MÜLLER , J.; S CHALTEGGER , S . (2004): Sozioökonomi - SCHAUMANN , M. (2012): Methoden der aktiven-ex - sche Analyse des Heide-Managements in Nord - tensiven Landschaftspflege zur Offenhaltung der westdeutschland – Wirtschaftlichkeit, Kosten- Landschaft unter besonderer Berücksichtigung Wirksamkeits-Verhältnisse und Akzeptanz. NNA der Wildtierbeweidung dargestellt am Beispiel Berichte 17. JG, H.2, S. 183 der Schönower Heide/Gorin bei Berlin, Univer - MUGV BBG (2012) Ministerium für Umwelt, Ge - sität Rostock sundheit, Verbraucherschutz Brandenburg, SCHREIBER , K. F.; B ROLL , G.; B RAUCKMANN , H. J. Schriftliche Antwort, 11.1.2012, REGELMANN (2000): Methoden der Landschaftspflege. Bro - NIEDERMAYER , B. (2001): Projektmanagement für schüre Umsetzungsmaßnahmen im Rahmen der Natur - TLL (2009) Thüringer Landesanstalt f. Landwirt - schutzstrategie der Landschaftspflege in Bayern. schaft: Beurteilung der Verbuschung auf Grün - TU München land. Thür. Minist. f. Landw. Forsten, Umwelt, RIECKEN , U. (2003): Alternative Leitbilder des Na - Natur, Jena, 2009 turschutzes zum Erhalt und Pflege von Offen - WANNER , M.; A NDERS , K. B RUNK , J. B URKART , B. landbiotopen. Institut für Landschaftspflege, (2004): Handbuch Offenlandmanagement, Offen - Freiburg, Bd 31 haltung durch Feuer

MITTEILUNGEN · BERICHTE · NOTIZEN

2 Altona – alte schleswig-holsteinische – die dicht besiedelten (ca. 1 0 000 E/km ) östlich Stadt im neuen Hamburger Gewand. sich anschließenden Stadtteile , Al - Bericht von der Jahrestagung des tona-Altstadt, Altona-Nord und Vereins für Natur- und Landeskunde mit dem für den alten Stadtkern prägenden Ge - 2012 schosswohnungsbau. Es verwundert, dass sich über die Eingemeindung Altonas infolge des Groß--Gesetzes von Anfang September fand die Jahrestagung des Ver - 1937 und seiner Umsetzung zum 1. April 1938 eins zur Pflege der Natur- und Landeskunde „Die durch die Nationalsozialisten kein einziger Hin - Heimat“ mit anschließender Exkursion statt. Die weis oder Kommentar in der HEIMAT findet, ob - Tagung begann mit der überraschenden Feststel - wohl ansonsten 44 Beiträge in der Heimat zu lung, dass das bis zum 31. März 1938 zu Schles - Altona erschienen sind. wig-Holstein gehörende Altona in der 120-jährigen Als Tagungsort am 1. September wurde das Alto - Vereinsgeschichte noch nie als Tagungsort diente, naer Museum ausgewählt, schon von Margaretha obwohl die Stadt bis zum Jahr der Eingliederung Koch (1970) eindrucksvoll beschrieben. Das Mu - nach Hamburg die größte Stadt Schleswig-Hol - seum wurde 1863 als erstes öffentliches Museum steins war. Bis zur Abtretung Schleswig-Holsteins in Schleswig-Holstein gegründet und zeigt im an Preußen 1864/65 war Altona gar die nach Ko - Schwerpunkt die Kulturgeschichte Norddeutsch - penhagen zweitgrößte Stadt im dänischen Ge - lands und der Küstengebiete von Nord- und Ost - samtstaat. see. Seit 1901 befindet es sich am jetzigen Standort. Im Großen und Ganzen ist der heutige hamburgi - Dazu bemerkte der frühere Museumsleiter Karl- sche Bezirk Altona identisch mit der bis 1938 selbst- Otto Meyer: „Seit 1937 ist das Altonaer Museum ständigen Stadt Altona/. Der aus 14 Stadttei - hamburgisch und hat dadurch ein noch größeres len bestehende Bezirk gliedert sich hinsichtlich Einzugsgebiet bekommen. Es behandelt jetzt nicht seiner Siedlungsstruktur grob in drei Zonen: nur die schleswig-holsteinische Landschaft, son - – die für großstädtische Verhältnisse mit ca. 1000 dern auch die Gebiete südlich der Elbe. Weil das 2 bis 1500 Einwohner/km dünn besiedelten und zoologische und auch das geologische Museum in vornehmlich einzelhaus- und villen-geprägten Hamburg im letzten Krieg vollkommen zerstört westlichen Elbvororte , , wurden und sie bis heute noch keine Schausamm - Nienstedten, Sülldorf und , lung wieder eingerichtet haben, fällt der naturwis - – die durch gemischte Bebauung gekennzeichne - senschaftlichen Abteilung des Altonaer Museums ten, abseits der Elbe liegenden Stadtteile Bah - eine besondere Aufgabe zu.“ (MEYER , 1957). renfeld, , , Groß-Flottbek und Beim Aufblättern älterer Bände der Heimat kann Osdorf mit einer Einwohnerdichte von 2500 bis der Vorsitzende Dr. Jürgen Eigner auch über zum 2 5000 Einwohner pro km und Schmunzeln anregende Deutungen zur Namens -

184 Abb. 1: Nachbildung der Werkstatt der Dreierwerft (Foto: Reinke) entstehung von Altona berichten (siehe den Arti - dar. Trotz dieser Vielfalt sind die zu erfüllenden kel im ersten Jahrgang der Heimat 1891 von H. Aufgaben aber gar nicht so unterschiedlich. Be - Ehlers). sonderen Schwerpunkt haben die Konstrukteure Prof. Dr. Torkild Hinrichsen, Leiter des Museums, und Schiffbauer immer den Fragen gewidmet: Wie referiert im Rahmen der Wissenschaftlichen Ta - kann bei möglichst geringem Eigengewicht eine gung des Vereins über „die Kulturgeschichte große Tragfähigkeit erreicht werden? Wie ist trotz Norddeutschlands als Sammlungs- und Präsenta - Seegang oder seitlicher Krafteinwirkung eine hohe tionsschwerpunkt im Altonaer Museum“ und Stabilität zu gewährleisten? Wie lässt sich bei ge - weist auf die Rolle Altonas als seinerzeitiges geis- ringem Gewicht die Festigkeit erhöhen? Wie setzt tiges Zentrum Schleswig-Holsteins hin. Der man bei der Fahrt dem Wasser möglichst geringen Schwerpunkt des Museums, zu dem auch das Je - Widerstand entgegen? Wie lässt sich ein Schiff nisch-Haus und das Rieck-Haus zählen, wird leicht steuern? Um die großen handwerklichen auch zukünftig auf dem Gebiet „Mensch und Um - Fähigkeiten nachempfinden zu können, ist u.a. welt“ liegen. die Werkstatt der Dreierwerft nachgebildet. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass An den verschiedenen als Glücksbringer für die das Museum vor wenigen Jahren nur knapp der Seefahrt geltenden Galionsfiguren vorbei geht es Schließung infolge der Sparbemühungen des zu den Fischerbooten, wo u. a. Modelle eines bis Hamburger Senats entgehen konnte, was vor 1835 für die Hochseefischerei genutzten Pfahl- allem dem Engagement eines beträchtlichen ewers wie auch des nachfolgenden Besanewers Unterstützerkreises von mehr als 1500 Personen gezeigt werden. zu verdanken ist. 2013 wird das 150-jährige Jubi - Kaum Zeit bleibt bei dem prall gefüllten Pro - läum gefeiert. Man möchte dem Museum wün - gramm für andere fachliche Ausstellungsschwer - schen, dass der Senat rechtzeitig erkennt, welches punkte, z . B. für das „Vermessene Altona“, wo Juwel hier in Hamburg schlummert, und mehr als anhand der Geschichte der Firma Dennert & Pape nur ein Grußwort liefert. ARISTO (den meisten noch bekannt durch Geo- Museumspädagoge Jörg Gerhardt führt anschlie- Dreieck und Rechenschieber) die wegweisende ßend zu den Höhepunkten der Sammlungen. Zu - Rolle Altonas für die Vermessung Norddeutsch - nächst steht die Schiffbausammlung im Vorder - lands im 19. Jahrhundert dokumentiert wird. grund. Holz- und Eisenschiffbau ist ein wichtiges In der Vierländer Kate, deren für damalige Ver - Kapitel der Schifffahrtsgeschichte. Er beleuchtet hältnisse beachtlicher Reichtum auch durch Intar - dieses alte Gewerbe und stellt die Vielfalt der er - sienschnitzereien aufgezeigt wird, folgt das bauten Schiffe und Boote in Größe und Aussehen Mittagessen.

185 Abb. 2: Grabstätte der Familie Klopstock, mit „Klopstock-Linde“ vor der Christianskirche (Foto: Reinke)

Anschließend wird die Jahreshauptversammlung Kreis Herzogtum Lauenburg in die nähere Wahl abgehalten. Der Verein hat trotz attraktiver in - einbezogen. haltlicher Ausrichtung weiter mit dem Mitglie - Am Nachmittag schließt sich bei schönstem Spät - derschwund zu kämpfen. Sowohl die Manu - sommerwetter eine Stadterkundung unter der skriptlage für die Zeitschrift „Natur- und Führung von Jörg Gerhard an. Erster Schwer - Landeskunde“ als auch die Kassenlage sind stabil. punkt ist das Altonaer Rathaus, das früher als Der Vorsitzende weist darauf hin, das Recherchen Kopfbahnhof von der Altona-Kiel-Gesellschaft ge - zum Tagungsort nur möglich waren, weil bis zum nutzt wurde. Ende des 19. Jahrhunderts wurde Jahrgang 1985 ausführliche Registerbände vor - der Bahnhof an seine heutige, etwa 500 m ent - handen sind, und regt an, einen neuen Register - fernte Position verlegt. band für die 26 Jahrgänge von 1986 bis 2012 zu Die Christianskirche in Ottensen wurde 1735 bis erarbeiten bzw. erarbeiten zu lassen. Für die Jah - 1738 als barocke Saalkirche gebaut und nach dem restagung 2013 werden Nordschleswig und der dänischen König Christian IV. benannt. Ein Caril -

Abb. 3: Nullmeridianlinie in Altona (Foto: Reinke)

186 lon mit 42 Glocken erklingt rechtzeitig an diesem zweiten Weltkrieg zerstörte. aber nun endlich als Sonnabend für die Exkursionsteilnehmer. An der letzte der Hamburger Hauptkirchen wiederaufge - Kirche finden sich auch die Klopstock-Grabstätte baute Altonaer Hauptkirche St. Trinitatis durch und die 270 –300 Jahre alten Klopstock-Linden. Sie Landespropst Karl Hasselmann eingeweiht. Äußer - zieren seit 1871 das Ottensener Stadtwappen. lich in alter Schönheit wiedererstanden, ist sie im Der Blick auf den Hafen und den Köhlbrand vom Innern modern gestaltet.“ „Altonaer Balkon“ lässt die naturräumlich kenn - Ein Blick auf den Jüdischen Friedhof an der Kö - zeichnenden drei West-Ost laufende Zonen erah - nigstraße in Altona zählt zu den weiteren Be - nen: der schmale Elbstrand, der eiszeitlich sonderheiten dieser Exkursion. Der wegen seines geformte Endmoränenwall mit den bis zu 90 m Alters und seiner einzigartigen Grabkunst schon aufragenden Erhebungen aus der Saale-Eiszeit, 1960 unter Denkmalschutz gestellte Jüdische z.B. Süllberg und Falkenstein, sowie die sich land - Friedhof Altona ist der älteste Friedhof in Nord - einwärts anschließenden flachen Geestbereiche. europa, auf dem sowohl „sefardische“ jüdische Es geht an der bekannten Palmaille entlang. Sie Einwanderer (portugiesische Grabinschriften) als verdankt ihrem Namen der weit verbreiteten Be - auch aschkenasische Juden (deutsche Grabin - liebtheit, welche sich die Ballspiele im 17. Jahr - schriften) bestattet wurden. Über 6000 deutsche hundert erfreuten. Das Wort Palmaille weist auf und 1600 portugiesische Steine sind komplett oder ein dem Croquet ähnlichen Ballspiel hin, wie auch in Fragmenten erhalten. Der Friedhof wurde in die lange, an beiden Seiten mit Bäumen besetzte den letzten hundert Jahren umfassend erforscht, Bahn zu diesem Spiel. Das in Italien entwickelte sodass jeder Grabstein kartografisch erfasst, do - Spiel „Palla maglio“ bedeutet also: Das Kugelspiel kumentiert, fotografiert und übersetzt wurde. mit dem Hammer. Nur im Italienischen findet sich Auch die Grenzziehung von Altona nach Ham - ursprünglich die Form „palla“ im Sinne eines Bal - burg lässt sich problemlos in der Nähe der „Gro - les oder einer Kugel, und als „maglio“ wird ein ßen Freiheit“ anhand von Markierungen in der hölzerner Hammer oder Schlägel bezeichnet. Zum Straße nachvollziehen. Die Große Freiheit selbst Zwecke eines solchen Ballspieles wurde von dem ist nach der religiösen Toleranz im ehemaligen Al - Grafen Otto V. die Altonaer Palmaille im Jahre 1638 in einer Länge von 1060 dänischen Fuß (647 Meter) angelegt und mit 400 Bäumen in vier Rei - hen bepflanzt. Nach dem Tode des Grafen Otto (1639) verfiel die Palmaille einstweilen und wurde auch später nicht mehr zum Ballspiel hergerich - tet. In der Palmaille sind auch einige von C.F. Hansen entworfene Häuser zu finden, u.a. – Nr. 49 Stadthaus Georg Friedrich Baur, ca. 1801 –1805, heute Firmensitz der deutschen Ost - afrika-Linien – Nr. 112, Stadthaus Dehn, ca. 1779 –98, ehemals Altonaer Museum vom Gründungsjahr 1863 bis 1901, heute Firmensitz der Karberg und Schmitz GmbH – Nr. 120 Stadthaus Jacobsen, 1802, heute Fir - mensitz Johann Blumenthal M.K. Reederei. Wir passieren die Nullmeridianlinie (sog. Meri - dian von Altona), von der aus die Erfassung der Längengrade nach Osten und Westen erfolgte, an - gelegt durch die Sternwarte Altonas. Die Hauptkirche St. Trinitatis präsentiert sich an diesem Nachmittag mit einem kulturell an - spruchsvollen Programm, sodass an diesem Tag nur eine „Außenbesichtigung“ möglich ist. Nach dem der Vorgängerbau von 1650 baufällig gewor - den war, wurde auf den alten Fundamenten ein barocker Bau des Architekten Cai Dose errichtet. Die reiche Innenausstattung fiel dem Bombenha - gel des Zweiten Weltkrieges zum Opfer. Nur die Umfassungsmauern und Teile des Turmes blieben erhalten. Dazu berichtete Karl-Heinz Grimm (1971): „Mit einem festlichen Gottesdienst wurde Abb. 4: Altonaer Hauptkirche St. Trinitatis (Foto: am 1. Advent, dem 30. November 1969, die im Reinke)

187 Abb. 5: Museumshafen Övelgönne (Foto: Reinke) tona benannt, sichtbares Zeichen ist hier die „to - Weiter geht es gen Neumühlen, wo sich der Wan - lerierte“ Katholische Kirche. Hier endet die ein - del einer Hafen-Industrielandschaft besonders drucksvolle Stadtbesichtigung manifestiert ( VOLCKENS 1912). 1868 erfolgt die Ver - Am Sonntagvormittag, dem 2. September, steht einigung von Ottensen mit Neumühlen, danach die Tagesexkursion „Kultur und Natur“ in den Al - zeigen sich ab 1870 rasante Landschaftsverände - tonaer Elbvororten auf dem Programm, wie immer rungen. 1871 entsteht die Stadt Ottensen mit der exzellent vom Ehepaar Eigner organisiert. Mit dem Klopstock-Linde als Wappen. Ein Blick fällt auf Bus geht es durch die verwinkelten historischen die heutige Seniorenresidenz „Augustinum“, ehe - Straßen und Gassen des alten Altonas mit seinen mals als Kühlhaus genutzt. Elbvororten. Die Fahrt führt durch die Altonaer Vorbei am Lawaetz-Haus von 1802 (gebaut vom Altstadt und Ottensen zur . Dann geht Tuchfabrikanten Johann Daniel Lawaetz, heute es die „Himmelsleiter“ nach Övelgönne hinab, zu einer gemeinnützigen Stiftung zugehörig) folgen seinen Villen, Parks und Gärten, die die Kultur des wir dem Rosengarten und dem Donnerschen 19. Jahrhunderts verdeutlichen. Früher lebten hier Park, dem Gelände einer Gartenbauausstellung Fischer. Im 17. Jahrhundert entwickelte sich das 1914, die trotz Ausbruch des Weltkrieges noch Gebiet aufgrund der Trankochereien und Leimsie - ordnungsgemäß abgeschlossen wurde. dereien zum Industriestandort. Schließlich siedel - Auch der alte 1895 eröffnete Kaibahnhof ist mit dem ten sich dort Lotsen an, deren Dienste wegen des Rest der Anschlussbahn an der Großen Elbstraße durch Sandbänke schwierigen Fahrwassers und zu erkennen. Von hier aus gelangten die Fisch - wegen der immer größer werdenden Schiffe un - transporte durch den Hafenbahntunnel zum Al - entbehrlich wurden. Sie wohnten in den noch tonaer Bahnhof. Vorläufer war eine schiefe oder ge - heute vorhandenen traufständigen ein- und zwei - neigte Ebene, die seit 1844 zuerst mit Pferdegöpel, geschossigen Fachwerk- und Backsteinhäusern. dann mit Dampfmaschinen betrieben wurde, mit Im 19. Jahrhundert entstanden in Övelgönne viele deren Hilfe die Waggons an Seilen heruntergelas - neue Häuser nach zeitgemäßen Ansprüchen. Bis sen und heraufgezogen wurden. Wir passieren das heute hat sich hier wenig verändert. Övelgönne Chemnitz-Bellmann-Denkmal. Der Dichter Chem - besitzt den ältesten in privater Trägerschaft be - nitz ist auf dem Friedhof Altona an der Norderreihe findlichen Museumshafen, der segelnde und begraben. Das Denkmal wurde am 24. März 1909, dampfbetriebene Fischerei-, Fahr- und Fracht - dem Gedenktag an die März-Revolution von 1848, boote präsentiert. feierlich enthüllt (s. Trede 1913).

188 Dann erreichen wir das Kaisertor am Jenischpark und erkunden unter Führung von Dr. Jürgen Eig - ner den Jenischpark, das Juwel unter den vielen Hamburger Gärten und Parks mit seinem histori - schen Baumbestand und vielen Elementen des eng- lischen Landschaftsparks einer ehemaligen „or - namented farm“. Innerhalb des heutigen Jenischparks befindet sich auch das ca. 7 ha große Naturschutzgebiet „Flottbektal“, welches den Unterlauf der tideabhängigen Flottbek umfasst. Botanisch konnten an diesem herbstlichen Tag im NSG noch blühende Exemplare von dem Drüsigen Springkraut (Impatiens balsamifera ), dem Mäde - süß ( Filipendula ulmaria ), dem Schlangen-Knöte - rich ( Polygonum bistorta ), der Kohl-Kratzdistel ( Cir - sium oleraceum ) und dem Blutweiderich ( Lythrum salicaria ) demonstriert werden. Typisch für die Elbvegetation sind ein paar stattliche Weidenbü - sche aus der Weichholz-Aue. Der Jenischpark war ab 1785 im Besitz von (Baron) Caspar Voght (1751 –1834). 1828 erfolgte der Ver - kauf an Senator Martin Johann Jenisch (1793 – 1857), der den südlichen Teil der Farm als Jenischpark weiter entwickelte. Heute befindet sich die Anlage im Besitz der Stadt Hamburg und wird vom Verein der Freunde des Jenischparks be - treut. Als besondere Besichtigungspunkte sehen wir das Kaisertor von 1906, das gleich alte Parkwärterhaus Abb. 7: Botanisches Kuriosum: Birke wächst in Eiche (Foto: Schleuß)

sowie als botanisches Kuriosum eine ca. 90-jährige Birke in einer Stieleiche. Vorbei an der alten Knüppelbrücke (Nachbau 1997, nach Brücke von ca. 1790) geht es zum Ernst- Barlach-Haus, das erst 1961/62 von dem Archi - tekten Werner Kallmorgen im Auftrag des Ham - burger Barlach-Verehrers Hermann F. Reemtsma erbaut worden ist. Reemtsma beschloss 1960, seine Barlach-Sammlung mit 60 Bildwerken und zahl - reichen Grafiken in Form einer Stiftung der Öf - fentlichkeit zugänglich zu machen. Er starb vor de - ren Vollendung im Jahre 1961. Die Stiftung hat aber inzwischen die Sammlung erheblich er - weitert. Am Rande des Barlach-Museums sind einige wei - tere botanische Besonderheiten, u . a. Castanea sa - tiva (Edelkastanie, 180 –200 Jahre alt, Umfang 3 und 3,5 Meter), Catalpa bignonioides (Trompeten - baum mit bohnenförmigen Kapseln) und Pseudo - larix (Goldlärche), sowie ein Schaugewächshaus von 1999 (Ersatz des Palmenhauses von 1833) zu besichtigen. Abgerundet wird dieses Kleinod durch Gingko biloba (ältester Gingko im Norden, ca. 200 Jahre alt) und Sequoiadrendrum giganteum (Mammutbaum). Im Jenisch-Haus werden wir von der Kunsthisto - Abb. 6: Dr. Eigner erklärt die Vegetationszusam - rikerin Stephanie Gans erwartet, die uns durch die mensetzung im NSG Flottbektal (Foto: Reinke) Ausstellung „Louis Gurlitt – Ein Künstlerleben“

189 Abb. 8: Jenischhaus, zurzeit mit einer Louis-Gurlitt-Ausstellung (Foto: Reinke) führt. Louis Gurlitt (1812 in Altona als eines von schlösschen“ und dem bekannten Hotel Jacob (seit 17 Kindern geboren, 1897 gestorben in Naundorf) 1785 als Gasthaus überliefert) geht es nach Nien - gilt als einer der bedeutendsten Landschafts- und stedten zur Besichtigung der barocken Fachwerk- Bildnismaler. Ausgestellt sind neben wegweisen - Kirche. Die Kirche wurde am 16. Mai 1751 mit den Gemälden auch private Alltagsgegenstände einer eigens dazu von Telemann komponierten und Zeichnungen des Künstlers. und von ihm selbst aufgeführten Kantate „Zer - Auch Klopstock, der von 1775 bis zu seinem Tode schmettert die Götzen“ eingeweiht. Es ist nachge - 1803 in Hamburg lebte, war häufiger Gast im alten wiesenermaßen der sechste Kirchenbau seit 1297 Herrenhaus und Park. Im sogenannten Blauen Ka - an dieser Stelle. Der heutige Fachwerkbau wurde binett des Jenisch-Hauses findet sich Klopstocks von einheimischen Handwerkern erstellt. Porträt von Tischbein, ferner acht Stahlstiche mit Hildegard Schark vom Kirchenvorstand zeigt uns Illustrationen aus Klopstocks Hauptwerk, dem die Besonderheiten der Kirche. Neben dem Hoch - Messias und ein Schabkunstblatt mit der Darstel - altar mit Holzsäulen und dem Taufkessel von 1969 lung von dem Begräbnis des Dichters vor der ist vor allem die 2001 feierlich geweihte Orgel der Christianskirche in Ottensen. Firma Mühleisen aus Leonberg/Baden-Württem - Nach einer kurzen Wanderung durch den zur berg zu erwähnen. Wir haben das Glück, dass Elbe liegenden Teil des Jenischparks mit der „Eier - noch Zeit für ein kurzes Orgelspiel durch Jürgen hütte“ (Nachbau 1995 nach Mooshütte von 1790 Rienow bleibt. von J. A. Arens) geht es zum Mittagessen am An - Die Fahrt setzt sich durch die historischen Teile leger Teufelsbrück, eine wohlverdiente Pause zum von Blankenese und Falkenstein fort und endet Klönschnack schließt sich an. mit einer naturkundlichen Wanderung am hohen Anschließend führt die Fahrt durch den alten Elbufer zum Römischen Garten. Gutsbezirk der Baron-Voght’schen Ländereien, Nach Ausführungen von Dr. Peter Janetzko ist der wo sowohl die Instenhäuser für die Arbeiter der Falkenstein fast ausschließlich aus gestauchten ornamented farm an der Jürgensallee als auch der saalezeitlichen Schmelzwassersanden aufgebaut. Reitturnierplatz sowie der neue Botanische Gar - Untergeordnet kommen Geschiebelehm- und ten der Hamburger Universität auf dem Gelände Schlufflagen vor. Die Stauchmoräne wurde wäh - der alten Farm liegen. Vorbei an dem Gelände der rend der Rückzugsphase der Mittleren Saale-Kalt - ehemaligen Elbschloß-Brauerei mit dem von C. F. zeit gebildet. Die Gletscher der letzten Eiszeit Hansen 1804 –1806 errichteten tempelartigen „Elb - haben die Elbe nicht mehr überschritten. In die -

190 sem Bereich kam es unter dem Einfluss des kalt - zeitlichen Klimas zu erheblicher Erosion, die zur Zerschneidung des Elbhanges durch zahlreiche kleine Täler führte. Vegetationskundlich ist vor allem der Buchen-Ei - chenwald der Altmoräne auf sandigen Böden mit Rotbuche ( Fagus sylvatica ), Stiel- und Trauben- Eiche ( Quercus robur und petraea ) sowie Vogel- beere ( Sorbus aucuparia ) zu erwähnen. Ergänzt wird dieser Eindruck durch die Schlagflur mit Brombeeren, Birke, Epilobium angustifolium (Schmalblättriges Weidenröschen), Calamagrostis epigeiois (Land-Reitgras), Geum urbanum (Echte Nelkenwurz), Rubus pedemontanus (Träufelspit - zen-Brombeere), Rubus laciniatus (Schlitzblättrige Brombeere, zuerst in England, jetzt weltweit kul - tiviert), Leontodon autumnalis (Herbstlöwen- zahn), Hieracium umbellatum (Doldiges Habichts - kraut) und Sarothamnur scoparius (Besenginster). Den Römischen Garten kann man mit Fug und Recht als ein verborgenes Juwel des Jugendstils am hohen Elbufer betrachten. Die Anlage ist den italienischen Villengärten der Toskana und der römischen Campagna mit ihren Fluchten von Zypressen und Terrassen nachempfunden. Der etwa 30 Meter über der Elbe gelegene Garten er - laubt einen schönen Überblick über den an dieser Stelle sich weitenden Fluss mit seiner einge - Abb. 9: Fachwerkkirche in Nienstedten (Foto: schlossenen Sandinsel, dem Naturschutzgebiet Schleuß) Neßsand. Die Anlage erfuhr ihre grundlegende Struktur tung einer breiten Terrasse ermöglichte. Im west - zwischen 1880 bis 1890 durch Anton Julius Rich - lichen Teil lag ein Rosengarten, dessen kleinteilige ter. 1897 erwarb der Hamburger Bankier Moritz Beete mit geschnittenem Buxus eingefasst waren N. Warburg das Grundstück. Im Zuge der Er - und somit an die Renaissance-Gärten erinnerten. weiterung der Gartenanlage wurde der steile 1924 wurde tiefer liegend in den Elbhang hinein Hang durch eine Mauer gestützt, was die Errich - ein Heckentheater angelegt, zugänglich über eine

Abb. 10: Träufelspitzen-Brombeere am Falkenstein (Foto: Reinke)

191 Abb. 11: Exkursionsteilnehmer im Römischen Garten (Foto: Reinke) geschwungene Sandsteintreppe („Würzburger KOCH , M. (1970): Das Altonaer Museum in Ham - Treppe“, der Würzburger Hofgartentreppe nach - burg. Die Heimat 69, Heft 4, S. 105–108 empfunden), die im Rosengarten beginnt. Dieses KOCH , M. (1970): Jenisch-Haus in Hamburg-Klein- Heckentheater ist ein typisches Merkmal der Park- Flottbek. Die Heimat 69, S. 347 –350 und Gartenanlagen der Reformzeit und der Zwan - MEYER , K.-O. (1957): Die naturwissenschaftliche zigerjahre. Mit der 1951 vollzogenen Schenkung Abteilung des Altonaer Museums. Die Heimat 64, der Familie Warburg aufgrund des engagierten Heft 10, S. 298 –299 Einsatzes des Hamburger Bürgermeisters Max NATH -E SSER , M. (Herausgeber, 1998): Hamburg Brauer für den öffentlichen Elbhöhenweg ging der Grün. Die Gärten und Parks der Stadt, L&H Ver - Garten in den Hamburger Staatsbesitz über. lag,Hamburg, 291 S. Natürlich kann auch die Jahrestagung mit ihrem TREDE , O. (1913): Das Chemnitz-Bellmann- Exkursionsprogramm nicht alles zeigen, z . B. Denkmal in Altona. Die Heimat 23, Heft 3, S. bleibt keine Zeit mehr für die Rissener Dünen - 87 –90. landschaft. Aber diese Impressionen mögen An - VOLCKENS , W. (1912): Neumühlen sonst und jetzt. regung dafür geben, Hamburg auch privat mal zu Die Heimat 22, Heft 9, S. 214 –219. erkunden. Mit einer Fülle neuer Eindrücke geht es am frü - Dr. Uwe Schleuß hen Abend für alle Teilnehmer gen Heimat. Man Dickedämmung 2, 24392 Nottfeld kann eine gewisse Vorfreude auf die nächste Jah - Dr. Jürgen Eigner restagung nicht unterdrücken. Redder 2, 24306, Lebrade

Quellen/Weiterführende Literatur CRUSIUS , C. (2006): Der Jenisch-Park: Ein Spazier - Exkursion in das Hessensteingebiet – gang durch seine Geschichte und die Jahreszeiten. fast wie im Mittelgebirge Völker Verlag Hamburg, 203 S. und DVD. EHLERS , H. (1891): Was die Sage von der Entste - hung Altonas erzählt. Die Heimat 1, Heft 12, S. Anfang Oktober machten sich 22 Teilnehmer auf 239 –242 den Weg, um das Hessensteingebiet zu erkunden. GRIMM , K.-H. (1971): Die Hauptkirche St. Trinitatis Für einige Teilnehmer war dieses Gebiet „Neu - zu Hamburg-Altona. Die Heimat 70, Heft 1, S. land“, bei anderen wurden Kindheitserinnerungen 8–11. geweckt. Leider gab es zwei unangenehme Über -

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