriftliche Antwort des Bundesnachrich- bestätigen? tendienstes bekommen, dass es keine Probleme gibt; oder jedenfalls sind Probleme nicht ange- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, um das ganz führt worden. In der Diskussion ging es wirklich klar zu sagen: Da teile ich die Erinnerung von vor allem um die entscheidende Frage der techni- Herrn Uhrlau. Diese Begriffe sind in dem Ge- schen Abhängigkeit, der Gleichwertigkeit in ge- spräch nicht genannt worden. Es ist überhaupt meinsamen Projekten: „Kann man daran auch nicht über Begrifflichkeiten und Einsteuerungen mal denken, so eine Intensivierung der Zusam- gesprochen worden, sondern es ist über das ge- menarbeit dann durchzuführen, wenn wir im sprochen worden, was ich vorhin schon gesagt gleichen Zuge auch in den Vereinigten Staaten habe: im Hinblick auf diese politischen Fragen, einen Zugang bekommen?“ und, und, und. Das die hier eine Rolle gespielt haben, und die hat damals die Diskussion beherrscht, die Frage Schwierigkeiten, die in einem konkreten Projekt „Selektoren“ nicht. bis vor kurzem im Bereich der G 10 existierten. Nina Warken (CDU/CSU): Gab es dann, gerade Nina Warken (CDU/CSU): Also, auch der Begriff auch zu den Fragen „gleichwertiger Zugang in „Selektor“ oder „Suchbegriff“ - - Mit solchen den USA“, konkrete Ergebnisse auch? Dingen hat man sich da nicht auseinander- gesetzt? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, das Ergebnis ist das, was der Bundesinnenminister, der jetzige Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich darf viel- Bundesinnenminister und damalige Chef des leicht noch mal versuchen, auch aus meiner Erin- Kanzleramtes auch gesagt hat: dass er dann nicht nerung, wie das Ganze angefangen hat. Es ist so entschieden hat, eine weitere Verfestigung und gewesen, dass Anfang Dezember des Jahres 2007 neue Kooperationsmöglichkeiten - - dass die der damalige DNI da war und ganz allgemein ge- nicht weiter verfolgt werden. sagt hat, man muss mehr zusammenarbeiten vor dem Hintergrund, dass die Kommunikation bei Nina Warken (CDU/CSU): In dem Gespräch ging Voice-over-IP nicht mehr leitungsgebunden ist, es - so hat es der Herr Uhrlau uns gesagt - auch dass das Internet eine zunehmende Rolle spielt, um diesen Schwachstellenbericht, den der Herr und dass man hier etwas gemeinsam unterneh- Dr. Urmann im Jahr 2007 habe anfertigen lassen; men könnte. Auf diesem allgemeinen Niveau ist das sei ausführlich auch diskutiert worden, und das in der - - vom DNI damals angeführt worden. die Feststellungen darin seien der eigentliche Daraufhin hat der Chef des Kanzleramtes damals Grund dafür gewesen, dass man dann auch diese gesagt: Darüber müssen wir mal sprechen. - Er weitergehenden Wünsche eben zurückgewiesen wollte ganz allgemein über das Internet und die hat. Ist das so zutreffend? Ist Ihnen der Schwach- Aufklärungsmöglichkeiten im Internet reden. stellenbericht bekannt? Und der Anstoß war dieses Gespräch mit dem DNI. Aber er wollte darüber reden, was - - wie Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Der ist mir erst be- der BND das einschätzt. kannt seit Frühjahr dieses Jahres. Diesen Schwachstellenbericht kenne ich nicht, habe ich Und dann hat es ja das, was ich vorhin schon ge- auch damals nicht kennengelernt. Gesprochen hört habe, die schriftlichen Unterlagen, gegeben, wurde über die Schwierigkeiten, die ich vorhin

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schon gesagt habe: G 10 - - und dass daran ein gab da die Problematik, dass zwar es letztlich ge- Projekt dann auch endgültig beendet worden ist. lingt, G-10-behaftetes Material auszuscheiden, aber dass es zu lange dauert und dass deswegen Nina Warken (CDU/CSU): Wie erklären Sie sich die Effektivität des Projekts nicht mehr vorhan- das dann, dass Herr Uhrlau sagt, es sei über die- den war und dass dann deswegen das Projekt be- sen Schwachstellenbericht gesprochen worden? endet worden ist - im Sommer 2008, wenn ich Oder ist da vielleicht darüber gesprochen wor- das richtig sehe. - Das war das eine. den, ohne dass Ihnen der Bericht vorliegt, und es waren lediglich die Inhalte, die man dann disku- Das andere war dann: Nachdem die Besprechung tiert hat? Jetzt, wo Sie den Schwachstellenbericht vorbei war und der Bundesnachrichtendienst kennen: Waren das diese Punkte, die darin dann nach meiner Erinnerung auch keine Vorschläge, auch aufgeführt sind? keine neuen Vorschläge gemacht hat, ist vonsei- ten des Ministers entschieden worden, dass wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich habe defi- keine weitere Verstärkung in dem Bereich, so wie nitiv keine Erinnerung, dass darüber gesprochen sie der DNI McConnell angesprochen hat, durch- worden ist - - und schon gar nicht vorgelegt wor- führen. den ist. Nina Warken (CDU/CSU): Wann genau wurde Nina Warken (CDU/CSU): Laut einer Spiegel- dann die Entscheidung getroffen, „Eikonal“ aus- Veröffentlichung zu diesem Gespräch, über das laufen zu lassen? wir hier sprechen, wollte der Minister damals wissen, ob man den Amerikanern eine andere Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das hat sich dann, Zusammenarbeit hinsichtlich Informationsgewin- glaube ich - - nung anbieten könne, und der BND habe aber ab- gewunken. Und man hat dann im Prinzip auch Nina Warken (CDU/CSU): Und wer hat sie ge- die Zusammenarbeit auslaufen lassen, „Eikonal“ troffen? beendet. Ist das so zutreffend, was berichtet ist? Bezieht sich das - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist dann auf der Ebene besprochen worden, auf der Arbeitsebene - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, dass der Mi- nach meiner Erinnerung - zwischen Bundesnach- nister gefragt hat, ob so etwas möglich erscheint, richtendienst und NSA, und man ist dann ge- das ist klar. Aber das ist nicht in dem Gespräch meinsam übereingekommen, dass es keinen Sinn endgültig beschieden worden, weil das auch gar mehr hat, wobei ich glaube, mich erinnern zu nicht geht. Üblicherweise ist nach solchen Ge- können, dass die Amerikaner diejenigen waren, sprächen, dass man dann noch mal darüber nach- die den Anstoß gegeben haben. denkt, vor allem der BND auf kluge Gedanken kommt. Das war das Ergebnis des Gespräches. Nina Warken (CDU/CSU): Der Herr Uhrlau hat es „austrocknen“ genannt; man habe die Operation Nina Warken (CDU/CSU): Konkret die Gründe, langsam austrocknen lassen, und es sei seiner warum man denn dann tatsächlich entschieden Meinung nach besser gewesen, als einen soforti- hat, keine Ausweitung zu machen, keine andere gen Stopp zu machen, das kleinere Übel. Können Kooperation und auch dann die Operation Sie uns erläutern, was er damit gemeint haben „Eikonal“ langsam austrocknen zu lassen - so hat kann? Hätte es vielleicht Probleme gegeben mit es der Herr Uhrlau zumindest genannt -, können der US-Seite? Welche Probleme hätte es geben Sie dazu doch noch mal konkreter was sagen? können, wenn man einen sofortigen Stopp der Operation veranlasst hätte? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, bei der einen Operation, die Sie jetzt bezeichnet haben, ist es Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, ich glaube, so, wie ich schon mehrere Male gesagt habe: Es dass - - Also, ich kann natürlich jetzt nicht inter- pretieren, was der Zeuge Uhrlau sagt. Aber nach

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meiner Erinnerung ist es so gewesen, dass es ein Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich frage mal Zwiegespräch zwischen den beiden Diensten kurz nach: Welcher Teil ist das, und welcher ist war, was man aus dem Projekt noch machen nicht Untersuchungsgegenstand? kann und ob es doch noch was bringt. Und letzt- lich ist dann eben entschieden worden, zu sagen: Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das, was nicht, wie Nein, wir haben keine andere Möglichkeit, es im Einsetzungsbeschluss heißt, die Five Eyes schnell G 10 auszufiltern, und deswegen hören umfasst. wir auf. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre? Nina Warken (CDU/CSU): Und eine Reaktion der Amerikaner? Ist Ihnen die bekannt? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dazu kann ich nichts sagen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, es ist ja mit Zustimmung der Amerikaner so erfolgt. (Heiterkeit)

Nina Warken (CDU/CSU): Da gab es dann keine Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, was die Probleme, Unmutsäußerungen, dergleichen? ausländische Erfassung über die Five-Eyes-Staa- ten hinaus betrifft. Habe ich es richtig verstan- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Soweit ich mich er- den? innere, nicht; auch mir gegenüber in den Gesprä- chen, die ich mit den Amerikanern hatte, nicht. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Sie haben es viel besser ausgedrückt, Herr Vorsitzender. Nina Warken (CDU/CSU): Im selben Spiegel-Ar- tikel, den ich schon zitiert hatte - der ist also vom Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Super. Ich 16. Mai dieses Jahres; hieß „Alles ungefiltert“ -, wollte nur noch mal, dass wir klar sind, nicht wird geschrieben, dass man mithilfe der NSA gleich in der eingestuften Sitzung sind und dann später eine Kabelerfassung in einem anderen nichts mehr übrig bleibt. Land realisiert habe. Geschrieben wird da genau: Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Man schöpfte nun doch wieder ge- meinsam Daten ab, aber eben Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, alles nicht mehr auf deutschem Boden. klar. Danke.

Können Sie das bestätigen? Stimmt es, dass man Nina Warken (CDU/CSU): Dann komme ich da nach „Eikonal“ keine Kabelerfassung des BND auch später drauf zurück. - Jetzt komme ich noch gemeinsam mit der NSA in Deutschland mehr ge- mal auf ein anderes Thema, und zwar: In der macht hat? Und gibt es diese im Ausland reali- zweiten Jahreshälfte 2013 - damals waren Sie der sierte Kabelerfassung? für Sicherheitsfragen zuständige Staatssekretär im Innenministerium - hat das Innenministerium Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Frau Abgeordnete, Hintergrundinformationen erstellt zu den Snow- da habe ich ein bisschen Schwierigkeiten, zum den-Enthüllungen. Die wurden immer wieder in einen, weil ich befürchte, das eine ist nicht Ge- kurzen Abständen auch aktualisiert. Lagen Ihnen genstand dieses Untersuchungsausschusses; zum diese Informationen vor jeweils? Haben Sie da anderen handelt es sich natürlich um operative sich auch in die Erarbeitung eingebracht? Angelegenheiten. Von daher bitte ich, jedenfalls für den Teil, den ich beantworten kann, darum, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist nach meiner das in geheimer Sitzung zu beantworten. Erinnerung auf Arbeitsebene gemacht worden. Teilweise habe ich sie auch gehabt. Also, ich kann mich erinnern, ich glaube, an eine Chrono- logie, die erstellt worden ist, was seitens der

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Bundesregierung unternommen worden ist, weil worden ist, ob man an ein solches Abkommen ja alle Ressorts in gewisser Weise in ihrer Zustän- denken könne. Und die Frage ist nicht von uns digkeit damals tätig geworden sind. Daran kann aufgegriffen worden, und es gab auch keine Vor- ich mich erinnern. bereitungsgespräche, sondern das war ein Ange- bot der US-Seite. Nina Warken (CDU/CSU): Wir haben eine Fas- sung vom 19. Dezember 2013. Darin wird berich- Nina Warken (CDU/CSU): Gut. - Dann hätte ich tet, dass die NSA eine Vereinbarung vorgeschla- im Moment keine weiteren Fragen. Vielen Dank. gen habe, deren Zusicherungen mündlich bereits mit der US-Seite vereinbart seien. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- lichen Dank. - Dann kommen wir zur Fraktion Keine Verletzung der jeweiligen Bündnis 90/Die Grünen mit ihren Fragen. Herr nationalen Interessen … Kollege Ströbele. Keine gegenseitige Spionage … Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Keine wirtschaftsbezogene NEN): Ja. Danke. Ausspähung … Keine Verletzung des jeweils Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein. Ent- nationalen Rechts … schuldigung. - Wir sind - - Jetzt kam das durch- einander. seien da die wesentlichen Punkte gewesen. Der Kanzleramtschef habe den Präsidenten des BND Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- im August 2013 gebeten, dieses Angebot NEN): Ja. aufzugreifen und Verhandlungen mit der NSA zu beginnen. Der Präsident des BND habe darüber Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Frau Renner am 4. November 2013 mit dem NSA-Chef und guckte mich auch zu Recht an. Wir gehen jetzt in dem US-Geheimdienstkoordinator ein Gespräch die zweite Fragerunde. Da beginnt natürlich die geführt. Wissen Sie, auf wessen Information Linke. diese Berichterstattung in diesem Hintergrundpapier des BMI denn beruht hat, und Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- können Sie die Information so bestätigen? NEN): Das stimmt. Ich dachte - -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann bestätigen, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir waren dass ich das auch gelesen habe, dass ich aller- noch in der ersten. Entschuldigung, Herr Kollege dings direkt nicht in diese Verhandlungen da- Ströbele. Jetzt haben Sie bei mir einen gut. - Frau mals - bis auf den Termin Anfang August und Kollegin Renner beginnt aber trotzdem jetzt. mein Telefonat mit dem Weißen Haus im Januar oder Februar - eingebunden war. Ich nehme an, Martina Renner (DIE LINKE): Danke, Herr Vorsit- dass das durch Abfrage bei den Ressorts entstan- zender. - Herr Fritsche, ich würde gerne fragen zu den ist, weil einfach eine Gesamtchronologie ge- Ihrer Zeit als Abteilungsleiter 6 im Bundeskanz- macht werden sollte. leramt. Wir hatten ja hier schon die Kollegen Vorbeck, Müller und Kurz, und da sind doch Nina Warken (CDU/CSU): Vor dem Hintergrund, einige Fragen noch offengeblieben. Es geht insbe- wie Sie in die Verhandlungen dann eingebunden sondere ganz grundsätzlich um die Problematik, waren: Gibt es einen Anlass, zu zweifeln an die- wie Rechts-, Fach- und Dienstaufsicht denn auch ser Information, wie sie in dem Bericht steht? überhaupt organisiert ist.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, für mich Erst einmal ist uns aufgefallen, dass es offenbar nicht, weil ich ja bei der Besprechung am 05.08. so ist, dass Gruppe 62 und Gruppe 61 nicht über dabei war und ja da die Frage eben aufgegriffen denselben Informationsstand verfügen. Es ist hier

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vorgetragen worden, dass das Need to know des ins Kleinste Verästelungen, dass hinsichtlich der BND sich quasi ins Bundeskanzleramt vorsetzt Technik - - und dass die Gruppe 62 zum Beispiel zu konkre- ten Operationen nichts sagen kann. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, nein. Ich rede nicht von kleinsten Verästelungen. Ich rede Nun meine Frage an Sie: Sie als Chef, Sie wuss- zum Beispiel über die BSI-Zertifizierung. Ich ten aber alles, oder setzt sich das dann noch bis rede jetzt nicht über Verästelungen. zur Abteilungsleiterebene fort? Also, kann ich Sie jetzt zu den konkreten Operationen etwas fragen? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Über die BSI-Zerti- fizierung bin ich sicher mal unterrichtet worden; Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ganz grund- ich weiß es nicht mehr genau, kann ich Ihnen sätzlich ist es, dass natürlich das Prinzip Need to jetzt auch wirklich nicht sagen. Dass ich allge- know auch für die Fach- und Dienstaufsicht gilt. mein über das Projekt unterrichtet war und dass Aber ich denke, in jedem Fach- und Dienstauf- wir ja auch gefragt haben damals, wenn Sie sich sichtsbereich ist es auch so, dass, wenn mehrere erinnern, ob die zugrundeliegende Vereinbarung Unterabteilungen existieren, einfach aufgrund richtig und notwendig ist oder ob sie noch ange- der Kapazität jetzt nicht jeder das gesamte Wis- passt werden soll - - und der Dienst ja geantwor- sen in dem Bereich hat und haben muss. tet hat, dass das keiner Anpassung bedarf, und bei der Gelegenheit auch nichts gesagt hat zu et- Ich habe allerdings - und das gebe ich auch zu - waigen Problemen. so weit wie möglich für Transparenz gesorgt, weil es eben auch gemeinsame Besprechungen Martina Renner (DIE LINKE): Die Grundlage der zwischen den Gruppen gab. Das hat es vorher in Kooperation wäre nämlich dann genau mein dem Maße - ist mir jedenfalls gesagt worden - nächstes Thema gewesen. Bei „Eikonal“ haben nicht gegeben. Und da sind Dinge besprochen wir erst diesen privatrechtlichen Vertrag „Tran- worden, die eben für alle Gruppen, für beide sit“ zwischen der Deutschen Telekom und dem Gruppen interessant sind, was die Tätigkeit der BND und später die G-10-Legende. Welche Fach- und Dienstaufsicht angeht. Grundlage gab es für den Abgriff bei MCI WorldCom in Hilden mit dem Operationsnamen Was meine Person angeht, da muss man sicher „Glotaic“? Können Sie uns das sagen, was dort unterscheiden, dass natürlich in der Hierarchie die Grundlage war? Es muss Ihnen ja als Rechts- auch ich dann unterrichtet werde, wenn es be- und Fach- und Dienstaufsicht bekannt gewesen sonders wichtig ist, wichtig erscheint. Wenn wir sein. Grundlagen müssen Sie ja prüfen der Ko- ein laufendes Verfahren haben, dann wird das operation. natürlich auch von den Referaten mit der Be- hörde besprochen. Also, von daher kann ich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es gibt zwei Mög- Ihnen nicht versprechen, dass ich zu allem etwas lichkeiten. Entweder bewegen wir uns im G-10- sagen kann, aber ich hoffe. Gesetz-Bereich - dann brauchen wir Anträge dazu, und das ist die Aufgabe der G-10-Kommis- Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Dann mal sion -, oder wir bewegen uns im Allgemeinen - ganz konkret: Bei den Operationen wurde ja Tätigkeit nach dem Bundesnachrichtendienst- Technik eingesetzt, die durch die ANDs über- gesetz des Dienstes, wenn es um die sogenannte geben wurde. War Ihnen das jeweils bekannt, Routine-, strategische Fernmeldeaufklärung welche Technik dort bereitgestellt wird, ob die geht -, und da spielt dann eine Rolle, was die zertifiziert ist, was der Zweck dann auch der Ko- Bundesregierung in Abstimmung für Ziele angibt, operation ist unter Einsatz dieser Technik? Da- also im Hinblick - - was aufgeklärt werden soll. rüber waren Sie im Bilde? Das sind ganz grundsätzlich die - -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, es ist, glaube ich, nicht meine Aufgabe als Abteilungsleiter, bis

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Martina Renner (DIE LINKE): Ich hatte aber jetzt Martina Renner (DIE LINKE): Also, jetzt kann nicht nach den - - Also, mein Problem ist: Ich ich - - Ich kann das so - - Dass es untergegangen habe nur acht Minuten - ja? ist, weil man dazu sich keine Vermerke gemacht hat, das glaube ich zu diesem Vorgang nicht. Das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ja. Ich - - war - - Dem Bundeskanzleramt muss es klar ge- wesen sein, dass es eine ganz besondere Koopera- Martina Renner (DIE LINKE): Da brauche ich tion ist, nicht nur wegen dem Partner, sondern keine grundsätzlichen Ausführungen, sondern auch, weil es ein Abgriff bei einem US-Provider ich habe jetzt nach der Grundlage der Operation war mit der Problematik, dass möglicherweise „Glotaic“ gefragt. Was war die Grundlage für Kommunikationsverkehre von US-Bürgern dort diese Kooperation? Das zu prüfen, ob das sozu- drin sind. Und das kann nicht so sein, dass man sagen zulässig ist, ist ja tatsächlich Sache der sagt: Wenn ich das gewusst hätte, dass das ir- Rechts-, Fach- und Dienstaufsicht. gendwann mal Thema wird, hätte ich mir da viel- leicht einen Vermerk zu gemacht. - Sie wissen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Richtig. - Aber ich ganz genau, dass diese Operation im BND und im kann mich jetzt nicht erinnern im Einzelnen, was Bundeskanzleramt natürlich eine besondere Rele- dazu mit mir besprochen worden ist. vanz hatte neben der Operation „Eikonal“. Also, davon können wir fest ausgehen. Warum das so Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Das ist interes- ist, diese Koordinaten habe ich Ihnen jetzt ge- sant. Also, wenn wir konkret werden, kann sich nannt - ja? So. hier nie jemand erinnern. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Und ich antworte Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, Frau Abgeord- zu dem konkreten Vorhaben, dass Sie gesagt ha- nete, darf ich noch mal zwei Dinge sagen? ben, dass ich mich nicht mehr erinnern kann, in welcher Weise ich da eingebunden war. Martina Renner (DIE LINKE): Also, ganz allge- meine Ausführungen können wir hier stunden- Martina Renner (DIE LINKE): Waren Sie denn lang bekommen, und da können wir gerne bis eingebunden? 24 Uhr reden - ja? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann Ihnen aus Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. - Frau Abge- meiner Erinnerung hierzu nichts sagen, weder ordnete, noch mal: Es geht darum: Wenn wir alle noch, weder Ja noch Nein. gewusst hätten, dass die Punkte, die hier gefragt werden, im Untersuchungsausschuss mal eine Martina Renner (DIE LINKE): Kannten Sie die Rolle spielen, dann hätten wir uns alle Vermerke Operation? gemacht. Aber das ist das tägliche Geschäft gewe- sen, mit dem wir uns beschäftigt haben. Und die- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Bewusst geworden ses tägliche Geschäft führen wir auch nach wie ist mir das jetzt bei der Vorlage der Akten an die- vor so. Und ich bin auch nicht bereit, derzeit sen Ausschuss. über alles, was ich schreibe oder bespreche, Ver- merke zu machen. Das will ich noch mal ganz Martina Renner (DIE LINKE): Wie viele gemein- deutlich sagen: Das ist die Schwierigkeit jedes same Operationen mit der CIA kennen Sie, wo es Zeugen in Untersuchungsausschüssen, dass ihm um Fernmeldeaufklärung geht? vorgehalten wird, er kann sich nicht erinnern. Wenn er gewusst hätte, dass es einen Untersu- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, Frau Abgeord- chungsausschuss gibt, hätte er unter Umständen nete, ich glaube, wir sind jetzt neben dem Unter- diese Punkte besonders hervorgehoben. Diese suchungsthema. Es geht um - - Problematik will ich wirklich mal deutlich - - Martina Renner (DIE LINKE): Nein, nein, es geht mir darum: Wenn es eine singuläre war, dann

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kennt man sie, wenn man das jeden Tag macht, Bundeskanzleramt beteiligt sein muss, wenn es mit der CIA irgendwo sich ans Kabel zu robben, darum geht, Dateianordnungen zu erlassen? dann kennt man sie möglicherweise nicht. Aber deswegen meine Frage, um einzuordnen, ob man Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Bei der Anordnung das wirklich vergessen kann. Wenn das eine sin- von Dateien? - Ja, klar. guläre Aktion war, würde es für mich ziemlich naheliegen, dass man das weiß, weil es sehr un- Martina Renner (DIE LINKE): Und ist da der Ab- typisch oder auch problematisch ist, wenn man teilungsleiter 6 beteiligt, oder wer macht das? an einen US-Provider geht. Also noch mal meine Frage: Wieviel Kooperation mit der CIA, wo es Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das macht in mei- um Fernmeldeaufklärung ging, gab es denn? Wie ner Zeit als Abteilungsleiter 6 in der Regel - - oft sind Sie denn mit der CIA gemeinsam ans Ka- höchstens bis zum Gruppenleiter, der dafür zu- bel gegangen? ständig ist.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich glaube Martina Renner (DIE LINKE): Welcher der Grup- jetzt, wenn wir in die Einzelheiten über Opera- penleiter war das, 21 oder 62, Herr Runge? tionen gehen, dann bewegen wir uns schon wie- der, - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich glaube, das war 61. Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe doch keine Einzelheiten gefragt. Martina Renner (DIE LINKE): Der war für die Dateianordnung verantwortlich? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - auch über die Frage, wieviel Fähigkeiten wir haben und wie oft Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Der hatte in seiner wir Kooperationen durchführen, in einem Be- Zuständigkeit das Referat. reich, der nicht in öffentlicher Sitzung bespro- chen werden kann. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, ich frage ja nicht - - Also, das BfDI hat sich ja mit der Frage Martina Renner (DIE LINKE): Gibt es eine wei- der fehlenden Dateianordnungen noch mal be- tere Kooperation mit der CIA, wo man ans Kabel schäftigt. Die rechtliche Regelung ist ja derart, gegangen ist? dass solche Dateianordnungen notwendig sind, um diese Dateien betreiben zu können. Diese Da- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Kennt- teianordnungen werden vom Bundeskanzleramt nis nicht. genehmigt. Deswegen: Wer ist denn für die Ge- nehmigung der Dateianordnungen für den BND Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Und des- zuständig? - Da sagen Sie jetzt: Das waren Herr wegen muss diese Operation sicherlich auch in Wenckebach und Herr Bartodziej. der rechtlichen und operativen Bewertung im Bundeskanzleramt ein Thema gewesen sein. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Frau Abgeordnete, Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Darüber dem kann ich folgen; aber ich kann nicht folgen, hinaus: Die haben auch die Genehmigung erteilt dass ich mich deswegen jetzt erinnern soll. Sie als Gruppenleiter? sagen, da muss ich mich erinnern; ich sage, ich kann mich nicht erinnern. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ob sie als Gruppen- leiter die Genehmigung erteilt haben oder nicht Martina Renner (DIE LINKE): Wir kommen nach- oder der Referatsleiter, der sich regelmäßig damit her noch mal dazu, weil sonst werden Sie das beschäftigt, oder die Referatsleiterin, das kann noch dreimal wiederholen. - Können Sie sich ich Ihnen jetzt nicht sagen. Aber in der Regel ist denn grundsätzlich daran erinnern, dass das es so, dass die Referate die Arbeit betreiben, und

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die Gruppenleiter und der Abteilungsleiter dann, Martina Renner (DIE LINKE): Also es findet dort wenn es herausgehobene Dinge zu besprechen eine Datenverarbeitung statt, wo Daten ausgelei- gilt, einbezogen werden. tet werden an einen AND, ohne dass eine Datei- anordnung existiert? Martina Renner (DIE LINKE): Der Referatsleiter erteilt für das Bundeskanzleramt die Genehmi- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Dateianordnung gung? ist meines Erachtens dann von Bedeutung, wenn es um die Verarbeitung der Daten innerhalb des Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann - - Bundesnachrichtendienstes - - eine Rolle spielt. Das ist aber hier ja noch nicht erfolgt, sondern Martina Renner (DIE LINKE): Wer erteilt im Bun- hier geht es ja um die Frage: Welche Selektoren deskanzleramt die Genehmigung? werden an den Abgriff gesetzt und was folgt dann daraus? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Meines Erachtens der Referatsleiter hier. Also das kann - - Martina Renner (DIE LINKE): Es war aber so - vielleicht wissen Sie das nicht -: Es gibt zwei Martina Renner (DIE LINKE): Sie haben nicht - - Dateien in Bad Aibling, das eine ist die für die Wählverkehre, das andere für die Internetver- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Um das noch mal kehre. Und die Selektoren - das sind immer die- zu sagen: Wir haben ein hierarchisches System. selben vom BND als auch von der NSA - werden Das Bundeskanzleramt erteilt die Genehmigung. in diese Dateien eingestellt. Das heißt, wenn man Da spielt es aus meiner Sicht nicht die entschei- für diese Dateien keine Dateianordnung hat, dann dende Rolle, ob das jetzt der Referatsleiter, der ist die Datenverarbeitung, die ja stattgefunden Gruppenleiter oder der Abteilungsleiter ist oder hat, auf jeden Fall in Teilen - - entbehrt sie der gar der Chef des Kanzleramtes. rechtlichen notwendigen Grundlage.

Martina Renner (DIE LINKE): Wer weiß das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, wie gesagt, denn, wer das macht? Oder macht das keiner? Na ich bin skeptisch. Ich glaube, dass im Bereich der ja, Sie wissen, diese Dateianordnungen fehlten ja Listen, von denen wir jetzt sprechen, das nicht zum Teil. Ich komme jetzt mal zum Ausgangs- gilt. thema unseres heutigen Tages, was ja auch Ge- genstand unserer Beratungssitzung war: Die Se- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müssten lektoren, sowohl die vom BND als auch die der wir im Detail in der nächsten Fragerunde klären. NSA, vielleicht auch von anderen, laufen ja in Dateien. Die Frage ist ja: Gibt es zu diesen Da- Martina Renner (DIE LINKE): Okay. teien, in denen die Selektoren laufen, Datei- anordnungen? Wissen Sie etwas darüber? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir kommen jetzt in der zweiten Fragerunde zur Fraktion der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also soweit ich Union. Frau Kollegin Warken. weiß, gibt es da keine Dateianordnung. Nina Warken (CDU/CSU): Wir wollen heute ja Martina Renner (DIE LINKE): Gibt es keine Da- vor allem die aktuellen Fragen, die sich uns stel- teianordnung? len, mit Ihnen klären. Da haben Sie jetzt ein paar- mal auf die nichtöffentliche Sitzung verwiesen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Also wir ha- Darauf würden wir gern zurückkommen und er- ben doch jetzt erstmals Anfang dieses Jahres oder hoffen uns da auch noch weitergehende Antwor- im Frühjahr dieses Jahres das ausgedruckt, also ten. Wir haben jetzt im Moment in der öffent- händisch gesehen. Das war immer hinterlegt in lichen Sitzung keine Fragen. der entsprechenden IT der zuständigen Abtei- lung.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Begehrlichkeiten hatte hinsichtlich der Daten- lichen Dank. - Dann sind wir bei der Fraktion gewinnung, die jedenfalls nicht mit deutschen Bündnis 90/Die Grünen. Jetzt Herr Kollege Interessen übereinstimmten? Ströbele. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das hatte nichts mit Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Frage zu tun, die diesen Ausschuss beschäf- NEN): Danke. - Herr Fritsche, ich komme noch tigt, was die konkreten Selektorenlisten angeht. mal zurück auf die Kenntnis im Bundeskanzler- amt 2008 zu den Problemen mit der NSA und Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den Begehrlichkeiten der NSA. Wir haben da- NEN): Lassen wir die mal; da kommen wir gleich rüber - das ist Ihnen ja bereits schon vorgehalten noch drauf. worden; ich will Ihnen da noch weitere Sachen vorhalten - mit Herrn Uhrlau gesprochen, sehr Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gut. - Nein, hatte ausführlich. Er hat sich etwas allgemein ausge- damit nichts zu tun. Ich tue mich jetzt ein biss- drückt, aber er hat gesagt: Das war im Kanzleramt chen schwer, weil Sie natürlich öffentlich etwas 2008 bekannt, dass es da Probleme gab, und das sagen, was man gut mit dem, was in geheimer war letztlich auch - ich fasse das jetzt mal zusam- Sitzung möglich wäre, beantworten könnte, mehr men, bevor ich das vorlese - der Grund, warum als das, was ich jetzt öffentlich sagen kann: Dass der BND, aber auch das Bundeskanzleramt dann wir eine Erfahrung in einem Projekt haben, dass keine neuen Kooperationen in dieser Hinsicht wir da die Probleme mit G 10 hatten, dass deswe- mit der NSA eingehen wollten; so zusammen- gen, wie Herr Uhrlau gesagt hat, das Projekt aus- gefasst. Ist das auch Ihrer Erinnerung? - Und zwar getrocknet worden ist und dass industriepoliti- hat er ausdrücklich gesagt, es ging bis zum dama- sche Fragen und vor allem die Frage der Gleich- ligen Chef des Bundeskanzleramtes. heit, nämlich: „Können wir auch in den Vereinig- ten Staaten ähnliche Zugriffe haben?“ - - dass das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann das wie- letztlich die Entscheidung war, dass man das derholen, was ich hier schon ein paarmal gesagt nicht machen wollte - oder dazu geführt hat, dass habe, was die Begründungen dafür waren, dass man das nicht machen wollte. letztlich eine Intensivierung - es geht nur die Frage der Intensivierung der Kooperation und Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht um die Beendigung bestehender Koopera- NEN): Jetzt komme ich etwas konkreter auf das, tionen - - was da die Rolle gespielt hat. Da hat was Herr Uhrlau dazu gesagt hat. Er hat erklärt, zum einen die Rolle gespielt die industriepoliti- Herr Urmann habe ihn damals unterrichtet, dass sche Frage, die ich jetzt schon ein paarmal ange- es da Probleme gibt in dem Sinne, wie ich das ge- sprochen habe, und zum anderen die Erfahrung rade erwähnt habe. Er, also Herr Uhrlau, geht in dem einen Projekt, in dem die G-10-Dinge auch davon aus, dass er auch mit Ihnen darüber nicht so schnell herausgefiltert werden konnten, gesprochen hat, war da aber nicht ganz sicher. wie sie herausgefiltert werden sollten, um das Aber er hat dann gesagt: Projekt zeitnah weiterzuführen. Das ist nach mei- ner Erinnerung quasi die Conclusio gewesen, Aber der Sachverhalt, um den es weswegen Chef BK dann gesagt hat: Diese Inten- ging und der dann auch zu der sivierung machen wir jetzt nicht. - Er hat sie ja eindeutigen Position des damali- auch nicht für alle Zeiten negiert, sondern im gen Chefs des Kanzleramtes ge- führt hat, nicht in eine Vertiefung Hinblick darauf, was McConnell, der DNI, An- einzutreten, fang Dezember gesagt hat. - also ein bisschen anders ausgedrückt, als Sie Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das sagen - NEN): Das hatte nichts damit zu tun, wollen Sie jetzt sagen, dass nach Ihren Erfahrungen die NSA spricht Bände.

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Nun ist das eine etwas ungenaue Formulierung, müsste man Herrn Uhrlau fragen, warum er als aber wir haben da auch nachgefragt; das halte ich Abteilungsleiter 6 dann auch das Projekt mit Ihnen dann gleich vor. Können Sie damit etwas NSA befürwortet hatte. Ich kann das nicht be- anfangen, dass auch die Reaktion von Herrn de urteilen, was Herrn Uhrlau dazu getrieben hat, Maizière, die er ja jetzt schon öffentlich gemacht dass er das gesagt hat. Für mich ist nur wichtig, hat, dass er nach einer Sitzung des PKG erklärt was nach meiner Erinnerung die entscheidende hat, er habe keine Einzelheiten gewusst, aber er Frage war: Warum hat Chef BK das damals been- habe ja Konsequenzen gezogen damals - - Meinte det? - Und das sind die Gründe, die ich jetzt hier er möglicherweise - - Können Sie das so bestäti- schon ein paarmal gesagt habe. gen? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann mich an NEN): Jetzt komme ich zum Abschluss meines das erinnern, was ich jetzt, glaube ich, schon ein Vorhalts. - Ich habe mich damit auch nicht zu- paarmal hier gesagt habe, was die Gründe dafür frieden gegeben, sondern habe noch weiter nach- sind, warum Herr Chef BK - damals, jetzt Bun- gefragt, weil ein „gemeinsames Fußballfeld“ kann desinnenminister - de Maizière gesagt hat, dass er man ja auch so oder so interpretieren. Ich habe die weitere Intensivierung nicht befürwortet, und gefragt, ob das heißt deswegen dem BND sagt, dass hier nicht weitere Gespräche durchgeführt werden sollen. Das wa- dass die NSA durchaus über das, ren zum einen die industriepolitische Frage und was der BND zu tun pflegt oder zum anderen die Erfahrung mit einem konkreten auch tun darf, hinaus Begehrlich- Projekt, das dann, weil es nicht schnell genug keiten - ich nenne das immer Be- gehrlichkeiten -, also Interessen zeitnah die G-10-Bereinigung gegeben hat, einge- hatte. stellt worden ist. Das hat in Gesamtzusammen- schau dazu geführt, dass diese Entscheidung von Darauf hat Herr Uhrlau genickt. So ist das in dem Chef BK gefallen ist. Protokoll auf Intervention des Vorsitzenden dann auch festgehalten. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich habe Herrn Uhrlau dann noch mal da- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist aber jetzt nach gefragt, was das heißt: „spricht Bände“. - Da nicht überraschend; denn auch in meiner Zeit als hat er auch erst relativ allgemein geantwortet - Vizechef des Inlandsdienstes haben wir, wenn es ich lese Ihnen das mal vor; das ist Seite 42 des uns aufgefallen ist, amerikanische Nachrichten- vorläufigen Protokolls: dienstler, wenn sie hier jemanden anwerben wollten und wir haben das entdeckt, auch nach „Das spricht Bände“: Hause geschickt. Das ist ja nichts Neues. Das ist schon, jedenfalls in meiner Tätigkeit, seit Mitte - sagt er auf meine Frage, was das denn heißt - der 90er-Jahre bekannt. Von daher haben wir trotzdem ein gemeinsames Projekt gemacht und dass bekannt war, dass der BND und das Kanzleramt hinsichtlich trotzdem dieses gemeinsame Projekt durchge- der Interessenlagen, die mit dem führt. Dass man aber insgesamt davon ausgehen deutschen Recht nicht immer muss, dass nationale Interessen bei der Tätigkeit kompatibel sind, auf einem ge- von Nachrichtendiensten eine Rolle spielen, das meinsamen Fußballfeld gewesen ist, glaube ich, vorhin auch schon in der Frage sind. von Herrn von Notz, glaube ich, beinhaltet gewe- sen. Das sagt Herr Uhrlau. Kann man auch jetzt se- hen - - Also können Sie damit etwas anfangen? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber mir geht es jetzt - das mag ja alles Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich will jetzt nicht sein - ganz konkret darum, ob damals im Bundes- Zeugenaussagen interpretieren. Ich meine, sonst kanzleramt bekannt gewesen ist, als Sie gezögert

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haben oder das nicht weiterverfolgt haben mit hat - - So ist es. Aber beim Auffinden war ich der Intensivierung der Beziehungen in diesem nicht dabei. Bereich - - ob das so zu verstehen war, dass das im Bundeskanzleramt bekannt war und dass man Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten deshalb das nicht gemacht hat, weil man sah: Die wir wieder die Fraktion wechseln. wollen da ja auch Sachen haben, die wir ihnen gar nicht geben wollen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Eine Frage noch? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Um das noch mal zu sagen: Es war nicht bekannt - das habe ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Eine hatten vorhin ja schon mal gesagt -, was Herr Uhrlau Sie gut. - Herr Kollege Ströbele. sich zu erinnern meint, dass er gesagt hat, die beiden Firmen und die Institutionen aus einem Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nachbarland, dass die hier bekannt gewesen NEN): Können Sie sagen, was in den Selektoren- sind. Das meine ich auch ausschließen zu kön- listen drinsteht, und ob das, was da drinsteht, nen, weil ich das dann schriftlich von ihm ver- was Sie gelesen haben, vermute ich, nach Ihrer langt hätte. Das schließe ich aus. Und was das an- Auffassung gegen Vereinbarungen von BND und dere angeht, dann muss ich noch mal wieder- NSA oder Deutschland und USA verstößt? holen: Es gab ein gemeinsames Projekt. In diesem Projekt hat es Schwierigkeiten gegeben - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich denke, das ist ein Punkt, der noch weiter aufgeklärt wird in Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dem Verfahren, das auch noch besprochen wird NEN): Ja, das haben wir schon gesagt. Ich muss zwischen Bundesregierung und dem Ausschuss. auch auf die Zeit achten - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, aber das ist das, NEN): Ich habe Sie nach Ihrer Meinung gefragt. was mich damals bewogen hat und woran ich mich erinnern kann, warum Chef BK das damals Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich glaube, ich bin nicht weiter verfolgt hat. als Zeuge hier und nicht, um meine Meinung darzustellen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Jetzt komme ich noch mal zu den Selekto- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ren, also in die Neuzeit, wenn man so will, in das NEN): Ihre Bewertung. Jahr 2015. Waren Sie daran beteiligt beim Auffin- den oder beim Sicherstellen dieser Selektorenlis- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Auch nicht meine ten? Bewertung. Ich bitte um Nachsicht, Herr Abge- ordneter. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, Herr Abgeord- neter, ich kann natürlich dazu antworten, auch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Ströbele wenn es nicht mehr im Untersuchungszeitraum ist anscheinend nachsichtig. - Dann kommen wir ist, und um die Frage der Aufklärung von Akten, zur nächsten Fraktion, zur Fraktion der SPD, und die dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung schauen, ob Kollege Flisek auch so nachsichtig gestellt werden sollen - - Ganz allgemein kann ist. ich sagen, dass ich im März dieses Jahres genauso wie alle anderen im Kanzleramt davon erfahren Christian Flisek (SPD): Herr Fritsche, jetzt nur habe und dass wir dann auch die Frage der Maß- damit wir das noch mal sortiert bekommen. Sie nahmen, die wir unmittelbar ergriffen haben, die haben gesagt: Chef BK hat die Entscheidung ge- Weisungen, die wir ja heute schon besprochen troffen, keine Intensivierung der Kooperations- haben, als der Vorsitzende vorhin dazu gefragt projekte. - Können Sie noch mal genau sagen:

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Was waren jetzt die Gründe? - Nicht nur Stich- how. - Das war doch die Geschäftsgrundlage. Wa- worte, sondern noch mal erstens, zweitens, rum hat man das plötzlich geändert? drittens. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Für verschiedene Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Industriepolitik. Projekte war das die Geschäftsgrundlage. Aber es steht natürlich den politisch Verantwortlichen Christian Flisek (SPD): Was heißt Industrie- frei, auch bei der Frage der weiteren Intensivie- politik? rung solcher Projekte - Machen wir das neu, wei- ter? - zu sagen: „Nein, jetzt erst mal nicht“, und Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also abhängen - - zwar aus den Gründen, die ich geschildert habe. dadurch, dass wir weiter abhängig werden in die- Das sind eben Gründe, die über das hinausgehen, sen technischen Fragen von dem großen Partner. was Nachrichtendienste auf ihrer Fachebene mit- Die Frage der Gleichbehandlung, also die Frage: einander besprechen, sondern hier haben auch Können wir, wenn wir schon so etwas zustim- politische Gründe eine Rolle gespielt. men in Europa oder gar auf deutschem Boden, das nicht auch in den Vereinigten Staaten ma- Christian Flisek (SPD): Und dass man den Ame- chen? Gibt es hier Signale, dass die Amerikaner rikanern nicht mehr so recht über den Weg ge- so etwas anbieten? - Und die letzte Frage war - traut hat - ich formuliere das jetzt mal ein biss- das war für mich auch mit das Entscheidende -, chen zugespitzter -, dass man da vielleicht Skep- dass ein aktuelles Projekt ja, wie Herr Uhrlau ge- sis hatte, dass man nicht mehr alles im Griff hat sagt hat, ausgetrocknet worden ist, weil die G-10- und überblickt, was die so auch im Rahmen von Frage nicht befriedigend gelöst werden konnte, Kooperationsprojekten veranstalten, das war kein jedenfalls was den Zeitfaktor angeht. Grund?

Christian Flisek (SPD): Wenn Sie jetzt sagen In- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das war nicht der dustriepolitik, andererseits sozusagen auf Augen- entscheidende Grund. Dass man das bei jeder Ko- höhe die Frage der Gleichheit: Hat Deutschland operationsvereinbarung, auch wenn man Koope- jemals gegenüber den Amerikanern gefordert, in rationen intensiviert, mit im Auge behalten muss, den USA auch einen Kabelzugriff zu bekommen? das ist selbstverständlich. Alles andere wäre ja auch blauäugig. Nichtsdestotrotz sind solche Pro- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Kennt- jekte durchgeführt worden und werden auch wei- nis ist das in Gesprächen zwischen den Zuständi- terhin durchgeführt. Also von daher halte ich das gen durchaus mal angesprochen worden, also auf für etwas ganz Selbstverständliches. Fachebene. Christian Flisek (SPD): Ich bewerte das jetzt so, Christian Flisek (SPD): Ich sage mal, diese dass es doch eine relative Zäsur ist, diese Ent- Agenda, die Sie mir jetzt schildern als Entschei- scheidung mit dieser Begründung, die Sie mir ge- dungsmatrix für die Entscheidung des Chefs BK, rade genannt haben, im Verhältnis zu den Moti- unterscheidet sich nach meinem Dafürhalten ven, warum man das ursprünglich überhaupt ein- schon sehr grundlegend von dem, was wir bisher gegangen ist. Jetzt stelle ich mir die Frage: Wenn gehört haben, was die Gründe waren, warum man aufgrund dieser Motivationslage sagt: „Ich man überhaupt solche Kooperationsvereinbarun- treffe die Entscheidung; ich entscheide mich gen eingegangen ist. Uns wurde hier immer er- so“ - sicherlich, man kann das ja so machen, zählt: Es ist halt ein Geschäft. Wir sind total abge- wenn man die Möglichkeiten hat -, gab es da nie hängt - Hardware, Software, Know-how -, die einen Anhaltspunkt, auch mal in Bezug auf die Amerikaner sind hochgerüstet; das gilt auch für weiteren Kooperationen - Stichwort Bad Aibling, den GCHQ und andere. Wir wollen davon profi- Satellitenkommunikation - hinzuschauen und zu tieren. Deswegen gibt es - das ist der Deal - Infor- sagen: „Wir müssen da jetzt mal ordentlich gu- mationen gegen Hardware, Software und Know- cken als Fachaufsichts- und Rechtsaufsichts- behörde, wie dort operativ gearbeitet wird“?

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da hatten wir zu ist ja eine Grundskepsis, die auch da war. Ich der Zeit ja keine Veranlassung. Wir haben ja vor meine, das ist ja eine negative Entscheidung, ein dem Hintergrund des Gespräches, das ja zwi- Anliegen der Amerikaner, einen Vorschlag, so schen dem BND und dem Chef des Kanzleramtes unkonturiert er auch gewesen sein mag - - Aber geführt worden ist, auch noch mal zu dem MoA es war ja bisher immer die Philosophie beim Fragen gestellt, ob hier Entwicklungsbedarf be- BND: Wenn die amerikanischen Partner kom- steht. Wir haben nicht von uns aus gesagt: „Auch men, dann hört man mal gut hin, weil man ist ja dieses Projekt wird jetzt vollständig gestoppt hin- interessiert, von denen was zu bekommen. - Jetzt sichtlich - - was auf der Grundlage des MoA noch hat sich das gewandelt, auf oberster Stelle möglich ist“, sondern wir haben uns nur mit der scheinbar, und man hat jetzt mal etwas negativ, Frage der Intensivierung beschäftig. abschlägig - - man hat gesagt: Nein, das machen wir jetzt nicht, zumindest nicht jetzt. - Wenn Weil Sie gesagt haben „Zäsur“. - Zäsur wäre es diese Skepsis da ist - ich frage noch mal deswe- gewesen, die Amerikaner hätten uns schon ein gen ausdrücklich -, gab es da nie irgendwelche ganz konkretes Angebot gemacht und hätten ge- Überlegungen und Bestrebungen, mal zu sagen: sagt: Dort, an der Stelle, mit euch, mit den tech- „Die sollen uns mal über die laufenden Koopera- nischen Geräten und Dingen. - Und wir hätten tionsprojekte, wie das läuft, berichten, ob es ir- dann gesagt: Nein, das machen wir nicht. - Sie gendwo Anhaltspunkte gibt, dass vielleicht ir- müssen sich auch mal erinnern, vor welchem gendwo Dinge, die wir auch als Rechtsaufsichts- Hintergrund das gelaufen ist: Der DNI war An- behörde zu kontrollieren haben - - dass die da fang Dezember 2007 da und hat gesagt: Also In- nicht so richtig laufen“? ternet, das wird jetzt das Problem der Zukunft, wir müssen mal gemeinsam überlegen, wie wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Der einzige Hin- das Ganze in Zukunft in den Griff bekommen. - weis, den wir damals entnommen haben - das Und vor dem Hintergrund dieser allgemeinen galt unausgesprochen -, war der Hinweis, dass Überlegungen - es gab kein konkretes Angebot - das in dem einen konkreten Verfahren hinsicht- hat Chef BK gesagt: Das muss ich mal mit dem lich G 10, der zeitlichen Folge des Ausfilterns, Bundesnachrichtendienst besprechen. - Die Be- nicht klappte, und das war ja dem Kanzleramt sprechung hat stattgefunden, und dann hat er ge- bekannt. Weitere Nachfragen, die uns veranlasst sagt: Dann geht mal solchen Signalen im Moment hätten, aufgrund irgendwelcher Aussagen, die ge- nicht weiter nach. - Also wir haben nicht ein de- troffen worden sind - - habe ich nicht gesehen. finitives Angebot bekommen, wo wir gesagt ha- ben: Das lehnen wir ab. Christian Flisek (SPD): Das heißt aber, diese Auf- sichtsfunktion wird nur dann ausgeübt oder führt Christian Flisek (SPD): Wie haben denn die zu konkreten Maßnahmen, wenn Ihnen vom Ob- Amerikaner darauf reagiert, als der Chef BK seine jekt der Aufsicht irgendeine Meldung gemacht Entscheidung bekannt gegeben hat? wird.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist auf Dienst- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Nur so ebene kommuniziert worden. Chef BK hat jetzt kann Fach- und Dienstaufsicht funktionieren. nicht den Chief of Staff im Weißen Haus angeru- Sonst müssten wir die gleiche Anzahl von Per- fen und ihm das gesagt, sondern auf Dienstebene sonen hinter den zu handelnden Personen haben. ist dann - so ist mir berichtet worden - das be- Fach- und Dienstaufsicht bedeutet ja nicht eine sprochen worden. Die Amerikaner haben gefragt: hundertprozentige Kontrolle. Können wir was? - Und dann haben wir gesagt: Jetzt nicht. Christian Flisek (SPD): Nein, die Ansicht teile ich nicht. Ich glaube, das ist reichlich überzogen, Christian Flisek (SPD): Noch mal zurück zu mei- was Sie jetzt da gerade geschildert haben, weil ner Frage, dass man da irgendwo an einer Stelle ich glaube, man kann natürlich eine Aufsicht mal gesagt hat: Wir schauen uns irgendwo - - Das auch in der Form beispielsweise ausüben, dass

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man proaktiv strukturierte Kontrollen beispiels- es nicht nur harmonisch ist, auch in den Berei- weise über Stichproben macht. Da müssen Sie chen, die wir dann besprechen mit dem Dienst; nicht hinter jeden Mitarbeiter noch einen zwei- denn der Dienst hat ja unter Umständen eine an- ten Kontrolleur stellen. Diese Auffassung teile dere Vorstellung, wie das Ganze gelöst werden ich überhaupt nicht, die Sie gerade gesagt haben. soll, als die Fach- und Dienstaufsicht. Aber das ist die Konfliktlinie. Die Konfliktlinie ist nicht, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Deswegen habe ich dass wir Pressing Groups machen und sagen: auch einleitend gesagt, Herr Abgeordneter, dass Jetzt gehen wir da mal rein und machen die 100- wir ja regelmäßige Jours fixes haben zwischen Prozent-Kontrolle. - So ist die Fachaufsicht nicht. den zuständigen Fachreferaten in der Fach- und Dienstaufsicht und den zuständigen Abteilungen Christian Flisek (SPD): Ich rede nicht über eine im BND, wo alle Probleme besprochen werden hundertprozentige Kontrolle. Ich rede beispiels- können. weise darüber, dass man hergeht und sagt - - Vielleicht fangen wir mal so an. Sie teilen viel- Christian Flisek (SPD): Was aber offensichtlich leicht die Einschätzung, die ich habe, dass Dinge nicht funktioniert. wie zum Beispiel eine Kooperation von deut- schen und amerikanischen Nachrichtendiensten, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da muss ich aller- wenn da irgendwo richtig etwas schiefläuft - wir dings erwarten, dass seitens des Dienstes das haben ja jetzt immerhin den Untersuchungsaus- auch angesprochen wird. schuss hier im deutschen Parlament -, dass so et- was geeignet ist, die Legitimationsgrundlage für Christian Flisek (SPD): Aber jetzt überlegen Sie die Arbeit von Nachrichtendiensten nachhaltig doch noch mal eines: Es kann ja Motivations- zu beschädigen. Das ist ein existenzielles Thema. lagen innerhalb des Dienstes geben, die einfach Teilen Sie das? dazu führen, dass man kein Interesse hat, gewisse Dinge anzusprechen, weil Sie ja die Aufsichts- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das teile ich. Diese behörde sind. Ich sage mal, wenn Aufsicht so Einschätzung teile ich. funktioniert, wie wir uns das als Parlamentarier vorstellen würden, dann müssten Sie dem Objekt Christian Flisek (SPD): Wenn wir bei dieser Ein- der Aufsicht, nämlich dem Dienst, hin und wie- schätzung beisammen sind, dann stelle ich mir der auch mal das Leben schwermachen. Das ist ja die Frage, ob man sozusagen in der Aufsichts- sozusagen kein Synchronschwimmen, das da funktion einzig und allein darauf vertrauen kann, stattfinden sollte, sondern das ist ein zwar durch- dass einem - in welchen Jours fixes auch immer - aus auf den Erfolg gerichtetes Gemeinsames, aber vom Objekt der Aufsicht, also vom Dienst selber, doch im Sinne von Checks and Balances usw. ein über Probleme Meldung gemacht wird. Ich unter- Gegeneinander. stelle niemandem dort - - Noch mal: Das sind al- les Beamte, dass die versuchen, einigermaßen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter korrekt ihren Job zu machen; davon gehe ich aus. Flisek, da sind wir doch gar nicht auseinander. Aber ich bin auch nicht naiv und glaube, dass Aber wir müssen, wenn wir reagieren, natürlich Ihnen als Aufsichtsbehörde dann bei diesen Ge- auch die Informationen haben. Wir haben - das legenheiten jedes Problem, das vielleicht gemel- gilt für jede Fach- und Dienstaufsicht - ein grund- det werden müsste, auch gemeldet wird. Deswe- sätzliches Vertrauen in die Arbeit, die dort - und gen frage ich Sie aus der Perspektive der Auf- das ist übrigens auch die Grundlage von Fach- sichtsbehörde: Bleiben Sie dabei, dass Sie sagen: und Dienstaufsicht, sonst müssten wir das alles „Das ist ein geeignetes Kontrollmodell“? Denn verdoppeln - - in die Tätigkeit der Behörden, die Sie sind ja in der Kontrolle des Dienstes die erste zu beaufsichtigen sind. Wir geben diesen Behör- Instanz. Wenn das Ganze hier aufschlägt, dann den die Chance, indem wir eben solche Jours ist es ja meistens wirklich zu spät. fixes durchführen. Sie können sicher sein, dass

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es, Herr Ab- aufgrund dieses speziellen Zuschnitts dieser kon- geordneter. Nichtsdestotrotz haben wir natürlich kreten Aufsichtsbehörde vielleicht die Stimmung Untersuchungsausschüsse, weil das eben teil- auch ein bisschen so ist, dass man sagt: Die wol- weise so läuft. Aber ich sage es noch mal im Hin- len gar nicht alles wissen. - Die Dinge sind ja blick auf die Fach- und Dienstaufsicht: Die Fach- auch politisch zum Teil sehr brisant. Wenn sie und Dienstaufsicht geht nicht in ein vollständi- meistens dann ans Tageslicht kommen - - Need to ges Kontrollinstrumentarium über, sondern die know kriegt dann noch mal einen ganz besonde- Fach- und Dienstaufsicht unterstützt - und da ren Akzent, weil man dann eben sagt: Der, der es gibt es auch Probleme genug - die Behörde. Aber wissen soll, bei dem soll es im Zweifel auch mal die Behörde ist nach wie vor selbstständig. Die bleiben. - Und das sind diese Konstellationen - - Behörde hat eine Amtsleitung. Die Amtsleitung Ich stelle mir ganz offen die Frage - das sage ich hat die Tätigkeit des Dienstes oder dieser Organi- Ihnen, Herr Fritsche -, ob diese Konstellation, die sation zu vertreten. Wir haben eine unterstüt- wir haben, dass das Kanzleramt die Aufsicht zende Pflicht als Fach- und Dienstaufsicht. Etwas führt in dieser Gesamtschau, ob das der Weisheit anderes ist gar nicht möglich. Deswegen sage ich, letzter Schluss ist. dass das, was wir bisher machen, was man durchaus auch, wenn wir jetzt hier Verstärkun- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Darüber bin ich gen kommen in der Abteilung 6 und im Kanzler- gerne bereit mit Ihnen zu diskutieren. Aber ich amt - - dass wir das intensivieren können, dass bin ja heute Zeuge. Ich glaube aber nicht, dass wir aber das Angebot an den Dienst haben, diese die Abteilung 6 als Ressort - in dem Sinne ist das Jours fixes durchzuführen mit jeder Abteilung Kanzleramt ja Ressort, weil es die einzige Ge- und dass wir, wenn wir Probleme erkennen und schäftsbereichsbehörde ist - - dass es hier einen die vom Dienst ja auch angesprochen werden - - Unterschied gibt zu den anderen Ministerien, wo Es ist ja nicht so, dass der Dienst jedes Problem ja auch ein Minister an der Spitze steht und ein unter den Teppich kehren will, sondern es wer- Staatssekretär. Das kann ich vergleichen, weil ich den die Probleme angesprochen. Wir werden das in einem anderen Ressort tätig war, im Bundes- ja natürlich auch hinsichtlich unserer parlamen- innenministerium. Da ist genau die gleiche Frage: tarischen Kontrollgremien verwerten müssen und „Wie wird Fach- und Dienstaufsicht durchge- müssen dazu auch Stellung nehmen. Das sind - führt?“ zu stellen. Ich glaube nicht, dass es - - Je- unabhängig jetzt von diesem Untersuchungsaus- denfalls für mich sage ich ganz deutlich: Ich habe schuss natürlich - vor allem das Parlamentarische als Abteilungsleiter 6 und jetzt als Beauftragter Kontrollgremium und die G-10-Kommission. Da für die Nachrichtendienste des Bundes immer ge- müssen wir ja dann - - Hier wird die Bundes- sagt - und das habe ich auch in die Abteilungen regierung hinsichtlich der Tätigkeit der Nach- heruntergegeben -: Wir wollen alles wissen, richtendienste kontrolliert, und da tun wir unser wenn es Probleme gibt. - Aber es ist nicht so, Bestes, um die Informationen zu bekommen. dass wir sagen: Das könnte ja politisch heikel Aber wir habe nicht ein grundsätzliches Miss- werden. - Das nützt uns nichts. Wie man an die- trauen, dass etwas uns nicht gesagt wird. sem Untersuchungsausschuss sieht, gibt es ja dann trotzdem parlamentarische Aufklärung, und Christian Flisek (SPD): Die andere Frage ist ja dann müssen wir bereitstehen. auch die Kehrseite der Medaille. Die Aufsichts- behörde, die sozusagen tätig ist, ist ja nun nicht Christian Flisek (SPD): Das, was die besonderen irgendjemand, das ist das Bundeskanzleramt. Da Vorkommnisse sind: Wie wird denn sicherge- gibt es einen Chef BK, daneben gibt es die Regie- stellt - so etwas kann ja mittlerweile bei solchen rungschefin, die auch dort sitzt. Wissen Sie, wir Kooperationsprojekten tatsächlich nicht nur in haben hier auch einen Enquete-Teil, wir müssen der Unterabteilung, sondern wirklich bei jedem uns über die grundsätzlichen Konstellationen Ge- operativ tätigen Mitarbeiter - - Herr Dr. T. bei- danken machen, sollen am Ende Vorschläge ma- spielsweise war derjenige, der als erster ein be- chen. Ich stelle mir natürlich auch die Frage, ob sonderes Vorkommnis realisiert hat -, dass jeder

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Mitarbeiter, beispielsweise im Bundesnachrich- Martina Renner (DIE LINKE): Das heißt, Sie ken- tendienst, eine klare Handhabung, Anweisung an nen auch das MoA? der Hand hat, dass er in seinem alltäglichen Ge- schäft in der Lage ist zu beurteilen: Was ist ein Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann es nicht besonderes Vorkommnis, das ich hochmelden auswendig, aber ich habe mir das angesehen. muss, und was ist es nicht? Martina Renner (DIE LINKE): Genau, Sie waren Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es gibt hierzu die da eingebunden. Darin wurde auch geregelt, was Allgemeine Dienstanweisung für den Bundes- passiert, wenn man sich an bestimmte Dinge nachrichtendienst, wo das Ganze drinsteht. Aber nicht hält, was den Grundrechtsträgerschutz an- wir haben - da gebe ich Ihnen recht - natürlich geht usw. keinen Werkzeugkasten im Sinne von: Insbeson- dere ist das und das ein besonderes Dienstvor- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Und nach- kommnis. - Sondern was öffentlichkeitswirksam dem ich als Abteilungsleiter 6 2005 angefangen sein könnte - wie man sieht, ist es ja öffentlich- habe, existierte diese Grundlage ja schon. Ich keitswirksam, jedenfalls der Vorfall, über den wir habe nicht gehört, dass die Kautelen, die inner- jetzt grundsätzlich sprechen - und was von politi- halb dieser Grundlage festgelegt sind, an irgend- scher Bedeutung ist - - und das wird auch in Be- einer Stelle schieflaufen. Es ist keine Information sprechungen in der Hierarchieebene von oben hier gegeben worden, wo wir hätten nachjustie- nach unten im Bundesnachrichtendienst weiter- ren können. Ich sage noch mal: Wenn ich mich geleitet. Wenn ich den Bundesnachrichtendienst richtig erinnere, habe ich Anfang 2008 durch den besuche, mache ich das, und zwar nicht jetzt nur zuständigen Referatsleiter nachfragen lassen, was mit der Amtsleitung, ich gehe auch in die Abtei- im Zusammenhang mit dem MoA existiert, ob es lungen, dann mache ich das mit den Abteilungen geändert werden muss, ob es hier Probleme gibt, auch. und die Antwort war Nein.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssen Martina Renner (DIE LINKE): Würden Sie sagen, wir zur nächsten Fragerunde kommen. Es beginnt das, was im MoA formuliert ist, ist auch die wieder die Fraktion Die Linke mit Frau Kollegin Grundlage für die Ausleitung von Metadaten? Renner. Oder ist das nur eine Grundlage für die Auslei- tung von sogenannten Meldungen oder Erfassun- Martina Renner (DIE LINKE): Ich mache da wei- gen? ter, wo ich aufgehört habe, nämlich bei der Frage, wie Dienst-, Fach- und Rechtsaufsicht funktio- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also ich gehe von niert; da hatte sich ja Herr Flisek auch gerade ge- beidem aus. müht. Ist denn die Ausleitung von Daten an an- dere AND ein Thema für die Rechtsaufsicht? Martina Renner (DIE LINKE): Von beidem. - Wenn es die Ausleitung von Metadaten außer- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In der Allgemein- halb von MoAs gibt, also wie zum Beispiel bei heit würde ich das jetzt nicht sagen. Wir haben „Glotaic“, was ist dann die Grundlage? nicht nur eine Ausleitung, sondern haben natür- lich Informationen, die an andere Nachrichten- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also - - dienste gegeben werden, sei es in der Regel als sogenannte bearbeitete Informationen, also soge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Auf „Glo“ nannte Finished Intelligence, und wir haben na- präzise beziehen können wir uns hier nicht. türlich ein besonderes Projekt gehabt, wo ja das Kanzleramt seit 2002, wenn ich richtig informiert Martina Renner (DIE LINKE): Ich beziehe mich war, bishin zur Entstehung der Grundlage, die da nicht präzise, ich frage nach Metadaten und die existiert, mit eingebunden war. Grundlage für deren Ausleitung.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Unabhängig Martina Renner (DIE LINKE): Das heißt, für jedes von der Operation „Glo“. gemeinsames Projekt braucht es eine gemeinsame Vereinbarung? Martina Renner (DIE LINKE): Bei Kabelansätzen, wenn Metadaten erfasst und ausgeleitet werden Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das kann auch an einen AND der Five Eyes, was ist die Grund- mündlicher Art sein. Das muss nicht unbedingt lage? schriftlich sein.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In der Regel gehe Martina Renner (DIE LINKE): Es finden Koopera- ich davon aus, dass es hier ähnliche Grundlagen tionen auf mündlicher Basis statt? gibt wie in dem konkreten Projekt. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe gesagt, es Martina Renner (DIE LINKE): „Eikonal“? kann auch mündlicher Art sein. Ich habe nicht gesagt, dass es so ist. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In dem konkreten Projekt, das wir jetzt besprechen, aufgrund des- Martina Renner (DIE LINKE): Andersherum: Zu sen dann in Bad Aibling der Austausch erfolgt den Projekten in Ihrer Zeit als Abteilungsleiter 6, ist. gab es dort jeweils eine schriftliche Grundlage wie das MoA - kann aber auch ein Letter of Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber bei Agreement sein, kann „Transit“ sein -, gab es für „Glotaic“ war es ja in Rheinhausen, es war ja gar alle Projekte schriftliche Grundlagen? nicht in Bad Aibling. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann mich nur Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal, Frau Ab- erinnern, dass damals das MoA mir bekannt war. geordnete, ich tue mich ein bisschen schwer, in An sonstige kann ich mich jetzt nicht erinnern. der offenen Sitzung hierzu etwas zu sagen. Unab- hängig davon, dass ich natürlich jetzt Akten gele- Martina Renner (DIE LINKE): Wie funktioniert sen habe - - aus meiner Erinnerung allerdings denn Kontrolle, ob das, was man mit dem Partner dazu nichts sagen kann. vereinbart, auch tatsächlich funktioniert, wenn man es nicht schriftlich vereinbart? Martina Renner (DIE LINKE): Dann mal ganz all- gemein: Für die Ausleitung von Metadaten aus Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kontrolle findet ja Kabelansätzen, was brauche ich da? Was sagt da nicht gegenüber dem Partner vordringlich statt, die Rechtsaufsicht des BND? sondern gegenüber dem, was der eigene Dienst macht im Zusammenhang mit dem Partner. Wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Für die Ausleitung können nicht den Partner kontrollieren. Das ist ja von Metadaten? etwas, was die Fach- und Dienstaufsicht machen muss; aber dazu braucht sie Hinweise, dass es Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aus Kabelansät- hier fehlerhaft läuft. zen. Martina Renner (DIE LINKE): Gab es bei - - Wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wenn es den BND wissen ja, dass es bei „Eikonal“ Hinweise gab: betrifft: Die rechtlichen Grundlagen, die er hat, G-10-Problematik und Ähnliches. Sie haben ja entweder das BND-Gesetz - - also in der Regel, selbst die Geschichte erzählt, dass es deswegen wenn es um Routine geht, das BND-Gesetz, und zu Ende gegangen ist. was die anderen Fragen angeht, wenn es ein ge- meinsames Projekt geben sollte, die Vereinbarun- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. gen, die in diesem gemeinsamen Projekt nieder- gelegt werden. Martina Renner (DIE LINKE): Gab es diese Hin- weise bei „Glotaic“ auch?

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe schon ein Martina Renner (DIE LINKE): Nein, es geht nur paarmal gesagt: Zu diesem Projekt kann ich mich um die Rechtmäßigkeit. nicht erinnern. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gut, das kommt auf Martina Renner (DIE LINKE): Gab es bei die Institution an. „Eikonal“ andere Hinweise außer der G-10-Pro- blematik? Martina Renner (DIE LINKE): Auch eines EU- Staates? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe dazu ja Ge- spräche mit den Verantwortlichen im Bundes- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, es kommt da- nachrichtendienst geführt. Ich habe dazu auch rauf an, ob der Aufgabenbereich des Bundesnach- Gespräche mit den Amerikanern geführt. Andere richtendienstes eröffnet ist für seine Tätigkeit. Da Hinweise - - Es war konzentriert auf die Frage spielen die Kautelen eine Rolle: Terrorismus, G 10. Proliferation, Sanktionsumgehung, organisierte Kriminalität. In der weiten Welt dann - das trifft Martina Renner (DIE LINKE): Die Frage Ausfor- nicht für Europa zu -: Allgemeinpolitische Auf- schung des europäischen Auslands, insbesondere klärung; denn das ist ja auch eine Aufgabe des der EU-Staaten, war kein Thema? Bundesnachrichtendienstes, die jetzt von beson- derer Bedeutung ist, was den Konflikt Russ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Diese Frage war land/Ukraine angeht. kein Thema. Martina Renner (DIE LINKE): Aber für das Feld Martina Renner (DIE LINKE): Ist es denn sozusa- „Allgemeinpolitische Aufklärung“ würden Sie gen erlaubt, rechtmäßig, wenn der BND europäi- ausschließen, dass man EU-Staaten ausspioniert? sche Staaten aufklärt? Ich meine immer EU-Staa- ten, wenn ich „europäische Staaten“ sage. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das sehe ich von dem, was die Bundesregierung in Auftrag gibt, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Um das noch mal nicht gedeckt. zu sagen: Für den BND ist entscheidend, was die Bundesregierung dem BND als Hausaufgaben in Martina Renner (DIE LINKE): Aber es gibt Fälle, sein Heft schreibt, weil die rechtliche Grundlage wo sich Institutionen, Parlamente oder Regierun- ja hier sich mit sicherheitspolitischen - - außen- gen von EU-Staaten in den anderen Bereichen politisch bedeutsamen Dingen beschäftigt. Der verdächtig gemacht haben: Proliferation, Drogen- BND hat in diesem Zusammenhang selbstver- handel - - ständlich auch die Aufgabe, zum Beispiel Sank- tionsumgehungen, Proliferation, organisierte Kri- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wenn es so sein minalität oder Terrorismus zu bekämpfen. Da ist sollte, handelt der Bundesnachrichtendienst ge- es durchaus möglich, dass auch europäische rechtfertigt. Adressen in dem Zusammenhang eine Rolle spie- len müssen. Martina Renner (DIE LINKE): Da gibt es nämlich eine ganz interessante Aussage von Herrn Martina Renner (DIE LINKE): Was ist mit Adres- Schindler, der ja im November 2013 verfügt, sen von Institutionen, Regierungen, Behörden, mündlich mit einer Weisung, dass ab sofort euro- Parlamenten? päische Interessen zu schützen seien. Auf die Nachfrage, ob sich das auf die NSA-Selektoren Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wenn wir jetzt in bezieht, sagt er: Nein, das bezieht sich auf die die Tiefe gehen zu der Frage, was alles in den eigenen Selektoren, die des BND. - Das lässt den Listen stehen könnte - - Rückschluss zu, dass man es vor November 2013 bei den europäischen Interessen nicht so genau

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genommen hat. War der Schutz europäischer In- sofern auch sagen, dass der BND eine Bring- teressen Thema vor November 2013? schuld hat und das Bundeskanzleramt keine Hol- schuld. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist dann die letzte Frage in der Runde. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe in dem Sinne, wie ich vorhin versucht habe, Fach- und Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Jedenfalls bei mir Dienstaufsicht zu erläutern - - gibt es natürlich nicht. auch Bring- und Holschulden. Aber Holschuld bezieht sich auf die Fach- und Dienstaufsicht: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Wenn sie ein Problem erkannt hat und zu dem Dank. - Wir kommen jetzt zur Fraktion der CDU/ Problem etwas sagen kann, dann hat sie die ver- CSU. Herr Kollege Wendt. dammte Pflicht und Schuldigkeit, mit dem Bun- desnachrichtendienst darüber zu reden, wie das (CDU/CSU): Die Unionsfraktion verbessert werden kann. Aber wenn ich - - hat derzeit keine Fragen. Danke. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- NEN): Das sehe ich ganz genauso. Sie haben das lichen Dank. - Dann kommen wir zur Fraktion ja vorhin schon angesprochen, und da würde ich von Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege von gerne einsteigen, bei dem Begehren des DNI. Sie Notz. haben gesagt, die Dinge, die vom BND diesbezüg- lich zurückkamen, seien überwiegend unkritisch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gewesen. Sie haben eben schon eine Akte vorge- NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Herr halten bekommen; die würde ich Ihnen auch Fritsche, Sie haben hier eingangs gesagt, dass es gerne vorhalten. Weil Sie sich auf diese Rück- zu Fehlern gekommen ist im Hinblick auch auf meldung bezogen haben und damit ja auch etwas die Dinge, die Sie jetzt im März 2015 festgestellt über den Inhalt gesagt haben, traue ich mich, das haben. Sind das denn Fehler des Bundeskanzler- jetzt auch mal in abstrakter Form zu tun. Es gab amts, der Rechts- und Fachaufsicht, oder Fehler eine Rückmeldung an den Chef des Bundeskanz- des BND? leramts - meiner Ansicht nach ist hier Ihre Para- phe drauf - vom 17. Januar 2008. Darin steht, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Solche der Rechts- dass im Hinblick - - und Fachaufsicht kann ich nicht entdecken. RD Philipp Wolff (BK): Können Sie erst mal kurz Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sagen, um welches Dokument es sich handelt NEN): Also Sie sagen, die Schuld liegt zu und ob es eingestuft ist oder nicht? 100 Prozent beim BND. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also das möchte ich NEN): Klar ist das eingestuft. Alles, Herr Wolff, ausdrücklich relativieren. Es gilt das, was ich in was von Relevanz ist und was hier diskutiert meinem Eingangsstatement gesagt habe. Es geht werden müsste, stufen Sie ja leider ein, damit es darum, dass wir wirklich engagierte Mitarbeiter nicht diskutiert werden kann. Ich sage Ihnen aber beim Bundesnachrichtendienst haben und dass trotzdem gerne - - hier in diesem Fall versäumt worden ist, die Fach- und Dienstaufsicht entsprechend zu unter- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich glaube, richten. die Einstufung bezieht sich darauf, dass es dann in eingestufter Sitzung diskutiert werden kann. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es ist also ein Unterrichtungsproblem ge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- genüber dem Bundeskanzleramt. Sie würden in- NEN): Aber dann darf sich Herr Fritsche nicht auf die Rückmeldung hier beziehen und den

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Sachverhalt falsch darstellen. Dann entsteht hier Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Darf ich da noch ein völlig falsches Bild in öffentlicher Sitzung. mal - - Entweder haben Sie mich falsch verstan- den, oder ich habe mich falsch ausgedrückt. Ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Deswegen habe nicht gesagt, dass das unkritisch - so waren halten wir ihm die Akte jetzt auch vor. ja Ihre einleitenden Bemerkungen - gesehen wor- den ist, sondern ich habe gesagt, dass über das, (Dem Zeugen werden was vonseiten des BND in die Diskussion ge- Unterlagen vorgelegt) bracht worden ist, im Kanzleramt diskutiert wor- den ist. Das bedeutet nicht, dass gesagt worden Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ist: „Das ist alles Mist“, oder: Das ist alles richtig. NEN): Genau das tun wir. Also, was soll das? Das tue ich ja gerade. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): In nichtöffentlicher Sitzung werden wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter das nachher gemeinsam lesen; das ist natürlich von Notz, da bin ich Ihnen dankbar für den Hin- viel kommoder für alle Beteiligten. - Aber ich weis, da werde ich künftig aufpassen und noch sage Ihnen: Das ist an Deutlichkeit nicht zu über- weniger in öffentlicher Sitzung sagen. bieten, was hier steht. Deswegen: Sie sprachen vorhin an im Hinblick auf Wirtschaftsinteressen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und meinten damit irgendwie industriepoliti- NEN): Das ist ganz reizend von Ihnen, Herr sche - - Fritsche. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich muss erst mal stoppen. Ich habe jetzt die Zeit gestoppt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kann ich zumindest die Fundstelle bekommen, NEN): Sozusagen der Umstand, dass eventuell dass ich es auch nachvollziehen kann? auch Wirtschaftsinteressen in anderer Hinsicht berührt worden sein könnten, das ist Ihnen gänz- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lich unbekannt gewesen bis März 2015? NEN): Sehr gern. Das ist die Tagebuchnummer 51/14. Es ist die Seite 22, dort gibt es ein Schrei- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Um es noch mal zu ben vom 17. Januar 2008. Ich hatte ihm eben die sagen: Ich habe ja vorhin versucht, in Abgren- Akte gezeigt und auch die Stelle. - Mir ist vor al- zung zur Konkurrenzspionage die Wirtschafts- len Dingen daran gelegen, dass die Dinge, die in spionage zu erläutern. öffentlicher Sitzung gesagt werden, zutreffend sind. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das meine ich nicht, Herr Fritsche. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Mir auch. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, gut. Damals ha- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ben nach meiner Erinnerung allein die industrie- NEN): In diesem Schreiben des BND - ich abstra- politischen Interessen und der Gleichklang zwi- hiere das jetzt mal, um ein Gegenbild zu entwer- schen den Vereinigten Staaten - jetzt in der nach- fen - steht überhaupt nicht drin, dass der BND da richtendienstlichen Zusammenarbeit - und der kein Problem sieht, dass er kein Problem mit Bundesrepublik Deutschland und die Erfahrun- Wirtschaftsspionage sähe oder ein Problem mit gen in dem einen Projekt eine Rolle gespielt. Übergriffigkeiten der NSA oder dass dieses An- sinnen eventuell sogar zum Vorteil von Deutsch- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- land sein könne. Das steht da alles überhaupt NEN): Es gibt Schreiben, die Sie abgezeichnet ha- nicht drin. - Können Sie sich an dieses Schreiben ben, in denen steht das explizit anders drin, dass erinnern? es nämlich tatsächlich Übergriffigkeiten gab. Ist das eine Erfahrung aus „Eikonal“ gewesen? Und

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wenn das so ist, Herr Fritsche, dann frage ich Sie vorletzten Jahres, bis ich dann ins Kanzleramt ge- jetzt noch mal: Wie können Sie sagen, dass dieser kommen bin und sich das hinsichtlich des Ab- Umstand, dass es Probleme gibt in dem Verhält- kommens ja dann auch nicht weiter realisiert hat, nis der Kooperation, dass Ihnen das erst im März jedenfalls was die politische Komponente angeht. 2015 klargeworden ist? Da habe ich mit allen gesprochen. Das Wichtigste für uns ist Sachverhaltsaufklärung: Wir müssen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, wissen, was denn tatsächlich von Snowden in es geht bei dem, was 2015 bekannt geworden ist, Richtung Deutschland indiskretioniert worden das, was Ihnen auch bekannt ist, um die Frage ist, damit wir uns auch darauf vorbereiten kön- der Listen aus dem gemeinsamen Projekt. Mehr nen und nicht immer überrascht am Montag oder kann ich dazu nicht sagen. Und das ist im März mit den Vorabs bei Spiegel und Focus erkennen, 2015 bekannt geworden. Das andere, was in den was Herr Snowden geruht, in die Presse zu tun. Vermerken, die Sie zitieren, steht, ist ganz gene- Das war das eine. reller Art. Von daher war hier überhaupt keine Möglichkeit, entsprechende Rückschlüsse auf Das andere war, dass wir in diesem Zusammen- das, was jetzt im März 2015 bekannt geworden hang Anfang August nach Washington gereist ist, zu ziehen. sind, mit den dortigen Verantwortlichen im nachrichtlichen Bereich und in der Schnittstelle, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- also DNI, zwischen Politik und Nachrichten- NEN): Im Sommer 2013 sind Sie ja mit einer De- diensten gesprochen haben. Das war unser legation in die USA gereist. Korrekt? Hauptanliegen, hier Auskünfte zu bekommen. In dieser Diskussion ist vonseiten der Amerikaner Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Richtig. angeboten worden, von dem DNI, dass man hier an Verhandlungen über ein Abkommen denken Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- könnte, dass hier deutsches Recht auf deutschem NEN): In Reaktion auf die Snowden-Veröffent- Boden gelte. lichung? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Auch richtig. NEN): Weil der Gedanke - -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die Zeit ist NEN): Was haben Sie denn aus den Snowden- zwar schon um, aber eine Frage ist sicherlich Unterlagen so rausgezogen an Erkenntnissen? noch möglich. Was war denn das Problem? Warum wollte man denn ein No-Spy-Abkommen verhandeln? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist sehr nett; ich hätte eigentlich noch Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das Problem war, zwei. - Weil der Gedanke, dass die Amerikaner dass ja nach den Behauptungen von Snowden sich auf deutschem Boden nicht an deutsches hier auch Angriffe stattgefunden haben. Ich wie- Recht halten, einen aus den Snowden-Unterlagen derhole noch mal: nach den Behauptungen von förmlich ansprang? Snowden. Ich habe die Unterlagen alle im Inter- net gesehen und kann nicht verifizieren, ob diese Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, weil der Ge- Unterlagen auch so richtig sind, die dort vorge- danke, dass die öffentliche Diskussion in legt worden sind, dass nach den Behauptungen Deutschland diesen Eindruck vermitteln könnte, von Snowden hier Tätigkeiten der amerikani- so ist, dass es auch im Interesse der Vereinigten schen Nachrichtendienste stattgefunden haben. Staaten ist, das mit uns gemeinsam in so ein Ab- Das sollte mit den Amerikanern zum einen in kommen zu gießen. einer Sachverhaltsaufklärung - - Das war auch mein Bestreben bei allen Gesprächen bis Ende

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Chef BK und die Entsprechenden der Fraktionen NEN): Also war No Spy ein Placebo für die Öf- aus dem PKG sich vor die Presse gestellt haben fentlichkeit, und es bedurfte der Sache gar nicht, im Juli und August des Jahres 2013. weil eigentlich nach dem, was Ihnen die Ameri- kaner dann in den USA erzählt haben, alle Be- (SPD): Wir hatten ja vorhin da- denken der Datenabflüsse, der Übergriffigkeiten von gesprochen, dass sich sozusagen schon für Sie danach ausgeräumt waren? einige Jahre vorher - das war zu Anfang des Ge- sprächs - so eine gewisse Skepsis aufgebaut hatte, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So würde ich das also es sollte die Kooperation nicht erweitert nicht beurteilen, Herr Abgeordneter. werden. Das ist ja auch nachvollziehbar, wenn man so die einen oder anderen Akten liest. Das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hat sich in den Jahren danach ja nicht gerade ge- NEN): Das denke ich - - legt, sondern das wurde beibehalten, eine ge- wisse Skepsis. War das dann nicht ziemlich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, es geht nicht merkwürdig, dass auf einmal, wo es ein No-Spy- um ein Placebo, sondern es ging tatsächlich um Abkommen eigentlich gar nicht gab, auch nicht Verhandlungen zu einem realen Abkommen. zwischen anderen Geheimdiensten, ein derarti- ges Abkommen geschlossen oder zumindest ver- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- handelt werden sollte? Ich meine, Sie sind ja NEN): Aber dann muss es doch ein reales Pro- schon sehr lange in den Diensten drin, und dann blem geben. weiß man ja ungefähr, was realistisch ist und was nicht, was sich gut anhört oder was zur Beruhi- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es gab eine Diskus- gung dient. Wenn Sie das jetzt mal so abwägen sion hier in Deutschland über Probleme mit den mit Ihrer langjährigen Erfahrung: War da nicht Amerikanern. Vor dem Hintergrund haben wir auch Zweifel angebracht, ob das nicht der Situa- mit den Amerikanern die Diskussion gesucht, um tion geschuldet ist oder ob das wirklich eine rea- ein solches Abkommen dann, nachdem sie es uns listische Möglichkeit hat? angeboten haben, nicht wir von ihnen gefordert haben, hinzubekommen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, nachdem wir es nicht gefordert haben und der Vorschlag von Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- den Amerikanern kam, kann ich nur sagen: Diese lichen Dank. - Wir kommen jetzt zur Fraktion der Chance hätten wir ergriffen. SPD. Frau Kollegin Mittag. Susanne Mittag (SPD): Die hätten Sie ergriffen, Susanne Mittag (SPD): Herr Fritsche, wann ha- ja. Aber ich habe nicht gefragt, ob Sie die ergrif- ben Sie das Wort „No Spy“ zum ersten Mal ge- fen hätten - das macht man natürlich -, sondern hört? wie Ihre realistische Einschätzung nach Ihren jahrelangen Erfahrungen war, dass das auch ein Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann mich erin- bisschen kritisch zu sehen ist. nern, dass es im Zusammenhang meines Erach- tens mit den Äußerungen vom damaligen Chef Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, da sehen Sie BK eine Rolle gespielt hat. meinen Gemütszustand von damals, den ich re- kapituliere, und sage - ich habe das ja nicht er- Susanne Mittag (SPD): Welchen? Und wann war wartet, dass wir mit so einem Ergebnis bei dieser das? Besprechung herauskommen -: Ich habe keine Veranlassung gehabt, auch aufgrund meiner lang- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Im Zusammenhang jährigen Erfahrung, dass es sich hier nur um ein mit den Äußerungen, die er nach Sitzungen des Placebo - wie Herr von Notz vorhin gesagt hat - Parlamentarischen Kontrollgremiums in die handeln könnte, sondern ich bin von der realen - Presse gegeben hat. Damals war es ja üblich, dass das hat sich ja dann auch in der Zeit des Herbstes

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gezeigt - Verhandlung zu einem solchen Abkom- aufsicht beim BND. Da muss ich mir ja auch ir- men ausgegangen. gendwie Gedanken machen: Wie kann ich denn diese Dienst- und Fachaufsicht rüberbringen, da- Susanne Mittag (SPD): Gut. Dazu kommen wir mit das auch die Mitarbeiter wissen? - Das haben nachher noch mal. - Diese Nichtausweitung, über Sie kommuniziert. In welchem Rahmen haben die wir vorhin gesprochen haben, das hatte ja Sie das denn kommuniziert? Nur, dass Sie die auch politische Gründe. Das sind ja nicht nur Arbeit, die Kooperation nicht noch weiter aus- Fakten, sondern - in welche Richtung will man bauen wollen, oder auch, dass Sie jetzt sagen: nunmehr mit der Zusammenarbeit gehen? - das Aus den und den Gründen, und dass sich eine kommt aus dem Bundeskanzleramt. Diese Verän- Grundeinstellung geändert hat - - Wir müssen da derungen, die sind ja auch schon einige Jahre ein bisschen vorsichtiger umgehen. - Oder bezog her, wo man sagt: Nein, das wollen wir jetzt lie- sich das ausschließlich darauf: „Nein, wir wollen ber nicht ausbauen, das wird uns ein bisschen zu nicht noch mehr Kooperationsprojekte“? riskant. - Ist diese politische Änderung auch der BND-Führung kommuniziert worden? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, es ging allein um die Frage der Intensivierung, und das ist so Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, klar. Das war ja kommuniziert worden. Also nicht, dass mit be- Grundlage für die Entscheidung, die Chef BK ge- stehenden Kooperationen etwas Neues geschehen troffen hat - - war ja die Beteiligung des damali- sollte. gen Präsidenten bei dieser Besprechung; Herr Ur- mann, der zuständige Abteilungsleiter, war ja Susanne Mittag (SPD): Diese sich ändernde auch dabei. Und dann ist kommuniziert worden, Grundeinstellung, in welchem Rahmen ist die dass wir jetzt kein Interesse haben, mit neuen denn sozusagen dem BND kommuniziert worden, Projekten so etwas zu intensivieren. der Leitung? Das hätte dann ja auch - es war ja schon einige Jahre her - irgendwann mal eine Susanne Mittag (SPD): Das ging jetzt nur um Auswirkung haben müssen. Da scheint aus unse- neue Projekte. Aber das ist ja eine politische ren Aussagen, die wir hier schon zu hören be- Ebene - das hatten Sie ja auch gesagt -, da ist ja kommen haben, immer noch die Intention zu dann sicherlich auch begründet worden, warum sein, dass derartig skeptische Meldungen nach und wieso nicht. Das wird in diesen Besprechun- oben gar nicht gewollt waren. gen ja auch besprochen. Zu welcher Zeit ist das dann kommuniziert worden? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann es noch mal für meine Zeit wiederholen: Bei mir sind sol- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Unmittelbar, als che Meldungen gewollt. Chef BK die Entscheidung im Februar/März ge- troffen hat. Susanne Mittag (SPD): Gut, das sagen Sie jetzt hier und damals in Ihrem Büro. Aber es ist jetzt Susanne Mittag (SPD): Welches Jahr? die Frage: Wie können Sie eine Dienst- und Fach- aufsicht ausführen, wenn man, sagen wir mal, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: 2008, wenn ich das, was man will, nicht entsprechend kommuni- mich richtig erinnere. ziert, damit die Empfänger das auch anständig umsetzen können? Susanne Mittag (SPD): 2008? - Nicht, dass wir aneinander vorbeireden. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So, wie ich es vor- hin auch schon mal erläutert habe. Meine Auf- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, 2008. gabe war es damals als Abteilungsleiter 6, ist es heute auch als Staatssekretär, mit den Leuten im Susanne Mittag (SPD): Das haben Sie dann also Dienst zu reden, also auch vor Ort zu sein und kommuniziert. Sie haben ja die Dienst- und Fach- das original weiterzugeben, was wir wollen, und nicht nur über die Amtsleitung das nach unten

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zu geben. Wir machten beide Wege, aber ich ma- Fach- und Dienstaufsicht im Dienst mit den Ab- che es auch persönlich. teilungen rede und dort auch mit einem mög- lichst breiten Mitarbeiterbereich, um diese Bot- Susanne Mittag (SPD): Und wie ist das dann da- schaft auch nach - - dort reinzubekommen. mals persönlich passiert? Also, haben Sie die Dienststellen besucht und gesagt: „Jetzt läuft es Susanne Mittag (SPD): Im Nachgang dazu, hätten ein bisschen anders“, - Sie es, sagen wir mal, anders - - heutzutage, nach den Erkenntnissen, die man jetzt hat, anders or- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. ganisiert, oder halten Sie es trotzdem so für aus- reichend, sagen wir mal, für eine entsprechende Susanne Mittag (SPD): - oder in welchem Rah- Dienst- und Fachaufsicht so zu sorgen? men - - oder so eine Personalversammlung be- sucht und gesagt: „Wir haben unsere … (akus- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, dass wir vor tisch unverständlich) geändert“, oder wie ist es dem Hintergrund von konkreten Erfahrungen an denn dort angekommen? Stellschrauben arbeiten müssen, das habe ich vorhin gesagt. Das ist auch die Aufgabe der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, Frau Abgeord- Dienst- und Fachaufsicht, und es ist ja hier auch nete, warum - - Es ging ja um die Intensivierung, schon gesagt worden, dass es ja Vorschläge im und Herr Uhrlau war bei diesem Gespräch dabei Enqueteteil auch von diesem Untersuchungsaus- mit Chef BK. Da hat Chef BK dann noch mal schuss dafür geben wird. Aber für die konkrete diese Hausaufgabe gegeben, die vorher eine Rolle tägliche Arbeit, nämlich dass - - wenn ich helfen gespielt hat, und hat dann im zeitlichen Zusam- will oder eine Weisung geben muss, dass es in menhang entschieden, dass wir keine weitere In- die und die Richtung läuft, brauche ich einen tensivierung wollen. Nachdem wir noch kein Hinweis, und dafür muss der Hinweis aus dem konkretes Projektangebot hatten, mussten wir ja Dienst kommen. Das gilt aber nicht nur für den nicht irgendwo jetzt auf die Amerikaner offensiv BND, sondern für jede Fach- und Dienstaufsicht. zugehen, sondern wenn solche Gespräche gekom- men sind, habe ich dem Herrn Uhrlau gesagt: Sie Susanne Mittag (SPD): Ja, danke. können sich erinnern, diese Besprechung, es läuft so, wie Chef BK es damals angedeutet hat. - Christian Flisek (SPD): Gut, ich würde weiterma- So, und so ist es gegangen. Nachdem, wie gesagt, chen. - Herr Fritsche, ich würde ganz gerne noch kein konkretes Projekt vorstand, ist das die Leit- mal zum Thema No-Spy-Abkommen mit Ihnen - - linie für die Amtsleitung gewesen, und die Amts- eingehen wollen. Wann - - Oder ist Ihnen be- leitung hat das - davon gehe ich aus - auch so kannt, dass aus diesem - - Oder ich frage ganz an- umgesetzt. ders: Welche Rechtsnatur nach Vorstellung der Bundesregierung sollte so ein No-Spy-Abkom- Susanne Mittag (SPD): Gut. Also, Ihr Gespräch men denn haben? war ausschließlich mit der Amtsleitung, - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, da waren wir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. noch in den Gesprächen, um die - - Es sind ja so- wohl auf politischer Ebene als auch auf nachrich- Susanne Mittag (SPD): - und Sie haben jetzt - - tendienstlicher Ebene Gespräche geführt worden. Wenn es Abkommen auf nachrichtendienstlicher Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In diesem Fall Ebene gibt, dann sind die nicht völkerrechtsbin- schon. Aber Sie hatten ja vorhin gefragt, ob wir dend; das ist so. So haben wir ja Vorbilder auch was wissen wollen oder nicht wissen wollen, in dem MoA, das in diesem Untersuchungsaus- und auf die Frage habe ich geantwortet, dass es schuss eine Rolle spielt. Und was auf politischer eine meiner Hauptaufgaben ist, dass ich alles Ebene dann rausgekommen wäre, ob das da eine wissen möchte und dass ich deswegen auch als politische Begleitung gewesen wäre, also eine po-

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litische Sprache, oder ein völkerrechtliches Ab- sehe nur das Verhalten der Verhandelnden - da- kommen, so weit war es, glaube ich, wie es dann rüber wird mir berichtet, weil ich nicht persön- eingestellt worden ist, was die Qualität, was die lich eingebunden bin -, und ich bin deswegen rechtliche Qualität angeht, noch nicht. nicht absolut pessimistisch.

Christian Flisek (SPD): Wer hat denn verhandelt? Christian Flisek (SPD): Jetzt frage ich noch mal Also, Herr Schindler hat gesagt, es wurde vor al- so, damit wir - - Also, das No-Spy-Abkommen ist len Dingen auf Diensteebene verhandelt. ja eh ein ganz komisches Etikett. Würde so ein MoA, wo Details der Kooperation geregelt sind, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist richtig. Nach worauf man Rücksicht zu nehmen hat, würde so meiner Kenntnis - da bin ich aber nicht einge- etwas für Sie den Begriff No-Spy-Abkommen aus- bunden gewesen, das ist nur vom Hörensagen - füllen? hat allerdings auch die - - hat es Verhandlungen zwischen dem Weißen Haus und dem Kanzler- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich gehe mit amt, aber nicht im Bereich der Abteilung 6, gege- Ihnen in eine Richtung: Den Begriff halte ich für ben. unglücklich. Aber das Abkommen, das mit die- sem Begriff bezeichnet wird und das angestrebt Christian Flisek (SPD): Die Verhandlungen auf werden sollte, das würde den Begriff ausfüllen. politischer Ebene, also zwischen dem Weißen Haus und dem Kanzleramt, die hatten das Ziel, Christian Flisek (SPD): Also, auf meine Frage be- dass daraus ein völkerrechtlicher Vertrag werden zogen: Also, so ein MoA, das da so - soll? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da müssten Sie die Verhandelnden fragen. So weit war ich nicht ein- Christian Flisek (SPD): - wechselseitige Pflich- gebunden. ten -

Christian Flisek (SPD): Weil Sie gesagt haben - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. ich gebe Sie richtig wieder -: Im Frühjahr 2014 waren diese Verhandlungen - - sind die dann be- Christian Flisek (SPD): - anlässlich einer Koope- endet worden, - ration regelt, -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, wie gesagt - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es.

Christian Flisek (SPD): - sämtliche Verhandlun- Christian Flisek (SPD): - aber dann auch sagt, da- gen beendet worden. rauf und hierauf ist Rücksicht zu nehmen, -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Auf dienst- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. licher Ebene laufen nach wie vor solche Ver- handlungen. Christian Flisek (SPD): - das wäre aus Ihrer Sicht ein No-Spy-Abkommen? Also es muss - - Ein No- Christian Flisek (SPD): Auf dienstlicher - - Nach Spy-Abkommen, so wie Sie es jetzt verstehen wie vor laufen auf dienstlicher Ebene solche Ver- würden, müsste nicht unbedingt ein No-Spy-Ab- handlungen? Und sind die erfolgversprechend? kommen dergestalt sein, dass sich beide Staaten quasi verpflichten, sich wechselseitig nicht aus- (Zuruf: Natürlich!) zuspionieren?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wenn ich - - Also, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich will so was ich kann natürlich keine Prognosen abgeben. Ich nicht ausschließen.

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Christian Flisek (SPD): Das wäre auch ein No- definiert ist. Hätten Sie das Vertrauen, dass die Spy-Abkommen. Aber man könnte auch etwas Amerikaner, so sie denn so ein Abkommen mal ein No-Spy-Abkommen nennen, was weit da- abschlössen, dann tatsächlich sich auch daran runter liegt? halten?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich will so Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich gehe da- was nicht grundsätzlich ausschließen. Aber was von aus, dass wir auch weiterhin, jetzt unabhän- auf der Ebene der Dienste in so einem MoU, MoA gig von einer solchen Art von Abkommen, mit ausgehandelt werden würde, würde ich auch so den Amerikanern zusammenarbeiten und auch bezeichnen. vielleicht weitere Abkommen für konkrete Pro- jekte, wenn ein solches generelles Abkommen Christian Flisek (SPD): Weil ich mir ja dann die nicht möglich erscheint, abschließen werden, Frage stelle, warum verhandeln - - Also, wenn nicht nur, weil wir darauf angewiesen sind, son- das so was ist, ja, dann hat man ja schon eins ge- dern weil wir grundsätzlich kein Misstrauen ha- habt. ben.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das - - Ich gehe auch bei der Frage, die hier in Rede steht, was an Selektoren eingesteuert worden ist, Christian Flisek (SPD): Verstehen Sie? Dann hat nicht von einem bösen Willen aus, sondern von man auf Diensteebene ja eins gehabt. Dingen, die hier in der Organisation eine Rolle spielen, und insoweit - und das kann ich ja na- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich stelle mir in türlich nur in der geheimen Sitzung machen - ha- dem Abkommen eine grundsätzliche Frage der ben wir Ihnen ja auch ein entsprechend einge- Zusammenarbeit zwischen den US-Diensten und stuftes Testat vorgelegt, in dem die Art und den bundesdeutschen Diensten vor und nicht be- Weise, wie das Ganze gestanden ist und was zogen ein bloßes - - Grundlage auf ein bestimmtes unter Umständen als Fehler bezeichnet werden Projekt, sondern das sollte ja grundsätzlicher Art kann, für Sie dargelegt ist und testiert worden ist. sein. Christian Flisek (SPD): Ist Ihnen denn ein sol- Christian Flisek (SPD): Also, es sollte projekt- ches Abkommen in irgendeiner Form bekannt? übergreifend sein? Gibt es so was, -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ein so- -

Christian Flisek (SPD): Aus Ihrer Einschätzung Christian Flisek (SPD): - nicht jetzt nur zwischen heraus, was im Prinzip jetzt im Bereich der Se- Deutschland und einem anderen Dienst oder lektoren ja scheinbar passiert ist, ja - ich meine, Staat, sondern überhaupt? Ist Ihnen irgendwo ein Sie wissen mehr als wir -: Hätten Sie Vertrauen existierendes No-Spy-Abkommen bekannt? in die amerikanische Seite, dass, welche Pflich- ten da auch immer geregelt sind, die auch wirk- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Hierzu kann ich lich eingehalten werden? nichts sagen.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also - - Christian Flisek (SPD): Wieso nicht?

Christian Flisek (SPD): Also, ich sage mal jetzt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Weil das aus meiner plastisch: Wenn man sich verpflichtet beispiels- Sicht zum einen natürlich nicht untersuchungs- weise, die jeweiligen Staatsbürger zu schützen, gegenständlich ist, weil es nicht die Five Eyes be- nicht die jeweiligen politischen, außenpoliti- trifft - - schen, sonstigen Interessen zuwiderlaufen - - Das setzt natürlich voraus, dass das mal irgendwo Christian Flisek (SPD): Weil?

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Weil es nicht die Christian Flisek (SPD): - haben sie so was nicht. Five Eyes betrifft und auch nicht die massenhafte Warum sollten sie jetzt - - Ich will ja nur die Mo- Datenausspähung. Zum anderen ist das ein ganz tivationslage verstehen. sensibler Kernbereich der Zusammenarbeit, weil es nicht nur die Dienste betrifft. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ja, ja.

Christian Flisek (SPD): Ja, Herr Fritsche, ich ver- Christian Flisek (SPD): Warum sollten sie dann stehe den Einwand. Aber zum einen - - Dann mit Deutschland so was abschließen? fasse ich es so konkret: Ist Ihnen beispielsweise - damit wir dann darüber Klarheit haben - zwi- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, zur Motiva- schen den Five-Eyes-Staaten ein No-Spy-Ab- tionslage der Amerikaner kann ich natürlich kommen bekannt? nichts sagen. Ich kann nur sagen, dass ich so et- was aufgenommen habe bei meinem Besuch im Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Soweit ich orien- August 2013 und dass ich nicht davon ausgegan- tiert bin - ich habe die Unterlagen ja nicht ein- gen bin, dass es ein Placebo ist oder wir nur hin- sehen dürfen -, geht es nicht so weit, dass auch gehalten werden sollen und irgendwann dann ge- zwischen den Five-Eyes-Staaten - also, ich habe sagt wird: Das haben wir gar nicht so gewollt. - so was ja in Gesprächen mit Vertretern der Five- Das ist das, was ich gedacht habe. Was die Ame- Eyes-Staaten gehört - - dass hier so etwas exis- rikaner bewegt, kann ich Ihnen nicht sagen. tiert. Christian Flisek (SPD): Ja, ich kann, ohne jetzt Christian Flisek (SPD): Das ... (akustisch unver- konkret zu werden, auch nur berichten aus Ge- ständlich) sprächen, die wir führen, auch auf parlamentari- scher Ebene mit einschlägigen Kolleginnen und Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, in dem Sinn, Kollegen drüben, und die sagen, so was würden wie wir es bisher besprochen haben, was No Spy die USA nicht machen, weil das komplett den angeht. außenpolitischen Interessen der Vereinigten Staa- ten widerspricht. Und wir haben natürlich die Christian Flisek (SPD): Also, dann wäre es im Frage zu klären - - Ich sage ja so - - Da mache ich Prinzip so, dass hier zwischen Deutschland und ja keinen Hehl daraus, weil es ja auch in der Zei- den USA was Einmaliges geschaffen werden tung stand. Ich habe das als eine Nebelkerze be- würde, wenn so was zustande gekommen wäre? zeichnet im Wahlkampf, weil ich glaube, da ist was aufgebauscht worden, was bei näherem Hin- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. sehen keine Substanz hatte.

Christian Flisek (SPD): Jetzt erläutern Sie mir Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, „Nebel- mal aus Ihrer Sicht - - Weil man geht ja nicht in kerze“ - ich bin jetzt insoweit vielleicht nicht als so eine Verhandlung rein, ohne da irgendwo die Zeuge, aber - - würde ich dann beurteilen, wenn Motivationslagen abzuklopfen beim jeweiligen es von uns initiiert worden wäre und die Ameri- Vertragspartner. Ich meine, Deutschland ist ein kaner gesagt haben: Na ja, wir können mal reden, Staat beispielsweise, aus dem einer der Atten- bis über die Wahl, und anschließend hören wir täter von 9/11 seinen Ausgang gefunden hat, ja. auf. - Das Gegenteil ist der Fall. ... (akustisch un- Warum sollten die USA, wenn sie mit keinem verständlich) anderen Land der Welt ein solches Abkommen haben - ich unterstelle das jetzt mal - - Selbst im Christian Flisek (SPD): Kann ja sein, dass es so Five-Eyes-Verbund mit den Staaten, mit denen war. Kann ja sein, dass man gesagt hat: Mensch, sie auf das Engste kooperieren, - jetzt kommt da aus eurem Bereich so ein blöder Whistleblower; das ist euer - - Ihr habt Bockmist Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordne- gebaut; wir haben jetzt hier mitten in unserem ter - - Bundestagswahlkampf Riesenprobleme. - Also,

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Stenografisches Protokoll 55 I

1. Untersuchungsausschuss

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ich stelle jetzt nur mal eine Version dar. Ich habe Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt muss dafür keine Anhaltspunkte. Aber dass man ich mal ganz kurz fragen. - Ich höre hier einen sagt - - So, und dann sagen die Amerikaner - das Zwischenruf vom Kollegen Flisek. Können Sie sind ja immer ganz pragmatische Menschen -: den noch mal wiederholen? Was können wir denn für euch tun? - Und dann sagt man: „Ja, komm, lass uns mal über so ein Martina Renner (DIE LINKE): Oh, jetzt ist noch No-Spy-Abkommen verhandeln“, und dann sa- Streit unter Männern. Ich bin noch nicht dran. gen die auf Diensteebene: Ja, gut, können wir tun, aber entscheiden muss es das Weiße Haus. - Und Christian Flisek (SPD): Ich würde Ihnen anraten, selbst, als man Präsident Obama mal gebeten hat, meine Befragung nicht zu bewerten, weil ich er soll nur mal den Begriff „No Spy“ in den glaube, das obliegt nicht dem Vorsitzenden, das Mund nehmen - - Einen Teufel hat er getan. zu tun, ja. Dann, sage ich, hätte allen Beteiligten und Be- obachtern ja klar sein müssen: Das wird doch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich hatte ge- nichts. sagt, der Zeuge hat das schon mehrmals gesagt. Sehen Sie darin eine Bewertung? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, Sie haben ja richtig bemerkt, das ist eine Version, Christian Flisek (SPD): Darin sehe ich eine mas- die Sie sich vorstellen können. Ich habe nur das sive Bewertung, und ich fordere Sie auf, sich zu sagen als Zeuge, was ich erlebt habe, und da diesbezüglich zurückzuhalten. habe ich weder ein Vorfühlen von unserer Seite bei den Amerikanern in Erinnerung - und ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- schließe das auch aus -, noch ist es von uns in lichen Dank, Herr Kollege Flisek, für diese Äuße- irgendeiner Weise initiiert worden, sondern die rung. - Frau Kollegin Renner. Amerikaner haben es uns angeboten. Martina Renner (DIE LINKE): Es muss schön in Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich glaube, so der GroKo sein. hat das der Zeuge auch schon mehrmals jetzt eben gesagt. - Wir müssten in die neue Frage- (Heiterkeit - Zurufe) runde kommen. Ich war jetzt bei einem anderen Thema. Herr (Zuruf des Abg. Landefeld hat berichtet, dass es einen Fragebogen Christian Flisek (SPD)) der Bundesnetzagentur gab im Sommer 2013, den wohl alle Provider beantworten sollten, und er Es beginnt in der jetzt vierten Runde die Fraktion sei von Ihnen angerufen worden, und Sie hätten Die Linke. Frau Kollegin Renner. erklärt, dass er diesen nicht beantworten dürfe. Ist das so richtig? (Christian Flisek (SPD): Was war das denn für ein Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist falsch. Kommentar jetzt? Den Kommentar spare ich mir Martina Renner (DIE LINKE): Mensch, Herr Uhr- bei Ihnen aber demnächst auch - -) lau sagt uns das Falsche, Herr Landefeld das Fal- sche; das wird ja alles noch ganz lustig. Martina Renner (DIE LINKE): Herr Fritsche, wir hatten hier als Zeugen Herrn Landefeld, einer der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann es ja nicht Geschäftsführer des DE-CIX-Knotens in Frank- ändern. furt, und er hat uns berichtet, dass es einen Fra- gebogen - - Martina Renner (DIE LINKE): Er hatte dann wohl auch ein Gespräch im Bundeskanzleramt. Kön- nen Sie sich daran erinnern?

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1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, 2013 war ich mir im Büro - erklärt, dass sie diese Rechtslage ja nicht im Bundeskanzleramt, - künftig einhalten.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Dann war ja die Frage doch vorhin richtig und auf den richti- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - sondern war gen Abteilungsleiter 6 dann - - Innenstaatssekretär. (RD Philipp Wolff (BK) Martina Renner (DIE LINKE): Genau. meldet sich zu Wort)

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Wolff - Nein, Herr Wolff, das war nur ein anderer Zeit- meldet sich. raum, aber der Vorgang, den gab es - ja? - Und - - So weit okay. RD Philipp Wolff (BK): Ich will nur kurz darauf hinweisen: Ich glaube, da hat es sich nicht um Sie haben dann gesagt: „Okay, das ist nur G 10; Herrn Staatssekretär Fritsche, - das muss er machen“, und dann hat er gesagt, er macht es. Was war denn konkret das Bedenken, Martina Renner (DIE LINKE): Ja. was dort geäußert wurde, dass man zu dritt zu Ihnen kommt? RD Philipp Wolff (BK): - sondern um den Abtei- lungsleiter 6 im Bundeskanzleramt gehandelt, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich denke, die und Herr Staatssekretär Fritsche weist zu Recht haben vorher mit dem Bundesnachrichtendienst darauf hin, dass er 2013 nicht im Bundeskanzler- geredet, und der hat das Gleiche gesagt, also die amt war. Rechtslage geschildert, und dann haben sie ge- sagt: Na, das wollen wir aber vom Kanzleramt Martina Renner (DIE LINKE): Stimmt. - Okay, auch noch mal hören. - Und es war nach meiner dann ist das so weit richtig. Aber ich sage es mal Erinnerung auch kein konfrontatives Gespräch, ein bisschen allgemeiner. Haben Sie in Ihrer Zeit sondern ich habe die Rechtslage erläutert, und im Bundeskanzleramt als Abteilungsleiter 6 mal dann haben die gesagt: Wenn es so ist, dann ma- von Anrufen oder Schreiben oder Hinweisen von chen wir das. Telekommunikationsunternehmen, Providern, Netzknoten gehört, die sich an Sie gewandt ha- Martina Renner (DIE LINKE): Wir wissen ja ben, weil man gesagt hat: „Da gibt es irgendwie durch das Projekt „Eikonal“ - und das wusste ja Begehrlichkeiten des BND; da haben wir mal auch der BND; deswegen hat er ja den schönen Nachfragebedarf beim Bundeskanzleramt“? Begriff der G-10-Legende verwandt -, dass man die G-10-Anordnungen dazu genutzt hat, um im Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich denke Windschatten die Routineverkehre, wie es der nicht, dass das untersuchungsgegenständlich ist; BND nennt, also die Transitleitungen, zu dop- aber ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bin peln und zu erfassen. War das denn eine Sorge, ich gerne bereit, dazu mich zu äußern. die dort in dem Gespräch mit Herrn Landefeld vorgetragen wurde, dass man die G-10-Anord- Ich habe nach meiner Erinnerung ein Gespräch nung als Türöffner benutzt und vielleicht an die mit Herrn Landefeld gehabt. Da ging es aber nicht Transitverkehre will, weil man die Strecken ana- um die Frage, die hier den Untersuchungsaus- lysiert hatte, die übergeben waren, und da waren schuss berührt, sondern da ging es um die allge- vielleicht innereuropäische oder innerdeutsche meine Frage, ob Zugangsmöglichkeiten im Rah- Strecken dabei, und da war man als DE-CIX et- men von genehmigten G-10-Maßnahmen gewährt was beunruhigt, was das wohl stattfindet? War werden oder nicht, und ich habe ihm damals die das der Anlass für das Gespräch? Rechtslage des G-10-Gesetzes erläutert, und dann hat er - er war mit zwei anderen, glaube ich, bei

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Der Anlass für das Martina Renner (DIE LINKE): Ich denke, Sie ken- Gespräch waren die konkreten G-10-Maßnahmen, nen „Glotaic“ - - Sie kennen doch „Glotaic“ die das G-10-Gesetz vorsieht, und weitere The- nicht, und jetzt erzähle ich Ihnen die Geschichte men sind in diesem Gespräch nicht behandelt von „Glotaic“, dass man eben unter der Legende worden. irgendwie Leistungserschleichung dort - - und in Zukunft unterdrücken will und dafür ein techni- Die Frage, ob es hier Legendenwesen gibt, sches Gerät - möchte ich ganz einfach zurückweisen. Das ist jetzt eine Frage, die - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe - -

Martina Renner (DIE LINKE): Beim Geheim- Martina Renner (DIE LINKE): - dort einbaut, und dienst vollkommen undenkbar - nicht? jetzt -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe gesagt - -

Martina Renner (DIE LINKE): Die kommen sogar Martina Renner (DIE LINKE): - sagen Sie, - mit Legendennamen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - aber nur bei Ope- rationen im menschlichen - - im HUMINT-Be- Martina Renner (DIE LINKE): - dass das mit Wis- reich. Aber hier geht es ja um die Frage, die vor sen des Providers geschehen ist, so eine Opera- allem derzeit ja auch mit den zuständigen Gre- tion, wo Sie mir vor drei Stunden gesagt haben, mien besprochen wird, und das ist eine recht- dass Sie zu der gar nichts wissen. liche Frage. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Frau Abgeordnete, Martina Renner (DIE LINKE): Also, ich will ich habe nicht gesagt, dass das in dieser Opera- Ihnen sagen, das gibt es auch im SIGINT-Bereich. tion geschehen ist. Es wird auch unter Legende irgendwie bei Pro- vidern ans Kabel gegangen. Da gibt man vor, Leis- Martina Renner (DIE LINKE): Es ist aber in die- tungserschleichung irgendwie zu kontrollieren, ser Operation geschehen, und woher haben Sie und macht was ganz anderes. Es gibt Tarnfirmen, denn das Wissen? die mit Legende irgendwie als Verbindungskno- ten dienen usw. mehr. Das gilt auch für den Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dann vielleicht SIGINT-Bereich. auch.

Aber ich bleibe mal noch mal bei Herrn Lande- Martina Renner (DIE LINKE): Also macht man feld - - das öfter so, dass man unter dieser Legende ans Kabel geht? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Darf ich dazu - - Das sind alles operative Details. Aber ich sage Ihnen, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Es gibt ganz dass das alles mit Einverständnis des Providers einfach die Frage - - Es geht jetzt nicht um Rou- stattfindet. tine, sondern es geht um die Frage, wie Provider damit umgehen, dass der BND rechtlich zulässi- Martina Renner (DIE LINKE): Wie? MCI gerweise beim Provider tätig wird. WorldCom Deutschland hat das Okay gegeben, dass man unter der Legende - - Martina Renner (DIE LINKE): Und das weiß der Provider in jedem Fall? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich will hierzu, zu operativen Dingen, in der öffentlichen Sitzung Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Davon gehe ich aus. nichts sagen.

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1. Untersuchungsausschuss

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Martina Renner (DIE LINKE): Das hat Ihnen der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ich verstehe das, BND gesagt: Wenn wir als Legende drangehen, dass das nur hypothetische Strecken sind, - dann mit Wissen - - Von wem beim Provider? Eines einzelnen Mitarbeiters, den man vielleicht Martina Renner (DIE LINKE): Nur hypothetisch. auch noch führt, oder des gesamten Hauses? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - die Sie benennen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich gehe davon aus, ohne dass ich jetzt konkrete Erinnerungen dazu Martina Renner (DIE LINKE): Hat man dann von habe, dass diejenigen, die verantwortlich sind dem Provider so konkret nachgefragt, dass man beim Provider, das wissen. sich jetzt nicht erklären kann, was - - dass diese Strecke auf diese G-10-Anordnung hin erfasst Martina Renner (DIE LINKE): Wissen Sie, dass werden soll? wir das nicht richtig aufklären können, weil wir einen derjenigen Mitarbeiter von MCI WorldCom, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal, Frau Ab- der uns dazu Auskunft geben könnte, nicht hören geordnete: Nach meiner Erinnerung ging es vor können, weil uns verweigert wird, dass wir den allem darum, dass die grundsätzliche Zugangs- Namen dieses Mitarbeiters bekommen, um ihn möglichkeit in G-10-Fällen bei dem Provider ge- als Zeugen zu - - schaffen werden sollte und er darüber mit dem Bundesnachrichtendienst geredet hat und er ge- RD Philipp Wolff (BK): Es geht jetzt um einge- sagt hat: „Das will ich noch mal von der Dienst- stufte Sachverhalte, glaube ich, Frau Renner. und Fachaufsicht im Kanzleramt hören“, und das habe ich gemacht. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, genau. Martina Renner (DIE LINKE): Ist dabei auch ge- RD Philipp Wolff (BK): Da kann man - - sagt worden, dass es auffällig ist, dass dort auch innerdeutsche Strecken dabei sind? Martina Renner (DIE LINKE): Das ist auch ein skandalöser Vorgang. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann es nur wiederholen: Es ist um die G-10-Problematik ge- RD Philipp Wolff (BK): Das ändert - - gangen -

Martina Renner (DIE LINKE): Das muss man ein- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ja. fach auch noch mal sagen, ja. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - und nicht um Ein- RD Philipp Wolff (BK): Das mag aus Ihrer Sicht zelheiten in diesem Verfahren. so sein, ändert nichts an der Einstufung. Martina Renner (DIE LINKE): War das das ein- Martina Renner (DIE LINKE): Gut. - So. Herr zige Gespräch, in dem mal ein Provider Nach- Landefeld hat also sich nur die G-10-Anordnung fragen hatte im Bundeskanzleramt? erläutern lassen. Dabei - - Gut. Ging es dann auch bei diesem Gespräch ganz konkret - - Es gibt ja Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also nach meiner eine Anlage zur G-10-Anordnung; da stehen ja Erinnerung in meiner Zeit, - die konkreten Strecken drin. Ging es auch bei dem Gespräch um ganz konkret die Strecken, Martina Renner (DIE LINKE): Klar. also dass man gesagt hat: Hier, Bundeskanzler- amt, hier ist was - ich mach jetzt mal einfach ir- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - und das war jetzt gendwie ein - - was weiß ich, Lissabon-Luxem- vor allem als Abteilungsleiter 6, das einzige Ge- burg - - Das ist jetzt wirklich nur - - also hat über- spräch. haupt nichts mit den Unterlagen zu tun.

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Martina Renner (DIE LINKE): Wir haben Sie ja Martina Renner (DIE LINKE): Und was heißt das heute hier noch mal in verschiedenen Funktio- dann, wenn man zum Beispiel die Daten entwe- nen quasi als Zeugen. Wir switchen ja auch in der als Datei kopiert oder das Papier kopiert, den Zeiten immer so ein bisschen hin und her. wenn die ausgedruckt werden?

Ich gehe ja jetzt davon aus, dass die Selektoren- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das ist jetzt problematik als grundsätzliche Frage natürlich auch keine Frage an einen Zeugen, sondern eher hier untersuchungsgegenständlich ist und auch an einen Gutachter insoweit. Es ist ganz einfach angesprochen werden kann. Wir diskutieren hier nach der - - Es muss registriert werden, wie viele seit ein paar Tagen auch ein bisschen darüber, Exemplare es gibt. Deswegen gibt es meines Wis- welchen Einstufungsgrad diese Selektoren denn sens auch besondere Geräte, wo das kopiert wer- eigentlich haben. Wissen Sie - zu dem Zeitpunkt, den kann, und dann muss das Ganze in Büchern wo sie von der NSA geliefert wurden, im BND vertaktet werden, und es muss gesagt werden, - eingestellt wurden -, wie diese Selektoren einge- stuft waren? Martina Renner (DIE LINKE): Genau.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, nach meiner Er- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - wer von wem das innerung Geheim. bekommen hat; der muss gegenzeichnen; wir brauchen das Vier-Augen-Prinzip und, und, und. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ein Zeuge hat hier ausgesagt, die waren NfD. Martina Renner (DIE LINKE): Das ist super, weil wir suchen ja noch die 2000er-Liste, und da Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich weiß nicht, wel- spielt natürlich eine Rolle - - cher Zeuge das wann gesagt hat; nach meiner Er- innerung Geheim. Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Frau Renner - - Martina Renner (DIE LINKE): Das war der Dr. T., wenn ich das richtig aus dem - - Ja, hinter mir Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe noch kurz wird genickt. Das sind die, die das alles noch ge- eine Nachfrage. - Wenn die kopiert wurde, wenn nauer wissen als ich. Das war der Dr. T., ja. das vermerkt ist, kann man ja derer vielleicht noch irgendwie habhaft werden. Jetzt zu der Se- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann nur sagen: lektoren- - Letzte Frage jetzt: Diese Ablehnungs- Nach meiner - - liste, 40 000, ja, die wir nicht bekommen, die soll ja ausgedruckt im Bundeskanzleramt bei Ihnen Martina Renner (DIE LINKE): - - Erinnerung im Tresor liegen. Ist das die einzige Kopie, oder waren die immer Geheim? wie oft ist die eigentlich mittlerweile schon ko- piert worden? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Geheim. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe nur dafür Martina Renner (DIE LINKE): Wenn die Geheim gesorgt, dass im Kanzleramt zu einem gewissen sind, was heißt das dann? Dürfen die Unterlagen Zeitpunkt die Selektorenliste mit einem Stichtag, kopiert werden, so einfach auf den Kopierer hin- was damals in den Systemen ist, liegt. Ich hoffe gelegt werden und - - und gehe davon aus, dass im BND das ebenfalls erfolgt ist, weil ich nicht nur eins haben will. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wenn die Dinge eingestuft sind, dann gilt die VSA, und dann gel- Martina Renner (DIE LINKE): Wie viele Exem- ten die Kautelen unter der VSA. plare gibt es von dieser Liste?

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kann ich Ihnen im Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich gehe mal Übrigen nicht sagen; meines Wissens nur die davon aus, auch wenn ich mich jetzt persön- zwei. lich - - Aber ich gehe davon aus, dass solche Fra- gen gestellt worden sind. Martina Renner (DIE LINKE): Es gibt zwei ausge- druckte Exemplare der 40 000er-Liste? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Gehen Sie von aus? (Der Zeuge nickt) Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. - Gut. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: NEN): Erinnern Sie sich daran, dass die Über- Gut, danke. - Die CDU/CSU hat - - bringer dieser Fragen zurückgekommen sind aus den USA und gesagt haben, die können noch Nina Warken (CDU/CSU): Im öffentlichen Teil nicht beantwortet werden, weil die NSA noch ein keine Fragen. bisschen Zeit braucht, weil da Dokumente herun- tergestuft werden müssen? Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Keine Fragen? - Dann geht es weiter zu den Grü- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Daran kann ich nen. Herr Ströbele. mich erinnern, weil das der Anlass war unserer Reise Anfang August nach Washington und wir Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ja gesagt haben, also erstens, Sachverhaltsaufklä- NEN): Ja, Herr Fritsche, erinnern Sie sich noch rung brauchen wir, und zweitens die Deklassifi- daran, dass im Juli 2013 die Bundesregierung zierung der Unterlagen, damit wir die überbli- eine Reihe von Fragen formuliert hat, die an die cken können. NSA gestellt werden sollten? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich erinnere mich, NEN): Ja. Sind denn diese Fragen inzwischen be- dass zu dem Zeitpunkt eine Reihe von Fragen an antwortet? viele formuliert worden sind. Ich kann jetzt nicht genau hinsichtlich NSA das eingrenzen. Ich kann Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Kennt- mich selber erinnern, dass ich als Staatssekretär nis nicht. im Innenministerium die Botschafter von Groß- britannien und von USA angeschrieben habe. Ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- habe bei allen Gesprächen um Sachverhaltsauf- NEN): Nicht? Sind denn die Herabstufungen ge- klärung gebeten, die ich mit amerikanischen Ver- macht worden, die Ihnen da zugesagt worden tretern, aber auch mit - - ja, mit amerikanischen sind? Vertretern im Wesentlichen geführt habe. Das ist das, was ich in Erinnerung noch habe. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Kennt- nis nicht. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, mir kommt es jetzt zuerst mal auf die Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NSA an. Erinnern Sie sich, dass eine Reihe von NEN): Nicht? Haben Sie noch mal nachgefragt? schriftlichen Fragen - nicht Gespräche, sondern Das ist jetzt bald zwei Jahre her. schriftliche Fragen - an die NSA überbracht wor- den sind, wie auch immer? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wir haben, glaube ich, auf allen Schienen nachgefragt.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nachgefragt. Und? Was war die Antwort?

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kein Ergebnis. Wie Boden. Hier muss man sich an deutsches Recht die einzelne Antwort war, weil ich jetzt bei Ge- halten. sprächen, wenn ich gesprochen habe - - Es ist das Übliche, das dann gesagt wird: Wir sprechen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- noch mal mit der Zentrale und mit den politisch NEN): Ja, ja. Stand das auch in Vereinbarungen, Verantwortlichen. - Also, da kriegt man ja nie de- zum Beispiel MoA? finitiv eine Ablehnung: „Wir machen das nicht“, sondern: „Wir werden noch mal darüber reden“. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Zu Inhalten von MoAs und MoUs kann ich hier in offener Sitzung Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nichts sagen. NEN): Ja, und jetzt sind Sie Anfang August dann selber dort gewesen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja; also war das - - Dann frage ich viel- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. leicht allgemeiner: War das nur ein Grundsatz, von dem Sie ausgehen, oder stand das auch ir- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gendwo? NEN): Erinnern Sie sich daran, dass zu Ihnen oder zu wem auch immer, auch in der Öffentlich- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, für die kon- keit, der Chef, damalige Chef der NSA, Herr kreten Projekte gab es Regularien, die die gegen- Alexander, gesagt hat, selbstverständlich halten seitige Rechtssphäre zu berücksichtigen hatten. sie sich in Deutschland an Gesetz und Recht? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, zu den Inhal- NEN): Ja. Stimmt das denn Ihrer Meinung nach? ten kann ich nur in geheimer Sitzung etwas sa- Halten die sich immer an deutsches Gesetz und gen. Recht, Ihrer Kenntnis nach jetzt, nach dem, was Sie als Chef in den verschiedenen - - oder als füh- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- render Mitarbeiter an den verschiedenen Stellen NEN): Geheimhaltung, auch wenn das öffentlich erfahren haben? war? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, es ist ein völ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe keine kerrechtlicher Grundsatz, dass man, wenn man Kenntnis, dass etwas öffentlich war. jemanden erwischt, der Spionage in Deutschland betreibt, dass man den auch hier entsprechend Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- behandelt, und ich habe vorhin einleitend gesagt, NEN): Wissen Sie nicht. - Gab es denn eine Ver- dass in meiner Zeit als Vizepräsident des BfV wir pflichtung der NSA, sich in Deutschland an Ge- das bei einem Vertreter US-amerikanischer Nach- setz und Recht zu halten, wenn sie hier tätig wer- richtendienste festgestellt haben und entspre- den? chend vorgegangen sind.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Eine Verpflich- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tung - - Sonst hätten wir ja nicht das Angebot be- NEN): Ja. Und was jetzt diese Selektoren betrifft kommen, ein solches Abkommen abzuschließen oder die Begehrlichkeiten, die sich aus diesen Se- für die Zukunft. lektoren ergeben, entsprach das deutschem Ge- setz und Recht und deutschen Interessen, so wie Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- es, glaube ich, im MoA stehen soll? NEN): Ja. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich habe vor- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Natürlich gilt für hin die Frage schon beantwortet, dass ich skep- uns - das ist ja generelle Grundlage -, nicht nur tisch bin, ob hier ein Rechtsverstoß vorliegt; aber für die NSA: deutsches Recht auf deutschem das wird ja auch derzeit geprüft. Aber wir haben

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Grundlagen gehabt, und wenn ich das richtig mündlich oder schriftlich in den Raum gestellt, sehe, sind die Grundlagen insoweit nicht einge- No-Spy-Abkommen, oder ging es darum, dass halten worden. man eine erneute Regelung abfasst - so soll das in einer Urkunde stehen, die veröffentlicht worden Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ist -, die so etwa eine Regelung enthält wie dieses NEN): Ja, warum wollten Sie eigentlich eine Ver- MoA? einbarung abschließen, wenn die eh nicht einge- halten werden? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich glaube, ich habe das vorhin schon mal in anderen Fragen beant- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Sehen Sie, Herr Ab- wortet, dass es verschiedene Schienen gab, auf geordneter, das hätte ich erwartet. Wenn wir zu denen gesprochen worden ist, dass aber zu dem so einem Abkommen gekommen wären, dann Zeitpunkt dann auch noch, bevor es dann im wäre in der Öffentlichkeit sicher gesagt worden: Frühjahr 2014 nicht mehr weiterverfolgt worden Was habt ihr überhaupt so ein Abkommen abge- ist, jedenfalls auf politischer Schiene - - dass in- schlossen? Ihr könnt denen ja sowieso nicht soweit gesprochen worden ist über die Inhalte, trauen. aber noch nicht über die formalen Fragen, in wel- che Form das Ganze dann gegossen wird. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, das hatten Sie ja alles schon gesagt, - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So läuft die Ge- schichte nicht. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sondern? NEN): - sondern der Sprachgebrauch interessiert mich. Wurde da gesagt: „Verhandelt doch mal!“, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, damals ist oder: „Wir regen an“, oder: „Wir machen das An- zum einen aus dem politischen Raum gefordert gebot für Verhandlungen für ein No-Spy-Abkom- worden, dass wir endlich so ein Abkommen ab- men“, oder - weil das ist ja doch ein kleiner Un- schließen - das möchte ich mal deutlich sagen -, terschied -: „Wir regen an oder machen ein An- und zwar quer durch alle Fraktionen und Par- gebot; ihr solltet mal darüber reden, so was Ähn- teien, und wir haben uns auch angestrengt, dass liches zu machen, wie diese MoA-Regelung ge- es zu einem solchen Abkommen kommt, wesen ist“, sogar unter Bezugnahme auf die MoA? (Martina Renner (DIE LINKE): Na ja!) Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es ist angeboten worden, hierüber zu reden. Über die Einzelheiten und ich wiederhole noch mal: Der Vorschlag kam kann ich Ihnen gerne in nichtöffentlicher Sitzung nicht von deutscher Seite, sondern von US-ame- etwas sagen. rikanischer. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wieso eigentlich? NEN): Ja. Jetzt kommen wir darauf. Also, Sie sa- gen, es macht trotzdem Sinn, obwohl das sowieso Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Weil diese Sachver- nicht eingehalten wird. halte eingestuft sind.

(Lachen des Zeugen) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha. Wieso ist das eingestuft? Wie war das denn? Wurde vorgeschlagen, ein No- Spy-Abkommen, stand da - - Oder wurde das (Lachen des Zeugen)

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Sie haben doch jetzt die ganze Zeit frei von der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das kann ich Leber weg geredet über das, was Sie in den USA Ihnen - - besprochen haben. Wieso das plötzlich jetzt - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Über die konkre- NEN): Wie viele? ten - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das kann ich in ein- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gestufter Sitzung sagen. NEN): Sie haben auch über die angeblichen An- gebote geredet. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das können Sie in eingestufter - - Also, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Über die konkreten waren es zehn oder tausend oder Millionen? Formen der Umsetzung - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Jedenfalls nicht Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- millionenfach. NEN): Nein, danach habe ich jetzt nicht gefragt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. - Doch, Sie ha- NEN): Nicht millionenfach. Bei den Selektoren ben gefragt, in welche Richtung die Verhandlun- sind wir ja schon bei Millionen. Das wissen Sie gen gegangen sind. Das ist wirklich innerer Kern- ja. bereich, und das kann ich hier nicht sagen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, aber Sie spre- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chen jetzt von deutschen Bürgern. NEN): Also wollen Sie nicht. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es geht nicht nur NEN): Ja, aber - - ums Wollen, Herr Abgeordneter, sondern es geht auch darum, dass es gewisse Regularien gibt, an Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. die man sich zu halten hat und aus vernünftigen Gründen zu halten hat. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also, Suchbegriffe sollen es vier Millio- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nen - - oder sagen wir mal, Selektoren, aus denen NEN): Haben Sie denn mal mündlich wenigs- sich dann Suchbegriffe ableiten. tens - - Also, die schriftlichen Fragen wurden ja schon nicht beantwortet. Wir kennen die ja; die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, sind ja auch damals zum Teil veröffentlicht wor- auch das ist ein Punkt, den ich gerne in nicht- den, diese Fragen, die gestellt worden sind. Da öffentlicher Sitzung mit Ihnen bespreche, soweit ging es ja auch darum, was denn nun daran rich- es sich nicht um die konkreten Inhalte der Se- tig ist, was von Snowden behauptet wurde oder lektorenlisten handelt. was sich aus den Papieren, den Dokumenten ergab. Haben Sie denn mal mündlich, wenn Sie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müssten da jetzt den Kollegen in den USA gegenübersit- wir dann auch in der nächsten Runde, wenn, ver- zen, gesagt: „Sagt uns mal, habt ihr irgendwelche tiefen. - Aber wir kommen jetzt zur nächsten Zugriffe auf Daten deutscher Bürger, und wenn, Fraktion, der Fraktion der SPD. Herr Kollege von wie vielen?“ Flisek.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Christian Flisek (SPD): Herr Fritsche, ich würde ganz gern jetzt noch mal mit Ihnen einen Bereich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- besprechen, der auch gestern bei der Verneh- NEN): Und? Was wurde gesagt? mung von Herrn Schindler angesprochen wurde

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und zur Sprache kam, und zwar die Frage, ob wir Christian Flisek (SPD): Also, bisher wird das ja im Bereich der Überwachung von Routineverkeh- rechtlich alles an der Aufgabennorm festgemacht. ren derzeit mit dem geltenden Rechtsrahmen, der dafür vorgesehen ist, und mit dem dafür vorgese- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. henen Kontrollregime gut aufgestellt sind nach Ihrer Meinung. Also, ich frage Sie mal ganz offen: Christian Flisek (SPD): Das ist ja das Einzige Glauben Sie, dass wir da was ändern müssen? sozusagen. Ich habe das gestern in dem Gespräch, sage ich mal, mit Herrn Schindler auch als Not- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das hat die Bundes- nagel bezeichnet. regierung bereits erklärt, vor dem Hintergrund - - Es gibt zum einen für das Parlamentarische Kon- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gut, um es noch trollgremium eine Stellungnahme, was die recht- mal zu sagen: Wir halten es für eine klarstellende lichen Fragen angeht im Hinblick darauf, was die Regelung. Wir halten die derzeitige Regelung Sachverständigen Ihnen am Anfang dieses Unter- ganz grundsätzlich für nach wie vor einschlägig, suchungsausschusses - - und wir sind aber zur Überzeugung gekommen, dass vor dem Hintergrund der öffentlichen Dis- Christian Flisek (SPD): Jetzt frage ich Sie aber als kussion eine solche klarstellende Regelung sein Zeugen. muss.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Christian Flisek (SPD): Und Ihnen ist es ja auch bekannt, welche Interpretationen man beim Bun- Christian Flisek (SPD): Also, Sie legen ja immer desnachrichtendienst sozusagen in Anwendung Wert darauf, - dieser jetzigen Regelung getroffen hat. Also, es gibt ja sozusagen zum einen bei der Satelliten- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. überwachung - - Wir nennen das hier die „Welt- raumtheorie“ - das ist Ihnen ja auch ein Begriff -, Christian Flisek (SPD): - dass Sie als Zeuge ge- also, dass man sagt, na ja, wenn man da in Bad fragt werden - Aibling Satellitenkommunikation erfasst, dann würde man das eben nicht in Deutschland ma- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ich wollte - - chen, weil die Datenerfassung irgendwo im Welt- raum stattfindet. Christian Flisek (SPD): - und jetzt nicht als Sprachrohr der Bundesregierung, - Andererseits bei den Kabelzugriffsprojekten, bei- spielsweise in Frankfurt, sagt man: Das ist gar Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich wollte - - nicht Deutschland, sondern wenn es um Routine- verkehre geht, dann ist das quasi - - weil es nur Christian Flisek (SPD): - sondern ich frage Sie als von Ausland-Ausland Daten sind, ist das virtuel- Zeugen. les Ausland, ja, bis hin auch zu der Auffassung, Metadaten, also Telefonnummern, IP-Adressen, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich wollte nur aus- seien per se nicht personenbeziehbar, nicht per- holen und Ihnen das erläutern. Es muss eine klar- sonenbezogen. stellende Regelung geben. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Richtig. Christian Flisek (SPD): „Eine klarstellende Rege- lung“: Was heißt das denn? Christian Flisek (SPD): Ich meine, da ist ja über- all die Tendenz da, sich auch dem Anwendungs- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In dem mehr steht bereich deutschen Rechts zu entledigen. Halten als bisher im Bundesnachrichtendienstgesetz zu Sie das angesichts der Debatte, die wir führen - der Frage der Routineaufklärung, welche Hinter- das ist ja eine sehr intensive Debatte, auch um gründe ... (akustisch unverständlich) die Frage: auf welcher Legitimationsbasis arbeitet

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der Bundesnachrichtendienst - - Halten Sie das, Christian Flisek (SPD): Ja, das sehe ich auch so. unabhängig von der Frage jetzt, ob das rechtmä- Die G-10-Kommission, die ja recht klein ist, aber ßig oder rechtswidrig ist, noch rechtmäßig oder immerhin auch von Leuten, die, ich sage mal, schon rechtswidrig - das will ich jetzt gar nicht alle Parteien, die im Bundestag vertreten sind, führen - - Aber halten Sie das eigentlich für einen dort repräsentieren - - sagen ja einmütig und ein- tragbaren Zustand? hellig: Also, das, was bei den Routineverkehren da läuft, und die Art und Weise, wie wir sozusa- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Deswegen ist die gen da in den Dienst genommen worden sind mit Bundesregierung bestrebt, hier eine rechtliche G-10-Anordnungen, das lassen wir uns nicht län- Klarstellung zu geben. ger gefallen. - Wie ist denn da der aktuelle Dis- kussionsstand bei Ihnen im Hause? Christian Flisek (SPD): Und Sie meinen, dass man mit einer rein klarstellenden Regelung dort Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Deswegen wundert auskommt? Also, ich habe Sie so verstanden: mich ein bisschen die derzeitige Verärgerung in Man geht dann einfach mal her und schafft eine der G-10-Kommission, weil wir der G-10-Kom- Befugnisnorm - so wäre es ja wohl -, - mission bereits letztes Jahr angeboten haben, dass wir künftig in den normalen Anträgen für - - also, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. nach dem G 10, § 3, § 5, § 8, dass wir insoweit auch die Routinemaßnahmen, wenn die dort Christian Flisek (SPD): - und dann hat es sich. stattfinden, mit in den Antrag aufnehmen. Das ist diskutiert worden. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. ... (akus- tisch unverständlich) Christian Flisek (SPD): Was hat Sie denn davon abgehalten, das einfach zu machen? Christian Flisek (SPD): Glauben Sie nicht bei- spielsweise, dass man im Bereich der Routinever- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da spreche ich jetzt kehre die Frage, wer so was anordnen darf und natürlich über Inhalte der Diskussion in der ge- wer dann über so was zu entscheiden hat, bei- heim tagenden G-10-Kommission. spielsweise auch einer Kontrollinstanz zuzuord- nen hat? Christian Flisek (SPD): Das habe ich mir schon fast gedacht. Aber grundsätzlich können Sie das Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, nachvollziehen, dass die G-10-Kommission sagt: die Bundesregierung, wenn sie denn das jetzt so Eine G-10-Anordnung hat eigentlich einen ande- weiterverfolgt, wird einen Vorschlag machen, ren Zweck. und der geht dann ins Parlament, und in der par- lamentarischen Diskussion - das ist jedenfalls Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die G-10-Anord- meine Erfahrung mit allen Novellen, die ich er- nung ist die G-10-Anordnung, und mehr hat die lebt habe - gibt es dann Veränderungen, Vorstel- G-10-Kommission nach den rechtlichen Grund- lungen, ob man zusätzliche Kontrollgremien ein- lagen nicht zu genehmigen, und das hat sie bis- führt, ob man Berichtspflichten schafft. Das wird her auch gemacht. Etwas anderes ist, ob die G-10- die parlamentarische Diskussion dann zeigen. Kommission über ihre Zuständigkeit hinaus über die sogenannte Routine aufgeklärt wird, und das Christian Flisek (SPD): Jedenfalls, den Umstand hat die Bundesregierung angeboten. immerhin - - Ich meine, wir haben ja momentan durchaus keine gute Stimmung in der G-10-Kom- Christian Flisek (SPD): Aber Sie sehen jetzt in mission. der Tatsache, dass man G-10-Anordnungen vor- nehmlich dazu benutzt hat, um Routineverkehre Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist so. aufzuklären, darin sehen Sie kein Problem?

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich sehe kein Pro- hier einen Missbrauch von G-10-Anordnungen in blem, weil das zum einen, was die G-10 - - jetzt der Vergangenheit gehabt. - Sie haben offensicht- im Verhältnis zur G-10-Kommission angeht, die lich da einen anderen Standpunkt. G-10-Kommission für die G-10-Genehmigungen zuständig ist, und zum anderen muss ich Ihnen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, mag sein, Herr jedenfalls widersprechen in dem Punkt: Es ist Abgeordneter. Ich will es noch mal versuchen, nicht so, dass G-10-Maßnahmen beantragt wor- meinen Standpunkt zu erläutern. den sind, um dann Routine durchführen zu kön- nen. Es geht zum einen um die G-10-Maßnahmen - dann können wir gerechtfertigt auch G-10-ge- (Hans-Christian Ströbele schützte Personen nach Genehmigung durch die (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kommission aufgreifen -, und das andere geht da- NEN): Na!) rum, die sogenannte strategische Routine durch- zuführen, die im Wesentlichen Ausland im Aus- Christian Flisek (SPD): Ist nicht so? land ist und wo das Ziel auch Ausländer im Aus- land sind, und dafür hat der BND zu sorgen, dass (Hans-Christian Ströbele in dem Bereich G-10-relevante Personen, juristi- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sche und natürliche Personen, wenn sie hier NEN): Türöffner!) hineingeraten, dann auch herausgefiltert werden. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es sind G-10-Maß- nahmen durchgeführt worden nach dem G-10- Ich sehe hier einen definitiven Unterschied. Das Gesetz, und das betrifft die Einzelmaßnahmen eine ist die Genehmigung, um bewusst auf G-10- nach § 3, die strategische Fernmeldeaufklärung geschützte Personen zuzugreifen, und das andere nach § 5 und im Wesentlichen die in Entfüh- ist der Schutz von G-10-geschützten Personen im rungsfällen … (akustisch unverständlich) den Bereich der Routine. § 8. Christian Flisek (SPD): Na ja, also gut, wir müs- Christian Flisek (SPD): Nein, wissen Sie, ich ver- sen ja auch nicht jeden Widerspruch aufklären, stehe das alles manchmal nicht. Also einer- auflösen. Offensichtlich haben wir da eine unter- seits - - Ich meine, wir haben uns das ja jetzt alles schiedliche Bewertung. genau angeguckt, und es gibt - ich meine, da sind wir wahrscheinlich noch beisammen - im gelten- Ein BND-Mitarbeiter hat hier als Zeuge - das ist den deutschen Recht keine Befugnisnorm und absolut eines meiner Lieblingszitate - mal gesagt: damit auch keine Möglichkeit, speziell für Rou- Alles außerhalb von G 10 ist „zum Abschuss frei- tineverkehre eine Anordnung zu treffen; gibt es gegeben“. Teilen Sie diese Einschätzung? nicht. So. Und jetzt haben wir - - Wir diskutieren hier Projekte, wo es mit den Amerikanern darum Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Diese Einschätzung geht, dass man ganz gezielt an Routineverkehre teile ich nicht, weil es zum einen eine Befugnis- herangeht, und uns wird die ganze Zeit erzählt, norm gibt und wir derzeit diskutieren, ob diese dass man vor allen Dingen eines macht bei die- aus Klarstellungsgründen - das hat die Bundes- sen Projekten, nämlich G 10 auszufiltern. Aber regierung ja auch angekündigt - entsprechend man geht mit einer G-10-Anordnung da ran. Aber verändert werden muss, und solche Formulie- man tut dann sozusagen vor allen Dingen eines rungen finde ich sowieso unpassend. und filtert G 10 raus. Verstehen Sie? Das kriege ich nicht zusammen. Christian Flisek (SPD): Ja, gut, jetzt unabhängig mal vielleicht vom unpassenden Charakter einer Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich schon. solchen Formulierung: Was außerhalb vom G 10 ist denn dann sozusagen aus Ihrer Sicht nicht Christian Flisek (SPD): Ja, und deswegen ist für zum Abschuss freigegeben? mich der Punkt eben da, dass ich sage: Wir haben

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja das, was nicht im Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dazu müsste ich die Aufgabenprofil des Bundesnachrichtendienstes technischen Gegebenheiten erläutern; das kann ist. Der Bundesnachrichtendienst hat Kernländer, ich gerne in geheimer Sitzung machen. hat Beobachtungsländer und er hat Nichtbeob- achtungsländer; deswegen sind alle Informatio- Christian Flisek (SPD): Also, Herr Schindler hat nen - egal ob in menschlichen Quellen durch das hier gesagt. Der macht das offensichtlich. HUMINT-Maßnahmen oder SIGINT-Maßnah- men - außerhalb dieser Schwerpunkte nicht in Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dann müsste ich Ordnung und nicht gedeckt von der Rechtsgrund- ihn rügen, weil ich es nach wie vor für Geheim lage, weil die eben durch die Aufgaben der Bun- halte. desregierung konkretisiert wird in diese Rich- tung. Es gibt Schwerpunkte, was bestimmte Tä- Christian Flisek (SPD): Sie müssten ihn rügen, tigkeitsfelder angeht, also Terrorismus, organi- dass er das gesagt hat, weil Sie es für Geheim sierte Kriminalität, Proliferation, und es gibt re- halten? gionale Schwerpunkte, die die allgemeine politi- sche Aufklärung angehen, und das sind die Rah- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich halte es für ein- menrichtlinien. gestuft - jedenfalls ist das meine Kenntnis -; es sei denn, ich kriege einen Hinweis, dass das offen Christian Flisek (SPD): Also das Aufgabenprofil ist. - Herr Wolff? ist für Sie die entscheidende Weichenstellung? Christian Flisek (SPD): Wir haben hier hoch- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das füllt das aus. abstrakte Erörterungen. Ich weiß nicht, was daran geheim zu halten ist, aber - - Christian Flisek (SPD): Aber grundsätzlich gibt es, sage ich mal, auch gerade bei Angehörigen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ich bitte um von EU-Staaten - jenseits der Frage, ob sie jetzt einen Ratschlag. im Aufgabenprofil drin sind oder nicht - keinen besonderen Schutz? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Wolff dazu? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kann es nicht ge- ben, weil innerhalb von G-10-Anordnungen wir, RD Philipp Wolff (BK): Sofern es um technische auch wenn es um deutsche Staatsangehörige Einzelheiten geht, ist es natürlich eingestuft. Da geht, die Proliferation betreiben oder Terroristen kann ich mich auch nicht erinnern, dass Herr sind, dann den G-10-Antrag stellen, und im ande- Schindler dazu gestern Angaben gemacht hätte. ren Bereich, im Aufgabenprofil, verfolgen wir na- türlich auch Terroristen und Proliferateure auch Christian Flisek (SPD): Ich habe gestern Abend in Europa. mit Herrn Schindler sehr ausführlich die Frage erörtert, insgesamt in seiner öffentlichen Verneh- Christian Flisek (SPD): Ja. Ich habe das aber so mung die Frage erörtert, wie er die Rechtslage in verstanden, dass man dort grundsätzlich bisher Bezug auf die Überwachung von Daten in EU- auch ohne jede Anordnung tätig sein kann. Also Staaten sieht, von EU-Bürgern, und da hat er man kann grundsätzlich - jetzt unabhängig, wie deutlich gesagt: Das ist ohne jede Auflage recht- weitreichend das Aufgabenprofil ist; das ist ja al- mäßig, das zu tun. les strengstens geheim - - man kann dort Daten, ich sage mal, von Österreichern, Luxemburgern, RD Philipp Wolff (BK): Da ging es aber nicht Dänen frei abfischen, wie man will, ohne Pro- um - - bleme? Christian Flisek (SPD): Wir haben nicht über das Aufgabenprofil geredet. Das habe ich ja gesagt: Das können wir auch gar nicht beurteilen, weil

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das nur ganz wenige Leute kennen. - Aber wir ha- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Terrorismus. ben per se gesetzlich - das ist sozusagen die Frage -, wir haben per se keinerlei Schutzstan- Christian Flisek (SPD): Terrorismus. dards, die über das Aufgabenprofil hinausgehen, für EU-Bürger vorgesehen beispielsweise? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wir haben den Hin- weis, dass ein Terrorist in Frankreich mit franzö- RD Philipp Wolff (BK): Da ging es nur um die sischer Staatsangehörigkeit einem Netzwerk an- abstrakten Rechtsfragen, soweit mir erinnerlich - gehört und er auf der Reise ist nach Syrien und Geltung der EMRK, Geltung EU-Grundrechte- Irak: Selbstverständlich ist das eine Aufgabe des charta -, während es hier jetzt, glaube ich, um Bundesnachrichtendienstes. technische Details ging. Das ist meines Erachtens für eine Einstufung … (akustisch unverständ- Christian Flisek (SPD): Na ja, sicher, das ist eine lich). Aufgabe. Nur, mir geht es halt darum, was Sie auch an Daten abfangen grundsätzlich und erfas- Christian Flisek (SPD): Ich finde die Debatte, die sen. wir gerade führen, völlig untechnisch. Ich er- warte auch keine technischen Ausführungen, ich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Rechtlich zulässi- erwarte - - Noch mal: Wir haben hier Aussagen gerweise das, was den Terrorismusbezug hier be- von BND-Mitarbeitern, die operativ bei der Ka- trifft. Da geht es im Wesentlichen darum: Infor- belerfassung tätig sind und die uns sagen, solche mationen über Anschläge, Zeitpunkte oder Sons- Daten sind zum Abschuss freigegeben. Ich muss tiges. Das ist wichtig für den Schutz auch der das einordnen, weil mein Eindruck einfach sich Europäischen Gemeinschaft; denn wir wissen in verfestigt - Fritsche, seien Sie mir nicht böse! -, der derzeitigen Terrorlage häufig nicht, ob der dass Sie eben auch nicht alles wissen, was dort Anschlag dann in Deutschland stattfinden soll unten stattfindet. Sie können mir hier erklären, oder woanders. wie die Welt läuft - wenn unten einer sitzt und sagt: „Das ist zum Abschuss freigegeben“, muss Christian Flisek (SPD): Ich muss das jetzt noch ich doch dazu irgendwie eine Bewertung abgeben mal wirklich - - Also nach Ihrer Aussage erfasst können. So, das möchte ich einfach wissen, ich der BND nur dann Daten europäischer Bürger, möchte das einordnen können. Das muss darüber also von Bürgern von EU-Staaten, wenn Sie kon- hinausgehen, dass man sagt: Ich würde das nicht krete Anhaltspunkte haben, dass diese Person so sprachlich formulieren. - Die Frage ist - was ist entweder - - beispielsweise in einem terroristi- nach dem geltenden Recht, jenseits auch vom schen Netzwerk aktiv ist, nur dann? Ansonsten Aufgabenprofil -: Wie geht der BND mit Daten erfasst der BND Daten von EU-Bürgern nicht? von Bürgern in EU-Staaten um? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wir sind jetzt in Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Noch mal - ich habe einem Bereich, der das Geheim eingestufte Auf- es, glaube ich, schon gesagt; ich bin nur durch gabenprofil der Bundesregierung betrifft. Dazu Ihre Fragestellung in die technische Richtung ge- kann ich in öffentlicher Sitzung nichts sagen. Ich drängt worden; wenn das nicht eine technische kann nur sagen: Es ist mehr als Terrorismus. Frage ist, dann wiederhole ich das, was ich ge- sagt habe -: Selbstverständlich sind europäische Christian Flisek (SPD): Wahrscheinlich auch Einrichtungen oder natürliche Personen, wenn schwere organisierte Kriminalität beispielsweise. sie ins Auftragsprofil fallen, auch im Aufklä- Gut, das müssen wir wirklich mal in der einge- rungsziel des Bundesnachrichtendienstes. stuften Sitzung klären. - Ich habe momentan keine weiteren Fragen in öffentlicher Sitzung. Christian Flisek (SPD): Gut. - Und sie kommen in dieses Auftragsprofil rein - das können Sie natür- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- lich jetzt nicht sagen - beispielsweise wann? lichen Dank. Dann kommen wir jetzt zur Fraktion Wenn terroristische Bedrohungen - - Die Linke. Frau Kollegin Renner.

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Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ich habe mir „Ja“, sagt Landefeld. jetzt das Protokoll von Herrn Landefeld noch mal geholt, und entweder täuscht sich Herr Landefeld Ströbele: oder Sie täuschen sich. Das müssen wir irgend- wie klären. Es geht um dieses Schreiben der Bun- Wording, was man jetzt noch - - desnetzagentur im August 2013 mit Fragen. Herr Ströbele fragt Herrn Landefeld, und Herr Lande- Zeuge Landefeld: feld sagt - - Wo fange ich an? Das ist viel Text. Ja, es könnte sein, dass ich einen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Darf ich vielleicht Tag vorher den Herrn Fritsche an- versuchen, es abzukürzen? 2013 war ich nicht im gerufen habe und gefragt habe, was wir da eigentlich schreiben Gespräch mit Landefeld. dürfen.

Martina Renner (DIE LINKE): Nein, nein; aber Ströbele: vielleicht hat er ja trotzdem mit Ihnen telefo- niert - nicht? Sie haben angerufen?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ach so. Landefeld:

Martina Renner (DIE LINKE): Also, Landefeld Ja, was soll ich denn machen, sagt: wenn ich diese Fragen bekomme und nicht weiß, ob ich die Fragen Das Bundeskanzleramt hat die - - Bundesnetzagentur, in Person Frau Henseler-Unger, angerufen Ströbele: und dort mitgeteilt, dass diese Fragen nicht gestellt werden dür- … das ist kein Vorwurf. fen und auch von den Unterneh- men nicht abverlangt werden dür- Landefeld: fen die Antworten. Nein, also, wir haben uns erkun- „Ach so. Ah ja“, sagt Kollege Ströbele. digt, welche von den Fragen wir beantworten dürfen - Dann antwortet Landefeld: Kann es sein, dass, weil es den Kontakt in 2008 Das ist uns dann beim Treffen dort gab - damals hat man zu diesen G-10-Fragen dis- vor Ort in Bonn mitgeteilt wor- kutiert -, Herr Landefeld einfach in Erinnerung den, dass diese Fragen zurückge- zogen werden und eben nicht dieses Kontaktes - vielleicht haben Sie ihm ja auch Ihre Telefonnummer gegeben - dann Sie an- - „Ah ja“, sagt Kollege Ströbele - gerufen hat und gefragt hat, was er jetzt mit den Fragen der Bundesnetzagentur machen soll? zu beantworten sind von den Unternehmen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, er hat nicht mich angerufen. Ich gehe davon aus, dass er, weil Ströbele: er - das war aber, glaube ich, 2009 im Frühjahr - mit mir gesprochen hat, den Namen noch in Er- Und hatten Sie auch, also Sie per- innerung hatte. Aber ich kann das nicht - - sönlich, in der Zeit auch Kontakt zum Kanzleramt, auch über das - Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Wir haben das haben Sie ja vorhin schon ge- ja demnächst den Kollegen Herrn Heiß hier, und sagt -

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dann werden wir ihn fragen, ob Herr Landefeld dem Kanzleramt. Es gibt aber auch eine allge- denn 2013 mit Herrn Heiß telefoniert hat. Wenn meine Dienstanweisung, die festlegt, dass bedeu- Herr Heiß sich an dieses Telefonat nicht erinnern tende Sachen - also politisch bedeutsam, medial kann, dann haben wir ein Problem: Dann stimmt bedeutsam und vor allem Dinge, die die Zusam- entweder nicht das, was Herr Landefeld sagt, menarbeit mit ausländischen Partnern betreffen - nicht das, was Sie sagen, oder das, was Herr Heiß dem Kanzleramt zu melden sind. sagt. Das werden wir dann klären mit Herrn Heiß. - Herr Wolff, - Martina Renner (DIE LINKE): Das ist schriftlich fixiert? RD Philipp Wolff (BK): Soweit mir erinnerlich - - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die allgemeine Martina Renner (DIE LINKE): - ach, ist mit Ihnen Dienstanweisung liegt in schriftlicher Form vor. telefoniert worden? Martina Renner (DIE LINKE): Und wenn be- RD Philipp Wolff (BK): Soweit mir erinnerlich, stimmte Dinge in der Öffentlichkeit diskutiert wurde das auch in der Vernehmung sogar noch werden - Sie haben ja das als Punkt genannt -, geklärt - dann wird man aufgefordert, dazu zu berichten?

Martina Renner (DIE LINKE): Ja? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Im Idealfall vorher; denn es ist ja nicht so, dass das in der öffent- RD Philipp Wolff (BK): - zu einem späteren Zeit- lichen Diskussion aus heiterem Himmel fällt, punkt. Da hat er dann gesagt, dass er mit dem sondern vorher ist wahrscheinlich auch schon AL 6 im Kanzleramt telefoniert hat, und es wurde der BND von irgendeinem Journalisten angerufen auch noch über die 2009er-Besprechung gespro- worden. Spätestens dann ist das natürlich eine chen. Frage, dass auch das Kanzleramt zu unterrichten ist. Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Martina Renner (DIE LINKE): Dann musste man RD Philipp Wolff (BK): Aber das war später in ja nur gucken, wann das erste Mal die Eurocop- der Vernehmung. ter/EADS-Problematik in der Presse stand.

Martina Renner (DIE LINKE): Dann sind wir ja Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Was soll ich - - froh, dann wird sich ja Herr Heiß daran erinnern in der ersten Juliwoche, wenn wir ihn hier ha- Martina Renner (DIE LINKE): Nein, das ist eine ben. interessante Frage.

Wir hatten ja vorhin diese Diskussion zur Rechts- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist eine Fest- und Fachaufsicht. Da würde ich Sie gerne fragen: stellung. Gibt es so etwas wie eine Dienstvorschrift, in welchen Fällen man wichtige Ereignisse - ich Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Weil daraus nenne sie jetzt mal: Ereignisse von besonderer hätte sich ja dann nach Ihrer Auffassung jetzt Relevanz; Sie wissen den Terminus, der richtig eine Berichtspflicht abgeleitet, in der man auch ist - nach oben melden muss, also jeweils zum hätte nach oben das melden müssen - ja? Abteilungsleiter, zum Präsidenten und Ähn- liches? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, ich meine - -

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, es gibt, weil Martina Renner (DIE LINKE): Gut, dann gucken Sie Fach- und Dienstaufsicht ansprechen, vor al- wir noch mal, wann das das erste Mal war. lem natürlich die grundsätzliche Berichtspflicht, die sich aus dem BND-Gesetz ergibt, gegenüber Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Klar.

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Martina Renner (DIE LINKE): Was passiert denn, Martina Renner (DIE LINKE): Das ist immer un- wenn jemand das unterlässt? ser Problem: wenn es konkret wird - nicht? Wen spricht man dann an: den Präsidenten oder den Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Sie meinen die Abteilungsleiter? Folgen für den persönlich oder sonst wie? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Den Abteilungslei- Martina Renner (DIE LINKE): Ja. ter im BND meinen Sie?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, natürlicher- Martina Renner (DIE LINKE): Nein. Wenn das weise handelt es sich meistens um Beamte oder BK - Soldaten. Wenn das so ist, dann muss natürlich je nach Schwere des Vorgangs darüber diskutiert Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. werden, welche rechtliche Formen sind. Da gibt es die allgemeinen strafrechtlichen Fragen, und Martina Renner (DIE LINKE): - feststellt: „Uns ist es gibt natürlich - wie immer im Beamtenrecht irgendetwas nicht rechtzeitig gesagt worden“, und im Soldatenrecht - Disziplinarfragen. gegenüber wem beschwert man sich als Bundes- kanzleramt: gegenüber dem Präsidenten oder Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Und wel- dem Abteilungsleiter? che Fälle sind Ihnen bekannt, dass man bei un- terlassener Meldung disziplinarisch aktiv ge- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Auch das kommt worden ist? darauf an. Entweder ist es eine Kleinigkeit, aber trotzdem für die Fach- und Dienstaufsicht wich- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, es sind mir tig; dann macht es das Referat, meinetwegen so- solche Fälle ganz allgemein - - Aber ich wüsste gar der Referent oder Sachbearbeiter. Wenn es be- jetzt nicht einen konkreten Fall, den ich Ihnen deutendere Sachen sind, geht es bis nach oben in nennen könnte. die Abteilungsleitung, und dann wird bei der Amtsleitung darüber gesprochen. Martina Renner (DIE LINKE): Es gab Fälle? Martina Renner (DIE LINKE): Und das wird Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, davon gehe ich schriftlich auch niedergelegt? Das ist ja Ihr Prin- aus. zip: nichts mündlich.

Martina Renner (DIE LINKE): Also disziplinari- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann mich gut sche Maßnahmen, Versetzungen? erinnern an Dinge, wo ich zumindest Nachfragen gehabt habe und auch gesagt habe: Das ist nicht Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Davon gehe ich früh genug gesagt worden, ich möchte jetzt eine aus - ohne dass ich Ihnen jetzt einen konkreten Aufklärung. - Das habe ich schriftlich gemacht Fall sagen kann. als Abteilungsleiter 6.

Martina Renner (DIE LINKE): Wann hat sich Martina Renner (DIE LINKE): Okay, also diese denn das Bundeskanzleramt mal beschwert beim Vorgänge gibt es. Weil wir haben auch Herrn BND und hat gesagt: „Das haben wir jetzt zu spät Schindler gefragt, ob er sich an Fälle erinnern auf dem Tisch“, in Ihrer Zeit als AL 6? kann, wo jemand wegen unterlassenem Melden belangt wurde. Er konnte sich da nicht so richtig Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ach, das kann dran erinnern. Das spielt ja in dem Zusammen- schon mal vorgekommen sein; aber mir ist jetzt hang der Selektorenprüfung für uns eine wichtige jedenfalls kein exemplarisch herausgehobener Rolle, weil ja ein Zeuge hier, D. B., sich - natür- Fall bekannt. lich juristisch korrekt - auf sein Aussageverwei- gerungsrecht beruft, weil er Sorge hat, dass er nun dienstrechtlich belangt werden könnte.

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Wenn man aber in der Vergangenheit nie im BND man es vielleicht besser für sich behält. Es hieß jemanden für unterlassenes Melden belangt hat, auch, es gibt auch Systeme der Abschottung, es dann ist die Sorge vielleicht zu nehmen dem gibt auch besondere Geheimschutzbestimmun- Herrn D. B. gen, die den Kreis über Streng Geheim noch hinaus eingrenzen können, es gibt Operationen, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Frau Renner, da ist wo nur sechs Leute Bescheid wissen, und Ähn- natürlich ganz allgemein das Verfahren einzuhal- liches mehr. Wie funktioniert Fach-, Dienst- und ten, und solange es ein solches Verfahren gibt, Rechtsaufsicht in einer Bundesbehörde, in der es hat er das gute Recht. Es spielt auch keine Rolle, Räume gibt, in denen niemand das Licht ein- ob es jemals im BND so etwas gegeben hat oder schaltet? nicht. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das habe ich Martina Renner (DIE LINKE): Wie bewerten Sie vorhin schon versucht - ich glaube, von der Frau denn eigentlich den Umstand, dass Herr D. B. das Abgeordneten Mittag - - das noch mal deutlich zu Auffinden der Selektoren nicht gemeldet hat? machen: Ich bin der festen Überzeugung, dass es nicht zu einem Geheimverstoß kommt, wenn die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe ja gesagt Zuständigen - und der Kreis muss ja nicht groß auch schon einleitend, dass das ein Fehler ist, sein - in der Amtsleitung und in der Fach- und der für die Zukunft behoben werden muss, und Dienstaufsicht zu solchen Dingen unterrichtet hier gibt es entsprechende Weisungen des Kanz- werden. Das habe ich in den Dienst sowohl als leramts, dass über solche Dinge nicht nur die Abteilungsleiter 6 als auch in meiner jetzigen Amtsleitung zu unterrichten ist, sondern auch Funktion kommuniziert. Ich habe vorhin auch das Kanzleramt. gesagt, dass ich in den Abteilungen war und ihnen gesagt habe, dass ich das wissen will. Martina Renner (DIE LINKE): Ist denn in der Sa- che die Amtsleitung unterrichtet worden? Martina Renner (DIE LINKE): Haben Sie sich denn jetzt heute mal die abgeschirmten Operatio- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meinem bis- nen angesehen, die in Ihrer Dienstzeit im BND herigen Kenntnisstand wohl nicht. gefahren wurden, also in der Zeit, als Sie AL 6 waren? Martina Renner (DIE LINKE): Wie kann das denn eigentlich passieren? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dazu habe ich noch keine Zeit gehabt. Wir haben im Moment nicht Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Tja, das muss eben nur diesen Untersuchungsausschuss, sondern mit solchen Weisungen künftig enger gezogen auch mit den anderen uns kontrollierenden Gre- werden, vor allem im Dienst und dann auch ge- mien - genüber der Fach- und Dienstaufsicht. Martina Renner (DIE LINKE): Sie haben noch an- Martina Renner (DIE LINKE): Aber es gab ja vor- dere Probleme hier; wir lesen das parallel. her schon diese Weisung. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - eine ansprechende Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Aber es muss und lange Liste dessen, was wir aufzuarbeiten jetzt noch mal deutlicher gesagt werden: Auch haben. Vorlagepflichten müssen hier sein. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten Martina Renner (DIE LINKE): Wir hatten von wir wieder wechseln. Wir kommen als Nächstes Zeugen gehört, dass es zuwiderlaufende, wie soll zur Fraktion der CDU/CSU. man das sagen, Philosophien im BND gibt: Die eine Philosophie ist eben, dass man so etwas an- Nina Warken (CDU/CSU): Keine Fragen in der zeigen muss, und die andere Philosophie ist, dass öffentlichen Sitzung.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Dienstaufsicht, noch mal ausdrücklich darauf Dank. - Dann kommen wir zur Fraktion Bünd- hinzuweisen, dass so etwas zu geschehen hat. nis 90/Die Grünen. Kollege von Notz. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Schindler war hier gestern voll des NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Ich Lobes über zumindest Herrn D. B., über den wir würde anknüpfen in dem Fragenkomplex, den hier intensiv sprachen. Können Sie das verste- Frau Renner gerade abgefragt hat. Sie hatten vor- hen? hin gesagt: „Wir wollen alles wissen als Fach- und Rechtsaufsicht“; so habe ich das verstanden. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kenne nicht die Jetzt ist das so: D. B., aber auch R. U. haben über Motivation seiner Aussage von gestern; ich bitte ihre wochenlangen Löschaktionen von Selekto- um Nachsicht. ren nichts berichtet. Wie ist denn Ihre Reaktion darauf als Fach- und Rechtsaufsicht? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Na ja, am Ende des Tages ist es ja so, dass Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Die Weisung, dass Herr D. B. das gemacht hat, was eigentlich die sie zu berichten haben. Fachaufsicht hätte machen müssen: Dem ist was aufgefallen, was Ihnen irgendwie entgangen ist, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- obwohl Sie nach Amerika gereist sind; der hat NEN): Aber jetzt auf diesen Vorfall im August sich nämlich die logische Frage gestellt: „Irgend- 2013 und diese zwei an verantwortlicher Stelle wo fließen hier Daten ab. Was passiert hier um arbeitenden BND-Mitarbeiter? Gottes willen?“, und ist auf die Idee gekommen, Selektoren zu löschen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich glaube, das ist in der bisherigen Diskussion und Beantwortung Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dem muss ich wi- auch schon klar geworden: Es gibt zum einen, dersprechen, Herr Abgeordneter: Die Fach- und was die Beamten und Soldaten angeht, die Frage: Dienstaufsicht wird tätig - das habe ich jetzt „Inwieweit liegt hier ein persönliches Verschul- schon an mehreren Stellen versucht zu erläu- den vor, und wie muss damit umgegangen wer- tern -, wenn wir Hinweise darauf haben. Herr den?“, und für uns als Fach- und Dienstaufsicht D. B. war sicher näher an der Sachlage, um ganz generell die Frage, dass solche Informatio- diesen Hinweisen nachzugehen; nichtsdestotrotz nen eben nicht im Herzen gewogen werden kön- entbindet ihn das nicht von der Pflicht, die Fach- nen, sondern sowohl in der Hierarchie des BND und Dienstaufsicht zu unterrichten. nach oben müssen als auch zur Fach- und Dienst- aufsicht. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Über diese Hinweise will ich jetzt mit Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ihnen sprechen. Es gibt den Artikel im Spiegel NEN): Hätten die Dinge gemeldet werden müssen vom 16.05.2015: „Alles ungefiltert“; vielleicht er- seinerzeit? innern Sie sich. Dort steht - ich zitiere ein länge- res Stück - - Also, Kontext ist: Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Die USA wollten sich schon 2007 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einen nahezu uneingeschränkten NEN): Und was soll jetzt diese Anordnung daran Zugang zu Daten aus dem deut- ändern, wenn sie schon damals hätten gemeldet schen Netz sichern - zum Ent- setzen des BND. werden müssen? Wir sprachen über den Vorgang. - Und in diesem Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist ja ganz klar, Artikel steht Folgendes: Herr Abgeordneter: Jetzt liegt der Fall einigerma- ßen offen, und das ist Anlass für die Fach- und

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Ausdrücklich warnte der deutsche Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na, ich habe, glaube Geheimdienst vor „Wirtschafts- ich, jetzt schon mehrere Male gesagt, auf ver- spionage gegen europäische Netz- schiedene Fragen, dass es damals eine Diskus- betreiber und damit einher- sion gegeben hat, und ich habe von irgendjeman- gehende mögliche Schäden für die dem, glaube ich, auch gehört, dass es zwei Frak- europäische Wirtschaft“. tionen im BND gegeben haben soll: die einen da- - alles in Anführungsstrichen - gegen, die anderen dafür. Diese Diskussion hat stattgefunden. Der Hinweis war nicht nur hypo- thetisch, tatsächlich hatte der Und ich habe heute mehrere Male gesagt, dass BND zu diesem Zeitpunkt schon vor allem auch bei der Ablehnung, die letztlich etliche Belege für die überbor- Chef BK im Hinblick auf eine Intensivierung der dende Neugier der NSA gesam- Zusammenarbeit an den BND gegeben hat, in- melt. Das Fazit aus dem BND: dustriepolitische Fragen eine Rolle gespielt ha- „Eine umfassende Kooperation ben, eben auch die Frage der Erfahrung in dem mit den USA auf europäischem einen konkreten Projekt, was die Zeitdauer der Boden birgt damit das Risiko G-10-Ausfilterung angeht, und die andere Frage, innereuropäischer politischer Ver- werfungen.“ ob nicht vonseiten der Amerikaner uns auch mal gewährt wird, dass wir in Amerika, in den USA, Im Kanzleramt jedoch kam die ein solches Projekt machen. Das hat in der Ge- Mahnung nicht so an wie ge- samtzusammenschau dann dazu geführt, dass wünscht. Man nehme die „betont Chef BK entschieden hat, dass wir jedenfalls eine skeptische Bewertung“ des BND zur Kenntnis, schrieb ein Mit- Intensivierung nicht machen. Das heißt aber arbeiter kühl an seinen Vorgesetz- nicht, dass das, was an Zusammenarbeit bereits ten, den damaligen Kanzleramts- existierte und existiert, dass das mit den Ver- minister de Maizière. Vom deut- einigten Staaten nicht gemacht wird. schen Geheimdienst werde seitens der Amerikaner „eine ,hidden Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- agenda‘ für möglich bis wahr- NEN): Nein, das sage ich ja auch nicht. Ich sage: scheinlich gehalten“ - darunter Wenn man dann im Sommer 2013 die Snowden- auch, so der Vermerk, „industrie- Papiere liest, müssen alle Alarmglocken angehen. politische Interessen“. Sie können nicht so tun hier, als wenn das Bun- Er gehe jedoch davon aus, „dass deskanzleramt wie die Jungfrau zum Kinde sagt: andere deutsche Sicherheitsbehör- Was? Die Amerikaner? So was sollen die ma- den dies anders bewerten“. Offen- chen? Ist ja ungeheuerlich. Das kann ich mir gar bar hoffte man im Kanzleramt, nicht vorstellen. den BND umstimmen zu können: Sollte dieser bei seiner Haltung bleiben, werde er sich „argumen- Sie berichten hier von intensiven Diskussionen, tativ wappnen müssen“, heißt es widersprechen mit keinem Wort, dass das hier in dem Schreiben. offensichtlich eine im BND vertretene Position war damals, 2008, und wollen trotzdem erzäh- So steht es im Spiegel. Da entsteht der Eindruck, len - ich komme zurück zu meiner Frage aus der Herr Fritsche, dass das Bundeskanzleramt nicht letzten Runde -, dass die alleinige Schuld an den nur bösgläubig war, sondern dass man die große Fehlern, die es gegeben hat und die Sie erst im Kritik, die es innerhalb des BND gab an der Ko- März 2015 attestieren wollen, der BND trägt? Da operation mit den USA, sogar versucht hat abzu- habe ich erhebliche Zweifel. Mir kommt es so bügeln, kleinzureden, kleinzumachen. Können vor, als würde das Bundeskanzleramt ein ganz Sie dazu was sagen? billiges Blame Game spielen, es einfach dem BND umhängen wollen. Deswegen frage ich Sie noch mal: Bleiben Sie bei Ihrer Einschätzung,

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dass die Schuld für diese Fehler der BND allein Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, nach meiner trägt? Erinnerung habe ich eine Besuchsmappe bekom- men 2010 vom, weil ich damals ja im BMI war, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich bleibe bei Kanzleramt, und in dieser Besuchsmappe - ob ich meiner Einschätzung, dass Fehler im Bundes- das gesehen hatte, kann ich nicht mehr sagen; nachrichtendienst geschehen sind, und ich bleibe aber ich will es auch nicht ausschließen - hat et- bei meiner Einschätzung, dass das, was Herr Uhr- was von den beiden Firmen, die heute schon mal lau gesagt hat hinsichtlich der Bösgläubigkeit - die ganze Zeit erwähnt worden sind, gestanden. das wiederholen Sie ja jetzt auch im Zusammen- hang mit der Zitierung des Spiegel-Artikels -, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass ich das damals nicht gesehen habe und von NEN): Ja. Aber die Problematik, dass Suchbegriffe Herrn Uhrlau auch nichts gehört habe und von gegenseitig eingestellt werden bei Kooperationen, daher damals von keiner Bösgläubigkeit seitens nicht nur in Bad Aibling, sondern bei den auch des Kanzleramtes ausgegangen werden konnte in Ihrer Zeit aktiven Projekten „Eikonal“, gerade zu der speziellen Frage, was sich in Se- „Glotaic“, also gar nicht von dem Problem über- lektorenlisten verstecken könnte. griffiger Selektoren, sondern erst mal das, was mit Suchbegriffen funktioniert, dieses Spiel der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- SIGINT, war Ihnen das bekannt? NEN): Sind denn andere Fehler im Bundeskanz- leramt gemacht worden? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das war natürlich bekannt, weil vor dem Hintergrund - ich habe es Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es geschehen im- schon mal gesagt - für uns damals das Haupt- mer Fehler, Herr Abgeordneter. problem war die Spam-Filterung, weil das gerade technisch am Anfang der Entwicklung war Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hinsichtlich paketvermittelter Verkehre. NEN): In diesem Zusammenhang, Herr Zeuge? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber ich sehe jetzt, NEN): Ja. Nur, es gab eben - deswegen wundere was den Untersuchungsgegenstand und diesen ich mich über diese - - Gegenüber anderen Kon- Ausschuss angeht, im Moment keine. trollgremien hat man ja auch sehr vertieft erläu- tert, was für krasse Probleme man mit Spam hat - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- klingt ja erst mal harmlos -; aber es hat ja noch NEN): Sie sehen keine Fehler im Bundeskanzler- ganz andere Probleme gegeben. Ist Ihnen amt in diesem Zusammenhang? bekannt, dass im Jahr 2006 innerhalb des BND zur Überprüfung der Kooperationen, die man lau- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Soweit ich das fen hatte, vor allen Dingen „Eikonal“, man ein überblicken kann, ja. Gutachten für einen Separator in Auftrag gegeben hat, man ein Gutachten für einen Schwachstel- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lenbericht in Auftrag gegeben hat und dass man NEN): Wann haben Sie denn zum ersten Mal von ein Kontrollsystem installiert hat, um mal so zu der Problematik der Selektoren gehört? checken, was da überhaupt für Daten abfließen?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dass diese Listen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist mir bekannt, existieren? Im Frühjahr dieses Jahres. seitdem ich die Akten, seit Frühjahr dieses Jah- res, sehen konnte. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dass es Suchbegriffe gab, die eingespielt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wurden, davon wussten Sie nichts? NEN): Vorher haben Sie davon nie gehört?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. NEN): Und haben Sie - stimmt das? - als Reaktion auf dieses tatsächlich ja interessante Schwach- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- stellengutachten die Erstellerin dieses Schwach- NEN): Sehen Sie ein Problem darin, dass die Zeu- stellengutachtens ins Bundeskanzleramt einge- gin oder die Person K. L. wenige Wochen später laden? hier bei uns Zeugin werden sollte?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Selbstverständlich. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Sehe ich nicht, weil ich nicht während eines laufenden Untersu- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chungsausschusses meine Fach- und Dienstauf- NEN): Haben Sie denn den Ersteller des Separa- sicht beenden kann. Das ist nun mal eine Auf- torengutachtens und die Installateure des Kon- gabe, und dem muss ich nachgehen. Ich glaube, trollsystems auch ins Bundeskanzleramt einge- wenn ich das nicht gemacht hätte, hätte man mir laden? an anderer Seite den Vorwurf gemacht, dass ich mich jetzt zurücklehne, dem Untersuchungsaus- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich hatte, wenn ich schuss das überlasse und die Fach- und Dienst- mich richtig erinnere, eine Besprechung, da war aufsicht nicht mal hier - denn die Diskussion hat die Erstellerin dieses sogenannten Schwachstel- man ja heute gesehen - wahrnehme. lengutachtens dabei. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also, ich würde es extrem hilfreich finden, NEN): Und was war Gegenstand dieses Gesprä- wenn Sie als Fach- und Dienstaufsicht auch die ches? Wie muss man sich das vom Setting vor- Teilnehmer des Kontrollsystems aus dem Jahr stellen? 2006 mal zu sich einladen und mit denen spre- chen; das werden wir hier auch noch tun. - Gibt Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, nachdem die es denn von diesem Treffen mit Frau K. L. ein Fach- und Dienstaufsicht jetzt etwas zur Kennt- Protokoll? nis genommen hat, das im Zusammenhang auch mit dem Untersuchungsausschuss steht - aber Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ui! Da müsste ich nicht nur, sondern das ist die Verpflichtung der jetzt - - Ich will es nicht ausschließen, kann sein. Fach- und Dienstaufsicht -, wollte ich mit den Verantwortlichen - es war ja nicht nur die Dame (Martina Renner (DIE allein - reden, was damals die Motivation war, LINKE): Macht doch wie das entstanden ist und, und, und. nichts!)

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und ist das hinreichend dargelegt worden? NEN): Also, wir hätten daran großes Interesse - ich weiß, das liegt dann wohl nicht mehr im Un- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ihre Sichtweise ist tersuchungszeitraum; den müssten wir dann not- dargelegt worden. Es ist von - - Ich habe ja auch falls erweitern -, weil natürlich, wenn man sich keine Folgerungen daraus ziehen können; denn das Schwachstellengutachten durchliest - da wir sind ja im laufenden Verfahren der Sachver- stimme ich Ihnen völlig zu -, einem viele Gedan- haltsaufklärung, und das ist ein Stück, das dazu- ken kommen, was da eigentlich abgelaufen ist, gehört. Das war jetzt nicht etwas, wo ich sagen und wenn das nicht nach oben weitergegeben könnte, das müssen wir jetzt korrigieren oder wurde, dann haben wir da auch noch ein paar sonst was. Nachfragen.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Noch einmal bezüglich des Kontrollsystems, von NEN): Ist die Einladung von der Zeugin K. L. auf dem Sie ja schon gehört haben: Wissen Sie um Ihre Anweisung hin geschehen? Ergebnisse dieses Kontrollsystems?

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie haben nur gehört, dass es existiert hat, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie haben nichts von den Ergebnissen gehört? NEN): Wir auch nicht. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe, glaube (Heiterkeit beim BÜNDNIS ich, auch etwas zu Ergebnissen gehört; aber ich 90/DIE GRÜNEN und bei glaube, das kann ich in geheimer Sitzung sagen. der LINKEN) Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Und das ist kurios, dass eben innerhalb des BND Dank. im Jahr 2006 da eine Spiegelung aller Daten ir- gendwie vorgenommen wurde, um zu gucken, (Dr. Konstantin von Notz was da eigentlich alles abfließt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Da bin ich sehr (RD Philipp Wolff (BK): Ist gespannt!) das aus offenen Unterlagen, Herr Abgeordneter?) Dann kommen wir jetzt zur Fraktion der SPD.

- Wir haben das hier schon hundertmal offen be- Christian Flisek (SPD): Wir haben in öffentlicher sprochen. Sitzung keine weiteren Fragen.

RD Philipp Wolff (BK): Inhaltlich, glaube ich, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen noch nicht. Wir haben den Begriff Kontrollsys- Dank. - Dann sind wir bei der Fraktion Die Linke. tem hier erörtert; aber der Rest wurde in einge- Frau Kollegin Renner. stufter Sitzung behandelt. Martina Renner (DIE LINKE): Wir haben ja vor- (Hans-Christian Ströbele hin die Frage diskutiert, wann ein Ereignis so ge- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wichtig ist, dass es gemeldet werden muss, und NEN): Wir sind ein eigenes Sie haben darauf abgestellt, dass es insbesondere Kontrollsystem!) dann der Fall ist, wenn in der Presse Dinge ste- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir sollten es hen, die von Relevanz sind, und dass man das jetzt nicht mehr ausdiskutieren, weil die Zeit am liebsten auch gerne vorher erfährt. Es ist na- schon lange abgelaufen ist. Aber eine Frage türlich die Frage: Man erfährt es vorher, weil sich würde ich noch zulassen. das Medium an den BND gewandt hat. Das wäre jetzt der Weg. Oder erfährt man das noch auf an- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- deren Wegen vorher? NEN): Finden Sie es nicht komisch, Herr Zeuge, dass die Ergebnisse dieses Kontrollmechanismus Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na, ich - - aus dem Jahr 2006 sich nirgendwo in den Akten wiederfinden? Oder ist das so üblich, und wür- Martina Renner (DIE LINKE): Also, weil ich er- den Sie sagen, das kriegt TÜV von der Rechts- fahre die Sachen immer erst, wenn sie in der und Fachaufsicht? Presse stehen.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, dazu weiß ich Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Ich habe ja zu wenig von dem, was damals gelaufen ist. Bis- das grundsätzliche Problem jetzt auch vor allem her habe ich das nur gehört, dass es existiert hat. mit dem zuständigen Parlamentarischen Kon- Aber mehr weiß ich noch nicht. trollgremium, dass häufig Dinge, die im Dienst nicht als besonderes Vorkommnis gesehen wer- den - - und es auch, wenn es die Fachaufsicht er- fährt, dort ebenfalls geteilt wird, dann aber, wenn

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sie in den Medien stehen, plötzlich ein besonde- vom 04.10.2014. Der Artikel heißt „Codewort res Vorkommnis sind. Eikonal“, und in dem Text heißt es:

Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Risiko und Nutzen wurden all die Jahre immer wieder abgewogen, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist das grund- auch weil die Amerikaner sich sätzliche Problem in dem Verhältnis zwischen offenbar an die vereinbarten Spiel- regeln hielten. … 2005 fiel auf, kontrollierten Diensten und dem Kontrollgre- dass die Amerikaner die gemein- mium. Davon kann der Vorsitzende Hahn, der same Arbeit dazu missbrauchten, hier neben Ihnen sitzt, sicher einiges beitragen. um nach Informationen über EADS, Eurocopter und französi- (Dr. André Hahn (DIE sche Behörden zu suchen. LINKE): Darf ich nicht!) Das heißt, das muss ja der Zeitpunkt gewesen Wir haben uns aber bemüht, und dann bin ich für sein, zu dem man - spätestens und nicht erst im jeden Zugang dankbar, und ich will nicht erst März 2015 - EADS- und Eurocopter-Problematik durch eine Presseanfrage das erfahren, also, die zur Kenntnis genommen hat. Was ist denn auf dann beim BND in der Pressestelle war, und der den Artikel hin dann passiert, im Oktober 2014? BND sagt: „Ach, übrigens, da ist eine Anfrage, Sie sind ja heute noch Kontrolleur. jetzt müssen wir es euch doch sagen“, sondern mein Bestreben ist, dass vor dem Hintergrund der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, auf den Artikel allgemeinen Dienstvorschrift das schon frühzeitig ist nur das passiert - - Der Artikel fußt ja im We- gesagt wird, weil mein Bestreben auch ist, das sentlichen auf Unterlagen, die diesem Ausschuss Parlamentarische Kontrollgremium von solchen zur Verfügung gestellt worden sind, und in dem besonderen Vorkommnissen möglichst frühzeitig Zusammenhang ist dann auch dieser Artikel ent- zu unterrichten und nicht erst aus der Presse. standen. Nach meiner Kenntnis -

Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Martina Renner (DIE LINKE): Meinen Sie?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das gelingt nicht Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - sind diese Fragen immer. nicht mit Selektorenfragen verknüpft worden, und wenn ich das noch richtig in Erinnerung Martina Renner (DIE LINKE): Gut. - Aber das habe, ist hier auch gesagt worden, dass das einige heißt, wenn Dinge in der Presse stehen, lösen sie Zeit zurückliegt und dass das behoben wurde. eben oft auch Rückfragen beim Bundeskanzler- amt, im BND aus, weil man sich dann natürlich Martina Renner (DIE LINKE): Sie wurden ja rückversichert: Was ist denn das, ist das richtig, heute auch schon gefragt, wann Sie das erste Mal müssen wir da jetzt irgendwie darauf reagieren EADS, Eurocopter und Ähnliches in den Unter- usw.? lagen gelesen haben.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es.

Martina Renner (DIE LINKE): Und Sie haben ja Martina Renner (DIE LINKE): Was haben Sie ausgeführt, dass Ihnen - jetzt auch noch mal be- denn da geantwortet? stätigt eben auf die letzten Fragen von Bündnis 90/Die Grünen - diese Selektorenproblematik Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: 2010. eben erst im Frühjahr 2015 wirklich aufgegangen ist, aufgefallen ist, bekannt geworden ist. Und Martina Renner (DIE LINKE): Hm. deswegen möchte ich Ihnen jetzt gerne einen Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vorhalten,

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann mich zwar diese Problematik nur bemerkt werden konnte - konkret nicht erinnern, aber ich schließe es nicht 2005, 2008, 2010, 2011 und wann auch immer - aus. auf Grundlage von nicht zulässigen Selektoren. Das muss doch - - Also, das muss doch für beide Martina Renner (DIE LINKE): Gut. - Aber jetzt Seiten, BK wie BND, absolut sinnfällig gewesen steht ja hier nicht das Wort „Selektoren“; aber es sein, dass es nur so zu diesen - ja? -Vorkommnis- steht der Vorgang der Selektoren - ja? sen gekommen ist. Deswegen: Ich verstehe diese Geschichte am Ende nicht, dass dieser Unter- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Hm. suchungsausschuss einen Beweisantrag irgend- wie beschließt und man dann plötzlich sagt: Och, Martina Renner (DIE LINKE): Was ist denn - - Selektoren! Haben wir gar nicht gewusst, dass die Und es ist ja auch hier noch einmal mit den fran- Amerikaner so was machen. - Das kann ich wirk- zösischen Behörden ziemlich konkretisiert. Was lich nicht verstehen. ist denn daraufhin vor März 2015 unternommen worden? Hat man da schon angefangen, Unterla- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es ist aber so, wie gen zu suchen? ich es bisher gesagt habe, Frau Abgeordnete: In der Zeit, in der ich in der Verantwortung dafür Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Kann ich Ihnen war, ist dieser Begriff nicht aufgefallen, und im nicht sagen, weil von 2005 bis 2009 war ich der Übrigen ist im - - ist auch - - und ich glaube, das Abteilungsleiter 6 im Kanzleramt, dann war ich kann ich nur - Innenstaatssekretär, und seit Januar letzten Jahres bin ich wieder im Kanzleramt, um mich mit der Martina Renner (DIE LINKE): Wir müssen uns Frage, mit dem Untersuchungsausschuss und doch nicht an den Begriffen festhalten. dem Gegenstand des Untersuchungsausschusses zu beschäftigen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - in geheimer Sit- zung sagen - - ist, glaube ich, auch in dem Zu- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber nun liegen sammenhang zum einen beschrieben worden, ja die Selektoren bei Ihnen im Tresor. Sie sind ja dass es lange Zeit zurückliegt, und zum anderen, eine wichtige Person. Die Geschichte geht ja so: dass es behoben wurde. Man fängt erst an zu suchen, nachdem wir im Februar den entsprechenden Beweisantrag Martina Renner (DIE LINKE): Dass es behoben BND-26 hier beschließen. wurde?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Hm. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja.

Martina Renner (DIE LINKE): Man hat also auf Martina Renner (DIE LINKE): Es ist so gut beho- Grundlage dieser Veröffentlichung im Oktober ben worden, dass man jetzt die Ausleitung von 2014 nicht mal rumgefragt, was da Sache ist? Ergebnissen aus der Interneterfassung eingestellt hat. - Also das zur Frage „behoben“. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na ja, die Unterla- gen, die die Grundlage für diesen Artikel sind, (Zuruf) sind ja über das Kanzleramt zur Verfügung ge- stellt worden, und es hat keine Verknüpfung mit - Behoben ist da gar nichts. - Aber ich kann es Selektorenlisten gegeben. immer noch nicht glauben.

Martina Renner (DIE LINKE): Wissen Sie, das Also, jetzt noch mal einen anderen Weg: Die kann ich mir alles gar nicht vorstellen, weil es Amerikaner stellen das ja nicht nur beim BND war - - Es muss doch klar gewesen sein, ob man ein, sondern auch bei anderen Kooperationspart- das jetzt Selektoren oder Suchprofile oder Kom- nern, mit denen man auch verbunden ist über munikationsmerkmale oder egal was nennt, dass Seniors SIGINT usw. - ja? Also, wir sind ja nicht

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das einzige Land, wo NSA-Selektoren durch die Martina Renner (DIE LINKE): Es gibt ja auch Datenbanken laufen - ja? Tauscht - - Wie sieht es Länder, die haben sich dagegen entschieden. Das denn aus, irgendwie - - Also, man muss sich weiß man nicht als Bundesregierung? doch unter den ANDs - - Aber Sie sind ja auch in der Sphäre, wo man - Single Point of Contact und Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das liegt wohl so was - nicht? - ganz oben mitspielt - in der nationalen Hoheit der jeweiligen Länder.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber nur für diesen Martina Renner (DIE LINKE): Da - - Weil ich Untersuchungsausschuss. gehe noch mal zurück. Es war ja zu Recht, dass Herr von Notz noch mal mit Echolon usw. wirk- Martina Renner (DIE LINKE): - na ja, genau -, lich noch mal die Historie bemüht hat - ja? Es gab aber ganz oben mitspielt irgendwie, wo man sich sehr früh schon Hinweise darauf, dass US-Ameri- vielleicht ja auch mit anderen, befreundeten kaner gegenüber europäischen Staaten, Regierun- Nachrichtendiensten mal darüber unterhält, was gen, Unternehmen Spionage betreiben wollen die NSA da mit ihren Selektoren macht, weil und sich dafür technisch hier bereit machen - man diese Probleme seit 2005 ja hat in Deutsch- nicht? land. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, wenn Sie Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, Frau Abgeord- Echolon ansprechen, dann war damals die Dis- nete, so unterhalten sich Nachrichtendienste kussion, wenn ich mich richtig erinnere, eine nicht. Es gibt zwar - - andere, dass die jeweiligen Stationen, -

Martina Renner (DIE LINKE): Die Politiker aber Martina Renner (DIE LINKE): Ja. vielleicht. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - die Echolon an- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, es gibt - eben geblich bilden sollten, in jeweils Nationalstaaten die SIGINT Seniors - multilaterale Treffen, wo waren und damals die Frage gestellt worden ist: aber generelle Probleme besprochen werden. Was geschieht dort? - Das war die Hauptfrage, die Wenn es um konkrete Projekte oder Operationen damals eine - - nach meiner Erinnerung eine geht - das gilt ja auch für menschlichen Bereich, Rolle gespielt hat. im HUMINT-Bereich -, dann ist es meistens bila- teral. Vor dem Hintergrund der Terrorgefahr ha- Martina Renner (DIE LINKE): Ach, ich kann ben wir in den letzten Jahren allerdings auch ge- Ihnen da einen alten Artikel raussuchen - ich lernt, dass es multilateral sein kann. Aber es ist finde ihn wahrscheinlich jetzt gar nicht so nicht so, dass bei SIGINT-Seniors-Treffen kon- schnell -, da kommt ganz konkret schon die krete Operationen, jedenfalls in der - - generell Frage, ob die USA, die NSA, Wirtschaftsspionage besprochen werden und vor allem nicht die an- betreiben, im Zusammenhang mit Echolon. deren gefragt werden: Was haltet ihr eigentlich davon? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Gut, aber diese Frage habe ich ja auch versucht vorhin schon mal Und um das zu sagen, was Sie unterstellen: Ich aufzugreifen. Wirtschaftsspionage im Sinne von habe keine definitive Kenntnis, dass diese Se- Know-how-Abfluss und davon, einen Wettbe- lektorenliste in anderen Projekten eine Rolle werbsvorteil jemandem zu verschaffen, das ist spielt oder mit anderen Partnern geteilt wird. Es natürlich in Staaten, die - egal was man den Ver- mag vieles an Plausibilitäten dafür geben - da einigten Staaten in der Öffentlichkeit vorwirft - gebe ich Ihnen recht -, nur definitive Kenntnis grundsätzlich demokratisch sind und auch eine haben wir nicht. Marktwirtschaft haben, nur sehr schwer vermit- telbar für staatliche Dienste; denn wie soll - - Nehmen wir an, eine Blaupause von irgendetwas: An welche Firma soll die in den Vereinigten

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Staaten gehen, wenn ein amerikanischer Dienst Öffentlichkeit zu beruhigen. Ich will Ihnen das hier Auftragnehmer sein sollte? Deswegen halte mal vorlesen, was ich in einem Schreiben vom ich das für nicht nur unplausibel, sondern auch 14. Januar 2014 gelesen habe und woraus sich nicht für nachvollziehbar. das für mich ergibt, und das soll auch über Ihren Schreibtisch gegangen sein. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt ist die Zeit um. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Was ist das für eine Materialnummer? Martina Renner (DIE LINKE): Ich will das ein- fach nur - - Ja, das ist die letzte Frage. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist MAT A BK-7/1b. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ist das einge- Martina Renner (DIE LINKE): Ich will es einfach stuft, oder - - nur noch mal auf den Punkt - - Ich finde, man hält sich zu viel an dem Begriff der Selektoren Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fest. Sie würden auch die Frage verneinen, wenn NEN): Das ist nicht Geheim. ich sage, dass es nicht zulässige Suchprofile, Suchmerkmale, Kommunikationsmerkmale - (Zuruf: NfD!) also, Sie wissen, was ich meine; ja? - gab, die vonseiten der NSA übergeben wurden und ins - NfD. BND-System versucht wurden einzustellen oder eingestellt waren, und dass Sie das tatsächlich - Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber VS-V? also, selbst wenn ich von dem Begriff der Selek- toren weggehe - - dass Sie das tatsächlich erst seit Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- März 2015 wissen? NEN): Ja. Das ist also an die Frau Bundeskanzle- rin gerichtet, und dann über, über, über; da kom- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. men Sie dann auch vor, Staatssekretär Fritsche, und da - - Ich will das ein bisschen abkürzen, Martina Renner (DIE LINKE): So ist es. - Okay. weil das sind zwei Seiten. Also: Weil wir haben ja noch andere Möglichkeiten. Die Verhandlungen mit den USA Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. - Ich zu einer Vereinbarung zwischen gehe davon aus, die Union hat derzeit keine wei- BND und NSA … haben einen kri- tischen Punkt erreicht. teren Fragen in öffentlicher Sitzung. - Dann kom- men wir zur Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Und dann kommt eine ganze Seite, wo der Punkt Herr Kollege Ströbele. beschrieben wird, und dann kommt die Bewer- tung: Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, ich komme zunächst noch mal zurück Die USA setzen sich mit ihrer klar auf die Verhandlungen, die unter anderem Sie, negativen Aussage zu der ange- aber vor allen Dingen Herr Schindler in den USA strebten Vereinbarung zwischen geführt haben, und Sie hatten ja schon erwähnt, BND und NSA in Widerspruch dass ab Januar 2014 das dann zu Ende schien, zur Zusage des … NSA-Chefs, sage ich mal etwas vorsichtig. Da möchte ich Keith Alexander, … Ihnen vorhalten, weil das wird aus diesem Schreiben relativ deutlich, dass das Ganze, diese Jetzt kürze ich wieder ab: Die US-Haltung scheint Verhandlungen, mindestens den Hautgout hat- ten, sage ich jetzt mit meinen Worten, dass das Ganze nur veranstaltet wurde, um die deutsche

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… damit festzustehen. Sie sind Also, offenbar - das hatten Sie ja vorhin auch nicht bereit, den völligen Aus- schon so angedeutet - - Sie haben zwar gesagt: schluss von unilateralen SIGINT- „Wir haben dann noch weitergemacht“, aber Sie Aktivitäten der NSA innerhalb haben der Öffentlichkeit mindestens da nicht ge- von Deutschland zuzugestehen. sagt, dass Sie selber oder in Ihrem Hause selber Dies wäre auch im internationalen Kontext ein echtes Novum gewe- die Meinung vorherrschte, zu sagen: „Da wird sen und wäre, - nichts daraus, das geht eigentlich auch gar nicht, das machen die mit niemandem“, und in der Öf- - da wurden Sie ja vorhin schon vom Kollegen fentlichkeit haben Sie das aber - ich sage es mal Flisek nach gefragt - vorsichtig - mindestens verschoben.

- nach US-Aussagen, auch über Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber, Herr Abgeord- das zwischen den „five-eyes“ Ver- neter, das verstehe ich jetzt nicht, wie Sie das sa- einbarte hinausgegangen. gen können. Also, Sie haben ja begonnen, dass das Ganze ein Fake ist. Ich habe jetzt - So, und jetzt kommt das, was mit der Öffentlich- keit zu tun hat. Es geht dann da weiter, was man Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- noch machen könne. - Zum Schluss heißt das NEN): Ja, ja, das andere - - dann: Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - mehrere Male ver- Hinweise auf einen möglichen Ab- sucht, zu sagen, dass es solche Verhandlungen bruch der Verhandlungen zu gegeben hat, und ich habe auch gesagt, dass die einem Abkommen zwischen den dann im Frühjahr des Jahres 2014 auch letztlich Diensten haben bereits für Nega- durch die Äußerung nicht nur von Herrn Stein- tivschlagzeilen in der Presse ge- sorgt … meier als Außenminister, sondern auch durch Herrn Seibert als Regierungssprecher quasi been- - Zitat Süddeutsche Zeitung, 14.01.14 - det wurden. Aber am 14.01. war es noch nicht so, und selbstverständlich gibt es Vermerke, in de- … und erste kritische Reaktionen nen in Vorlagen an die Spitze des Hauses gesagt aus dem Deutschen Bundestag wird: Das ist so; das ist ein kritischer Punkt; wir hervorgerufen. müssen noch mal darüber reden. - Deswegen ha- ben wir Vorlagen; es muss ja darüber diskutiert So, was macht man jetzt? werden. Es ist ja nicht so, dass die Vorlage ge- schrieben wird und die Kanzlerin und Chef BK Deshalb erscheint es nicht ange- zeichnen ab und sagen: „So ist es“, sondern da- bracht, bereits zum gegenwärtigen rüber muss diskutiert werden, und wenn ich Zeitpunkt vom Ende der Verhand- mich richtig erinnere, hat es - der 14.01. war, lungen zu sprechen. glaube ich, mein erster Tag in der neuen Position Unsere Haltung müsste den Ame- im Kanzleramt - da auch ein Gespräch beim Chef rikanern zeitnah übermittelt wer- BK gegeben, und es gibt auch noch ein Telefo- den. (?) nat - das habe ich vorhin angedeutet -, wo es je- denfalls zu einem etwas späteren Zeitpunkt noch Und dann kommen noch unten handschriftliche nicht vollständig beendet war. Aber dann, als Zusätze, von denen ich nicht weiß, von wem sie Seibert das gesagt hat - ich glaube, März, April -, stammen. „Das macht dann Sinn“, hat dann einer dann stand es jedenfalls aus Sicht der Bundes- da unten dazugeschrieben: regierung fest, dass wir hier keine politische Er- klärung mehr hinbekommen. Das macht dann Sinn, wenn die politischen Erklärungen als Ver- Aber ich sage noch mal: Es hat den Anlass dafür, besserung gegenüber dem Status dass man überhaupt darüber spricht, Anfang quo gewertet werden. (?)

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August 2013 gegeben, und den Anlass hat nicht mit der G-10-Kommission insoweit besprechen die Bundesregierung und haben auch nicht deut- und besprochen haben. sche Vertreter gesetzt, sondern das haben die Amerikaner gesetzt, dass man in solche Verhand- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lungen - - NEN): Nein, es soll technische Probleme geben, überhaupt zu einer vollständigen - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das wollen wir jetzt nicht wiederholen. Da Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das wäre jetzt der gibt es ja auch andere Darstellungen, jedenfalls zweite Punkt gewesen. auf der politischen Ebene, wie Sie wissen; das ist ja veröffentlicht. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. ( (CDU/CSU): Wieso nicht?) Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich habe mit den Amerikanern damals geredet, und es ging um die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, aber ich bin hier Frage. Wir haben es - - So haben es mir die Fach- Zeuge und sage das, was ich will. leute des BND erklärt: Wir sind technisch nicht in der Lage, es hundertprozentig technisch mit Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Filtern auszufiltern. Deswegen müssen wir hän- NEN): Ja. - Jetzt komme ich noch mal zu einem disch in die Listen rein oder in die Dinge, die ganz anderen Punkt. Bei den Problemen mit der dort gesteuert werden, rein, und diese händische G-10-Filterung, haben Sie ja auch gesagt, ist - - Da Durchsuchung ist dann 100 Prozent sicher, aber haben Sie immer gesagt, dass das nicht schnell sie dauert 24 Stunden, und das ist mit den Ame- genug geht. Das sei das Ihnen bekannte Problem rikanern besprochen worden. - Dann haben die gewesen. Ist es nicht in der Sache so gewesen, Amerikaner gesagt: „Wir brauchen hier das und wussten Sie das nicht damals auch, dass schneller“, und das hat dann - - so, was ich - - an diese Filterung eben nicht vollständig möglich den Gesprächen war ich wieder selbst nicht da- ist, dass es gar nicht geht, dass es technisch nicht bei - - was mit dem Dienst oder zwischen den geht? Eine Frage, die auch an anderen Orten im- Diensten besprochen worden ist - zu der von mer wieder gestellt worden ist: Wie sicher filtern Herrn Uhrlau zitierten Austrocknung geführt. diese G-10-Filter eigentlich aus? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Richtig. Darüber NEN): Der dritte Punkt: Haben Sie mal was davon sind wir schon seit einiger Zeit, und zwar seit gehört, dass im Bundesnachrichtendienst - wir Jahren, mit der G-10-Kommission im Gespräch, entnehmen das möglicherweise Schriftstücken - und es gibt dazu auch schon Rechtsprechung, die ein Risiko, ein erhebliches Risiko gesehen wurde, damit umgeht. Wenn zum Beispiel ein deutscher wenn das rauskommt, was da in Bad Aibling ge- Staatsangehöriger, der mit „dot.com“ oder mit macht worden ist, nein, nicht in Bad Aibling, vor einer anderen Endung - also nicht „de“, wo er so- allem in „Eikonal“ in Frankfurt? fort ausgefiltert wird - und mit einem nichtdeut- schen Namen - - und womöglich auch nicht mit Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ich habe in der deutscher Zunge redet - - Und wenn man das erst Vergangenheit öfter mal die dankenswerten Hin- hinterher feststellt, dann gibt es die sogenannte weise von BND-Mitarbeitern gelesen, dass es ein G-10-Positivliste, wo das, wenn es erkannt wor- politisches Risiko sei. Aber bei allen Operatio- den ist, eingegeben worden ist, und wenn es nen, die über den Tisch des Kanzleramtes gegan- während der Auswertung erkannt wird - das ist gen sind, haben wir im Kanzleramt entschieden, auch von der Rechtsprechung anerkannt wor- dass wir das goutieren, und dann ist das auch ge- den -, dann ist es unmittelbar zu löschen. Das ist macht worden, unabhängig von Bemerkungen. die eine Problematik, die wir permanent auch

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, man nennt NEN): Können Sie sagen, - das Demokratie, wenn es andere Fraktionen noch gibt, Herr Kollege Ströbele. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die Fragezeit wäre damit zu Ende. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie sind der Vorsitzende. - Gut, also, ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wollte nur darauf - - Das habe ich ja noch mal ge- NEN): - worin das Risiko gesehen wurde? sagt. Stand das nicht in diesem Schreiben, Ver- merken drin, das Risiko, worin das Risiko gese- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Da habe ich, ehrlich hen wurde? Ging es um die Öffentlichkeit, ging gesagt, nicht mit dem Sachbearbeiter, der das ge- es um das Ausland? schrieben hat, gesprochen. RD Philipp Wolff (BK): Ich gehe davon aus, das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sind offene Vermerke. Oder sind das eingestufte NEN): Nein - - Vermerke?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt kämen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir zur Fraktion der SPD, wenn es noch Fragen NEN): Das sind eingestufte Vermerke. Deshalb gibt in öffentlicher Sitzung. halte ich sie auch nicht vor, sondern ich sage ja - - Oder waren es politische Probleme, die da Christian Flisek (SPD): Wir haben in öffentlicher gesehen worden sind? Sitzung keine weiteren Fragen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, nachdem ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke jetzt von dem Vertreter der Bundesregierung auf schön. - Dann sind wir bei der Fraktion Die der Bank gerügt worden bin, kann ich auch nicht Linke. Frau Kollegin Renner? weiter zu diesem in offener Sitzung etwas sagen. Deswegen bitte ich um Nachsicht; gerne in einge- Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe im stufter Sitzung. Moment keine Fragen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann sind NEN): Gut, dann kommen wir dann nachher wir bei der Union. noch mal darauf zurück. - Die letzte Frage von mir ist: Ist denn gegen den Herrn D. B. mal erwo- Nina Warken (CDU/CSU): Auch keine. gen worden oder tatsächlich durchgeführt wor- den ein Disziplinarverfahren irgendeiner Art? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und schon Weil Sie sagen ja: Der hat einen Fehler gemacht. sind wir wieder bei Bündnis 90/Die Grünen. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Soweit ich weiß - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Diese Rituale! Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Oder kommt das unter Menschen - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege Ströbele hat das Mikro noch an. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Soweit ich orien- tiert bin, ist das Verfahren so, wie es in jedem Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Disziplinarverfahren sein kann - das muss ja NEN): Ja, ich habe nur noch zwei Fragen. - Also, nicht heißen, dass es dann zu einem entspre- diese Rituale kosten eigentlich nur Zeit. Aber gut, chenden Ergebnis kommt -, dass es hier die so- Sie sind der Vorsitzende. genannten Vorermittlungen gibt.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Vorermittlungen, hm. Aber sind Sie nicht NEN): Aber es könnte sein, dass ihn eisenhart näher informiert? jetzt das Disziplinarrecht dann noch trifft bald?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Üblicherweise lau- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, fen die einige Zeit, und er hat natürlich auch ge- das ist eine Bewertung. Wir müssen das Verfah- wisse Rechte, bis hin zu anwaltlicher Vertretung. ren abwarten. Das kann ich nicht beurteilen.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Da kann ich nahtlos anknüpfen. Kann es NEN): Na gut. - Wir sprachen ja eben über die La- sogar sein, dass Herr D. B. an der Aufklärungs- dung von K. L. Und jetzt sagen Sie mir doch noch arbeit, die Sie gerade voranbringen, aktiv teil- mal: Wann haben Sie denn von diesem Schwach- nimmt? stellengutachten genau erfahren?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Wie soll ich die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das Datum Frage verstehen? Was heißt „aktiv teilnimmt“? kann ich Ihnen natürlich - - oder kann ich Ihnen nicht sagen. Ich glaube, das war im zeitlichen Zu- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sammenhang mit dem ersten - - innerhalb der NEN): Na ja, Teil der Aufklärungsleute ist, die ersten zwei, drei Wochen, als das bei uns be- versuchen, Fakten zusammenzutragen, um den kannt geworden ist. Dingen auf den Grund zu gehen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Selbstverständlich NEN): Wann ist das denn bekannt geworden? hat jeder, der in der TA etwas dazu leisten kann und aussagen kann, die Pflicht, dass wir diesen Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann mich noch Sachverhalt aufklären. gut erinnern: am 13.03. dieses Jahres, einem Frei- tag. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, das ist total selbstverständlich. Nur, Sie Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sprachen jetzt das Disziplinarrecht an und sagen: NEN): Das ist aber ein Widerspruch, Herr „Das Bundeskanzleramt hat keine Schuld; der Fritsche. Vielleicht überdenken Sie die Daten BND war es, und es war eben D. B., der nicht noch mal genau. K. L. war bei uns im Untersu- weitergemeldet hat“, und der ist Teil Ihrer Auf- chungsausschuss am 18.12., kurz vor Weihnach- klärungsarbeit. Das ist schon irgendwie kurios. ten, als Zeugin geladen, und die Einbestellung Finden Sie das nicht? ins Bundeskanzleramt war ein paar Wochen vor- her - so steht es bei uns in den Protokollen -, also Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, es geht hier ein paar Wochen vor dem 18.12.2014. um Informationen und Wissen aus einem relativ langen Zeitraum, wie Sie sicher zugeben werden, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das kann nicht sein, und ich glaube, dass uns sonst vorgeworfen wer- weil wir ja das erst im März erfahren haben und den würde, dass wir nicht alle Informationsquel- dann in dem Zusammenhang mit den Leuten ge- len, die wir haben, zur Sachverhaltsaufklärung sprochen haben. Vielleicht aus anderem Grund; nutzen. ich weiß es nicht. Aber jedenfalls mit dem Punkt, den Sie meinen, kann das nicht sein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hm. Also, Sie sehen da keinen Wider- RD Philipp Wolff (BK): Es geht um den Schwach- spruch. stellenbericht, glaube ich. Da reden Sie jetzt, glaube ich, aneinander vorbei. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich sehe keinen Wi- derspruch. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ach so.

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RD Philipp Wolff (BK): Der Zeuge ist - Probleme bei der Operation „Eikonal“ genau aus- sahen, wie Metadaten weitergeflossen sind, ohne Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nicht um die Selek- dass man wusste, was drin ist, und Ähnliches? torenliste? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, nach meiner RD Philipp Wolff (BK): - bei der Selektorenpro- Erinnerung habe ich nach dem Märzzeitpunkt, blematik, und Sie waren beim Schwachstellen- den ich Ihnen genannt habe, darüber gesprochen. bericht. Das war ein Teil der Aufarbeitung der Fach- und Dienstaufsicht. Dass das in 2014 schon gewesen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sein soll - nein. NEN): Genau, alles hängt mit allem zusammen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- RD Philipp Wolff (BK): Das war im Herbst letzten NEN): Würden Sie mir zustimmen, wenn ich die Jahres. - Genau, da hatten wir die Daten auch Schlussfolgerung ziehe, dass sich, wenn dieses schon mal fixiert. Treffen mit Frau K. L. im Bundeskanzleramt schon 2014 war, bezüglich Ihrer Aussage, dass Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie erst im März 2015 von der Problematik erfah- NEN): Ist Frau K. L. noch mal geladen worden we- ren haben, ein gewisser Widerspruch ergibt? gen Selektoren? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich kann Ihnen nur RD Philipp Wolff (BK): Nein. sagen, dass ich erst im März 2015 von der Proble- matik erfahren habe. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Fritsche, Frau K. L., die Zeugin Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- K. L. - - Wir klären das auf: Frau K. L. war damals NEN): Auch von der Problematik, die im eine sehr junge Beamtin im BND, die da 2006 Schwachstellenbericht benannt ist? diesen etwas überraschenden Auftrag bekommen hat, Schwachstellen in dem System zu finden, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nach meiner Erin- und wirklich viele Schwachstellen gefunden hat, nerung hat es in dem zeitlichen Zusammenhang und die ist vor dem 18.12.2014 ins Bundeskanz- dann die Besprechung gegeben. leramt zum Rapport, würde ich mal sagen, be- stellt worden. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Kann ich ganz kurz unterbrechen? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Hm. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das muss noch im Jahr 2014 gewesen sein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Damit ergibt sich natürlich ein Widerspruch im NEN): Wir suchen die Stelle oder die Aussage Hinblick auf die Problemkenntnisse des Bundes- von K. L. einmal heraus. In dem Zusammenhang kanzleramts; das liegt nämlich deutlich vor März haben wir das - vielleicht erinnern sich ja einige 2015. Kollegen - besprochen.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich glaube, das Missverständnis ist zwischen Schwachstel- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lenbericht und der Frage Entdeckung von Selek- NEN): Deswegen frage ich Sie noch mal: Kann es torenlisten, dass da, glaube ich, jetzt Sachver- sein, dass Frau K. L. nicht schon im Jahr 2014, halte durcheinandergebracht werden, wenn ich nämlich im Dezember oder vielleicht sogar No- es richtig verstehe. vember 2014, intensiv darüber berichtet hat im Bundeskanzleramt, was das Problem - - wie die

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Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, aber der Zeuge Und da sollte ich als Autorin mit- muss sich doch an das Gespräch mit der jungen kommen und ihm helfen beim Beamtin erinnern, wo eben die Probleme inner- Verständnis. Da habe ich den Be- halb - - Bitte? richt in Stücken gesehen, weil der ist ja eingestuft. Deswegen darf ich den ja selber eigentlich auch gar Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich habe nur nicht haben. gesagt, keine Ahnung, was der Zeuge inhalt- lich - - Ich wollte nur sagen: Vielleicht ist das der - „Eigentlich“; das ist lustig. Dissens - - Da sind mir noch mal Passagen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- untergekommen. Aber das war es NEN): Aber Sie haben ja gerade den Zeugen er- dann auch. Also, mehr Vorberei- läutert; deswegen - - Also, wenn Sie keine tung, so gesehen, habe ich nicht Ahnung haben, was er meint, dann würde ich gehabt. mich dazu nicht äußern, Herr Vorsitzender. Also, es ging offensichtlich darum, wie sich die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein. Ich Zeugin vorbereitet hatte auf die Sitzung. wollte auf einen möglichen Dissens hinweisen zwischen dem Schwachstellenbericht und dem Und dann fragt die Kollegin Renner noch mal Auftreten der Selektorenlisten, und das könnte nach: hier der Grund sein, warum der Zeuge sich an das eine oder andere nicht erinnern kann, - Jetzt hatte ich den Anfang akus- tisch tatsächlich nicht richtig verstanden. Wann waren Sie bei Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herrn Fritsche? NEN): Ja. Dann sagt die Zeugin: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - weil er viel- leicht auf dem falschen Dampfer ist. Vor ein paar Wochen. Ich weiß es nicht mehr genau. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das kann passieren, und wir können ja So, und das war eben diese - - Ich habe es mir versuchen, das aufzuklären. aufgeschrieben. Die Zeugin war am 18.12.2014 bei uns als Zeugin im Untersuchungsausschuss. Ich habe die Aussage von Frau K. L.; das kann Also, das heißt, sie muss im November, so würde ich hier nicht genau sehen. - Ach so, das ist ich denken, November, vielleicht auch schon ein Seite 119 von 147, öffentliche Aussage, und dann bisschen früher, aber irgendwie da im Jahr 2014 sagt die Zeugin K. L.: im Bundeskanzleramt in einer großen Runde ge- wesen sein und über diesen Schwachstellen- Also, ich war vor ein paar Wo- bericht berichtet haben und auch über Selektoren chen im Bundeskanzleramt, weil und Ähnliches. ich gebeten worden bin, einen Mitarbeiter zu begleiten, weil der Herr Fritsche geladen hatte und ir- RD Philipp Wolff (BK): Eben nicht über Selekto- gendwie man wissen wollte, wie ren. Das stand auch zu keinem Zeitpunkt irgend- bestimmte Passagen in dem Be- wie in Rede, dass die über Selektoren berichtet richt zu verstehen sind. hätte, und ich glaube, dadurch entsteht jetzt auch das Missverständnis. Da geht es überhaupt nicht Bericht ist der Schwachstellenbericht. - Ich um die Selektorenproblematik, sondern es geht zitiere weiter: um „Eikonal“ und den Schwachstellenbericht, der damals im Rahmen des Beweisbeschlusses vorgelegt wurde.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Dr. André Hahn (DIE NEN): Herr Zeuge Wolff, LINKE): Allgemein kann man das schon sagen!) (Martina Renner (DIE LINKE): Oh!) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So grundsätzlich: Also, wir haben das Sie waren, glaube ich, - Problem - Herr Wolff hat es, glaube ich, auch -, dass also selbst der Leiter der Operation RD Philipp Wolff (BK): Ich versuche, hilfreich zu „Glotaic“ des BND uns nicht beantworten sein. konnte, was das sollte.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich bin bis vor NEN): - bei dem Treffen - - kurzem sozialisiert worden, dass ich nicht mal den gesamten Begriff nennen darf, sondern nur RD Philipp Wolff (BK): Ich war bei dem Treffen die drei Anfangsbuchstaben, und deswegen bin auch dabei. ich ein bisschen überrascht, dass das hier in offe- ner Sitzung insgesamt benannt wird, und von da- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- her habe ich schon Schwierigkeiten - - NEN): Sie waren bei dem Treffen, glaube ich, auch anwesend. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dann stelle ich Ihnen die Frage anders: Ist RD Philipp Wolff (BK): Ja, war ich. Ihnen bekannt, dass bei der Operation „Glo“ - -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Heiterkeit) NEN): Deswegen zügeln Sie sich; denn wir wollen Sie vielleicht sowieso noch mal hören, als Zeugen Ich sage Ihnen jetzt mal ganz kurz zur Erklärung, zu der Sache. Also - - ja, weil ich nämlich die Geheimhaltung grund- sätzlich auch schätze: Ich komme mir als Abge- Gut, ich relativiere das mit den Selektoren. Dafür ordneter irgendwie hochgradig albern vor, wenn müssten wir das Protokoll dieser Sitzung sehen, Begriffe, die in allen Zeitungen dieses Landes frei irgendwann Ende 2014, was da genau Gegen- kommuniziert werden - - ich als gewählter Abge- stand war. Aber die Probleme bei „Eikonal“, die ordneter sozusagen von dem Bannstrahl betroffen stehen in diesem Schwachstellenbericht auf dra- bin, sie nicht aussprechen zu dürfen. Das finde matische Weise drin; das wird Herr Wolff wohl ich irgendwie albern. Aber ich will mich trotz- bestätigen können. Und deswegen frage ich Sie dem gerne daran halten. noch mal, Herr Fritsche, im Hinblick auf die Bös- gläubigkeit des Bundeskanzleramtes: Bleiben Sie Also, die Operation „Glo“, wozu diente die dabei, erst im März 2015 ein Problembewusstsein eigentlich? Also, was war der Sinn und Zweck bekommen zu haben? dieser Operation? Das hat uns bisher niemand richtig erklären können, warum man da in Düs- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dabei bleibe ich. seldorf an die Glasfaser gegangen ist und was man da eigentlich genau gemacht hatte und wel- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- che Rolle das Bundesamt für Verfassungsschutz NEN): Noch mal ganz grundsätzlich zu den Ope- gespielt hat, welche Rolle der BND gespielt hat. rationen: Können Sie mir erklären, wozu die Haben Sie darüber Kenntnis? Operation „Glotaic“ eigentlich diente? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, ich habe nur Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ich weiß nicht, ob allgemeine Erkenntnisse jetzt auch durch das ich in offener Sitzung dazu etwas sagen kann. Aktenstudium, nicht aus eigener Erinnerung, was diese Operation „Glo“ angeht.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schlimmen Anschläge in Madrid und London. NEN): Aber das war doch, als Sie sozusagen in Aber was war Kern sozusagen dieser Koopera- die Verantwortung gekommen sind im Jahr 2005 tion, was war das Neue, was war der Deal? Was als Leiter der Abteilung 6 im Bundeskanzleramt. war vielleicht auch, ich will gar nicht sagen: das Risiko, sondern das Wagnis oder irgendwie das, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Dezember 2005, ja- was man da gemacht hat? wohl. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Na, das, was der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Mehrgewinn ist, wenn Nachrichtendienste zu- NEN): Im Dezember 2005, bis Dezember 2009, da- sammenarbeiten: Das Wissen wird zusammen- nach ja auch noch in Verantwortung in ganz ähn- gelegt, und unter Umständen spielt auch Technik lichem Bereich. Aber nehmen wir mal jetzt nur eine Rolle. dieses Fenster. Da waren das doch wesentliche Operationen einfach. Also, ich glaube Ihnen so- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fort, dass Sie jeden Tag wichtige Dinge und auch NEN): Ja. Und im Hinblick auf die Technik wichtige andere Dinge auf dem Tisch hatten und wurde etwas angeboten, das man selbst mit dass Sie als Leiter der Abteilung 6 ganz viele Zugang kompensieren konnte? komplizierte und schwierige Entscheidungen treffen müssen. Aber im Hinblick auf SIGINT Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das mag ein Aspekt und die Umstellung, wie man Fernmeldeaufklä- gewesen sein. rung in Zeiten der Digitalisierung und des Inter- nets macht, waren doch „Glo“ und „Eikonal“ die Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wesentlichen Geschichten, die der BND gemacht NEN): Und bei diesem Zusammenlegen von In- hat, und deswegen müssten Sie doch eigentlich formationen oder von Erkenntnissen, wie ist das eine Erinnerung dahin gehend haben, worum es genau gelaufen, jetzt im Hinblick zum Beispiel da zumindest grob ging. auf die Suchbegriffe? Hat man die denn zusam- mengelegt? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, zur Operation „Glo“ habe ich keine Erinnerung. Für mich war Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Insoweit war ich in auch in der Zeit, in der ich Abteilungsleiter 6 die Operation nicht eingebunden, sondern ich war, die Grundsatzproblematik von Bedeutung, habe - das habe ich aber schon mehrere Male also Wechsel von Leitungsvermittelt zu Paketver- heute gesagt - mich mit der Problematik beschäf- mittelt, und in dem Zusammenhang die Opera- tigen müssen, was mit dem G-10-Filter passiert tion - - die andere Operation, die Sie benannt ha- und ob das klappt, und das war die entschei- ben. dende Frage. Zu anderen Punkten habe ich keine Hinweise bekommen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und was war denn der Kern der Koopera- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tion „Eikonal“? NEN): Aber aus der G-10-Praxis, die man ja kannte - - Letztlich handelte es sich hier - - Also, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, Austausch von korrigieren Sie mich, wenn ich das falsch ver- Informationen, die auch - und davon sind wir ja stehe. Aber ich würde eben sagen, letztlich han- ausgegangen - den BND betreffen in seinem Auf- delt es sich bei diesem Selektorensystem um eine gabenprofil, und vor allem natürlich - das haben Form der Rasterung. Man nimmt bestimmte Be- die Amerikaner ja auch immer wieder betont - griffe, und man sucht einen Datenstrom aus, man Terrorismusbekämpfung. Das hat uns alle bewegt rastert. Und Sie kennen ja aus Ihrer Zeit aus dem in diesen Zeiten. Bundesamt und den darauffolgenden Verantwort- lichkeiten die Problematik auch gerade im Hin- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- blick auf G-10-Genehmigungen. Da wird ja, wenn NEN): Das glaube ich; es waren ja auch die

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man rastert - - Praktisch jeder Begriff muss da habe. Aber ich habe eben den Begriff belegt vor teilweise genehmigt werden. allem im Innenpolitischen und im Bereich der inneren Sicherheit. Das ist aber nur am Rande. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Hm. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Okay. - Aber finden Sie nicht, dass im NEN): Und deswegen die Frage im Hinblick auf Hinblick auf diese Problematik - - Also, bei der die Rechts- und Fachaufsicht, die das Bundes- Aufgabenerstellung des - - Also, bei der Erstel- kanzleramt ausübt. lung des Aufgabenprofils der Bundesregierung - - An diesen Prozessen werden Sie ja in den letzten Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, mit dem Be- Jahren irgendwie auch beteiligt gewesen sein, griff der Rasterung habe ich Schwierigkeiten, und da werden ja so Töpfe gebildet, wenn ich das weil die politische Diskussion, die zur Rasterung richtig verstanden habe hier - das ist, glaube ich, stattfindet, hier in Deutschland stattfindet, näm- kein Geheimnis -, wo man eben sagt, da steuern lich vor dem Hintergrund, dass wir gegen deut- unterschiedliche Ministerien zum Beispiel unter- sche Staatsangehörige vorgehen, und da haben schiedliche Begriffe ein; das können auch Tele- Sie recht, das ist für mich vor allem in meiner fonnummern sein oder irgendwie Worte, Namen. Tätigkeit als Innenstaatssekretär natürlich von So, und das werden ja Selektoren. einer Diskussionsbedeutung gewesen, weil wir da auch Erfahrungen negativer Art, glaube ich, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. vor allem auch aus dem Länderbereich hier in meiner Zeit diskutiert haben. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So läuft das nicht.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Aber in dem Be- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- reich der strategischen Fernmeldeaufklärung NEN): Okay. habe ich den Begriff noch nie verwandt und höre ihn jetzt von Ihnen. Hier gilt es ja vor allem, dass Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ohne jetzt zu tief in anhand des Aufgabenprofils des BND nach den die Geheimnisse des nach wie vor geheimen Auf- so genehmigten - - wenn es eine G-10-Maßnahme gabenprofils einzugehen, werden Thematiken in § 5 ist, auch mit den Kautelen, die dort im und Regionen benannt. G-10-Gesetz stehen, also nur einen bestimmten Prozentsatz dort aufzugreifen, und bei der Rou- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tine innerhalb des Aufgabenprofiles hier in die NEN): Okay. Also keine Telefonnummern, keine Ströme gegangen wird, um Terrorismus, Prolife- Faxnummern oder so, sondern das ist dann Auf- ration aufzuklären. gabe eventuell eines Dienstes, dieses Aufgaben- profil dann herunterzubrechen? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber es wird in die Ströme gegangen mit Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: So ist es. bestimmten Begrifflichkeiten, mit denen man dann eben bestimmte Sachen ausfiltert. Das ist Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- doch praktisch das, was passiert, und da ist es ja NEN): Okay. - Aber wenn man jetzt eben eine Ko- jetzt nicht total verwegen, einen Vergleich zu operation eingeht - das macht total Sinn - mit Rasterung herzustellen. einem ausländischen Nachrichtendienst, mit den USA, und die steuern eben auch Selektoren ein, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ja, ich habe nur - - muss man dann nicht eigentlich, wenn man das Ich bitte um Nachsicht. Das ist ja jetzt auch nicht ernst nimmt, diesen Gedanken G-10-Filterung eine Frage, die ich als Zeuge zu beantworten und so, jeden einzelnen Begriff eigentlich prüfen

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und eventuell sogar von der G-10-Kommission drin -, eventuell zu bestimmten Fehlentwicklun- genehmigen lassen, um sich rechtskonform zu gen gekommen ist, die die G-10-Kommission verhalten? heute tatsächlich berechtigt empört zurücklässt?

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Das ist die Diskus- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ob sie sie zeitlich sion, die wir vorhin schon geführt haben, die ich heute empören muss, verstehe ich nicht ganz, vor allem mit dem Abgeordneten Flisek geführt weil ich bereits letztes Jahr der G-10-Kommission habe. Wir sind ja derzeit in einer Diskussion, wo angeboten habe, dass wir vor dem Hintergrund auch die Bundesregierung bestrebt ist, die Befug- der normalen G-10-Anträge, für die die G-10- nisnorm für die Nicht-G-10-betroffene - so ist die Kommission zuständig ist, nicht für die Routine - Haltung der Bundesregierung - Routineaufklä- das kann ja in der politischen Diskussion im Par- rung auf eine neue Rechtsgrundlage zur Klarstel- lament anders werden vor dem Hintergrund, lung zu stellen. Das ist ein Ergebnis der Diskus- wenn die Bundesregierung so eine Rechtsgrund- sion, die auch hier in diesem Ausschuss geführt lage einführt - - Da habe ich der G-10-Kommis- wird und noch werden wird und die auch mit sion angeboten, dass wir bei jedem Antrag auch der G-10-Kommission geführt worden ist. gleichzeitig feststellen, bestätigen, ob bei diesem Provider Routine auch anfällt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also, Sie würden mir zustimmen, wenn Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich sage, dass im Hinblick auf die Rechtskonfor- NEN): Ab jetzt? mität das zumindest eine sehr bedenkenswerte Praxis wäre, zu sagen: „Wir müssen uns die Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Ab letztem Jahr. Dinge im Detail angucken und eventuell auch im Detail genehmigen lassen“? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Als Konsequenz von Edward Snowden? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Es geht vor allem erst mal um die Frage, als Rechtsgrundlage eine Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Als Konsequenz der klarere Befugnisnorm zu bekommen als die allge- Diskussion, die erfolgt und die immer noch an- meine Befugnisnorm, die im BND-Gesetz steht hält. und die die Bundesregierung für ausreichend hält. Aber vor dem Hintergrund der Diskussion, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die auch die Gutachter ja geführt haben zu Be- NEN): Stimmen Sie denn der Kritik der G-10- ginn dieses Ausschusses, - Kommission zu, dass, wenn man G-10-Genehmi- gungen beantragt und bestimmte Strecken be- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- antragt, auf denen man der G-10-Kommission NEN): Ja. suggeriert, dass es einem um die G-10-Verkehre geht, tatsächlich beantragt man die Strecken aber, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: - sagt die Bundes- weil es einem um die dahinterliegenden unge- regierung: Wir brauchen eine klarstellende Rege- schützten Routineverkehre geht - - dass diejeni- lung, nämlich die sich konkret auf die strategi- gen, die da jahrelang diese Genehmigungen er- sche Fernmeldeaufklärung bezieht, also die Rou- teilt haben, sich betrogen fühlen. Ist das für Sie tine, nicht die im Sinne des § 5. nachvollziehbar?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Für mich ist nach- NEN): Ich verstehe. - Und würden Sie mir zu- vollziehbar, dass wir eine bessere Informations- stimmen, dass es im Hinblick darauf, was in den politik gegenüber der G-10-Kommission jetzt an letzten Jahren in der G-10-Kommission gelaufen den Tag legen müssen. ist, Stichwort „G-10-Legenden“ - das habe ich mir nicht ausgedacht; das steht so in den Akten

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die wir führen - - Deswegen haben auch Vorgän- NEN): Wussten Sie, dass diese G-10-Genehmi- gerregierungen die G-10-Kommission dazu nicht gungen in dieser Form beantragt wurden? unterrichtet, allgemein unterrichtet, nicht im ein- zelnen Fall. Die G-10-Kommission ist mehrere Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: In welcher Form? Male darüber unterrichtet worden, dass es strate- Sie sind ja beantragt worden nach § 3, nach § 5 gische Fernmeldeaufklärung, also Routineaufklä- und nach § 8, und es gibt ja auch Grundlagen, rung, neben den §-5-Aufklärungen gibt. Das warum dort auch nach diesen Paragrafen zulässi- wusste die G-10-Kommission. Der Punkt, den wir gerweise, nämlich gegen G-10-Rechtsträger vorge- jetzt aufgreifen und den ich letztes Jahr aufgegrif- gangen wird, und es ist nicht die erste Pflicht, zu fen habe, ist, dass wir jetzt bei den einzelnen An- sagen: „Ich brauche jetzt mal so einen Antrag, da- trägen, für die die G-10-Kommission zuständig mit ich bei der Routine hinkomme“, sondern es ist, nicht für die Routine, da auch sagen, ob der gibt Erkenntnisse aus den Anträgen, die nach Provider genutzt wird für die Routine. Das ist §§ 3, 5 und 8 gestellt werden. letztes Jahr mit der G-10-Kommission besprochen worden. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber Sie haben meiner Ansicht nach fal- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sche Tatsachen vorgespiegelt. Mir fällt immer NEN): Weil es vorher nicht korrekt gelaufen ist. schwer, dafür Gleichnisse zu bilden. Aber tun wir mal so, als wenn ein Eingriff in den Straßen- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Weil es vorher nicht verkehr irgendwie grundrechtlich geschützt wäre aus der Sicht der Bundesregierung in der Zustän- und Ihnen würde es darum gehen, Lkws zu erfas- digkeit der G-10-Kommission lag, weil die zu ge- sen, Sie erklären aber der zuständigen Kommis- nehmigen hat die §§ 3, 5 und 8. sion zur Genehmigung von Pkw-Erfassungen: „Ich will jetzt auf die A 20 gehen, weil da so inte- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ressante Pkws unterwegs sind“, und tatsächlich NEN): Aber man hat es dennoch gemacht? wollen Sie auf die A 20 gehen, weil es Ihnen um die Lkws geht. Würden Sie sich da als Kontroll- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Man hat im Bereich gremium - ein Perspektivwechsel hilft ja manch- der Routine nach meiner Kenntnis ja auch nicht mal; ich versuche es auch ab und zu - - Wenn Sie eine Anordnung gehabt, sondern dann hat man ja jetzt Abgeordneter wären, Herr Fritsche, oder auch Verträge mit den Providern abgeschlossen. Mitglied der G-10-Kommission, würden Sie sich da auch hinter die Fichte geführt vorkommen, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wenn ich es harmlos sagen soll, wenn Sie über NEN): Aber man hat, wenn die Provider gesagt Jahre erzählt bekommen: „Ich will auf die und haben: „Da sind aber ganz, ganz viele G-10-Ver- die Strecken wegen der G-10-Verkehre“, und sich kehre auch drauf und paketvermittelte Dienste; nachher rausstellt, tatsächlich wollte man in wir können es gar nicht mehr sagen; Strecken in einer Kooperation mit den Amerikanern, von der dem Sinne gibt es nicht mehr“, gerne mal eine die G-10-Kommission nichts wusste, die Routine- G-10-Genehmigung vorgelegt. verkehre mittels dieser G-10-Genehmigungen ab- fassen? Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, man hat die G-10-Genehmigung sicher vorgelegt, um G 10 ab- Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Herr Abgeordneter, greifen zu können, weil man das sonst nicht darf. zwei Dinge dazu: Zum einen ist die G-10-Kom- mission nach den rechtlichen Vorgaben zustän- (Christian Flisek (SPD): Das dig für die Genehmigungen nach §§ 3, 5 und 8 bewerten wir anders!) innerhalb des G-10-Gesetzes, nicht zuständig für die Routineaufklärung. Dafür ist die G-10-Kom- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mission nicht zuständig. Ich habe aber Verständ- NEN): Also, G 10 hat man nach dem, was Unter- nis, dass vor dem Hintergrund der Diskussion, lagen hergeben, ausgefiltert - damit hat man

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wahrscheinlich auch irgendwas gemacht -, aber Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Hm. der Beifang war eigentlich das G 10, und worum es einem ging nach der Streckenauswahl, waren Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eben die Routineverkehre. NEN): - dass man eigentlich, um diese Koopera- tion zu machen, eine Gesetzesänderung Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also noch mal: Aus bräuchte? Haben Sie davon schon mal gehört dem, was in der Diskussion derzeit geführt wird, oder gelesen? hat die Bundesregierung die Folgerung gezogen, der G-10-Kommission künftig so etwas zu sagen, Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, diese Diskus- und das ist schon vor einem guten Jahr gesche- sion ist an mir vorbeigegangen. hen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, das glaube ich; aber vielleicht ist sie NEN): Aber die Jahre davor ist es eben nicht kor- nachträglich noch mal bei Ihnen vorbeigekom- rekt gelaufen. men.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein, aus Sicht der Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Nein. Bundesregierung ist es korrekt gelaufen, weil die Bundesregierung davon ausgeht, dass die G-10- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kommission nur zuständig ist für Genehmigun- NEN): Haben Sie nie drüber gelesen oder nie ge- gen von §§ 3, 5 und 8 und nicht für die Routine- hört, dass es da eine sehr, wie ich finde, belast- verkehre. Das ist die Haltung gewesen, und das bare rechtliche Einschätzung gab, dass man das ist rechtlich, meine ich, nicht zu beanstanden. eigentlich alles nicht machen kann, sondern dass man einfach das Gesetz ändern müsste, um das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu legalisieren, was man hier plant? NEN): Kennen Sie den Fall mit der Deutschen Telekom, dass die gesagt hat: „Ihr könnt hier Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, das ist mir nicht mehr weiter zugreifen; hier braucht es eine nicht bekannt. Mir ist nur bekannt, als ich in der G-10-Genehmigung; wir hatten irgendwie nur Zuständigkeit war, dass es die Projekte, die Sie ja einen Vertrag abgeschlossen, und schafft uns die benannt haben, insbesondere „Eikonal“, gab und G-10-Genehmigung ran“? Die Ursünde würde ich dass ich die Grundlagen für ausreichend gehalten das jetzt mal nennen. habe. Die Diskussion im Vorfeld kenne ich nicht.

Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Der Fall, wüsste ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- jetzt nicht. NEN): Ganz herzlichen Dank für die Antworten; ich habe erst mal keine weiteren Fragen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das war vor Ihrer Zeit, glaube ich, aber das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- spricht sich ja manchmal rum, wie man es so lichen Dank. - Wenn es keine weiteren Fragen macht. Und haben Sie davon mal gehört? mehr gibt, die in öffentlicher Sitzung beantwortet werden können, müssen wir einen Beschluss Zeuge Klaus-Dieter Fritsche: Also, nach meiner zum Ausschluss der Öffentlichkeit fassen. Ich Kenntnis nicht. schlage folgenden Beschluss vor:

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Für die weitere Vernehmung des Zeugen Klaus- NEN): Ist Ihnen bekannt, dass, als diese ganzen Dieter Fritsche am heutigen Tag wird die Öffent- Kooperationsprojekte gestartet wurden, im Bun- lichkeit gemäß § 14 Absatz 1 Nummer 4 des Un- deskanzleramt die Einsicht erwachsen ist, so im tersuchungsausschussgesetzes ausgeschlossen, Jahr 2003, 2004, also bei der Vorgängerregierung, weil besondere Gründe des Wohls des Bundes ja, - entgegenstehen.

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Wer dem so zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. - Herzlichen Dank. Gegen- stimmen? - Enthaltungen? - Ich sehe, das ist ein- stimmig so beschlossen.

Bevor die nichtöffentliche Vernehmung des Zeu- gen Klaus-Dieter Fritsche folgt, wird zunächst Herr Minister Dr. Thomas de Maizière in öffent- licher Sitzung vernommen.

Herr Fritsche, ich bedanke mich schon mal inso- weit für Ihre Aussagen, für Ihre Bereitschaft, uns Rede und Antwort zu stehen. Ich bitte darum, auf die nichtöffentliche Sitzung oder eingestufte Sit- zung zu warten, und ich würde nun bitten, Herrn Dr. de Maizière in den Sitzungsaal zu bringen.

Die Sitzung ist für fünf Minuten unterbrochen.

(Unterbrechung von 17.55 bis 18.05 Uhr)

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Vernehmung des Zeugen oder Angehörige im Sinne des § 52 Absatz 1 der Dr. Thomas de Maizière Strafprozessordnung der Gefahr aussetzen würde, einer Untersuchung nach einem gesetzlich geord- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich eröffne neten Verfahren ausgesetzt zu werden. Dies be- die Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses trifft neben Verfahren wegen einer Straftat oder erneut. Ordnungswidrigkeit gegebenenfalls auch Diszi- plinarverfahren. Begrüßen darf ich unseren Zeugen Herrn Minis- ter Dr. Thomas de Maizière. Ich stelle fest, dass Sollten Teile Ihrer Aussagen aus Gründen des der Zeuge ordnungsgemäß geladen ist. Herz- Schutzes von Dienst-, Privat- oder Geschäfts- lichen Dank, dass Sie unserer Ladung gefolgt geheimnissen nur in einer nichtöffentlichen oder sind und dem Ausschuss für eine Vernehmung eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich Sie zur Verfügung stehen. um einen Hinweis, damit der Ausschuss dann ge- gebenenfalls einen Beschluss nach § 14 oder § 15 Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die Bun- des Untersuchungsausschussgesetzes fassen destagsverwaltung eine Tonbandaufnahme der kann, also dann in eingestufter Sitzung fortfahren Sitzung fertigt. Diese dient ausschließlich dem kann und die Fragen dann in nichtöffentlicher Zweck, die stenografische Aufzeichnung der Sit- oder eingestufter Sitzung an Sie richten kann. - zung zu erleichtern. Die Aufnahme wird nach Er- Haben Sie hierzu Fragen? stellung des Protokolls gelöscht. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Das Protokoll dieser Anhörung wird Ihnen nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben, falls dies ge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nach diesen wünscht ist, die Möglichkeit, innerhalb von zwei notwendigen Vorbemerkungen darf ich Ihnen Wochen Korrekturen und Ergänzungen vorzu- den geplanten Ablauf kurz darstellen. Eingangs nehmen. - Haben Sie hierzu Fragen? habe ich Sie zur Person zu befragen. Zu Beginn der Vernehmung zur Sache haben Sie gemäß § 24 Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Absatz 4 des Untersuchungsausschussgesetzes Gelegenheit, zum Beweisthema im Zusammen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Dr. de hang vorzutragen. Im Anschluss daran erhalten Maizière, vor Ihrer Anhörung habe ich Sie zu- die Mitglieder des Ausschusses das Wort für die nächst zu belehren. Sie sind als Zeuge geladen Befragung. Dies geschieht nach dem Stärkever- worden. Als Zeuge sind Sie verpflichtet, die hältnis der Fraktionen. - Haben Sie hierzu Fra- Wahrheit zu sagen. Ihre Aussagen müssen richtig gen? und vollständig sein. Sie dürfen nichts weglas- sen, was zur Sache gehört, und nichts hinzu- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. fügen, was der Wahrheit widerspricht. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich darf Sie Ich habe Sie außerdem darauf hinzuweisen, dass dann nun bitten, sich dem Ausschuss mit möglicherweise strafrechtliche Folgen eintreten Namen, Alter, Beruf und einer ladungsfähigen können bei einem Verstoß gegen die Wahrheits- Anschrift vorzustellen. pflicht. Wer vor dem Untersuchungsausschuss uneidlich falsch aussagt, kann gemäß § 162 in Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Dr. Thomas de Verbindung mit § 153 des Strafgesetzbuches mit Maizière, geboren am 21. Januar 1954, von Beruf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jah- Jurist, und zu laden über das BMI in Alt-Moabit ren oder mit Geldstrafe bestraft werden. in Berlin.

Nach § 22 Absatz 2 des Untersuchungsausschuss- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- gesetzes können Sie die Auskunft auf solche Fra- lichen Dank. - Wie ich es gerade angekündigt gen verweigern, deren Beantwortung Sie selbst

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habe, möchte ich Ihnen zu Anfang die Gelegen- arbeit infrage stellen. Dieser Verantwortung müs- heit geben, gemäß § 24 Absatz 4 des Untersu- sen wir gemeinsam gerecht werden. Das Wohl chungsausschussgesetzes sich im Zusammen- unseres Landes ist Bundestag und hang zum Gegenstand Ihrer Vernehmung zu Bundesregierung1 gleichermaßen und gemeinsam äußern. Möchten Sie dies? anvertraut.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. Damit aber keine Missverständnisse entstehen, möchte ich auch in aller Deutlichkeit Folgendes Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann haben sagen: Die Arbeit von Nachrichtendiensten unter- Sie jetzt das Wort, Herr Minister. liegt selbstverständlich Grenzen. Diese sind ange- sichts des technischen Fortschritts schwieriger Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, Herr Vorsit- zu definieren als früher. Was in jedem Fall nicht zender, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach geht, ist eine Vorgehensweise von Nachrichten- meinem Verständnis soll es in meiner Zeugen- diensten, bei der Mitte und Maß nicht beachtet aussage im Schwerpunkt um die Vorgänge gehen, werden. Es gibt sicherlich berechtigte Zweifel, ob mit denen sich der Untersuchungsausschuss in die NSA in der Vergangenheit diesem Anspruch den vergangenen Monaten befasst hat. Das betrifft immer gerecht wurde. Umso mehr begrüße ich vor allem meine Zeit im Bundeskanzleramt vom nun die in den Vereinigten Staaten geführte De- November 2005 bis zum Oktober 2009. batte um eine Reform der Nachrichtendienste.

Lassen Sie mich aber als Bundesinnenminister Lassen Sie mich nun zu den einzelnen Themen- Folgendes voranstellen: Unser Land sieht sich komplexen kommen, die Gegenstand ihrer Unter- heute mehr denn je einer Vielzahl schwerwiegen- suchung sind und Bezüge zu meiner Verantwort- der Bedrohungen ausgesetzt, nicht nur im Be- lichkeit als Chef des Bundeskanzleramtes haben. reich des internationalen Terrorismus. Wir dür- Zu meiner damaligen Tätigkeit als Chef des Bun- fen bei der Betrachtung der Gefährdungslage un- deskanzleramts gehörte neben einer Vielzahl an- seres Landes eines nicht aus dem Auge verlieren: derer Aufgaben, wie sie ja alle wissen, auch die Keine nationale Sicherheitsbehörde ist diesen Aufsicht über den BND sowie die Koordinierung Herausforderungen alleine gewachsen. Die Ver- der Nachrichtendienste. Unterstützt wurde ich einigten Staaten von Amerika und Deutschland dabei durch die zuständige Abteilung 6 im Bun- sind in der Bekämpfung dieser Bedrohungen deskanzleramt. In den vier Jahren meiner Tätig- keine Gegner, sondern enge Partner, die seit Jahr- keit erreichten mich Entscheidungsvorlagen, zehnten auf einer gemeinsamen Wertebasis ver- bloße Unterrichtungen oder Fragen zu einer Viel- trauensvoll zusammenarbeiten. zahl von Themenkomplexen im Zusammenhang mit der Arbeit des BND. Dass wir in der Vergangenheit keine schwerwie- genden Anschläge zu verzeichnen hatten, ver- Ich möchte einige davon kurz erwähnen, um das danken wir auch Glück, das wir hatten, verdan- Spektrum meiner Befassung sowie den politi- ken wir auch der Professionalität der deutschen schen Kontext der hier relevanten Sachverhalte Sicherheitsbehörden, aber auch der Informatio- zu verdeutlichen. In meiner Amtszeit kam es zu nen durch die US-Seite. Diese Zusammenarbeit mehreren Entführungen deutscher Staatsbürger hat sich bewährt. Sie dient der Sicherheit und im Ausland, die ich hier nicht alle aufzählen Freiheit unserer Bürgerinnen und Bürger, übri- kann und möchte. In meine Amtszeit fielen auch gens auch unserer Soldatinnen und Soldaten, große Projekte. Nennen möchte ich die Entschei- Polizistinnen und Polizisten im Ausland. Sie dung über den BND-Umzug nach Berlin, genau liegt damit im nationalen Interesse unseres Lan- genommen den Teilumzug, sowie eine große or- des. Niemand sollte diese zentrale Zusammen- ganisatorische Umstrukturierung im BND, mit der wir strukturell auf die neue Bedrohungslage

1) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1.

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durch den internationalen Terrorismus reagiert Es ist mittlerweile allgemein bekannt, dass die haben. damalige Kooperation zwischen BND und NSA am Standort Bad Aibling auf einem sogenannten Daneben gab es zahlreiche andere internationale Memorandum of Agreement basierte, das im Baustellen und Krisenherde, die den BND und Jahre 2002 unter meinem Amtsvorgänger abge- das Bundeskanzleramt beschäftigt haben. Exem- schlossen wurde. Die Vereinbarung dieser Ko- plarisch genannt seien hier der Libanon-Krieg im operation halte ich auch im Nachhinein im Jahre 2006 mit der anschließenden UNIFIL-Mis- Grundsatz für richtig. sion unter deutscher Beteiligung oder das irani- sche Atomprogramm. Als ich Ende November 2005 meine Arbeit im Bundeskanzleramt aufnahm, lief die Operation Ein weiteres Thema, das auch heute ja noch von „Eikonal“ bereits. Auch die entscheidende G-10- großer Bedeutung ist, waren Fragen der IT-Si- Anordnung wurde vor meiner Amtszeit im Okto- cherheit und des IT-Schutzes. Ich wurde etwa als ber 2005 beantragt und von der G-10-Kommis- Chef des Bundeskanzleramtes gemeinsam mit sion genehmigt. Offenbar bedurfte es aus Sicht den sogenannten Sicherheitsressorts der Bundes- des BND mit meinem Amtsantritt keiner Ent- regierung über sicherheitsrelevante Entwicklun- scheidung mehr. Jedenfalls wurde ich als Chef gen informiert wöchentlich in den Nachrichten- des Bundeskanzleramts auch in der Folgezeit dienstlichen Lagen oder im Rahmen themenbezo- nach meinen Erinnerungen und nach der mir be- gener Briefings. Diese beinhalteten beispiels- kannten Aktenlage des Bundeskanzleramts nicht weise, dass ich zuweilen auch zur Lage der IT- mehr entscheidend mit dieser Operation befasst. Sicherheit unterrichtet wurde, etwa über Bedro- Auch die eigentliche Entscheidung, die Opera- hungen der Informationsinfrastrukturen, Gefah- tion einzustellen, wurde mir lediglich mittelbar ren im Zusammenhang mit dem Einsatz von IT- zur Kenntnis gegeben. Produkten, Möglichkeiten der Computersabotage und -spionage und vertrauenswürdige Dienstleis- Allgemeine Kenntnis von der Operation und Bad ter im IT-Bereich. Aibling erlangte ich im Zusammenhang mit Ge- sprächen, die ich im Zeitraum Ende 2007/Anfang Es versteht sich von selbst, dass ein Chef des 2008 mit dem damaligen Direktor der US-Nach- Bundeskanzleramts in aller Regel nicht in opera- richtendienste, McConnell, dem sogenannten tive Einzelheiten des BND eingebunden wird. DNI, führte. Darüber habe ich das Parlamentari- Das war auch vor meiner Zeit so und vermutlich sche Kontrollgremium in seiner Sitzung am auch danach. 6. Mai umfassend in geheimer Sitzung unterrich- tet. In diesem Gespräch ging es hauptsächlich um Die Kooperation mit der NSA im Bereich der sicherheitspolitische Themen, die damals eine strategischen Fernmeldeaufklärung, die den Rolle spielten, insbesondere das Iran-Dossier. Am Schwerpunkt Ihrer Beweisaufnahme und der Rande ging es um die Gefährdung des Internets öffentlichen Berichterstattung seit Sommer 2013 und den Schutz kritischer Infrastrukturen. ausmacht, stand nach meiner persönlichen Erin- nerung und der Aktenlage des Bundeskanzler- Die US-Seite äußerte damals spezielle Wünsche amts seinerzeit nicht im Mittelpunkt meiner Ar- nach einer Ausweitung der Kooperation im Be- beit. Erst seit der Berichterstattung rund um das reich der strategischen Fernmeldeaufklärung. Thema Snowden hat dieses Thema für alle ein Dazu kann ich in öffentlicher Sitzung leider nicht ganz anderes Gewicht, nicht nur in Deutschland. mehr sagen, worauf sich diese speziellen Wün- sche bezogen. Ich habe es in der Sitzung des Par- Lassen Sie mich nun zu dem Thema kommen, lamentarischen Kontrollgremiums umfassend auf dem in den vergangenen Monaten der Fokus vorgetragen. An dieser Stelle nur so viel: Dabei Ihres Interesses lag. ging es nicht um Selektoren.

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Der BND riet von dieser gezielten erweiterten Der Vollständigkeit halber möchte ich an dieser Kooperation ab und begründete dies mit abstrak- Stelle noch erwähnen, dass ich eine Operation, ten Risiken, die sich in der Zusammenarbeit zwi- die Presseberichten zufolge auch „Glo“ genannt schen Nachrichtendiensten grundsätzlich auftun wird und ebenfalls Gegenstand Ihrer Untersu- können und sorgfältig mit dem Nutzen einer Zu- chung ist, nicht kenne. Meiner Erinnerung nach sammenarbeit abgewogen werden müssen. Im Er- war ich mit einer solchen Operation schlicht gebnis sind wir auf die konkreten Wünsche der nicht befasst. Auch in den mir jetzt vom Bundes- US-Seite nach dieser verstärkten Zusammen- kanzleramt vorgelegten Akten konnte ich dazu arbeit gerade nicht eingegangen und haben davon nichts finden. Ich kann daher zu dieser Opera- Abstand genommen. Die Einschätzung des BND tion keinen Aufklärungsbeitrag leisten. und unsere Entscheidung halte ich weiterhin für richtig. Auf diese Thematik und - anders als öf- Ich möchte nur noch etwas Grundsätzliches zu fentlich dargestellt - nicht auf die Selektoren- möglichen Spionagetätigkeiten der US-Dienste in problematik bezogen sich auch Zitate aus den ge- Deutschland und entsprechenden Aufklärungen heimen Akten des Bundeskanzleramts, die jüngst durch unsere Dienste sagen. Zum einen war es Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung natürlich schon vor der Snowden-Veröffent- waren. lichung bekannt, dass die Interessen amerikani- scher Nachrichtendienste nicht immer mit denen Im Raum stand die Behauptung, dass ich auf- anderer Staaten - auch nicht den deutschen - de- grund meiner damaligen Tätigkeit als Chef des ckungsgleich sind. Das entspricht ein Stück weit Bundeskanzleramts seit 2008 Kenntnis von an- dem Wesen von Nachrichtendiensten und muss geblicher Wirtschaftsspionage durch US-Nach- folglich in diesem Bereich immer in Betracht ge- richtendienste, das heißt konkret der Verwen- zogen werden. Zum anderen hat für unsere Spio- dung von Selektoren zum Zwecke der Spionage nageabwehr die Beobachtung von gegnerischen gegen deutsche und europäische Unternehmen Nachrichtendiensten selbstverständlich eindeutig durch die NSA, gehabt haben soll. Gestützt Priorität. Das war damals so und ist auch heute wurde diese Behauptung auf Vorgänge, die mir weiterhin so. Und das Bundesamt für Verfas- im Jahre 2008 vorgelegt wurden bzw. vorgelegt sungsschutz leistet hier eine unverzichtbare worden sein sollen und die angeblich entspre- Arbeit. chende Hinweise enthielten. Noch einmal: Diese Dokumente beziehen sich auf die eben von mir In den Anfangszeiten der Bundesrepublik erwähnten Gespräche mit der US-Seite wegen Deutschland standen die Bedrohungen durch die einer weitergehenden speziellen Kooperation Nachrichtendienste des Ostblocks, insbesondere bzw. eines entsprechenden Kooperationswun- durch das Ministerium für Staatssicherheit, im sches und eben nicht auf die Selektorenproble- Vordergrund. Nach dem Fall des Eisernen Vor- matik. hangs befand sich die gesamte Intelligence Com- munity in einer Phase der Umorientierung und Das Bundeskanzleramt hat die entsprechend ein- Neufindung - die deutschen Nachrichtendienste gestuften Dokumente Ihnen und auch dem Parla- eingeschlossen. Die Ereignisse vom 11. Septem- mentarischen Kontrollgremium vorgelegt. Es gab ber 2001 stellten eine weitere Zäsur dar. keine Hinweise an mich, dass die NSA die Selek- toren „EADS“, „Eurocopter“ oder „Französische Ich erspare uns Einzelheiten, aber möchte kurz Behörden“ verwendet. Wie ich der Presse ent- an Folgendes erinnern: Nach dem 11. September nehmen konnte, hat Herr Schindler das ebenfalls wurde uns plötzlich bewusst, dass wir die Di- bestätigt, als er hier vor etwa vier Wochen ausge- mension der Bedrohung durch den internationa- sagt hat, dass die zuständige Fachabteilung des len Terrorismus auch in Deutschland unter- BND erst 2010 die Amtsleitung des BND über schätzt hatten und unsere Sicherheitsbehörden entsprechende Erkenntnisse informiert hat. sich auf diese neue Bedrohung umfassend ein- stellen mussten. Die personellen Ressourcen wurden vor diesem Hintergrund immer stärker

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von der Spionageabwehr abgezogen. Die damit Nachrichtendienste zu diesem Zweck auch ver- einhergehende Aufgabenpriorisierung bildete dächtige Unternehmen in den Blick nehmen sich zwangsläufig in nach Staaten und Gefähr- müssen. Diese Proliferationsbekämpfung ist von dung differenzierten Beobachtungsintensitäten der Wirtschaftsspionage zu unterscheiden, die ab. darauf abzielt, heimischen Unternehmen Wett- bewerbsvorteile zu verschaffen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn Aktivitäten von Nachrichtendiensten befreundeter Staaten in Generell gilt: Nicht immer, wenn Unternehmen Deutschland mit geringerer Intensität beobachtet von Nachrichtendiensten beobachtet werden, werden als Aktivitäten gegnerischer Nachrichten- handelt es sich also um Wirtschaftsspionage. dienste. Es ist so und dürfte eigentlich für nie- Weitere Gründe, warum Unternehmen in den manden eine Überraschung sein. Die Amerikaner Fokus von Nachrichtendiensten geraten können, waren und sind in Sicherheitsfragen unser sind etwa auch die Bekämpfung von organisierter Hauptverbündeter. Die Spionageabwehr hat da- Kriminalität, internationalem Waffenhandel oder her seit Jahrzehnten und bis zum Sommer 2013 Verstöße gegen Embargoregelungen. Auch ein nicht in besonderer Weise die Aktivitäten der einzelner Mitarbeiter eines Unternehmens kann US-Dienste in den Blick genommen. Gleichwohl in den Fokus geraten, wenn es sich beispiels- haben die Dienste auch in der Vergangenheit bei weise um einen Terrorverdächtigen handelt. den Amerikanern - der gesetzlichen Aufgabe fol- gend - keineswegs weggeschaut. Selbstverständlich war immer davon auszugehen, dass die NSA diese genannten Bereiche weltweit Dass die Bundesregierung bei tatsächlichen Er- aufklärt, insbesondere auch Interesse an einer eignissen nicht untätig bleibt, erkennen Sie auch Proliferationsbekämpfung in Europa haben dürfte daran, dass erst kürzlich ein Mitarbeiter der US- und über entsprechende Möglichkeiten verfügt. Botschaft die Bundesrepublik verlassen musste. Das hätte zum Beispiel auch deutsche oder euro- Bei konkretem Verdacht war das auch früher so - päische Rüstungsunternehmen betreffen können. meist in Form einer stillen Ausweisung2. Mit der Bekämpfung der Proliferation beschäftigt 3Die US-Seite hat wiederholt versichert, dass sie sich im Übrigen seit 1989 der Ressortkreis „Aus- zur Förderung ihrer heimischen Unternehmen fuhrkontrolle“ im Bundeswirtschaftsministerium. keine Wirtschaftsspionage gegen hiesige Ziel dieses Kreises ist die Koordinierung der Unternehmen betreibt. Ich habe gerade erst am Proliferationsbekämpfung zwischen den Ressorts Rande eines sogenannten G-6-Treffens bei und mit den Sicherheitsbehörden. Hier findet ein Dresden mit Loretta Lynch, der amerikanischen regelmäßiger Informationsaustausch statt. Das be- Justizministerin, gesprochen. Sie hat mir inhaltet auch Erkenntnisse über deutsche Unter- nochmals bestätigt, dass die USA keine Spionage nehmen, die wir von befreundeten Nachrichten- betreiben, um US-Unternehmen oder US- diensten erhalten haben. Auch Hinweise von US- Wirtschaftsbranchen einen Wettbewerbsvorteil Seite gehen dort ein. Von daher ist diese Art der zu verschaffen. Tätigkeit der Nachrichtendienste im Ressortkreis bekannt und in Ordnung. Es ist geradezu ihre Zum Thema Wirtschaftsspionage gab es in den Pflicht. vergangenen Wochen einige Unklarheiten und Missverständnisse. Das betrifft in erster Linie die Ich halte fest: Frage nach der Definition. Die Begrifflichkeiten sind hier gelegentlich durcheinandergeraten. Na- Ich habe keine Erinnerung daran, dass US- heliegend und für jedermann verständlich ist Dienste Wirtschaftsspionage zur Erlangung von doch etwa, dass wir die Verbreitung von Massen- vernichtungswaffen bekämpfen müssen und

2) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1. 3) vgl. Anmerkung des Zeugen, siehe Anlage 1.

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Wettbewerbsvorteilen für amerikanische Unter- viel: Die Aufklärungsaktivitäten der Spionage- nehmen betreiben. Dies entspricht im Übrigen abwehr des Bundesamtes für Verfassungsschutz auch der amerikanischen Rechtslage. richten sich seit dieser Erweiterung auf den 360- Grad-Blick grundsätzlich gegen Spionageaktivi- Das Thema Wirtschaftsspionage beschäftigt die täten aller fremden Nachrichtendienste ohne Bundesregierung nicht erst seit den Snowden- Festlegung auf bestimmte Staaten oder ohne Aus- Veröffentlichungen. Gerade auch das Bundes- schluss bestimmter Staaten. Dies schließt die innenministerium nimmt das Thema ernst und USA ein. hat 2007 einen Ressortkreis „Wirtschaftsschutz“ aufgesetzt, an dem eine Vielzahl von Behörden Der Fokus der deutschen Spionageabwehr liegt beteiligt sind - auch das Bundeskanzleramt und nach wie vor auf den gegnerischen Nachrichten- der BND. Der Ressortkreis „Wirtschaftsschutz“ diensten. Eine systematische und damit beson- bündelt die Erkenntnisse der Bundesregierung im ders ressourcenintensive Bearbeitung kann auch Bereich der Wirtschaftsspionage und erarbeitet künftig nur hinsichtlich der Nachrichtendienste im Zusammenwirken mit der Wirtschaft auf de- erfolgen, deren Zielrichtungen in besonderer ren Bedürfnisse abgestellte Gegenmaßnahmen. Weise gegen die Interessen der Bundesrepublik Dort geht es im Schwerpunkt um die Bedrohun- Deutschland gerichtet sind. Nach meiner Mei- gen aus China und Russland. Auch in diesem nung sollte auch hier im Untersuchungsaus- Kontext habe ich keine Erinnerung daran, dass schuss nicht aus dem Blick geraten, dass die be- Erkenntnisse über US-Dienste dahin gehend be- deutsamen nachrichtendienstlichen Gefährdun- standen, diese betrieben Wirtschaftsspionage zur gen nach wie vor eben von anderen als unseren Erlangung von Wettbewerbsvorteilen für ihre na- westlichen Verbündeten ausgehen. tionalen Unternehmen. Meine Damen und Herren, ich fasse noch einmal Die Große Koalition hat das Thema Wirtschafts- zusammen: schutz in ihrem Koalitionsvertrag politisch wei- ter aufgewertet und vereinbart, eine nationale Erstens. Die Zusammenarbeit mit den US-Diens- Strategie für den Wirtschaftsschutz zu erarbeiten. ten ist von zentraler Bedeutung. Sie dient der Si- Ich betrachte den Schutz des Know-hows unserer cherheit und Freiheit unser Bürgerinnen und Unternehmen als eine Aufgabe von gesamtstaat- Bürger. lichem Interesse und als Erfolgsfaktor für die deutsche Wirtschaft. Daher erarbeitet mein Haus Zweitens. Nachrichtendienste - auch die US-ame- seit einem Jahr zusammen mit den großen Wirt- rikanischen - müssen aber Maß und Mitte beach- schaftsverbänden und den Sicherheitsbehörden ten. Maßnahmen zum Schutz vor Wirtschaftsspio- nage. Drittens. Als Chef des Bundeskanzleramts habe ich keine Kenntnis von den Selektoren erlangt. Vor dem Hintergrund Ihres Untersuchungsauftra- ges ist noch wichtig, dass ich im vergangenen Viertens. Spezielle Wünsche der US-Seite in den Jahr als Konsequenz aus den Snowden-Veröffent- Jahren 2007/08 nach Ausweitung einer Koopera- lichungen die Neuausrichtung der Spionage- tion haben wir wegen der damit verbundenen Ri- abwehr und die damit verbundene Stärkung des siken abgelehnt. sogenannten „360-Grad-Blicks“ auf den Weg ge- bracht habe, um auch über die weiterhin beste- Und fünftens. Mir lagen und liegen keine Er- henden Hauptbedrohungen hinaus Verdachtsfäl- kenntnisse vor, dass US-Dienste deutsche Unter- len verstärkt nachgehen zu können. Ich bitte um nehmen aufklären, um US-Unternehmen Wettbe- Verständnis, dass ich mich hier zu Einzelheiten werbsvorteile zu verschaffen. der gegenwärtigen Beobachtungspraxis nicht im Untersuchungsausschuss äußern kann. Nur so Das beendet meine einführende Stellungnahme.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sehr geehrter hatten - immer dienstags, wie Sie wissen -, spiel- Herr Minister, herzlichen Dank für das Eingangs- ten solche Fragen eine Rolle, aber immer im statement. - Wir kommen jetzt zu den Fragen der Blick auf andere Staaten, insbesondere China. Fraktionen. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit würde ich vorschlagen, dass wir direkt in die Nina Warken (CDU/CSU): Gab es konkrete Hin- Fragerunde der Fraktionen gehen, damit wir weise, als Sie Chef des Kanzleramts wurden, dass heute auch noch die Chance haben, alle Fragen die NSA die im Jahr 2002 begonnene Koopera- zu stellen. Daraus ergibt sich folgende Reihen- tion missbrauchen könnte, etwa zur Wirtschafts- folge bei der Befragung: Zuerst beginnt die Frak- spionage oder auch für sonstige Aktionen, die ge- tion der CDU/CSU, gefolgt von der Fraktion Die gen deutsche Interessen waren? Linke und danach die Fraktion der SPD und dann die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. - Und Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, gab es ich gebe Frau Kollegin Warken zuerst das Wort. nicht. Ich habe auch über die Konstruktion dieses MoA und Bad Aibling erst im Zusammenhang, Nina Warken (CDU/CSU): Ja, vielen Dank. - Herr wie sich aus den geheimen Akten ergibt, mit dem Minister, ich möchte zunächst auch zu den Fra- Gespräch mit Herrn McConnell erfahren. Also gen kommen, die uns jetzt derzeit aktuell im das war Ende 2007/Anfang 2008. Ausschuss interessieren. Sie haben schon einige Ausführungen zum Thema Wirtschaftsspionage Nina Warken (CDU/CSU): Ihnen wurde also gemacht. Vielleicht können Sie noch ergänzend dann nicht über laufende Operationen berichtet, erläutern. und über „Eikonal“, wenn ich Sie richtig verstan- den habe, haben Sie dann auch erst Ende 2007 Im Jahr 2005, als Sie Chef des Bundeskanzler- erfahren. Oder wann haben Sie davon erfahren? amts wurden, das Amt von Herrn Dr. Steinmeier übernommen haben: Welchen Informationsstand Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ende 2007/An- hatte man damals im Kanzleramt zum Thema fang 2008 im Zusammenhang mit den Vermer- Wirtschaftsspionage? Hat Ihr Vorgänger Ihnen zu ken, von denen die Rede ist. - Ich will noch mal diesem Thema irgendwas berichtet? unterstreichen, wie meine Vorgänger auch - Plural wohlgemerkt -, dass die Einbindung in Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich muss zu- Einzeloperationen ganz unüblich war. Es gab nächst sagen, dass Herr Steinmeier die Rolle - - Ausnahmen, zum Beispiel bei Geiselnahmen seine Rolle gegenüber früheren Phasen verändert deutscher Staatsbürger. hatte. Früher gab es neben oder unter dem Chef des Bundeskanzleramts eine andere Konstruk- Nina Warken (CDU/CSU): Bei „Eikonal“ handelt tion, die sich um den BND kümmerte. Herr Stein- es sich ja um eine Kabelerfassung in Deutsch- meier hat die Rolle des - als Chef BK - Beauftrag- land, und eine der zentralen rechtlichen Fragen - ten für die Nachrichtendienste und Koordinators dazu hatten Sie vorhin auch schon ausgeführt - übernommen, hat auch ND-Lagen und Ähnliches war ja der Umgang mit Routineverkehr, der bei eingeführt, und ich habe, als ich ins Amt kam, einer G-10-Erfassung sozusagen als Beifang an- das für richtig gehalten und diese Funktionsbün- fällt. delung, wenn man so will, übernommen. Wir haben in der Beweisaufnahme erfahren, dass Im Übergabegespräch, was wir seinerzeit hatten - das Thema zum Beispiel am 20. Oktober 2004 in sowohl unmittelbar bei der Amtsübergabe, auch einer Besprechung im Kanzleramt thematisiert später im Auswärtigen Amt, als ich ihn einmal wurde - noch zu Zeiten von Herrn Steinmeier. besucht habe -, spielte das Thema Wirtschafts- Dort wurde dann entschieden, dass der BND eine spionage keine besondere Rolle. In den wöchent- G-10-Anordnung beantragen soll, um Zugang lichen Lagen, die wir dann natürlich hinterher eben zu diesen paketvermittelten Daten zu erhal- ten. Das geschah dann auch im Oktober 2005, und die Rechtsfrage, ob der BND dann diesen

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Beifang, die anfallenden Routineverkehre, eben- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Deswegen falls erheben und auswerten dürfe, wurde dann bitte ich - die eingestuften Unterlagen -, dann da- im Kanzleramt bejaht. Es wurde auch entschie- raus nur in den eingestuften Sitzungen zu berich- den, dass die G-10-Kommission darüber nicht zu ten. informieren war oder keine Stellungnahme von der G-10-Kommission erbeten werden soll. (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das haben Sie ja so vorgefunden, diese Sachlage, NEN): Beziehen Sie das auf haben Sie gesagt. Also, die rechtliche Problema- das, was der Minister gesagt hat, oder auf das, tik wurde Ihnen dann schon geschildert - was Frau Warken vorgehalten hat?) Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. - Ich beziehe es grundsätzlich darauf, weil ich die Nina Warken (CDU/CSU): - zu Ihrem Amtsantritt Sorge sah, dass sich hier möglicherweise ein - oder? Sachverhalt eröffnet, der dann ein Bericht aus eingestuften Unterlagen wird. Und bevor das ein- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das habe ich tritt, habe ich die Wortmeldung gemacht, damit auch so vorgefunden. Könnte den Eindruck erwe- das gar nicht erst eintritt und sich Herr Wolff cken, als sei mir das irgendwie vorgetragen wor- nicht melden muss. den. Das ist nicht der Fall. Ich habe den Gesamt- komplex erst im Zusammenhang mit den Gesprä- (Dr. Konstantin von Notz chen 2007/2008 erfahren. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, nur bei den Stein- Nina Warken (CDU/CSU): Und wie haben Sie meier-Belastungen eben diese Rechtsauffassung damals beurteilt, als Sie wurde - - hat niemand davon erfahren haben? Würden Sie das heute an- eingegriffen!) ders beurteilen? Nina Warken (CDU/CSU): Alles aus öffentlich, Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auch in den Un- alles öffentlich. terlagen, die Sie ja kennen, die Geheim eingestuft sind, taucht das Wort „Routineverkehr“ nur ein- (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mal in Klammern auf. Da wird auf diesen Sach- NEN): Alles öffentlich! verhalt, den Sie hinweisen, gar nicht - - darüber Sehr gut!) wird gar nicht aufmerksam gemacht. Und G-10- Anträge im Einzelnen wurden zu meiner Zeit Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Frau auch dem Chef des Bundeskanzleramts nicht vor- Warken darf auch weitermachen. gelegt. (Dr. Konstantin von Notz Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich möchte (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nur kurz darauf hinweisen, dass wir aus einge- NEN): Vielleicht können stuften Akten natürlich nicht berichten können Sie noch mal das Akten- in diesen Sitzungen. Weil wenn sich das einmal zeichen sagen, Frau Kolle- eröffnet, dann stellt sich die Frage: Wo ist das gin! - Gegenruf des Abg. Ende? Tankred Schipanski (CDU/CSU): Im Spiegel!) Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. Nina Warken (CDU/CSU): Ja, Sie hatten vorhin schon ein Gespräch erwähnt, das Sie mit dem amerikanischen Geheimdienstkoordinator McConnell geführt haben, Ende 2007, der den

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Wunsch an Sie herangetragen hatte, eine beste- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: In der Nachberei- hende Kooperation auszuweiten, und laut tung zu diesem Gespräch haben wir dann ein Ge- Spiegel vom 16. Mai 2015 habe es dann am spräch geführt. Den Inhalt dieses Gespräches 22. Januar 2008 bei Ihnen im Kanzleramt auch kann ich in öffentlicher Sitzung nicht wieder- ein Gespräch gegeben. Der Zeuge Uhrlau, damals geben. Es gibt dazu ein Ergebnisprotokoll. BND-Präsident, hat teilgenommen in Begleitung seines Abteilungsleiters Urmann, des Vizepräsi- Nina Warken (CDU/CSU): Der Zeuge Uhrlau hat denten von Brandis. Können Sie sich an dieses uns auch in Teilen in öffentlicher Sitzung über Gespräch erinnern mit diesen Teilnehmern am dieses Gespräch berichtet, er habe seitens des 22. Januar 2008? BND Bedenken vorgetragen gegen diese ge- wünschte Ausweitung der Kooperation. Können Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. - Ich möchte Sie uns sagen, welche Bedenken da konkret sei- gern noch mal kurz etwas zu diesem Besuch sa- tens des BND geäußert wurden? gen, weil es auch, Herr Vorsitzender, dann öffent- lich berichtet wurde. - Der Hauptgegenstand die- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es trifft zu, dass ses Besuches war nicht der Wunsch nach einer der BND-Präsident Bedenken geäußert hat. So speziellen weiteren Kooperation, sondern das so- war auch der Ratschlag der Abteilung 6 im Bun- genannte Iran-Dossier. Sie werden sich vielleicht deskanzleramt, und die Bedenken hatten zur erinnern, dass unter Führung von dem damaligen Grundlage eine allgemeine, nicht konkrete Ein- DNI die amerikanische Seite plötzlich eine Ein- schätzung über damit verbundene Risiken. Oder, schätzung, Assessment, vorgenommen hatte, die um es mal umgangssprachlich zu sagen: Er hat zu dem Ergebnis kam, dass die iranische Seite vor gewissen Übergrifflichkeitsmöglichkeiten für weit weg von dem Bau einer Atombombe sei. die Zukunft der US-Seite gewarnt - gerade weil das, worum es ging, sensibel ist. Und das ist Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich muss jetzt einer der Gründe, warum wir dann diese Zusam- mal fragen, ob dieses Dossier eingestuft ist. Wir menarbeit, diese erweiterte Kooperation abge- suchen es gerade. lehnt haben.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Das, was Nina Warken (CDU/CSU): Der Zeuge Uhrlau, ich jetzt berichte, ist sozusagen - auch der Zeuge Fritsche eben haben beide gesagt, dass es nur ganz allgemein über mögliche Über- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. grifflichkeiten, über mögliche Wirtschaftsspio- nage ging, dass konkrete Begriffe - EADS und (Tankred Schipanski Eurocopter - nicht gefallen seien. Haben Sie die- (CDU/CSU): Ist Zeitungs- selbe Erinnerung? wissen!) Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - presseöffent- lich, weil nämlich, Herr Vorsitzender, dieses Nina Warken (CDU/CSU): Der Herr Fritsche hat Assessment auf seiner Europareise plötzlich in uns vorhin auch gesagt, es sei im Schwerpunkt der Zeitung stand. Und dann haben wir in den auch nicht über diese Themen gegangen, sondern Gesprächen über dieses Assessment gesprochen, der Schwerpunkt der Besprechung seien indus- und am Rande hat er eine spezielle weitere Ko- triepolitische Gründe gewesen, aus denen dann operation angeboten, die ich jetzt in öffentlicher auch der BND eben seine Bedenken hergeleitet Sitzung nicht weiter vertiefen kann. hat - industriepolitische Gründe in dem Sinne, dass man sich in der Zusammenarbeit, in der Ko- Nina Warken (CDU/CSU): Und über diese Ko- operation nicht immer auf Amerikaner verlassen operation haben Sie dann mit den Herren, die ich soll, sondern dass man auch eigenes technisches eben genannt habe, im Januar gesprochen? Know-how entwickeln solle -, und, ja, das sei auch einer der Gründe gewesen, zu sagen: keine

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Kooperation, sondern lieber Entwicklung von Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Das ist eigenem Know-how. Können Sie sich daran auch auch nicht unüblich, dass man Wünsche äußert erinnern? und nicht jeder Wunsch erfüllt wird. Das gilt auch für die Zusammenarbeit zwischen Diensten. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auch das deckt sich mit meinen Erinnerungen; aber das kann ich Nina Warken (CDU/CSU): In dem Spiegel-Arti- jetzt in öffentlicher Sitzung nicht näher begrün- kel, den ich eben schon erwähnt habe, heißt es den. weiter, dass Sie in diesem Gespräch mit den Ver- tretern des BND, über das wir gesprochen haben, Nina Warken (CDU/CSU): Und ein weiterer wissen wollten, ob man den Amerikanern „not- Punkt in diesem Gespräch sei auch die G-10-Fil- falls eine andere ‚Zusammenarbeit hinsichtlich terung gewesen und die Tatsache, dass es eben Informationsgewinnung‘“, so heißt es im Spiegel, rein technisch nicht möglich war, eine 100-pro- anbieten könne. Aber auch das habe der BND, ja, zentige Filterung zu erreichen, sondern dass es nicht empfohlen. - Können Sie dazu Näheres sa- auch eine händische Filterung erfordert hat, die gen? Wurde eine andere Zusammenarbeit konkret natürlich sehr langwierig war, und dass das eben ins Auge gefasst? Ist so was erfolgt schließlich? auch einer der Punkte und der Gründe war, wes- halb der BND Bedenken geäußert hat. Haben Sie Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wir haben eine daran auch Erinnerung? Kompensation erwogen, aber auch die kann ich in öffentlicher Sitzung nicht vortragen. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auch das deckt sich mit meiner Erinnerung. Vor allen Dingen Nina Warken (CDU/CSU): In demselben Artikel habe ich daraus entnommen, dass der BND im steht noch, dass man da mithilfe der NSA später Blick auf durch den Artikel 10 des Grundgesetzes eine Kabelerfassung in einem anderen Land reali- geschützte Rechtsgüter immer sehr achtsam war. siert habe. Es steht da konkret:

Nina Warken (CDU/CSU): Und die Warnhin- Man schöpfte nun doch wieder ge- weise des BND haben Sie dann also ernst genom- meinsam Daten ab, aber eben men und auch entschieden, dass dem Wunsch nicht mehr auf deutschem Boden. der Amerikaner da nicht nachgekommen werden soll? Können Sie das bestätigen? Stimmt das, dass es nach „Eikonal“ keine Kabelerfassung des BND Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wir haben das mit der NSA in Deutschland gab, aber eine reali- zusammen entschieden, und ich habe das aber sierte Kabelerfassung im Ausland? selber dann meinem Gesprächspartner nicht übermittelt; das ist wahrscheinlich auf Dienste- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Es meldet ebene erfolgt. Ich bin dann ja kurz danach in die sich Herr Akmann. USA geflogen und habe verschiedene Gespräche geführt, darunter auch erneut mit Herrn MR Torsten Akmann (BMI): Das ist nicht Unter- McConnell. Da hat er sich für die Zusammen- suchungsgegenstand; das hatten wir ja vorhin arbeit mit dem BND bedankt und ist auf weitere schon bei Herrn Fritsche. dieser Wünsche nicht weiter eingegangen - und ich dann natürlich auch nicht. (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist streitig!) Nina Warken (CDU/CSU): Haben Sie irgendeine Reaktion der Amerikaner mitbekommen auf Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe jeden- diese - ich sage es mal - Ablehnung der Wün- falls daran keine Erinnerung. sche?

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Nina Warken (CDU/CSU): Also, Sie können hatte keine operative Erfahrung im Bund. Das keine Aussage dazu treffen, dass es nach Gleiche galt übrigens für Herrn Steinmeier, der „Eikonal“ keine Kabelerfassung des BND gemein- als Chef der Staatskanzlei Chef des Bundeskanz- sam mit der NSA in Deutschland gab? leramts wurde. Ich sage das deswegen, weil wir uns dann in unterschiedlichen Funktionen später Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, wie ge- darüber ausgetauscht haben, wie der Unterschied sagt - - Ich will dazu jetzt nichts sagen, weil, zwischen Landesebene und Bundesebene ist. wenn es nicht Untersuchungsgegenstand ist, ist Und ich habe eine Weile gebraucht, auch um die es auch nicht von meiner Aussagegenehmigung Fülle der Aufgaben eines Chefs des Bundeskanz- erfasst. Dann bleibe ich mal lieber bei der - - leramts sozusagen voll auszufüllen, etliche Mo- nate; denn das ist schon eine andere Liga. Und Nina Warken (CDU/CSU): Ich glaube, der Herr dazu gehörte auch das Thema „BND und Sicher- Akmann meinte aber die - heitslage“.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Bitte? Und da muss ich zunächst einmal sagen, dass die Veränderung der ND-Lage und dann der Präsi- Nina Warken (CDU/CSU): - Auslandskoopera- dentenlage, über die ja hier in anderem Zusam- tion. - Ihr Einwand bezog sich aber auf die Aus- menhang schon oft die Rede war, durch Herrn landskooperation und nicht auf die - - Steinmeier als Konsequenz aus dem 11. Septem- ber in der Terrorbekämpfung für mich absolut Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sollten wir noch einleuchtend war und ein sehr wichtiger Fort- mal - - schritt, glaube ich, in der Professionalisierung der Arbeit der Bundesregierung im Ganzen. Dass Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: In nicht- dort also die Präsidenten und die Staatssekretäre öffentlicher Sitzung kommen wir vielleicht dazu. aller Ressorts sitzen - in der ND-Lage; in der Prä- sidentenlage dann ohne Mitarbeiter -, dass dort Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Genau, in nicht- jeweils Sachverhalte vorgetragen werden, die alle öffentlicher Sitzung, weil es da einen entspre- betreffen: Das hat zu einer wirklich erheblichen chenden Hinweis gibt; aber deren Umsetzung ist Verbesserung der Vernetzung der Ressorts ge- mir nicht weiter in Erinnerung. führt.

Nina Warken (CDU/CSU): Gut, dann übergebe Dabei ging es im Schwerpunkt um Abwehr gegen ich mal an den Kollegen. - Vielen Dank. Terror. Es ging um die großen Krisenherde - von zentraler Bedeutung immer Israel und der Liba- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich hätte im non -, es ging um Geiselbefreiung, soweit nicht Rahmen der Zeit der Union noch ein, zwei der Krisenstab sozusagen in die operativen Ein- grundsätzliche Fragen, und ich will mal begin- zelheiten bezogen war, und dann später, als es nen einfach mit Ihrer Zeit, als Sie gewechselt um die Finanzkrise ging, ging es auch um sozu- sind ins Kanzleramt 2005, vom Vorgänger über- sagen wirtschaftspolitische Entwicklungen in der nommen haben. Würden Sie sagen, die Zeit von Welt: Was würde das bedeuten für den Ölpreis? Herrn Steinmeier als Chef BK war eine ganz an- Was würde das bedeuten für den Nahen Osten? dere, war anders geprägt, als Sie das im Kanzler- Was würde das bedeuten für die Stabilität und amt waren, 2005? War die anders geprägt, gerade alldem? Die Spionageaktivitäten etwa spielten durch natürlich die Anschläge vom 11. Septem- eine absolut untergeordnete Rolle - und wenn, ber? immer im Blick auf China und Russland. Und - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Da muss man sa- So. Von daher fand ich diese Form der Zusam- gen, ich wurde Chef des Bundeskanzleramts als menarbeit, die ich von Herrn Steinmeier über- Landesminister. Ich war zwar Mitglied im Ver- nommen habe, sehr richtig und gut. Und ich habe mittlungsausschuss, kannte viele Leute, aber ich

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dann - auch daran will ich kurz erinnern - ge- schauen mal, ob da bestimmte Dinge einfach an- merkt, als es dann um einen Untersuchungsaus- gepasst werden müssen“? Oder war das eigent- schuss ging im Blick auf die Freilassung eines lich von der Sicht geprägt: „Das läuft rund“? Guantanamo-Häftlings, wo Herr Steinmeier und ich auch Zeugen waren, wie schwierig solche Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich hatte jeden- Entscheidungen sind und wie schwierig es ist, falls keinen Anlass, das grundsätzlich auf den bestimmte Entscheidungen vier, fünf Jahre später Prüfstand zu stellen. Ich fand richtig, dass die aus der Situation heraus, in der man als Chef des Amerikaner mit uns eng zusammenarbeiten und Bundeskanzleramts agiert hat, sozusagen im wir mit den Amerikanern. Nachhinein zu verstehen. Und das gilt für alles, was Chefs des Bundeskanzleramts machen, und Wir waren in Afghanistan. Ich darf daran erin- hier auch. nern, dass kurz - im ersten Monat, glaube ich - nach meiner Amtszeit wir eine erste Entführung Man muss sich immer sozusagen in die jeweilige hatten, und allein das Lagebild über Ort der Gei- Zeit reinversetzen und in das Entscheidungsum- sel und Ähnliches mehr war ganz eindeutig auf feld von Dingen. Und da war eben die Welt nach Hinweise und Zusammenarbeit mit den Amerika- Snowden und vor Snowden eine vollständig an- nern zurückzuführen. Auch die Fragen, die damit dere für uns alle - in der ganzen Welt. im Zusammenhang stehen - welche Varianten und Optionen es für die Lösung solcher Fragen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen gibt -, waren, weil da auch amerikanische Trup- Dank. Dahin ging nämlich meine Frage. Wenn pen in der Gegend stationiert waren, immer eng wir zugrunde legen, dass wesentliche Abkom- abgestimmt mit der amerikanischen Seite. Es men, über die wir ja reden - MoAs etc. -, aus der war - - Ich hatte keinen Anlass, das zu überprü- Zeit von Herrn Steinmeier noch kommen, dann fen, und es hat auch niemand vorgetragen, das zu hätte ich jetzt gefragt, ob im Jahre 2005 und da- verändern. nach Sie Anlass hatten, das infrage zu stellen. Man war ja jetzt einige Jahre weg von den Ereig- Ich darf mal daran erinnern, dass der damalige nissen vom 11. September. - Aber ich habe Sie so Abteilungsleiter 6, Herr Uhrlau, von mir zum verstanden: Sie haben das als richtig bewertet, Präsidenten des BND gemacht worden war - auch auch die organisatorischen Aspekte richtig be- das ist ja ein starkes Zeichen der Kontinuität - wertet, und hatten keinen Anlass, die Dinge im und Herr Fritsche vom BfV dann auf meinen Vor- Jahre 2005 und danach zu hinterfragen, als dass schlag zum Abteilungsleiter 6 geworden ist. Und man jetzt im Grunde wieder eine Neuausrichtung auch in der Zeit danach gab es zwischen Herrn nehmen müsste. Steinmeier und mir, zwischen den Staatssekretä- ren im AA, also insbesondere Herrn Scharioth Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, das habe und Herrn Fritsche und alldem, engste Zusam- ich für richtig gehalten. Ich habe auch die stark menarbeit und größte Übereinstimmung. der amerikanischen Seite gegenüber offene Hal- tung, was Zusammenarbeit angeht - auch nach Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: War das für dem Irakkrieg -, die mein Vorgänger gemacht und Sie wichtig, dass gerade Herr Fritsche, der Kennt- durchgeführt hat, für richtig gehalten und habe nisse aus dem nachrichtendienstlichen Bereich sie seitdem auch in Ausschüssen oder in der Öf- mitbrachte, AL 6 wurde, und wie würden Sie die fentlichkeit stets verteidigt und für richtig gehal- Aufgabenverteilung zwischen Ihnen und dem ten. AL 6, also Herrn Fritsche, beschreiben?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gab es denn Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das war mir dann bei der Amtsübernahme durch Sie und natürlich wichtig. Ich war, wie gesagt, ein - auch durch Herrn Fritsche in einer ähnlichen Zeit Grund, Dinge zu überprüfen, zu sagen: „Wir Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Deswegen. schauen uns jetzt mal die Kooperationen an, wir

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - Landesminis- Nina Warken (CDU/CSU): Ja, nur weil der Kol- ter - - zwar Innenminister, gewesen, aber erstens lege von Notz vorhin unterstellt hat, ich zitiere nicht sehr lange und dann in einem natürlich aus geheimen Akten. - Es hat sich dabei um einen überragend bedeutenden, aber faktisch natürlich Auszug aus dem zum Beweisbeschluss BND-17 kleinen Bundesland. Und vieles dieser Welt war vorgelegten Ordner 190 des Bundeskanzleramts mir, wenn man so will, neu. gehandelt, dort die Blattnummern 11 bis 13, of- fen. Das wurde auch am 23.04.2015 in der Sit- Und die - - Dann war mir auch wichtig, dass - wir zung verteilt als Kopie. waren Große Koalition - - Die Große Koalition war schwierig zustande gekommen. Es gab nicht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, ganz von vornherein Vertrauen auf allen Seiten zwi- herzlichen Dank. - Wir kommen jetzt zu den Fra- schen den handelnden Personen. Und deswegen gen der Fraktion Die Linke, und Frau Kollegin war mir sehr wichtig, dass im Bereich der Sicher- Renner beginnt, nehme ich an. heit, also zwischen Kanzleramt, Außen und Ver- teidigung und Innen, eine ganz enge Zusammen- Martina Renner (DIE LINKE): Herr Innenminis- arbeit entsteht und vertrauensbildende Maßnah- ter, ich würde gerne noch mal ein paar Nachfra- men, damit dort nicht jetzt Parteipolitik gemacht gen zu Ihren Eingangsstatements stellen, weil ich wird. Und dem diente auch die Versetzung, an einigen Stellen doch das Gefühl hatte, dass es wenn man so will, von Herrn Uhrlau als Präsi- sich da lohnt, noch mal genauer jetzt nachzufra- dent des BND, die deswegen ausgelöst war, weil gen. Herr Schäuble Herrn Hanning als Staatssekretär haben wollte, der vorher Präsident des BND war. Bezogen auf die Operation „Eikonal“ hatten Sie Und auch Herr Hanning war dann sozusagen in ausgeführt, dass Sie die entscheidende G-10-An- den Präsidentenlagen dabei. Es war sehr viel ordnung nicht kennen, weil sie vor Ihrer Zeit Kontinuität, die dann zwischen denen war. war. Kennen Sie denn weitere G-10-Anordnun- gen, die im Zusammenhang mit „Eikonal“ dann Und ich wollte dann jemanden haben, der auch beantragt wurden? aus der Szene kommt. Ich kannte Herrn Fritsche gar nicht vorher. Er war mir empfohlen worden. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Die G-10- Er hat sozusagen einen guten Background und Anträge - sowohl vom Kanzleramt wie dann ja wurde dann Abteilungsleiter 6. Und Abteilungs- auch vom BMI - sind nicht auf meiner Ebene - - leiter 6 war dann - - Also, ich war der Beauf- oder haben mich nicht erreicht. Die ist vom AL 6 tragte, wie Herr Steinmeier; aber faktisch ist na- an den Staatssekretär im Innenministerium ge- türlich vieles von dem, was dann früher ein gangen und von dort dann weiter behandelt wor- Staatssekretär gemacht hat - Schreckenberger den. oder der Parlamentarische Staatssekretär Schmid- bauer usw. - - hat dann faktisch Herr Fritsche ge- Martina Renner (DIE LINKE): Und das Wort macht. „entscheidend“ spielte dann noch mal eine Rolle.

Wir hatten vor allen Dingen zu tun in der ersten Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das Wort „ent- Zeit - das habe ich deswegen auch erwähnt - mit scheidend“ - - der Entscheidung über den BND-Umzug nach Berlin, der nicht annähernd so vorbereitet war, Martina Renner (DIE LINKE): Nein, ich sage wie er schien. Und das war ein kompliziertes Ihnen das. - Das Wort „entscheidend“ spielte Stück Arbeit, das auch mit dem Haushaltsaus- dann noch mal eine Rolle, weil Sie sagten: Ich schuss, mit der CSU usw. in trockene Tücher zu war „nicht mehr entscheidend mit dieser Opera- bringen. tion befasst“.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. Dank. - Frau Warken hat noch eine Anmerkung?

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Martina Renner (DIE LINKE): Aber - - den zugrundeliegenden vertraglichen Verpflich- tungen etc. befasst. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das Wort „ent- scheidend“ - da haben Sie natürlich genau zu- Deswegen - - Also zum Beispiel - ich sage mal gehört - bezieht - ganz klar - diese Operation „Glo“ kennt kein Mensch im Bundeskanzleramt. Also keiner, der Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, deswegen hier saß, kennt die. Eine Operation, die absolut sitze ich ja hier. singulär ist - das hat auch Herr Fritsche einge- räumt -, weil sie mit einem US-amerikanischen Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - sich darauf, Dienst, nämlich der CIA, eingefädelt wurde, mit dass ich mich jetzt nicht damit irgendwie dicke dem man sonst nicht gemeinsam ans Kabel geht - tun wollte, ich hätte entschieden, „Eikonal“ ein- und auch noch bei einem US-Provider und auch zustellen: Das ist - - trifft nicht zu, sondern ist noch unter Legende -, kennt kein Mensch im dann im Zusammenhang mit den Geheim einge- Bundeskanzleramt. Kann einem niemand beant- stuften Unterlagen, die Sie kennen - - Daraus geht worten die Frage, auf welcher vertraglichen hervor, dass dann „Eikonal“ nicht besonders er- Grundlage das überhaupt stattgefunden hat: Gab giebig ist und nicht fortgesetzt worden ist. es dafür einen privatrechtlichen Vertrag mit dem Unternehmen, wie „Eikonal“? Gab es dafür einen Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, zum Aus- Letter of Agreement oder sonst was? gang des Projekts „Eikonal“ haben wir jetzt, ich glaube, mittlerweile fünf mögliche irgendwie Va- Das finde ich ziemlich bedenklich, weil das rianten gehört, wie die Geschichte zu Ende geht. würde ja bedeuten, dass es Bereiche im BND gibt, bei denen Eingriffe in Grundrechte - Fernmelde- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich war jeden- geheimnis ist ein Grundrecht -, Datenverarbei- falls an der Entscheidung nicht befasst. Das ist - - tung im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes und Ähnliches mehr stattfinden, wo die zustän- Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Also, es dige Rechts-, Fach- und Dienstaufsicht null zu war nicht ergiebig, wir haben die G-10-Problema- weiß. tik nicht in den Griff bekommen, wir haben ir- gendwie mitbekommen, dass dort irgendwie Se- Wenn ich Sie jetzt frage: „Kennen Sie die Opera- lektoren laufen, die - - tion ‚Glo‘?“, werden Sie mir wahrscheinlich sa- gen: Kenne ich auch nicht. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wie auch immer: Ich war an der Entscheidung nicht befasst. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Habe ich in mei- nem Eingangsstatement gesagt. Martina Renner (DIE LINKE): Genau, Sie waren damit nicht befasst. - Und jetzt komme ich näm- Martina Renner (DIE LINKE): Genau, haben Sie lich genau zu dem Punkt. Sie sitzen ja hier als auch gesagt. - Kennt niemand, kennt auch nicht Chef BK für die Zeit, die wir ja mit einer Reihe Ihr AL 6; niemand. Wie geht das denn? Also, wie von Kooperationsprojekten untersuchen, und ich geht es, dass die zuständige Rechts- und Fachauf- frage mich die ganze Zeit - und das habe ich ja sicht nicht weiß, was dort gemacht wird? auch schon heute Morgen den Zeugen zuvor ge- fragt -, wie denn tatsächlich Rechts-, Fach- und Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, zunächst Dienstaufsicht organisiert ist, wenn - so auf jeden will ich gerne bestätigen, dass ja viel dafür Fall unser Eindruck, nachdem wir Herrn Müller, spricht, wenn es die zuständige Abteilung nicht Herrn Kurz, Herrn Vorbeck, Herrn Fritsche gehört weiß, dass es dann auch der Chef des Bundes- haben - niemand im Bundeskanzleramt sich mit kanzleramtes nicht weiß. Das ist ja irgendwie diesen Operationen, der Zusammenarbeit, der logisch, Frau Abgeordnete. Weitergabe von Daten, der eingesetzten Technik, Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, na ja.

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe - - Na MR Torsten Akmann (BMI): Nein, Entschuldi- gut, dann spricht viel dafür, sagen wir mal so. gung, er hat gesagt - -

Martina Renner (DIE LINKE): Kann aber auch an- (Zuruf: Lesen Sie es noch ders sein. Man überspringt manchmal auch Ebe- mal vor!) nen. Also, ich beschäftige mich lange genug mit Geheimdiensten, um zu wissen, dass es Situatio- Er kennt sie nur im Rahmen der Aktenaufberei- nen gibt, wo man auch Ebenen überspringt; - tung, hat er gesagt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das stimmt. Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Er kennt sie nicht aus seiner Zeit als AL 6 im Bundeskanz- Martina Renner (DIE LINKE): - aber gut. leramt. Er hat jetzt im Rahmen - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das stimmt; das (Zuruf: Der Vorhalt!) ist auch - - Das ist auch in bestimmten Fällen so. Ich war Zeuge im Edathy-Untersuchungsaus- - Wir reden ja jetzt 2005 bis 2009 irgendwie und schuss; da gab es eine Informationskette Ziercke/ die Rechts- und Fachaufsicht, und deswegen - - Fritsche/Friedrich, nicht Dienstweg. Das ist in Er hat jetzt davon gelesen, wie andere auch. Aber besonderen Einzelfällen möglich und auch rich- damals, als er es hätte wissen müssen, weil es tig. Deswegen kann es durchaus sein, dass es da eben eine besondere Operation ist, mit vielen eine direkte Information gibt. Das war in Geisel- rechtlichen Wagnissen, hat er nichts davon ge- nahmen übrigens auch schon mal - - in dem wusst. einen oder anderen der Fall. Aber ich will zu der Aufsichtsfrage gerne etwas sagen. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich kenne sie nicht. Von daher - - Martina Renner (DIE LINKE): Hm. Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Sie kennen Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Natürlich ist - - sie auch nicht; hätte ich auch gar nicht anders er- wartet. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich möchte noch mal ganz kurz unterbrechen, - Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So, jetzt aber - - Zur Aufsicht würde ich gern noch mal etwas sa- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. gen.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - weil der Martina Renner (DIE LINKE): Hm. Vorhalt nicht richtig war. Der Zeuge vorher hat deutlich gesagt - wir haben es gerade im Proto- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Generell: Wir koll recherchiert -, zur Operation „Glo“ kann er reden über große Behörden, - was sagen, aber in eingestufter Sitzung. Er hat nicht gesagt, das kenne er nicht, dazu könne er Martina Renner (DIE LINKE): Hm? nichts sagen. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - 6 000, BND. (Dr. Konstantin von Notz Wir haben das Bundeskriminalamt, wir haben (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das Bundesamt für Verfassungsschutz, und natür- NEN): Na ja!) lich ist es prinzipiell richtig, eine gestufte Verant- wortung zu haben, und es ist auch nicht richtig, Martina Renner (DIE LINKE): Nein. unabhängig von der Frage, ob ein - - ob das Infor- mationssammeln - - ab wann die grundrechtsrele- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, nein, das vant ist - das will ich jetzt mal nicht zwischen ist schon wichtig, dass der Vorhalt stimmt. uns diskutieren - - nicht richtig, dass jeder

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Grundrechtseingriff vom Ministerium entschie- sind. Deren Interesse besteht darin, Nachrichten den werden muss. Da gibt es ganz viele Durchsu- zu sammeln. Man könnte auch sagen: Das sind chungen und sonstige Maßnahmen vom Bundes- Jäger und Sammler, und die werden nicht gerne kriminalamt, die natürlich gemacht werden und beim Jagen und Sammeln gestört. Deswegen ist wo das Innenministerium gar nicht oder viel- die generelle Neigung, schon in dem eigenen leicht aus guten Gründen erst später informiert Haus zu berichten, was geschieht, geringer ausge- wird. Also, generell teile ich nicht Ihre These, zu prägt als in anderen, wahrscheinlich als im Leh- sagen: Wenn ein Grundrechtseingriff - - muss ir- rerkollegium. gendwie vorher oder - - die Aufsichtsbehörde einbezogen werden. Wir haben zum Beispiel, Herr Fritsche und ich, in der Organisationsreform, die ich eben erwähnt Aber ich will gerne generell etwas sagen. Natür- habe, entschieden, eine Veränderung vorzuneh- lich gibt es bei der Aufsicht eine Bring- und eine men, die beim BfV lange schon galt, nämlich, die Holschuld, zuerst allerdings - wir haben darüber Trennung von Auswertung und Beschaffung auf- im PKGr, Herr Abgeordneter Hahn, auch gespro- zuheben. Es war beim BND so, dass der, der aus- chen - eine Bringschuld der Behörde, das heißt wertete, nicht wusste und wissen durfte, woher Meldung von besonderen Vorkommnissen, auch der, der die Beschaffung machte, es weiß. Das Meldung von Fehlern. Und ich erinnere mich heißt, Fehler von Beschaffung oder Übergriffe sehr gut an einen Fall - ich kann das deswegen von Beschaffungsvorgängen wusste nicht mal der vortragen, weil das presseöffentlich war und ich Auswerter. Wir haben das für falsch gehalten, es, glaube ich, sogar selber presseöffentlich ge- weil natürlich die Zuverlässigkeit der Beschaf- macht habe -, dass ich einen bestimmten Fehler fungsart und auch die Einschätzung vielleicht bei der Überwachung eines deutschen Staatsbür- der Quelle oder so etwas für den Auswerter von gers kritisiert habe, dass ich darüber, über diesen fundamentaler Bedeutung ist. Dieses Prinzip - Fehler, nicht unterrichtet worden bin und den sozusagen Need to know; am besten sagt man Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes ein- nichts über das, was man weiß - ist sozusagen ein bestellt habe und ihm eine Gelbe Karte erteilt Prinzip, was strukturell Aufsicht erschwert. habe. Der eine oder andere wird sich vielleicht noch an den Fall erinnern. Jetzt kommt noch hinzu - da hatte der Vorsit- zende ja nach gefragt -, dass ich eine bestimmte Also: Bringschuld heißt: Wichtige und besondere Aufsichtsstruktur übernommen habe, die Herr Vorkommnisse einschließlich von Fehlern wer- Steinmeier schon verbessert hatte; unter Herrn den erst mal von der Behörde nach oben gemel- Steinmeier wurden zwei Gruppen eingerichtet det, mitgeteilt. - So. Erstens. statt einer. Ich habe dann noch ein neues Referat eingerichtet, wie Sie wissen. Aber diese Struktur, Zweitens Holschuld: Holschuld besteht vor allen diese Aufsichtsstruktur gab es seit Jahrzehnten Dingen darin, dass man, wenn es Anhaltspunkte, so; die hatte eine gewisse Tradition. Und ich bin wenn es Hinweise gibt, von mir aus auch von mir ganz sicher und halte es auch für richtig - dritter Seite, dass irgendetwas nicht in Ordnung und ist im Übrigen auch Ihr Untersuchungsaus- ist, der Sache nachgeht. Sie können aber nicht schuss -, dass im Lichte dessen, was noch im Ein- und schon gar nicht mit dem Personal, was da zelnen aufzuklären ist, über diese Tradition, die ist - da sage ich gleich noch einen Satz dazu - - Jahrzehnte andauert, zu sprechen sein wird, und können Sie nicht das laufende Geschäft oder ein- ich finde es richtig, dass es dazu Konsequenzen zelne Operationen des BND kontrollieren, in die- gibt. ser Form. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Die nächste Bemerkung ist: Ich habe gesagt, im Dank. Zusammenhang mit einer gewissen Skepsis, was auch dieses amerikanische Angebot anging, dass Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nun bin ich jetzt Nachrichtendienste eben Nachrichtendienste Innenminister und nicht Chef BK, und deswegen

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wird sicher die Bundesregierung unter Führung Und ich meine, wir haben hier eine Situation, des Chefs BK nach Würdigung Ihrer Ergebnisse jetzt konkret mit den Selektoren, wo man sich die dazu Vorschläge machen. Aber sozusagen für die Frage stellt: Wie kann es sein, dass auf Unter- Zukunft betrachtet wird sich da sicher einiges än- abteilungsebene Entscheidungen getroffen wer- dern müssen. den - ich formuliere das mal so -, die geeignet sind, bei der Öffentlichkeit, die wir vor allen Din- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen gen nach Snowden haben zu diesem Themenbe- Dank. - Wir müssen wechseln. Wir kommen jetzt reich, die geeignet sind, der Legitimationsgrund- zur Fraktion der SPD. Ich weiß nicht, wer be- lage eines Geheimdienstes den Boden unter den ginnt. - Kollege Flisek. Füßen zu entziehen? Man stellt sich die Frage: Wie kann dann sozusagen auf Unterabteilungs- Christian Flisek (SPD): Herr Bundesminister de ebene so eine Entscheidung getroffen werden? Maizière, ich würde jetzt gerne mal - - Ich habe Und Sie sprechen das Thema ja an, und deswe- mir zwar eigentlich einige andere Fragen jetzt am gen würde ich Sie ganz gerne fragen: In welche Anfang vorgenommen, aber Sie haben jetzt zum Richtung - - Oder haben Sie eine Vorstellung, in Schluss gesagt, dass als Ergebnis der Arbeit die- welche Richtung eine solche Erneuerung gehen ses Untersuchungsausschusses auch diese von müsste? Ihnen gerade geschilderte Tradition grundsätz- lich zumindest mal einer kritischen Würdigung Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Na ja, also, ich unterzogen werden sollte - jja? bin jetzt nicht mehr Chef BK; deswegen will ich mal generell als Innenminister oder als Mitglied Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. der Bundesregierung dazu etwas sagen.

Christian Flisek (SPD): Ich formuliere das jetzt Zunächst zum Personal etwas: Wir haben sicher mal so. - Das reizt mich natürlich, Sie persönlich eine Schwäche in Deutschland, dass die Profis zu fragen, als jemanden, der vier Jahre lang Chef der Sicherheits-Community zu klein, zu wenig der Aufsichtsbehörde über die Geheimdienste sind. Wenn Sie mal die Biografien Fritsche, Han- war und der, ich sage mal, auch jetzt in seiner ning, Uhrlau und noch ein paar andere nehmen, Tätigkeit als Innenminister auch im Bereich der ja, das ist sozusagen - - Da gibt es noch ein paar Spionageabwehr zumindest natürlich durch die andere, die - - Die waren immer sehr stark in dem Aufsicht über das Bundesamt für Verfassungs- Sicherheitsbereich tätig. Warum? Weil sie gut schutz zuständig ist - ja? Da würde mich sind und weil es viele andere dieser Qualität natürlich reizen: Wie können Sie oder wie nicht gibt. Das ist in Großbritannien, Frankreich, würden Sie sich denn eine solche erneuerte USA ganz anders. Geheimdienstaufsicht vorstellen? Das bedeutet: Natürlich brauchen Sie auch für Ich meine, Sie haben ja ein Prinzip, das die Auf- die Aufsicht Leute, die aus dem Amt kommen; sicht erschwert, angesprochen: Need to know. sonst können Sie gar keine Aufsicht ausüben. Wir haben aus meiner Sicht - ich habe ein ande- Man muss schon wissen irgendwo, wo man fegen res Problem - auch erkannt, dass es hier sehr muss. Das muss man auch schon wissen; ein viele Wechsel hin und her gibt, zwischen, ich bisschen muss man die Räume kennen. So. Um- sage mal, dem Objekt der Aufsicht und der Auf- gekehrt wäre es wichtig, dass wir mehr Rotation sichtsbehörde. Das mache ich jetzt nicht als Vor- auch von außerhalb der Sicherheits-Community wurf gegenüber den einzelnen Mitarbeitern. Aber in diese Sicherheits-Community hineinkriegen, ich halte das auch für ein strukturelles Problem, und das ist nicht so leicht, weil wir ja auch nicht weil man natürlich nicht permanent beispiels- sozusagen das Standing der Sicherheitsbehörden weise dort, meine ich - je nachdem, welche haben, wie das im Ausland der Fall ist. Mir ist Funktion man hat -, die jeweilige Brille wechseln mal gesagt worden - ich weiß nicht, ob das kann. stimmt -, dass das Standing eines Mitarbeiters im britischen Nachrichtendienst mindestens so hoch

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ist oder höher als das des diplomatischen Diens- wer auch immer dann die Aufsicht hat, Herr Fli- tes. Davon sind wir weit entfernt. sek -: Was soll da an operativen Dingen einbezo- gen werden? Herr Obama hat die Sachen - ich Wenn wir also jetzt sagen würden, wir möchten will das mal nicht - - die Operation bin Laden mal gerne 50 oder 100 Top- - junge Referenten vielleicht nicht selbst geführt; er war dabei und aus dem Auswärtigen Amt haben, die die nächs- hat sich filmen lassen. Ist das richtig? ten zehn Jahre im Bundesnachrichtendienst sind, oder aus dem Innenministerium oder aus dem (Dr. Konstantin von Notz Umweltministerium oder Finanzministerium - (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nehmen wir mal Finanz- - Da wäre die Zahl der NEN): Das ist alles total - -) freiwilligen Meldungen gering. Wir haben bei Geiselnahmen - ich habe es schon Das heißt, das Erste ist in Antwort auf Ihre Frage: mal gesagt - ein bestimmtes Verfahren innerhalb Wir müssen die Durchmischung und Rotation er- der Bundesregierung, dass wir bestimmte Ent- höhen, und wenn es nicht freiwillig geht, dann scheidungen, fundamentale Entscheidungen, auf eben auch als Teil von Personalentwicklung Ministerebene treffen. Aber Einzeloperationen durch Versetzung. Beamte sind versetzungsfähig. der Zusammenarbeit ist - - Jedenfalls, es ist - - Es macht schon viel Sinn, nicht alles dann auch auf Das Zweite ist: Ich finde grundsätzlich richtig, gleich sozusagen politischer Ebene zu haben. dass wir nur drei Dienste haben. Bei den Ameri- Man muss auch mal sehen: Je höher in der Hie- kanern gibt es 16 oder 18 und den DNI oben rarchie, umso politischer wird es. drauf; das führt zu vielerlei Problemen. Ich finde auch im Prinzip richtig, dass Abwehr innen und Jetzt sagt Frau Renner: Ja, das will ich ja gerade, Aufklärung außen getrennt ist. Wir wissen trotz- dass die unten nicht so fachlich sich verselbst- dem, dass wir auf Zusammenarbeit angewiesen ständigen. - Das verstehe ich schon. Jedenfalls ist sind, Stichwort Terrorgefahr4 [sic!]; das haben die Frage nicht leicht zu beantworten: Was soll wir im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum usw. eigentlich an neuen Operationen von alldem Die Grünen und die Linken kritisieren daran vie- wirklich vorher mit der Aufsicht besprochen les. Aber auf Zusammenarbeit ist man angewie- werden oder nicht? Jedenfalls, das möchte ich sen. Trotzdem ist die grundsätzliche Trennung schon noch mal sagen, und das nehme ich jetzt richtig. wirklich für die letzten Jahrzehnte in Anspruch: Klar war, dass die Konstruktion so war, auch we- Man kann schon fragen - das will ich aber nur in gen der Größenverhältnisse, dass jedenfalls das Frageform machen, weil das wäre sonst von mir Kanzleramt von solchen operativen Einzelmaß- zu übergriffig -, ob eigentlich die Verortung des nahmen - jetzt sage ich mal einen politischen Be- BND im Kanzleramt richtig ist. In anderen Staa- griff - verschont sein sollte, und so haben auch ten gehört es zum Auswärtigen Amt. Also, jeden- sicher viele Präsidenten des BND agiert. falls finde ich es zumal nicht ganz unlogisch. Ich mache jetzt keine Empfehlung in der Richtung, Christian Flisek (SPD): Also, ich interpretiere aber Innen ist zuständig für Abwehr von Gefah- mal Ihre Aussagen jetzt dahin gehend, dass, ich ren, und der Außenminister, der ist zuständig für sage mal, in dieser Aufsichtstradition, die sich Aufklärung nach außen, durch Dienste und auf über die Jahre entwickelt hat, sich eine Kultur andere Weise. Macht jedenfalls - - Finde ich entwickelt hat, die einerseits dafür gesorgt hat, nicht ganz unlogisch. dass beim Bundesnachrichtendienst man sich sehr gut überlegt hat jeweils - egal, unter wessen Trotzdem bleibt dann - und das ist sozusagen das Führung -, mit welchen Dingen man sozusagen Dritte, die dritte Antwort, die ich geben möchte; sich an die Aufsichtsbehörde wendet im Einzel- fall, weil man davon ausgegangen ist: Da liegen

4) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1.

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im Zweifel nicht die Ressourcen und auch Christian Flisek (SPD): Ja, wir werden sicherlich nicht - - Es ist vielleicht eben auch nicht der Vorschläge machen. Sie haben es angesprochen: Wille da, alles zu erfahren und zu wissen. Inter- Sie sind mehr als Zeuge heute hier, wenngleich pretiere ich das richtig? ich manchmal denke, auch aufgrund natürlich unseres Einsetzungsauftrages: Das geht ineinan- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das ist jetzt der über, - Ihre Interpretation. Ich will mal bei meiner Aus- sage bleiben. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Christian Flisek (SPD): Ja, ja. Christian Flisek (SPD): - weil Sie berichten ja auch hier über Ihre Wahrnehmung, Sie bewerten Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich sage noch ein das ja. anderes Beispiel. Bei der Strukturreform des BND, Stichwort: Auswertung und Beschaffung Wie soll ich mir das vorstellen? Sie haben gesagt, zusammenzuführen, die wir in meiner Amtszeit Sie sind damals von der Landesebene auf die gemacht haben, ging es um die Stellenverteilung, Bundesebene gewechselt, Sie sind gleich sozusa- und ich hatte Bedenken dagegen, dass der Präsi- gen Chef BK geworden. Sie haben gesagt, man dent des Bundesnachrichtendienstes einen, wie braucht dort mehrere Monate, um sich auch ich fand, sehr großen Leitungsstab, Leitungsbe- einen Überblick über das Aufgabenspektrum reich sich in dem Vorschlag für Organisation zu- einer solchen Behörde zu verschaffen. Wie arbei- geteilt hatte. Ich fand das zu viel, - tet man sich da ein, auch gerade - - Mich interes- sieren natürlich jetzt nicht die Bereiche, die jetzt Christian Flisek (SPD): Hm. nicht den Untersuchungsgegenstand betreffen, sondern mich interessieren vor allen Dingen die Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - weil ich an sich Fragen, wenn es um die Aufsicht über die Ge- einer bin, der für schlanke Leitungsstäbe ist, und heimdienste geht. Lässt man sich dort dann vor- da hat Herr Uhrlau mir vorgetragen, er braucht tragen, besucht man einzelne Referate oder - - diesen Leitungsstab, damit er durch Aufsichts- Wie geht das methodisch, systematisch vor sich? strukturen erfährt, was im BND wichtig ist; das Oder, ich sage jetzt mal, setzt man sich einfach wäre durch die lineare Organisation alleine nicht ins Büro, macht weiter, wo der Vorgänger aufge- sicherzustellen. Das heißt, da - - Und das ist dann hört hat, hat vielleicht noch ein Übergabe- auch so erfolgt, und, wie gesagt, wir haben da gespräch und ist darauf angewiesen, was der Fortschritte gemacht. Aber da beginnt im Grunde einem an Problemen erzählt, und ansonsten ist schon mal die Aufsicht, und wenn Sie ja zu der tägliche Job ausfüllend? Recht gesagt haben: „Was macht ein Unterabtei- lungsleiter da?“ - das kenne ich jetzt alles nur aus Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Na, das macht je- der Presse -, dann fangen da erst mal die Fragen der - - Das macht natürlich jeder, wie er das für an, und dann sozusagen die nächsten Aufsichts... richtig hält. Ich habe zunächst einmal alle Mit- (akustisch unverständlich) arbeiter in ihrem Zimmer besucht. Dann habe ich mir von allen Abteilungen sozusagen Lage- Langer Rede kurzer Sinn - ich bin ja jetzt hier berichte, Übergabe- - also, Statusberichte habe nicht Sachverständiger, sondern Zeuge -: Ich ich es, glaube ich, genannt - vorlegen lassen, die glaube, dass es Anlass gibt, dann in Ruhe, wenn dann auch zur Folge hatten: Was ist jetzt in Zu- Sie noch ein Stück weiter sind oder wenn Sie fer- kunft zu tun? tig sind, über Aufsichtsstrukturen insbesondere beim BND, aber dann gerne auch beim BfV - also, Dann habe ich - habe ich jetzt auch so als Innen- das wird ja irgendwie parallel erfolgen - zu neuen minister gemacht, zum ersten und jetzt zum Überlegungen zu kommen. zweiten Mal - die nachgeordneten Einrichtungen besucht. Das bedeutet also, in dem Fall den BND. Ich bin zum BND gewesen, ich bin dort gewesen,

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wir hatten eine Personalversammlung, ich habe Punkt „besondere Vorkommnisse“ und „beson- mit dem Personalrat gesprochen. Das Haupt- und ders Wichtiges“, und da kann ich mich jetzt nicht einzige Thema war im Grunde der Berlin-Um- erinnern, dass das Thema „Eikonal“ oder irgend- zug - das muss man verstehen in der damaligen welche speziellen Operationsformen von beson- Sicht -, und dann ging es ja gleich los. Das war derer Bedeutung gewesen sind. sozusagen eine laufende Einarbeitung, weil wir ja jeden Dienstag die ND-Lage haben und Präsiden- Zentral immer - - Oder sehr schnell wurde zen- tenlage - - Oft dann nach der Präsidentenlage tral das Thema Guantánamo. Das war ein beson- noch mit Herrn Fritsche oder mal mit Herrn deres Vorkommnis, wie Sie sich erinnern kön- Fritsche und Herrn Uhrlau einzelne Dinge be- nen. Sehr schnell kam Condoleezza Rice, und sprochen - - also schon eine - - der Versuch einer sehr schnell war der Wunsch, dass wir Guan- systematischen, ja, Inaugenscheinnahme oder tánamo-Leute übernehmen, sehr schnell war die Übernahme dieses Geschäfts, aber, ehrlich gesagt, Frage: Wie war das Verhalten der Vorgängerregie- bei laufendem Geschäft, und ich kann Ihnen sa- rung und unserer Regierung? Da hat Frau Merkel gen, dass der Beginn einer Großen - - dieser Gro- sich anders entschieden als die Vorgängerregie- ßen Koalition eins, wie Sie sich vielleicht erin- rung im Blick auf el-Masri usw. Das spielte eine nern, natürlich auch an allen Ecken und Enden Rolle, und dann der Nahe Osten und Iran. Das und auch beim Chef BK die höchste Präsenz er- waren, will ich mal so sagen, die besonderen forderte. Vorkommnisse.

Christian Flisek (SPD): Und bei dieser Einarbei- Beim Nahen Osten war ein besonderes Vor- tung, wurde Ihnen da ein Überblick verschafft kommnis das Thema Verhandlungen etwa über über laufende Kooperationsprojekte beispiels- Geiseln, und Sie wissen - mehr will ich dazu in weise, - der Öffentlichkeit nicht sagen -, dass Deutsch- land da immer eine besondere und besonders Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. konstruktive Rolle gespielt hat. Solche Arten von besonderen Vorkommnissen gab es schon und Christian Flisek (SPD): - systematisch, - wurden berichtet, und: „Wie ist der Stand da?“ und so, aber jetzt nicht: „Wir haben folgende 10 Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. oder 20 -

Christian Flisek (SPD): - dass man dort - - Ver- Christian Flisek (SPD): Okay. schafft man sich denn überhaupt einen Überblick über Dinge, ich sage mal, die in der Bewertung Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - operative Vor- für die Arbeit eines Geheimdienstes und damit gänge mit den USA“ usw. usw., das nicht. natürlich auch für die Zuständigkeit einer Auf- sichtsbehörde besonders riskant sind, verschafft Christian Flisek (SPD): Sie haben ja geschildert, man sich da einen Überblick, oder sagt man: dass Sie dann in den Gesprächen, die Sie geführt „Das, was läuft, da, wo nichts gemeldet wird, da haben, und auch aufgrund, ich sage mal, der Be- gehe ich jetzt auch nicht rein - richte, die Sie erreicht haben, entschieden haben, dass man dem Wunsch der Amerikaner nach Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Ich - - einer Ausweitung der Kooperation, diesem Ange- bot, nicht nähertritt. In der zeitlichen Abfolge, Christian Flisek (SPD): - und erwarte Vortrag“? wie sich das bei uns jetzt darstellt, ich sage mal, würde ich das schon zumindest als eine gewisse Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe jetzt Zäsur interpretieren, weil, ich sage mal, bis zu diesen Statusbericht nicht mehr im Kopf, den die diesem Zeitpunkt, natürlich ausgehend vor allen Abteilung da gemacht hat oder den ich von der Dingen von den Ereignissen 9/11 2001, eher eine Abteilung erbeten habe. Aber da ist natürlich ein Phase war, wo man die Kooperation intensiviert hat, mit guten Gründen, -

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Hm. sagen, und in dieser Beantwortung dieses Fragen- katalogs steht ja möglicherweise nicht alles, aber Christian Flisek (SPD): - auch auf der Basis dann stehen einige Dinge drin, die stattfinden - aber des Versuches, von den Kompetenzen der ameri- wenn man das sozusagen liest, auch gerade mit kanischen Dienste stärker zu profitieren, und der Brille von heute liest, nicht so, dass da drin dann gab es auf einmal zum ersten Mal eine Si- gestanden hätte: „Aber da waren lauter Über- tuation, wo ein Projekt „Eikonal“ eingestellt wor- griffe“, sondern so: Vorsicht vor mehr. Und das den ist, unbefriedigend, als unbefriedigend im „Vorsicht vor mehr“ bezog sich auf einen beson- Ergebnis bewertet wurde und Sie die Entschei- deren Fall, den ich jetzt hier nicht schildern dung getroffen haben als Chef BK, einem konkre- kann, einen besonderen Zugang, und da haben ten Angebot weitergehender Kooperation nicht wir dann entschieden: Das geht zu weit, und das näherzutreten. War das nicht mal - - Ich frage Sie war vielleicht - - Ich weiß nicht, ob das eine deswegen: War das nicht mal ein Zeitpunkt, wo Weg - - also, eine andere Position war. Ich kann man sich einen Überblick hätte verschaffen kön- nicht genau beurteilen, ob meine Vorgänger auch nen über sozusagen das, was überhaupt an Ko- Wünsche nach besonderer Zusammenarbeit abge- operationsprojekten existiert? Weil man fährt ja lehnt haben, möglicherweise ja, möglicherweise dann wahrscheinlich nach Washington, verhan- nein; ich kann das nicht beurteilen. Ich habe das delt darüber. Sie haben gesagt, Sie selber haben aber nicht als besondere Entscheidung, die von die Absage dann nicht erteilt, sondern das ist auf irgendeiner Tradition abkehrt, empfunden. Diensteebene wohl erfolgt. Aber verschafft man sich da einen Überblick? Ich bin, wie Sie wissen, Atlantiker und ein großer Freund der deutsch-amerikanischen Zusammen- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, die ... (akus- arbeit; ich habe das sehr deutlich gemacht. Aber tisch unverständlich) das muss eben auch Grenzen haben. Man muss schon wissen, dass nicht nur Amerikaner natio- Christian Flisek (SPD): Ich frage - - Ich ergänze nale Interessen haben und wir auch, und das das noch: Oder hat man auch nicht vielleicht fand ich übergriffig, und da haben wir gesagt: Angst, dass dann eventuell die Amerikaner ent- Nein. - So, und das war der Grund der Entschei- täuscht sind und dass das negative Auswirkun- dung. Und wenn man da Angst hat in dem Fall, gen für bestehende Projekte haben könnte? dass es da nicht weitere Kooperationen gibt, dann soll man es eben gleich lassen. Ich fand das Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich will zunächst jedenfalls damals richtig, aber habe das nicht als mal in öffentlicher Sitzung, soweit ich das kann, Wegscheide, als Bruch irgendeiner Entschei- kurz den Gang da schildern: Es war das Ge- dungslinie von früher empfunden, weil ich das spräch. Zur Vorbereitung des Gesprächs gab es gar nicht wusste. diesbezüglich keine Unterlagen; ich wusste ja auch nicht, was er vorschlägt. Hauptinhalt Iran, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- dann die Frage: Kann man, können wir nicht lichen Dank. - Wir kommen jetzt zu den Fragen noch besser zusammenarbeiten? Daraufhin, ganz der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und Herr in Ihrem Sinne, frage ich nach: Was meint er da- Kollege von Notz beginnt. mit? - Vermerk, Gespräch; kennen Sie alles, oder gehe ich mal von aus, dass Sie es kennen. Mehr Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- will ich dazu jetzt nicht sagen. Und in diesem NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Guten ersten Vermerk steht auch drin, in Ansätzen, was Tag, Herr Minister! Lassen Sie mich vorausschi- es da gibt. cken, gerade weil ich Sie auch als Minister sehr schätze, dass es mich etwas enttäuscht hat, dass Damit gebe ich mich nicht zufrieden und sage - - wir diese Zeugeneinvernahme hier heute nicht in mache einen Fragenkatalog: „Was findet da fernsehübertragener Sitzung machen können. Das eigentlich statt?“, ganz in dem Sinne, wie Sie das Gesetz für unseren Ausschuss sieht das extra vor

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in Zusammenhängen, die von besonderer Rele- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vanz sind, und ich hätte es gewünscht, dass das NEN): Auch ein Prinzip mit Suchbegriffen war klappt. Leider haben Sie dem aber widerspro- Ihnen nicht bekannt? chen. Ich will - - Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das kann ich Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sie können aber, jetzt aus dem Gedächtnis, ob auf irgendeinem der dass Sie mich schätzen, auch trotzdem öffentlich Vermerke mal das Wort „Suchbegriff“ aufge- sagen. taucht ist, nicht mehr sagen.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das wäre - - Bitte? NEN): Also geht es - - Ja, was ich wissen möchte, ist: Geht es Ihnen um den Begriff „Selektor“ oder Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die Tatsache, um das Prinzip, wie man SIGINT - - dass Sie mich schätzen, können Sie trotzdem öffentlich mitteilen. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, das Prinzip sozusagen war mir nicht klar. Klar war mir aller- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dings, weil das in den Unterlagen auftauchte, das NEN): Ich hätte das gerne vor Kameras gesagt, ja, Thema Filter, G-10-Filter. Das tauchte in den Un- damit das möglichst bundesweit bekannt wird. terlagen auf. Und dass der BND auf irgendeine So ist das hier so ein exklusiver Kreis. Aber sei‘s Art und Weise filtert, technisch und dann hän- drum. disch, das war allerdings in ein, zwei Fußnoten, wie Sie wissen, Gegenstand der Beratung. Aber (Dr. André Hahn (DIE meinetwegen: Kriterien für Selektoren, große, LINKE): Ob dir das was kleine, Ausgangsladung und was man jetzt alles nützt?) liest, war nach meiner Erinnerung nicht Gegen- stand von irgendwelchen Gesprächen oder Vor- Um Ihre Freizeichnungsklausel in Ihrer Einlei- lagen an mich. tung noch mal nachzufragen: Sie haben von „Glo“ und Selektoren - - Mit diesen Dingen hat- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten Sie nichts zu tun? Ist das das, was Sie gesagt NEN): Ich würde Ihnen gern einen Vorhalt ma- haben am Anfang? chen aus einem Spiegel-Artikel vom 16. 05.2015, „Alles ungefiltert“, heißt er. Das habe ich eben Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, ich habe schon gemacht. Die, die dies jetzt zum zweiten gesagt, mit „Glo“ hatte ich nichts zu tun; ich Mal hören, bitte ich, das zu entschuldigen. Die weiß bis heute nicht genau, was das ist. Über Se- Unterschrift [sic!] ist: „Die USA wollten sich lektoren und das ganze Prinzip, auch in dem Ver- schon 2007“ - den Zusammenhang haben wir merk, der Geheim eingestuft ist, über das Prinzip eben schon besprochen - „einen nahezu uneinge- der Selektoren ja nicht berichtet, wie Sie wissen, schränkten Zugang zu Daten aus dem deutschen habe ich zum ersten Mal nach meiner Erinnerung Netz sichern - zum Entsetzen des BND“. Und da gelesen im Zusammenhang mit einer Gesprächs- steht - ich zitiere -: vorbereitung auf ein Gespräch mit meiner briti- schen Kollegin, als ich zum zweiten Mal Innen- Ausdrücklich warnte der deutsche minister war nach Snowden, als es dann um Geheimdienst vor „Wirtschafts- Prism und Tempora ging, und da tauchte in spionage gegen europäische Netz- einem Vorbereitungsvermerk das Stichwort „Se- betreiber und damit einher- lektoren“ auf. Da habe ich das zum ersten Mal - - gehende mögliche Schäden für die Wann war das? Also 13, 14 oder irgendwann. europäische Wirtschaft“. Der Hin- Vorher waren mir das Prinzip und der Begriff weis war nicht nur hypothetisch, tatsächlich hatte der BND zu die- nach meiner Erinnerung gar nicht bekannt und sem Zeitpunkt schon etliche Be- vorgetragen worden. lege für die überbordende Neugier

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der NSA gesammelt. Das Fazit aus Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dem BND: „Eine umfassende Ko- NEN): Das ist wohl wahr. - Aber haben Sie viel- operation mit den USA auf euro- leicht diese spezielle Anfrage, die gestellt wurde, päischem Boden birgt damit das nicht erfüllt, aber stattdessen eine andere? Risiko innereuropäischer politi- scher Verwerfungen.“ Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das hat die CDU- Im Kanzleramt jedoch kam die Fraktion schon gefragt. Ich kann zu dem Punkt in Mahnung nicht so an wie ge- öffentlicher Sitzung keine Angabe machen. wünscht. Man nehme die „betont skeptische Bewertung“ des BND Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zur Kenntnis, schrieb ein Mit- arbeiter kühl an seinen Vorgesetz- NEN): Und war Ihnen denn die Datenerfassung ten, den damaligen Kanzleramts- und -verarbeitung in Bad Aibling bekannt in Ko- minister de Maizière. Vom deut- operation mit den Amerikanern? schen Geheimdienst werde seitens der Amerikaner „eine ‚hidden Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Im Zusammen- agenda‘ für möglich bis wahr- hang mit der Nachbereitung des Gesprächs mit scheinlich gehalten“, darunter Herrn McConnell und dem von mir vorhin auf auch, so der Vermerk, „industrie- eine Frage genannten Fragenkatalog wurde das, politische Interessen“. Er gehe je- was da stattfindet, kursorisch beschrieben, aller- doch davon aus, „dass andere deutschen Sicherheitsbehörden dings, wie ich in meinem Eingangsstatement ge- dies anders bewerten“. Offenbar sagt habe, ohne das sozusagen methodische Prin- hoffte man im Bundeskanzleramt, zip und ohne das Stichwort „Selektoren“ und den BND umstimmen zu können: ohne die Angabe irgendwelcher konkreten Fir- Sollte dieser bei seiner Haltung mennamen. All das haben wir in der Sitzung des bleiben, werde er sich „argumen- PKGr ausführlich besprochen. tativ wappnen müssen“, heißt es in dem Schreiben. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Klar. - Nur die Frage ist natürlich, ob man, Zitat Ende. - Dazu frage ich Sie jetzt: Kann es wenn man einen Ausbau der Kooperation ab- sein, dass der BND seinerzeit sehr offen und klar lehnt mit einer so klaren Ansage des eigenen die Probleme benannt hat und dass in dieser Auslandsnachrichten-, -geheimdienstes, dann Deutlichkeit dem Bundeskanzleramt das Ganze nicht mal die Frage stellt: Was machen wir eher unangenehm war und man auf eine zweite eigentlich in den anderen Kooperationen, und Meinung hoffte, die diese Zweifel und Kritik bestehen diese Begehrlichkeiten und Übergriffig- relativierte? keiten der NSA vielleicht in Kooperationen, die wir gerade noch betreiben? Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr Abgeordne- ter, die wesentlichen Zitate beziehen sich - ich Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe ja extra will jetzt die Richtigkeit oder Nichtrichtigkeit der nachgefragt, was es dort gibt, wie Sie der gehei- Zitate nicht kommentieren - auf Geheim und men Unterlage entnehmen können, und dort Streng Geheim eingestufte Unterlagen. Deswegen wurde ja nicht nur, sagen wir mal, die Ableh- kann ich dazu nichts sagen in öffentlicher Sit- nung begründet - ich sage es mal so; das kann zung. Richtig ist aber, dass wir entschieden ha- ich, glaube ich, in offener Sitzung sagen -, son- ben, diese spezielle Kooperation nicht zu erwei- dern zugleich dargestellt, dass dort alles in Ord- tern und nicht durchzuführen. Und, ehrlich ge- nung sei. Und das ist auch ein Punkt, den wir sagt: Dass man Ratschläge kriegt und denen nicht sicher in geheimer Sitzung dann noch mal vertie- immer folgt, gehört zum Einmaleins des politi- fen werden. schen Geschäfts.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt können NEN): Meine Zeit neigt sich dem Ende - - Deswe- wir, glaube ich - - gen vielleicht, um auf Ihre Ausführungen gegen- über dem Kollegen Flisek einzugehen: Der Re- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- formbedarf: Also, dieser BND-Vermerk seinerzeit NEN): - Edward Snowden hier hören, weil er hat offenbar nicht dazu geführt, grundsätzlich Re- diese wichtige Debatte angestoßen hat; aber das formen auszulösen im Bundeskanzleramt. Wir ist ja aus verschiedenen Gründen leider nicht werden der Frage noch nachgehen, was mit Bös- möglich. - Vielen Dank. gläubigkeit ist oder nicht. Aber würden Sie denn sagen, dass diese Erkenntnis, dass ein enormer Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Reformbedarf besteht oder ein erheblicher Re- lichen Dank, Herr Kollege von Notz. - Wir kom- formbedarf, dass Sie die genauso wie ich und alle men zu den Fragen der Fraktion CDU/CSU. Frau anderen in diesem Land Edward Snowden zu Kollegin Warken. verdanken haben, oder woraus sind Ihre Erkennt- nisse in den letzten Monaten und Jahren entstan- Nina Warken (CDU/CSU): Ja. - Herr Minister, Sie den, dass wir dort einen Reformbedarf haben? haben am 14. Januar 2014 in einem Fernsehinter- view öffentlich erklärt, die Gespräche über ein Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nicht Edward No-Spy-Abkommen dauerten noch an. Das deckt Snowden, aber der Debatte um Edward Snowden. sich auch mit dem, was wir in der bisherigen Be- weisaufnahme mitgenommen haben. Zu Ihrem Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Interview gab es dann eine schriftliche Nachfrage NEN): Weil die Informationen, die Edward Snow- des Kollegen von Notz, und in der Antwort er- den bekannt gemacht hat, eine Debatte ausgelöst klärt Herr Staatssekretär Fritsche als Beauftragter haben, die uns dahin führt, dass wir Reform- der Bundesregierung für die Nachrichtendienste bedarf jetzt erkennen? des Bundes, Sie hätten sich bei diesem Interview bezogen auf - ich zitiere - die zum Zeitpunkt der Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich bleibe mal Äußerung noch andauernden Gespräche zwi- bei meiner Formulierung. schen dem BND und der NSA, „die sich selbst- verständlich fortlaufend über Modalitäten ihrer Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zusammenarbeit austauschen“. Können Sie uns NEN): Bitte? das bitte etwas genauer erläutern?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich bleibe bei Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, die Debatte meiner Formulierung. wird ja jetzt sehr stark im Lichte des Briefwech- sels von Herrn Heusgen mit Frau Donfried be- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- trachtet. Aber es ist so, dass Gespräche zwischen NEN): Also, die Debatte um oder nach Edward Regierungen und Diensten in einer solchen Frage Snowden hat dazu geführt, dass Sie einen Re- nicht einfach nur über einen Kanal laufen, son- formbedarf heute erkennen, den Sie seinerzeit dern über ganz viele verschiedene. Ich habe in et- nicht erkannten? lichen Gesprächen auch darüber gesprochen oder danach gefragt. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist so, und das sieht, glaube ich, ehrlich gesagt, jeder hier in Ich habe allerdings auch öffentlich zum Beispiel diesem Raum so, vermute ich. in der Münchener Sicherheitskonferenz gesagt, dass meine Erwartungen an ein solches No-Spy- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Abkommen irgendwie nicht besonders hoch NEN): Ja, das sehe ich auch so. Wir würden halt sind; denn entweder ist es nicht nötig, oder es den Zeugen - insofern da sind wir ganz einer war gebrochen worden. Also, von da weiß ich Meinung -

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nicht so genau, was sozusagen der sittliche Nähr- und alle haben irgendwie die Klappe zu halten“, wert, wie man so schön sagt, eines solchen Ab- sondern die ganzen Gespräche über No-Spy-Ab- kommens gewesen wäre. kommen oder in anderer Form Wiederherstellung von Vertrauen durch bilaterale Zusammenarbeit, Aber trotzdem hat es diese Gespräche gegeben. auch in schriftlicher Form, gingen über Monate Ich erinnere mich an ein Gespräch mit dem ame- weiter. rikanischen Außenminister, ich glaube, im Fe- bruar 2014 nach der letzten Donfried-Mail, wenn Nina Warken (CDU/CSU): Sie haben jetzt über ich jetzt einfach mal die Veröffentlichung der Gespräche und Verhandlungen auf verschiede- Süddeutschen Zeitung als wahr unterstelle; ich nen Ebenen berichtet. Sie haben gesagt, es ging kenne den Briefwechsel nur aus der Zeitung. um No Spy, um Wiederherstellung von verlore- Auch da haben wir darüber gesprochen, und da nem Vertrauen. Können Sie ein bisschen konkre- hat der Botschafter mit keinem Wort gesagt: ter sagen, über was man gesprochen und verhan- Wieso, Sie wissen doch irgendwie, die Verhand- delt hat, über welche Punkte? lungen sind beendet, warum fragen Sie mich überhaupt? - Wenn man jetzt Plan A nicht er- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Na ja, was der reicht, dann gibt es vielleicht Wege, einen Plan B BND dann auf Diensteebene besprochen hat, zu machen, so eine Art Übereinkunft zwischen weiß ich nicht genau. Das müssen Sie Herrn den Diensten. Schindler fragen oder haben ihn sicher dazu ge- fragt. Da kann ich jetzt im Einzelnen nichts zu sa- Oder aber - ich will ein anderes Beispiel sagen - gen. Aber ich will mal sagen: Für mich waren Herr Obama hat im Zusammenhang mit dem zwei sehr wichtige Gesprächspartner in dem Zu- Cyberdialog Herrn Podesta, John Podesta, den sammenhang Eric Holder und dann später John früheren Chef des Weißen Hauses, als seinen Podesta. Jetzt will ich mal sagen - und das ist Chefberater für Big Data usw. benannt. Und Herr auch so eine Art Zeitungswissen -, dass natürlich Steinmeier und Herr Podesta haben dann den im Umfeld von dem amerikanischen Präsidenten Cyberdialog ins Leben gerufen in Abstimmung es auch nicht immer eine Meinung gibt, sondern mit uns - eine sehr vernünftige Maßnahme. Ich durchaus auch verschiedene Lager oder, sagen habe dann mit Podesta gesprochen zweimal, in wir, Meinungsströmungen. Und da gibt es die Berlin und in Amerika usw., und selbst da - das Meinungsströmung einer Mehrheitsmeinung der war Monate später - haben wir nicht das Wort Dienste, und da gibt es die Meinungsströmung „No-Spy-Abkommen“ vielleicht in den Mund ge- der anderen, und die wurden von Holder und nommen, aber: Gibt es zur Wiederherstellung von werden von Podesta angeführt, die schon gese- verlorengegangenem Vertrauen im Cyberdialog hen haben: Da ist offenbar durch das, was gesche- rund um das Thema Dienste irgendetwas, was hen ist, ein außenpolitischer Vertrauensschaden wir noch tun können? So. Da gingen auch die entstanden, und den kann man nicht durch Ach- Gespräche weiter, sodass ich diesen Endpunkt selzucken überwinden, sondern durch Koopera- irgendwie da mit dieser Mail gar nicht so richtig tion. Und da war - - Ich habe dann gesagt, dann sehe. Und darauf bezogen sich dann auch meine stütze ich mich doch mal auf dieses Lager, bei Interviewäußerungen und Kleine Anfragen und dem anderen - - So. Da ist es jetzt nicht sinnvoll, was es da gibt. dreimal das Wort No-Spy-Abkommen zu verwen- den, sondern zu sagen: Gibt es denn andere For- Ich weiß nicht, ob andere Gesprächsebenen auch men? Zum Beispiel haben wir in dem Zusam- noch waren; ich weiß nicht, was Herr Steinmeier menhang vermutlich die Entscheidung bekom- mit Herrn Kerry besprochen hat. Ich weiß nicht, men von Eric Holder und Obama im Daten- was sonst noch gesprochen wurde. Ich habe mit schutz, mit dem Umbrella-Abkommen mit den Holder natürlich auch Kontakt gehabt. Also, es USA erstmals eine Klagemöglichkeit für Europäer gab nicht irgendwie den Punkt, wo es hieß: „Da beginnen die Verhandlungen, und irgendwann sind die Verhandlungen mal irgendwie zu Ende,

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vor amerikanischen Gerichten5 zu bekommen. dass das vielleicht auch ein wesentlicher Grund Das ist jetzt nicht dasselbe; aber das gibt einen bei der möglichen Problematik der Meldung so- politischen Zusammenhang, dass man sagt: Wir genannter besonderer Vorkommnisse sein kann, müssen jetzt beim Thema Datenumgang dass nämlich, wenn diejenigen, die also hier zwi- miteinander irgendwie etwas gemeinsam schen Beschaffung und Auswertung völlig iso- machen. Auch die Verhandlungen jetzt über Safe liert, also abgekapselt, arbeiten, die Jäger und die Harbor, die die Kommission führt, die weit Sammler, dann also praktisch gar nicht identifi- fortgeschritten sind, stehen in diesem ziert wird, wenn ein mögliches Problem bei der Zusammenhang. Beschaffung, was jetzt nicht nur die Qualität der Daten angeht, sondern was eben auch vielleicht So, in diese Richtung, bezogen sich Gespräche Verletzung von Interessen oder Grundrechts- dieser Art: Was gibt es für - - Ich weiß nicht, was schutz angeht - - dass das vielleicht ursächlich Herr Steinmeier - - Sie werden ihn ja sicher fra- damit zusammenhängt? gen zu dem Cyberdialog. Steht da am Ende eines solchen Cyberdialogs ein Dokument oder so et- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, das halte was, ja, wo man irgendwie miteinander umgeht? ich - - Ganz gewiss ist das so. Es kommen noch Das meine ich damit: andere Formen von ver- ein paar andere Elemente hinzu. Bad Aibling war trauensbildenden Maßnahmen, gegebenenfalls eine amerikanische Einrichtung und ist dann ja auch schriftlicher Art, die verlorengegangenes viele, viele Jahre nach der deutschen Einheit erst außenpolitisches Vertrauen wieder aufbauen. quasi übergeben worden. Ich weiß jetzt nicht ge- nau, wie viele Mitarbeiter dieselben waren, aber Nina Warken (CDU/CSU): Vielen Dank. - Dann ich vermute mal, ein hoher Anteil. Das heißt, die würde ich zunächst an den Kollegen abgeben. Mentalität, dass man jetzt nicht mehr deutscher Mitarbeiter einer amerikanischen Einrichtung, (CDU/CSU): Vielen sondern derjenige ist, der die Einrichtung führt, Dank. - Herr Bundesminister, Sie hatten vorhin und die anderen arbeiten zusammen, diese Men- darauf hingewiesen, dass Sie die aus Ihrer Sicht talität muss sich ja erst mal irgendwie ein biss- überfällige Aufhebung dieser Trennung zwischen chen umsetzen. Beschaffung und Auswertung dann durchgesetzt haben, wenn ich Sie richtig verstanden habe, vor Dann kommt noch hinzu, dass vieles - das ist allen Dingen, weil Sie es für wichtig halten, dass meine Erfahrung gewesen als Chef BK - eine Ge- diejenigen, die auswerten, auch sich eine Ein- nerationenfrage war, weil ein nicht unerheblicher schätzung über die Qualität der Beschaffung sel- Teil der Personen, der Mitarbeiter, auch sehr gu- ber verschaffen. Wir haben diese Tradition, von ter Mitarbeiter, groß geworden ist im Kalten der Sie gesprochen haben und von der, wenn ich Krieg. Und im Kalten Krieg war immer das Sie richtig verstanden habe, Sie auch sagen, dass Trauma - Stichwort: Guillaume usw -: Wenn wir sie weiterhin stark ist, also weiterhin lebt, sagen viel erzählen, dann ist das ganz schlecht, weil ja wir mal, selbst wenn sie vielleicht formell ver- irgendwo einer von uns vielleicht einer von den sucht wird - - also aufgehoben zu werden, auch anderen Gekauften ist. Das sitzt sozusagen, saß - bei Zeugenvernehmungen in den vergangenen saß! ob jetzt - - weiß ich nicht - ganz tief. Dass im Wochen erlebt, und ich war wirklich konster- Terrorkampf das gar keine Rolle spielt, weil es niert, weil ich hörte auf meine Frage hin dann ziemlich unwahrscheinlich ist, dass al-Qaida ir- vom Zeugen - ja, haben Sie sich denn gar nicht gendwie jemanden einschleust im BND, das war dafür interessiert, wo kommen eigentlich diese im Grunde erst etwas für die nächste Generation, Dinge her? -: Nein, das hat mich nicht interes- die danach gekommen ist. siert, das ist egal. Also ich will nur die Fakten; aber wie die beschafft worden sind, das interes- Und das dritte Argument, das war für mich auch siert mich eigentlich nicht. - Glauben Sie nicht, ein entscheidendes Motiv, für den Berlin-Umzug

5) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1.

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zu kämpfen, obwohl mir das viel Ärger auch in Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn Herr der Koalition mit der CSU gemacht hat: Die Ferne Fritsche so was machen würde oder gemacht von Berlin, die Beschaulichkeit von Pullach, hätte in Ihrer Zeit, hätten Sie erwartet, dass er führt nicht gerade zu politischer Sensibilität, Ihnen das sagt? wichtige Vorkommnisse - - zu erkennen, wo et- was wichtig ist. Das spielt eine zentrale Rolle. So. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist jetzt Und neben dem, was Sie sagen, diese beiden an- zweimal „hätte“, Herr Vorsitzender. deren Elemente, also sozusagen Kalter Krieg, Vor- sicht vor dem Nachbarn, vor dem Kollegen, des- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Richtig, hebt wegen Need to know, eine Generationsfrage und sich gegeneinander auf. Trennung von Berlin führten auch dazu. Mentali- täten in Einrichtungen können Sie eben in der Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist ein biss- Organisationsreform nicht sofort von heute auf chen schwer. Ich will jetzt nicht Herrn Stein- morgen verändern; das dauert Jahre. brück zitieren; aber es ist ein bisschen schwer zu beantworten. Matern von Marschall (CDU/CSU): Danke. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber Ihnen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Minis- ist so was nicht - ter, ich würde gern noch mal auf die Operation „Eikonal“ zu sprechen kommen. Als es um die Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. rechtlichen Rahmenbedingungen der Operation „Eikonal“ ging und das Abgreifen von Daten am Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - erinnerlich? Kabel, gab es den Eindruck, dass auf der einen Halten Sie das für einen besonderen Sachverhalt, Seite die Deutsche Telekom neben den sonstigen wenn es so gewesen ist? rechtlichen Gegebenheiten gerne noch eine Be- stätigung von höherer Stelle - und gemeint war Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Na ja, wenn eine da das Kanzleramt - haben wollte - vor Ihrer Zeit. nachgeordnete Einrichtung nicht sicher ist über Die gab es dann auch, und Herr Uhrlau hat hier die Rechtslage, dass sie dann das Ministerium ausgesagt, er hätte das unterschrieben. Das hat er fragt, auch ein bisschen sicher zum Selbstschutz in öffentlicher Sitzung ausgesagt. Sie waren nicht vor kritischen Fragen, finde ich jetzt nicht zu be- Kanzleramtsminister zu der Zeit; das war Herr anstanden. Steinmeier. Aber gibt es aus Ihrer Erinnerung in Ihrer Zeit vergleichbare Sachverhalte, wo das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Kanzleramt gebeten wurde, eine Art Bestätigung zu geben, dass rechtlich alles okay ist und man Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aber dann muss den Abgriff von Daten am Kabel schon machen man nicht gleich zum Minister gehen. könne. Ich formuliere es jetzt mit meinen eigenen Worten. Ich habe gar nicht präsent, wie es da ir- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Richtig. Jetzt gendwo drinsteht in irgendwelchen Schreiben. sind wir in der Zeit, wo die Post nicht mehr Ist das aus Ihrer Erinnerung gängige Praxis gewe- nachgeordnete Behörde ist, sondern Telekom, sen, oder hat es das, als Sie Kanzleramtsminister und es ging ja darum, dass die Telekom so etwas waren, nach Ihrer Erinnerung so nicht gegeben? haben wollte anscheinend, also etwas für Dritte. Ist Ihnen das bekannt aus Ihrer Zeit? Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, ich habe je- denfalls keine Erinnerung, dass man sozusagen Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also jedenfalls zur Absicherung eines Rechtsrisikos irgendwie ist es mir nicht erinnerlich, und ich habe auch in jedenfalls den Chef des Bundeskanzleramtes ge- den Akten, die mir vorgelegt worden sind, nicht fragt hätte. Für die Ebenen darunter kann ich das, in Erinnerung, das da gesehen zu haben. ehrlich gesagt, nicht mit eigenem Wissen sagen.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, danke wussten Sie also doch von Problemen? Sonst hät- schön. - Wenn die Union - - Frau Kollegin War- ten Sie ja diese Aussage nicht treffen können. ken? Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, das halte Nina Warken (CDU/CSU): Nein. Also, mich inte- ich jetzt für eine gewagte Auslegung. Mein Zu- ressiert vor allem jetzt noch das Gespräch Anfang satz „problematische Kooperation“ bezog sich auf Januar 2008, wo Sie ja schon ein paar Mal auf die die von den Amerikanern erwünschte erweiterte nichtöffentliche Sitzung verwiesen haben. Da Kooperation, und warum die problematisch ist, würden wir dann gern drauf zurückkommen. Wir wissen Sie ja ganz genauso gut wie ich; das ha- haben in öffentlicher Sitzung momentan keine ben wir ja im PKGr erläutert. Fragen. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie haben das aber Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, herz- anders gesagt. Sie haben es sogar zweimal wie- lichen Dank. - Dann kommen wir zur Fraktion derholt, diese Formulierung, dass es um eine Die Linke. Herr Kollege Hahn. problematische Kooperation geht. Deshalb meine Frage: Was war denn problematisch an der Ko- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, vielen Dank, operation? Herr Vorsitzender. - Herr Minister, ich komme noch mal zurück - Sie haben es ja mehrfach sel- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, mein Satz ber erwähnt - auf die Sitzung der Parlamentari- ist so auszulegen - so war er auch gemeint; so hat schen Kontrollkommission. Sie haben sich da- ihn auch jedermann verstanden, außer Ihnen nach öffentlich geäußert vor der Presse; deshalb jetzt -, dass die Erweiterung ein Problem gewesen kann ich das zitieren. Sie haben dort gesagt: wäre und wir deswegen das nicht gemacht ha- ben. Ich habe als Kanzleramtsminister im Jahre 2008 nichts erfahren von Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na ja, wir werden Suchbegriffen der US-Seite, Se- das ja sicherlich noch vertiefen im Laufe des lektoren oder Ähnlichem zum Abends. - Aber Sie haben auch gesprochen von Zweck der Wirtschaftsspionage in einer Bring- und einer Holschuld, dass also zum Deutschland. einen informiert werden muss durch den - in Dann geht das Zitat weiter: dem Fall - BND, dass es aber auch eine Hol- schuld gibt, dass man also bestimmte Dinge auch Es wurden auch keine Firmen ge- nachfragen, hinterfragen muss. nannt. 2008 ging es vielmehr um den Wunsch der amerikanischen Nun hat ja der Kollege von Notz vorhin schon Seite nach Ausweitung der Koope- aus dem Spiegel zitiert; ich will das jetzt nicht ration, einer problematischen Ko- noch mal vorlesen, und aus dem Dokument dür- operation, sagte de Maizière, und fen wir hier nicht zitieren, da es Geheim einge- der BND habe davon abgeraten. stuft ist. Aber ich möchte Sie dann schon doch noch mal fragen, da das ja nun öffentlich nach- Weshalb ich das Zitat bringe, ist Folgendes: Sie lesbar ist: Wenn ein Minister ein Papier auf den sprechen nicht davon, dass die Ausweitung pro- Tisch bekommt, in dem die Rede ist von mög- blematisch sei, sondern Sie sagen wörtlich: „Es lichen - - oder Risiken innereuropäischer Verwer- ging um den Wunsch der Seite nach Ausweitung fungen, wenn die Rede von schweren Schäden der Kooperation“, und sagen dann: „einer proble- für die Wirtschaft ist, muss man da als Minister matischen Kooperation“. Sie können das nach- nicht nachfragen, was da eigentlich passiert, was lesen, Sie können das auch nachhören im Fern- da läuft? sehen; das ist ja aufgezeichnet. Deshalb möchte ich Sie gerne fragen a): Was war denn problema- tisch an dieser Kooperation bis dato schon, und

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, das, was Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dann bleibt es ja Sie jetzt zitieren, entspricht nach meiner Erinne- bei meiner Frage, ob man bei einer innereuropäi- rung nicht ganz genau dem, was da im Wortlaut schen Verwerfung - das ist ja ein schwerwiegen- in den geheimen Akten steht; das werden wir ja der Punkt - - warum man da nicht hellhörig wird später noch im Einzelnen besprechen. Aber es als Minister. ging vor allen Dingen um die Problematik dessen, was die Amerikaner wollten, und damit die Ver- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, wie ich meidung von Risiken, die dadurch entstanden beim PKGr berichtet habe - und Sie waren ja Vor- wären. Und ich habe alle diese Hinweise ja so sitzender dort - und auch in meiner Stellung- verstanden, dass sie Folge eines, wie ich das vor- nahme erwähnt habe, was ich gerne noch mal hin mal gesagt habe, Übergriffspotenzials sein wiederhole, habe ich ja mehrfach nachgefragt in könnten, und wir das deswegen abgelehnt haben. dem Gespräch, Fragenkatalog und all das. Und Und ein konkreter Hinweis auf flagrante Verlet- wenn es da konkrete Hinweise auf Firmen oder zungen, insbesondere Firmennamen, findet sich Verwerfungen gegeben hätte, dann hätte ich er- eben - das kann ich wohl, glaube ich, in öffent- wartet, dass mir die vorgetragen worden wären, licher Sitzung sagen - in diesen Unterlagen ge- genau, weil ich mehrfach nachgefragt habe. rade nicht. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wir haben das ja Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also, wir könnten jetzt vorliegen - - die Akten natürlich auch jetzt vorlegen lassen, wir dürfen ja nicht zitieren aus diesen Dokumen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So, und jetzt ten. Aber das, was ich vorgetragen habe aus dem hat Ihnen - - Spiegel, wo das ja auch entsprechend steht, ist wörtlich enthalten. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn es mir vor- liegt, nützt es ja nichts. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nicht dann, wenn der Spiegel etwas zitiert, trifft es erstens Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau, wir zu, - können -

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, wir können Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das können wir es Ihnen ja zeigen. jetzt auch in öffentlicher Sitzung deswegen nicht weiter kommentieren. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - und zweitens erlaubt es mir, - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - nicht aus dem Inhalt etwas besprechen, was gerade vor- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich würde gelegt worden ist. Herr Kollege Hahn muss also dann auch die Uhr anhalten. so fragen, ob etwas bestätigt werden kann oder nicht bestätigt werden kann, wobei keine Aus- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - es zu bestätigen führungen zum Inhalt gemacht werden können. oder zu dementieren. Nicht, weil etwas in der Das ist das Prinzip des Vorhaltens von Akten. Zeitung steht, nimmt es irgendwie die Geheim- haltung von dem Dokument. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ja, genau.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das mag ja sein; Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ob Sie vielleicht ja aber wenn der Text identisch ist mit dem, den bestätigen können, ob das, was da im Spiegel man Ihnen vorlegt, dann - - steht, dort auch steht - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Dazu möchte ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und das geht jetzt nichts sagen, ob der Text identisch ist. natürlich nicht, -

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1. Untersuchungsausschuss

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Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und meine nicht gefolgt ist. Dieses betrifft Frage - - den Zeitraum 2007 und 2008 … Das heißt, die Kenntnislage im Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - dann wäre Bundeskanzleramt über die Erfah- es eine inhaltliche Bestätigung. rung mit der Kabelerfassung, die bestand … Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Eben. Und er setzt denn fort: Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, meine Frage ist nun aber ganz deutlich: - … und auch, die sich daraus er- gebenen Probleme. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, ganz deut- lich geht das nicht. Das heißt, Herr Uhrlau sagt, dass 2007/2008 das Kanzleramt informiert war über - und er meinte Dr. André Hahn (DIE LINKE): - Muss ein Minis- ja Sie; er verweist ja auch auf Sie - die entspre- ter nicht nachfragen, wenn ihm solche gravieren- chenden Erfahrungen mit der Kabelerfassung - den Auswirkungen schriftlich zugearbeitet wer- die bestand also - und auch die sich daraus er- den? gebenden Probleme. Welche Probleme waren denn das, die er Ihnen mitgeteilt hat, nach eige- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die nicht in ner Aussage? Bezug auf einen Spiegel-Artikel gewertet werden können. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr Hahn, ich habe jetzt die Aussage von Herrn Uhrlau - - Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So, und dann kenne ich nicht. kann ich nur allgemein sagen: Ich habe das zum Anlass genommen, um nachzufragen. Da gibt es Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe sie Ihnen einen Fragenkatalog und die Antworten darauf. ja gerade vorgehalten. Und die Antwort darauf habe ich bereits gegeben, und mehr müssen wir dann in der vertraulichen Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ist ja klar. Ich Sitzung machen. wollte ja gerade den Satz noch weitersagen. - Und ich weiß aber, dass Herr Uhrlau bei dem Ge- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dann muss ich spräch, was die Abgeordnete Warken schon er- Ihnen entgegenhalten eine Aussage des Zeugen wähnt hatte, dabei war. Und nichts von alledem, Uhrlau, den wir hier gehört haben. Da geht es was Sie da sagen, findet sich als Ergebnis dieses nämlich auch um die Frage, was Sie denn wuss- Gesprächs. Denn es heißt ja, dann hätte ich mir ten oder was man Ihnen mitgeteilt hat, und zwar gewünscht, dass Herr Uhrlau mir das persönlich verweise ich da auf die 53. Sitzung; das ist die vorgetragen hätte, und ich weiß nicht, was er Seite 16. Dort sagt der Zeuge Uhrlau: dazu gesagt hat.

… die Einbeziehung des Bundes- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also hat Herr Uhr- kanzleramtes, die ist ja nicht 2010 lau Ihnen nichts Diesbezügliches gesagt? erst erfolgt, sondern … Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Uhrlau hat mir - nach Aussage des Ministers de Maizière - das gesagt, was in dem eingestuften Ergebnis- vermerk drinsteht. nach der Sitzung des Parlamenta- rischen Kontrollgremiums … dass Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na, auf den darf weiter gehenden amerikanischen ich halt nicht Bezug nehmen, aber auf die Zeu- Wünschen er … genaussage von Herrn Uhrlau, und da kann ich auch auf die Seite 24/25 verweisen. Da hat der - eben -

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1. Untersuchungsausschuss

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Kollege von Notz Herrn Uhrlau befragt, und dort (Dem Zeugen werden sagt er noch einmal, dass ja allein der Umstand, Unterlagen vorgelegt) dass Sie das nicht weiter verfolgt haben, diese Er- weiterung des Projektes, „Bände spricht“, ist die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Na klar. - In Formulierung, dass Sie nicht in eine Vertiefung der Zwischenzeit meldet sich Herr Akmann. dieser Kooperation eingetreten sind, dass ja die entsprechenden Informationen gegeben wurden, MR Torsten Akmann (BMI): Ich will nur anmer- und deshalb ist daraus resultierend die eindeu- ken, hier geht es um die Problematik der G-10- tige Position, die Sie dann eingenommen haben. Filterung, und da hat der Herr Minister vorhin Also, er sagt auch an anderer Stelle noch ein- schon was zu gesagt. mal - - Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe das Wort Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Was werfen Sie „G-10-Filterung“ bei keiner Frage in den Mund mir jetzt eigentlich vor? Dass ich die erweiterte genommen, und auch Herr Uhrlau verwendet das Kooperation nicht gemacht habe, oder was? Wort „G 10“ hier nicht.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, das werfe Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, es ging je- ich Ihnen nicht vor, sondern ich frage, ob Ihre denfalls - das habe ich ja in meiner Eingangsstel- Aussage, die Sie gemacht haben zu Beginn, lungnahme eingangs gesagt - bei den Hinweisen stimmt, dass Sie von den Problemen der Ur- auf Probleme gar nicht um Selektoren - tauchte sprungskooperation ohne Erweiterung nichts ge- gar nicht auf, weder mündlich noch schriftlich - wusst haben. Und wir haben den Zeugen Uhrlau, und auch nicht in der Tat um einen Verstoß ge- der davon gewusst - - der sagt, Sie haben im gen das G-10-Gesetz, sondern um andere Dinge. Kanzleramt bereits Ende 2007/Anfang 2008 da- Und das würde ich gerne noch mal sagen, Herr von gewusst, und zweitens haben Sie selbst ge- Abgeordneter Hahn: Sie fragen „davon“ oder sagt, dass Sie - das Zitat habe ich Ihnen vorhin „etwas gewusst“. Was ist jetzt „etwas“? vorgelesen - von einer problematischen Koopera- tion geredet haben und nicht von einer problema- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na, die Probleme. tischen Ausweitung der Kooperation. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, nein. Kom- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr Hahn - - men wir ja zu, kommen wir drauf. - Der BND und das Kanzleramt haben allgemein auf Risiken hin- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich lasse gewiesen, ohne konkreten Bezug oder Hinweise Ihnen die Fundstelle aus dem Protokoll gerade auf die Vergangenheit, ohne Hinweis auf Selek- mal bringen, weil es etwas differenzierter von toren, und das, finde ich, ist richtig. Wenn der Herrn Uhrlau gesagt worden ist. Sie haben die Chef des Bundeskanzleramtes beraten wird und Möglichkeit, die Fundstelle nachzulesen. wenn es heißt - - Wenn es um eine Erweiterung geht in einem, wie wir finden, problematischen Dr. André Hahn (DIE LINKE): Die wichtigere ist Bereich, dann muss man die Risiken und die auf Seite 16. Chancen abwägen. Und die Risiken sind hoch. Deswegen haben wir entschieden, diese Zusam- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich halte im menarbeit nicht fortzusetzen. Ein Hinweis auf Übrigen die Zeit an, dass das nicht von der Zeit Firmennamen oder alles so etwas lag ja gar nicht abgeht, die zwar schon abgelaufen ist; aber trotz- vor. So. Und dennoch - und das ist ja sozusagen dem halten wir die Zeit an. das, was Frau Renner und Sie immer fragen, Herr von Notz und andere - habe ich ja mit diesem all- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe dann nur gemeinen Hinweis auf Risiken mich nicht zufrie- noch eine - - dengegeben, sondern gesagt: „Was findet da eigentlich statt?“, mit dem Fragenkatalog, den Sie in den Unterlagen kennen. Auch dort findet sich

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1. Untersuchungsausschuss

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kein konkreter Hinweis auf Selektoren, auf Miss- Ihrer Zeit als Chef BK Hinweise darauf bekom- bräuche von Selektoren oder auf Firmennamen. men, dass die NSA in Deutschland die Aufklä- rung auch deutscher Ziele verfolgt? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Herr Vorsitzender hat ja gesagt, ich habe nur noch eine Frage jetzt, Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es ist so, dass - - aus den Zeitgründen. Deshalb muss ich sie noch Ich habe ja was zu dem Begriff „Wirtschaftsspio- mal - nage“ gesagt, im Sinne von „Schaffen von Wett- bewerbsvorteilen“. Und ich habe auf diesen Aus- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn es eine schuss „Außenwirtschaft“ hingewiesen, und da kurze Frage ist, dann würde ich die zulassen. Ma- läuft es so: Da sitzen unter Federführung eines chen Sie die kurze Frage; in dem Zusammenhang Mitarbeiters im Wirtschaftsministerium andere wäre das sinnvoll. Ressorts: Innen, Außen, Verteidigung - ich weiß nicht, wer noch -, und da sitzen auch der BND Dr. André Hahn (DIE LINKE): - wiederholen: Aus und das BfV. Und da wird im Blick auf Verstöße welchem Grund haben Sie nach Vorlage dieser gegen das Außenwirtschaftsgesetz geredet: Was Unterlage nicht nachgefragt, wie denn der BND gibt es da? - Und da kommt zum Beispiel vor, darauf kommt, dass es zu europäischen Verwer- dass gesagt wird: „Wir haben einen Hinweis von fungen kommen kann? den Amerikanern“ - und die gibt es dann auch in schriftlicher Form -, „dass die deutsche Firma X Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe ja nach- gegen ein Embargo oder gegen ein Verbot verstößt gefragt, indem ich gefragt habe: „Ich möchte mal oder Proliferation betreibt.“ Und dann wird eine wissen, was da los ist“, - deutsche Behörde - BfV in der Regel und wenn es im Ausland ist, der BND - gefragt: Geht der Sache Dr. André Hahn (DIE LINKE): Danach haben Sie doch mal nach. Was ist denn da los? - Und dann nicht gefragt. gibt es dazu gegebenenfalls nachrichtendienst- liche Aufklärung, was ich alles für richtig halte. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - und die Ant- Und dann wird in der nächsten oder übernächs- wort des Fragenkataloges war für mich ausrei- ten Sitzung darüber berichtet, was da los war. chend. Manchmal kommt was raus, manchmal kommt nichts raus. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Steht da was von europäischen Verwerfungen in Ihrem Fragenkata- Wenn Sie jetzt so allgemein fragen „Ziel?“: Wenn log? dann sozusagen ein amerikanischer Hinweis, dass eine Firma X möglicherweise gegen Prolife- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das kann ich ration verstößt und dann deutsche Behörden sich nicht sagen, und wenn ich es jetzt wüsste, dürfte umgucken, ob das stimmt - - dann ist, wenn Sie ich es nicht sagen in offener Sitzung. diese Frage so allgemein formulieren, ein ameri- kanischer Hinweis die Beschreibung eines deut- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich kann es Ihnen schen Ziels. Aber das finde ich eine richtige und auch sagen. ordnungsgemäße Praxis und hat mit Wirtschafts- spionage im Sinne von Vorteilsverschaffung Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber jetzt - - nichts zu tun, sondern das ist auch der gesetz- Sie dürfen es aber auch nicht sagen. - Und des- liche Auftrag. wegen kommen wir jetzt zur Fraktion der SPD. Es stellt die Frage der Kollege Flisek. Christian Flisek (SPD): Nein, nein. Wir reden ja jetzt auch sehr allgemein, ob es solche Hinweise Christian Flisek (SPD): Herr Bundesminister Dr. gab darauf, dass - - de Maizière, ich würde Sie jetzt ganz gerne noch mal abstrakter sozusagen fragen: Hatten Sie in Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Und solche Hin- weise, dass etwa in Dubai, über Dubai unsere

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1. Untersuchungsausschuss

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Sanktionen gegen den Iran getunnelt werden Rüstungsgüter, dann um die Güter, die von Iran- oder, sagen wir, umgangen werden, gab es häufi- Sanktionen betroffen sind. Aber, ich sage mal, ger mal. Aber auch auf amerikanische Firmen: ein typisches Beispiel dafür, was wir öfter hatten, Dass wir den Hinweis bekommen haben von auch als ich Chef BK war: Es kommt die Mel- deutschen Firmen: Guckt mal, die amerikanische dung: Ein Schiff fährt auf Zypern zu. Es spricht Firma, die redet groß über Iran-Sanktionen, aber viel dafür, dass auf dem Schiff Waffen gelagert machen selber einen Umweg über Dubai. - Und sind, die illegal meinetwegen ein Land im Nahen dann sind wir versucht, der Sache auch nachzu- Osten erreichen sollen. Der Reeder dieses Schiffs gehen. - In dem Sinne gab es dann konkrete Hin- ist ein Deutscher, die Flagge ist Trinidad Tobago weise auf Firmen in dem einen oder anderen oder irgend so ein Billig- - also ein Billig- - Weiß Fall, die mich auch als Chef BK erreicht haben; ich nicht, wie man das jetzt ausdrücken soll. welche genau, weiß ich jetzt nicht mehr. Aber die Methode ist so, wie ich sie geschildert habe, und Christian Flisek (SPD): Niedrigsteuer. dies, finde ich, wie gesagt, ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, so vorzugehen. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Genau. - Ja, ich weiß nicht, ob der dann Schiffseigner ist oder Christian Flisek (SPD): Wenn wir jetzt schon bei wie. Der wirtschaftliche Profiteur ist ein deut- diesem Thema „Außenwirtschaft, Embargo, scher Reeder; aber das Schiff fährt unter der Proliferation“ sind: Gibt es da eine Eingrenzung Flagge von einem dieser Länder. So. dieses Proliferationsbegriffes, dem man folgt? Weil ich frage jetzt mal umgekehrt: Wenn ich Was ist jetzt zu tun? Und in den Fällen wird beispielsweise - - Also, man stellt sich jetzt unter dann oft auch mithilfe des BND - oft im Zusam- Proliferation natürlich vor, dass dort irgendwel- menhang mit Zypern - geguckt: Stimmt das? Wie che in der Ausfuhr kontrollierten Gegenstände kommt man auf das Schiff? Kann man da irgend- geliefert werden und Embargos gebrochen wer- was rauskriegen? Kann man das Schiff irgendwie den vielleicht oder Ähnliches. Wenn ich jetzt aufhalten? Das ist Proliferationsbekämpfung und zum Beispiel mal den ganzen Bereich Dual-Use- völlig richtig. Und solche Hinweise kommen Güter dazunehme, also Güter, die sowohl bei- dann mal vom BND, mal von den Amerikanern spielsweise militärisch wie auch zivil genutzt und von Israelis oder sonst wem. werden können, dann kann ich mir halt grund- sätzlich mal vorstellen, dass ein sehr großer Teil Christian Flisek (SPD): Ich kann das völlig nach- der Exportwirtschaft in Deutschland, exportie- vollziehen, Herr Bundesminister. Ich stelle mir renden Unternehmen in Deutschland, darunter- halt nur die Frage - ich meine, wir unterhalten fällt. Und ich stelle mir halt die Frage sozusagen: uns jetzt sozusagen über die Ernte, die Treffer, Wie kommen beispielsweise amerikanische wenn Sie so wollen, die genau auch dieses Ziel Dienste an diese Informationen dran? Die müssen verfolgen, das ich genauso unterstütze, ja - - Nur ja erst einmal eine Grundmenge irgendwo an- die Frage, die ich mir natürlich stelle, ist: Wie schauen von Unternehmen, nicht nur in Deutsch- kommt man dorthin? Ich sage mal: Was ist der land, im Zweifel weltweit, um dann aufgrund Heuhaufen, in den beispielsweise ein amerikani- dieser Grundmenge an Informationen über solche scher Dienst greifen muss, damit er genau diese Unternehmen zu kommen, die eventuell prolife- Treffer, die Sie jetzt gerade zurecht beschreiben, rationsrelevant sind und Ähnliches. Und dann erzielt? Und wer ist da alles drin? hängt natürlich die Frage im Raum: Wie weit dehne ich diesen Proliferationsbegriff? Mache ich Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das weiß ich ihn eng auf bestimmte, wirklich ganz klar rele- nicht. Ich vermute mal, durch eine ziemlich um- vante Güter, oder mache ich ihn beispielsweise fassende Aufklärung durch die NSA, die welt- weit? weit stattfindet. So. Aber was jetzt unseren Proliferationsbegriff, nach dem Sie fragen - - Den Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das kann ich kann ich jetzt jedenfalls aus dem Stand nicht de- nicht beantworten. Es geht klassischerweise um

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1. Untersuchungsausschuss

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finieren. Aber es kann natürlich nicht sein - sa- Aber im Übrigen würde ich gerne auch noch mal gen wir mal, vom Ergebnis her; da sind wir sicher etwas sagen, so neutral, wie ich das jetzt kann: einig -, dass über einen weiten Proliferations- Für einen wesentlichen Teil der amerikanischen begriff plötzlich der Begriff der Wirtschaftsspio- Community ist das Sammeln von Informationen nage sozusagen, der faktisch zu einem Vorteil für per se wertneutral. ein Unternehmen sein könnte, ein Trojaner ist - Proliferation ist ja Trojaner -, um doch faktisch Christian Flisek (SPD): Das ist uns bekannt. Wirtschaftsspionage im Sinnes des Wettbewerbs- vorteils zu verschaffen. Das dürfte nicht sein. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das heißt, ob das jetzt das Handy der Bundeskanzlerin ist oder das Christian Flisek (SPD): Ich will das ausschließen. Handy von Lieschen Müller, ist sozusagen wert- Ich würde - - Das ist Teil natürlich auch der In- neutral, weil es ja eine Information ist, die inte- tention, die ich verfolge. Wenn ich Anhalts- ressant ist. Und die Debatte, die wir führen, ist punkte habe, dass ich das ausschließen kann, bei einem nicht unerheblichen Teil der Commu- dann wäre ich beruhigt. Es - - nity - - stößt geradezu auf Unverständnis. Das ist aber nicht unsere Tradition - damit ich jetzt nicht Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aber ich habe missverstanden werde. So. Und die haben mich umgekehrt keine Anhaltspunkte dafür, dass - - jetzt nach meiner Meinung gefragt, und das ist die, die ich auch mehrfach öffentlich gesagt habe: Christian Flisek (SPD): Dass es so ist. Okay. - Wie Ich weiß nicht genau, was stattgefunden hat; aber bewerten Sie denn die auf Deutschland gerichtete wenn das stattgefunden hat - jetzt nicht Koopera- Tätigkeit von US-Geheimdiensten außerhalb der tionen, sondern an direkter Aufklärung, wie Sie Kooperationsprojekte, über die wir hier reden? gefragt haben, von dem man in den Zeitungen Ich meine, Sie werden doch auch davon ausge- liest -, dann wäre das maßlos und unverhältnis- hen, dass die Dienste sich nicht nur auf Koopera- mäßig. tionsprojekte beschränken, wenn sie Deutschland als Aufklärungsziel definieren, sondern das ist Christian Flisek (SPD): Ich meine, wir stellen uns eine darüber hinausgehende Tätigkeit. Haben Sie die Frage, ob hier in der Nähe, auf dem Dach bei- da Erkenntnisse darüber? Ist das weit mehr, oder spielsweise der amerikanischen Botschaft in Ber- ist das der weitaus größte Teil? Oder ist es lin, beispielsweise das Berliner Regierungsviertel eher - - ausgespäht wird. Die Frage stellen wir uns bezo- gen auf die USA, die Frage stellen wir uns bezo- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Hätte ich gerne. gen auch durchaus auf unseren Partner in der Und wir haben darüber viel diskutiert in den EU, Großbritannien, und - - letzten zwei Jahren. Die Amerikaner geben da- rüber keine Auskunft, ebenso wenig Großbritan- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die Frage stelle nien. ich mir auch, und wir haben auch -

Christian Flisek (SPD): Aus der Spionageabwehr Christian Flisek (SPD): Aber es gibt keine An- hat man auch keine Erkenntnisse? haltspunkte.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Dazu habe ich ja Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - dort, nachdem gesagt: Die Spionageabwehr - ich habe es etwas wir den 360-Grad-Blick sozusagen begonnen ha- langatmig und umständlich erklärt - hatte prak- ben, etwas gemacht; aber das ist gar nichts für die tisch USA und Großbritannien, abgesehen von öffentliche Sitzung. Zufallsfunden, nicht im Blick. Auch das war Tra- dition über Jahrzehnte. Und im Lichte der Debat- (Heiterkeit) ten um 2013 habe ich dazu beigetragen, dass sich das ändert, wenn auch in der gestuften Form, die ich angedeutet habe.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 126 von 153

Stenografisches Protokoll 55 I

1. Untersuchungsausschuss

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Christian Flisek (SPD): Da bin ich dann mal ge- geheimer Sitzung dann noch vorhalten können, spannt. - Letzte Frage, Herr Bundesminister: Ha- lesen, dann steht das da auch drin. Und der Vor- ben Sie in Ihrer Amtszeit irgendwelche Hinweise wurf besteht nicht darin, dass Sie möglichen zu- denn darauf bekommen, dass die NSA gegen Ver- künftigen Erweiterungswünschen der Amerika- einbarungen verstoßen hat, die mit deutschen ner nicht stattgegeben haben - das war wahr- Diensten geschlossen worden sind? scheinlich in Ordnung, war konsequent -, son- dern dass Sie diese Information nicht zum Anlass Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, daraufhin genommen haben, mit Vehemenz der Sache habe ich keine Hinweise, auch keine Erinnerun- nachzugehen: „Was ist denn das? Was sind das gen. Also etwa vor allen Dingen das, was Herr für Erfahrungen?“, und darauf beharrt haben, Schindler gesagt haben soll laut Presseinforma- dass Herr Uhrlau oder wer auch immer das tion, dass schon die Ausgangsladung nach dem konnte Ihnen diese Fragen beantwortet. Das ist Abkommen nicht Ordnung war, ist mir in meiner der Vorwurf, der im Raum steht. Zeit nicht mitgeteilt worden. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, und was ist Christian Flisek (SPD): Gut. Dann haben wir jetzt die Frage? keine weiteren Fragen in öffentlicher Sitzung. - Herzlichen Dank. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Frage ist, ob Sie das nicht auch so zu- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- gestehen müssen. lichen Dank. - Dann kommen wir zur nächsten Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen. Einer von bei- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. den. Herr Kollege Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir hatten Anhaltspunkte. Und Herr Uhr- NEN): Ich fange mal an; aber in fünf Minuten lau hat das ja noch viel drastischer gesagt. Er hat muss ich leider gehen, weil ich da drüben eine ja gesagt: Diese Erklärung, die Sie nach der PKG- Rede halten muss. - Herr de Maizière, Sie miss- Sitzung abgegeben haben, die mache ja ganz verstehen immer und wehren sich gegen den deutlich, dass Ihnen diese Unregelmäßigkeiten - Vorwurf, auch öffentlich, auch nach der Sitzung ich will keine anderen Ausdrücke, weil die dann des PKG, dagegen, gegen die Behauptung, dass im Vermerk drinstehen, nennen -, die bei der Ar- Sie diese Ausdrücke „Eurocopter“, „EADS“ oder beit, der Zusammenarbeit mit der NSA aufgetre- andere Firmen gekannt haben und nichts unter- ten sind - - dass Ihnen das bekannt war. Das wird nommen haben. Das war nach Ihrer Zeit, 2010, deutlich aus Ihrer Rede dort, wo Sie gesagt ha- dass das dann in Vermerken auftauchte. Aber als ben: Ich wusste so was, und ich habe ja sogar Sie nach Washington gefahren sind zur Vorberei- dann dafür gesorgt, dass da nicht Weiteres verab- tung, da sind Ihnen - und das hat Herr Uhrlau redet worden ist. uns hier auch bestätigt - vom Bundesnachrichten- dienst auch Erfahrungen mitgeteilt worden, dass Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr Ströbele, man bei der NSA sehr vorsichtig sein müsse, weil das ist eine Unterstellung, und Sie waren in der sie Interessen nachgehen, die - ich sage mal ganz Sitzung des PKGr dabei und wissen, dass das vorsichtig - nicht deutsche Interessen sind oder nicht stimmt. vielleicht sogar deutschen Interessen zuwider sind. Und das ist die Frage an Sie. Sie hatten - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und das hat Herr Uhrlau mehrfach betont; ich NEN): Ja, das ist genau - - Nicht - - Ach so, wir kann Ihnen da noch drei Vorhalte daraus ma- dürfen da ja nicht drüber reden; - chen - - hat Herr Uhrlau klar gesagt: Natürlich war das in der Spitze des Bundesnachrichten- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, nein. dienstes, aber auch im Kanzleramt bekannt. Und wenn wir die Vermerke, die wir Ihnen nachher in

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 127 von 153

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - sonst können wir uns ja gerne darüber NEN): Genau. auseinandersetzen. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So, genau. - Und Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jetzt wollte ich ja das habe ich aber auch im PKGr gesagt und heute gerade Ihre Frage beantworten. Das müssen Sie auch schon dreimal gesagt: Ich habe ja mehrfach jetzt noch aushalten, auch wenn Sie gleich eine nachgefragt. Rede halten müssen. - Ich habe auch in meinem Eingangsstatement gesagt: Sie suggerieren - und Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herr Hahn macht das auch manchmal - mit dem NEN): Aber nicht - - Wort „etwas gewusst“, als hätten diese Hinweise, auf die wir in geheimer Sitzung noch mal zurück- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Natürlich. - Und kommen, irgendetwas zu tun mit Selektoren und die Schilderung, insbesondere in dem Fragen- dem EADS und alldem. So. Und das stimmt eben katalog, zeigt eindeutig, dass das, was jetzt hier nicht, sondern es gab allgemeine Hinweise, jetzt Gegenstand der Untersuchung ist, mit den Selek- in meinem Vokabular, dass, wenn man nicht auf- toren und übergriffigen Selektoren möglicher- passt, auch die amerikanische Seite übergriffig weise und all das - ich kenne die Selektoren al- sein könnte. lerdings nicht - - dass davon mitnichten die Rede war, sondern da ging es vor allen Dingen um Fil- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- terung, um G 10 und Risiken im Blick auf den NEN): Genau. denkbaren Zugang, den ich verwehrt habe.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So. Und da sind Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir uns schon mal einig: allgemeine Hinweise. NEN): Ich gebe Ihnen recht: - Und diese allgemeinen Hinweise waren für mich Anlass, eine erweiterte spezielle Kooperation Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So, das ist ja nicht aufzunehmen, - auch schon mal was.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, ja. NEN): - Von Selektoren steht auch in den Akten, in diesem Zeitpunkt jedenfalls, nichts drin. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - was von Ihnen eigentlich gelobt und nicht getadelt werden Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, damit ist Ihr müsste. Das ist der Sachverhalt. Und daraus jetzt Angriff zusammengebrochen, um das mal zu sa- im Umkehrschluss zu machen, mit dem Wissen gen. von heute hätte ich also wissen müssen, dass da- mit Selektoren gemeint sind - was damit gar Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht gemeint war -, - NEN): Nein.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Doch. NEN): Nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - das finde ich NEN): Auch wenn Sie nachgefragt hätten, hätte einfach unredlich; das muss ich Ihnen mal sagen. man Ihnen die Selektoren - - oder eine Kommis- sion eingesetzt hätten oder eine Untersuchung Und dann ist der zweite Vorwurf, den Sie sagen, veranlasst hätten, hätte man Ihnen wahrschein- in Frageform gekleidet: Ja, aber Sie hätten wegen lich zu dem damaligen Zeitpunkt von Selektoren, der allgemeinen Hinweise ja nachfragen müssen. vermute ich mal, nichts gesagt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also!

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 128 von 153

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1. Untersuchungsausschuss

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir beide Gott sei Dank noch was sagen in die- NEN): Aber man hätte Ihnen gesagt: Die NSA ist sem Land; so weit sind wir noch nicht; also dazu unzuverlässig, die macht Sachen, die wir nicht könnte man schon was sagen -: Müsste man wissen, und die arbeitet in der Zusammenarbeit nicht, wenn das so zutrifft, wie es hier steht, die gegen deutsche Interessen. - Das war der Vor- etwas gespreizte Definition von Wirtschaftsspio- wurf. Der basierte dann für Innenleute, also die nage, die Sie hier jetzt schon zweimal gebracht das miterlebt haben 2005, auch auf EADS und haben, irgendwie verifizieren und sagen: „Ganz anderen. Aber da wären Sie drauf gekommen, offensichtlich findet aber schon Spionage mit wenn Sie gesagt hätten: Jetzt sagt mir mal kon- wirtschaftlichem Hintergrund statt“? kret, was werft ihr der NSA vor? Welche Erfah- rungen sind gemacht worden? Was ist da konkret Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Ich sehe gemacht worden? - Und da Sie das nicht gemacht nicht, dass man den Begriff der Wirtschaftsspio- worden, ist zu diesem Zeitpunkt das auch nicht nage deswegen verändern müsste. Im Übrigen aufgeflogen, das mit den Selektoren oder auch gibt es da noch ein anderes Wort, auf das wir mit anderen Geschichten. noch mal kommen, was mit Technologien zu tun hat. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aber eben haben Sie doch gesagt, es wäre, selbst wenn ich nachge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fragt hätte - - NEN): Ja. Aber würden Sie denn denken, dass das legal ist, was hier beschrieben wird? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, der Name „Selektor“ kam da nicht Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, das ist vor. Oh, es reimt sich sogar. nicht egal. Deswegen - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Gut, das war jetzt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- keine Frage, sondern ein Kommentar. Das will NEN): Legal, legal; nicht egal, legal. - Dass das le- ich jetzt nicht weiter kommentieren. gal ist?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich glaube Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auf der Basis aber, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat welcher Rechtsordnung? noch Fragen. Es sind nämlich noch zwei Minuten von der Zeit übrig. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der Rechtsordnung, in der wir uns bewe- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen. NEN): Ja, die wollen wir nutzen. Kollege Ströbele muss zu einer Rede. - Herr de Maizière, ange- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der amerikani- sichts des Vorhalts, den ich Ihnen eben gemacht schen oder der deutschen? habe - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Welchen? Den NEN): Nein, der Rechtsordnung, in der wir uns vom Spiegel? bewegen. Deutsches Recht auf deutschem Boden. Ist das legal? Weil die Frage ist ja: Sie nennen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- diese gespreizte Wirtschaftsspionagedefinition, NEN): - aus dem Spiegel -, zu dem Sie so nichts die ich hier auch schon in unterschiedlichsten sagen wollen, - Facetten die letzten Tage genannt wurde. So. Aber das ist eigentlich wurscht. Die interessante Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Dürfen. Frage ist: Ist das legal, was hier der BND Ihnen beschrieben hat? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - ja, „dürfen“; also zum Spiegel können

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, Spionage Auffassung der amerikanischen Seite sie Wirt- auf deutschem Boden ist strafbar, - schaftsspionage in dem von mir beschriebenen Sinne nicht betrieben haben, ich aus meiner Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Amtszeit keinerlei Erkenntnisse habe, dass es an- NEN): Genau. ders war. Deswegen liegt diese Form von sozusa- gen Strafbarkeit nach meiner Kenntnis nicht vor. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - und Aufklärung im Ausland ist nicht strafbar. Und das ist sozusa- Dann habe ich weiter gesagt: Ob es andere For- gen eine Frage der Perspektive. Das macht jedes men von Spionage, die nicht unbedingt Wirt- Land in der Welt so, seit Hunderten von Jahren. schaftsspionage sind, zum Beispiel Abhören von Regierungstelefonen oder so etwas, gibt, war über Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten Jahrzehnte nicht im Fokus Deutschlands aus, wir wechseln, weil der Kollege Ströbele schon glaube ich, historisch verständlichen Gründen, die andere Zeit des Kontingentes verbraucht hat, von Zufallsfunden mal abgesehen. Dann hat man und kommen jetzt zur nächsten Fraktion. Als reagiert. Also, wir waren ja nicht blind und taub; Nächstes ist jetzt die Fraktion der CDU/CSU mit aber man hat nicht gesucht. Das haben wir ge- ihren Fragen dran, wenn noch Fragen im öffent- ändert Schritt für Schritt, wissend, dass unsere lichen Teil bestehen. - Ich sehe, das ist nicht der Angriffsgegner in diesem Zusammenhang weni- Fall. - Dann kommen wir zur Fraktion Die Linke, ger westliche Verbündete, sondern mehr andere und Herr Kollege Hahn hat noch Fragen. Staaten sind, die ich auch erwähnt habe. Und alles, was da stattfände, wäre strafbar. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich will mal an den Kollegen von Notz anknüpfen, der jetzt eben Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also, wenn die nicht weiterfragen konnte. Sie haben gesagt: Das Süddeutsche Zeitung - da wir ja wieder nicht aus ist immer eine Frage der Perspektive. Aus ameri- Dokumenten zitieren dürfen - davon spricht, dass kanischer Sicht ist das nicht strafbar, wenn sie über 2 000 Persönlichkeiten des öffentlichen Le- hier agieren. bens und Institutionen von deutschem Boden mit Hilfe des BND über diese Selektoren ausgeforscht Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Und aus deut- worden sein sollen, dann sind Sie auch der Mei- scher Sicht ist Aufklärung des BND in einem nung, wenn das passiert ist, dass das strafbar ist? Land X auch nicht strafbar, sondern Aufklärung. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, ich bin Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, und amerikani- jetzt kein - - Wenn ich das richtig weiß - wie ge- sche Spionage in Deutschland nach deutschem sagt, ich kenne die Selektoren nicht, und des- Recht? wegen ist es jetzt eine hypothetische Antwort, die ich gebe -, waren die Aufklärungsziele alle im Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ist strafbar. Ausland, -

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Aha. Genau da- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Scheinbar nicht. rüber reden wir ja, - Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - die Aufklä- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich weiß. rungsziele im Ausland, also die Firma X nicht mit ihrem Sitz in Deutschland, sondern mit Dr. André Hahn (DIE LINKE): - wenn der BND ihrem Sitz in Pakistan oder so etwas. Und dann Beihilfe zu dieser Spionage geleistet hat. stellt sich die Lage ganz anders dar.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, dann müsste Dr. André Hahn (DIE LINKE): Da Sie eben selber ja mal die Frage stehen, ob es denn überhaupt um noch mal auf die Filter hingewiesen haben: Sie Spionage ging. Ich habe ja vorgetragen, dass nach

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haben gesagt, Sie haben von Selektoren nichts ge- daher ist meine Rechtsauffassung damals gewe- wusst, aber dass es Filter gibt und dass Filterung sen, dass deutsche Rechtsgüter im Ausland - stattfindet, das haben Sie gewusst? Klammer auf - - Dann hieß es: Na ja, wenn jetzt aber ein Ausländer halt das deutsche Handy Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Und zwar im nimmt, dann haben wir vielleicht eine Sicher- Blick auf G 10, im Blick auf G-10-Ziele, nicht im heitslücke. - Da habe ich gesagt: Ist mir egal; Blick auf andere Formen von - - wenn da 0049 steht oder hinten das „de“ ist, ist Schluss mit Aufklärung. - Also, insoweit: Deut- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie wussten also sche Rechtsgutträger im Ausland sind anders ein- nicht, dass es mehrere Filter gibt, die hinter- zuschätzen. Aber die Vorstellung, dass alle Men- einander sind, unter anderem in einem Filter schen und alle Institutionen außerhalb Deutsch- auch solche Positivselektoren? lands den gleichen Grundrechtsschutz genießen wie deutsche Staatsbürger oder deutsche Rechts- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Die Filter güter, die teile ich, anders als Herr Papier, nicht. bezogen sich immer - das werden wir dann in nichtöffentlicher Sitzung ja noch mal vertiefen - - Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und europäische Die Hinweise, die da zum Teil in Fußnoten sind, Interessen, inwieweit haben die eine Rolle ge- beziehen sich auf G-10-Filter. spielt, und teilen Sie die Auffassung, wie sie hier geäußert worden ist: „Ein Österreicher wird bei Dr. André Hahn (DIE LINKE): Hat es denn Vor- uns behandelt wie ein Afghane“? Das ist hier gaben gegeben seitens des Bundeskanzleramtes, wörtlich gefallen. zum Beispiel auf bestimmte Auslegungen von Gesetzen oder auf bestimmte Handlungen des Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, Sie sagen jetzt BND? Sie haben ja die Dienstbesprechungen an- im Passiv: „ist … wörtlich gefallen“. - Ich kenne gesprochen, die Präsidentenrunde, die Lage- den Zusammenhang nicht; ich kann dazu nichts besprechung und auch möglicherweise Dienst- sagen und will dazu nichts sagen. Alle Menschen anweisungen. Also, so etwas wie die sogenannte haben die gleiche Menschenwürde, und insoweit „Weltraumtheorie“, von der Sie ja vermutlich in- ist der Satz möglicherweise auf einer ganz hohen zwischen gehört haben, ist das etwas, was das Abstraktionsebene richtig. Aber im Zusammen- Kanzleramt gebilligt hat? hang mit Diensten oder so will ich diesen Satz jetzt überhaupt nicht kommentieren. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nicht nach mei- nem Wissen. Ich kann dazu nichts sagen. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie haben vorhin im Zusammenhang mit den Fragen vom Kollegen Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also, dass der Flisek selbst das Wort „Trojaner“ in den Mund BND die Auffassung vertritt, alles außerhalb genommen, als es darum ging, dass man etwas Deutschlands sei vogelfrei, was die Abhörmaß- unterjubelt oder - - nahmen oder Ausforschung oder Ausspähung an- geht, das hat nicht das Kanzleramt festgelegt? Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe ver- sucht, dem Hintergrund der Frage von Herr Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Moment. Flisek nachzuspüren. Wir haben zu meiner Zeit - das würde ich gerne, Herr Flisek, auch noch mal im Blick auf Aufsicht Dr. André Hahn (DIE LINKE): Richtig. Ich will sagen - im Blick auf den Vorfall, wo ich Ärger mit das aber gerne aufgreifen, den Begriff, und auf Herrn Uhrlau hatte, angewiesen, dass auch im die G-10-Kommission und auf den Umgang mit Ausland Zielobjekte mit der Vorwahl 0049 oder der G-10-Kommission noch mal zurückkommen. mit dem Kürzel „de“ nicht mehr Aufklärungsziel Sind Ihnen die Formulierungen „G-10-Legende“ des BND sein dürfen. Das war zu meiner Zeit. Ich oder „Türöffner“ im Zusammenhang mit Maß- weiß nicht mehr genau, wann das war. So. Von nahmen des BND bekannt?

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe das in Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich möchte mal der Vorbereitung auf meine Sitzung heute gehört, noch auf etwas anderes kommen - das war nun einschließlich des Ärgers der G-10-Kommission. eindeutig in Ihrer Zeit -, und zwar im Zusam- In der Sache kann ich das nicht beurteilen - war menhang mit der Reise in die USA, die im Fe- vor meiner Zeit - und will deswegen es auch bruar 2008 stattfand. Und da gibt es ein Doku- nicht bewerten. ment vom Januar 2008. Ich sage das hier mal: MAT A BK-6a-3, Blatt 40. Und da das NfD ist, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Die Frage ist ja, ob kann ich das auch jetzt hier vorhalten. Und zwar das alles vor Ihrer Zeit war oder auch in Ihrer ist das eben in der Zuarbeit für Sie formuliert. Zeit G-10-Maßnahmen beantragt worden sind, Und dort steht: die genau solche Trojaner auch gewesen sind. Also, die Frage ist doch - - Da derzeit ca. 40 Klagen gegen verschiedene US-Telekommuni- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jetzt unterstellen kationsfirmen wegen ihrer Zusam- Sie, es wären Trojaner. Ich habe von dem - - menarbeit mit Nachrichtendiens- ten laufen, fordert die Administra- tion strafrechtliche Immunität für Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich würde die die betroffenen Unternehmen. Frage gerne stellen; dann können Sie sie ja beant- Dies ist der kontroverseste Punkt worten. dieses Gesetzentwurfes.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Bitte. Ein Gesetzentwurf, FISA-Gesetzgebung NSA, in den Vereinigten Staaten. In dem Zusammenhang Dr. André Hahn (DIE LINKE): Die Frage ist, ob in möchte ich Sie fragen, ob es entsprechende Über- Ihrer Zeit - ich habe auch „ob“ gefragt, ich habe legungen auch in Deutschland gegeben hat, dass, nicht gesagt: „dass“ - auch mit Anträgen, die die wenn also bekannt wird, dass Telekommunika- Begründung hatten „Terrorabwehr“ quasi als Tro- tionsunternehmen kooperieren mit Nachrichten- janer Beschlüsse der G-10-Kommission erwirkt diensten, nicht nur auf der Basis G 10, sondern worden sind, bei denen es eigentlich nur darum auch auf der Basis von Verträgen, die abgeschlos- ging, überhaupt an das Kabel zu gelangen und sen werden, und das rauskommt und sie straf- dort Routineverkehre abzufischen. rechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnten oder auch zivilrechtlich - - ob das eine Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, G-10-An- Rolle gespielt hat, mögliche Konsequenzen in träge haben mich in meiner Amtszeit nicht er- den Besprechungen zwischen Bundeskanzleramt reicht. Daher kann ich dazu nichts sagen, wie sie und BND. formuliert waren. Und ich muss dieses Stichwort „G-10-Legende“ auch jetzt erst mal im Interesse Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich würde meiner Mitarbeiter zurückweisen. gern dem Minister kurze Zeit geben, um das ein- zusehen. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das ist ja aus Papieren des BND, - (Dem Zeugen werden Unterlagen vorgelegt - Er Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich weiß. liest in diesen Unterlagen)

Dr. André Hahn (DIE LINKE): - also, ich meine, Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ja. das haben wir nicht erfunden. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Können Sie Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das kann schon noch einmal die Materialstelle für alle sagen? Ich sein; ist mir nicht bekannt. Aber mit G-10-Anträ- habe die Fundstelle nämlich jetzt so schnell gen muss und wird hoffentlich im Prinzip verant- nicht nachvollziehen können. wortungsvoll umgegangen.

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Dr. André Hahn (DIE LINKE): MAT A BK-6a, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Jetzt dann 3, Blatt 40, ist die Fundstelle. müssten wir wieder wechseln. - Als nächste Fraktion stellt jetzt die Fraktion der SPD die Fra- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke schön. gen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich meine, (Christian Flisek (SPD): das ist ein - - Das hatte ich jetzt nicht präsent, Keine weiteren Fragen!) aber das ist eine vorbereitende Unterlage. Wenn man als Minister irgendwohin reist, dann kriegt - Keine weiteren Fragen. - Dann kommen wir zur man vorbereitende Unterlagen, und da wird ganz Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege nüchtern geschildert, wie die Gesetzgebung in von Notz. den USA ist: Im August 2007 trat der neue Act in Kraft. Das Gesetz regelt die Kommunikation usw. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- usw. Das ist eine ganz nüchterne Schilderung NEN): Ja, vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Wir über einen Sachverhalt in den USA. Den habe ich konstatieren ja gemeinsam - so habe ich es zu- vermutlich auf dem Flug gelesen, zur Kenntnis mindest verstanden -, dass in den letzten Jahren genommen. Aber für Deutschland waren da kei- da nicht alles gut gelaufen ist beim BND, und Sie nerlei Rückschlüsse draus zu ziehen. haben ja auch Reformbedarf angemerkt, festge- macht an den Diskussionen nach Snowden und, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Vielleicht habe ich ich glaube, jetzt an den Dingen, die bekannt ge- mich nicht richtig ausgedrückt, oder ich wieder- worden sind um diese Selektorenpraktiken. Gebe hole es noch mal. ich Sie da treffend wieder?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich finde, die Methode, dass Sie Ihre Art und Weise der Bewer- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Meine Frage be- tung, die irgendwie auch was mit dem zu tun hat, zieht sich darauf, dass es ja eine Rechtsgrundlage was ich gesagt habe, mit der Suggestivfrage, ob gibt bei G-10-Maßnahmen, dass dann Telekom- ich das genauso zusammenfasse - - finde ich munikationsunternehmen per Gesetz verpflichtet nicht in Ordnung. Dann gehen Sie nämlich raus sind, entsprechend zu unterstützen. Es gab aber und sagen: Der Herr Minister hat das und das ge- auch Verträge mit Telekommunikationsunterneh- sagt. - In Wahrheit ist es Ihre bewertende Zusam- men ohne G-10-Regelung. Und wenn das rausge- menfassung dessen, was ich gesagt habe. kommen wäre, drohten ja auch hier zivilrecht- liche oder strafrechtliche Konsequenzen, auch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Schadensersatzforderungen gegenüber den Unter- NEN): Ich habe das so zusammengefasst, und ich nehmen, auch möglicherweise in Deutschland. habe Sie gefragt: Gebe ich das treffend wieder? Und deshalb war meine Frage, ob die Bundes- Dem scheinen Sie zu widersprechen. regierung, das Kanzleramt oder der BND über sol- che Regelungen, also die Freistellung von Strafe Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Dann sage ich bzw. die Übernahme der Kosten durch die Bun- jetzt immer: Sie geben - - Ihre Bewertungen sind desrepublik, im Falle, dass es zu Schadensersatz- immer nicht - - sind unzutreffend. Ich möchte forderungen kommt - - ob das eine Rolle gespielt gerne bei meinen Bewertungen bleiben und nicht hat bei Ihren Überlegungen. durch ein konkludentes Bestätigen Ihrer Bewer- tungen Sie im Wege der stillen Post dazu veran- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nach meiner Er- lassen, dass Sie in einem Monat im Deutschen innerung nicht. Bundestag sagen: „Auch der Bundesminister de Maizière hat das und das ja gesagt“, - Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nach Ihren Erinne- rungen nicht. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Deswegen frage ich Sie ja.

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - nur weil ich Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So. Wie weit das jetzt Ihrer Bewertung nicht einfach sofort zustim- jetzt geht und so, das wird dann ja noch aufzu- men kann. klären sein. Ich kann dazu nicht viel sagen, weil ich die Selektoren nicht kenne. Wenn aber der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- jetzige Präsident des BND sagt, dass schon die NEN): Herr Minister, ich habe ganz viel Zeit, und Ausgangslage und etliche nicht in Ordnung sind, ich kann das stundenlang machen. dann übernehme ich diese Bewertung und sage: Dann wird es nicht in Ordnung gewesen sein. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich auch. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So. Und wir versuchen ja jetzt, der interes- NEN): Genau, ich weiß. Und ich muss alle acht santen Frage nachzugehen, wer hieran vielleicht Minuten wieder meine Fragen abgeben und dann Schuld hat. Vielleicht hat ja niemand daran wieder einen Einstieg in das Gespräch finden. Schuld; so was gibt es auch. Dinge passieren ein- fach. Aber jetzt frage ich Sie nach Ihrer Kenntnis- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich finde es lage und den Verantwortlichkeiten, die Sie hat- schöner, Sie fragen mich, und die Bewertung ma- ten die letzten Jahre: Wo liegt denn der Fehler? chen Sie dann, - Bei wem liegt denn der Fehler? Was hat nicht funktioniert? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der Fehler ist - darüber haben Herr Flisek ja schon gesprochen Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - ohne dass Sie und Frau Warken - die sozusagen mangelnde immer die Bestätigung von mir verlangen. Meldung von unten nach oben und die man- gelnde Sensibilität sogar 2013. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Deswegen habe ich Sie ja gefragt - - Na gut, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- okay. Also: Hat es in den letzten Jahren Fehlent- NEN): Also, Sie sagen: „Der BND hat Schuld“? wicklungen und Probleme beim BND im Hin- Fragezeichen. blick auf die Materie, die wir hier besprechen, ge- geben? Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe jetzt von einem Fehler gesprochen. Schuld ist noch Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das kann ich mal was - - noch nicht abschließend bewerten, weil ich etwa die Selektoren nicht kenne. Nach dem, was ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- höre, auch wie Herr Schindler im PKGr vorgetra- NEN): Also, Sie sagen: „Der BND hat einen Feh- gen hat, war ein Teil der Selektoren nicht in Ord- ler gemacht“? nung, und deswegen gab es da - was haben Sie gesagt? Fehler oder was? Versäumnisse? - das ist Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. jetzt meine Bewertung -, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hat das Bundeskanzleramt auch einen NEN): Ich bitte um Ihre Worte. Fehler gemacht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - war das nicht Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das kann ich in Ordnung. nicht abschließend beurteilen und möchte das auch nicht für die ganze Zeit beurteilen. Ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- möchte mich nur beziehen auf meine Amtszeit, NEN): Ja, war nicht in Ordnung. also von Oktober 2005 bis November 2009, und da kann ich bisher Fehler nicht erkennen.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wären eben alle wesentlichen Weichenstellungen NEN): Das deckt sich kurioser- oder erklärlicher- unter Steinmeier passiert, 2004, und dann unter weise mit den Aussagen von Herrn Fritsche. Der Ihnen wäre das irgendwie weitergelaufen; aber sagt auch: Das Bundeskanzleramt hat keine Entscheidungen wären irgendwie nicht mehr ge- Schuld; schuld ist der BND. - Ich frage mich auch fällt worden. Da frage ich mich - - im Hinblick auf die Einleitung, die Sie hier ge- macht haben, was die Menschen im BND für eine Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das bezog sich gute und wichtige Arbeit machen, ob das eigent- auf „Eikonal“, mein Satz. lich das Ergebnis sein kann. Und deswegen ver- suche ich mich jetzt mal anderen Problemen an- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zunähern. Kennen Sie das Tool, das Instrument NEN): Ja. Also, nehmen wir „Eikonal“. So. Wie XKeyscore? waren Sie denn mit „Eikonal“ betraut, und was haben Sie da entschieden, und was wurde Ihnen Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, ich kenne da zwischenzeitlich berichtet, und was waren die das nicht. Ich habe davon gehört, dass das ein Probleme? Analysetool ist, was jetzt gerade im BfV erprobt wird. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr von Notz, das habe ich ja gesagt: Ich bin darüber zu Beginn Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- meiner Amtszeit nicht unterrichtet worden. Die NEN): Das wird schon länger im BfV eingesetzt. wesentlichen Entscheidungen waren gefallen. Wissen Sie, seit wann? Die offenbar fortlaufenden G-10-Anträge errei- chen den Chef des Bundeskanzleramts nicht. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Und im Zusammenhang mit den Vorgängen 2007/08 ist mir mitgeteilt worden, dass wegen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der G-10-Filter die Ausbeute unterschiedlich ist, NEN): Haben Sie davon gehört, vielleicht in Ihren und mittelbar, dass es eingestellt worden ist. Ich Funktionen, die Sie im Laufe der letzten Jahre - - habe die Entscheidung der Einstellung auch nicht getroffen. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Kann ich jetzt nicht genau sagen, wann ich da das zum Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ersten Mal gehört habe. NEN): Aber wurden Sie da in Kenntnis gesetzt? Wurde gesagt: „Was sagen Sie eigentlich dazu?“, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- oder irgendwas? NEN): Sind Sie denn mit der Problematik ver- traut, dass man die letzten Jahre versucht hat, im Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, ich wurde Bereich der Fernmeldeaufklärung, im Bereich In- darüber so in Kenntnis gesetzt, genauso wie es in ternet irgendwie voranzukommen? Und waren den Akten steht, die Sie kennen. Sie da mit Abstimmungsprozessen, Überlegun- gen, Entscheidungen irgendwie betroffen? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich würde es gerne von Ihnen hören; die Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Was meinen Sie Akten lese ich in den einsamen Stunden da drü- jetzt mit dem Begriff „voranzukommen“? ben.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Weil die Akte, NEN): Ja, da sich weiterzuentwickeln. Das war ja um die es geht, ist leider eingestuft. alles nicht so einfach. Und man wollte da weiter vorankommen. Sie haben das vorhin so beschrie- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ben, dass nicht nach dem 11. September - - und NEN): Okay. - Sagt Ihnen HSPD-6 etwas, - dann hat Steinmeier bestimmte Sachen gemacht, die Sie gut fanden. Aber Sie haben so getan, als

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jedenfalls nicht dort andere Auffassungen zu rechtlichen Fragen auf Anhieb. gibt als im BND.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Tja. Also, die NEN): - Homeland Security - ich muss jetzt auch Frage ist so allgemein gestellt. nachgucken - Directive Nummer 6, vielleicht im Zusammenhang mit der WM 2006, etwas, Home- Martina Renner (DIE LINKE): Ja. land Security Presidential Directive 6 im Zusam- menhang mit der WM, - Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich kann Ihnen sagen, dass Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe jetzt wir in der Frage der Veränderung der Aufklä- keine Erinnerung daran. rungsziele gegenüber vermutlich deutschen Per- sonen - das habe ich ja erwähnt; Vorwahl 0049 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und hinten „de“ - durchaus Auseinandersetzun- NEN): - dass man da vielleicht versucht hat, gen haben, weil der BND das zu pingelig fand, schon gemeinsam irgendwie Datenpools zu und wir haben gesagt: Das wird aber jetzt so ge- schaffen, - macht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ist mir nicht be- Martina Renner (DIE LINKE): Was heißt das „zu kannt. pingelig fand“? Können Sie das erklären?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der BND hat ge- NEN): - Sachen zu rastern? Haben Sie nicht ge- sagt: Wir wissen ja gar nicht, ob derjenige, der hört? eine E-Mail mit dem Begriff „de“ verwendet oder ein Telefon mit der Vorwahl, Deutscher ist. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Wir haben Wenn er kein Deutscher ist, genießt er nicht den im Zusammenhang mit der WM 2006 mit ande- gleichen Rechtsschutz. Also, hören wir doch ren Staaten über die Frage von Hooliganlisten ge- dann erst auf, zu klären, wenn klar ist, ob es ein redet, und später dann ging es um das Thema: deutscher Staatsbürger ist. - Und da hatten wir Geht das ohne Rechtsgrundlage? - Da gab es, die - - Tja, ist das jetzt eine Rechtsauffassung glaube ich, auch ein Gerichtsverfahren; habe ich oder die rechtspolitische Auffassung? Wir hatten nicht mehr ganz genau in Erinnerung. Da haben jedenfalls gesagt: Das geht nicht, und das findet wir uns über denkbare Gewalttäter und Abwehr nicht mehr statt. der Gefahren von der WM unterhalten. Ob die Amerikaner dabei sind, weiß ich gar nicht. Martina Renner (DIE LINKE): Okay.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich müsste Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das war so ein jetzt mal auf die Uhr gucken. Ich stelle mal die Fall. An weitere Fälle - Sie haben offenbar wel- Frage: Gibt es noch Fragen anderer Fraktionen? che im Hinterkopf - kann ich mich jetzt nicht er- Weil sonst könnte ich dem Kollegen von Notz - - innern. Okay. Dann müssen wir wechseln. - Wenn die Frau Kollegin Renner auch noch Fragen hat, Martina Renner (DIE LINKE): Zur Weltraum- dann kriegt Frau Kollegin Renner zuerst das theorie - - Wort. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das hat Herr Martina Renner (DIE LINKE): Aber ich glaube, es Hahn schon gefragt. wird nachher weitergemacht an dem Punkt. - Ich würde gerne mal wissen von Ihnen, Herr de Mai- Martina Renner (DIE LINKE): Gab es keine Hin- zière, an welchen Stellen Sie in Ihrer Funktion weise zu fehlenden Dateienanordnungen im im Bundeskanzleramt erfahren haben, dass es BND, die ja vom BK bestätigt werden müssen?

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, keine Erin- das so geschildert in Bad Aibling, wie es damals nerung daran. mir vorgetragen wurde. Im Nachhinein kann ich sagen, mir wäre lieber etwas präziser vorgetragen Martina Renner (DIE LINKE): Auch keine. - Zu worden; aber okay. Filter spielten da eine Rolle, nicht funktionierender G-10-Filterung? aber mehr eben auch nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Doch. Zur G-10- Martina Renner (DIE LINKE): Diese Problematik, Filterung - dass da Namen von Politikern drin sind, haben Sie nie gehört? Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ja, hatten Sie. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - das habe ich ja ausgeführt; das werden wir sicher noch mal ver- Martina Renner (DIE LINKE): Wie bewerten Sie tiefen - gab es Hinweise, und die waren, ehrlich denn dies rechtlich, wenn sich diese deutschen gesagt, nicht so, dass man da alarmistisch hätte Politiker im Ausland befinden, im europäischen? nachfragen müssen. G-10-Filterung! Dürfen die dann überwacht werden?

Martina Renner (DIE LINKE): Die G-10-Filterung Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das will ich jetzt hängt ja in irgendeiner Form auch mit der Selek- aus dem Stand nicht rechtlich bewerten. Ich habe torenproblematik zusammen. Weil wir wissen ja aber gesagt, dass aus einem ganz anderen An- durch die Zeugen, die wir zu den Selektoren ver- lass wir angewiesen haben, dass im SIGINT-Be- nommen haben, dass, nachdem man in den Se- reich - darüber reden wir ja jetzt - Zielobjekte mit lektoren bestimmte Begriffe wie „EADS“ und deutscher Vorwahl oder deutscher Kennung „Eurocopter“ gefunden hat, in dem DAFIS-Filter nicht weiter beobachtet werden sollen. in Stufe 3 dann bestimmte Namen eingefügt hat, um diese von vornherein auszufiltern, also meis- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ja, aber wir ha- tens Namen von Unternehmen, aber auch wohl ben ja auch deutsche Politiker im EU-Parlament; Namen von fünf deutschen Politikern. Haben Sie die haben ja vielleicht keine deutsche Vorwahl. darüber schon mal was gehört? Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das mag sein. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. In den Das ist mir nicht bekannt, dass es da Ausspähun- Unterlagen, auf die wir später noch mal kommen, gen oder Ähnliches gegeben hat. Wie dann da die steht ja auch von „gemeinsam betrieben“ und Rechtslage ist, mit Immunität und allem Drum dann: Filterung. So. Das ganze System der Me- und Dran, das möchte ich Ihnen jetzt nicht aus thodik, das wir jetzt besprechen, war mir nicht dem Stand beantworten. bekannt und auch erst recht nicht irgendwelche Namen, weder EADS noch irgendwelche Namen. Martina Renner (DIE LINKE): Ich würde Ihnen gerne noch aus einer Unterlage einen Vorhalt ma- Martina Renner (DIE LINKE): Bei dieser Erörte- chen, und zwar bezieht sich das wieder auf rung zu dieser Filterproblematik ging es nie um MAT A BK-6a-3, und hier die Paginierung Seite konkrete Probleme. Es ist immer ganz abstrakt ge- 9. Das ist - ich leite es mal kurz ein - vom sprochen worden, dass der G-10-Filter - - 31.01.2007. Dr. Kurz über GL 62 an AL 6 und Chef BK. Und dann sind wir auf Seite 3. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist es. Weil der Hintergrund war ja immer der Wunsch der Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ist das einge- Amerikaner nach einer erweiterten Kooperation. stuft? Da habe ich ja, auch wenn Sie das immer nicht glauben, mehrfach nachgefragt. Aber da habe ich (Dr. Konstantin von Notz gesagt: Was findet da eigentlich statt? - Dann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- habe ich einen Vermerk bekommen. Da wurde NEN): Nein, NfD!)

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NfD; sonst wäre ich ja gar nicht so weit gekom- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - nach Söder, men; sonst wäre ja hier irgendjemand schon hätte ich fast gesagt. wach geworden. (Heiterkeit) Da geht es auf Seite 3 - - Ach so, genau, das muss ich jetzt noch dazusagen, um was es geht. Vor- Also, klingt nach - - Homeland Security ist der lage Gesprächsvermerk Michael Chertoff - ich Ausdruck. weiß gar nicht, wie er ausgesprochen wird -, Homeland Security. Und dort heißt es auf der Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Seite 3: Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Und im Bereich Fragen der Überwachung des Terrorabwehr ist das Department of Homeland Internets, Möglichkeiten inter- Security unser engster Partner, auch im Hinblick nationaler Arbeitsteilung. Ch. auf Austausch von Informationen. Da ist zum Beispiel das ganze Thema Flugbewegungen und - also Chertoff - vieles andere mehr.

verwies für US-Seite auf verfas- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ja. Mir geht es sungsrechtliche Schranken. Moni- jetzt tatsächlich - ich habe ein Problem, dass ich toring sei aber möglich. Sein Mit- immer nur acht Minuten habe - um die Frage: Es arbeiter geht da um Monitoring von Internet, und man - geschwärzt - bietet technische Unterstützung von US-Seite an, den deutschen Diensten, so etwas, was man an- … bot - falls gewünscht - techni- scheinend in den USA verfassungsrechtlich - - sche Unterstützung für deutsche Dienste an. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sagen Sie noch mal die Seite. Da würde ich Sie gerne zu fragen, was denn das für eine, wenn es um Unterstützung für deutsche Martina Renner (DIE LINKE): 3. Nein, die Pagi- Dienste - - also Kooperation ist, was auf US-Seite nierung ist 9, und es ist Seite 3 des Gesprächs- verfassungsrechtlich offenbar nicht erlaubt ist, vermerks. Es ist alles richtig. aber in Deutschland möglich ist - - und die US- Seite dann hier Deutschland Unterstützung an- (Der Zeuge blättert und bietet. Das ist ja für Sie, die Vorlage. liest in den ihm vorgelegten Unterlagen) Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das würde ich mir erst mal gerne angucken. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Fragen der Überwachung des In- Martina Renner (DIE LINKE): Ja. ternets, Möglichkeiten internatio- naler Arbeitsteilung. Chertoff ver- (Dem Zeugen werden wies für US-Seite auf verfassungs- Unterlagen vorgelegt) rechtliche Schranken. Monitoring sei aber möglich. Sein Mitarbeiter Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zweitens will … bot - falls gewünscht - techni- ich sagen: Herr Chertoff war zu der Zeit der soge- sche Unterstützung für deutsche nannte Heimatschutzminister. Also, „Heimat- Dienste an. schutz“ klingt so -

Martina Renner (DIE LINKE): Ich weiß, was das ist. Das wissen, glaube ich, alle hier.

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Ich weiß - - habe keine Erinnerung mehr, worum Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ist nichts Gehei- es da ging. Auch nicht - - Dass es verfassungs- mes drin. rechtliche Schranken gibt für die US-Seite, ist ja auch vielleicht ungewöhnlich. Aber - - Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Finde ich das jetzt? Martina Renner (DIE LINKE): Ja, spannend. Des- wegen. Fand ich auch. Martina Renner (DIE LINKE): Vielleicht kann jemand - Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich weiß nicht mehr, worum es da ging. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wäre nett, wenn Sie mir helfen. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, wir haben ja so eine These, die wir verfolgen, dass man eine an- Martina Renner (DIE LINKE): - meiner Mitarbei- dere Seite etwas erledigen lässt, was man selbst ter da - - Das ist Schreiben von Dr. Kurz an Sie. nicht darf - ja? Thema:

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, aber dass Ihre Washington-Reise am Deutschland verfassungsrechtlich mehr darf in 27./28.02.2008 dem Punkt als die Amerikaner - - hier: Programmpunkt Gespräch DNI, CIA und NSA. Martina Renner (DIE LINKE): Wäre interessant - ja? Das ist Blatt 34, auch MAT A BK-6a-3.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ungewöhnlich. (Der Zeuge blättert und liest in den ihm zuvor vor- Martina Renner (DIE LINKE): Aber ich meine, gelegten Unterlagen) man ist ja auch für die CIA an ein Kabel eines US-amerikanischen Anbieters gegangen, was man Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, und? in den USA nicht gekonnt hätte, weil man dort irgendwie seine eigenen Bürger hätte schützen Martina Renner (DIE LINKE): Also, da gibt es müssen. Also, die Welt der Geheimdienste - - den Satz - ja, ich muss ja jetzt kurz fragen -:

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, Frau Ren- Das BfV arbeitet insbesondere in ner, ich kann jedenfalls aus der Erinnerung nicht allen Bereichen der Terrorismus- bekämpfung und des Islamisti- sagen, worum es da geht. schen Extremismus eng mit den US-Diensten zusammen … Martina Renner (DIE LINKE): Wissen Sie nicht mehr? Das ist jetzt das BfV. - Mich würde interessieren, weil Sie ja nun auch beide Dienste sehr gut ken- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. nen: Worin liegt denn genau der Unterschied in der Kooperation des BND und des BfV jeweils Martina Renner (DIE LINKE): Dann würde ich mit NSA und CIA, und zwar jetzt nicht ganz all- gerne in der Akte bleiben und auf Blatt 34 wech- gemein, sondern bezogen auf die Frage Auswer- seln. tung von Daten, die sich in Datenbanken befin- den? Also, andersherum: Ist es möglich oder vor- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Darf ich hier jetzt stellbar, dass zum Beispiel der BND erfasst und in Ihrer Akte wühlen - oder? das BfV für die NSA oder die CIA auswertet?

(Heiterkeit) Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, auch das kann ich jetzt im Detail nicht sagen. Ich will mal

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vielleicht einen prinzipiell Unterschied schil- man ausleitet und doppelt und all den Kram und dern: Bei BfV und Terrorismusabwehr geht es wie man den Provider betuppt usw., dass aber meistens um Personengruppen, Reisebewegun- der Einsatz zum Beispiel von Selektoren oder gen und so - das ist auch absolut richtig und not- aber auch anderen Programmen, die diese Daten wendig, dass das geschieht; das werden Sie auch bearbeiten, Profile bilden etc., gar nicht beim sozusagen fordern vom BfV - und die Zusammen- BND läuft, sondern beim BfV. arbeit mit den Amerikanern, während es beim BND natürlich und bei insbesondere der NSA Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auch das kann einfach um eine strukturelle Aufklärung von ich nicht konkret sagen. Ich kann nur sagen: Das Linienentwicklung und so etwas geht und auch BfV ist für anderes zuständig als der BND. um Personen. Das ist natürlich ein großer Unter- schied, sodass die - - Natürlich, wenn jetzt Infor- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber mittler- mationen - - Oder manchmal ist es so - das ist weile - - aber auch unsystematisch -, dass etwa - -Wenn wir einen Hinweis bekommen auf einen denk- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: BfV hat keinen baren Terroranschlag oder auf problematische richtigen Auslandsaufklärungsauftrag. Ich kann Personen, die irgendwo einreisen und was pla- Ihnen aber berichten. Wir haben ja – Herr von nen könnten usw., von ausländischen Diensten, Marschall6 ist jetzt nicht mehr da - über Mentali- dann halten diese ausländischen Dienste sich täten geredet. Die Neigung des BND oder viel- nicht immer an die deutsche Zuständigkeitsver- leicht manchmal auch des BfV, dem anderen teilung, weil sie sie zum Teil gar nicht kennen, Dienst sogar im Rahmen der Zuständigkeiten viel sondern geben dann eine solche Information mei- mitzuteilen, hat auch Grenzen. Von daher spricht netwegen mal an das BfV, mal an den BND, mal einiges gegen Ihre These. auch an das BKA. Und auch das ist richtig zu sa- gen: Wir haben in dem Land ein Ermittlungskon- Martina Renner (DIE LINKE): Das ist da das zept, einen Ermittlungszusammenhang oder Problem. einen Hinweis bekommen - meistens wird nicht gesagt, woher die Quelle dann kommt -, und da Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten hören wir: Es könnte sein, dass aus der Gruppe wir wechseln. Die Fraktion Die Linke kommt ja heraus vielleicht ein Anschlag geschieht. - Dann gleich wieder dran. Aber jetzt ist erst mal die ist es absolut richtig, dass dieses Wissen dann, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dran. wo immer es eingeht, beim Gemeinsamen Terror- abwehrzentrum, bei den anderen Behörden abge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- laden wird, damit der jeweils Zuständige daraus NEN): Genau. Wir suchen noch eine Akte. - Ich seine Konsequenzen ziehen kann. - Ist es das, will noch mal zu XKeyscore zurückkommen und was Sie gemeint haben? dem BfV. Als Innenminister hatten Sie damit ja auch immer wieder zu tun. Es gibt den schönen Martina Renner (DIE LINKE): Nein. Ich meine, Artikel „Der fleißige Partner“, Spiegel, ob ich mir vorstellen kann - - 22.07.2013, schon:

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das finde ich im Die NSA-Affäre rückt an die Kanz- Übrigen auch richtig so. lerin heran. will erst aus der Presse von der Abhör- Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, deswegen. manie der US-Regierung erfahren haben - dabei nutzen deutsche Ge- Es war jetzt ganz so - - Ich meinte, ob man sich heimdienste eines der ergiebigsten vorstellen kann, dass eben tatsächlich der BND in NSA-Schnüffelwerkzeuge selbst. Kooperation oder selbstständig die Daten erfasst, weil man das technische Know-how hat, wie

6) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1.

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Da geht es unter anderem - - Also, die Unterüber- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jedenfalls nicht schrift nimmt Bezug auf XKeyscore. Ich zitiere so konkret. Das Stichwort mag mal gefallen sein. aus dem Artikel erst mal einen Absatz: Aber ich finde das, was Sie vorgelesen haben jetzt, auch nicht besonders skandalös. Dem Inlandsgeheimdienst BfV stellten die Amerikaner eines Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ihrer ergiebigsten Schnüffelwerk- NEN): Das habe ich auch nicht gesagt. zeuge zur Verfügung: ein System namens „XKeyscore“. Es ist jenes Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich sage Ihnen Spionageprogramm, mit dem die NSA selbst einen Großteil … der jetzt aber mal meine Meinung. Datensätze ... Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- abgriff. - Dann kommt auf derselben Seite unten: NEN): Ach so.

Aus den Snowden-Akten geht her- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn man sich vor, dass die NSA das Bundesamt einen Werkzeugschlüssel gibt und gibt einem an- für Verfassungsschutz mit XKey- deren Handwerker einen Schraubenzieher, dann score ausgestattet hat - und dass finde ich das per se nicht anstößig. Die Frage ist, auch der BND das Werkzeug bes- was man damit macht und ob man im Rahmen tens kennt, schließlich soll er die seiner Zuständigkeiten als BfV das Werkzeug Kollegen vom deutschen Inlands- nutzt. Ich gehe davon aus, dass das BfV sich im geheimdienst Rahmen seiner Zuständigkeiten und gesetzlichen - also der BND das BfV - Befugnisse hält und bewegt. Ich habe keinen An- lass, daran zu zweifeln. Da ist allein die Übergabe im Umgang mit dem Spionagepro- eines Schlüssels oder einer Methode oder eines gramm unterweisen. Das BfV solle Werkzeugs jetzt nicht kritikwürdig. vor allem deshalb mit XKeyscore ausgerüstet werden, um dessen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- „Fähigkeit auszubauen, die NSA NEN): Wenn man mit dem Schraubenschlüssel bei der gemeinsamen Terror- halt massenhafte Grundrechtsverletzungen bege- bekämpfung zu unterstützen“. hen kann, dann ist die Weitergabe des Instru- ments nicht unproblematisch. Wenn ich das jetzt Auf der nächsten Seite noch ein Absatz: richtig verstehe: Im Augenblick sind Sie ja für das BfV auch mit verantwortlich. Insofern ist es Es sei „einfach zu bedienen“ und interessant, wenn Sie sagen, Sie haben da keinen ermögliche Ausspähungen von Anlass, irgendwie kritisch zu sein, dass die das rohem Datenverkehr „wie kein an- deres System“, heißt es dort. In nicht korrekt einsetzen könnten. Genau das ist einer NSA-Folie mit dem Titel ja - - „Was ist XKeyscore?“ ist zu erfah- ren, das Programm verfüge über Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr Vorsitzen- einen Zwischenspeicher, der für der, im normalen Ausschussgeschäft gibt es so mehrere Tage einen „full take“ al- was, wo man dann sagen würde: Darf ich das ler ungefilterten Daten aufnehmen schriftlich beantworten? - Gibt es so was hier könne. auch? Also, ich kann jedenfalls jetzt da aus meiner Erinnerung nicht konkret was zu beitra- Sie haben von XKeyscore oder einem Programm gen. Aber ich will das gerne aufgreifen und viel- mit solchen Fähigkeiten in Ihren Amtszeiten nie leicht - - Gibt es so was? Gibt es hier nicht. was gehört?

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gibt es hier rischen (strategischen) und ver- nicht. Das, was Sie erinnern als Zeuge, das kön- mehrt auch in wirtschaftlichen nen Sie sagen. Das, was Sie nicht erinnern, da und technologischen Zusammen- können Sie auch sagen: Das weiß ich nicht, und hängen. Die möglichen Folgen für unser Land reichen von einer ge- das erinnere ich nicht. schwächten Verhandlungsposition über hohe materielle Kosten und Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist es. volkswirtschaftliche Schäden bis hin zu einem partiellen Verlust Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Natürlich nationaler Souveränität. freut es uns immer, wenn die Bundesregierung im Nachgang uns noch weitere Erkenntnisse in Dann wird ausgeführt, dass das fremde Nachrich- Dokumenten zur Verfügung stellt. Aber Sie müs- tendienste sind und man da - ich pauschalisiere sen jetzt nicht Dokumente extra produzieren. mal etwas - eher so bei der Hauptproblematik in den Osten guckt. - Und dann kommt - ich zitiere Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Okay, gut. wieder -:

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Doch auch Dienste anderer Staa- NEN): Nein. Mich interessiert es auch, weil es ja ten sind gegen Deutschland aktiv. in dem Kontext der Frage „Was wusste man Die zweite Hälfte des Jahres 2013 2013?“ eine relevante Frage ist, und Sie sind ja war geprägt von den im Zusam- menhang mit den Veröffentlichun- jetzt nicht nur hier als Chef BK, sondern eben gen Edward Snowdens insbeson- auch als Innenminister, in den letzten Jahren dere gegen die USA erhobenen zweimal. Spionagevorwürfen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, ich kann Dann nimmt der Verfassungsschutzbericht auf Ihnen da nichts Erhellendes jetzt zu beitragen. der Seite 311 zu der „Spionage mit technischen Mitteln“ unter den Punkten 2.2 Stellung und sagt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- da: NEN): Herzlichen Dank. - So, dann komme ich zu einer Sache, zu der Sie garantiert was zu sagen Für Fernmeldeaufklärungsmaß- wissen. Das ist der Verfassungsschutzbericht aus nahmen in Deutschland stellen dem Jahr 2013. Den haben Sie nach meinem die Botschaftsgebäude im Zen- Kenntnisstand im Juni 2014 vorgestellt. Da geht trum Berlins sowie andere ver- es unter anderem ab der Seite 306 um „Spionage gleichbare diplomatische Vertre- und sonstige nachrichtendienstliche Aktivi- tungen wegen ihrer günstigen Lage und ihrer Exterritorialität be- täten“. Den Überblick, der vorweggestellt ist, lese sonders geeignete Standorte dar. ich einmal vor, weil der ganz schön ist - ich zi- tiere -: Insbesondere im Bereich des Re- gierungsviertels in Berlin besteht Spionage ist keine Erfindung des ein konkretes Abhörrisiko für alle Kalten Krieges und endet folglich über Funk geführten Kommunika- auch nicht mit dem Zerfall des tionsverbindungen, darunter z. B. sowjetkommunistischen Macht- Gespräche mit Mobiltelefonen so- bereichs. Staaten haben Interessen wie WLAN- und Bluetooth-Ver- und versuchen, diese durchzuset- bindungen. Gefährdet sind auch zen. Spionage ist hierbei eine Op- auf Laptops oder Tablet-PCs ge- tion. Fremde Regierungen wollen speicherte Informationen, wenn sich durch unberechtigte, geheime die Geräte über Funk vernetzt Informationsbeschaffung Vorteile sind. verschaffen: in politischen, militä-

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So. Das ist eigentlich eine ziemlich treffende überhaupt nicht darauf zugegriffen werden. - Problembeschreibung. Deswegen ist es, richtigerweise im Verfassungs- schutzbericht 2014 erwähnt, Ausfluss der Erfah- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, finde ich rungen im Jahre 2013. auch. Es sind dann ja noch mehr Dinge geschehen, wie (Heiterkeit) Sie wissen. Im Haushaltsausschuss sind Sie, glaube ich, nicht. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gott sei Dank; denn Sie haben es ja auch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vorgetragen. Jetzt frage ich Sie - dann wird unter NEN): Nein. 335 noch mal sehr ausgiebig auf „Nachrichten- dienste westlicher Staaten“ eingegangen - vor Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aber wir haben dem Hintergrund Ihres Verfassungsschutzberich- ja dann - - Die Netze des Bundes sind nicht un- tes: Kann man da wirklich sagen, dass die Bun- erheblich von einem Betreiber mitbetrieben wor- desregierung gegenüber den USA gutgläubig war den, von dem wir uns gelöst haben, was relativ im Sinne von „Man hatte kein Problembewusst- viel Geld verursacht, wie Sie wissen. Auch das sein, dass da Dinge irgendwie problematisch sein ist eine solche Konsequenz. Eine weitere Konse- könnten“? Denn was ich hier lese, ist eigentlich quenz ist, dass wir im Beschaffungsverfahren ein ziemlich genauer Bericht. Sie schließen dann jetzt von denjenigen, die einen Auftrag haben schließlich mit dem schönen Satz - den muss ich wollen, eine Erklärung verlangen, dass sie ihre jetzt noch sagen, weil der Bezug hat - auf Informationen, die sie durch die Zusammenarbeit Seite 335: mit der Bundesregierung oder in anderer Weise sich beschaffen, erhalten, nicht an dritte Staaten Auch der fraktionsübergreifend im weitergeben dürfen. Alles dies sind Konsequen- Deutschen Bundestag eingesetzte zen seit 2013 und auch dieser Verfassungsschutz- NSA-Untersuchungsausschuss bericht. Das ist aber nicht zu verwechseln mit wird hierzu weitere Impulse set- einem Kenntnisstand aus dem Jahre 2000 oder zen. 1995, 98, 2001, 2005, wann auch immer. Also, hatten Sie nicht schon im Verfassungs- schutzbericht für das Jahr 2013, Mitte des Jahres Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 2014, ein sehr konkretes Problembild, was auch NEN): Dem würde ich uneingeschränkt zustim- westliche Geheimdienste wie die NSA hier teil- men. Nur, ich frage mich, ob diese Erkenntnis, weise machten? die wir beide teilen aus den Snowden-Unterlagen oder den gesellschaftlichen Diskussionen nach Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr von Notz, den Snowden-Veröffentlichungen, nicht auch das das haben wir aber alles schon erörtert. Ich habe Bundeskanzleramt erreicht hat, - ja berichtet, dass der Fokus der Spionageabwehr im Kalten Krieg gen Osten gerichtet war - danach Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danach war insbesondere Terror, aber auch - übrigens müssten wir wieder wechseln. richtigerweise - - bis heute auf andere Staaten ge- richtet ist -, aber dass wir aus den Erfahrungen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mit der Debatte um Snowden - um es jetzt noch NEN): - weil man eben - - Man hat all diese Dinge mal so zu sagen - Konsequenzen gezogen haben, gemacht, die Sie sagen, zu Recht. indem wir den 360-Grad-Blick eingeführt haben und gesagt haben: Wir wollen keine Spionage, Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Ich weiß vor allen Dingen auch keine technische Spio- nicht, ob - - nage, von wem auch immer. Die Kommunikation hier im Regierungsviertel muss ungestört sein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Uns interessiert nicht, wer darauf zugreift. Es soll NEN): So.

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe - - Martina Renner (DIE LINKE): Nein, wäre nicht Untersuchungsgegenstand? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, jetzt lassen Sie mich ganz kurz das Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich warte noch sagen; ich habe ja noch gar keine Frage gestellt. - auf die Frage, deswegen bin ich stumm. Aber im Bundeskanzleramt ist man nicht auf die Idee gekommen, mal zu gucken, was da eigent- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ich komme - - lich in Bad Aibling abgeht. Man hatte Listen; ich Also, wenn man Hinweise hatte - HUMINT, kann Ihnen eine schöne Snowden-Liste - das ma- SIGINT, Snowden-Dokumente, alles Mögliche -, che ich gleich noch, weil wir ja so viel Zeit ha- warum kommt man erst in 2015 auf die Idee, be- ben - zeigen, die ganz bestimmt hohes Interesse stimmte Teile der Kooperation zu beenden? im BND ausgelöst hat, wo Daten abfließen in die USA - - Was ich nicht verstehe: Es ist auch genau Teil Ihres Eingangsstatements; da haben Sie gesagt: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich muss jetzt Bei alledem, wir können vertrauensvoll zusam- auf die Uhr gucken. Wir sind bei elf Minuten, menarbeiten - mit jemandem, der, wie gesagt, und ich höre die Frage noch nicht. Markus R. anwirbt, mit diesem Schaden, der un- vergleichbar ist mit anderen Vorgängen, mit je- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mandem, dem man unterstellt, dass er versucht, NEN): Okay. Ich gebe ab. die Bundesregierung auszuspionieren - Stichwort „Regin“, „Kanzlerin-Handy“ -, mit jemandem, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke schön. dem unterstellt wird, dass er auch massenhaft Daten der Bürger und Bürgerinnen erfasst. Wie Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kann man dann sagen: „Der Zweck heiligt die NEN): Ich stelle sie gleich noch mal, Herr Vorsit- Mittel“? Das ist etwas, weswegen wir Teile Ihrer zender, wenn Sie das so eieruhrmäßig machen, Aussage auch nicht verstehen; weil diese An- bitte. haltspunkte, die sind so vielfältig und unter- schiedlich und die treten all die Jahre auf, 2005, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, die 2007, 2008, 2010, 2011, 2013 usw., fortgesetzt. Eieruhr wäre schon vor vier Minuten um gewe- sen. - Frau Kollegin Renner, ich glaube, die Frak- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wissen Sie, mei- tionen der Union und der SPD haben derzeit nes Erachtens verwechseln Sie jetzt den Kennt- keine Fragen in öffentlicher Sitzung. Dann sind nisstand der Jahre 2013 folgende mit dem Kennt- Sie dran, Frau Kollegin Renner. nisstand vorher. Ich habe ja versucht, deutlich zu machen, dass im Umgang mit ausländischen Martina Renner (DIE LINKE): Ich will da noch Nachrichtendiensten, auch wenn es unser engster mal weiterfragen. Ich finde das nämlich gerade Sicherheitspartner ist - dazu sage ich gleich noch einen interessanten Punkt. Also, wenn man Hin- ein Wort -, eine gewisse Grundskepsis immer ge- weise hatte auf Spionage mit technischen Mit- boten ist. Begründung: Jäger und Sammler jagen teln, HUMINT-Einsatz kommt hinzu - - Ich und sammeln viel. Das war auch das Motiv, be- glaube, Markus R. dürfte, wenn es stimmt, dass er stimmte Sachen nicht zu machen. 3 500 Namen von Agenten rausgespielt hat, eines der größten Spionagevorfälle in den letzten Jah- Martina Renner (DIE LINKE): Aber die jagen hier ren gewesen sein - ja? - Wird so sein, wenn das im eigenen Hühnerstall, also in unserem. stimmt. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Moment. - Und Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wäre im jetzt ist offenkundig oder jedenfalls vorgetragen Zweifel nicht Untersuchungsgegenstand, aber - - und teilweise bewiesen, teilweise offen - teil- weise trifft es wahrscheinlich nicht zu -, dass das

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Ausmaß - ich habe von Maß und Mitte gespro- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber das ist eine chen - auch einer Beobachtung von Zielen in andere, die - Deutschland - so nenne ich es jetzt mal allge- mein - zu viel war. Das hat uns alle überrascht Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. und zweitens gestört. Daraus haben wir Konse- quenzen gezogen, die ich geschildert habe: 360- Martina Renner (DIE LINKE): - dann auch wohl- Grad-Blick, Beschaffung usw. usw. feil über die Presse gespielt wird, dass wir bis zu einem Sicherheitsrisiko hochstilisiert werden. Das ändert aber nichts daran, dass die USA - da unterscheide ich mich eben von der Position der Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, nicht der Linken - für uns in Sicherheitsbelangen der wich- Untersuchungsausschuss ist eine Vertrauensbe- tigste Partner sind, dass wir die Sicherheit der lastung. Das Staatswohl - das habe ich in meinem Soldatinnen und Soldaten im Ausland, der Poli- Eingangsstatement sehr wohl bewusst gesagt - ist zistinnen und Polizisten im Ausland und sicher nach der Rechtsprechung des Bundesverfas- auch mancher ziviler Entwicklungshelfer nicht sungsgerichts der Bundesregierung und dem alleine durch den BND oder unsere Sicherheits- Deutschen Bundestag gemeinsam anvertraut. behörden gewährleisten können, sondern auf die Zusammenarbeit mit Diensten angewiesen sind, Martina Renner (DIE LINKE): Genau. und dass wir eine - gerade im Antiterrorkampf, aber auch im Bereich OK und anderen - sehr Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So. Was eine Be- fruchtbringende - zum beiderseitigen Vorteil, lastung ist, sind Durchstechereien und das Ver- aber überwiegend zu unserem Vorteil - Zusam- öffentlichen von geheimen Unterlagen. menarbeit mit den USA haben. (Dr. Hahn (DIE LINKE): Vieles von dem, was jetzt vorgetragen wird, ja im Auch aus den Reihen der Übrigen auch gar nicht bewiesen ist - - Wir wis- Bundesregierung!) sen nicht, wie weit etwa ein denkbarer Zugriff auf Regierungskommunikation stattgefunden hat. Dazu sage ich, Herr Hahn, schnörkellos: Nach Das würde ich gerne wissen, ehrlich gesagt, als meiner Lebenserfahrung geschieht das sowohl für Spionageabwehr zuständiger Minister, und aus dem Bereich des Parlaments wie aus dem Be- Sie würden es als Untersuchungsausschuss si- reich der Exekutive. Da müssen wir jetzt gar cher auch gerne wissen. Da muss man sagen: Das nicht uns gegenseitig belehren oder Vorwürfe hat zu einer Vertrauensbelastung geführt. Wir machen. Ich kann allerdings jetzt nicht sagen, wo müssen daran arbeiten, dass wir das wieder repa- der Anteil größer ist. Ich weiß, dass manchmal rieren. Dazu gehören nicht nur Worte, sondern Dinge, die zum Parlament gehen, eine Stunde auch Taten. Aber alles ändert nichts daran, dass später veröffentlicht werden. Ich weiß, dass die Grundbasis dieser Zusammenarbeit seit Jahr- manchmal Dinge veröffentlicht werden, die ge- zehnten wichtig und weiterhin unverzichtbar ist. heim sind, obwohl sie das Parlament noch gar nicht erreicht haben. Das weiß ich auch. Ich sage Martina Renner (DIE LINKE): Sie sagen jetzt Ihnen nur, als Bundesminister des Innern und als „Vertrauensbelastung“. Der öffentliche Diskurs Mensch, wie ich hier sitze, finde ich den Umgang sagt: Das Vertrauen wird durch den Untersu- mit geheimen Akten in diesem Staat fahrlässig; er chungsausschuss belastet. Das ist die Erzählung widerspricht meinem Staatsverständnis, und er der Bundesregierung, die wir gerade draußen hö- kann die Sicherheit dieses Landes gefährden. ren. Deswegen geht mein Appell an alle, auch in der Exekutive, diese Spielereien zu unterlassen. - Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Also, War das jetzt - - meine Erzählung ist das nicht, sondern - - Martina Renner (DIE LINKE): Ich wäre gerne noch - - Ja, ich wollte diese Frage - -

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich wollte es nur als Geheim eingestuft wird. Also, sie war jetzt ja einmal sagen, weil ich sage nicht: Der Untersu- noch nicht in der Öffentlichkeit, obwohl das Par- chungsausschuss - - lament sie schon mehr als eine Stunde hat. Aber man fragt sich manchmal, ob auch dieses Arkan- Martina Renner (DIE LINKE): Ich wollte eigent- staatliche nicht ausufert. Das sage ich nur ergän- lich auf etwas anderes hinaus. zend zu dem, was Sie sagen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe sogar Grundsätzlich kann man dann auch mal diskutie- gesagt, im Blick auf Kontrolldichte und vieles, ren, ob nicht nach einer gewissen Zeit überhaupt was ich mit Herrn Flisek diskutiert habe, der die Akten auf den Tisch müssen. Das ist in den mich gefragt hat, werden wir sicher wertvolle USA, wo sehr viel schärfere Geheimhaltungsvor- Hinweise kriegen; ähnlich war es ja auch beim schriften sind, auf jeden Fall der Fall. Am Ende NSU-Untersuchungsausschuss. Das ist überhaupt müssen die Dinge auf den Tisch in der Demokra- nicht mein Punkt. Aber dass einfach die Tatsache tie. Da können wir viel lernen. Da können wir ja eines Untersuchungsausschusses irgendwie alle mal überlegen, was man da gesetzlich machen möglichen Leute ermuntert, aus Sensationslust, kann. aus Geilheit, aus Eitelkeit - ich weiß nicht was -, Unterlagen durchzustechen, finde ich verantwor- Aber ich muss jetzt wieder wegen der Unterbre- tungslos. Das wollte ich einmal hier so klar ge- chung sozusagen anknüpfen an meinen Vortrag sagt haben. Das richtet sich gegen alle, die das von vorhin und da andocken. Wir waren dabei, tun. dass in Ihrem Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2013 eigentlich auch in Richtung westlicher Martina Renner (DIE LINKE): Meine konkrete Dienste eine erhebliche Skepsis zum Ausdruck Frage muss ich wahrscheinlich dann in der gekommen ist, die sich ja auch in manchen Din- nächsten Runde stellen. gen - Merkel-Handy hat da wohl schon reinge- strahlt - - aber bei Markus R. dann ja auch be- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. wahrheitet hat.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Wie kommt das Bundeskanzleramt dazu, zu sa- gen, man sei gutgläubig gewesen bis in den März Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann ist Herr 2015, wenn der Innenminister als Konsequenz Kollege von Notz dran. aus Snowden diese ganzen Dinge zutreffend be- schreibt, einen solchen Verfassungsschutzbericht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schreibt? Wie kann es sein, dass das Bundeskanz- NEN): Ich wollte sagen, dass man das genau so leramt sagt: „Also, Bad Aibling, wir waren in der sehen kann und ich das durchaus teile, wobei ich wonnigsten Eintracht mit der NSA. Wir hatten da mir häufig die Frage stelle, ob nicht, auch wenn gar keine schlimmen Gedanken. Wir wollten da ich diesen Ausschuss hier begucke, zu viele gar nichts prüfen und nachgucken“, obwohl man Dinge klassifiziert werden. das schwarz auf weiß hat? Ich meine, den Verfas- sungsschutzbericht wird man ja auch im Bundes- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist eine an- kanzleramt gelesen haben. dere Frage. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr von Notz, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das müssen Sie das Kanzleramt fragen, nicht NEN): Ja. Und da ist es eben - wissen Sie - in mich. einem Ausschuss, der für Transparenz sorgen soll, nur eine Kuriosität, wenn die wesentliche Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Frage der letzten Wochen hier in Berlin: „Soll die NEN): Ja. Selektorenliste offengelegt werden oder nicht?“, wenn diese Stellungnahme der Bundesregierung

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Stenografisches Protokoll 55 I

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jedenfalls ist die Telefonverkehre in Zielgebieten. Da sehe ich Entscheidung, den 360-Grad-Blick jetzt einzu- nicht, wo da ein Rechtsverstoß sein kann, wenn nehmen, natürlich im Einvernehmen mit dem man das tut und das im Aufklärungsauftrag Kanzleramt so getroffen worden. umfasst ist.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, ja. Das ist erstaunlich. Das finde ich NEN): Drei Staatsrechtler haben bei diesen Me- auch. - In Ihrer Zeit im Bundeskanzleramt zwi- thoden, die vom BND angewandt wurden, auch schen November 2005 und dem 28.10.2009 wa- in Ihrer Zeit als Fach- und Rechtsaufsicht ganz ren meiner Ansicht nach ja viele rechtlich rele- erhebliche rechtliche Probleme hier uns bestätigt. vante Entscheidungen zu treffen. Da Sie ja nun Das wird ja - - Fach- und Rechtsaufsicht waren, frage ich ein- fach mal, ob Sie an bestimmte Diskussionen Erin- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Dazu habe ich ja nerungen haben. Also, ist Ihnen der Begriff der schon was gesagt. Weltraumtheorie schon mal begegnet, und gab es dazu Diskussionen, zu denen Sie eventuell ir- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gendwas entschieden hätten im Bundeskanzler- NEN): Ja. amt? Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich teile diese Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist ja jetzt Auffassung überwiegend nicht. schon mehrfach gefragt worden. An eine Rechts- diskussion über eine Weltraumtheorie kann ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mich jetzt nicht erinnern. NEN): Nicht. Weder Herr Papier noch Herr Hoff- mann-Riem noch Herr Bäcker konnten Sie über- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zeugen. NEN): Also, das - - Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist es. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der BND hat nach dem BND-Gesetz im Ausland einen umfas- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- senden Aufklärungsauftrag. Der ist nicht beson- NEN): Ja. - Haben Sie denn in der Zeit mal über ders begrenzt. Darüber wird ja geredet, ob das so die Personenbezogenheit von Metadaten disku- bleiben kann. Und im Blick auf deutsche Rechts- tiert rechtlich? Also, sind Metadaten personen- güter im Ausland habe ich ja jetzt schon entspre- bezogene, personenbeziehbare Daten, und was chende Ausführungen gemacht. bedeutet das rechtlich?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Über diese Frage NEN): Ja. Aber wenn eine Satellitenschüssel in habe ich insbesondere diskutiert, als ich das erste Deutschland steht und man mit ihr Daten abgreift Mal Innenminister war, rund um das Thema Vor- an einem Satelliten, um sie in Deutschland zu er- ratsdatenspeicherung, wie Sie wissen. fassen und dann auch in Deutschland zu ver- arbeiten, würden Sie dann trotzdem sagen, dass Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- deutsches Recht nicht angewandt zu werden NEN): Ja, das glaube ich. braucht? Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aber das Kanzler- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, ich will amt im Verhältnis zum BND, kann ich mich an mal sagen: Ich habe mir 7 Schöningen angeguckt, diese Debatten nicht erinnern. nicht Bad Aibling. In 7 Schöningen gibt es auch Satellitenaufklärung, direkt Funkverkehre,

7) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Und ob in dieser Unterrichtung NEN): Die Funktionsträgereigenschaft, die es er- möglicht, auch - so habe ich das hier verstanden - - also, es geht da um die Unterrichtung des deutsche Grundrechtsträger, wenn sie im Namen Ministers - einer ausländischen Firma im Ausland unter- wegs sind, abzuhören, haben Sie von dieser irgendetwas über konkrete Firmen Funktionsträgereigenschaft mal gehört, von die- gesagt worden ist oder geschrie- ser Praxis? ben worden ist, sei einmal dahin- gestellt. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Den Begriff jetzt Also, das haben wir ja vorhin auch schon abge- nicht, aber zum Umgang mit deutschen Handy- hakt. nummern und Kennungen habe ich ja vorgetra- gen. Aber der Sachverhalt, um den es ging und der dann auch zu der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eindeutigen Position des ehema- NEN): Ja. - Gut. Und dann kam ja irgendwie im ligen Chefs des Kanzleramtes ge- Jahr 2009 - ich glaube, am Ende Ihrer Zeit im führt hat, nicht in eine Vertiefung Bundeskanzleramt - diese Änderung von § 7 G 10 einzutreten, spricht Bände. zur Übermittlung, ich würde sagen, Vereinfa- chung der Übermittlung von Daten. Können Sie So Herr Uhrlau. Nun kann man sich - - sich da an irgendwelche Diskussionen erinnern oder Überlegungen, was es da abzuwägen galt? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Den Sachver- halt haben wir eben schon vorgehalten. Nur zur Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Info.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. - Dann habe ich erst mal keine wei- NEN): Bitte? teren Fragen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Den Sachver- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen halt und die Textstelle haben wir eben schon vor- Dank. - Ich frage dann jetzt mal in die Runde: gehalten. Nur zur Info. Gibt es noch Fragen in öffentlicher Sitzung? - Herr Kollege Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Aber ich weiß nicht, ob Sie das Nächste Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch weiter vorgehalten haben. NEN): Ja, Herr Minister, ich mache da jetzt wei- ter, wo wir vorhin aufgehört haben, und halte Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, was heißt Ihnen noch mal im Zusammenhang das vor, was jetzt - - Herr Uhrlau hat, wie Sie wissen - wir Herr Uhrlau dazu gesagt hat, der ja der Chef des kennen ihn alle -, eine intensive Fähigkeit, aus- BND gewesen ist und der auch an den Vorberei- legungsfähige Sätze zu sagen. tungsgesprächen für Ihre Reise beteiligt war; je- denfalls ergibt sich das aus - - (Heiterkeit)

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Eher zur Nachbe- - Ja, das ist ein Teil seines Markenzeichens. - reitung des Gesprächs als zur Vorbereitung der Also, was heißt „spricht Bände“? Was heißt das: Reise; aber ist egal. „ spricht Bände“? Was wollen Sie jetzt daraus herleiten? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Der hat gesagt als Erstes:

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ein typischer NEN): Ja, genau. Die Frage habe ich mir auch ge- Uhrlau. stellt. (Heiterkeit) Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber wir erkennen Herrn Uhrlau. - Dann NEN): Und die habe ich Herrn Uhrlau auch ge- frage ich da noch mal nach, also frage ich, was stellt. Sie werden lachen. Jetzt gucken wir mal, das heißt: „auf einem gemeinsamen Fußballfeld“. was er geantwortet hat. Das ist, glaube ich, Und dann: Seite 42. Die habe ich ihm dann auch gestellt. „Und da haben Sie gesagt: Das spricht ja Bände“, ... dass die NSA durchaus über habe ich ihm vorgehalten. „Nun möchte ich die das, was der BND zu tun pflegt Bände mal ein bisschen hinterfragen“, habe ich oder auch tun darf, hinaus Begehr- lichkeiten dann gesagt. - also die NSA Begehrlichkeiten - Meinen Sie damit, dass auch bei Herrn de Maizière angekommen ist: „Da gibt es ein Problem, da - ich nenne das immer Begehrlich- gibt es ... ein ernsthaftes Problem“, keiten -, also Interessen hatte. und deshalb war seine Konse- quenz, Projekte auslaufen zu las- Frage ich ihn dann. Und da nickt er. Ich habe sen? Das ist nur eine Verständnis- dann noch gefragt: Heißt das Nicken „ja“? Und frage. Was verbirgt sich dahinter: dann hat auch der Vorsitzende ins Protokoll dik- „Das spricht Bände“? tiert: Das war ein Ja.

So. Das war jetzt meine Frage. Da hat er gesagt - Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja und, was folgt auch noch nicht ganz klar -: jetzt, Herr Ströbele? Ich habe das gesagt. Die Ten- denz zu Übergriffigkeiten, Begehrlichkeiten, all Herr Ströbele, Sie haben ja den das muss man in dem Geschäft, in dem Bereich Bundesinnenminister in der Sit- in Rechnung stellen. Das war exakt das Motiv, zung des Parlamentarischen Kon- diese erweiterte Zusammenarbeit nicht weiter - - trollgremiums erlebt. nicht in Angriff zu nehmen. Was stimmt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie müssten ja sagen können - - NEN): Ja, und meine Frage - -

Da wurde er dann unterbrochen, und dann sagt Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nichts stützt Ihre er: These, die Sie da eingangs mir unterstellt haben. Je länger Sie vorlesen, umso mehr habe ich recht „Das spricht Bände“: dass bekannt und umso weniger haben Sie recht. war, dass der BND und das Kanz- leramt hinsichtlich der Interessen- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lagen, die mit dem deutschen NEN): Doch. Recht nicht ... kompatibel sind, auf einem gemeinsamen Fußball- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Tut mir leid. feld gewesen sind. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das ist auch noch nicht so ganz klar. NEN): Ich versuche, Ihnen Anhaltspunkte dafür darzulegen, dass Sie über diese Frage informiert waren, -

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Was ist jetzt Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- „diese Frage“ wieder? NEN): Ja.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So. Das spricht NEN): - über diese Problematik informiert waren. dafür, dass er selber auch nicht so richtig im Film war, und das deckt sich ja wiederum mit den Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Was ist jetzt Zeugenaussagen vorher. „diese Frage“ wieder? Ich habe gesagt, Selektoren und all das, auch Firmennamen, nichts davon - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber wenn er auch nicht richtig im Film Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- war, dann gibt es ja da noch andere Mitarbeiter. NEN): Nein, nein. Kann man vielleicht - - Also, das war ja ein wich- tiger Sachverhalt, der Sie auch in Ihrem Handeln Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So. Also. bestimmt hat. Da muss man doch der Frage nach- gehen. Wenn Herr Uhrlau nicht ergiebig genug Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ist, setzt man vielleicht eine Arbeitsgruppe ein NEN): Sondern, wie Sie es selber - - Übergriffs- oder beruft eine Sitzung ein, um mit anderen problematik, haben Sie, glaube ich, vorhin mal Leuten noch mal darüber zu reden. Darauf gesagt. Da waren Sie informiert. Wenn man eine kommt es mir an. Das ist was, was in der Situa- Übergriffsproblematik kennt und da sogar tion - - Vielleicht wären die dann auch auf Euro- schwerwiegende Schlüsse draus zieht, nämlich copter gestoßen, weil das war ja im Amt schon ir- zu sagen: „Bei zusätzlichen Wünschen der NSA gendwo bekannt. Das war ja seit 2005 bekannt - sind wir vorsichtig oder weisen sie zurück“, Ihnen nicht; das wiederhole ich noch mal. Dafür dann muss man doch mal die Übergriffsproble- haben wir keine Anhaltspunkte. Aber dann wä- matik klären - oder nicht? Also, Sie als Chef von ren sie vielleicht auf diese Sachen gekommen dem Ganzen, müssen Sie da nicht sagen: „Herr und hätten dann vielleicht auch das machen kön- Uhrlau, jetzt machen Sie das mal ein bisschen nen, was die Mitarbeiter, also Herr D. B. und Herr konkreter“? Oder wenn das Herr Uhrlau dann Dr. T., dann nachher gemacht haben nach 2013, nicht schafft, dann gibt es ja auch noch andere nach den Enthüllungen von Edward Snowden, Mitarbeiter, die Sie mal fragen können: Was ist die gesagt haben: Guckt doch mal nach. Was will da in der Vergangenheit gewesen? eigentlich die NSA rausbekommen mithilfe des Bundesnachrichtendienstes? Da kann man dann Zeuge Dr. Thomas de Maizière:: Herr Ströbele, diese Telekommunikationsmerkmale oder Selek- das exakt - - toren vielleicht finden.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sie sagen jetzt NEN): Das zu dieser Übergriffsproblematik. „vielleicht“ und „wäre“, bauen eine Kausalkette auf, die auf einer These aufbaut. Ich habe nachge- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr Ströbele, fragt. Ich habe alles das Erforderliche getan, um Sie fragen das jetzt zum fünften oder sechsten zu erkennen, was da in Bad Aibling los war. Mir Mal. Das verstehe ich. Das ist auch erlaubt und ist ein bestimmter Sachverhalt vorgetragen wor- so. Aber ich werde jetzt nichts Neues sagen. Das den und fertig. exakt ist ja geschehen. Wir werden ja gleich in vertraulicher Sitzung uns vielleicht diesen Fra- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- genkatalog noch einmal angucken und gucken, NEN): Ja, dann müssen wir nachher - - was da geantwortet worden ist. Ich habe ja nach- gefragt. Dann würde ich im Nachhinein sagen: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich frage Wenn das denn alles so bei Herrn Uhrlau klar ge- dann jetzt noch mal nach, auch mit Blick auf die wesen wäre, dann hätte nahegelegen, dass er anstehende nichtöffentliche und eingestufte Ver- dazu etwas reinschreibt oder sagt. nehmung, ob es noch Fragen der Fraktionen im

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öffentlichen Teil gibt. - Ich gebe dem Kollegen Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich sage es von Notz noch das Wort. gerne - - Wer ist „man“?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also anschließend daran: Was wurde NEN): Na, der BND. Ihnen denn geantwortet auf diese Nachfrage, was in Bad Aibling passiert? Wer hat Ihnen geantwor- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das war ja ge- tet, und was wurde geantwortet, Herr de Mai- rade - - Nein, nicht der BND, sondern irgend- zière? welche Mitarbeiter im BND.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe einen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Fragenkatalog gestellt, und in dem Fragenkatalog NEN): Wer denn zum Beispiel? waren die entsprechenden Antworten enthalten. Das werden wir ja gleich durchgehen. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das weiß ich ja nicht. Das war ja gerade - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber Sie versuchen es ja hier in öffent- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- licher Sitzung so darzustellen, als wäre Ihnen NEN): Können Sie sich erinnern? Herr Urmann nichts Relevantes geantwortet worden. vielleicht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Hinweis auf all- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das war ja gerade gemeine Risiken, keine konkreten Hinweise auf das Problem - Herr Urmann war bei einem dieser ein Fehlverhalten in der Vergangenheit. Gespräche ja dabei, wie Sie wissen -, dass sozusa- gen der Hinweis auf Selektoren und gegebenen- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- falls Missbrauch mit den Selektoren dort gar NEN): Auf ein Fehlverhalten in der Vergangen- nicht gegeben worden wäre. Ich hätte mir das ge- heit der NSA - oder? wünscht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, von Selektoren haben die nichts ge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sagt. Aber sie haben von Übergriffigkeit gespro- NEN): Aber der Umstand, dass die NSA übergrif- chen und von Ausdehnungstendenzen bei dem fig ist, der wurde berichtet? Auftrag, was eben nicht mit dem deutschen Auf- tragsprofil übereinstimmt. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, dass es die Tendenz zur Übergriffigkeit gibt und insbeson- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auch das - habe dere eine Gefahr besteht im Blick auf das, worum ich ja gesagt - ist eine Grundskepsis und -ten- es bei der erweiterten Kooperation hätte gehen denz, die man auch gegen einen sehr großen be- sollen, nicht jedenfalls - - freundeten Partnerdienst haben muss, immer ha- ben muss. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, und der bestehenden Kooperation. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So. Und das war - - Um es auf den Punkt Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Ich sage es zu bringen: Diese Rückmeldung auch auf diese gerne auch noch 20-mal. Fragen, die wir jetzt gleich in nichtöffentlicher Sitzung noch mal sehr viel detaillierter mit Ak- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tenvorhalt machen dürfen, weil das alles einge- NEN): Daher hatte man ja die Erkenntnisse. stuft ist, das war für Sie kein Anlass, nachzufra- gen, was eigentlich in Bad Aibling vor sich geht?

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Doch. Aber auch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das habe ich schon x-mal gesagt. Genau diese NEN): Also, nur Sie haben null Prozent Schuld? Nachfragen sind ja erfolgt und dann auch ent- sprechend abgearbeitet worden. Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, dann über- nehme ich Ihre Formulierung: zu 100 Prozent Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- beim BND. NEN): Genau. - Und dann haben Sie diese Rück- meldung bekommen, und das hat Sie dann nicht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dazu veranlasst - lassen Sie mich die Frage präzi- NEN): Zu 100 Prozent beim BND. - Herzlichen sieren -, Konsequenzen für Bad Aibling zu zie- Dank. hen? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. Der Bericht lichen Dank. - Jetzt frage ich in die Runde: Wenn war so, dass ich daraus keinen Anlass sah, noch es keine Fragen mehr gibt, die in öffentlicher Sit- weiter nachzufragen. zung beantwortet werden können, müssen wir einen Beschluss zum Ausschluss der Öffentlich- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- keit fassen. NEN): Das kann ich anhand der Dinge, die ich aus dem Bericht lese, nicht nachvollziehen, dass Ich schlage folgenden Beschluss vor: das - - Für die weitere Vernehmung des Zeugen Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das unterschei- Dr. Thomas de Maizière am heutigen Tag wird det uns eben. die Öffentlichkeit gemäß § 14 Absatz 1 Num- mer 4 des Untersuchungsausschussgesetzes aus- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geschlossen, weil besondere Gründe des Wohls NEN): Das unterscheidet uns. - Ich will Ihnen des Bundes entgegenstehen. noch mal die Gelegenheit geben, Herr de Mai- zière, weil ich das wirklich für die relevante Wer dem so zustimmen kann, den bitte ich um sozusagen Essenz unseres Gesprächs jetzt in den das Handzeichen. - Herzlichen Dank. Gibt es letzten Stunden sehe: Vor diesem Hintergrund Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei antizipier- der Geschehnisse im Jahr 2008, der Rückmeldung ter Zustimmung der Opposition ist auch am heu- des BND im Hinblick auf den Ausbau der Koope- tigen Tag der Ausschluss der Öffentlichkeit be- ration, würden Sie immer noch dabei bleiben, schlossen worden. dass die Schuld, der Fehler oder die Fehler, die gemacht worden sind im Hinblick auf die Selek- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Darf ich eine toren und die Übergriffigkeiten der NSA, zu 100 kleine Pause zum Austreten haben? Geht das? Prozent beim BND liegen und zu null Prozent Fünf Minuten? beim Bundeskanzleramt? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das geht uns Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich habe jetzt allen wahrscheinlich so. über mich gesprochen, und ich würde sagen: Der eigentliche Kernfehler liegt im mangelnden Mel- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Oder auch zehn. deverhalten des BND. Das reicht.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir sind jetzt NEN): Herr Fritsche hat vielleicht ein bisschen am Ende des öffentlichen Teils der Sitzung. Ich Schuld - oder? würde vorschlagen, dass wir im nichtöffentlichen Teil mit der Zeugenvernehmung von Dr. de Mai- Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, der - - zière weitermachen, weil genau hier der Anknüp- fungspunkt jetzt beim Kollegen von Notz war,

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und würde auch vorschlagen, wenn das akzep- tiert wird, dass wir den Zeugen Fritsche für heute nach Hause schicken, weil ich Sorge habe, dass er sonst nicht mehr drankommen wird. - Das ist mit Nicken bestätigt. Dann machen wir in einer halben Stunde weiter im bekannten Saal in ein- gestufter Sitzung.

(Zuruf: 20 Minuten!)

- Schafft ihr es denn so schnell? - 20 Minuten.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Okay.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich bedanke mich bei der Öffentlichkeit und den Vertretern der Presse für die Teilnahme und die voraus- sichtlich gute Berichterstattung. Einen schönen Abend noch!

(Schluss des Sitzungsteils Zeugenvernehmung, Öffentlich: 21.42 Uhr - Folgt Sitzungsteil Zeugen- vernehmung, Geheim)

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