Magazin der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien März 2006

Die Musik ist ihr Leben

Soile Isokoski

Als Soile Isokoski im vergangenen Dezember an der Wiener Staatsoper erstmals in Wien die Elsa in Richard Wagners "" verkörperte, war sich das enthusiastische Publikum und die Presse einig: schönstimmiger, kultivierter, eleganter und differenzierter läßt sich diese Sopranpartie kaum singen; darüber hinaus werden sich zur Zeit aber auch nur wenige Sängerinnen finden, die diese Rolle ähnlich beseelt, sensibel und gefühlvoll im Ausdruck zu gestalten vermögen.

Zu Herzen gehender Gesang – das ist längst ein Markenzeichen von Soile Isokoski geworden, sowohl auf der Opernbühne wie im Konzertsaal versteht sie es immer wieder, ihr Publikum mit ausdrucksvollem Gesang gefühlsmäßig zu bewegen – und dies ganz gleich, ob sie den Sopranpart in Johann Sebastian Bachs "Weihnachtsoratorium" oder in der h-Moll-Messe interpretiert, ob sie Lieder von Hugo Wolf, , Robert Schumann oder den Komponisten ihrer finnischen Heimat singt oder ob sie auf der Opernbühne liebend leidenden Frauen wie der Desdemona in Verdis "", der Mimi in Puccinis "La Bohème", der Donna Elvira in Mozarts "", der Liù in Puccinis "", der Rachel in Halévys "" oder der Marguerite in Gounods "" Profil, Charakter und vor allem Seele verleiht. Den Auftritten von Soile Isokoski haftet nichts plakativ Glamouröses an, sie ist keine erhabene Diva, die sich die Ehre gibt oder sich vordergründig zelebriert, und sie baut auch keine künstlichen Schranken zwischen sich und dem Publikum auf. Vielmehr erreicht sie ihre Zuhörer durch die Unmittelbarkeit ihrer sympathischen, uneitlen und natürlichen Ausstrahlung.

Sich selbst überlassen Das zu interpretierende Kunstwerk in den Vordergrund zu stellen ist eines der Hauptanliegen von Soile Isokoski. Begründet ist diese – auch unter führenden Stars der internationalen Musikwelt – rar gewordene Einstellung bei ihr zweifellos durch ihr familiäres Umfeld, stammt sie doch als Tochter eines evangelischen Pastors aus einer sehr religiösen Familie. Die Pfarrgemeinde ihres Vaters gab ihr die erste musikalische Heimat, Kirchenmusik war ihr ursprüngliches Studienziel und die Leitung eines Kirchenchores eine ihrer ersten künstlerischen Aufgaben. 1986 erfolgte das erfolgreiche Debüt als Konzertsängerin und erst drei Jahre danach der Sprung auf die Opernbühne. Soile Isokoski lebt für ihre künstlerische Tätigkeit. "Wenn man in Metropolen wie Paris, London oder Wien auftritt, steht man zwar auf der Bühne im Rampenlicht, letztendlich ist man aber doch alleine", so die Sängerin in einem Gespräch für das Magazin "Klassik heute". "Ich leide Gott sei Dank kaum darunter, da ich gerne mir selbst überlassen bin. Und über die Unannehmlichkeiten dieses Nomadenlebens tröstet mich immer wieder die Musik hinweg. Es passiert natürlich häufig, daß es Probleme mit Flügen und Hotels gibt. Sobald aber die Probe, die Vorstellung oder das Konzert beginnt, ist dieser alltägliche Ärger vergessen."

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Lyrik und Lieder Mittlerweile ist Soile Isokoski an allen großen Bühnen der Welt zu Hause, doch so sehr auch die Oper ihren Terminplan ausfüllt, bewahrt sich die Sängerin doch immer Freiräume, um sich der Kunstform des Liedgesangs, einer ihrer großen Vorlieben, zu widmen. Lyrik und Poesie haben Soile Isokoski von Jugend an fasziniert; sie schreibt auch selbst kleine Gedichte – bisher jedoch nur für die eigene Schublade – und versucht dabei, wie sie es selbst einmal umschrieben hat, "große Erfahrungen meines Lebens in ganz wenigen Worten auszudrücken. Das ist vergleichbar meiner großen Liebe zum , auch dort kann eine ganze Welt in einem kleinen Werk zum Ausdruck kommen".

Ein Liederabend ist für Soile Isokoski wie eine Rückkehr in ein künstlerisches Zuhause, auch da sie bei ihren Soloprogrammen in der Regel mit der Pianistin Marita Viitasalo zusammenarbeitet. Schon bei ihrem ersten Gesangswettbewerb war sie die Begleiterin der Sängerin, woraus eine langjährige, bis heute anhaltende künstlerische Partnerschaft resultierte: "Wir haben die gleichen Gedanken, den gleichen Fokus, und wir verstehen uns auch privat sehr gut. Wir harmonieren musikalisch, kennen und spüren einander – man könnte es auch eine Art ,Fraueninstinkt‘ nennen" – so die Sängerin 2001, anläßlich ihres ersten Liederabends im Wiener Musikverein.

Musik der Jahresregenten und Robert Schumann hat Soile Isokoski für ihre jetzigen Liederabende ausgewählt, dazu Wagners „Wesendonck-Lieder“. Und selbstverständlich darf auch der Komponist ihres Heimatlandes nicht fehlen, Jean Sibelius. Finnisches mit Finesse.

Michael Blees Michael Blees ist Mitarbeiter der Ö1-Musikredaktion und Korrespondent der Berliner Musikzeitschrift "Orpheus".

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