Ueber Die Begrenzung Und Eintheilung Der Ganoiden. Chr. Lütken
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Palaeontographica - Beiträge zur Naturgeschichte der Vorzeit Jahr/Year: 1876 Band/Volume: 22 Autor(en)/Author(s): Lütken Chr. Artikel/Article: Ueber die Begrenzung und Eintheilung der Ganoiden. 1-54 © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at lieber die Begrenzung und Eiiitlieiliiiig der Ganoiden. Von Chr. Lütken, Dr. phil. in Kopenhagen. Aus dem Dänischen übersetzt von Dr. E. v. Willemoes-Sulim. Seitdem Agassiz die Ganoiden als eigene Ordnung aufgestellt hat, sind die Meinungen stets darüber getheilt gewesen, wie man sie begrenzen und definiren solle ; eine gewisse «Latitude» macht sich beständig in der Auffassung geltend, die Grenzen werden bald hier bald dort gestellt, bald diese bald jene Definition wird gegeben, je nachdem man die Sache von der einen oder von der andern Seite ansieht. Eine Zeit lang räumten ihnen zwar Alle die Berechtigung eine eigene Gruppe zu bilden ein, aber in der letzten Zeit erhob sich eine gewichtige Stimme, welche sie ganz aufheben wollte, so dass selbst der Begriff «eines Ganoiden» aus dem System zu verschwinden drohte. Da ich diese Anschauung nicht theilen kann , im Gegentheil zu dem bestimmten Resultate gekommen zu sein glaube, dass es ein natürhches Ganze gibt, welches man unter dem Begriff «Ganoiden» zusammenfassen kann und muss, habe ich es für zeitgemäss gehalten, eine kurze Uebersicht über die Thiergruppen zu geben, welche da hineingehören. Erst in der letzten Zeit ist man darüber zur vollkommenen Klarheit gelangt, welche diese Gruppen seien, oder mit andern Worten, wie man die Ganoiden einzutheilen habe, und ich möchte fast glauben, dass es ein Verkennen der Natürlichkeit dieser Gruppen oder vielleicht auch ünbekanntschaft mit den bedeutenden Fortschritten der Wissenschaft in dieser Richtung ist, welche zu den Zweifeln über die Berechtigung geführt hat, die «Ganoiden» als einen systematischen Begriff beizubehalten. Eine solche uebersicht dürfte um so mehr am Platze sein, als dergleichen in der letzten Zeit (wenigstens soweit mir bekannt) nirgends versucht worden ist und ohne eine solche nur langwierige und umfassende Studien, welche nicht Sache eines jeden Zoologen sein können, zur Klarheit über diese wichtigen Verhältnisse führen dürften. Dass eine solche Uebersicht , im Laufe der Zeit nur den Werth behalten wird, den Standpunkt der Wissenschaft zu einer bestimmten Zeit angegeben zu haben, versteht sich von selbst, aber sie theilt dies Schicksal mit allen Arbeiten, die, ') In den «Videnskabelige Meddelelser fra den naturliistoriske Forening i Kjöbenhavn. 1868, Ko. 1—5» veröffentlichte Dr. Lütken diesen Vortrag, der am 19. Januar 1869 in einer «Supplementsitzung» zum Jahre 1868 im neuen zoologischen Auditorium zu Kopenhagen gehalten wurde. «Resumes» desselben erschienen dann nacheinander im «Jahrbuch für Mineralogie» von Leonhard und Geinitz, in der «Bibliotheque universelle de Geneve» und in den «Annais and Magazine of natural history». Aber ein solches Resume ist, wie mir der Verfasser so richtig bemerkt, eigentlich nur für solche, welche den Gegenstand bereits durchstudirt haben, von Nutzen, diejenigen Fachgenossen aber, welche sich weniger eingehend namentlich mit fossiler Ichthyologie beschäftigt haben und welche der dänischen Sprache nicht mächtig sind, werden sich gewiss freuen, die ausgezeichnete Arbeit selbst jetzt, wo sie in deutscher Sprache erscheint, benutzen zu können. Der Verfasser hat dazu auf das Liebenswürdigste einen Nachtrag geliefert, so dass die Arbeit dem heutigen Stande unseres Wissens angepasst erscheint und ebenso bereitwillig die Originalholzschnitte, welche die dänische Ausgabe zieren, uns zur Disposition verschafft. Ich verfehle nicht, ihm hier meinen wärmsten Dank dafür auszusprechen. D. Uebers. Palaeontographica XSH. 1. 1 — 2 — ft-ie die vorliegende, nur beabsiclitigen, eine Zusammenstellung unserer Kenntnisse bis zu einer bestimmten Zeit den Facbgenossen zu bieten. Es ist bekannt, dass Agassiz in seiner Definition der Ganoiden die äussere Bekleidung be- tonte und die Grenzen der Ordnung ziemlich weit gefasst hat. In seiner Beilage zum ersten Band der «Recherches» ^) (Feuilleton additionel p. 6) drückt er sich z. B. so aus: «2d Ordre: les Ganoides. Cette divisiou comprend des familles en apparence bien differentes, raais qui ont cependant beaucoup de rapports quand ou les examine de pres et abstraction faite de l'habitude qu'on a de les ranger diff^remment. Le caractere commun ä toutes est la forme anguleuse de leurs 6cailles, qui sont compos6es de deux substances, savoir de feuillets cornes ou osseux, d6poses les uns sous les autres et recouverts d'une couche 6paisse d'^mail. Gas ecailles© Biodiversityse forment Heritageexactement Library, http://www.biodiversitylibrary.org/;comnie les dents.» Ausser www.zobodat.atden beiden lebenden Geschlechtern Lepidosteiis und Folyptents ") und den fossilen Lepidoiden, Sauroideu und Fycnodonten werden hierher gerechnet die Plectognathen (Sclerodermen und Gymnodonten) , die Seenadeln (Lopliolranchii) , die Welse (Siluroiden und Goniodonten) sowie die Störe. Aus anderen Stellen desselben Bandes (z. B. aus dem Abschnitt über die Haut und die Schuppen) ersieht man, dass auch Lepidosircn, wenigstens halbwegs, mit zu den Ganoiden gerechnet wird. Nach der Definition wäre zum Theil die Form der Schuppen, nament- lich aber ihr Bau, d. h. der Emailüberzug, der bestimmende Charakter der Ganoiden. Im zweiten Bande jenes Werks, der vorzüglich die Ganoiden behandelt, ist ihre Definition s) und Begrenzung im Wesentlichen dieselbe, mit dem Unterschiede, dass Leindosiren hier nicht mit aufgeführt wird, und dass der Verfasser wenigstens an einer Stelle *) sich über die Zugehörigkeit der Welse und Störe zu dieser Ordnung etwas '} Bezüglich der Titel der citirten Schriften und ihrer Aufeinanderfolge wird auf das Literaturverzeichniss am Schlüsse dieser Arbeit verwieseD. ^) Es ist wirklich überraschend, durch einen neueren Autor belehrt zu werden, dass es nicht Agassiz, sondern Joh. Müller war, der zuerst nachwies, dass es auch jetzt lebende Ganoiden gäbe! («Erst Joh. Müller stellte einen schärfer begrenzten Character auf, demzufolge auch gewisse noch lebende Fische einbezogen wurden, während von Agassiz nur Reste fossiler Fische, die älteren Formationen als den Tertiärbildungen angehörten, als Ganoiden angesehen wurden.»). ') «Ecailles anguleuses, rhomboidales ou polygones, formees de lames osseuses ou cornees, recouvertes d'email.» «Le caractere essentiel des Ganoides est tire de leurs ecailles, qui sont toujours formees de deux substances differentes et bien distinctes, savoir de lamelles osseuses superposees comme celle de toutes les ecailles de poissons ordinaires, et d'email qui recouvre la partie de l'ecaille, qui est visible ä l'exterieur. La forme des ecailles est gäneralement rhomboidale, cependant il existe de nombreuses variations dans leur disposition.» *) Tableau synoptique des familles, des genres et des especes de l'ordre des Ganoide?. «Je pense que c'est ä la suite de ces familles qu'il faudra ranger, dans cet ordre (Lepidoädes), quelques familles de poissons vivans, savoir: les Goniodontes, les Siluroides et les Acipenserides.» Anderswo drückt er sich noch bestimmter aus, z. B. pag. 277 oder XII:, «Les Loricaires se lient trop etroitement aux Bsturgeons par le genre Scaphirhynchus, pour qu'il soit possible de ranger ces poissons dans des ordres differents. Les Loricaires ont en effet des ecailles conform^es de la meme maniere que celle des Ganoides ordinaires, et nous avons vu que le squelette des Esturgeons offre tous les caracteres des Ganoides. On pourrait meme dire que les Estur- geons sont des Lepidoides cartilagineux, recouverts d'ecailles semblables ä celle des Gymnodontes ; tandis que les Silures sont des Loricaires qui n'ont plus d'ecailles et chez lesquels on ne recontre plus que par-ci par-lä quelques ecussons semblables ä ceux des Esturgeons.» Diejenigen dieser Formen, welche, wie jetzt Alle meinen, nicht Ganoiden sind und welche man unter allen Umständen aus deren Verzeichniss streichen muss, sind: 1) die Welse und Panzerwelse ; 2) jirnpaima und dessen Verwandten; 3) die Plecto- gnathen; 4) die Lophobranchier ; 5) Bloelüus und Mhinellus sowie 6) mehrere der von Agassiz als Pycnodonten aufgeführten Zahnformen (z. B. Phyllodus, ohne von Placodus zu reden, den man allzulange für einen Fisch gehalten hat). — Ich wüsste Niemanden, der in späterer Zeit sich dafür ausgesprochen hätte, diese Formen unter den Ganoiden zu behalten, als Hollard, der sich noch 1850 dafür ausspricht, dass die Seenadeln Ganoiden seien, während er doch die Plectognathen von ihnen aus- Bchliessen zu wollen scheint. — 3 — unbestimmter äussert. Ebenso deutet er auch an, dass die Plectognathen und Lophobranchier weniger nahe mit den anderen Ganoiden (Sauroiden, Lepidoiden und Pycnodonten) verwandt seien, als diese es untereinander sind. Später — in seiner Monographie der devonischen Fische — kam Agassiz bekanntlich auf den Gedanken, dass der merkwürdige südamerikanische Süsswasserfisch, Arapaima (Sudis) auch ein Ganoid wäre und zwar nahe verwandt mit den fossilen Coelacanthen. — Es wird nun noch angebracht sein, an die zwei berühmten Aussprüche Agassiz' in der Einleitung des die Ganoiden behandelnden Theils zu erinnern: «tous les poissons osseux ant^rieurs ä la craie appartiennent sans exception ä Tordre des Ganoides» — ein Satz, den man ganz gewiss nicht