Inhaltsverzeichnis

1. Ausgangslage, Aufbau, Fragestellung und Hypothesen der Untersuchung

2. Der im Spiegel der Statistik 2.1 Der und seine Bewohner 2.2 Konzept und Ergebnisse einer Sozialstrukturanalyse für die 192 Ortsgemeinden des Westerwaldkreises 2.2.1 Gruppierung von Ortsgemeinden mit ähnlicher Sozialstruktur zur Untersuchung und Erklärung von Unterschieden 2.2.2 Auswahl und Ordnung der zugrundeliegenden Daten (Variablen) 2.2.3 Wie unterscheiden sich die Ortsgemeinden im Anteil der Kinder und Jugendlichen an der gesamten Wohnbevölkerung 2.2.4 Wie unterscheiden sich die Ortsgemeinden hinsichtlich verschiedener Faktoren sozialer Belastung 2.3 Hinweise aus der Gruppierung der Ortsgemeinden für die Jugendpolitik und Planung der Jugendarbeit im Westerwaldkreis

3. Ergebnisse und Befunde der Jugendbefragung 3.1 Mobilität und Geld 3.2 Freunde und Freizeit 3.3 Lebenseinstellung, Wünsche und Ansprechpartner 3.4 Ausländer und Deutsche 3.5 Gewalt 3.6 Drogen 3.7 Politisches Interesse 3.8 Bleiben oder Gehen? 3.9 Zwischenbilanz: Erste Befunde der Jugendbefragung

4. Ergebnisse der Expertengespräche

5. Schlußfolgerungen, Empfehlungen und Perspektiven 5.1 Jugend als Minderheit - Jugend als Zukunft? 5.2 Jugend im Westerwald braucht Räume und Mobilität 5.3 Jugend braucht Demokratie und Partizipation 5.4 Jugend braucht Erwachsene 5.5 Anforderungen an die Politik im Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus im Westerwaldkreis und anderswo

6. Grundlegende Überlegungen 6.1 Jugend, Jugendforschung und Jugendstudien 6.2 Jung sein auf dem Lande - Zum Stand der Fachdiskussion über die Lebenssituation Jugendlicher in ländlichen Regionen 6.3 Partizipation - Grundlagen, Probleme, Formen der Beteiligung und Mitwirkung Jugendlicher in Politik und Gemeinwesen 6.4 Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen - Begründungen und Chancen einer akzeptierenden Jugendarbeit 6.5 Cliquenarbeit mit Jugendlichen

7. "Und nun ...." - Schlußworte, Dank und Wünsche

8. Literatur

9. Anhang

UNIVERSITÄT – LANDAU KAPITEL I

1. Ausgangslage, Aufbau, Fragestellung und Hypothesen der Untersuchung

Wie sehen junge Menschen zwischen 13 und 17 Aus den Ergebnissen sollen Anregungen für zu- Jahren, die in den 192 Ortsgemeinden des künftige Arbeitsschwerpunkte des Jugend- Westerwaldkreises aufwachsen, ihre Situation werkes der Arbeiterwohlfahrt gewonnen werden, zwischen Familie und Schule, zwischen Freun- aber auch andere Gruppen und Verbände kön- desclique und organisierten Freizeitangeboten, nen ihre Angebote und Arbeitsschwerpunkte auf was gefällt ihnen, was wird kritisiert, welche dem Hintergrund der Ergebnisse und Befunde Themen beschäftigen die Jugendlichen, was überdenken. Nicht zuletzt der Kreis selbst sowie denken sie über Gewalt, Drogen, was über Aus- das Jugendamt mit seiner Verantwortung für die länder, wofür sind sie bereit sich zu engagieren? Jugendhilfeplanung können die Ergebnisse nut- zen. Antworten auf diese Fragen interessieren viele, die beruflich oder in öffentlichen Ämtern mit Ju- gendlichen arbeiten, für Aufgaben der Jugend- Unser Vorgehen in Stichworten arbeit Verantwortung tragen. Aber in den be- kannten Jugenduntersuchungen (z.B. Shell- Was wollten wir "erforschen" und entwi- Jugendstudien) wird die spezifische Situation ckeln? Jugendlicher „auf dem Lande“ zu wenig be- · die besondere Situation Jugendlicher "auf leuchtet. Für junge Menschen, die auf dem Land dem Lande" groß werden, sind die Widersprüche und Anfor- · Wie sehen junge Menschen selber ihre Le- derungen moderner Lebensvorstellungen in spe- bens- und Freizeitsituation? zifischer Weise spürbar. Wie werden die Mög- · Möglichkeiten und Interessen zur Beteiligung lichkeiten und Vorteile, aber auch die Begren- und Partizipation Jugendlicher zungen und Einschränkungen auf dem Lande · Anregungen und Hinweise für die zukünftige aufzuwachsen von den Jugendlichen selbst ge- Jugendarbeit und Jugendpolitik im Wester- sehen? wald

Gerade im Hinblick auf die Möglichkeiten und Was haben wir wie untersucht ? Interessen der Freizeitgestaltung junger Men- · vorhandene Statistiken ausgewertet und zu schen in einem Landkreis haben Erwachsene oft einer Sozialstrukturanalyse des Westerwald- gegensätzliche Auffassungen: die einen sehen kreises verarbeitet eher die positiven Seiten sozialer Nähe und Ein- · 997 Jugendliche befragt aus 19 Schulen aller bindung in Familie, Nachbarschaft und ein tradi- Schulformen verteilt auf die zehn Verbands- tionelles Vereinsleben, die anderen betonen die gemeinden weiten Wege zu attraktiven Jugendtreffpunkten · 24 Experten befragt, davon 9 Verbandsge- oder die beschränkten Angebote offener Ju- meindebürgermeister, 12 "Jugendexperten" gendarbeit in den Ortsgemeinden. Wie sehen und 3 "Problemexperten" junge Menschen selbst ihre Situation? Wie repräsentativ sind die Befragungser- Der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt gebnisse ? Westerwald e.V. möchte Antworten auf die Befragt wurden 997 Jugendliche zwischen 13 skizzierten Fragen finden. Eine Projektgruppe und 19 Jahren. Im Westerwaldkreis lebten zum der Universität Koblenz unter Leitung von Prof. 31.12.1998 insgesamt 11.842 Jugendliche dieser Dr. Christian Schrapper, Dr. Anke Spies und Mit- Altersgruppen. gliedern des AWO-Arbeitskreises „Jugend“ hat · Nach Altersgruppen aufgeteilt sind die Jahr- mit verschiedenen Erhebungsmethoden aktuelle gänge der 14-, 15- und 16-Jährigen in der Daten und Aussagen ermittelt, um in einer dif- Untersuchung repräsentativ vertreten, die ferenzierten Beschreibung die Lebens- und Frei- jüngeren und älteren nicht. zeitsituation junger Menschen zwischen 13 und · Die Herkunft der Befragten nach Größe der 17 Jahren im Westerwaldkreis darzustellen. Ortsgemeinden entspricht der Verteilung im

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Westerwaldkreis, wobei die Ortsgemeinden alhilfe) und Arbeitslosigkeit für alle 192 Ortsge- mit mehr als 3.000 Einwohner etwas über- meinden des Westerwaldkreises erhoben und repräsentiert sind (37 % der Befragen statt ausgewertet. Ziel dieses ersten Untersuchungs- 30 % aller Jugendlichen) schrittes war es, einen Überblick über Anzahl · Nach Geschlecht und Nationalität entspre- und Verteilung junger Menschen auf die Orts- chen die Anteile der Befragten ebenfalls gemeinden, aber auch über weitere wichtige weitgehend den Anteilen aller Jugendlichen Sozialstrukturmerkmale dieser 192 Ortsgemein- im Westerwaldkreis; die Jungen und die den zu gewinnen, um einerseits einen Überblick ausländischen Jugendlichen sind unter den über die Bandbreite unterschiedlicher Lebens- Befragen etwas stärker vertreten, als im räume und Lebensbedingungen im Kreis zu er- Westerwaldkreis insgesamt (55% statt 52 % halten und andererseits die Ortsgemeinden in bei den Jungen; 12% statt 8% bei den Aus- Gruppen mit vergleichbarer Struktur einzuteilen. ländern) · Auch bei der Verteilung der Schulen, an de- b. Wie und wozu können Jugendliche nen die Befragung durchgeführt wurde, ha- selbst zu Wort kommen? ben wir die regionale Verteilung sowie die In einer umfangreichen Befragung wurden 997 Anteile der unterschiedlichen Schulformen Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren direkt berücksichtigt. mit einem schriftlichen Fragebogen nach ihrer Meinung gefragt. Die Befragung wurde mit Die Ergebnisse der Befragung können damit freundlicher Unterstützung der Schulleitungen aufgrund der Größe und Verteilung der Stich- und des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft probe als weitgehend repräsentativ für die Ju- und Weiterbildung an 19 ausgewählten Schulen gendlichen im Westerwaldkreis angesehen wer- aus den verschiedenen Regionen und den unter- den. Durch die Kombination quantitativer und schiedlichen Schultypen in den Jahrgangstufen 8 qualitativer Analysen mit Einschätzungen und – 12 durchgeführt. Außerdem sind Jugendliche Bewertungen aus Expertenperspektive haben in Workshops anläßlich der ersten Ergebnis- wir weitere Zugänge eröffnet, um die Befunde präsentation – und Diskussion am 31.05.2000 im besser interpretierbar und für zukünftige Ent- Bürgerhaus in und mittels eines Schü- wicklungen einschätzbar zu machen. Die unter- ler- und Jugendwettbewerbs – zu Wort ge- schiedlichen Zugriffsweisen der einzelnen Me- kommen. thoden „beleuchten“ den Gegen-stand der Un- tersuchung umfassend und differenziert. Durch c. Wer weiß sonst noch etwas über das die Kombination unterschiedlicher Forschungs- Jugendleben im Westerwaldkreis? methoden – mit jeweils spezifischen Vor- und Mittels sog. Experteninterviews wurden sol- Nachteilen – konnte eine größere Bandbreite che Menschen gefragt, die als Experten angese- von Aspekten und Facetten der „Lebens- und hen werden können: Freizeitsituation Jugendlicher im Westerwald- · für die Orte und Regionen des Westerwald- kreis“ untersucht werden, ohne die Komplexität kreises: die Verbandsbürgermeister des Geschehens zu sehr zu verkürzen. · für Themen und Zielgruppen: Jugendpfleger, Leiter von Jugendzentren, Pfarrer Die aufgeworfenen Fragen wurden zu vier Fra- · für Probleme Jugendlicher: Mitarbeiter der gestellungen gebündelt bearbeitet: sozialen Dienste und Beratungsstellen, Justiz, Polizei a. Was ist bereits aus vorhandenen Statis- Wie schätzen Experten die Lebenssituation der tiken über die Lebenssituation junger 13-17jährigen in Ihrer Region bzw. ihrem Ar- Menschen im Westerwaldkreis bekannt? beitsbereich ein? Wie beurteilen sie die Möglich- Zusammengeführt zu einer Sozialstruktur- keiten und Angebote in Ihrer Region, die Ju- analyse wurden verfügbare Daten zur Bevöl- gendliche für die Freizeitgestaltung vorfinden? kerungsstruktur (Alter, Geschlecht, Nationalität, Welche Probleme sehen sie für Jugendliche im Familienstand etc.), zur Wanderungsbewegun- Westerwaldkreis und was würden sie sich für gen und Entwicklung der Einwohnerzahlen, zum deren Zukunft wünschen? Bildungsstand (Schulabschlüsse und Ausbil- Ergänzt wird die Arbeit an diesen drei originär dungsstand), sowie zu sozialer Belastung (Sozi- bearbeiteten Fragestellungen durch die Beschäf-

6 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL I tigung mit vorhandenen Untersuchungsergeb- Treffpunkten verbracht und gerne unter Inan- nissen zur spezifischen Situation Jugendlicher spruchnahme entsprechender Angebote von auf dem Lande. Vereinen bzw. Jugendarbeit gestaltet. Die Teil- nahme an Angeboten der Jugendarbeit ist mög- d. Was wissen wir bereits über das Leben licherweise abhängig von der Nationalität der Jugendlicher auf dem Land? Jugendlichen. Ausgewertet wurden die Ergebnisse jüngerer 3. Die Form der Freizeitgestaltung und das Untersuchungen und Jugendbefragungen zu den Freizeitkontingent (Ausgehzeiten, Mithilfe im Annahmen und Erkenntnisse über die spezifi- Haushalt etc.) sind wahrscheinlich geschlechts- schen Bedingungen und Probleme Jugendlicher abhängig verteilt. Es ist anzunehmen, daß au- auf dem Land. Auch war es notwendig, daß sich ßerdem Unterschiede in der Freizeitgestaltung die Mitglieder der Projektgruppe ihre Erfahrun- aufgrund verschiedener Herkunftsländer beste- gen und Annahmen zum Thema bewußt mach- hen. ten, um bei der Bewertung der Untersuchungs- 4. Wir erwarten, daß eine mögliche Frem- ergebnisse nicht nur den eigenen Vorannahmen denfeindlichkeit deutscher Jugendlicher ge- aufzusitzen. Die Ergebnisse dieser Literaturre- schlechts- und bildungsabhängig (je nach be- cherche sind den Untersuchungsergebnissen als suchtem Schultyp) variiert. „Grundlegende Überlegungen“ (vgl. 6.) beige- 5. Wir vermuten, daß Gewalterfahrungen fügt. häufig mit Fremdenfeindlichkeit zusammenhän- gen, und als kriminelle Handlungen sowohl ge- Hypothesen der Untersuchung schlechts- als auch bildungsabhängig unter- Jede Forschung muß ihre Annahmen und Aus- schiedlich bewertet werden. gangssituationen erklären, damit For- 6. Es ist anzunehmen, daß Drogen zum schungsprozeß und -ergebnis nachvollziehbar Alltag von Jugendlichen gehören und dement- und überprüfbar werden. Wir haben zu diesem sprechend ein erhöhter Aufklärungs- und Ge- Zweck eine Reihe von Hypothesen (= Zusam- sprächsbedarf über Drogen besteht. menhangsvermutungen) formuliert, die es im 7. Wir vermuten, daß die Bereitschaft, sich Verlauf der Studie zu überprüfen galt. für eigene Belange und damit auf politischer Unsere Hypothesen haben ihren Ausgangspunkt Ebene zu engagieren bzw. an Aktivitäten mitzu- in den drei Hauptfragestellungen der Untersu- wirken, in einem direkten Zusammenhang zur chung: Größe des Wohnortes und dem Vorhandensein · Was ist bereits aus vorhandenen Statistiken von Jugendräumen steht, dabei aber abhängig über die Lebenssituation junger Menschen im von Schultyp, Geschlecht und Herkunftsland ist. Westerwaldkreis bekannt? · Wie und wozu können Jugendliche selbst zu Diese sieben Hypothesen sollen den Rahmen der Wort kommen? Studie eingrenzen und die Analyse des umfang- · Wer weiß sonst noch etwas über das Ju- reichen Datenmaterials möglich machen. Die gendleben im Westerwaldkreis? Formulierung der Hypothesen ist dabei so an- In einem zweiten Schritt haben wir die Sekun- gelegt, daß die Offenheit für neue und – im därliteratur zu den Themenbereichen „Jugend- besten Fall – überraschende Erkenntnisse gege- studien“, „Jugend auf dem Lande“ und „Partizi- ben bleibt (vgl. Flick 1998, 63). Wir stellen so pation“ gesichtet und ausgewertet (siehe Kap. auf der Grundlage vorliegender Forschungser- 6). Die Ergebnisse dieser Auswertung und die gebnisse Aspekte in den Vordergrund unserer Einschätzungen der Forschungsgruppe legen Untersuchung, die mittels verschiedener Metho- folgende Vermutungen nahe: den aus Sozialraumanalyse, Fragenbogen und 1. Wir vermuten, daß Jugendliche auf dem Experteninterviews erhoben und interpretiert Land sich verstärkt in Cliquen organisieren, um werden können. Nur so können anschließend trotz erschwerter Mobilität – wohnortnahe – so- aus der Fülle des zu erwartenden Materials wei- ziale Beziehungen und ganz besonders Freund- terführende Antworten gewonnen werden. schaften zu ermöglichen und zu pflegen. 2. Jugendliche auf dem Land haben ver- mutlich wenig Möglichkeiten zur Freizeitgestal- tung. Freizeit wird dann wohl meist an zentralen

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2. Der Westerwaldkreis im Spiegel der Statistik

2.1 Der Westerwaldkreis und seine Bewohner

Politisch besteht der Westerwaldkreis aus 192 Größte Stadt des Westerwaldkreises ist die Kreis- Ortsgemeinden und zehn Verbandsgemeinden. stadt mit knapp 12.500 Einwohnern.

Insgesamt lebten am 31.12.98 200.197 Men- 18 Jahren; nach Altersgruppen, Geschlecht und schen im Westerwaldkreis, davon 16.660 Kinder Anteil an der Gesamtbevölkerung zeigt sich fol- und Jugendliche im Alter von 12 bis einschließlich gende Verteilung:

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Alter Gesamt männlich weiblich Anteil an der Ge- samtbevölkerung 12 und 13 Jahre 4818 2493 2325 2,4% 14 Jahre 2365 1224 1141 1,2% 15 Jahre 2289 1197 1092 1,1% 16 Jahre 2388 1250 1138 1,2% 17 Jahre 2434 1272 1162 1,2% 18 Jahre 2366 1227 1139 1,2% Gesamt 16660 8663 7997 8,3%

Eine weitere Untergliederung im Hinblick auf die chen im Westerwaldkreis zeigt folgendes Ergeb- Staatsangehörigkeit von Kindern und Jugendli- nis:

Gesamt männlich weiblich Anteil an der gleichaltrigen Bevölkerung deutsch ausl. deutsch ausl. deutsch ausl. deutsch ausl. 12 u. 13 4465 353 2300 193 2165 160 92,7% 7,3% Jahre 14 2169 196 1113 111 1056 85 91,7% 8,3% Jahre 15 2139 150 1122 75 1017 75 93,5% 6,5% Jahre 16 2217 171 1156 94 1061 77 92,8% 7,2% Jahre 17 2223 211 1150 122 1073 89 91,3% 8,7% Jahre 18 2153 213 1103 124 1050 89 91,0% 9,0% Jahre Gesamt 15366 1294 7944 719 7422 575 92,2% 7,8%

Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen im Wes- 8,3%, so wird er bis zum Jahr 2012 auf 7,4% terwaldkreis wird in den kommenden Jahren absinken. Die aktuelle Altersstruktur der 12- bis weiter abnehmen, auch der Anteil der Kinder und 18-jährigen Kinder und Jugendlichen im Wester- Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung wird waldkreis sowie eine Prognose über deren Ent- weiter sinken. Lag der Anteil der 12- bis ein- wicklung bis zum Jahr 2012 soll im folgenden schließlich 18-jährigen am 31.12.98 noch bei Balkendiagramm gegenübergestellt werden.

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Anteil der Jugendlichen im Westerwaldkreis an der Gesamtbevölkerung

4,0% 7183

5955 3,5%

3,0% 4677 4456 4800 4477 2,5%

2,0%

1,5%

1,0%

0,5%

0,0% 12 bis 14 Jahre 15 und 16 Jahre 17 und 18 Jahre

Anteil an der Gesamtbevölkerung1998 Anteil an der Gesamtbevölkerung 2012

2.2 Konzept und Ergebnisse einer Sozialstrukturanalyse für die 192 Ortsgemeinden des Westerwaldkreises

Die Lebensbedingungen von Menschen generell Das Soziale prägt Lebensbedingungen: An- und die Sozialisationsbedingungen von Kindern dererseits bestimmen soziale Merkmale wie Al- und Jugendlichen speziell sind zum einen durch tersaufbau, Einkommensverhältnisse, Familien- die soziale Struktur und zum anderen durch die größe und –zusammensetzung, Religion und räumliche Beschaffenheit ihres Lebensraumes Nationalität, Bildungsgrad oder Berufsgruppen geprägt. Für eine Untersuchung der 192 Ortsge- das Milieu und die Lebensqualität eines Wohn- meinden des Westerwaldkreises muss daher auf viertels oder einer Gemeinde. beide Aspekte, auf die Merkmale des Raumes Je mehr durch Prozesse sozialer Auswahl und und auf die Merkmale des Sozialen, Bezug ge- Schichtung (z.B. minderwertige Wohnungen und nommen werden. Wohnumfelder, isolierte Lage und schlechte Inf- rastruktur und dadurch geringere Mieten) Wohn- Der Raum prägt Lebensbedingungen: Für quartiere geprägt werden, desto bestimmender Menschen bedeutsame Lebensbedingungen sind wird die Prägung des Raumes durch soziale räumlich bestimmt, z.B. durch die Wohnraum- Probleme. qualität, die Infrastruktur für Versorgung (Ge- schäfte, Behörden, Ärzte etc.), die Einzugsberei- Soziale und räumliche Lebensbedingungen sind che von Sportvereinen oder Kirchengemeinden ein komplexer qualitativer Zusammenhang, der und nicht zuletzt auch von Beratungsstellen, nicht unmittelbar beobachtet und bewertet wer- sozialen Diensten, Kindertagesstätten, Jugend- den kann. Aber über beobachtbare Fakten, die häusern oder Schulen. gezählt und ausgewertet werden können, kann Je mehr Kinder und Jugendliche – ebenso wie die Qualität der Lebensbedingungen erschlossen alte Menschen – aufgrund geringerer Mobilität werden. Die Zusammenstellung und Auswertung auf das unmittelbare Umfeld des Wohnortes an- solcher Fakten wird Sozialstrukturanalyse ge- gewiesen sind, desto größer wird die Bedeutung nannt. Für die Aufgabenstellung dieser Untersu- des Raumes für die Lebensqualität. chung, die Lebenssituation junger Menschen in den Gemeinden und Städten des Westerwaldkrei-

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ses zu beschreiben und darzustellen, macht es terwaldkreises, sie läßt jedoch vergleichende daher Sinn, in einem ersten Arbeitsschritt die in Aussagen zu und trägt dazu bei, Unterschiede Statistiken verfügbaren Daten und Informationen zwischen den Gemeinden herauszuarbeiten. Wel- so aufzubereiten und auszuwerten, dass die sozi- che Bedeutung solchen Unterschieden beigemes- ale Struktur der Räume, hier der 192 Ortsge- sen werden kann, muß einer Interpretation und meinden des Westerwaldkreises, erkennbar wird. Bewertung der "Ortskundigen" vorbehalten blei- ben.

2.2.1 Gruppierung von Ortsgemeinden mit Zum Verfahren der Gruppenbildung ähnlicher Sozialstruktur zur Untersuchung Um Ähnlichkeiten und Unterschiede untersuchen und Erklärung von Unterschieden zu können ist es notwendig, die Objekte – hier Da es keine allseits anerkannten Kriterien für die 192 Ortsgemeinden des Westerwaldkreises – „gute“ oder „schlechte“ Lebensräume gibt, kön- in Gruppen einzuteilen. Dabei werden jeweils nen die sozialstatistischen Merkmale eines aus- solche Gemeinden in einer Gruppe zusammen- gewählten Raumes nicht für sich betrachtet wer- gefasst, die untereinander im Hinblick auf be- den, sondern müssen mit den Merkmalen ande- stimmte Merkmale Ähnlichkeiten aufweisen und rer Räume verglichen werden. Die dabei erkenn- sich dabei möglichst deutlich von den übrigen baren Abweichungen können als spezifische Gruppen unterscheiden. Für die 192 Ortsgemein- Merkmale des untersuchten Raumes interpretiert den des Westerwaldkreises wurde im Rahmen und im Vergleich mit anderen als „besser“ oder dieser Untersuchung für drei Bereiche jeweils „schlechter“ bewertet werden. eine Gruppierung vorgenommen: 1. Altersstruktur der Bevölkerung Für unsere Untersuchung haben wir daher zu- 2. Soziale Belastungsfaktoren sowie nächst versucht, die Ausprägungen der jeweiligen 3. Merkmale zur Entwicklung und Veränderung Sozialstrukturmerkmale für die einzelnen Orts- der Gemeinden. gemeinden mit denen für den gesamten Wester- waldkreis zu vergleichen. Erst aus diesem Ver- Arbeitsschritte zur Gruppenbildung gleich lassen sich Hinweise für ein Bewertung der Sozialstruktur der einzelnen Ortsgemeinden ge- Auswahl der Variablen .

Sozialstrukturdaten und ihre Analyse stellen äu- ßerlich beobachtbare und zählbare „Hinweisge- Gruppierungsverfahren ber“ (Indikatoren) zur Verfügung, für dahinter vermutete soziale Entwicklungen und Wirkungen. In der im Rahmen dieser Untersuchung gewähl- ten Kombination mit qualitativen Untersu- Interpretationsverfahren chungsinstrumenten (Experteninterviews, Ju- · Vergleiche mit dem Durchschnitt gendbefragung) allerdings können aus diesen · Rangabfolge Indikatoren wichtige Hinweise auf die Prägung · Abstandsvergleiche der Ortsgemeinden als Lebensräume von Kindern und Jugendlichen durch das Soziale gewonnen werden.1 Kennzeichnung der Gruppen Eine Analyse der Sozialstrukturdaten gibt somit keine objektive Auskunft über die Lebensverhält- nisse in den einzelnen Ortsgemeinden des Wes- Um zu einer Gruppierung einer Menge von Ob- jekten – in diesem Fall der 192 Ortsgemeinden 1 vgl. dazu ausführlich: Erwin Jordan: Sozialraum des Westerwaldkreises – zu gelangen, wird übli- und Jugendhilfeplanung; in: Erwin Jordan, Rein- cherweise das statistische Verfahren der Cluste- hard Schone (Hrsg.): Handbuch Jugendhilfepla- nung, Münster 1998, S. 331 ff. ranalyse verwendet. Eine Clusteranalyse hat die

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Aufgabe, die zu untersuchenden Objekte so in Die Interpretation der Resultate des Gruppie- Gruppen zusammenzufassen, dass die Objekte rungsverfahrens soll schließlich im Ergebnis zu innerhalb einer Gruppe möglichst homogen sind, einer genaueren Kennzeichnung und Beschrei- die Unterschiede zwischen den verschiedenen bung der verschiedenen Gruppen führen. Dies Gruppen jedoch möglichst groß sind. Man unter- bedeutet zum einen, dass die Gemeinsamkeiten schiedet zwei Arten von Clusteranalyseverfahren, der Objekte innerhalb der verschiedenen Grup- zum einen hierarchische und zum anderen itera- pen deutlich werden, zum anderen soll aber auch tive Verfahren. Hierarchische Clusteranalysever- erkennbar sein, welche Unterschiede zwischen fahren bieten den Vorteil, die Anzahl der zu bil- den einzelnen Gruppen bestehen und welche denden Gruppen nicht bereits im voraus festle- Rangfolge die einzelnen Gruppen einnehmen. Als gen zu müssen, sie sind jedoch in hohem Maße Ergebnis des Gruppierungsverfahrens steht am rechenaufwendig. Man verwendet daher bei grö- Ende eine Klassifikation der untersuchten Objekte ßeren Fallzahlen iterative Clusteranalyseverfah- im Hinblick auf die ausgewählten Merkmale. In ren. Im Gegensatz zur hierarchischen Clustera- einem letzten Arbeitsschritt muss nun versucht nalyse muss bei diesen Verfahren die Anzahl der werden, Gründe und Ursachen für die Ähnlich- zu bildenden Gruppen vorgegeben werden.2 Auf- keiten zwischen den Objekten in den einzelnen grund der hohen Fallzahl (192 Ortsgemeinden) Gruppen bzw. für die Unterschiede zwischen den wurden im Rahmen dieser Untersuchung aus- verschiedenen Gruppen anzugeben.4 schließlich iterative Clusteranalyseverfahren ver- wendet, die mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS3 durchgeführt wurden. 2.2.2 Auswahl und Ordnung der zugrunde- liegenden Daten (Variablen) Die Ergebnisse eines Gruppierungsverfahrens Grundsätzlich sind für eine Sozialstrukturanalyse müssen zunächst interpretiert werden, d.h. es alle zählbaren Fakten von Interesse, die Auskunft muss überprüft werden, welche der untersuchten geben, über Aspekte der Sozialstruktur und der Merkmale für die einzelnen Gruppen prägend sozialen Belastung: sind. Die Ausprägungen der untersuchten Merk- · Altersaufbau der Bevölkerung: Anzahl, Alter male für die Objekte in den jeweiligen Gruppen und Geschlecht der Einwohner werden dabei mit den Durchschnittswerten der · Bevölkerungsveränderungen: Wanderungs- untersuchten Merkmale aller untersuchten Ob- und Umzugsbewegungen, Geburten jekte verglichen. Anhand der Abweichungen von · ökonomische bzw. materielle Situation: Ar- den Gesamt-Durchschnittswerten lassen sich den beitslosigkeit, Sozialhilfebezug verschiedenen Gruppen Rangplätze zuordnen, die · Wohnsituation: Wohnungsbestand, Woh- einen ersten Vergleich der Gruppen ermöglichen. nungsgrößen, Wohnungsbelegungen Darüber hinaus läßt sich anhand der Abweichun- · familiäre Situation: Familienstand, Haushalts- gen von den Durchschnittswerten eine Bewer- größe tung der einzelnen Gruppen vornehmen, z.B.: „In · kulturelle Situation: Nationalität der Einwoh- den Gemeinden, die zu Gruppe 1 gehören, ist der ner, religiöse Bindung, Bildung, politische Anteil der 15- bis 18-jährigen an der Gesamtbe- Beteiligung völkerung, im Vergleich zum Durchschnittswert für den gesamten Westerwaldkreis, überdurch- schnittlich hoch“ oder „Die Gemeinden in Gruppe Im Rahmen dieser Untersuchung sind darüber 4 weisen, gemessen am Durchschnittswert für hinaus Informationen zur Situation von Kindern alle 192 Ortsgemeinden des Westerwaldkreises, und Jugendlichen von besonderem Interesse: eine überdurchschnittlich hohe soziale Belastung · schulische und berufliche Ausbildung auf“. 4 vgl. zum Verfahren der Gruppenbildung: Ilona 2 vgl. dazu: Achim Bühl, Peter Zöfel: SPSS Ver- Heuchel, Christian Schrapper: Planung und sion 8, Bonn 1999, S. 423 ff. Steuerung der Jugendhilfe auf der Grundlage 3 die Abkürzung SPSS steht für Statistic Package systematischer Beobachtung; in: Institut für sozi- for the Social Sciences; SPSS ist das weltweit ale Arbeit e.V. (Hg.): Soziale Indikatoren und verbreitetste Programmsystem zur statistischen Sozialraumbudgets in der Kinder- und Jugend- Datenanalyse hilfe, Münster 1999, S. 95 ff.

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· Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen · Anteil der unter 20-jährigen Sozialhilfeemp- · Jugendkriminalität und Jugendgerichtshilfen fänger an der gleichaltrigen Bevölkerung (differenziert nach Geschlecht und Nationali- Bei der konkreten Auswahl von Daten und Da- tät) tenquellen ist zunächst zu berücksichtigen, wel- · Anteil der alleinerziehenden Personen an der che Daten verfügbar und vergleichbar, d.h. für Gesamtbevölkerung (differenziert nach Ge- den gewünschten Raum und für vergleichbare schlecht und Nationalität) Teilräume mit vertretbarem Aufwand zu be- · Anteil der ausländischen Bevölkerung an der schaffen sind. Im Rahmen dieser Untersuchung Gesamtbevölkerung (differenziert nach Ge- wurden daher nur Daten erhoben, die auf der schlecht und Nationalität) Ebene aller 192 Ortsgemeinden zur Verfügung · Anteil der ausländischen Bevölkerung unter standen. Als Stichtag für die Daten wurde der 20 Jahre an der gleichaltrigen Gesamtbevöl- 31.12.98 gewählt, lediglich die Daten zur Verän- kerung derung des Wohnungsbestandes zwischen 1987 und 1997 datieren zum 31.12.97. Die Angaben zu diesen Merkmalen werden im folgenden genutzt, wichtige Aspekte der sozialen Zur Verfügung gestellt wurden die Daten vom Struktur des Westerwaldkreises herauszuarbei- Jugendamt des Westerwaldkreises, dem zustän- ten, zuerst zum Anteil der Kinder und Jugendli- digen Arbeitsamt, dem Einwohnermeldeamt des chen, dann zu Faktoren sozialer Belastung. Ge- Westerwaldkreises sowie von der Bezirksregie- sucht werden dabei Gruppen von Ortsgemeinden, rung in Koblenz und dem Statistischen Lan- die sich ähnlich sind. Beurteilt werden diese desamt in . Aufgrund der oben ge- Gruppen jeweils im Verhältnis zum Gesamtdurch- machten Einschränkungen im Hinblick auf Raum- schnitt aller Ortsgemeinden des Westerwaldkrei- und Zeitbezug der Daten, konnte letztlich nur ein ses. Teil der Daten in die Sozialstrukturanalyse einbe- zogen werden. Die verfügbaren Daten wurden schließlich zu zwei Bereichen zusammengefaßt: 2.2.3 Wie unterscheiden sich die Ortsge- meinden im Anteil der Kinder und Jugendli- a.) Merkmale zum Altersaufbau der Bevöl- chen an der gesamten Wohnbevölkerung? kerung Antworten auf diese Fragen können Hinweise · Anteil der 0- bis 6-jährigen an der Gesamtbe- geben auf besonders "junge" Gemeinden und völkerung (differenziert nach Geschlecht und damit auf Schwerpunkte zukünftiger Jugendarbeit Nationalität) und Jugendpolitik. Insgesamt schwanken die · Anteil der 6- bis 15-jährigen an der Gesamt- Anteile der drei untersuchten Altersgruppen, der bevölkerung (differenziert nach Geschlecht unter 6jährigen (0-6), der 6 bis unter 15jährigen und Nationalität) (6-15) und der 15 bis unter 18jährigen (15-18) in · Anteil der 15- bis 18-jährigen an der Ge- den 192 Ortsgemeinden erheblich, wie folgende samtbevölkerung (differenziert nach Ge- Tabelle zeigt: schlecht und Nationalität) Alters- Anteil in % an der gesamten Wohnbe- b.) Soziale Belastungsfaktoren gruppe völkerung · Arbeitslosenquote gesamt (differenziert nach geringster höchster Durchschnitts- Geschlecht) Wert Wert wert · Arbeitslosenquote bezogen auf die ausländi- 0-6 2,48 10,79 7,02 schen Arbeitnehmer (differenziert nach Ge- 6-15 7,02 18,97 11,58 schlecht) 15-18 0,65 8,02 3,59 · Arbeitslosenquote bezogen auf die unter 20- jährigen Arbeitnehmer (differenziert nach Geschlecht und Nationalität) · Anteil der Sozialhilfeempfänger an der Ge- samtbevölkerung (differenziert nach Ge- schlecht und Nationalität)

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Klasse 1: Ortsgemeinden mit einem über- Für alle Fragen der Jugendarbeit ist dies die ak- durchschnittlichen Anteil der 0-18jährigen, tuell bedeutsame Altergruppe, von daher ist in insbesondere der 6-15jährigen an der ge- diesen Ortsgemeinden erhöhter Handlungsbedarf samten Wohnbevölkerung gegeben. Zu dieser Gruppe zählen 24 Ortsgemeinden (sie- he Karte I und im Anhang Tabelle der Zugehörig- Die Grafik zeigt die Abweichung der Anteile der keit der Ortsgemeinden zu den Klassen) die sich drei untersuchten Altergruppen in dieser Klasse vor allem durch einen deutlich überdurchschnittli- jeweils im Verhältnis zum Kreisdurchschnitt. chen Anteil der heute 6-15jährigen auszeichnen.

Klasse 1: Überdurchschnittlicher Anteil der 0- bis 18-jährigen an der Gesamtbevölkerung

3,5 25,43% 14,58% 3

2,5

2

1,5

1

7,43% 0,5

7,02% 11,58% 3,59% 22,19% 0

3,42% -0,5 Anteil der 0- bis 6-jährigen an Anteil der 6- bis 15-jährigen Anteil der 15- bis 18-jährigen Anteil der 0- bis 18-jährigen der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung

Klasse 2: Ortsgemeinden mit einem über- Fragen der Angebote und Leistungen für Kinder durchschnittlichen Anteil der 0-18jährigen, von Bedeutung sein, aber auch heute schon liegt insbesondere der 0-6jährigen an der ge- der Anteil der älteren Kinder und Jugendlichen samten Wohnbevölkerung deutlich über dem Kreisdurchschnitt. Insgesamt 35 Ortsgemeinden haben wir auf- grund ihrer Werte dieser Gruppe zugeordnet. Hier werden in den kommenden Jahren eher die

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Klasse 2: Überdurchschnittlicher Anteil der 0- bis 15-jährigen an der Gesamtbevölkerung

2,5

24,22% 2

8,66%

1,5

1

12,22% 0,5

0 7,02% 11,58% 3,59% 22,19%

-0,5 3,34% Anteil der 0- bis 6-jährigen an Anteil der 6- bis 15-jährigen Anteil der 15- bis 18-jährigen Anteil der 0- bis 18-jährigen der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung

Klasse 3: Ortsgemeinden mit einem über- gruppe der Jugendarbeit und Jugendpolitik, der durchschnittlichen Anteil der 6- 6-15jährigen sowie der ebenso deutlich unter- 15jährigenan der gesamten Wohnbevölke- durchschnittliche Anteil der 0-6jährigen. Welche rung Gegebenheiten und Entwicklungen diesen be- Nur zwei Ortsgemeinden haben wir dieser Grup- merkenswerten Rückgang der Anteile der Kinder pe zugeordnet, da diese sich so deutlich von allen verursachen und welche Anforderungen sich anderen unterscheiden. Auffallend ist der deutlich daraus ggf. ergeben, muß vor Ort diskutiert und überdurchschnittliche Anteil der aktuellen Ziel- bewertet werden.

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Klasse 3: Überdurchschnittlicher Anteil der 6- bis 15-jährigen an der Gesamtbevölkerung

8

18,34%

6

4 25,06%

2

7,02% 11,58% 3,59% 22,19% 0

2,84% -2

-4 3,88% Anteil der 0- bis 6-jährigen an Anteil der 6- bis 15-jährigen Anteil der 15- bis 18-jährigen Anteil der 0- bis 18-jährigen der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung

Klasse 4: Ortsgemeinden mit einem leicht Insgesamt 60 Ortsgemeinden zeichnen sich da- überdurchschnittlichen Anteil der 6- durch aus, daß die Anteile der 6-18jährigen zwar 18jährigen an der gesamten Wohnbevölke- leicht überdurchschnittlich zu bewerten sind, die rung 0-6jährigen aber nur noch unterdurchschnittlich vertreten sind.

Klasse 4: Leicht überdurchschnittlicher Anteil der 6- bis 18-jährigen an der Gesamtbevölkerung

0,6 4,02% 0,4 11,83% 0,2 7,02% 11,58% 3,59% 22,19% 0

-0,2

-0,4 21,78% -0,6

-0,8

-1

-1,2 5,93% Anteil der 0- bis 6-jährigen Anteil der 6- bis 15-jährigen Anteil der 15- bis 18- Anteil der 0- bis 18-jährigen an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung jährigen an der an der Gesamtbevölkerung Gesamtbevölkerung

17 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL II

Klasse 5: Ortsgemeinden mit einem durch- werten aller Ortsgemeinden des Westerwaldkrei- schnittlichen Anteil der 0-18jährigen an der ses. Für sie ist folgendes Profil im Altersaufbau Wohnbevölkerung der Kinder und Jugendlichen festzustellen: 48 Ortsgemeinden entsprechen in ihrem Al- tersaufbau ziemlich genau den Durchschnitts-

Klasse 5: Durchschnittlicher Anteil der 0- bis 18-jährigen an der Gesamtbevölkerung

1 7,80%

0,5

7,02% 11,58% 3,59% 3,60% 22,19% 21,54% 0

-0,5

-1

-1,5 10,14%

-2 Anteil der 0- bis 6-jährigen an Anteil der 6- bis 15-jährigen Anteil der 15- bis 18-jährigen Anteil der 0- bis 18-jährigen der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung

Klasse 6: Ortsgemeinden mit einem unter- als auch die Anteile der drei untersuchten Alters- durchschnittlichen Anteil der 0-18jährigen gruppen z.T. deutlich unter dem Durchschnitt an der gesamten Wohnbevölkerung aller Ortsgemeinden liegen. 23 Ortsgemeinden zeichnen sich dadurch aus, daß sowohl der Anteil der 0-18jährigen insgesamt

Klasse 6: Unterdurchschnittlicher Anteil der 0- bis 18-jährigen an der Gesamtbevölkerung

2

1

7,02% 11,58% 3,59% 0 22,19%

3,11% -1

5,61% -2

9,20% -3

-4

17,92% -5 Anteil der 0- bis 6-jährigen an Anteil der 6- bis 15-jährigen Anteil der 15- bis 18-jährigen Anteil der 0- bis 18-jährigen der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung

18 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL II

2.2.4 Wie unterscheiden sich die Ortsge- Informationen und Einschätzungen über die Le- meinden hinsichtlich verschiedener Fakto- bensverhältnisse von Familien und jungen Men- ren sozialer Belastung? schen eine wichtige Grundlage, Arbeitsfelder und Eine wichtige Aufgabe der Jugendarbeit und Ju- regionale Schwerpunkte der kommunalen Ju- gendpolitik ist es, "junge Menschen in ihrer indi- gend- und Sozialpolitik herauszuarbeiten. Für den viduellen und sozialen Entwicklung (zu) fördern gesamten Westerwaldkreis haben sich folgende und dazu beizutragen, Benachteiligungen zu Werte zu den ausgewählten Faktoren sozialer vermeiden oder abzubauen." (Kinder- und Ju- Belastung ergeben: gendhilfegesetz, SGB III, § 1, Abs. 3 Nr.1). Um diesem Auftrag gerecht werden zu können, sind

Faktoren geringster höchster Durchschnitts- Wert Wert wert Arbeitslosenquote* 0,0 18,07 8,38 Arbeitslosenquote ausländischer Bewohner 0,0 5,28 0,50 Anteil der Empfänger von laufender Hilfe 0,0 8,73 2,17 zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe) an der Gesamtbevölkerung Anteil der Sozialhilfeempfänger unter 20 0,0 5,42 0,91 Jahren an der Wohnbevölkerung unter 20 Jahren Anteil der Alleinerziehenden an der ge- 0,0 1,83 0,22 samten Wohnbevölkerung Anteil ausländischer Bewohner 0,0 23,48 4,70 Anteil ausländischer Bewohner unter 20 0,0 34,58 6,26 Jahren * Angaben zur Arbeitslosenquote der unter 20jährigen lagen nicht für alle Ortsgemeinden vor.

Die im folgenden vorgestellte Gruppierung der telbar nicht oder nur scher beobachtbar sind, z.B. 192 Ortsgemeinden nach Faktoren der sozialen Beschaffenheit der Wohnquartiere, Randlage von Belastung soll eine Grundlage bereitstellen, An- Wohngebieten etc. (vgl.: Jordan/Schone 1998). satzpunkte und Prioritäten zukünftiger Jugendpo- litik im Westerwaldkreis zu bestätigen oder zu entwickeln.

Klasse 1: Ortsgemeinden mit einer deutlich unterdurchschnittlichen sozialen Belastung Für insgesamt 62 Ortsgemeinden kann im Ver- gleich zum Durchschnitt aller Ortsgemeinden des Westerwaldkreises von einer deutlich geringen sozialen Belastung ausgegangen werden; auffäl- lig ist vor allem der geringe Anteil jugendlicher Ausländer. Hierbei ist zu betonen, das ein höhe- rer Anteil ausländischer Bewohner an sich kein Faktor für soziale Belastung darstellt, aus zahlrei- chen Untersuchungen zur sozialen Struktur von Regionen aber deutlich geworden ist, daß ein erhöhter Ausländeranteil ein Hinweisgeber für andere soziale Belastungsfaktoren ist, die unmit-

19 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL II

20 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL II

Klasse 1: Deutlich unterdurchschnittliche soziale Belastung

2

1

0,91% 0,22% 6,26% 0,50% 2,17% 4,70% 0

8,38% 0,16% 0,65% -1 0,08% 1,48%

-2 6,33%

-3 1,89%

-4

2,12% -5 Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote HLU gesamt HLU < 20 Jahre Alleinerziehende Ausländer gesamt Ausländer < 20 gesamt Ausländer Jahre

* Die Zahlenangaben sind jeweils so zu lesen, daß die Werte auf oder unter den Balken en Durchschnittswert der jeweiligen Klasse angeben, die Werte an der Null-Linie den Durchschnittswert für den Kreis insgesamt.

Klasse 2: Ortsgemeinden mit unterdurch- meisten Faktoren für soziale Belastung in den 37 schnittlicher sozialer Belastung Ortsgemeinden dieser Gruppe, erkennbar vor Weniger deutlich als in Klasse 1 aber immer noch allem an einer deutlich unterdurchschnittlichen erkennbar unter dem Kreisdurchschnitt liegen die Arbeitslosenquote.

21 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL II

Klasse 2: Unterdurchschnittliche soziale Belastung

1,5 5,73% 1 6,97%

0,5

8,38% 0,50% 2,17% 0,91% 0,22% 4,70% 6,26% 0

0,40% 0,17% -0,5 0,60%

1,51% -1

-1,5

-2

-2,5 6,10% Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote HLU gesamt HLU < 20 Jahre Alleinerziehende Ausländer gesamt Ausländer < 20 gesamt Ausländer Jahre

Klasse 3: Ortsgemeinden mit durchschnitt- Faktoren für soziale Belastung aus, einzig die licher sozialer Belastung Arbeitslosenquote ist im Durchschnitt dieser Ebenfalls 37 Ortsgemeinden zeichnen sich durch Gruppe leicht erhöht. insgesamt durchschnittliche Ausprägung von

Klasse 3: Durchschnittliche soziale Belastung

4

3 11,10%

2

1 0,50% 2,17% 0,91% 0,22% 4,70% 0 8,38% 2,37% 1,14% 0,27% 6,26% 0,28% -1

-2 2,74%

-3

2,64% -4 Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote HLU gesamt HLU < 20 Jahre Alleinerziehende Ausländer gesamt Ausländer < 20 gesamt Ausländer Jahre

22 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL II

Klasse 4: Ortsgemeinden mit überdurch- In den 38 Ortsgemeinden dieser Gruppe liegen schnittlicher sozialer Belastung die Faktoren sozialer Belastung insgesamt über dem Durchschnitt des Westerwaldkreises, wenn auch z.T. nur geringfügig.

Klasse 4: Überdurchschnittliche Belastung

4

9,40% 3

10,28% 2 6,40%

1 2,65% 0,76% 1,00% 0,23% 0 8,38% 0,50% 2,17% 0,91% 0,22% 4,70% 6,26%

-1

-2 Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote HLU gesamt HLU < 20 Jahre Alleinerziehende Ausländer gesamt Ausländer < 20 gesamt Ausländer Jahre

Klasse 5: Ortsgemeinden mit deutlich für soziale Belastungen z.T. deutlich über dem überdurchschnittlicher sozialer Belastung Durchschnitt aller Ortsgemeinden des Wester- Für insgesamt 18 Ortsgemeinden kann ange- waldkreises liegen. nommen werden, das jeweils einige der Faktoren

Klasse 5: Deutlich überdurchschnittliche soziale Belastung

16

14 19,84%

12

10 12,64% 8

6

4 10,54% 4,52% 2,06% 2 1,74% 0,46% 0 8,38% 0,50% 2,17% 0,91% 0,22% 4,70% 6,26% -2 Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote HLU gesamt HLU < 20 Jahre Alleinerziehende Ausländer gesamt Ausländer < 20 gesamt Ausländer Jahre

23 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL II

hier Karte II einfügen

24 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL II

2.3 Hinweise aus der Gruppierung der zukünftiger Jugendarbeit im Westerwald-Kreis Ortsgemeinden für die Jugendpolitik und deutlich werden. Die folgende Tabelle zeigt die Planung der Jugendarbeit im Westerwald- Zugehörigkeiten der Ortsgemeinden zu den kreis Klassen der beiden untersuchten Datenbereiche: Aus einer Zusammenschau der jeweiligen Klas- senzugehörigkeiten der einzelnen Ortsgemeinden können mögliche Schwerpunkte aktueller und

Alter soziale überdurchs. überdurchs. überdurchs. leicht durchs. unter- Belastung 0 - 18 J. 0 - 15 J. 6 - 15 J. überdurchs. 0 - 18 J. durchs. 6 - 18 J. 0 - 18 J. deutlich 8 11 2 19 14 8 unterdurch- schnittlich unterdurch- 4 11 0 11 5 7 schnittlich durch- 4 5 0 16 10 2 schnittlich überdurch- 5 6 0 11 11 3 schnittlich deutlich 2 2 0 3 8 3 überdurch- schnittlich

Insgesamt werden 15 Ortsgemeinden erkennbar, zeichnen. Für diese Ortsgemeinden ist zu prüfen, die sich sowohl durch einen erhöhten Anteil der ob die Hinweise aus der Statistik tatsächlich auf Kinder und Jugendlichen als auch durch eine spezifische Problemlagen junger Menschen und überdurchschnittliche sozialer Belastung aus- entsprechenden Handlungsbedarf hindeuten.

25 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL II

(Karte III)

26 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

3. Ergebnisse und Befunde der Jugendbefragung

Die Ergebnisse und Befunde der Jugendbefra- 4. Ausländer und Deutsche gung werden nach folgenden Themen sortiert 5. Gewalt dargestellt: 6. Drogen 1. Mobilität und Geld 7. Politisches Interesse 2. Freunde und Freizeit 8. Bleiben oder gehen? 3. Lebenseinstellung, Wünsche und Ansprech- partner

3.1 Mobilität und Geld

Jugendliche, die in einem so großen Flächenkreis, aber dies sind 3% aller befragten jungen Men- wie dem Westerwaldkreis leben, müssen auch schen. Insgesamt geben 125 Jugendliche an, längere Fahrzeiten zur Schule oder zum Ausbil- mehr als eine Stunde Zeit täglich für den Schul- dungsplatz in Kauf nehmen, so haben wir ver- weg zu brauchen, das sind 12,5%. Der Zeitauf- mutet. Tatsächlich gibt der Großteil der befragten wand für die Wege zur Schule ist damit für den Jugendlichen an, weniger als eine halbe Stunde Großteil der Jugendlichen begrenzt, allerdings für für den Schulweg zu benötigen. Nur Jugendli- jeden Zehnten sind deutlich mehr als zwei Stun- che, die in Ortsgemeinden mit weniger als 300 den täglich schon eine spürbare Belastung und Einwohnern leben, benötigen zu 50% zwischen Einschränkung ihres Zeitbudgets. 0,5 und 1,5 Stunden für Schul- und Arbeitswege,

Wie lange brauchst Du, um zur Schule / Arbeit zu kommen?

Größe des Wohnortes mehr als 3000 3000 bis 1501 1500 bis 701 700 bis 301 unter 300 Einwohner Einwohner Einwohner Einwohner Einwohner bis 0,5 Stunden 80,1% 68,5% 64,7% 62,6% 38,3% 0,5 bis 1 Stunde 9,5% 14,1% 22,2% 23,0% 31,9% 1 bis 1,5 Stunden 6,5% 10,9% 9,1% 10,9% 19,1% 1,5 bis 2 Stunden 1,9% 1,1% 1,6% 1,7% 0% über 2 Stunden 0% 2,2% 0,8% 0,6% 0% keine Angabe 1,9% 3,3% 1,6% 1,1% 10,6% Gesamt n = 367 n = 92 n = 252 n = 174 n = 47

In der Befragung zur „Lebens und Freizeitsituati- Verfügung stehenden Geldmittel mit dem Alter on von Jugendlichen im Westerwaldkreis“ wurde der Jugendlichen zunehmen, und Jungen in der auch das den Jugendlichen zur Verfügung ste- Regel mehr Geld zu Verfügung steht als gleich- hende finanzielle Budget erfragt und die Ant- altrigen Mädchen. Herkunftsland und Größe des worten im Hinblick auf Alter, Geschlecht, Her- Wohnortes haben keinen erkennbaren Einfluß auf kunftsland und Größe des Wohnorts ausgewertet. das verfügbare Finanzbudget. Die Antworten zeigen, daß die monatlich zur

27 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Wieviel Geld steht Dir im Monat zur Verfügung?

13 Jahre 14 Jahre 15 Jahre 16 Jahre 17 Jahre 18 Jahre Geschlecht männlich weiblich < 10 DM 2,3% 1,7% 1,7% 2,4% 0% 3,6% 2,2% 1,4% 10-30 DM 40,7% 26,4% 15,2% 6,7% 4,1% 0% 16,3% 18,9% 31-50 DM 36% 33,3% 30,3% 17,7% 9,5% 10,7% 24,1% 30,2% 51-70 DM 5,8% 14,6% 20,9% 17,2% 9,5% 0% 15,4% 15,2% 71-90 DM 1,2% 6,3% 5,7% 12,9% 10,8% 0% 6,3% 8,2% 91-100 DM 5,8% 9,7% 15,8% 6,2% 16,2% 7,1% 7,6% 7,3% > 100 DM 5,8% 9,7% 15,8% 34% 47,3% 75% 25,4% 16,4% keine Angabe 2,3% 2,1% 2,4% 2,5% 2,7% 3,6% 2,7% 2,5% Gesamt n = 86 n = 288 n = 297 n = 209 n = 74 n= 28 n = 552 n = 440

3.2 Freunde und Freizeit

Soziale Bindungen und Kontakte am Wohnort Viertel verbringen ihre Freizeit auch an entfern- sind für Jugendliche im Westerwaldkreis von teren Orten im Landkreis oder am Schulort). großer Bedeutung. Über 75% der Befragten Ju- Private Treffpunkte sind sehr wichtig: 29 % der gendlichen im Westerwaldkreis verbringen ihre Jugendlichen treffen sich im Haus ihrer Freunde Freizeit überwiegend mit Freunden und in der bzw. mit Freunden bei sich zu Hause (18%) oder Clique. Die Clique bietet ihnen soziale Identität, verbringen ihre Zeit alleine zu Hause (15%). Die erhöht die Mobilität (Freunde und Eltern können häuslichen Treffpunkte liegen überwiegend in abwechselnd Fahrdienste leisten) und bietet fußläufiger Entfernung (37%). Schutz, denn in der Gruppe fühlt sich der Einzel- Kommerzielle Treffpunkte werden seltener und ne stärker. Über 2/3 der von uns Befragten ge- dann auch eher von Mädchen als Lieblingstreff- ben an, in einer festen Clique eingebunden zu punkte benannt. Jungen tendieren dagegen stär- sein. Damit unterscheiden sich nicht von Jugend- ker zu organisierten Treffen, z. B. im Verein. lichen in anderen Regionen: Die Umfragen der Kommerzielle Treffpunkte wie die „Kneipe“ schei- Zeitschriften “Stern” und “Spiegel” (Sandmeyer, nen eher für ältere männliche Jugendliche att- 1999/ Beyer u.a., 1999) belegten ebenfalls die raktiv zu sein. Allgemein verbringen die Jugendli- Wichtigkeit von Freundschaften für Jugendliche chen ihre Freizeit mehrheitlich an selbstorgani- generell. sierten, informellen Treffpunkten wie im Haus, bei Freunden oder an bestimmten Punkten in der In ihren Gewohnheiten, Freundschaften und Heimatgemeinde. Orte wie Dorfplatz, Bushalte- soziale Beziehungen in der Freizeit zu pflegen, stelle, Jugendraum oder Parties werden unab- sind die Jugendlichen lokal gebunden: Über die hängig von der Wohnortgröße am häufigsten Hälfte hält sich dafür häufig am Wohnort auf. genannt. Frequentierte Orte der Freizeitgestaltung sind Vereine (20%), Discos und Jugendräume (beide 12%) sowie der Sportplatz (9 %) (Knapp ein

28 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Wo verbringst Du überwiegend Deine Freizeit?

60,0%

50,0%

40,0%

30,0%

20,0%

10,0%

0,0% mit Freunden im bei Leuten in anderen allein zu auf dem am Wohnort im Verein bei mir zu am Schulort in der Disco Jugendraum/ zu Hause Orten Hause Sportplatz Hause Jugendzentr

Prozent 52,8% 28,6% 23,9% 19,8% 18,0% 15,1% 13,9% 12,7% 12,7% 9,1%

70% der Befragten müssen während der Woche schlechts der befragten Jugendlichen läßt nur spätestens um 21 Uhr zu Hause sein. Ab 16 geringfügige Unterschiede zwischen Mädchen Jahren liegt die Grenze der erlaubten Ausgeh- und Jungen erkennen. Auch die Jugendlichen zeit bei der Mehrzahl der Jugendlichen bei 23 ausländischer Herkunft sind im Hinblick auf ihre Uhr. Am Wochenende ist es allen Befragten er- Verpflichtungen im Haushalt im Durchschnitt laubt, länger auszubleiben, wobei auch hier ent- anzusiedeln. Die Jugendlichen selbst empfinden sprechend dem Alter der Jugendlichen die ges- nicht, daß sie zuviel mithelfen müssen. tattete Ausgehzeit zunimmt. Während der Woche darf die Hälfte (48,6%) der Befragten jeden A- Um in ihrer Freizeit mobil zu sein nutzen Jugend- bend weggehen, 13% dürfen zwei- bzw. dreimal liche das ÖPNV-Netz, sind mit dessen Angebot in der Woche abends ausgehen. aber mehrheitlich nicht zufrieden. Auch die Ex- perten benennen die mangelnde Verkehrsinfra- Die zur Verfügung stehende Freizeit ist entgegen struktur als den bezeichnenden Mangel für die unserer Vermutung nur wenig von Mithilfe- Lebenssituation der Jugendlichen. Die meisten Pflichten im Haushalt beschnitten. Eine Minder- Jugendlichen geben an, auf die Fahrbereitschaft heit gibt an, daß sie gar nicht mithelfen müssen von Eltern und Freunden angewiesen zu sein. (14%) und 50% der 13-16-jährigen hilft zu Hau- se zwischen ein und drei Stunden in der Woche. Eine weitere Differenzierung bezüglich des Ge-

29 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Womit verbringst Du häufig Deine Freizeit?

90,0%

80,0%

70,0%

60,0%

50,0%

40,0%

30,0%

20,0%

10,0%

0,0% Mofa/ Vereinsaktivi Fernsehen/ Musik Werken/ Fahrrad Spielen/ Computer Moped/ Lesen Sport täten Video machen Basteln fahren Kreatives Motorrad Gruppenstu

Jungen 82,5% 56,4% 78,1% 34,5% 58,2% 47,2% 64,5% 53,9% 70,5% 56,6%

Mädchen 16,9% 43,2% 21,9% 65,5% 41,4% 52,8% 34,2% 45,6% 29,0% 43,4%

Die Freizeitinteressen der Jugendlichen zeigen also weitgehend positiv. Insgesamt 89% der eine deutlich geschlechtsspezifische Verteilung: befragten Jugendlichen äußert daher auch keine Jungen bevorzugen - wie es auch die Shell-Studie Wünsche nach zusätzlichen Angeboten. Die am belegt - Computer, Mofa/Moped, Werken/Basteln häufigsten genannten zusätzlichen Wünsche und Fahrrad fahren, die Mädchen geben auffällig waren: Basketball, Sportvereine allgemein, Ange- häufig „Lesen“ als Freizeitbeschäftigung an. 69% bote speziell für Mädchen und Kampfsportarten. der Befragten 14-15-jährigen der Shell-Studie ge- ben an, viel Zeit am Computer zu verbringen. Es scheint fraglich, ob der Stellenwert der Ver- Geschlechtsunabhängig ähnlich liegen Musik, einsangebote tatsächlich so hoch zu bewerten ist. Fernsehen, Video, Vereinsaktivitäten, sowie Zwar sind 62% der Befragten aktives Mitglied in Spielen und Kreatives im Trend der beliebtesten einem Verein, jedoch geben nur 19,8% davon Freizeitbeschäftigungen. Die 13-14-jährigen an, daß sie ihre Freizeit häufig dort verbringen. gestalten ihre Freizeit eher privat (Treffen Zu- Allein aufgrund dieser Diskrepanz sind die Ver- hause/bei Freunden), während bei den älteren einsangebote differenzierter zu betrachten: Zwar Jugendlichen die Tendenz hin zur Nutzung kom- ist das Feld möglicher Vereinsaktivitäten weit merzieller Angebote geht. gestreut, allerdings ersetzen sie nicht die Ju- Die befragten Jugendlichen im Westerwaldkreis gendarbeit, denn sie erfüllen die Interessen und sind mehrheitlich aktives Mitglied in einem Verein Bedürfnisse der Jugendlichen nicht vollständig: (62%), die Jungen allerdings häufiger (68%) als Hat ein (männlicher) Jugendlicher tatsächlich an die Mädchen (54%). Die Sport- und Turnvereine einem Abend Fußballtraining und an einem sowie der Musikverein stehen an der Spitze. Die zweiten Abend Musikprobe, stellt sich die Frage vorrangige Motivation, aktives Mitglied in einem was er an den anderen fünf Abenden der Woche Verein zu werden, ist “Spaß haben” (90%). 2/3 macht bzw. was z. B. ein nicht-fußball-spielendes aller befragten Jugendlichen glauben, dass die Mädchen an ca. sechs Abenden pro Woche ma- vorhandenen Vereinsangebote ausreichen. 1/3 chen kann? der Jugendlichen bewerten das vorhandene Ver- einsangebot mit „gut“, knapp 1/4 noch mit „be- Fraglich bleibt auch, durch welche Form der Ju- friedigend“. Eine Mehrheit von knapp 64% be- gendarbeit diejenigen - immerhin 35% aller be- wertet die für sie vorhandenen Vereinsangebote fragten Jugendlichen - aufgefangen werden, die

30 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

nicht aktiv in einem Verein integriert sind bzw. räumliche Situation noch einmal: 32,8 % der weder die finanziellen noch kulturellen Voraus- befragten Jugendlichen bewerten die Nutzbarkeit setzungen für eine Vereinsmitgliedschaft mitbrin- der vorhandenen Räume mit „mangelhaft“ und gen. „ungenügend“. Die Nutzbarkeit von (Jugend- )Räumen wird dann etwas positiver bewertet, 40,4 % der befragten Jugendlichen geben an, wenn in einem Wohnort überhaupt genügend daß die in ihrem Wohnort zur Verfügung stehen- Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Hier geben den Räume für Jugendliche nicht ausreichen, und nur 11,2 % die Noten „mangelhaft“ und „unge- 14% der Jugendlichen geben an, daß es in ihrer nügend“. Geben die Jugendlichen jedoch an, daß Ortsgemeinde gar keine Räume gibt. Über die es in ihrem Wohnort an Treffpunkten mangelt, Hälfte der Jugendlichen ist sich des Mangels an bewerten sie auch die Nutzbarkeit negativ erreichbaren Jugendtreffpunkten bewußt - ange- („mangelhaft“: 24,1%; „ungenügend“: 23,3 %). sichts der großen Mobilitätsprobleme Jugendli- Es zeigt sich also ein dringender Bedarf an nutz- cher in einem Flächenlandkreis ein erschrecken- baren Räumlichkeiten auch dort, wo vorhandene des Ergebnis. Selbst eine Differenzierung der mehrheitlich von Randgruppen genutzt werden. Antworten nach der Wohnortgröße verändert diese Aussage kaum, sondern zeigt nur, daß Jugendliche in kleineren Ortschaften noch weni- ger Treffmöglichkeiten haben als diejenigen, die in den größeren Ortsgemeinden oder in den Städten des Westerwaldkreises leben.

Wie gut können die vorhandenen Räume von den Jugendlichen genutzt werden?

25,0%

20,0%

15,0%

10,0%

5,0%

0,0% sehr gut gut befriedigend ausreichend mangelhaft ungenügend keine Angabe Prozent 3,9% 12,1% 15,0% 12,0% 14,0% 18,8% 24,2%

Betrachtet man sich die Bewertung der Nutzbar- keit vorhandener Räume, so verschärft sich die

31 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

3.3 Lebenseinstellung, Wünsche und Ansprechpartner

Die wichtigsten Lebensthemen aller befragten Männliche Jugendliche geben häufiger materielle Jugendlichen sind Freundschaften (95,7%) Fami- Wünsche (56,2%) an, als weibliche Jugendliche lie (88,5%) und Partnerschaft (73,7%). Eine (33,9%). 54,1% der befragten Mädchen geben geschlechtsspezifische Differenzierung zeigt, dass Wünsche an, die Familie und Freundschaften Mädchen der Familie (95%) und der Partner- betreffen (Jungen 33,5%). Während irreale Wün- schaft (83%) einen noch höheren Stellenwert sche überwiegend von männlichen Jugendlichen beimessen als die Jungen (Familie 85%; Partner- geäußert wurden (4,2%), haben Mädchen deut- schaft 66,3%). Jugendliche, die nicht in lich häufiger (76,4%) abstrakte Wünsche als Deutschland geboren sind, bewerten die Familie Jungen (54,5%). Im Bereich der Zukunftswün- mit 93,6% noch höher als deutsche Jugendliche, sche gibt es nur geringfügige Unterschiede zwi- teilen aber deren Tendenz Freundschaften wich- schen den beiden Geschlechtern (Mädchen tiger als Familie zu beurteilen. Lediglich Partner- 60,9%; Jungen 58,9%). Auffällig ist, daß Wün- schaften haben für nicht in Deutschland gebore- sche mit rechtsradikaler Tendenz überwiegend ne Jugendliche weniger Bedeutung. von Jungen geäußert werden (Differenzierung An dritter Stelle der Bewertung stehen deutlich nach Alter: 15 Jahre (3,7%); 16 Jahre (5,7%). geschlechtsdifferenziert - und unabhängig vom Herkunftsland - die Bedeutung von Schule und Eine weitere Differenzierung im Hinblick auf das Arbeit (Mädchen: 72,5%; Jungen nur 54,5%). Alter der befragten Jugendlichen zeigt, dass bei Das Thema Umwelt wird von 41,6% der Jugend- den 13- bis 15-jährigen Jugendlichen materielle lichen als wichtig eingestuft. Dagegen geben nur Wünsche im Vordergrund stehen, während sich 9,6 % der befragten Jugendlichen an, sich gezielt die Wünsche der 16- bis 18-jährigen vorwiegend für Politik zu interessieren. Dies entspricht dem auf die eigene Zukunft beziehen. Wünsche, die von der Shell-Studie ermittelten Bundesdurch- Familie und Freundschaften betreffen haben in schnitt. Auch für die nicht in Deutschland gebo- allen Altersstufen einen hohen Stellenwert, wäh- renen Jugendlichen sind Umweltthemen wichtiger rend soziale Wünsche für die von uns befragten als politische Belange. Jugendlichen nur eine geringe Bedeutung haben. Religion hat für Jugendliche - unabhängig vom Jugendliche, die in der ehemaligen UdSSR gebo- Geschlecht – ein ähnlich geringe Relevanz ren wurden, unterscheiden sich in ihren Wün- (11,9%) wie Politik. Von den im Ausland gebore- schen nicht auffallend von den anderen Jugendli- nen Jugendlichen wird das Thema Religion je- chen. Zu erkennen ist nur, dass Jugendliche, die doch fast doppelt so hoch bewertet (21,8%). in Kasachstan und Kirgisien geboren wurden, deutlich mehr materielle Wünsche haben (Ka- Die Vielzahl jugendlicher Zukunftswünsche sachstan: 55,6%; Kirgisien: 77,8%; zum Ver- und Lebensvorstellungen lassen sich nach fol- gleich Deutschland: 46,5%). genden Kategorien differenzieren: · materielle Wünsche (z. B. Autos, Häuser, Das Leben Jugendlicher ist nicht nur von Einstel- Geld etc.) lungen und Wünschen sondern auch durch eine · umfeldbezogene Wünsche (z. B. „daß es der Vielzahl von Problemen bestimmt. In problemati- Familie gut geht“, „gutes Verhältnis zu schen Situationen wenden sich die meisten Ju- Freunden und Familie“) gendlichen an ihren besten Freund / ihre beste · abstrakte Wünsche (z. B. Liebe, Frieden etc.) Freundin (61,8%). Fast die Hälfte der von uns · Zukunftswünsche (z. B. gute Arbeit, guter befragten Jugendlichen (47,2%) wendet sich an Partner etc.) die eigene Mutter. Bemerkenswert ist, daß sich · soziale Wünsche (z. B. „daß es allen Men- nur ein verschwindend geringer Prozentsatz der schen gut geht“, „keine Hungersnöte“ etc.) Jugendlichen an eine Beratungsstelle wendet · irreale Wünsche (z. B. „eine Kippe die nie zu (0,4% ). Ende geht“, „in die Zukunft sehen können“) · rechtsradikale Wünsche (ausgedrückt in Pa- rolen)

32

UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

An wen wendest Du Dich, wenn Du Probleme hast?

Anzahl Prozent bester Freund / beste Freundin 616 61,8% Mutter 471 47,2% Freundeskreis / Clique 333 33,4% Vater 256 25,7% Partner / Partnerin 226 22,7% niemand, mache ich mit mir selbst aus 161 16,2% Oma / Opa 77 7,7% Lehrer 31 3,1% Pfarrer / Pastor 8 0,8% Beratungsstelle 4 0,4%

Insgesamt bestätigt sich der schon aus anderen Jugendstudien bekannte große Stellenwert, den Jugend- liche familiären Bindungen geben, sowohl aktuell wie für ihre Zukunft. Dem scheinbar geringfügigen In- teresse für Politik steht bei gut 40% ein deutliches Interesse für Umweltthemen gegenüber. Die klassi- sche Geschlechterrollenverteilung findet sich allerdings auch schon bei den Jugendlichen: die Jungen interessieren sich für's Geldverdienen, die Mädchen für Gefühle und für's Ideelle.

3.4 Ausländer und Deutsche

3/4 aller befragten Jugendlichen haben angege- wiegend in der Schule statt. Dieses Ergebnis ben, zu Jugendlichen anderer Nationalität Kon- entspricht in etwa dem der Shell-Studie 2000. takt zu haben, und dieser Kontakt findet über-

Hast Du persönliche Kontakte und Erfahrungen mit ausländischen Jugendlichen?

80,0%

70,0%

60,0%

50,0%

40,0%

30,0%

20,0%

10,0%

0,0% Ja Schulklasse Verein Nachbarschaft Freunde Nein Prozent 78,3% 59,9% 19,6% 21,7% 20,5% 4,9%

34 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Hast Du persönliche Kontakte und Erfahrungen mit deutschen Jugendlichen?

90,0% 80,0% 70,0% 60,0% 50,0% 40,0% 30,0% 20,0% 10,0% 0,0% Ja Schulklasse Verein Nachbarschaft Freunde Nein Prozent 86,4% 68,2% 26,4% 47,3% 33,6% 3,6%

Ausländische Jugendliche geben fast doppelt so häufig an, auch außerhalb der Schule Kontakte Eine weitere Analyse dieser Frage im Hinblick auf zu deutschen Jugendlichen zu haben als diese die verschiedenen Schulformen zeigt, daß 56% umgekehrt angeben, Kontakt zu ausländischen der Jugendlichen, die eine Hauptschule besuchen Jugendliche zu haben. Dieses Ergebnis kann als angeben, keine Probleme mit ausländischen Ju- ein deutlicher Hinweis auf die Integrationsbereit- gendlichen zu haben. Bei den Gymnasiasten ent- schaft Jugendlicher ausländischer Herkunft ge- schieden sich dagegen nur 46% der Befragten wertet werden. für diese Antwortmöglichkeit. Dieses Ergebnis läßt sich darauf zurückführen, daß der Kontakt zu Etwa die Hälfte der befragten deutschen Jugend- ausländischen Jugendlichen für Hauptschüler lichen gibt an, keine außergewöhnlichen Proble- selbstverständlicher zum Schulalltag gehört, da me mit ausländischen Jugendlichen zu haben. ein Großteil der ausländischen Jugendlichen (von Etwa 1/3 spricht von Problemen mit Auslän- den hier befragten ausländischen Jugendlichen dern, wenn diese in Cliquen auftreten. Dabei 45,5%) ebenfalls eine Hauptschule besuchen. Bei geben Mädchen an, deutlich weniger Probleme Jugendlichen, die ein Gymnasium besuchen, mit Ausländern als Jungen zu haben. bezieht sich der Kontakt zu ausländischen Ju- gendlichen dagegen eher auf den außerschuli- Hast Du Probleme mit ausländischen schen Bereich. Hier treten dann auch häufiger Jugendlichen? Probleme auf. 44% der befragten Gymnasiasten geben an, daß es zu Problemen beim Kontakt mit 60% Cliquen ausländischer Jugendlicher kommt. 50% 40% 30% 20% 10% 0% Jungen Mädchen Nein 45% 60% Ja, aber nur wenn 37% 24% sie in Cliquen auftreten

35 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Hast Du Probleme mit ausländischen Jugendlichen?

60%

50% 40%

30%

20% 10%

0% Hauptschule Realschule Gymnasium Nein 56% 50% 46% Ja, aber nur wenn sie in 23% 34% 44% Cliquen auftreten

Weitere Gründe für Probleme mit ausländischen vokation oder dumme Anmache), die Auseinan- Jugendlichen werden nur selten genannt. Fast 80 dersetzungen mit ausländischen Jugendlichen % der befragten deutschen Jugendlichen mach- entschuldigen sollen. Die Prozentangaben im ten dazu keine Angaben. Die genannten Gründe folgenden Diagramm beziehen sich nur auf die wurden in vier Gruppen zusammengefasst: Vor- 21% der Jugendlichen, die überhaupt weitere urteile gegenüber Ausländern, rechtsradikale Gründe für Probleme mit ausländischen Jugendli- Gesinnung bzw. Gruppenzwang, persönliche chen angegeben haben. Gründe sowie vorgeschobene Gründe (z.B. Pro-

Gründe für außergewöhnliche Probleme mit ausländischen Jugendlichen

50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% Hauptschule Realschule Gymnasium Vorurteile 38% 23% 11% Vorgeschobene Gründe 21% 47% 50% Persönliche Gründe 15% 14% 17% Rechtsradikale Gesinnung / 26% 16% 22% Gruppenzwang

Es zeigt sich, dass vor allem Vorurteile und vor- wöhnliche Probleme mit ausländischen Jugendli- geschobene Gründe als Ursachen für außerge- chen genannt werden. Rechtsradikale Gesinnung

36 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

bzw. Gruppenzwang nannten 26 % der befragten Hauptschüler sowie 22 % der befragten Gymna- Eine Untersuchung der Einstellungen zu ausländi- siasten. Darüber hinaus läßt sich feststellen, daß schen Kindern und Jugendlichen zeigt, dass sich Hauptschüler in erster Linie Vorurteile und das Verhältnis deutscher Jugendlicher im Wes- rechtsradikale Gesinnung bzw. Gruppenzwang als terwaldkreis zu ausländischen Jugendlichen als Gründe angeben, während Realschüler und neutral und zurückhaltend charakterisieren läßt. Gymnasiasten vor allem vorgeschobene Gründe Eine überwiegend fremdenfeindliche oder ag- nennen. gressive Stimmung ist nicht zu erkennen.

Einstellungen deutscher Jugendlicher zu ausländischen Kindern und Jugendlichen

Zustimmung in % Ablehnung in % AusländerInnen sind genauso Menschen wie wir. 67,9% 11,6% Gewalttätige Anschläge gegen AusländerInnen lehne ich 60,6% 15,4% absolut ab. Solange sie sich anpassen, können sie hier leben. 55,9% 15,7% Die hier geboren sind, sind genauso wie wir. 43,3% 22,5% Vielen Deutschen geht es schlechter als ihnen, dass ist nicht 39,9% 24,1% in Ordnung. Das Grundrecht auf Asyl muß in jedem Fall weiterbestehen. 37,1% 22,3% Ich lerne gerne fremde Menschen und ihre Kultur kennen. 36,8% 28,0% AsylbewerberInnen liegen uns nur auf der Tasche. 35,3% 26,0% Der Staat muß stärker durchgreifen, dass keine Asylbewer- 34,7% 29,0% berInnen mehr einreisen. Die meisten AusländerInnen sind okay. 33,8% 15,1% Die Abschiebung von AsylbewerberInnen ist unmenschlich. 30,3% 28,9% Dass AusländerInnen in dieser Gesellschaft schlechter be- 28,8% 33,9% handelt werden als Einheimische ist logisch. Zustimmung in % Ablehnung in % Die Medien haben viel Stimmung gegen AusländerInnen 28,6% 21,8% gemacht. AusländerInnen sind schuld, dass die Arbeitslosigkeit in 27,1% 39,6% Deutschland so hoch ist. Wenn AusländerInnen angemacht werden, würde ich dazwi- 24,9% 35,1% schengehen. Ich akzeptiere, dass sie hier leben, will aber keinen Kontakt. 14,7% 47,1%

Die Tabelle zeigt, dass Aussagen, die eine positi- schen Jugendlichen. Der Aussage „Solange sie ve Einstellung zu AusländerInnen widerspiegeln, sich anpassen, können sie hier leben“, die eine von den befragten deutschen Jugendlichen die distanzierte Haltung zum Thema Ausländer er- größte Zustimmung erhalten. Der Aussage „Aus- kennen läßt, stimmt mit 55,9 % mehr als die länderInnen sind genauso Menschen wie wir“ Hälfte der befragten Jugendlichen zu. Positive stimmen mehr als 2/3 der Jugendlichen zu, die Aussagen, wie „Ich lerne gerne fremde Menschen Aussage „Gewalttätige Anschläge gegen Auslän- und ihre Kultur kennen“ oder „Die meisten Aus- derInnen lehne ich absolut ab“ erhält eine Zu- länderInnen sind okay“ erhalten dagegen nur stimmung von 60,6 %. eine Zustimmung von 36,8 % bzw. 33,8 %. Darüber hinaus veranschaulicht die Tabelle je- doch auch das eher neutrale Verhältnis deutscher Bemerkenswert ist, vor dem Hintergrund der Jugendlicher im Westerwaldkreis zu ausländi- aktuellen Diskussion um Ausländerfeindlichkeit

37 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

und rechtsextreme Gewalt sowie den Aufrufen von Politikern und anderen gesellschaftlichen Es liegt die Vermutung nahe, dass diese Ergeb- Institutionen zu mehr Zivilcourage im Alltag, dass nisse nur bedingt als Hinweise auf ausländer- nur 24,9 % der befragten deutschen Jugendli- feindliche Einstellungen unter deutschen Jugend- chen der Aussage „Wenn AusländerInnen ange- lichen im Westerwaldkreis dienen können. Sie macht werden, würde ich dazwischengehen“ sind vielmehr Ausdruck einer individuellen zustimmen. Die Aussagen „Vielen Deutschen geht Verunsicherung und Zukunftsungewißheit es schlechter als ihnen, das ist nicht in Ordnung“ bezüglich der eigenen Chancen auf dem sowie „AsylbewerberInnen liegen uns nur auf der Arbeitsmarkt. Tasche“, die eine ablehnende bzw. ausländer- feindliche Haltung widerspiegeln, erhalten dage- gen eine Zustimmung von 39,9 % bzw. 35,3 %. Eine weitere Differenzierung nach Schulformen Solche Haltungen scheinen immer dort aufzutre- zeigt bei Jugendlichen, die ein Gymnasium besu- ten, wo Konkurrenzsituationen zwischen Deut- chen, eine weitaus stärkere Zustimmung zu aus- schen und Ausländern wahrgenommen werden. länderfreundlichen Aussagen als bei Realschülern Die aktuelle Shell-Studie zeigt für den Bundes- und Hauptschülern: durchschnitt ein ähnliche Ergebnis.

Einstellungen zu ausländischen Kindern und Jugendlichen nach Schulformen (Zustimmung zu positiven Aussagen)

20 86,4% 81,5% 53,4% 55,4% 15

10 68,9% 5 43,8% 75,7% 65,3% 73,2% 38,9% 0 40,9%

-5 37,1% 35,0% -10 65,2% 55,2% 32,9% -15 AusländerInnen sind Gewalttätige Das Grundrecht aufn Ich lerne gerne genauso Menschen Anschläge gegen Asyl muß in jedem fremde Menschen wie wir. AusländerInnen lehne Fall weiterbestehen. und ihre Kultur ich absolut ab. kennen.

Hauptschule Realschule Gymnasium

In diesem Diagramm wird für die verschiedenen zwischen den einzelnen Schulformen feststellen. Schulformen dargestellt, inwieweit die Zustim- Bei den befragten Gymnasiasten zeigt sich eine mung zu ausländerfreundlichen Aussagen vom z.T. deutlich überdurchschnittliche Ablehnung Durchschnittswert aller befragten Jugendlichen ausländerfeindlicher Aussagen, während die abweicht. Der Wert „0“ bezeichnet dabei den Werte für Realschule und Hauptschule unter dem Durchschnitts aller Antworten, die einzelnen Bal- Durchschnittswert aller Befragten liegen. Eine ken zeigen an, um wie viele Prozentpunkte die zusätzliche Differenzierung nach Geschlecht durchschnittliche Zustimmung für die einzelnen zeigt, dass Mädchen eher zu ausländerfreundli- Schulformen vom Gesamtdurchschnitt abweicht. chen Aussagen tendieren als Jungen. Auch bei der Ablehnung von ausländerfeindlichen Aussagen lassen sich deutliche Unterschiede

38 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Einstellungen zu ausländischen Kindern und Jugendlichen nach Schulformen (Ablehnung von negativen Aussagen)

20 56,9% 15 47,1% 10 38,6%

5 32,8% 43,6% 0 27,7% 27,0% 30,7% 36,1% 42,1% -5 29,7% 28,9% 34,7% 24,0% 33,5% -10 35,1% AsylbewerberInnen Der Staat muß Dass AusländerInnen sind liegen uns nur auf stärker durchgreifen, AusländerInnen in schuld, dass die der Tasche. daß keine dieser Gesellschaft Arbeitslosigkeit so AsylbewerberInnen schlechter behandelt hoch ist. mehr einreisen. werden ist logisch.

Hauptschule Realschule Gymnasium

Einstellungen ausländischer Jugendlicher zu deutschen Kindern und Jugendlichen

Zustimmung in % Ablehnung in % Deutsche sind genauso Menschen wie wir. 80,9% 5,4% Die meisten Deutschen sind okay. 62,8% 10,0% Nur wenn wir uns anpassen, können wir hier gut leben. 59,1% 13,7% Wir sind nicht schuld, dass die Arbeitslosigkeit in Deutsch- 56,3% 20,0% land so hoch ist. Gewalttätige Angriffe auf Deutsche lehne ich absolut ab. 51,8% 18,1% Ich lerne gerne fremde Menschen und ihre Kultur kennen. 51,8% 11,0% Das Grundrecht auf Asyl muss in jedem Fall weiterbestehen. 49,1% 11,8% Gewalttätige AsylbewerberInnen sollten sofort ausgewiesen 45,5% 20,9% werden. Wenn Deutsche angemacht werden, würde ich sofort dazwi- 42,7% 22,8% schen gehen. Vielen Deutschen geht es schlechter als uns, das ist nicht in 41,8% 20,0% Ordnung. Dass wir Ausländer in dieser Gesellschaft schlechter behan- 38,2% 30,0% delt werden als Deutsche ist logisch. Die Abschiebung von AsylbewerberInnen ist unmenschlich. 37,3% 20,0% Die Medien haben viel Stimmung gegen uns AusländerInnen 33,7% 16,3% gemacht. AsylbewerberInnen liegen den Deutschen nur auf der Ta- 19,1% 27,2% sche. Der Staat muss stärker durchgreifen, dass keine Asylbewer- 15,5% 40,0% berInnen mehr einreisen. Ich lebe hier, aber ich will nichts mit ihnen zu tun haben. 10,9% 70,9%

39 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Eine Untersuchung der Einstellungen ausländi- dischen Jugendlichen zu, während nur 24,9 % scher Jugendlicher zu deutschen Kindern und der befragten deutschen Jugendlichen Auslän- Jugendlichen zeigt dagegen, dass die befragten dern helfen würden. ausländischen Jugendlichen ein deutlich positi- veres Verhältnis zu deutschen Jugendlichen ha- 81,8 % der befragten ausländischen Jugendli- ben als umgekehrt. Der Aussage „Deutsche sind chen fühlen sich von ihren deutschen Mitbürgern genauso Menschen wie wir“ stimmen 80,9 % der akzeptiert. Dagegen geben nur 5,5% der Be- befragten ausländischen Jugendlichen zu, die fragten an, von ihren deutschen Mitbürgern ge- Aussage „Die meisten Deutschen sind okay“ fin- mieden zu werden; 5,4 % geben an, verbal oder det eine Zustimmung von 62,8 %. Es zeigt sich körperlich angegriffen zu werden. Eine Differen- außerdem, dass sich ausländische Jugendliche zierung nach Geschlecht zeigt, dass sich 92,6 % mehr Kontakte zu gleichaltrigen deutschen Ju- der befragten ausländischen Mädchen akzeptiert gendlichen wünschen, 51,8 % stimmen der Aus- fühlen, bei den Jungen sind es dagegen nur 74,1 sage „Ich lerne gerne fremde Menschen und ihre %. Es läßt sich vermuten, dass Mädchen auslän- Kultur kennen“ zu. discher Herkunft weniger Probleme mit deut- schen Jugendlichen haben als ausländische Jun- Ausländische Jugendliche im Westerwaldkreis gen. Mögliche Erklärungsansätze können kultu- spüren jedoch auch Vorurteile gegen sie: 59,1 % relle Gepflogenheiten sowie unterschiedliche der befragten ausländischen Jugendlichen stim- Geschlechtsrollenverständnisse sein. men der Aussage „Nur wenn wir uns anpassen, können wir hier gut leben“ zu. Zum Vergleich: die Deutsche und ausländische Jugendliche wurden Forderung nach Anpassung findet bei 55,9 % der darüber hinaus gefragt, wie man die Stimmung befragten deutschen Jugendlichen Zustimmung. gegen Ausländer entschärfen bzw. verbessern kann. Dabei wurden den befragten Jugendlichen Gewalttätige Angriffe auf Deutsche lehnen 51,8 zunächst drei Vorschläge vorgelegt, von denen % der befragten ausländischen Jugendlichen ab. sie diejenigen auswählen sollten, die ihrer Mei- Hier zeigt sich ein ähnliches Ergebnis wie bei den nung nach die Stimmung gegenüber Ausländern gleichaltrigen deutschen Jugendlichen, von de- am wirkungsvollsten verbessern könnten. Es nen 60,6 % Gewalt gegen Ausländer ablehnen. zeigen sich hier nur geringfügige Unterschiede Der Aussage „Wenn Deutsche angemacht wer- zwischen deutschen und ausländischen Jugendli- den, würde ich sofort dazwischen gehen“ chen, die Zustimmung zu den einzelnen Vor- stimmten dagegen 42,7 % der befragten auslän- schlägen variiert zwischen 48 % und 56 %.

Welche der genannten Vorschläge können Deiner Meinung nach die Stimmung gegen Ausländer entschärfen?

58,0%

56,0%

54,0%

52,0%

50,0%

48,0%

46,0%

44,0% Deutsche Jugendliche Ausländische Jugendliche Möglichkeiten für gegenseitiges 48,3% 55,5% Kennenlernen schaffen. Schärfere Gesetze gegen 56,2% 53,6% gewalttätige Auseinandersetzungen für beide Seiten. Sich gegenseitig in Ruhe lassen. 53,5% 49,1% 40 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Die Jugendlichen konnten außerdem eigene Vor- kann vermuten, dass die meisten Jugendlichen, schläge zur Verbesserung der Stimmung gegen- unabhängig von ihrer Nationalität, kein ausge- über Ausländern machen. Es zeigt sich, dass 82,0 prägtes Problembewußtsein hinsichtlich der aktu- % der befragten deutschen Jugendlichen sowie ellen Situation von Ausländern in unserer Gesell- 90,0 % der ausländischen Jugendlichen keine schaft haben und sich deshalb mit den vorgege- eigenen Ideen zu diesem Thema haben. Man benen Vorschlägen zufrieden geben.

41

UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

3.5 Gewalt und Kriminalität

Die befragten Jugendlichen im Westerwaldkreis der Hälfte (49%) der befragten Jugendlichen als verbinden die beiden Begriffe „Gewalt“ und „Kri- eine „mittelmäßig schlimme“ kriminelle Handlung minalität“ stärker mit Körperverletzung, tätlichen bewertet. Auf die Frage, welche Formen von Angriffen und Bedrohung, als mit Sachbeschädi- Gewalt oder Kriminalität sie in ihrem Alltag be- gungs- oder Diebstahlsdelikten. reits häufiger erlebt haben, geben 26,2% der Körperverletzung (84,3%) und tätliche Angriffe Jugendlichen „Stehlen in Kaufhäusern“ und (52,4%) werden von den Jugendlichen als be- 25,3% der Jugendliche „alkoholisiert Auto fah- sonders schlimme kriminelle Handlung bewertet. ren“ an. Dagegen wird Sachbeschädigung nur von knapp

Welche Formen von Gewalt oder Kriminalität hast Du schon oft erlebt? Anzahl Prozent Stehlen in Kaufhäusern 261 26,2% alkoholisiert Auto fahren 252 25,3% Körperverletzung 229 23,0% Drogenkonsum 195 19,6% Bedrohung / Nötigung 167 16,8% Drogenhandel 145 14,5% Einbrüche, Automaten knacken 109 10,9% Stehlen von Fahrrädern, Mofas, Mopeds 85 8,5% Knacken von Autos 56 5,6% Sexuelle Belästigung 50 5,0%

Besonders bedrohlich empfinden die meisten der nen dies und 6,2% machen zu dieser Frage keine von uns befragten Jugendlichen Gewalt durch Angaben. Eine weitere Differenzierung der Frage Eltern (77,7%), Körperverletzung (72,6%) und nach der Beteiligung an körperlichen Auseinan- sexuelle Belästigung (71,8%). dersetzungen im Hinblick auf das Alter der be- 42,7% der befragten Jugendlichen geben an, fragten Jugendlichen zeigt für die verschiedenen schon einmal in eine körperliche Auseinanderset- Altersstufen ein relativ einheitliches Bild: zung verwickelt gewesen zu sein, 51,1% vernei-

Beteiligung an körperlichen Auseinandersetzungen nach Altersgruppen

50% 45%

40% 35% 30% 25%

20% 15% 10% 5% 0% 14 Jahre 15 Jahre 16 Jahre 17 Jahre 41 Prozent 43% 47% 38% 42% UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Ungleich ist dagegen die Verteilung nach Ge- rungen mit körperlichen Auseinandersetzungen schlechtern: 55,6% der Jungen gegenüber zu haben. Als Gründe geben sie an: 26,8% der befragten Mädchen geben an, Erfah-

Mädchen Jungen · Streit (7,5%) · Provokation (15,9%) · Provokation (5,9%) · Streit (13,4%) · Langeweile, Frust, Spaß (4,1%) · Langeweile, Frust, Spaß (10,3%) · Verteidigung von Clique, Freunden und · Verteidigung von Clique, Freunden und Familie (3,9%) Familie (6,0%)

Eine Differenzierung nach besuchter Schulform vermuten: Jugendliche, die angeben regelmäßig zeigt, daß 47,4% der HauptschülerInnen, 40,2% (mindestens zweimal pro Woche) Alkohol zu kon- der RealschülerInnen und 39,2% der Gymnasi- sumieren, zeigen sich in der Befragung wesent- astInnen angeben, Erfahrungen mit körperlichen lich gewaltbereiter (56,6%), als diejenigen Ju- Auseinandersetzungen gemacht haben. gendlichen, die angeben nur selten (maximal einmal pro Monat) zu trinken (41,0%). Jugendliche, die eine Hauptschule bzw. eine Re- alschule besuchen, geben als häufigste Begrün- Die Tabelle auf der folgenden Seite zeigt in Ge- dung für körperliche Auseinandersetzungen an, genüberstellung den Anteil der zustimmenden sie seien provoziert worden. Zweithäufigster An- Antworten auf Fragen nach der Einstellung zu laß für körperliche Auseinandersetzungen sind ausländischen Menschen. Dabei wird deutlich, eskalierte Streitigkeiten, gefolgt von Schlägereien daß deutsche Jugendliche, die bereits in körperli- aus Spaß, Langeweile oder Frust. Auffällig ist, che Auseinandersetzungen verwickelt waren, dass Hauptschüler (15,2%) doppelt so oft ange- deutlich negativere Einstellungen gegenüber ben, sie seien provoziert worden, wie Gymnasi- ausländischen Jugendlichen haben. Erfahrungen asten (7%). Die besuchte Schulform scheint da- mit körperlichen Auseinandersetzungen gehören mit ein Faktor für die Häufigkeit von Erfahrungen insbesondere bei Jungen in der Altersgruppe der mit körperlichen Auseinandersetzungen zu sein. 14-16jährigen zur Normalität, sind ein notwendi- ger Teil ihrer Entwicklung. Insofern müssen die Jugendliche, die einer festen Clique angehören, geschilderten Befunde noch keinen Anlaß zur geben häufiger an, bereits in körperliche Ausei- Besorgnis geben. Allerdings die deutlichen Zu- nandersetzungen verwickelt gewesen zu sein sammenhänge solcher Erfahrungen mit Schul- (48,0%) als diejenigen Jugendlichen, die keiner form und ausländerfeindlicher Einstellungen müs- festen Clique angehören (32,7%), wobei als sen durchaus beunruhigen. Hier zeigt sich Hand- Gründe für die Auseinandersetzungen von beiden lungsbedarf sowohl für die Hauptschulen als auch Gruppen wieder am häufigsten Provokation, für die Jugendarbeit (siehe Kapitel 5). Streit und Langeweile benannt werden. Auch hinsichtlich der Häufigkeit tätlicher körperli- cher Auseinandersetzungen und der Häufigkeit des Alkoholkonsums läßt ein Zusammenhang

42 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Einstellungen deutscher Jugendlicher zu ausländischen Kindern und Jugendlichen

Jugendliche, die angeben, Jugendliche, die angeben, schon einmal in körperli- noch nie in körperliche che Auseinandersetzun- Auseinandersetzungen gen verwickelt gewesen verwickelt gewesen zu zu sein sein (Zustimmung in Prozent) Die meisten Ausländer- 28,2% 40,4% Innen sind okay. Die hier geboren sind, sind genauso 37,6% 52,3% wie wir. AusländerInnen sind schuld, daß die 33,3% 24,1% Arbeitslosigkeit in Deutschland so hoch ist. AusländerInnen sind genauso Men- 62,4% 80,0% schen wie wir. Vielen Deutschen geht es schlechter 50,5% 35,7% als ihnen, daß ist nicht in Ordnung. AsylbewerberInnen liegen uns nur 47,0% 29,5% auf der Tasche. Der Staat muß stärker durchgreifen, 46,2% 29,9% daß keine AsylbewerberInnen mehr einreisen. Gewalttätige Anschläge gegen Aus- 54,0% 71,8% länderInnen lehne ich absolut ab

3.6 Drogen

Die Befragung macht sehr unterschiedliche Wis- der Jugendlichen als Suchtmittel eingestuft. Dar- senbestände, Bekanntheitsgrade und Berüh- über hinaus zeigt sich, dass nur 57,2% der von rungspunkte rund um den Themenbereich „Dro- uns befragten Jugendlichen Spirituosen als gen“ deutlich. Die Beantwortung der Frage „Was Suchtmittel einstufen, leichtere alkoholische Ge- sind für Dich Suchtmittel?“ zeigt für den Bereich tränke wie Bier oder Wein werden sogar nur von der illegalen Drogen ein einheitliches Bild. Die 49,2% der Befragten als Suchtmittel angesehen. vorgegebenen illegalen Drogen werden jeweils Diese Werte liegen somit deutlich unter den von mehr als 70% der befragten Jugendlichen als Werten für illegale Drogen, d.h. die von uns be- Suchtmittel definiert. Für den Bereich der legalen fragten Jugendlichen schätzen die Gefahr der Drogen zeigt sich dagegen ein deutlich differen- Gewöhnung und der Abhängigkeit bei Alkohol zierteres Bild: Während Zigaretten von 78,5% deutlich geringer ein als bei illegalen Drogen wie der befragten Jugendlichen als Suchtmittel ein- Kokain oder Ecstasy. geschätzt werden, wurde Kaffee nur von 16,8%

43 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Was sind für Dich Suchtmittel? Illegale Drogen

80,0%

79,0%

78,0%

77,0%

76,0%

75,0%

74,0%

73,0%

72,0% Crack LSD Speed Haschisch Ecstasy Kokain Prozent 74,7% 75,8% 76,0% 76,2% 77,3% 79,8%

36,5% der von uns befragten Jugendlichen ge- haben. Eine Differenzierung nach Geschlecht, ben an, mit Drogen schon einmal in Kontakt ge- zeigt, daß männliche Jugendliche seltener Orte kommen zu sein. Kontakt meint aber nicht nur kennen, an denen sie Drogen erhalten könnten den unmittelbaren Konsum sondern schließt auch aber insgesamt häufiger angeben, in Kontakt mit die Möglichkeit ein, dass Personen im Umfeld Drogen gekommen zu sein. dieses Jugendlichen Drogenkontakt hatten oder

Was sind für Dich Suchtmittel? Legale Drogen

80,0%

70,0%

60,0%

50,0%

40,0%

30,0%

20,0%

10,0%

0,0% Kaffee Süßigkeiten Medikamente Bier, Wein Schnaps Zigaretten

Prozent 16,8% 25,8% 48,0% 49,2% 57,2% 78,5%

44 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Die Annahme, daß Drogenkontakte abhängig von schere Haltung als auch ein ausgeprägteres der Größe des Wohnortes sein könnten, hat sich Problembewußtsein zu haben: 67,3% der Mäd- in der Auswertung der Befragung nicht bestätigt. chen haben Interesse über Alkohol und illegale Der Anteil der Jugendlichen, die schon einmal Suchtmittel zu sprechen (Jungen 46,9%) wäh- Kontakt mit Drogen hatten und in einem Ort mit rend 50,4% der Jungen solchen Bedarf verneinen mehr als 3000 Einwohnern wohnen, beträgt (Mädchen 30,9%). 36,5%. Ähnlich ist die Zahl bei den Jugendlichen, Als bevorzugte Ansprechpartner nennen die Ju- die in einem Ort mit maximal 300 Einwohnern gendlichen Schule (28,1%) und Eltern (25,3%). leben. Von ihnen geben 38,3% an, schon einmal Der Gesprächs- und Informationsbedarf von Ju- in Kontakt mit Drogen gekommen zu sein. Mehr gendlichen, die angeben, bereits mit Drogen in als die Hälfte aller befragten Jugendlichen Kontakt gekommen zu sein liegt mit 60,7% noch (52,3%) geben an zu wissen, wo man sich inner- höher als bei jenen, die noch keinen Kontakt halb des Westerwaldkreises Drogen beschaffen hatten (53,5%). Besonders groß ist der Aufklä- kann. rungsbedarf über „Hilfe bei der Drogenproblema- Die Befragung zeigt einen großen Gesprächsbe- tik“: 74,9%, also Dreiviertel der befragten Ju- darf der Jugendlichen zum Thema „Drogen“ gendlichen, geben an keine (!) professionellen (55,9%). Mädchen scheinen hier sowohl die kriti- Beratungs- oder Hilfsangebote zu kennen.

Mit wem möchtest Du über das Thema Alkohol oder illegale Suchtmittel sprechen?

30,0%

25,0%

20,0%

15,0%

10,0%

5,0%

0,0% Schule Eltern Geschwister Jugendzentrum Freunde Beratungsstelle Polizei Prozent 28,1% 25,3% 16,2% 13,4% 10,9% 8,4% 7,7%

Geht man davon aus, daß sich die Mehrheit der 82,2% der Jugendlichen geben an, Alkohol zu hier erfaßten Jugendlichen in ihren Antworten trinken: 22,9% davon trinken mehrmals in der zum Gesprächsbedarf mehrheitlich auf illegale Woche, 58,7% nur unregelmäßig oder höchstens Drogen bezieht, ist davon auszugehen, daß der einmal im Monat. Eine Differenzierung nach dem Informations- und Diskussionsbedarf unter Be- Alter der Befragten zeigt, dass die Regelmäßig- rücksichtigung der legalen Suchtmittel noch we- keit des Alkoholkonsums mit höherem Alter zu- sentlich größer ist. nimmt.

45 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Regelmäßiger Alkoholkonsum bei Jugendlichen (mindestens zweimal pro Woche)

50,0% 45,0% 40,0% 35,0% 30,0%

25,0% 20,0% 15,0% 10,0% 5,0%

0,0% 13 Jahre 14 Jahre 15 Jahre 16 Jahre 17 Jahre 18 Jahre Prozent 10,4% 18,1% 20,5% 31,6% 32,4% 46,4%

Es stellt sich die Frage, ob zwischen der Häufig- ken 22,0% der Jungen und 14,6% der Mädchen keit des Konsums alkoholischer Getränke und der Alkohol. Regelmäßiger und häufiger Alkoholkon- Freizeitbeschäftigung der Jugendlichen ein Zu- sum scheint also ein geschlechtsspezifisches sammenhang besteht. Eine diesbezügliche Aus- Problem männlicher Jugendlicher zu sein. wertung der Befragung zeigt jedoch, daß kein Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Überraschend gering fallen die Zahlen zum Zi- Freizeitbeschäftigung (z. B. Computer, Fernse- garettenkonsum aus. 56,6% der Jugendlichen hen, Mofa fahren, lesen, Sport, Musik hören, geben an, nicht zu rauchen. 42,7% der befragten Kreatives und Vereinsaktivitäten) bestätigt wer- Jugendlichen rauchen, davon 36,1% gelegent- den kann, sich keine spezifische Konsumgruppe lich, 63,9% dagegen täglich. benennen läßt und der Alkoholkonsum auch nicht an die Häufigkeit der Ausgehzeiten gekoppelt ist: 58,8% der Jugendlichen, die jeden Abend ausge- hen, trinken nur manchmal oder höchstens ein- mal im Monat Alkohol, 27,0% geben an, mehr- mals in der Woche Alkohol zu konsumieren.

Aufschlußreich ist hingegen eine Differenzierung der Konsumgewohnheiten nach Geschlecht: 83,3% der Jungen und 81,1% der Mädchen ge- ben an alkoholische Getränke zu trinken und unterschieden sich damit nicht wesentlich von- einander. Fragt man jedoch nach der Häufigkeit des Konsums, so stellt man fest, dass sich die Al- koholkonsumgewohnheiten der Geschlechter erheblich voneinander unterscheiden: 13,3% der männlichen Jugendlichen geben an, fast jeden Tag Alkohol zu trinken, d.h. der prozentuale An- teil liegt bei den Jungen viermal so hoch wie bei den Mädchen (3,4%). Zweimal pro Woche trin-

46 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Rauchst Du Zigaretten?

0,7%

42,7%

56,6%

Ja Nein Keine Angabe

3.7. Politisches Interesse

Jugendliche im Westerwaldkreis sind gerne be- sönlichen Engagement bei Jugendlichen aus klei- reit, sich für ihre Interessen zu engagieren und nen Gemeinden (bis 300 Einwohner) ohne aus- aktiv an der Planung und Durchführung von Frei- reichende Angebote für Jugendliche noch einmal zeitangeboten mitzuwirken. Die Mehrheit der von verstärkt. 68,1% der Jugendlichen aus Gemein- uns befragten Jugendlichen gibt an, gerne in den mit maximal 300 Einwohnern würden gerne einer Jugenddisco (61,6%) oder in einem Ju- in einer Jugenddisco mitarbeiten, 57,4% in einem gendtreff (52,2%) mitzuarbeiten. Jugendtreff. Eine Differenzierung nach der Größe des Wohn- ortes zeigt, dass sich die Bereitschaft zum per-

47 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

An welchen Aktivitäten würdest Du mitarbeiten? Unterscheidung nach Wohnortgröße

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% mehr als 3000 1501 bis 3000 701 bis 1500 301 bis 700 EW bis zu 300 EW EW EW EW Sporttunier 45% 37% 47% 43% 47% Straßenfest 33% 45% 42% 42% 49% Jugenddisco 61% 67% 64% 62% 68% Ferienfahrt 49% 53% 42% 44% 49% Jugendtreff 48% 55% 56% 61% 57%

Dagegen bezeichnen die von uns befragten Ju- bekunden, steigt dieser Wert bei den 18-jährigen gendlichen, unabhängig von der Größe des auf 39,3%. Wohnorts, ihr politisches Interesse durchgängig als gering: 71,1% der Jugendlichen geben an, Die Jugendlichen wurden darüber hinaus gefragt, sich nicht für das politische Geschehen in ihrem in welcher Form Kinder und Jugendliche an der Ort zu interessieren. Ein ähnlich hohes Desinte- Gestaltung ihres Lebens- bzw. Freizeitumfeldes resse von Jugendlichen in Bezug auf das kom- und an der Lösung der sie betreffenden Probleme munale politische Geschehen weist auch die im beteiligt werden sollten. Die Jugendlichen konn- Frühjahr 2000 erschienene 13. Shell Jugendstu- ten angeben, ob sie an einem Kinderforum bzw. die für den Bundesdurchschnitt aus. Jugendbeirat auf Gemeinde-/Stadtebene, auf Eine differenzierte Betrachtung im Hinblick auf Verbandsgemeindeebene oder auf Kreisebene die Größe des Wohnortes zeigt jedoch ein positi- interessiert wären. 59,1% der von uns befragten veres Ergebnis für jene Jugendliche, die in einer Jugendlichen bekunden Interesse an einem Ju- Gemeinde mit weniger als 300 Einwohnern leben. gendforum auf Gemeinde- bzw. Stadtebene. Eine Hier geben immerhin 34,0% der Befragten an, Differenzierung im Hinblick auf das Geschlecht Interesse an der Kommunalpolitik zu haben. Eine der Befragten läßt nur minimale Unterschiede weitere Differenzierung im Hinblick auf das Alter erkennen: läßt erkennen, dass ab dem 18. Lebensjahr das Interesse der Jugendlichen an kommunalpoliti- schen Themen zunimmt. Während bei den 13- bis 17-jährigen durchschnittlich 26% Interesse

48 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Interesse an einem Kinderforum / Jugendbeirat auf den verschiedenen kommunalen Ebenen

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% Gemeinde VG Landkreis Jungen 60% 40% 17% Mädchen 58% 36% 16%

Die vorgestellten Ergebnisse zeigen zum einen, arbeit in einem Jugendverein, der im Wohnort dass sich eine Mehrheit der von uns befragten Jugendräume selbstverantwortlich verwaltet. Eine Jugendlichen im Westerwaldkreis nicht oder nur Differenzierung nach Geschlecht zeigt nur ge- sehr begrenzt für das politische Geschehen in der ringfügige Unterschiede. Jungen wären jedoch eigenen Gemeinde interessiert. Andererseits zei- eher dazu bereit eine verantwortliche Tätigkeit gen fast 60% der Jugendlichen Interesse sich im innerhalb eines solchen Vereins zu übernehmen. Rahmen eines Jugendbeirats zu engagieren und 34,1% der Jungen erklären sich bereit, im Vor- Verantwortung zu übernehmen. Die Politik ist stand mitzuarbeiten (Mädchen: 26,6%). 60,7% hier gefordert geeignete Formen der Beteiligung der Mädchen und 52,9% der Jungen würden bei für Jugendliche zur Verfügung zu stellen, um so der Gestaltung der Räume helfen, 33,2% der das Interesse der Jugendlichen an kommunalpo- Mädchen und 37,5% der Jungen würden Aufga- litischen Themen zu wecken. ben in der Wartung der Jugendräume überneh- men. 67,0% der von uns befragten Jugendlichen im Westerwaldkreis bekunden Interesse an der Mit-

Mitarbeit in einem Jugendverein - Jungen

38% 34% Vorstand

Raumgestaltung

Wartung der Räume 53%

49 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Mitarbeit in einem Jugendverein - Mädchen

26% 33% Vorstand

Raumgestaltung

Wartung der Räume 60%

56,9% der von uns befragten Jugendlichen be- Signifikante Unterschiede in der Verteilung der kunden Interesse an der Teilnahme an einem Geschlechter oder der besuchten Schulformen Diskussionsforum zur Sammlung von Ideen für lassen sich diesbezüglich nicht feststellen. der Verbesserung der Jugendfreizeitsituation.

Interesse zur Mitarbeit an einem Diskussionsforum zur Verbesserung der Jugendfreizeitsituation

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% Jungen Mädchen Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamt Ja 56% 58% 60% 56% 57% 57% Nein 38% 37% 33% 40% 42% 37%

55,8% der befragten Jugendlichen im Wester- dieses Desinteresse stimmten 38,1% der Ju- waldkreis geben an, sich nicht für die lokalpoliti- gendlichen der vorgegebenen Aussage „Politiker sche Berichterstattung in der Westerwälder Zei- machen eh was sie wollen“ zu. 17,2% der Ju- tung, der einzigen Lokalzeitung im Westerwald- gendlichen geben an, die Zusammenhänge oft kreis sowie im lokalen Fernsehsender WW-TV zu nicht zu verstehen, 14,9% sehen keinen Zusam- interessieren. Bei der Frage nach Gründen für menhang zu ihrer persönlichen Situation. Eine

50 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Differenzierung nach Schulformen läßt ein deut- terwälder Zeitung bzw. im WW-TV zu interessie- lich höheres Interesse bei den Jugendlichen er- ren (Realschule: 38,4%, Hauptschule: 37,1%). kennen, die ein Gymnasium besuchen. 55,2% Im Hinblick auf das Geschlecht der befragten der befragten Gymnasiasten geben an, sich für Jugendlichen zeigen sich dagegen keine signifi- die lokalpolitische Berichterstattung in der Wes- kanten Unterschiede.

Interesse an der lokalpolitischen Bereichterstattung

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% Jungen Mädchen Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamt Ja 41% 39% 37% 38% 55% 41% Nein 54% 58% 58% 59% 44% 48%

Diese Ergebnisse bestätigen noch einmal, dass rossenheit“ der Jugendlichen im Hinblick auf sich die von uns befragten Jugendlichen im kommunalpolitische Themen entgegenzuwirken. Westerwaldkreis nur sehr eingeschränkt für das kommunale politische Geschehen interessieren. Darüber hinaus zeigt sich, dass sich viele Ju- gendliche von den politisch Handelnden nicht ernst genommen fühlen. Es läßt sich jedoch auch feststellen, dass Jugendliche im Westerwaldkreis durchaus bereit sind, sich zu engagieren, wenn es um ihre eigenen Belange und Probleme geht. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen geben an, sich für eine Mitarbeit in einem Diskussionsforum zur Verbesserung der Jugendfreizeitsituation zu interessieren, fast 60% der Jugendlichen können sich vorstellen, in ihrer Ortsgemeinde in einem Jugendbeirat mit zu arbeiten. Dieses Potential kann jedoch nur dann genutzt werden, wenn die Politik geeignete Formen der Beteiligung für Ju- gendliche zur Verfügung stellt. Die Schaffung von Jugendparlamenten oder anderen Jugendgre- mien in den Kommunen kann dazu beitragen, der tendenziell durchaus feststellbaren „Politikverd-

51 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

3.8 Bleiben oder Gehen?

34,5% der von uns befragten Jugendlichen im Erwachsene wohnen bleiben wollen. 37,2% der Westerwaldkreis geben an, dass sie als Erwach- Jugendlichen sind noch unschlüssig, ob sie blei- sene nicht mehr in ihrem jetzigen Wohnort leben ben oder wegziehen wollen, 1% der Jugendli- möchten. Nur 27,3% der Befragten fühlen sich in chen machte keine Angaben. ihrem Heimatort so wohl, dass sie dort auch als

Möchtest Du in Deinem jetzigen Wohnort auch als Erwachsener wohnen?

1,0%

27,3%

34,5%

37,1%

Ja Weiß ich nicht Nein Keine Angabe

Eine weitere Differenzierung im Hinblick auf die vor allem die sozialen Bezüge: 60,2% der Be- Größe des Wohnortes zeigt, dass vor allem Ju- fragten benennen ihre Clique, 53,9% die gendliche aus Orten mit mehr als 3000 Einwoh- (Dorf)Gemeinschaft und 47,9% die gute Nach- nern ihren Wohnort verlassen wollen (38,4%). barschaft als wichtigste Kriterien. Dagegen geben Dagegen geben 38,3% der Jugendlichen aus nur 21,3% der Jugendlichen die Eingebundenheit kleinen Gemeinden mit weniger als 300 Einwoh- in die Vereinsarbeit als wichtigen Grund an, um nern an, auch als Erwachsene in ihrem jetzigen gerne in ihrem Heimatort zu wohnen. Die Über- Wohnort leben zu wollen. schaubarkeit des Wohnortes wird von den Ju- gendlichen am seltensten genannt (15,4%). 73,7% der von uns befragten Jugendlichen nen- nen ihre Freunde als wichtigsten Grund, sich in ihrem Heimatort wohl zu fühlen. Zu einem ähnli- chen Ergebnis kommt ein Repräsentativumfrage der Zeitschrift „Stern“ (Ausgabe 52/99) unter Jugendlichen aus dem gesamten Bundesgebiet.

Neben den eigenen Freunden ist für 61,1% der Jugendlichen das Gefühl der Sicherheit am wich- tigsten, um sich im Wohnort wohl zu fühlen. Häufig genannt werden von den Jugendlichen

52 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Was ist zum Wohlfühlen in Deinem Wohnort für Dich im Moment wichtig?

80,0%

70,0%

60,0%

50,0%

40,0%

30,0%

20,0%

10,0%

0,0% sich gute Natur Über- Freund- Gemein- sich aus- Vereins- sicher Clique Nach- und gute schau- Innen schaft kennen arbeit fühlen barschaft Luft barkeit Prozent 73,7% 61,1% 60,2% 53,9% 47,9% 47,0% 42,1% 21,3% 15,4%

3.9 Zwischenbilanz: Erste Befunde der Jugendbefragung

(1) Es gibt in den Einstellungen, Freizeit- kulieren sie ihren Bedarf an Unterstützung und wünschen und Zukunftsvorstellungen Ju- Beratung in schwierigen Situationen und Fragen. gendlicher aus dem Westerwaldkreis keine Drogen, Gewalt sind solche Themen, aber auch deutlichen Unterschiede zu Jugendlichen die Begegnung mit ausländischen Jugendlichen in anderer Regionen. Schule und Freizeit. Soweit im Vergleich mit anderen Jugendstudien (siehe Überblick in Kap. 6) erkennbar, sind die (2) Das besondere Problem junger Men- Vorstellungen über Familie, Freizeit und Freunde, schen im Westerwaldkreis wie überall in aber auch die Urteile über Gewalt und Drogen ländlichen Regionen – ist die Mobilität. sowie die Einstellungen zu Ausländern und Politik Was in den Kinderjahren noch als überschauba- der befragten Jugendlichen aus dem Westerwald res dörfliches Milieu positiv bewertet werden nicht unterschiedlich zu denen junger Menschen konnte, wird im Jugendalter schnell zum sehr aus städtischen Regionen oder anderen Bundes- begrenzten Aktionsfeld für Kontakt, Erprobung ländern. Im Umkehrschluß gelten die hier vor- und Entwicklung. Es gehört zur Jugendphase, findlichen Probleme ebenfalls für den Wester- neue Räume zu erobern und sich in neuen Bezie- wald: Gewalterfahrungen, Drogengefährdungen, hungen zu erproben, dazu müssen Mädchen und Zukunftsängste und bei einem Teil der jungen Jungen diese aber erreichen und entdecken kön- Menschen fremdenfeindliche Einstellungen gibt nen. Nicht so sehr die Fahrtzeiten zu den wei- es auch im Westerwald. terführenden Schulen begrenzen die Freizeitakti- Dieser Befund kann aber weniger beunruhigen vitäten Jugendlicher in den vielen kleinen Orts- als Anlaß geben, über die Anforderungen an Er- gemeinden des Westerwald, sondern mangelnde wachsene und verantwortliche Menschen in Ju- Mobilität in den Nachmittags und Abendstunden gendarbeit und Kommunalpolitik nachzudenken. aufgrund großer Entfernungen und einem spärli- So wichtig junge Menschen auch im Westerwald- chen Angebot des öffentlichen Personennahver- kreis Familie und Freunde sind, so deutlich arti- kehr (ÖPNV). Fahrdienste von Eltern und älteren

53 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL III

Freunden schaffen Entlastung aber auch Abhän- (3) Jugendliche sind dann bereit sich öf- gigkeit. fentlich zu engagieren, wenn es um ihre eigenen Angelegenheiten geht. Jugendlichen einerseits Bewegung insbes. durch Entgegen dem langläufigen Vorurteil sind junge einen auch an ihren Interessen orientierten ÖPNV Menschen aus dem Westerwaldkreis durchaus für zu ermöglichen und andererseits neue Erfahrun- öffentliche Belange ansprechbar, aber nur dann, gen in Verbänden, Vereinen und an Orten der wenn dabei auch ihre eigenen Interessen ange- Jugendarbeit herauszufordern, so heißen daher sprochen werden. Im deutlichen Gegensatz zum die naheliegenden Aufgaben der Jugendpolitik in Desinteresse an allgemein politischen Fragen einem Flächenkreis. Dabei spielen "Jugendräu- steht das Interesse, vor allem die Möglichkeiten me" eine besondere Rolle: Treffpunkte, Gestal- und Angebote zur Freizeitgestaltung aktiv mitzu- tungsräume und Erprobungsfelder benötigen gestalten. Dieses Interesse sollte nicht als eigen- junge Menschen in erreichbarer Nähe vor allem nützig abgewertet werden, sondern zum An- dann, wenn ihre Mobilität noch eingeschränkt ist. knüpfungspunkt werden, gemeinschaftsbezoge- nes Engagement zu wecken und zu fördern.

54 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IV

4. Ergebnisse der Expertengespräche

ExpertInnengespräche sind ein häufiger ange- Die Auswertung dieser Interviews zeigt zwei wendetes aber selten beschriebenes qualitati- Perspektiven der Expertinnen und Experten auf ves Forschungsverfahren zur Rekonstruktion die Situation von Jugendlichen in der Region: komplexer Wissensbestände über einen zu un- · Ein Drittel der Verbandsgemeindebür- tersuchenden Gegenstand (vgl. Meuser u. Na- germeister, alle Jugendexperten und alle gel 1997). Problemexperten betonen einen erhöhten Die in Interviews gewonnen Informationen Handlungsbedarf zur Verbesserung der Situati- basieren auf praxisbezogenem Erfah- on Jugendlicher. rungswissen und Kompetenzen von ExpertIn- · Zwei Drittel der befragten Verbandsge- nen, die ihr Wissen aufgrund ihrer Eingebun- meindebürgermeister bleiben in ihren Aus- denheit in spezifische Aufgaben benennen kön- sagen sehr allgemein und sehen keine spezifi- nen. Solche Wissensbestände – quasi „Inside- schen Probleme Jugendlicher in der Region. Ein rinformatio-nen“ – sollen einen Zugang zu spe- direkter Zugang dieser Experten zu Jugendli- zifischen Regeln des untersuchten Bereichs chen wird nicht deutlich. Vielmehr entsteht der eröffnen und helfen, Zusammenhänge zu er- Eindruck, daß die Situation der Jugendlichen schliessen, damit künftige Aufgaben und Ar- beschönigt wird, da ein differenzierter Einblick beitsbereiche besser abgeschätzt werden kön- fehlt. Diese Gruppe der befragten Experten nen: Die Kenntnis der örtlichen Situation, der betont einen hohen Grad an Einbindung der Lebensumstände und Probleme, der professio- Jugendlichen in die Ortsgemeinden, spricht von nellen Zugänge und Einblicke bestimmt die stabilen familiären Beziehungen und verweist Auswahl und Befragung der ExpertInnen. auf eine allgemein gute Lebensqualität in der Region. Möglichkeiten der Freizeitgestaltung für Für die vorliegende Untersuchung wurden 24 Jugendliche sehen diese Experten besonders im Expertinnen und Experten aus drei Bereichen Bereich der Vereine. Probleme wie Gewaltbe- ausgewählt, um vielfältige und unterschiedliche reitschaft und Drogenkonsum werden eher Einschätzungen über die Lebens- und Freizeit- plakativ mit Medieneinflüssen u.ä. erklärt. situation Jugendlicher im Westerwaldkreis zu erhalten. Ein Drittel der Verbandsgemeindebürgermeister Befragt wurden dagegen bemüht sich um eigene Zugänge zu · Neun Verbandsgemeindebürgermeister als Jugendlichen und setzt sich mit deren Belangen regionale Experten für die Situation Jugend- und Bedürfnissen auseinander. Auch diese licher in den zehn Verbandsgemeinden Experten betonen die starke Einbindung der · Zwölf Experten aus den Bereichen Jugend- Jugendlichen in die Ortsgemeinden und heben pflege und Jugendarbeit das vielfältige, ihrer Meinung nach breit ge- · Drei Experten, die vorwiegend mit Proble- nutzte Vereinsangebot hervor. Aber sie verwei- men von Jugendlichen beschäftigt sind (Ju- sen auch auf Probleme Jugendlicher im ländli- gendrichter, Beratungsstelle, Polizei) chen Raum: Vorhandene Angebote speziell für Jugendliche seien schlecht zu erreichen, und zu Erhebungs- und Auswertungsstrategie waren wenig an den Bedürfnissen der Jugendlichen leitfadengestützte Interviews, die orientiert. Fehlende offene Jugendarbeit aber · nach dem Zugang zu Jugendlichen auch zu wenig kommerzielle Angebote wie Ki- · nach der für den Arbeitsbereich bzw. die nos und Discos erschwerten die Integration Region kennzeichnenden Lebenssituation ausländischer Jugendlicher. Jugendlicher Nur wenige Verbandsgemeindebürgermeister · nach Möglichkeiten und Angeboten der setzten sich differenziert mit Problemen Ju- Freizeitgestaltung für Jugendliche gendlicher wie Gewaltbereitschaft, Integration · nach Problemen, die Jugendliche haben von ausländischen Jugendlichen bzw. Aussied- bzw. machen lern und Drogen auseinander. · und nach den Wünschen für Jugendliche Alle Verbandsgemeindebürgermeister beklagen im Westerwaldkreis fragten. ein fehlendes Engagement Jugendlicher für

55 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IV

politische Zusammenhänge, betonen aber zu- germeister eher, als die Jugend- und Problem- gleich und widersprüchlich, daß Jugendliche experten; diese verweisen auf allgemeine Ten- sich „nur“ im Falle eigener Betroffenheit enga- denzen: Im Westerwald sei es nicht besser oder gieren würden. Geschlossen wünschen sich die schlechter als anderswo und sie warnen vor Verbandsgemeindebürgermeister für Jugendli- falscher Dramatisierung. Auch sei fraglich, ob che eine berufliche und private Zukunftsper- tatsächlich die Delikte zugenommen hätten, spektive innerhalb der Region und fordern oder ob nur genauer hingesehen und häufiger Jugendliche auf, sich an Problemlösungen aktiv angezeigt würde. Trotz solcher Relativierung sei zu beteiligen. aber das Drogenproblem eine ernstzunehmen- de Herausforderung für Politik und Jugendar- Die Jugendexperten wie auch die Problem- beit. experten sehen die Situation Jugendlicher im Gewaltprobleme nähmen ebenfalls zu, auch Westerwaldkreis relativ einheitlich: Jugendliche hier warnen die Jugend- und Problemexperten leben im Westerwaldkreis nicht besser oder eher vor Dramatisierung, ohne die dahinter ver- schlechter als woanders. Einzelne bewerten die muteten Fragen wie Zukunftsängste und man- Schul- und Ausbildungssituation zwar als nega- gelnde Integration ausländischer Jugendlicher tiv aber die meisten Experten sehen gute Chan- zu verharmlosen. cen für Jugendliche in diesem Bereich. Alle betonen die schlechte Verkehrsinfrastruktur, ein Das politische Engagement und Interesse massives Mobilitätsproblem der Jugendlichen Jugendlicher wird allgemein als enttäuschend und erhöhte Anforderungen an deren Flexibili- gering eingeschätzt, nur für die ureigensten Be- tät. Die Jugendexperten sind der Ansicht, daß lange seien Jugendliche noch bereit, sich zu die Jugendlichen im Westerwaldkreis doppelt aktivieren. benachteiligt sind: Sowohl die fehlende Mobili- tät als auch die zunehmend problematischer Gefragt nach ihren Wünschen für die Ju- werdende soziale Situation innerhalb der Fami- gendlichen im Westerwaldkreis lassen sich die lien schränkten die Jugendlichen ein. Eine „heile Antworten deutlich unterscheiden: Welt“ gäbe es auch auf dem Lande nicht mehr. Alle Jugendexperten sind sich einig, daß die · Die Bürgermeister wünschen sich in erster vorhandenen Angebote an kommunaler Ju- Linie ausreichende (Aus-) Bildung der Jugendli- gendpflege und Jugendarbeit zwar gut sind, chen; es müsse für Jugendliche eine reale aber weder ausreichend noch flächendeckend Chance geben, im Westerwald zu bleiben und dem Bedarf entsprechen. Vorhandene Angebote dort "Karriere" zu machen; auch sollten Ju- konzentrieren sich meist auf größere Orte in- gendliche die Lösung ihrer Anliegen und Prob- nerhalb der Verbandsgemeinden und können leme aktiv in die eigenen Hände nehmen. von den Jugendlichen der kleineren Gemeinden · Die Jugendexperten wünschen sich vor nicht oder nur nachdem zuvor das Mobilitäts- allem eine Verbesserung der Jugendarbeit, problem gelöst ist, wahrgenommen werden. flächendeckende Jugendräume, mehr offene Nach Ansicht der Jugendexperten greifen die Angebote und einen besseren ÖPNV, damit Jugendlichen in den kleineren Gemeinden u.a. Jugendliche diese Angebote auch erreichen. Vor aus diesem Grund verstärkt auf das Vereinsan- allem aber appellieren sie an Eltern und Lehrer, gebot zurück. Die Problemexperten äußern sich mehr Verständnis für die Belange und Wünsche zu diesem Bereich weitgehend ähnlich, betonen Jugendlicher aufzubringen. Von der Politik er- jedoch, daß sozial benachteiligte Jugendliche warten sie ein Jugendforum, an dem Jugend- von den vorhandenen Vereinsangeboten kaum liche aktiv beteiligt sind und das sie nach eige- Gebrauch machen. nen Vorstellungen mitgestalten können. Drogen und Gewalt werden von allen Exper- · Die Problemexperten äußern ähnliche Wün- ten an erster Stelle der Probleme genannt, die sche, betonen darüber hinaus den Bedarf an Jugendliche machen: Arbeitsplätzen, an Integration ausländischer Drogendelikte hätten in den vergangenen Jah- Jugendlicher und an Hilfsangeboten bei Prob- ren stark zugenommen, so die Experten und lemen. Expertinnen, allerdings beunruhigt dies die Bür-

56 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL V

5. Schlußfolgerungen, Empfehlungen und Perspektiven

Ob Jugend als Minderheit gesehen oder als Zu- · Jugend braucht Bildung kunft geschätzt wird, von der jeweiligen Sicht · Jugend braucht Räume und Mobilität hängt ab, wie Befunde und Schlußfolgerungen · Jugend braucht Demokratie und Partizipation dieser Jugendstudie bewertet werden. Nach einer · Jugend braucht Erwachsene kurzen Vorbemerkung zu diesen verschiedenarti- · Gegen Rechts – für Integration gen Sichtweisen von Jugend und den Belangen Unter der letzten Überschrift werden zusam- junger Menschen in einem Gemeinwesen sollen menfassend Anforderungen an eine Politik der Anregungen und Hinweise, die aus dieser Ju- Integration diskutiert und auf aktuelle Fragen der gendstudie deutlich werden unter den Stichwor- Abwehr rechtsradikaler und fremdenfeindlicher ten vorgestellt: Parolen und Gewalt eingegangen.

5.1 Jugend als Minderheit oder Jugend als Zukunft?

Welche Bedeutung die vorgestellten Ergebnisse 19jährigen an der gesamten Bevölkerung von und Schlussfolgerungen in der Jugendpolitik des 8,32%; dieser Anteil wird sich lt. Prognose bis Westerwaldkreises gewinnen, wird von der 2012 auf 7,44% verringern. In Zahlen bedeutet grundsätzlichen Perspektive abhängen, aus der das, daß in 12 Jahren 1.800 Jugendliche weniger heraus Jugend gesehen wird. Zur Zeit sind zwei im Westerwald leben werden als noch zur Zeit. Optionen erkennbar, die Situation und Anliegen Nur jeder 13. Westerwälder ist dann noch Ju- Jugendlicher zu bewerten: gendlicher, heute ist es noch jeder 11. Gerade die Anliegen und Interessen Jugendlicher werden (1) Jugend als Minderheit in Konkurrenz zu denen anderer Alters- und Be- Jugendliche werden mehr und mehr zu einer völkerungsgruppen an Bedeutung abnehmen, Minderheit in der Bevölkerung auch im Wester- zumal die unter 18jährigen auch noch nicht als wald-Kreis. Die amtliche Bevölkerungsstatistik Wahlbürger interessant sind. zeigt für 1998 noch einen Anteil der 12 bis

Anteil der Jugendlichen im Westerwaldkreis an der Gesamtbevölkerung

4,0% 7183

5955 3,5%

3,0% 4677 4456 4800 4477 2,5%

2,0%

1,5%

1,0%

0,5%

0,0% 12 bis 14 Jahre 15 und 16 Jahre 17 und 18 Jahre

Anteil an der Gesamtbevölkerung1998 Anteil an der Gesamtbevölkerung 2012

57 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL V

(2) Jugend als Zukunft und Lebensvorstellungen statt Zurückweisung Nur ein Drittel der heute 12-18jährigen wissen und Abwertung sowie der Wille zum Ausgleich heute schon sicher, daß sie auch als Erwachsene statt Konfrontation schaffen in Familien wie in im Westerwald leben und arbeiten wollen. Dieser Gemeinwesen Bindungen, die Zukunft sichern Befund ist normal und muß nicht beunruhigen, und Rückkehr ermöglichen. wer wollte als junger Mensch nicht „in die Welt hinaus“. Aber dieser Befund macht auch nach- Wie sehr sind die heute erwachsenen Generatio- denklich, zeigt er doch die Notwendigkeit, um nen im Westerwald an der Jugend interessiert, junge Menschen zu werben. Jugendliche haben weil sie in ihr auch die Zukunft der Kultur und Wünsche und Interessen, die auch anstrengend Wirtschaft des Westerwaldes sehen? Was sind und kostspielig sind, davon wissen die meisten Erwachsene heute bereit, für diese Zukunft zu Eltern „ein Lied zu singen“. Nicht jeder Wunsch tun? Antworten auf diese Fragen werden über muß erfüllt werden, aber eine ernsthaft Ausei- den Stellenwert der Jugendpolitik im Westerwald nandersetzung um unterschiedliche Interessen entscheiden.

5.2. Jugend im Westerwald braucht Räume und Mobilität

Jugendliche benötigen in ihrem Umfeld Räume, Treffmöglichkeiten z. B. in Form von Jugendräu- durch welche die Welt für sie erfahrbar wird. men und Freizeitangeboten zur Verfügung zu Gemeint sind neben konkreten Räumlichkeiten stellen, damit Jugendliche nicht gezwungen sind, (Raum zum Spielen, „Abhängen“, Kreativität allein auf kommerzielle Angebote ausweichen zu usw.) auch öffentliche Räume sowie Zugangs- können. möglichkeiten zu Kontakten, Erfahrungs- und Erlebnisräumen (z. B. "Half-Pipe" in öffentlichen Die Jugendlichen selbst wissen um die Notwen- Grünanlagen, Nutzung öffentlicher Plätze). digkeit von erreichbaren, nichtkommerziellen Treff- und Erlebnismöglichkeiten: Befragt nach Zwar stehen Jugendlichen sowohl in Vereinen dem Veränderungsbedarf am Wohnort antworten und Verbänden als auch in einzelnen Jugendhäu- insgesamt 46,3% der Jugendlichen mit Vorschlä- sern und Jugendtreffs Räume zur Verfügung, die gen aus den Bereichen Jugendräume, Erlebnis- Auswertung der Jugendbefragung hat aber für räume und Jugendarbeit. den Westerwaldkreis einen deutlichen Mangel an geeigneten (Jugend-)Räumen sichtbar gemacht: Besonders groß ist der Bedarf an angemessenen Die überwiegende Mehrzahl gibt an, sich in der Raumangeboten in eher kleinen Ortschaften, die Freizeit häufig am Wohnort (52,8%) bzw. in pri- außer der örtlichen Bushaltestelle kaum Treff- vaten Räumen (28,6%) zu treffen. Jugendräume möglichkeiten und somit kaum Unterstützung für als Treffmöglichkeit werden nur in 47,2% aufge- die Pflege der für Jugendliche so immens wichti- sucht. Diese Zahlen müssen in Relation zu den gen sozialen Kontakten bieten. Erschwert – aber Angaben über vorhandene Jugendräume gese- zugleich auch entschärft – wird die Situation der hen werden, denn 54,8% geben an, an ihrem Jugendlichen durch ihre lokale Bindung: Die Un- Wohnort keine Räumlichkeiten, die von Jugendli- tersuchung hat gezeigt, daß – besonders in klei- chen genutzt werden können, zur Verfügung zu nen Orten – die Bereitschaft Jugendlicher groß haben. 40,5% der Jugendlichen, an deren ist, sich für die Einrichtung und Unterhaltung Wohnort Jugendräume zur Verfügung stehen entsprechender Räumlichkeiten intensiv zu enga- bewerten die Nutzbarkeit dieser Räume schlecht; gieren: 67% aller befragten Jugendlichen im davon sogar 14% mit mangelhaft, 18,8% mit Westerwaldkreis sind spontan bereit, selbstver- ungenügend. antwortlich an der Verwaltung von Jugendräu- men im Wohnort mitzuwirken. Die Ausgehzeiten der Jugendlichen, die jeden Abend (20,5%) bzw. so oft sie wollen (28,1%) Dort wo Räume für Jugendliche vorhanden sind, ausgehen dürfen unterstreichen die Dringlichkeit, benötigen junge Menschen Unterstützung statt

58 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL V

Kontrolle, um den eigenverantwortlichen und befragten Jugendlichen geben Cliquenzugehörig- selbstbestimmten Umgang mit öffentlichen Res- keit als die wesentliche soziale Bindung außer- sourcen zu erlernen. Eingegrenzt von unflexiblen halb der Familie an. Es ist unerläßlich, die Ju- Öffnungszeiten oder festen Raumkonzepten wird gendlichen intensiv und partizipatorisch in den nicht selten in bestehenden Jugendeinrichtungen Planungsprozeß einzubinden (vgl. 5.3. Jugend den verschiedenartigen Bedürfnissen bzw. kurz- braucht Demokratie und Partizipation). fristigen Nutzungs- und Gestaltungswünschen junger Menschen kaum Rechnung getragen so Für die Lebens- und Freizeitsituation von Jugend- die Antworten der befragten Jugendexperten. lichen im Westerwaldkreis hat – die ohnehin er- Jugendliche sind gezwungen, in ihrer Freizeit- forderliche – Cliquenarbeit zusätzliche Aktualität gestaltung entweder auf Konsumangebote zu- und Brisanz: Jugendliche stehen hier – wie un- rückzugreifen. Jugendlichen eigene Räume zur serer Befragung gezeigt hat – aufgrund ihres Verfügung zu stellen, bedeutet zugleich, einen Mobilitätsbedarfs unter zusätzlichem Anpas- Beitrag zur Suchtprävention und Gewaltprophyla- sungsdruck an vorhandene Cliquenstrukturen xe zu leisten. und können durch solche Abhängigkeiten in Ge- fahr geraten, sich gewaltorientierten und/oder Für die Einrichtung oder Ausweisung geeigneter drogenkonsumierenden Cliquen anzuschließen. Jugendräume bietet besonders der ländliche Lebensraum eine Vielzahl von Möglichkeiten: Es Cliquenorientierte Jugendarbeit (vgl. 6.5. Cli- dürfte z.B. relativ unproblematisch sein, einen quenarbeit für Jugendliche) als innovativer An- geeignet Standort für eine Schutzhütte oder ei- satz der Verbesserung jugendlicher Lebens und nen Bauwagen zu finden, viele ehemals landwirt- Freizeitsituation im Westerwaldkreis bietet viel- schaftlich genutzte Gebäudeteile stehen leer und fältige interkulturelle Möglichkeiten, kann die sind häufig auch soweit abgelegen, daß die dringend erforderliche Integration Jugendlicher Lärmbelästigung relativ gering ausfallen dürfte. ausländischer Herkunft unterstützen und zugleich dem auf ihnen lastenden, erheblichen Anpas- Die Antworten der Jugendlichen zeigen den Be- sungsdruck (60%) begegnen. darf an Treffpunkten und Erlebnisräumen in der Region, die Aussagen der Experten offenbaren, Die Jugendbefragung hat ebenso wie die Exper- wie weit diese in ihren Einschätzungen z.T. von teninterviews den engen Zusammenhang zwi- der Lebensrealität der Jugendlichen entfernt sind schen dem nicht gedeckten Bedarf an Räumlich- (z. B. Einbindung und Wahrnehmung von Ver- keiten und den erhöhten Mobilitätsanforderun- einsangeboten) bzw. welchen erhöhten Bedarf an gen Jugendlicher im Westerwaldkreis gezeigt. Vor Treff- und Erlebnisräumen speziell sozial benach- allem zur Freizeitgestaltung sind Jugendliche teiligte Jugendliche haben. neben dem im ländlichen Bereich kaum noch In Gemeinden die noch ohne Jugendräume sind, vorhandenen öffentlichen Personennahverkehr sollten unter Mitwirkung von Jugendlichen, El- weitgehend auf privat organisierte Mobilität an- tern, interessierten Mitbürgern, Vereinen (deren gewiesen, um zu Angeboten der Jugendarbeit zu Angebote trotz hoher Mitgliedschaftszahlen kommen. Nur selten kommt Jugendarbeit „mobil“ (62%) lt. unserer Befragung nur von 19,8% der zu ihnen (z. B. das Projekt „Landgänger“ in der Jugendlichen regelmäßig genutzt werden) und Verbandsgemeinde Selters). vernetzt durch Jugendpflege und Kommunalpoli- tik dringend neue Aufenthalts- und Erlebnisräume Ohne diesen unumgänglichen Mobilitätsaufwand geschaffen werden. werden soziale Kontakte behindert und der wich- tigste Lebensbereich Jugendlicher extrem be- Jugendräume sind sowohl gem. §9(3) KJHG (SGB schnitten. Mobilität – gleich ob privat oder durch VIII), entsprechend der unterschiedlichen Le- den ÖPNV organisiert – ist mit erhöhtem Kosten- benslagen von Mädchen und Jungen zu konzi- und Organisationsaufwand verbunden und damit pieren als auch den unterschiedlichen Bedürfnis- besonders für Jugendliche aus sozial schwäche- se der für Jugendliche so wichtigen Zusammen- ren Familien ein zusätzlich benachteiligender schlüsse in Cliquen anzupassen (vgl. 6.5. Cli- Faktor. quenarbeit für Jugendliche), denn über 75% aller

59 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL V

Jugendliche auf dem Land sind gegenüber auch in den dünn besiedelten Regionen eines jungen Menschen in der Stadt mehrfach Flächenkreises ein flächendeckendes Netz er- benachteiligt: Die unzureichende Anzahl der reichbarer Treffmöglichkeiten für Jugendliche, die zugänglichen und gestaltbaren Treff- und Erleb- sich ohnehin auf Kinderspielplätzen, an Bushalte- nisräume verhindert wichtige Erfahrungen im stellen oder sonstigen auch nur annähernd ge- jugendlichen Entwicklungsprozeß. Der Versuch, eigneten Stellen treffen. Zusätzlich zu diesen solche Räume und Räumlichkeiten durch erhöhte Treffmöglichkeiten müssen weitere Angebote an Mobilitätsbereitschaft aufzusuchen, kann nur Erfahrungs- und Erlebnismöglichkeiten im Sinne begrenzt gelingen: Mobilität ist mit Kosten und „Mobiler Jugendarbeit“ (z.B. Jugendarbeit mit sozialen Anpassungsleistungen (im Positiven wie eigenem Fahrzeug, um gemeinsam Distanzen zu im Negativen) verbunden, die wiederum Einfluß überwinden, umgebaute Busse oder LKWs, Bau- auf die persönliche Entwicklung der Jugendlichen wagen, aufsuchende Angebote in vorhandene haben. Ohnehin zur Mobilität gezwungen, deuten Räumlichkeiten etc.) aufgebaut werden. Jugend- erstaunlich viele Jugendliche (1/3 der Befragten) liche brauchen jenseits von Konsumangeboten im Westerwaldkreis diese Lebensphase als vorü- kleinräumige, wohnortnahe Angebote der Ju- bergehend und planen ihren Wegzug aus den gendpflege, die ihrer persönliche Entwicklung, Wohnorten also aus den zuvor als außerordent- ihre Freizeitgestaltung und ihren Beratungsbedarf lich wichtig benannten sozialen Zusammenhän- unterstützen und sich außerdem für ihre Belange gen. Sie nehmen den Verlust sozialer Beziehun- im Gemeinwesen einsetzen. gen in Kauf und sehen die biographische Ent- wicklungsphase Jugend auch als eine Wartezeit Kommunalpolitik und Jugendarbeit im Wester- auf bessere Lebensbedingungen. waldkreis sind daher gefordert, für die Jugendli- chen sich ergänzende, alters-, zielgruppen- und Um Jugendlichen ein altersgemäßes Angebot an themenspezifische sowie offene Angebote und erreichbarer Freizeitgestaltung zu ermöglichen, Aktivitäten zu installieren und dabei ganz beson- sind Jugendarbeit und Kommunalpolitik gefor- ders die spezifische Lebenssituation auf dem dert, sich gegenüber den Belangen der nach- Land zu berücksichtigen. Entscheidend ist, daß wachsenden Generation zu öffnen und die Le- die Entwicklung und Organisation eines bedürf- bens- und Freizeitsituation Jugendlicher im Wes- nisorientierten, erreichbaren und räumlichen terwaldkreis – zugunsten der Entwicklungsför- Ansprüchen genügenden Angebotes durch die derung junger Menschen – deutlich attraktiver zu Vernetzung aller Anbieter (Jugendpflege, Verei- gestalten. Nicht jeder Ort muß Möglichkeiten für ne, Verbände, Kirchen, Schulen etc.) und der jede neue Trendsportart bieten, aber in jedem kommunalen Verantwortlichen auf politischer Ort kann ein Treffpunkt, ein Jugend-Raum ge- Ebene optimiert wird. Eine gezielte Partizipation schaffen werden. Diese Orte und Räume ergeben der Jugendlichen ist dabei unerläßlich.

5.3. Jugend braucht Demokratie und Partizipation

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, daß Ju- bekunden fast 57% der befragten Jugendlichen gendliche im Westerwaldkreis eine hohe Bereit- Interesse an der Teilnahme an einem Diskussi- schaft haben, sich in eigenen Belangen zu enga- onsforum zur Sammlung von Ideen für die Ver- gieren: 64,3% würden sofort in einer Jugend- besserung der Jugendfreizeitsituation im Wes- gruppe im Wohnort an der Gestaltung von Frei- terwaldkreis. Kommunalpolitiker und Jugendex- zeitaktivitäten teilnehmen. Diese Bereitschaft gilt perten sind gefordert, sich mit den Wünschen es ernst zu nehmen und zu fördern, statt unge- und Bedürfnissen der nachwachsenden Generati- rechtfertigt abzuwerten und gering zu schätzen, on in der Region auseinanderzusetzen und die wie dies z.T. die Ergebnisse der Expertenbefra- Belange von Jugendlichen auch außerhalb von gung zeigen. Entgegen deren Einschätzung des Veranstaltungen zur Umsetzung der „Lokalen generellen Desinteresses Jugendlicher an Politik Agenda 21“ zu thematisieren. Partizipation muß

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ermöglicht werden, damit sich junge Menschen sche Zwecke und ein Mißbrauch zum symboli- angemessen an demokratischen Prozessen und schen Akt bei Erwachsenenveranstaltungen wird der Vertretung ihrer Interesse beteiligen lernen. schnell durchschaut, wirkt demotivierend, und Nur so kann die scheinbare (!) Ablehnung von verhindert geradezu die erwünschte demokrati- Politik - 71,1% geben an, kein Interesse am lo- sche Erziehung. kalen politischen Geschehen zu haben und 55,8% interessieren sich nicht für die lokalpoliti- Ernst gemeinte Partizipation beinhaltet die Be- sche Berichterstattung in der Westerwälder- reitschaft der Planungsträger, die Wünsche und Zeitung oder im WW-TV - zugunsten der ebenso Bedürfnisse junger Menschen zu verwirklichen hohen Beteiligungsbereitschaft (s.o.) aufgelöst und dabei eigene Vorteile in den Hintergrund zu werden. stellen. Dies kann nur gelingen wenn eine kom- petente personelle und ausreichende finanzielle Die Antworten der Jugendlichen geben Hinweise Ausstattung sichergestellt ist. auf erfolgversprechende Partizipationsansätze: Fast 60% sind der Meinung, daß Kinder und Ju- (2) Institutionalisierung und Kontinuität gendliche auf Gemeindeebene an der Gestaltung Partizipationsangebote dürfen keine Ausnah- ihres Lebens- und Freizeitumfeldes und an der meerscheinung bleiben, sondern müssen zum Lösung von Problemen beteiligt werden sollten, Regelfall werden, damit Jugendliche demokrati- 38,3% wünschen Beteiligung auf Verbandsge- sche Kultur entwickeln können. Nur eine Gesell- meindeebene und knapp 17% der Befragten schaft, in der Partizipation langfristig und konti- auch auf Kreisebene. Die Staffelung zeigt, daß nuierlich erfolgt, erzieht junge Menschen zu Mit- ein Schwerpunkt der Partizipationsförderung auf bestimmung und Mitverantwortung und stattet kleinräumigen Projekten in den einzelnen Ge- sie mit Kompetenzen aus, die für eine bewußte meinden liegen muß, aber Möglichkeiten und Gestaltung ihrer Zukunft erforderlich sind. Angebote großräumiger Beteiligung keinesfalls vernachlässigt werden darf. Die rheinland-pfälzische Gemeindeordnung bein- haltet bereits die gesetzliche Grundlage für die Soll Beteiligung gelingen, sind sowohl im Vorfeld Entwicklung und Installation von entsprechenden der Planung als auch im Beteiligungsprozeß be- Partizipationsmöglichkeiten: „Die Gemeinde soll stimmte Kriterien von entscheidender Bedeutung. bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen Die im folgenden aufgeführten Aspekte sind als von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in Anregung und Hinweis für die Diskussion um angemessener Weise beteiligen. Hierzu soll die angemessene Partizipationsformen gemeint und Gemeinde über die in diesem Gesetz vorge- beziehen sich hauptsächlich auf projektorientierte sehene Beteiligung der Einwohner hinaus Beteiligungsformen, die sich aufgrund ihrer Al- geeignete Verfahren entwickeln und tersangemessenheit und des initiierenden Cha- durchführen.“ (§ 16c GemO, Hervorheb. d. d. rakters als geeignet erwiesen haben. Verf.)

(1) Ernstcharakter von Partizipation (3) Kooperation Beteiligungsangebote dürfen Jugendlichen nur Für die erfolgreiche Realisierung eines Partizipa- dann unterbreitet werden, wenn die Planungsträ- tionsprojektes ist eine Vernetzung aller Beteilig- ger ernsthaft an deren Interessen, Wünschen ten erforderlich. Fachleute (Politik, Verwaltung, und Bedürfnissen interessiert sind und diese auch Jugendarbeit) und Jugendliche müssen schon im berücksichtigen wollen. Partizipationsangebote, frühen Stadium der Planung miteinander koope- die lediglich der öffentlichkeitswirksamen Dar- rieren und sich gegenseitig unterstützen, damit stellung der Kommune und der Profilierung er- Synergieeffekte erzielt werden können. wachsener Kommunalpolitiker und Fachleute dienen und dementsprechend keine echten Teil- Eine Integration kommunaler Organisationen, die habechancen bieten, verfehlen ihren ursprüngli- für die Interessenvertretung junger Menschen chen Sinn der Interessendurchsetzung junger zuständig sind, (z. B. Jugendamt, Jugendverbän- Menschen. Eine Instrumentalisierung der betei- de, Jugendringe), ist weitaus effektiver als ein ligten Jungen und Mädchen für kommunalpoliti- Alleingang nur einer Institution – wobei durch

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Themen- und Projektorientierung eine Über- Öffentlichkeitsarbeit darf nicht nur auf vorhande- frachtung an Interessenvertretungen vermieden ne Kompetenzen zurückgreifen, sondern muß werden muß. Kommunale Entscheidungsträger auch ganz gezielt vorhandenes Potential fördern (Bürgermeister, Gemeinderäte) sind frühzeitig und unterstützen – wie dies z. B. im Praxissemi- über die Arbeit zu informieren und in die Reali- nar „Schülerzeitungen im Westerwald: Wir reden sierung zu integrieren. mit – wir machen mit!“ des AWO-Bildungswerks im Rahmen der Jugendstudie geschehen ist. (4) Öffentlichkeitsarbeit Partizipationsprojekte benötigen intensive und (5) Aktivierung von Betroffenen umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit, damit Ju- Damit Beteiligungsangebote auf Resonanz sto- gendliche sich ihrer Chancen gewahr werden und ßen, müssen die Planungsträger von Partizipati- Erwachsene Vorurteile abbauen können. Mit onsprojekten Themen aus dem Alltag von Ju- wachsender Bekanntheit eines Projektes steigen gendlichen aufgreifen und sich – auch wenn sie seine Umsetzungschancen und wächst das politi- z. B. geschlechtsspezifisch oder altersorientiert sche und demokratische (!) Selbstbewußtsein konzipiert sind – unabhängig von Schichtzugehö- von Jugendlichen. rigkeit, Nationalität und Schulbildung grundsätz- lich an alle Jugendlichen einer Kommune richten. Öffentlichkeit kann über Plakate, Flugblätter, Um möglichst viele Jugendliche einer (z. B. be- ausführliche (lokale) Pressemeldungen, aktivie- nachteiligten) Zielgruppe zu erreichen, muß eine rende Befragungen, Straßenaktionen und aufsu- zielgruppenspezifische Informationspolitik entwi- chende (mobile) Jugendarbeit gewonnen werden ckelt und betrieben werden. oder aber wie der im Rahmen der vorliegenden Studie durchgeführte AWO Jugend- und Schüler- (6) Direkte und umfassende Beteiligung wettbewerb „Jung sein im Westerwald: Wir reden Beteiligung muß umfassend und direkt auf mög- mit - wir machen mit!", direkt und sehr konkret lichst vielen Ebenen geschehen und mit Konse- Beteiligung ermöglichen: Jugendliche zwischen quenzen verbunden sein. Jugendliche sind früh- 13 und 19 Jahren im Westerwaldkreis waren zeitig einzubeziehen, damit sie in allen Phasen aufgefordert ihre Erfahrungen, inwiefern sie ihre eines Projektes beteiligt werden können. Sie Interessen in Schule, Ausbildung und Freizeitakti- müssen die Möglichkeit erhalten, ihre Probleme vitäten mitgestalten und mitbestimmen können, und Bedürfnisse zu äußern und bei der Auswahl schriftlich zu thematisieren und zu kritisieren. der zu verhandelnden Themen und der anzu- Diese Form der Beteiligung an Öffentlichkeitsar- wendenden Methoden mitbestimmen zu können. beit sollte zeigen, welche Mitbestimmungsprob- Dies erfordert Flexibilität und Offenheit der Pla- leme und -wünsche Jugendliche in der Region nungsträger gegenüber den Vorschlägen und gegenwärtig haben, und wie sie ihre Belange Ideen der beteiligten Jugendlichen. tatsächlich vertreten sehen. Ernst gemeinte Partizipation darf keinesfalls mit Der Anreiz, durch die Teilnahme sowohl Gehör dem Eingang der erarbeiteten Projektergebnisse für die Einschätzung der Beteiligungsmöglichkei- in kommunalen Entscheidungsgremien enden, ten an der Gestaltung und Veränderung der ei- sondern muß Jugendlichen auch die Realisierung genen Lebenssituation zu finden wie auch einen ihrer Arbeitsergebnisse ermöglichen. Wurde bei- der vom AWO-Jugendwerk ausgeschriebenen spielsweise die Bereitstellung von Jugendräumen Reise- oder Sachpreise zu gewinnen hat trotz der durchgesetzt, sollten Jugendliche aktiv an Ges- zeit- und arbeitsintensiven Aufgabenstellung eine taltung und künftiger Organisation beteiligt wer- breite Beteiligung gefunden. den. Ein gelungener Partizipationsprozeß sollte Der Wettbewerb hat gezeigt, daß Jugendliche mit einer umfassenden Evaluation des Beteili- nicht nur bereit sind, sich zu beteiligen und öf- gungsverfahrens enden. fentlich zu artikulieren sondern darüber hinaus auch keine Scheu vor der Beurteilung ihrer Dar- Ein besonders gelungenes Partizipationsprojekt stellung durch eine Fachjury haben. ist das Rheinland-Pfälzische Modellprojekt „Mäd- chen mischen mit. Ein Partizipationssmodell für Mädchen im ländlichen Raum.“ In diesem vom

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Ministerium für Kultur, Jugend, Familie und Frau- Eine nötige Konsequenz zur Bestätigung und en des Landes Rheinland-Pfalz und dem Land- Förderung eines grundlegenden Demokratiever- kreis Südwestpfalz in der Gemeinde Geiselberg ständnisses ist – aufgrund der Ergebnisse der durchgeführten zweijährige Projekt aktivierte die vorliegenden Jugendstudie – die gezielte und Ernsthaftigkeit der Projektarbeit und deren er- konsequente Integration Jugendlicher in die Ver- folgreiche Umsetzung trotz der Konzentration auf antwortung und Entscheidungsfindung aller sie die Partizipation von Mädchen alle Jugendlichen betreffenden Belange auf allen kommunalen der Kommune, indem die unter Begleitung von Ebenen. Zur Umsetzung dieser Forderung sind – zwei Pädagoginnen von den Mädchen erarbeite- wieder ganz im Sinne der „Lokalen Agenda 21“ – ten Raumveränderungen (Jugendhaus und Skat- weitgreifende Umdenkprozesse und Verhaltens- erbahn) gemeinsam und mit Unterstützung der änderungen auf (erwachsener) politischer Seite Kommune verwirklicht wurden (vgl. MKJFF nötig. 1997). (8) Bedürfnisorientierung Aber auch jenseits von einzelnen Projekten ist Da Partizipationsangebote auf freiwilliger Teil- umfassende und direkte Partizipation unerläßliche nahme basieren, müssen sie sich in erster Linie Grundlage, Jugendliche zu beteiligen und ihnen an den Bedürfnissen der Jugendlichen orientie- ein umfassendes Demokratieverständnis näher zu ren, diese in der Artikulation ihrer Interessen bringen: Die vorliegende Studie zur Lebens- und unterstützen, ihnen Verantwortung übertragen Freizeitsituation von Jugendlichen im Wester- und trotz Konfliktpotential gemeinsam ausgehan- waldkreis hätte ohne die direkte Beteiligungsbe- delte, umsetzbare Ergebnisse in ihrem Interesse reitschaft der Jugendlichen (Beantwortung der erlauben. Fragebögen) nicht zustande kommen können und wäre ohne den „AWO-Schüler- und Jugendwett- (9) Zielgruppenorientierung bewerb“ oder den „AWO-Jugendtag“ anläßlich Lebenslagen und Bedürfnisse junger Menschen der Vorstellung der Jugendstudie „Jung sein im unterscheiden sich erheblich voneinander. Parti- Westerwald“ (31.5.00 in Wirges) hinter ihren zipationsangebote müssen auf die verschiedenen Ansprüchen zurückgeblieben: Während des Ju- Probleme, kulturellen Stile und Kompetenzen der gendtages hatten Jugendliche im Westerwald- Jugendlichen abgestimmt sein. Auch Alter, Ge- kreis u.a. Gelegenheit, sich an den auf Grundlage schlecht und Nationalität haben Einfluß auf Mög- der Erhebungsergebnisse konzipierten Diskussi- lichkeiten und Bedürfnisse junger Menschen und onsforen (z. B. zum Thema Drogen) gemäß ihrer sind in der Ausgestaltung einzelner Projekte Interessen zu beteiligen. (Zeitrahmen, Methoden) unbedingt zu berück- sichtigen, um vorhandene Kompetenzen zu för- (7) Demokratische Diskursformen dern und Überforderung zu vermeiden – ein Die in Partizipationsprozessen herrschenden Dis- Grund, warum projektorientierte Partizipation so kursformen sind von zentraler Bedeutung für das erfolgreich arbeitet und parlamentarische Modelle Demokratieverständnis junger Menschen. Pla- häufig scheitern. nungsträger und Beteiligte solcher Prozesse ha- ben von vornherein unterschiedliche Interessen, Um Benachteiligungen abzubauen und Gleichbe- ungleiche Macht und ungleichen Status, so daß rechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern, sich Konflikte zwischen den verschiedenen Inte- sind besonders die unterschiedlichen Lebensla- ressengruppen zwar nicht vermeiden lassen aber gen und Bedürfnisse der Geschlechter in der unbedingt – jugendgerecht – thematisiert und als Konzeption von Partizipationsprojekten zu be- Antriebskraft für positive Veränderungen genutzt rücksichtigen (§ 9(3) KJHG). So müssen gemäß werden müssen. Umverteilung von Macht – auch der Aussagen der Jugendlichen besonders mäd- und gerade auf die beteiligten Jugendlichen – ist chengerechte Partizipationsprojekte gefördert unabdingbar, um ihnen ernsthafte Entschei- werden, um deren geringere Beteiligungsbereit- dungskompetenzen und Teilhabemöglichkeiten schaft (2 - 4%) auf kommunalpolitischen Ebenen einzuräumen. auszugleichen und ihre Bereitschaft, auch auf verantwortlichen Ebenen (Vorstandstätigkeit) im Jugendfreizeitbreich mitzuarbeiten, zu fördern:

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Laut der Befragung sind 34% der Jungen und sich nur unter schwierigen Verhandlungen ein 26% der Mädchen zur Vorstandsarbeit bereit. Konsens finden läßt. Eine Aushandlung darf je- Umgekehrt proportional ist das Verhältnis im doch auch unter schwierigen Bedingungen nicht Bezug auf Tätigkeiten im Bereich Gestaltung und vermieden werden und muß in jedem Fall unter Wartung von z. B. selbstverwalteten Jugendräu- Berücksichtigung demokratischer Diskursformen men: Hier sind 60% der Mädchen und 53% der stattfinden, da ansonsten die Gefahr der Domi- Jugend bereit, sich an der Raumgestaltung zu nanz einzelner Cliquen besteht. beteiligen. 33% der Mädchen und 38% der Jun- gen würden sich an der Wartung von Jugend- Die Relevanz cliquenbezogener Jugendarbeit im räumen beteiligen – ohne nähere Aussagen dar- Zusammenhang mit Demokratisierungsprozessen über zu machen, was genau sie unter „Wartung“ Jugendlicher zeigen die Antworten in der Befra- verstehen. Die Vermutung liegt nahe, daß Mäd- gung auch im bezug auf Fremdenfeindlichkeit chen sich eher für den Bereich Sauberkeit und und Gewaltbereitschaft Jugendlicher: 37% der Ordnung zuständig fühlen würden während Jun- deutschen Jungen und 24% der deutschen Mäd- gen wahrscheinlich eher handwerklich-technische chen geben an, nur dann Probleme mit ausländi- Belange als „Wartung“ werten. schen Jugendlichen zu haben, wenn diese in Cliquen auftreten. Da aber 75% aller befragten Partizipationsprojekte müssen auch auf die Be- Jugendlichen Cliquenzugehörigkeit als wesentli- sonderheiten der Situation von Jugendlichen aus ches Element der Freundeskreis- und Freizeit- Migrantenfamilien einstellen und einlassen, ohne gestaltung angeben, ist anzunehmen, daß sich besondere Eigenarten von vornherein unterstel- Schwierigkeiten zwischen deutschen und auslän- len. Dort wo sie relevant sind, beeinflussen z. B. dischen Jugendlichen wie auch - unabhängig von geschlechtsspezifische Rollenerwartungen die der Nationalität der Jugendlichen - in der Be- Partizipationschancen ausländischer Mädchen gründung körperlicher Auseinandersetzungen oder hat ein anderes Autoritätsverständnis Aus- (48%) generell unter Bedingungen der Cliquen- wirkungen auf den Partizipationsprozeß, der zugehörigkeit verschärfen und hier entsprechend dementsprechend reflektiert und gestaltet wer- ein erheblicher, aber in der Situation von Mäd- den muß. chen und Jungen signifikant verschiedener, De- Die große Bedeutung von Cliquen für den Le- mokratisierungsbedarf unter fachlicher, pädagog- bensalltag von Jugendlichen (vgl. 6.5. Cliquenar- sicher Anleitung (z. B. Partizipationsprojektlei- beit für Jugendliche) muß in Partizipationsprozes- tung) besteht. sen ernst genommen und akzeptiert werden. Versuche, die zu beteiligenden Jungen und Mäd- (10) Einstiegsmöglichkeiten chen gemäß eigener Zielgruppendefinitionen zu Die Jugendbefragung im Westerwaldkreis bietet organisieren, sind erfahrungsgemäß zum Schei- z. B. über die Aussagen über Beteiligungsbereit- tern verurteilt und daher zu vermeiden. Statt schaft (Diskussionsforen, Jugendräume, Cliquen- dessen müssen Partizipationsanbieter die Chan- bedeutung) einen geeigneten Einstieg für an- cen nutzen, die sich durch eine Zusammenarbeit schließende, kleinräumigere Partizipationspro- mit Cliquen ergeben. jekte (z. B. Skate- oder Streetball-Anlage; Instal- Cliquen sind in der Regel belastbare soziale lation von Jugendtreffs) in deren Umsetzungs- Netzwerke: Über 75% der befragten Jugendli- phase die Jugendlichen aber fachliche Unterstüt- chen des Westerwaldkreises gehören einer oder zung brauchen: Jedes Partizipationsprojekt muß mehreren festen Clique(n) an, greifen also auf unter Anleitung von pädagogischen Fachkräften diese Sozialisationsinstanz zurück und sind dem- gemeinsam mit den Jugendlichen konzipiert, entsprechend auch nur unter Beachtung dieser durchgeführt und ausgewertet werden. Ausgren- gewachsenen Strukturen für Partizipationspro- zungen – auch problematischer Cliquen – sind jekte erreichbar. dabei im Sinne des angestrebten Demokratisie- rungsprozesses selbstverständlich zu vermeiden Jede Clique muß im Beteiligungsprozeß Gelegen- (vgl. 6.4. Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereit- heit erhalten, ihre Bedürfnisse zu artikulieren, schaft). auch wenn Interessen und Wünsche der einzel- nen Gruppen oftmals so unterschiedlich sind, daß

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Ausgehend von den in der Befragung genannten kreisweiten Befragung möglich – zu artikulieren, Wünschen und Bereitschaften können Jugendli- damit auf Gemeindeebene bedürfnisorientiert che z. B. durch eine Zukunftswerkstatt animiert Themen für Projektvorhaben gefunden werden werden, ihre Wünsche, Bedürfnisse und Interes- können. sen detaillierter und – kleinräumiger als in der

5.4 Jugend braucht Erwachsene

Soll Jugend im Westerwaldkreis Zukunft haben, 75% aller befragten Jugendlichen nicht zu de- so braucht sie in erster Linie Erwachsene, die cken wüßten. sich für sie interessieren, die Bedürfnisse und Belange von Jungen und Mädchen wahrnehmen, Jugendliche, die Unterstützung durch engagierte sie ernst nehmen und Lobbyarbeit für diese und vertrauensvolle Erwachsene erfahren, er- „Minderheit“ übernehmen. halten erst durch diese die dringend benötigten Alternativerfahrungen zur allgegenwärtigen Zu- Jugendliche wünschen sich erwachsene Männer kunftsunsicherheit: Befragt nach drei Wünschen und Frauen, die ihnen Hilfe und Unterstützung für die Zukunft thematisieren 24,6% ihre Unsi- bei der Durchsetzung ihrer Belange bieten und cherheit mit dem Begriff „gute Arbeit“ und 26,5% ihre Entwicklungschancen verbessern, indem sie mit dem Wunsch nach „Geld“. grundsätzlich für günstigere Bedingungen des Aufwachsens sorgen, in Konfliktfällen moderie- Erwachsene sind auch die verantwortlichen Pro- rend vermitteln und Anleitung zu verantwor- tagonisten der Gewaltprävention. Sie sind Vorbil- tungsvoller Beteiligung bieten. Jugendliche brau- der in ihrem Alltagshandeln und sie haben die chen Erwachsene, um sowohl Vorbilder als auch Möglichkeit die finanziellen, ideellen und perso- Abgrenzungsorientierungen zu finden – nur so nellen Mittel für eine qualifizierte Jugendarbeit können sie sich zu verantwortungsbewußten, zur Verfügung zu stellen, so daß Jugendlichen selbstverantwortlichen Erwachsenen entwickeln. alters- und bedarfsorientierte Freizeitangebote gemacht werden können, damit diejenigen, die 72,9% der befragten Jugendlichen im Wester- tätliche Angriffe (40,2%), Bedrohung (43%) und waldkreis wenden sich bei Problemen an ihre Beschädigung fremden Eigentums (49,4%) nur Eltern und 88,5% benennen Familienbezüge als „mittelmäßig schlimm“ finden, andere Einstellun- ausgesprochen wichtig in ihrem Leben. Aber nur gen erlernen können. Erwachsene müssen in für 25,3% sind die Eltern mögliche Gesprächs- ihrem Einsatz für Jugendliche auf die hohe Zahl partner zu den Themen Alkohol und illegale Dro- der cliquenbezogenen Ursachen körperlicher gen und 74,9% geben an, keine Hilfs- oder Be- Auseinandersetzungen (48%) reagieren und sie ratungsangebote für diesen Problembereich zu müssen dringend der großen Zahl der Jungen kennen – alarmierende Zahlen angesichts der und Mädchen, die Eltern die ihre Kin- hohen Gefährdung durch Alkohol, den 13,3,% der/Jugendlichen schlagen (77,7%) besonders der männlichen und 3,4% der weiblichen Ju- bedrohlich finden und die sich von Körperverlet- gendlichen nach eigenen Aussagen täglich (!) zung (72,6%) und sexueller Belästigung (71,8%) trinken. bedroht fühlen ein angemessenes Hilfeangebot Auch die 60,7% Jugendlichen, die angeben zur Verfügung stellen. schon mindestens einmal in Kontakt mit illegalen Drogen gekommen zu sein, zeigen einen erhöh- In der Befragung ist einerseits ein erheblicher ten Gesprächs- und Beratungsbedarf jenseits von Bedarf an Beratungs- und Freizeitangeboten Sanktionen und Moralappellen, den aber fast (s.o.) von Jugendlichen deutlich worden. Ande- rerseits hat uns das erwachsene „Nicht-zur-

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Kennntnis-nehmen“ dieses Bedarfs verknüpft mit den kann: 44,8% der befragten Jugendlichen z.T. massiven Vorwürfen und Ausgrenzungen haben schon oft Körperverletzung (23%) Nöti- Jugendlicher, wie es in der Mehrzahl der Inter- gung (16,8%) und sexuelle Belästigung (5%) views mit den Verbandsgemeindebürgermeistern erfahren, 34,1% häufige Drogenkonfrontationen deutlich wurde, erschreckt. Hier wird ein erhebli- in Form von Drogenkonsum (19,6%) und Dro- cher Diskussions- und Handlungsbedarf erkenn- genhandel (14,5%) erlebt, 25,3% fahren oft bar. alkoholisiert Auto und 51,2% geben an, schon oft mit Diebstahlsdelikten in Berührung gekommen Die Jugend- wie auch die Expertenbefragung zu sein. Auch das Verhältnis zwischen deutschen zeigen, daß sich Jugendliche im Westerwaldkreis und ausländischen Jugendlichen bedarf gezielter ihres Bedarfs an qualifizierter Jugend- und Sozi- Unterstützung und Förderung durch Erwachsene, alarbeit sehr wohl bewußt sind. Die Einschätzun- damit außerschulische Kontakte intensiviert und gen der Mehrheit der Verbandsgemeindebürger- vorhandene Ablehungshaltungen oder Desinte- meister deuten auf eine erstaunlich geringe resse abgebaut werden können, denn 2/3 der Kenntnis jugendlicher Lebenswelten sowie auf befragten deutschen Jugendlichen stimmten dem mangelndes Problembewußtsein hin. Die politisch Satz „Ich lerne gerne Menschen aus fremden Verantwortlichen geraten damit in Gefahr, das Kulturen kennen“ nicht zu. Gezielte Jugendarbeit Potential Jugendlicher für die Zukunft der Region und Unterstützung von erwachsener Seite muß massiv zu unterschätzen und deren politische wie auch den Wunsch ausländischer Jugendlicher auch soziale Integration zu behindern. Die Er- nach mehr Kontakt zu deutschen Jugendlichen gebnisse der Befragung sowie die Verweise der (70%) verfolgen und Akzeptanz und Integration Experten auf die Funktion von Vereinen, Verbän- fördern. den und Kirchen bestätigen diesen Handlungsbe- darf. KommunalpolitikerInnen, Kommunalver- Jugendarbeit braucht in diesem Schwerpunkt waltungen, JugendarbeiterInnen, sowie Kirchen- (vgl. 6.4. Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereit- und VereinsvertreterInnen müssen gemeinsam schaft) ganz besonders Erwachsene, die über über den Umgang mit Gewalterfahrungen, Ge- ausgeprägte demokratische Kompetenzen verfü- waltbereitschaft, Fremdenfeindlichkeit, Suchtge- gen, Grenzen setzten und wahren aber auch fahren etc. beraten und umsetzbare Empfehlun- Paradoxien aushalten und beantworten können gen erarbeiten. und ein – (pädagogisch) reflektiertes, politisch- soziales Umfeld aufbauen können. Solche hoch- Berührungsängste mit Gemeindeverwaltungen qualifizierte Arbeit bedarf eines Teams konzepti- müssen – auch im Hinblick auf die zu fördernde onell fundiert arbeitender Erwachsener die von Demokratiefähigkeit Jugendlicher – von erwach- praxisbegleitender Fachberatung ebenso wie von sener Seite abgebaut werden: Die Interessen regelmäßiger Supervision und Fortbildung unter- Jugendlicher dürfen nicht länger die Ausnahme stützt werden. sein sondern müssen selbstverständlich zum Alltag der Gemeindepolitik werden. Vorausset- Die Antworten der Jugendlichen geben erste zung für eine jugendbewußte und förderliche Hinweise auf eine erfolgversprechende Vorge- Haltung, die Jugendlichen die nötigen Chancen hensweise zur Entschärfung fremdenfeindlicher ermöglicht ist ein umfassendes Problembewußt- Stimmungen: 48% der deutschen und 56% der sein von Seiten der Erwachsenen. Ist dieses vor- befragten ausländischen Jugendlichen schlagen handen können innovative Projekte die Situation die Einrichtung von „Möglichkeiten des gegensei- Jugendlicher – auch im Rahmen begrenzter Bud- tigen Kennenlernens“ vor, verlangen aber auch gets – verbessern. nach ausgewogenen Möglichkeiten der Tren- nung: 54% der deutschen und 49% der auslän- Der Westerwaldkreis hat aber auch einen Bedarf dischen Jugendlichen möchten sich „gegenseitig an gewalt- und drogenpräventiver, interkulturel- in Ruhe lassen“. Interessant ist der fast ausge- ler und integrativer Jugendarbeit, die von Er- wogene Vorschlag (56% bzw. 54%), durch wachsenen eine spezifische Qualifikation verlangt schärfere Gesetze gewalttätige Auseinanderset- und keinesfalls „nebenbei“ von (ehrenamtichen) zungen zu vermeiden: Hier sind qualifizierte Jugendwarten der Vereine alleine geleistet wer- Fachkräfte gefragt, solche „Gesetze“ kleinräumig

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in Verbindung mit Jugendarbeit partizipatorisch ten als Kooperation von VereinsmitarbeiterInnen, mit den Jugendlichen gemeinsam auszuhandeln. Kommunen, JugendarbeiterInnen und Schulen sein, die von Unternehmen der regionalen Wirt- Erwachsene müssen Jugendlichen neben perso- schaft gesponsort werden können und so die nalen Beziehungen ein Recht auf Raum, seine gemeinsame Verantwortlichkeit Erwachsener für Nutzung auf Zeit sowie einen angemessenen die Belange der Jugend demonstrieren. Anteil am Finanzbudget der Gemeinde zugeste- hen. Sind Rechte auf Mitbestimmung und Ges- Die großen Fußballvereine, die über qualifiziert taltung gemeinsamer Angelegenheiten institutio- geleitete Fan- und Hooliganprojekte die Gewalt- nell abgesichert und erfahren Jugendliche die bereitschaft männlicher Jugendlicher in ihrem Wertschätzung ihrer Personen durch Erwachsene, Umfeld mittlerweile reduzieren können sind ein sind sie auch bereit ihrerseits Engagement zu Beispiel erwachsener Investitions- und Einsatz- erbringen und gesellschaftlichen Anpassungsfor- bereitschaft für Jugendliche und deren gesell- derungen nachzukommen. Umgekehrt sehen sie schaftliche Integration. Ähnliche Projekte könn- sich zur Abweichung/Kriminalität geradezu ge- ten – konzeptionell entsprechend der Bedingun- zwungen. gen in den westerwälder Sport- und Fußballver- eine überarbeitet – Leitbild für innovatives, Grundlage solcher Ansätze ist zunächst immer die problembewußtes Erwachsenenengagement jen- alltagsnahe Verstehensbereitschaft Erwachsener, seits tradierter Jugendarbeit im Sportverein sein - ihr Bemühen um das Vertrauen der Jugendlichen besonders da die Befragung eine deutliche Dis- – auch in Konfliktfällen – und die Bereitschaft, krepanz und entsprechenden Handlungsbedarf jugendgemäße Experimentierräume zur Verfü- zwischen der Mitgliedschaft im Verein (62%) und gung zu stellen. der aktiven Wahrnehmung der Vereinsangebote (19,8%) offenbart hat. Weitere Möglichkeiten eines Engagements Er- wachsener für Jugendliche können z.B. die In- stallation von Straßenfußball- oder Sportprojek-

5.5 Anforderungen an die Politik im Einsatz gegen Fremdenfeind- lichkeit und Rassismus im Westerwaldkreis und anderswo

An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der dieser vermeintlichen Bedrohung entgegenzu- Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es treten und mögliche Einwanderer abzuschrecken. nicht verhindert. Erich Kästner Eine abwartende und hinhaltende Politik, die keine akzeptablen Lösungen für drängende ge- Fremdenfeindlichkeit und fremdenfeindliche Ge- sellschaftliche Herausforderungen anbietet, hat waltakzeptanz sind keine unvermeidbaren Folgen negative Folgen für die Verarbeitung individueller der Migration der letzten Jahrzehnte, sondern Ängste. Eine Politik der Ausgrenzung führt dazu, vermeidbare Folgen ihrer mangelnden Gestal- dass Ungleichheitserfahrungen einzelner Perso- tung. Die Politik nahm diese Migrationsprozesse nen im Bewusstsein ganzer Bevölkerungsgruppen nicht zur Kenntnis. Für die Aufnahme und Integ- zu persönlichen Vorurteilen umgewandelt wer- ration von Bürgerkriegsflüchtlingen und nachzie- den. Letztendlich fördert eine solche Politik un- henden Familienangehörigen wurde keine Vor- gewollt auch eine fremdenfeindliche Gewaltak- sorge getroffen. Im Gegenteil: Flüchtlinge und zeptanz. Einwanderer wurden als Bedrohung für das „deutsche Sozialsystem“, für die innere Sicherheit Am Ende des 20. Jahrhunderts unterlag unsere und für die „deutschen Arbeitsplatzbesitzer“ dar- Gesellschaft gravierenden Veränderungsprozes- gestellt. Daher wurde politisch vieles getan, um sen. Die Wiedervereinigung, die Globalisierung der Wirtschaftsbeziehungen, fortdauernde Ar-

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beitslosigkeit auf hohem Niveau, soziale Ängste Politik anerkannt, anders als in den Jahren zuvor, und Ohnmachtgefühle gegenüber diesen Ent- dass die Zuwanderungsprozesse der vergange- wicklungen führen bei vielen Menschen zu Ver- nen Jahrzehnte unumkehrbar sind. Damit ver- unsicherungen und Existenzängsten. Parteien- bunden ist auch die Notwendigkeit, die deutsche und Demokratieverdrossenheit nehmen ange- Integrationspolitik zu verändern. sichts mangelnder politischer Lösungsvorschläge Maßnahmen, wie die Veränderung des Staatsan- und gleichzeitig zunehmend sichtbar werdender gehörigkeitsrechts, die am 1.1.2000 in Kraft trat Korruptionsanfälligkeit von Parteipolitikern zu. und die Einführung eines Antidiskriminierungsge- Wahlkampfstrategien von Parteien, die (erfolg- setzes wurden eingeleitet. Der von konservativer reich) auf ausländerfeindliche Ressentiments Seite in der Öffentlichkeit entfachte Widerstand setzen, fördern mit ihrem ausgrenzenden Cha- gegen den ersten Entwurf eines neuen Staatsan- rakter fremdenfeindliche und rassistische Ein- gehörigkeitsrechts zeigt, wie weit der Weg hin zu stellungen in der Bevölkerung. Zuwanderer wer- einer von Akzeptanz geprägten zivilen Gesell- den für die verfehlte Wirtschafts- und Sozialpoli- schaft noch ist, die Minderheiten schützt und die tik sowie für Massenarbeitslosigkeit und Krimina- kulturelle Vielfalt fördert. Notwendig dafür ist lität mit verantwortlich gemacht. eine alle Politikbereiche einbeziehende Strategie zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus für die Entwicklung einer toleranten Fremdenfeindlichkeit als ein Zeichen für und demokratischen Gesellschaft. schwindende demokratische Einstellung Das Ausmaß der in unserer Jugendbefragung sichtbar gewordenen fremdenfeindlichen bis hin Politische Akteure müssen vernetzt denken zu rassistischen Einstellung Jugendlicher im und handeln Westerwaldkreis ist nicht dramatisch, jedoch Initiativen gegen Rassismus und Ausgrenzung besorgniserregend. Bundesweit nehmen rechts- müssen berücksichtigen, dass nicht eine einzelne extreme Wählerpotentiale gerade bei jungen Ursache für die Entwicklung rassistischer und Erwachsenen zu, rechtsextreme Parteien ziehen rechtsextremer Positionen verantwortlich ist, in Landes- und Kommunalparlamente, die Zahl sondern durch eine Vielzahl von Erfahrungen im an registrierten fremdenfeindlichen Straftaten Umgang mit gesellschaftlichen und politischen steigt permanent und die Zahl rechtsextremer Strukturen, im Alltagsleben und in der Familie Aktivisten und ihrer Auftritte und Äußerungen geprägt werden. Die Beseitigung von Rassismus nimmt zu: Warnsignale für eine schleichende und Ausgrenzung ist eine Querschnittsaufgabe Veränderung der Gesellschaft und für den Verlust für alle gesellschaftlichen Organisationen und an demokratischen Einstellungen. Dieser Ent- politischen Akteure. Dazu gehören auch die wicklung Einhalt zu gebieten bedarf es politischer staatlichen Institutionen, wie die Bundeswehr, und gesellschaftlicher Initiativen. Justiz und Behörden, die in ihrem Verantwor- tungsbereich insbesondere die vorhandenen Die Europäische Union hat sich mit dem In-Kraft- strukturellen Diskriminierungen beseitigen müs- Treten des Amsterdamer Vertrages am 1. Mai sen. 1999 das Ziel gesetzt, ein Europa zu schaffen, das frei ist von Rassismus und Diskriminierung Politik gegen Rechtsextremismus bedarf, um und das allen Teilen der Bevölkerung gleiche zielgerichtet und langfristig zu wirken, vernetzten Chancen auf politische und wirtschaftliche Parti- Denkens und Handelns der Akteure im Kreis und zipation bietet. Die Bundesregierung hat am 23. in den Kommunen zur Entwicklung einer Strate- Mai 2000 ein „Bündnis für Demokratie und Tole- gie gegen Rassismus, für Akzeptanz und Gleich- ranz - gegen Extremismus und Gewalt“ ins Leben behandlung. Alle Maßnahmen, die Vorurteile gerufen. Das Bündnis will Ideen, Informationen bestätigen, müssen vermieden werden; alles, und Initiativen sammeln, die vielen bestehenden was zu einer Normalisierung des Verhältnisses Initiativen unterstützten und vernetzen, sowie zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft neue initiieren, um damit die politische Ausei- sowie zwischen Mehrheits- und Minderheitsge- nandersetzung und die Bekämpfung des Rechts- sellschaft führt, muss unternommen werden. extremismus zu betreiben. Gleichzeitig hat die

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Es lohnt sich, in diesem Bereich engagierte Grup- nach Deutschland haben, auch weil Deutschland pen und Personen, besonders auf der lokalen Zuwanderung braucht. Die Fehler der „Gastar- Ebene umfassend zu unterstützen. Anstatt im beiterpolitik“ der Vergangenheit dürfen nicht gesellschaftlich notwendigen Disput rechtsextre- wiederholt werden. me und rassistisch motivierte Diskriminierung und Gewalt herunter zu spielen, bedarf es einer Staat und Politik haben die wichtige Aufgabe, die politischen Öffentlichkeit, die Opfer von Tätern Bereitschaft zur Integration auf beiden Seiten unterscheidet und den gesellschaftlichen Konsens nachhaltig zu stärken. Integration darf nicht der gegen Rassismus, Diskriminierung und Ungleich- Zwang zur Assimilation sein. Voraussetzung für behandlung fördert. gelingende Integrationsprozesse ist die allgemei- ne Anerkennung der grundlegenden Werte, wie Entscheidend für Maßnahmen, die auf den Abbau sie in unserer Verfassung festgelegt sind. Das gilt von sozialen Ungleichheiten und Diskriminierun- allerdings nicht nur für Zuwanderer, sondern gen gerichtet sind, sind sowohl rechtliche Nor- auch für Deutsche. Die rechtsextreme Gewalt men als auch gesellschaftspolitische Zielsetzun- zeigt, dass dies leider nicht selbstverständlich ist. gen. Zu den rechtlichen Normen, die als ver- pflichtende Leitbilder vor allem für staatliche Bund, Länder und Gemeinden schaffern für das Antidiskriminierungspolitik besondere Bedeutung Gelingen oder auch Misslingen von Integration haben, zählen insbesondere die im Grundgesetz wesentliche Rahmenbedingungen und tragen verbrieften Postulate Menschenwürde, Men- damit eine große Verantwortung. Alle politischen schenrechte, Rechtsstaatsprinzip, Gleichheits- Ebenen müssen Migrations- und Integrationspoli- grundsatz, Diskriminierungsverbot und Sozial- tik als Querschnittsaufgabe begreifen und ihr in staatsprinzip. allen Fachbereichen den erforderlichen Stellen- wert einräumen. Zu den gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten, die für Maßnahmen gegen die Diskriminierung Die Einwanderung von Ausländern in die Bun- von Zuwanderern relevant sind, gehören insbe- desrepublik Deutschland erfolgt aus den unter- sondere die folgenden: Integration mit dem Ziel, schiedlichsten Gründen und Interessen. Vorran- die Zuwanderer als der Aufnahmegesellschaft gig sind: zugehörig anzuerkennen sowie ihrer sozialen § Einwanderung aus wirtschaftlichen Erwä- Marginalisierung entgegen zu wirken und Zivili- gungen, sation als Ziel eines Prozesses, während dessen § Einwanderung aus politischen und humani- Individuen unter anderem lernen, Umgangsfor- tären Gründen, auf Grund von Rechtsan- men und Mitgefühl gegenüber Menschen unab- sprüchen, so bei Asylgewährung, Familien- hängig von deren Gruppenzugehörigkeit zu ent- nachzug und im Rahmen der EU- wickeln. Unter eher funktionalen Gesichtspunkten Freizügigkeit. stellen die Zuwanderer Ressourcen dar, die in der Regel einen positiven Beitrag für die ökonomi- sche, demographische, soziale und kulturelle Rechtliche Maßnahmen, die Integration Entwicklung unserer Gesellschaft leisten. von Zuwanderern fördern § Weiterentwicklung des Staatsangehörig- keitsrechts Toleranz darf nur eine vorübergehende § Reduzierung der Verwaltungsgebühr für die Gesinnung sein; sie muss zur Anerkennung Einbürgerung führen. Dulden heißt beleidigen. § Verabschiedung einer Regelung, die Auslän- (Johann Wolfgang von Goethe) dern nach fünfjährigem legalen Aufenthalt Der Bundespräsident hat in seiner Berliner Rede in Deutschland einen Rechtstitel mit der darauf hingewiesen, dass die Diskussion um eine Möglichkeit eines Daueraufenthalts eröffnet. Verbesserung der Integration von Zuwanderern § Ermöglichung des Wahlrechts zumindest auf sich zunächst der Realität stellen muss: Es hat kommunaler Ebene. einen unumkehrbaren Zuwanderungsprozess gegeben und wir werden weiter Zuwanderung

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Bildung und Ausbildung – Schlüssel für Schulen ohne Abschluss. Diese Zahlen weisen auf eine erfolgreiche Integration ein drängendes, kreisspezifisches Bildungsprob- Bildung und Ausbildung haben einen bedeuten- lem, also eine strukturelle Bildungs- und Integra- den Stellenwert für den Erfolg des gesellschaftli- tionsbarriere, die es umgehend abzubauen gilt. chen Integrationsprozesses von Zuwanderern. Ein qualifizierter Schulabschluss und eine abge- Die Beteiligung von ausländischen Jugendlichen schlossene Berufsausbildung sind Voraussetzung zwischen 15 und 19 Jahren an der beruflichen für und Vorentscheidung über die künftige Stel- Ausbildung lag 1999 im Westerwaldkreis (nach lung im Arbeitsmarkt- und Beschäftigungssystem, Angaben des Arbeitsamtes Montabaur) um etwa dem zentralen Verteilungssystem für Berufs- und 40 % niedriger als bei der entsprechenden deut- Lebenschancen. Die erfolgreiche Teilnahme von schen Altersgruppe. Die Struktur der Ausbil- Zuwanderern an Bildung und Ausbildung stellt dungsberufe, in die ausländische Schulabgänger Weichen für eine dauerhafte und stabile Integra- einmünden, zeigt, dass sie nicht wie deutsche tion in unsere Gesellschaft. Schulabgänger an allen Ausbildungsgängen und Ausbildungsberufen partizipieren können. Ein niedriges Bildungsniveau von Jugendlichen ausländischer Herkunft führt dementsprechend Verantwortlich dafür sind neben dem allgemeinen nicht nur zu Problemen bei der beruflichen In- Ausbildungsstellenmangel die fehlenden bzw. die tegration, es erschwert auch die soziale Integra- niedrigen Schulabschlüsse der ausländischen tion durch eine niedrigere Akzeptanz von Zuge- Jugendlichen. Zu vermuten ist, dass sie auch wanderten bei der einheimischen Bevölkerung. wegen Herkunft, Hautfarbe und religiöser Vor- stellungen diskriminiert werden. Neben der Ver- Kinder und Jugendliche ausländischer Herkunft besserung der schulischen Voraussetzungen sind stehen, obwohl häufig in Deutschland geboren, Maßnahmen zum Abbau vielfältiger Benachteili- im allgemeinen Bildungssystem vor besonderen gungen bei der Einstellung von Auszubildenden Problemen. Ihre unterschiedlichen Lebenswelten notwendig, unter anderem werden eher als Problem denn als Chance gese- § eine größere Berücksichtigung interkultu- hen. Noch immer beenden überproportional viele reller und bilingualer Kompetenzen der Be- ausländische Jugendliche die Schulen ohne Ab- werberInnen bei den Bewerbungsgesprä- schluss. Im Westerwaldkreis verließen (nach chen, Angaben der Kreisverwaltung des Westerwald- § die Einbeziehung interkultureller und sozia- kreises) im Schuljahr 1998/99 von ihnen 36,4 % ler Fragestellungen bei den Einstellungs- (deutsche Schüler 9,7 %) die allgemeinbildenden tests, Schulen ohne Hauptschulabschluss. Lediglich 1,4 § eine direkte Ansprache der Betriebe durch % erreichen einen Abiturabschluss, gegenüber Ausbildungsplatzentwickler des Arbeitsam- 20 % ihrer deutschen Mitschüler. tes und durch IHK und Handwerkskammer.

Gründe hierfür liegen sicher in den schlechteren Kenntnisse der deutschen Sprache eines Teils der Kommunale Aufgaben dritten Zuwanderergeneration sowie in der sozi- Kreis und Gemeinden haben bei der Einwande- alen Stellung der Elterngeneration. Daher bedarf rungspolitik, aber auch bei der Gestaltung des es besonderer Fördermaßnahmen, die zum Teil Zusammenlebens von Menschen unterschiedli- für alle Zielgruppen der sog. chancengeminder- cher Herkunft eine wichtige Aufgabe. Sie dürfen ten Jugendlichen erforderlich sind. Migranten nicht länger nur als Belastung für die Sozialetats betrachten oder sich ausschließlich Ausländische Jugendliche erlangen im Landes- auf eine Bundesförderung, wie bei den Aussied- durchschnitt (nach Angaben des Statistischen lern verlassen. Migrations- und Einwanderungs- Landesamtes) mehr als doppelt (!) so häufig als politik muss zu einem originären Politikfeld in im Westerwaldkreis einen qualifizierten Sekun- allen Bereichen (Kultur, Bildung, Sport, Jugend- darabschluss und das Abitur. Im Westerwaldkreis hilfe usw.) der Kommunen werden. verlassen ausländische Schüler 40 % häufiger als in ganz Rheinland-Pfalz die allgemeinbildenden Als konkrete Möglichkeiten bieten sich an:

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§ Fortbildungsmaßnahmen für politische Ent- Staat schaffen: in ausreichender Zahl und scheidungsträger. Dauer Sprachkurse anbieten bzw. finanzie- § Entwicklung von Bildungsangeboten, z.B. ren, damit die Sprache auch tatsächlich ge- Antirassismustrainings, interkulturelle Fort- lernt werden kann. (In den Niederlanden ist bildungen und Begegnungen insbesondere der Besuch einer Schule mit den Hauptfä- auch für MitarbeiterInnen von staatlichen chern Sprachunterricht, Gesellschaftskunde Institutionen. und berufliche Bildungsangebote für alle zu- § Raum- und stadtplanerische Konzepte müs- gewanderten Sozialhilfe-Empfänger Pflicht. sen weitere Gettobildungen verhindern. Dazu gehört ein breites Angebot von Bera- § Unterstützung bzw. Initiierung von regiona- tungen.) len Integrationsmaßnahmen für Zuwande- § Die Entwicklung von Deutschunterricht- rer. Angeboten mit innovativen Anreizsystemen § Politik sollte auf bessere Partizipationsmög- für Zuwanderer sollte gefördert werden . lichkeiten von Zuwanderern innerhalb von § Die Parteien im Westerwaldkreis und ihre Vereinen und Verbänden drängen. Die VertreterInnen verzichten auf fremdenfeind- größten Chancen dürften sich in Jugendver- liche und diskriminierende Beiträge und Ak- bänden und –organisationen bieten. Überle- tionen. genswert wäre, eine öffentliche finanzielle Förderung mit Anreizen zum Ausbau von Zusätzliche Möglichkeiten, wie Kommunen anti- Partizipationsmöglichkeiten zu verbinden. rassistische Einstellungen von Jugendlichen und § Interkulturelle pädagogische Konzepte für Erwachsenen stärken können: die offene Jugendarbeit und für den Sport § Förderung von lokaler Erinnerungsarbeit müssen entwickelt, vielleicht nur angepasst und „Spurensuche“-Projekten in Hinsicht auf und umgesetzt werden. die jüdische Geschichte unserer Region. Das § In verschiedenen Verbandsgemeinden des Buch „Juden im Westerwald“ bietet hierfür Westerwaldkreises besteht großer Nachhol- hervorragende methodisch-didaktische Un- bedarf in Bezug auf professionelle jugend- terstützung. Schüler- und Jugendgruppen pflegerische Angebote. Dadurch werden können jüdische Friedhöfe im Kreis pflegen. dort Chancen der Integration besonders von § Das Thema „Verständigung mit Minderhei- jungen Zuwanderern vertan. ten“ muss stärkere Berücksichtigung im § Bürgermeister besprechen zusammen mit kommunalen Kulturbereich finden. den Vereinsvorsitzenden in ihren Gemein- den, wie eine bessere Integration von Zu- wanderern in den Vereinen ermöglich wer- Die Feuerwehr als „Freund und Helfer“ bei den kann (die gebetsmühlenhaft vorgetra- der Integration von Zuwanderern gene gute Integration von Sportlern auslän- Ein sehr interessanter Ort zur Verbesserung der discher Herkunft in Sportvereinen ist nicht Integrationschancen von Zuwanderern könnten zuletzt bedingt durch deren oft überdurch- die Westerwälder Feuerwehren sein. Deren Ver- schnittlich gute sportliche Leistungen, ohne eine sind in fast jeder Gemeinde vorhanden und die z.B. Westerwälder Fußballclubs oft stellen einen „Hort deutscher Männlichkeit“ dar Probleme hätten, mehr als sportliches Mit- (Die Jugendbefragung ergab, dass fremdenfeind- telmaß zu bieten). liche Einstellungen weit überwiegend ein Problem § Einrichtungen der schulischen und der au- männlicher Jugendlicher ist). Ende 1999 gab es ßerschulischen Bildung werden mit einem im Westerwaldkreis 82 Jugendfeuerwehrgruppen ausführlichen Info-Paket „Anti-Rassismus“ in denen 971 Jungen und 272 Mädchen aktiv mit Print-Medien und geeigneten Videofil- waren. Von diesen insgesamt 1043 Mitgliedern men mit stark regionalem Bezug ausges- waren lediglich 24 ausländischer Herkunft. Für tattet. die Erwachsenen-Feuerwehr gibt es keine Zahlen § Von zuwandernden Ausländern (und Spät- über die Beteiligung von Aktiven ausländischer aussiedlern) ist die Bereitschaft zum Erwerb Herkunft. Es ist zu mutmaßen, dass deren Anteil der deutschen Sprache zu erwarten. Die hier noch geringer ausfällt. Bedingungen für die Möglichkeiten muss der

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Hier interkulturelle Fortbildungsangebote und Begegnungen anzubieten dürfte besonders loh- Die vorliegenden Ergebnisse der Befragung deut- nenswert sein. Wenn damit einhergehend suk- scher Jugendlicher zu ihrer Einstellung gegen- zessive der Anteil von Feuerwehr„männern“ aus- über ausländischen Jugendlichen und ausländi- ländischer Herkunft gesteigert werden kann, so scher Jugendlicher zu ihrer Einstellung gegen- würde dies einen immens wichtigen Umden- über deutschen Jugendlichen heißen uns Ab- kungsprozess in den entsprechenden Vereinen schied zu nehmen vom Mythos, auf dem Land sei und ihren Gemeinden in Gang setzen. noch alles intakt.

Im vermeintlich beschaulich ruhigen Westerwald Aufrichtigkeit, Toleranz und Neugier – werden rassistische Einstellungen in besorgnis- wichtig zur Beseitigung von Vorurteilen erregendem Ausmaß sichtbar. Wenn 11% der und Rassismus Befragten die Aussage „Ausländer sind genauso In drei Stichworten sei benannt, was uns für ein Menschen wie wir“ absolut ablehnen und 9% der gedeihliches Zusammenleben verschiedener Na- Ablehnung gewalttätiger Anschläge gegen Aus- tionalitäten am wichtigsten erscheint: Aufrichtig- länder absolut nicht zustimmen wollen, dann sind keit, Toleranz und – Neugier. Aufrichtigkeit, um dies eindeutige Indikatoren für eine rassistische sich den gegenseitigen Vorurteilen auch zu stel- Einstellung. (Bemerkenswert ist, und das muss len und sie nicht zu verdrängen; Toleranz, den Konsequenzen für Bildungspolitik und regionale anderen mit all seinen Eigenheiten auch gelten Bildungsarbeit haben, dass mit steigender Schul- zu lassen und anzunehmen; und vor allem Neu- bildung diese Probleme signifikant abnehmen.) gier: wissen zu wollen, was bei anderen so an- ders ist, was gleich ist und was vertraut ist. Eine Solche Aussagen und Einstellungen wurden nicht solche Einstellung löst Verkrampfungen und er- von den Jugendlichen erfunden. Das haben sie öffnet die Chance zwangloser miteinander umzu- gehört, zu Hause und im Verein; gelesen und gehen. gesehen in Medien. Politiker, die fremdenfeindli- che Ressentiments in der Bevölkerung für ihren Wahlkampf nutzen bereiten den Boden für ein Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Wester- fremdenfeindliches Denken und Handeln, was wald e.V. engagiert für die Integration von nach rechtsextremen Anschlägen und Übergriffen Zuwanderern und aktiv gegen Fremden- immer wieder für öffentliches Entsetzen sorgt. feindlichkeit Die Auseinandersetzung der AWO Westerwald Diese hierfür verantwortlichen Politiker sind nicht mit dem Thema „Fremdenfeindlichkeit“ ent- nur in den Zentren der Politik zuhause, sondern springt keiner aktuellen Diskussion. Seit vielen auch im Westerwald. Sie sitzen in Gemeinderä- Jahren weist die AWO in der Öffentlichkeit auf ten, sind im Vorstand von Feuerwehr, Sport- oder die Notwendigkeit von besseren Integrationsan- Gesangverein. Sie sind oft allseits beliebt, „trin- geboten für Nichtdeutsche sowie latente und ken gern einen“ und wenn ihre Stammtischtira- manifeste Fremdenfeindlichkeit hin. Regelmäßig den mal zu heftig ausfallen, war im Zweifelsfall bietet die AWO im Westerwaldkreis Fortbildungs- der Alkohol daran schuld. Anlässlich der AWO- veranstaltungen zur Förderung der Integration Veranstaltung „Rechtsextremismus – was kann von Zuwanderern an. die Justiz tun?“, am 31.8.2000 in Wirges, stellte der AWO-Kreisvorsitzende, Joachim Jösch, hierzu 1998 wurde in Wirges eine AWO-Beratungsstelle fest: „Es sind die Biedermänner, die als wahre für Migranten eröffnet. Im Herbst 1999 veran- Brandstifter unter uns sind.“ staltete die AWO eine „Interkulturelle Woche“ in der unter anderem das von ihr initiierte und ge- Aus den ernüchternden Ergebnissen der Jugend- förderte integrative Theaterstück „Die Doppel- befragung zog die AWO umgehend Konsequen- bürger“ Premiere hatte. Für die Realisierung die- zen. Auf ihren Antrag vom 5. August 2000 hin ses Projektes arbeitete und probte ein Profi- diskutierte der Jugendhilfeausschuss des Wes- Regisseur fast ein Jahr mit Jugendlichen aus vier terwaldkreises am 11.9.2000 über Maßnahmen Nationen. gegen rechtsextreme Aktivitäten Jugendlicher im

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Westerwaldkreis. Zuvor hatte der Leiter der Poli- Die Zunahme rechtsradikalen Denkens und Han- zeidirektion Montabaur die Mitglieder des Ju- delns in unserer Gesellschaft macht deutlich, gendhilfeausschusses aus polizeilicher Sicht über dass pädagogisch aber auch politisch gegenge- die Situation fremdenfeindlicher, rechtsextremer steuert werden muss. Es reicht nicht aus, die und antisemitischer Straftaten im Kreis infor- Symptome rechtsradikaler Umtriebe zu bekämp- miert. fen, vielmehr müssen die Wurzeln des Übels Seit Dezember 2000 arbeitet die AWO in der vom bekämpft werden. Hierzu gehört vor allem auch Jugendhilfeausschuss gebildeten Arbeitsgruppe die Schaffung sozialer Gerechtigkeit und Zu- „Maßnahmen gegen rechtsextreme Jugendliche kunftschancen für junge Menschen. Für Deut- im Westerwaldkreis“ mit. sche, wie Nichtdeutsche.

Zusammen mit Experten aus dem Bereichen Ju- Auf den Weg dorthin bringen uns nicht Lippenbe- gendarbeit, Migration und interkulturelles Lernen kenntnisse, sondern konsequentes Handeln aller bildete der AWO Kreisverband eine Projektgruppe gesellschaftlich relevanten Institutionen und um eine integrative Langzeitmaßnahme für und Gruppen. Die stattgefundenen, die begonnenen mit arbeitslosen deutschen und ausländischen und die noch folgenden Aktivitäten der Arbeiter- Jugendlichen zu konzipieren. Sie soll dem Abbau wohlfahrt Westerwald gegen Fremdenfeindlich- von Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Rassis- keit und Rassismus bieten vielfältige Ansätze, um mus dienen und gleichzeitig die Teilnehmenden Netze zu knüpfen, die über den Tag hinaus tra- auch für das Berufsleben fit machen. gen und uns morgen einen Schritt weiter brin- gen, das friedliche Miteinander zu organisieren.

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6. Grundlegende Überlegungen

Jede Untersuchung baut auf den Erkenntnissen · Jugend, Jugendforschung und Jugendstudien und Befunden anderer Untersuchungen auf, be- · Jung sein auf dem Lande nutzt grundlegende Begriffe und Theorien. Sol- · Partizipation che Grundbegriffe und Grundlagen sowie theore- · Fremdenfeindlichkeit und Gewalt tische und konzeptionelle Bezüge dieser Jugend- · Cliquenorientierte Jugendarbeit studie sollen im folgenden unter den Stichworten vorgestellt werden:

6.1 Jugend, Jugendforschung und Jugendstudien

Jugend, wird gesehen als entweder die von meist dann in der öffentlichen Diskussion thema- extremen Verhaltensunsicherheiten, Statusun- tisiert, wenn sie Ärger macht (vgl. Hornstein gewißheit, sich widersprechenden Erwartungen 1999, 417). und Rollenkonflikten geprägte Phase des Über- Die Jugend gibt es ebensowenig wie die Mäd- gangs zwischen Kindheit und Erwachsenenalter chen und die Jungen. Aber Jugend, das sind im individuellen Lebenslauf, oder aber eine ei- immer auch Mädchen oder Jungen, die sich, ab- genständige biographische Zeitspanne (vgl. Koch hängig von Geschlecht, Herkunft und Lebenswelt, 1997, 86). Innerhalb dieser Lebensphase stehen in unterschiedliche Bedingungen zurechtfinden junge Menschen vor der Aufgabe, sich auf die und einrichten müssen. Sie befinden sich in einer zukünftige Sicherung eines ökonomisch eigen- „schillernden Lebensphase“ (Schröder 1998, ständigen und selbstbestimmten Lebens einzu- 108), die geprägt ist von körperlichen Verände- stellen, während sie ihre konkrete Zukunft als rungen und der Ablösung von der Familie. Mäd- extrem ungewiß erfahren. Dementsprechend sind chen und Jungen machen dabei unterschiedliche Handlungen Jugendlicher immer auch Ausdruck Erfahrungen, sind sich in ihrem grundsätzlichen der Auseinandersetzung mit den Widernissen die- Bestreben der eigenständigen und z.T. wider- ses Lebensalters und vor allem der damit ver- ständigen Lebensbewältigung – trotz unter- bundenen Zukunftsungewißheit (vgl. Hornstein schiedlicher Ausgangsbedingungen – aber auch 1999, 17 f.) ähnlich. Einen zentralen Stellenwert in der außer- schulischen und außerfamiliären Sozialisation hat Das Stichwort Jugend kennzeichnet aber auch für Mädchen und Jungen im Jugendalter die Zu- eine bestimme soziale Gruppe innerhalb der Ge- gehörigkeit zu einer (oder mehrerer) Clique(n). sellschaft, die wie jede gesellschaftliche Gruppe Die Clique ist für Jugendliche „ein – wenn nicht historischen Wandlungsprozessen unterworfen ist gar der zentrale – Ort, an dem überhaupt noch (vgl. Hornstein 1996, 296). Jugend als soziale soziale Einbindung besteht, und wo sich Identi- Gruppe ist von großer Heterogenität bestimmt tätsbildung und Persönlichkeitsentwicklung auf und läßt sich je nach Perspektive z.B. in ver- den personalen Austausch mit anderen stützen schiedene Milieus, unterschiedliche Orientie- kann“ (Krafeld 1998, 97). Sie verhilft Jungen und rungsmuster oder Jugend-Stile und Jugend- Mädchen bei der Gegenwarts- und Lebensbewäl- Kulturen ausdifferenzieren (vgl. Baake 1999, 41 tigung und dem Erwerb der notwendig scheinen- f.). Jugendliche gestalten ihre vielfältigen Selbst- den Kompetenzen für die Erfordernisse der mo- darstellungsweisen je nach Herkunft, Ausbildung, dernen Gesellschaft – ist also zunächst der Berufsausübung, gesellschaftlichen Zuschreibun- selbstorganisierte Versuch, die spezifischen gen von Männlichkeit und Weiblichkeit, kultu- Probleme des Jugendalters zu bewältigen. rellem, regionalem, religiösem und/oder epocha- lem Hintergrund individuell und als gesellschaftli- Die erste Instanz zur Klärung von Jugendproble- che Gruppe sehr verschiedenartig. Jugend wird men ist die Jugendforschung. Sie definiert und von den älteren Generationen daher häufig als thematisiert die Probleme von Jugend, doku- Problem oder mindestens als utopisch motivierte mentiert Wandlungsprozesse und ortet deren ge- aber risikobehaftete Abweichung betrachtet und sellschaftlichen Anteil. Die Ergebnisse solcher

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Forschung bilden im optimalen Fall die Grundlage nommen wird. Ergebnisse von universitären, der Jugendpolitik; diese aber sieht in Bund, Län- außeruniversitären sowie von kommerziellen dern und Gemeinden eher selten ihre Aufgabe Instituten, werden je nach Medium als Grundla- darin, die erforschten Problemlagen zu ihrem gen für die z.T. ungenaue Klassifizierung Jugend- Gegenstand zu machen (vgl. Hornstein 1999, 13 licher und deren Einstellungen, Urteile und Wün- f.). Jugendforschung hat sich von der reinen sche oder zur Widerlegung von Analysen publi- Dokumentation jugendlicher Einstellungen, Ur- ziert. So veröffentlichte z. B. der „Stern“ eine teile und Meinungen hin zur Thematisierung von eigene Studie, in welcher er US-amerikanische Zusammenhängen entwickelt, die „die Viel- Forschungsergebnisse und deutsche Fallstudien schichtigkeit von Institutionen, Milieus und alltäg- zu widerlegen versucht und die Normalität von lichen Lebensformen (so) ins Auge fassen, daß Jugendlichen, sowie ihre positiv bewertete Orien- sie zu einem sehr viel tiefer gehenden Ver- tierung an Familie und traditionellen Werten be- ständnis der Problem- und Lebenslagen der Ju- tont, aber auch auf einen (therapeutischen) „Be- gendlichen vorstoßen“ (Hornstein 1996, 298). handlungsbedarf“ von vielen Jugendlichen in Ballungsgebieten hinweist (52/1999, 18-28). Die jeweils erforschten Wandlungen stellen in Auch das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ the- erster Linie neue Aufgaben für die Praxis der matisiert in regelmäßigen Abständen „Jugend“ Jugendarbeit dar, haben aber in der Vergangen- und Ergebnisse aus Jugendstudien bzw. führt heit auch dazu geführt, die Erwartungen in deren selbst über Emnid Umfragen zum Freizeitverhal- Problemlösungskapazität – besonders im Hinblick ten oder zu Werten und Bindungen durch (z. B. auf gewaltbereite Jugendliche – deutlich zu über- Nr. 28/1999, 94-103). schätzen. Wann immer der sozialpolitische As- pekt der Jugendproblematik in den Vordergrund Solche überblicksartigen Medienstudien stehen gerückt und die Notwendigkeit einer problem- höchst differenzierte Studien wie z.B. die des und lebenslagenbezogenen Arbeit ausgewiesen Deutschen Jugendinstituts (DJI) über „Lebensla- wird, besteht zugleich die Gefahr, allgemeine gen und -perspektiven junger Menschen in ländli- gesellschaftliche Entwicklungstendenzen bezüg- chen Regionen des Landes Brandenburg“ (1998), lich der Determinanten jugendlicher Orientierun- der im Auftrag des Sächsischen Staatsministeri- gen zu übersehen (vgl. Hornstein 1996, 298 f.) ums für Kultus vom Institut für Marktforschung in und Jugend pauschal und undifferenziert für Leipzig durchgeführte Befragung „Jugend ’99 in gesamtgesellschaftliche Schieflagen verantwort- Sachsen - Situation 1999 und Trendverläufe lich zu machen. 1993/94 bis 1999“ oder den Kinder- und Jugend- berichten des Bundesministeriums für Familien, Jugendstudien als Ausdruck einer breiten Ju- Senioren, Frauen und Jugend gegenüber. gendforschung sind ein wichtiges Instrument zur Dokumentation und Beschreibung subjektiver Die weitaus größte (mediale) Aufmerksamkeit Welten von Jugendlichen, zur Erschließung ju- erhielt jüngst die seit 1953 in diesem Jahr zum gendlicher Organisationsformen, für adäquate 13. Mal erschienene Jugendstudie des Jugend- Angebote hinsichtlich jugendlicher Probleme und werks der deutschen Shell („Jugend 2000“), die zur Beurteilung des riskanten Handelns und ge- in ihrer Chronologie zugleich die Entwicklungsge- sellschaftlichen Gefährdungspotentials Jugendli- schichte von Jugendstudien im Nachkriegs- cher. Jugendstudien liefern pädagogisch und deutschland dokumentiert. Seit den neunziger politisch relevante, authentische Information Jahren wenden sich die „Shell-Studien“ weg von über die unbekannte und im öffentlichen Diskurs der reinen Beschreibung und Analyse wechseln- meist verkannte junge Generation, und sollten der Jugendkulturen hin zum konkreten Jugendli- Ressourcen für die Zukunft zu entdecken versu- chen und zur Pluralisierung und Indi- chen. vidualisierung jugendlicher Lebensstile. Die Jugendstudien erfahren im medialen Diskurs eine Funktionen jugendlicher Lebensstile für deren relativ große Öffentlichkeit und prägen damit in Alltagsbewältigung werden seitdem verstärkt u.a. der Auswahl der dargestellten Ergebnisse zu- durch biographische Studien u.ä. in den Blick gleich das Bild von Jugend, wobei die Vielfalt der genommen. 2000 wurden erstmalig auch auslän- Forschungsrichtungen selten in den Blick ge- dische Jugendliche befragt. Die Veröffentlichung

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der Ergebnisse zur Kategorie Geschlecht wurde haben aber längst nicht die öffentliche Aufmerk- für 2001 angekündigt. samkeit der Shell-Studie erfahren.

Explizit geschlechtsspezifisch angelegte bzw. Auffällig wenig Jugendstudien untersuchen ge- ausgewertete Studien zur Situation und Le- zielt die Situation von Jugendlichen auf dem benslage von Mädchen liegen bislang nur wenige Lande. Sie sind weder als ausdrücklich zugehö- vor, die den im Bereich der Mädchenarbeit täti- rig noch als gegebenenfalls sich unterscheidend gen Frauen kaum breites Datenmaterial liefern in den 21 Ausdifferenzierungen unterschiedlicher könnten. Erst in jüngerer Zeit beschäftigen sich Jugendkulturen (s.o.) explizit benannt und Jugendstudien verstärkt mit Problemlagen von konnten auch in der 13. Shell Jugendstudie nicht Mädchen (z.B. Mädchen in öffentlichen Räumen; ausdrücklich berücksichtigt werden. Teenagerschwangerschaften) oder mit Zusam- menhängen zwischen Ethnizität und geschlechts- Der 10. Kinder- und Jugendbericht über die Le- spezifischen Stereotypenbildungen. Die spezifi- benssituation von Kindern (1998) thematisiert die sche Situation von Jungen wird in ihrer Viel- Situation auf dem Land im Hinblick auf deren er- schichtigkeit ebenfalls nur selten beleuchtet. In höhte Unfallgefährdung im Straßenverkehr (ebd. der Regel werden nur die im jüngsten medialen 58) und geschlechtsbezogenes Spielen außerhalb Diskurs thematisierten Gewalttaten und Anschlä- des Hauses (ebd. 57) und hinsichtlich ihrer Un- ge aufgrund rechtsextremer, gewaltbereiter Ori- terversorgung an Angeboten der Jugendarbeit ententierungsmuster Jugendlicher – seit Beginn (ebd. 225). Die Benachteiligung von Mädchen der 90er Jahre – geschlechtsbezogen untersucht. und der erschwerende und doppelt benachtei- So hat z.B. die „Bielefelder Rechtsextremismus- ligende Zwang zur Mobilität werden besonders Studie“ bereits 1992, mit Blick auf die politische betont. Ein eigenes Kapitel zur Situation von Situation männlicher Jugendlicher den „Faktoren Kindern auf dem Lande sucht man hier zwar nachzuspüren versucht, die Anfälligkeit für neo- vergeblich, findet aber den Verweis, daß die be- nazistisches und rechtsextremistisches Ge- reits im Achten Jugendbericht (BMJFFG) 1990 dankengut und v.a. in der Ausprägung als Aus- angemahnte Regionalisierung und Dezentralisie- länderfeindlichkeit bewirken. Als Fazit aus dem rung freizeitpädagogischer und kinderkultureller derzeitigen Forschungsstand kann konstatiert Angebote für Kinder und Jugendliche nicht ver- werden, daß von einem generellen „Rechtsruck“ wirklicht wurde und wiederholt gefordert wird bei „der Jugend“ nicht gesprochen werden kann, (ebd. 225). daß aber im Zusammenwirken einer Reihe von Faktoren (Sinn- und Orientierungsprobleme, Der 1998 vom DJI veröffentlichte Forschungsbe- Wegfall eindeutiger sozialer und politischer Be- richt über „Lebenslagen und -perspektiven junger zugssysteme nach dem Ende des Blockdenkens Menschen in ländlichen Regionen des Landes usw.) die Anfälligkeit für fundamentalistische, Brandenburg“ nimmt als eine der wenigen klein- also Sicherheit und Halt versprechende dogmati- räumigen Jugendstudien den Sozialraum „Land“ sche Programme, wie sie nazistische Angebote in den Blick und bietet damit eine gesicherte Da- enthalten, wohl gegeben ist“ (Hornstein 1996, tengrundlage für das anschließende Bundesmo- 298). dellprojekt „Jugendarbeit im ostdeutschen ländli- chen Raum“, welches mit einer Laufzeit von 2,5 Auch die „Arbeitsgemeinschaft sozialwissen- Jahren andauert, beschränkt sich aber – wie schaftliche Forschung und Weiterbildung e.V. hat auch die Studie aus Sachsen – auf die Situation sich in einer von der VW-Stiftung geförderten Ju- Jugendlicher in den östlichen Bundesländern. Mit gendstudie zwischen 1995 und 1999 „Über die der vorliegenden Studie über die „Lebens- und Bedeutung von Gruppenbildung und Gruppenzu- Freizeitsituation junger Menschen im Wester- gehörigkeit für Jugendliche“ mit dem ansteigen- waldkreis“ möchten wir einen Beitrag zur Erfor- den Gewaltniveau männlicher Jugendlicher be- schung der Situation Jugendlicher in einer ländli- faßt. Die Ergebnisse dieser Jugendstudie sind chen Gegend im zudem insgesamt überwiegend besonders im Hinblick auf die Bildung und Ein- ländlich strukturierten Bundesland Rheinland- ordnung gewaltbereiter Jugendgruppen relevant, Pfalz leisten.

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6.2 Jung sein auf dem Lande Zum Stand der Fachdiskussion über die Lebenssituation Jugendlicher in ländlichen Regionen

Die Lebenswelten und Lebensbedingungen Die Schul- und Ausbildungssituation hat sich von Jugendlichen, die auf dem Lande aufwach- seit der Bildungsreform in den sechziger Jahren sen unterscheiden sich – so die durchgängige auch auf dem Lande erheblich verbessert. Es gibt These der vorliegenden Forschungsliteratur – ein flächendeckendes Angebot an allgemeinbil- erkennbar von jenen Jugendlicher, die in den denden Schulen, so daß die Bildungsqualifikation Städten und Ballungsgebieten leben, obwohl heute mit der in städtischen Gebieten vergleich- ähnliche Themen den Alltag beider Gruppen bar ist. Meist befinden sich die Schulen zentrali- bestimmen. Jüngere Untersuchungen über die siert in Unter- bzw. Mittelzentren der Region, spezifischen Bedingungen und Probleme Jugend- sind aber in ihrer Angebotsdifferenzierung z.T. licher auf dem Lande charakterisieren deren Situ- nur mit erheblichem Mehraufwand an Mobilität zu ation als „Leben in zwei Welten“. Sie sind kon- erreichen. Häufig müssen weite Strecken zurück- frontiert mit der „urban-industriellen Welt der gelegt werden. Chancengleichheit auf dem Bil- Bildung, des Berufs, der Medien, der Freizeit und dungssektor ist für viele Jugendliche auf dem des Konsums auf der einen Seite und der dörfli- Land mit erheblichen Fahr-Zeitinvestitionen und chen Kontrolle, der Durchgängigkeit der alltägli- daher dem Verlust von Freizeit verbunden. Auch chen Lebensbereiche, der Tabus und traditiona- hinsichtlich der Ausbildungs- und Berufschancen len Selbstverständlichkeit, aber auch der Ver- gibt es trotz angeglichenem Bildungsstand immer trautheit, Geborgenheit und sozialen Sicherheit noch Defizite. Seltener sind ausreichend höher- der ländlichen Sozialwelt auf der anderen Seite“ qualifizierte Ausbildungsplätze vorhanden. Ju- (Böhnisch u. Winter 1990, 19). gendliche versuchen zwar aufgrund hoher schuli- scher Qualifikation den eingeschränkten Aus- Der gesellschaftliche Strukturwandel einer nach- wahlmöglichkeiten zu entgehen, sind dann aber weisbaren Entstrukturierung der Lebenslagen gezwungen, ihre Heimatregion – wenigstens Kindheit und Jugend und der Pluralisierung der pendelnd – zu verlassen, wenn sie ihren Lebens- und Bewältigungsformen im Freizeit-, Wunschberuf ergreifen möchten: „Diejenigen, die Sozial- und Berufsbereich (vgl. Lüders 1998, 55) weder abwandern noch auspendeln wollen (oder betrifft Jugendliche zwar generell, hat aber für können) bleibt nur die Aufnahme von unterwerti- diejenigen, die in ländlichen Lebenswelten auf- gen Beschäftigungsverhältnissen trotz hoher wachsen die verstärkte „soziale und kulturelle schulischer Qualifikation oder der frühzeitige Freisetzung“ (Böhnisch u. Winter 1990, 19) zur Eintritt ins Berufsleben“ (Blanc u.Böhnisch 1985, Folge. Bindungen zum Dorf werden durch Zwang 295). und Möglichkeit zu gesteigerter Mobilität (Bil- dungswesen und Freizeitgestaltung) brüchig. Die Mobilität gehört zum Alltag der Jugendlichen ohnehin problematische Situation Jugendlicher auf dem Lande. Sie sind sowohl in ihrer Schul-, auf dem Arbeitsmarkt, die Chancenungleichheit Ausbildungs- und Berufszeit wie auch in der Frei- von Mädchen und jungen Frauen, die Verschär- zeit, auf öffentliche Verkehrsmittel, eigene Fahr- fung sozialer Gegensätze, die Umverteilung von räder, Mofas, Mopeds, Autos und die Fahrgele- Ressourcen zwischen Jung und Alt und das genheiten von Eltern, Freunden und Bekannten wachsende Armutsrisiko im Hinblick auf Famili- angewiesen: „Die täglichen oder wöchentlichen engründung (vgl. Lüders 1998, 55) betreffen Fahrten zwischen dörflichen Wohnort und (klein- auch die Jugendlichen auf dem Lande. Auch sie städtischem) Arbeits- oder Ausbildungsplatz (...) wollen an der Vielzahl von jugendspezifischen gehört heute zu den raumtypischen Lebenswei- Szenen und Stilen partizipieren, sind aber sen auf dem flachen Land“ (Blanc u. Böhnisch zugleich durch ihre ländliche Lebenssituation 1985, 296). Häufig sind Schule oder Arbeitsplatz daran gehindert. Denn ohne Rückgriffmöglich- mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, keiten auf ein öffentliches Nahverkehrsnetz sind deren Verkehrszeiten aber auf die Schul- und ihre Wünsche und Ansprüche nur mit erhöhtem Arbeitszeiten abgestimmt, so daß Jugendliche Mobilitätsaufwand und realisierbar. abends und am Wochenende nicht oder nur ein- geschränkt auf öffentliche Verkehrsmittel zurück-

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greifen können. Sie sind in ihrer Freizeit auf bundenheit mit der Heimatregion eine Ressource Fahrmöglichkeiten angewiesen, um Freunde zu zur eigenen Identitätsentwicklung (vgl. Lüders treffen, um Veranstaltungen besuchen zu kön- 1998, 57). nen, oder um einfach unterwegs zu sein. Eigene Fahrzeuge besitzen dementsprechend einen sehr In der Forschungsliteratur wird das Freizeitbud- hohen Stellenwert: „Mit 14 ein Mofa, mit 16 ein get von Jugendlichen auf dem Lande als stark Moped, mit 18 ein Auto oder Motorrad – das sind eingeschränkt gegenüber dem von Jugendlichen gleichsam zwingende Stationen des Erwachsen- in der Stadt beschrieben: „Nicht nur durch die werdens auf dem Lande“ (Böhnisch u. Münch- dargestellten Entfernungen sind frei verfügbare meier 1999, 146). Vor allem, solange Jugendliche Zeiten für die Jugendlichen auf dem Land stark auf dem Land noch nicht mobil sind, müssen sie eingeschränkt. Die Mithilfe im Haushalt, Repara- mit den erreichbaren Szenen und Treffpunkten turen und Pflege von Haus und Garten, sowie vorliebnehmen und sich gegebenenfalls auch Nachbarschaftshilfe (mit ihrem sozial stark ver- entgegen ihrer eigentlichen Interessen an vor- pflichtenden Charakter) verringern das Freizeit- handene Jugendkulturen anpassen bzw. für ver- budget erheblich. Das Eingespanntsein in diese schiedene Szenen flexibel bleiben (vgl. Lüders Arbeitsvollzüge und Sozialbezüge mit ihren saiso- 1998, 56). nalen Arbeitsspitzen unterscheidet sich erheblich von dem der Altersgruppe in Ballungszentren“ Jugendliche in ländlichen Lebenswelten sind – (Böhnisch u.a. 1997, 14). Diese These differen- nicht nur wegen der erschwerten Mobilitätsbe- ziert sich gemäß unterschiedlicher Gruppierungen dingungen – den „Hegemonietendenzen“ (Lüders von Landjugendlichen in bäuerliche Jugend, die 1998, 56) einzelner Szenen und der sozialen zur Existenzsicherung viel im elterlichen Betrieb Kontrolle des Lebensraums verstärkt ausgesetzt mithilft, in die ländliche Jugend mit ländlicher und zugleich existentiell auf die Einbindung in Herkunftstradition, die einer sozialen Hilfetraditi- eine Gruppe Gleichaltriger (Clique) angewiesen. on verpflichtet ist und in die ländliche Neusied- Soziale Beziehungen sind abhängig von An- lerjugend ohne solche Traditionen (vgl. Böhnisch passung und Treffmöglichkeiten, müssen sich u.Winter 1990, 19). gegenüber ungerechtfertigten Erwartungen und Ansprüchen Erwachsener zur Wehr setzen – oft Jugendliche auf dem Lande haben einen ebenso ohne auf notwendige Unterstützung hoffen zu breit gestreuten, vielfältigen Bedarf an altersge- können, denn „noch mehr als in der Stadt ist es rechter Freizeitgestaltung wie Jugendliche in der auf dem Land ein Risiko, eigene und dem Ge- Stadt aber deutlich weniger Möglichkeiten, diesen wohnten und Erlaubten widersprechende Vor- Bedarf auch zu decken. Weder ist ein fächende- stellungen zu äußern und darüber hinaus ent- ckendes Angebot an nicht-kommerziellen Jugend- sprechend zu handeln“ (MKJFF 1997, 40) – Dies freizeiteinrichtungen vorhanden, noch ist die gilt besonders für Mädchen und junge Frauen auf nötige Infrasturktur zur Bewältigung der Distan- dem Lande. zen zu den entsprechenden Angeboten vorhan- Begegnungsstätten für Jugendliche sind – in den. Ermangelung eigener, erreichbarer Räumlichkei- Jugendliche auf dem Lande sind für die alltägli- ten – häufig die Dorfkneipe und Vereine, die zu- che Freizeitgestaltung weitgehend auf das Ange- gleich für viele Jugendliche ein von Erwachsenen bot an organisierter Freizeit in Vereinen und Ver- besetztes Feld darstellen. Für Jugendliche und bänden angewiesen. Ihnen fehlen Freizeitange- Kinder scheinen auf dem Lande stabilere soziale bote außerhalb erwachsener Kontrolle und Räu- Netze zur gegenseitigen Unterstützung zu beste- me zur eigenen Gestaltung. In den wenigen Or- hen – aber um den Preis einer erhöhten Anpas- ten, wo Jugendräume zur Verfügung stehen sind sungsleistung. Sie müssen über ein hohes Maß sie von den häufig zu knapp bemessenen Öff- an sozialen Kompetenzen verfügen lernen, kön- nungszeiten reglementiert, durch häufige Perso- nen leichter soziale Netze und Beziehungen auf- nalwechsel mit wiederholten Beziehungsabbrü- bauen, da die Menschen auf dem Land stärker in chen konfrontiert und durch den auch hierfür Beziehung zueinander stehen (müssen). Zugleich unausweichlichen Mobilitätsaufwand mit zusätzli- bietet die in ländlichen Lebensstrukturen enthal- chen Kosten belastet (vgl. Lüders 1998, 56). tene Überschaubarkeit und die ausgeprägte Ver-

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Besonders zur informellen Gestaltung nicht orga- Jugendliche erhalten auf politischer Ebene in der nisierter Freizeit mit Freunden oder Cliquen feh- Regel nur dann Beachtung, wenn sie „stören“ len Schutzräume und Treffmöglichkeiten. Solche oder jugendpolitische Themen sich zu Wahl- Freizeitgestaltung ist durch die räumliche Streu- kampfzwecken nutzen lassen. Selten werden die ung der Ortschaften auch meist auf eine erhöhte Lebenslagen Jugendlicher auf dem Land als Bereitschaft zur Mobilität angewiesen. Häufig zentrale Größe bei der kommunalen Planung und bleibt den Jugendlichen als Treffmöglichkeit nur Regionalentwicklung berücksichtigt. Es ist nach die konsumorientierte Freizeitgestaltung in der wie vor unüblich, Politik transparenter zu machen örtlichen Dorfkneipe, der nächstgelegenen Disco und Beteiligungschancen für Jugendliche zu er- oder im Rahmen von Vereinsfeierlichkeiten. Aber höhen (vgl. Lüders 1998, 58) – und das, obwohl auch im kommerziellen Bereich sind explizit ju- z. B. die rheinland-pfälzische Gemeindeordnung gendorientierte Angebote meist nur in größeren ausdrücklich vorschreibt: „Die Gemeinde soll bei Gemeinden vorhanden und erfordern wenigstens Planungen und Vorhaben, die die Interessen von regionale aber dennoch kostenintensivierende Kindern und Jugendlichen berühren, diese in Mobilität: „Jugendliche binden sich nicht mehr angemessener Weise beteiligen. Hierzu soll die eng an ihr Dorf, viele sind relativ häufig im Um- Gemeinde über die in diesem Gesetz vorgesehe- land unterwegs – zu Treffs, zu Discos, zu Festen ne Beteiligung der Einwohner hinaus geeignete oder „einfach so“, um unterwegs zu sein“ (Böh- Verfahren entwickeln und durchführen.“ (§ 16c nisch u.Funk 1989, 173). GemO).

Jugendliche bedürfen besonders im politischen Jugendliche sind von den politischen Entschei- Bereich der gezielten Unterstützung ihrer „aller- dungsgremien in den Gemeinden (Gemeinderat) orten beobachtbaren Selbsthilfepotentiale“ (Lü- weitgehend ausgeschlossen und haben dort, wo ders 1998, 58), denn es mangelt ihnen nicht an sie vertreten sind (einige Pfarrgemeinderäte) Ideen und Engagement, sondern höchstens an kaum Einfluß. Zugleich wird ihnen Politikverd- „passender Unterstützung zur richtigen Zeit und rossenheit und Desinteresse an kommunalpoliti- an der Flexibilität der jeweils Verantwortlichen“ scher Verantwortungsübernahme vorgeworfen. (Lüders 1998, 58).

6.3 Partizipation Grundlagen, Probleme, Formen der Beteiligung und Mitwirkung Jugendlicher in Politik und Gemeinwesen

Nicht nur die Rheinland-pfälzische Gemeindeord- Eine Beteiligung von Jugendlichen (und Kindern) nung, sondern auch der sozialpädagogische auf kommunalpolitischer Ebene begründet sich Fachdiskurs mißt der politischen Partizipation im wesentlichen durch folgende Zielsetzungen: Jugendlicher einen hohen Stellenwert bei. Der Begriff Partizipation stammt ursprünglich aus (1) Verbesserung der Lebensqualität im Nahraum dem lateinischen „particeps“ (an etwas teilneh- Die nachwachsende Generation muß die Möglich- mend, einer Sache teilhaftig, bei etwas beteiligt) keit erhalten, als „Experten in eigener Sache“ und bezeichnet die aktive Teilhabe des Einzelnen (Deutsches Kinderhilfswerk 1997, 13) erfah- an politischen Entscheidungsprozessen. Im en- rungsorientiert und bedarfsgerecht an der Ges- geren Sinne bezeichnet er politisch motivierte taltung ihrer unmittelbaren Lebenswelt mitzuwir- Handlungen, die entweder gesellschaftliche oder ken. In Bad Odsense in Dänemark ist es bei- individuelle Zielsetzungen verfolgen, beispiels- spielsweise gelungen, durch die Beteiligung von weise die Mitwirkung an öffentlichen Angelegen- Kindern und Jugendlichen Verkehrsunfälle an der heiten oder die Emanzipation von staatlicher Umgestaltung der Schulwege die Zahl der Unfälle Fremdbestimmung (vgl. Bartscher 1998, 22). um 80 % zu senken (Deutsches Kinderhilfswerk 1997, 17).

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(2) Effektivierung kommunaler Planungen Beiträge zu leisten. Sie sind unmittelbar von Ent- Kommunale Planungen werden durch die Einbe- scheidungen betroffenen, ihnen fehlt die Vorei- ziehung Kinder und Jugendlicher kostengünstig genommenheit durch bereits vorhandenes Wis- effektiviert und optimiert, da die Orientierung an sen und man würde „ein wertvolles Potential an deren Interessen und Bedürfnissen Fehlplanun- politischer Innovation brachliegen (lassen), wenn gen verhindern hilft und Jugendliche besonders man Jugendliche nicht in den gesellschaftlichen zu unkonventionellen, kreativen Lösungen nei- Problemlöseprozeß einbezieht“ (Oerter 1997, 38). gen. Ihre Beteiligung an der Gestaltung des un- Aber Jugendlichen wird häufig Desinteresse an mittelbaren Wohnumfeldes fördert durch die politischen Themen, sowie mangelndes Wissen aktive Mitgestaltung (von Räumen, Spielplätzen über politische Zusammenhänge unterstellt (Gille etc.) die Identifikation mit dem Stadtteil oder der u.a. 1997, 148). Vergleicht man die Ergebnisse Gemeinde. Die Gefahr von Gewalt- und Vanda- aus den Shell Studien der Jahre 1984, 1991, lismusproblemen wird somit verringert während 1996 und 1999, läßt sich auf den ersten Blick die die Akzeptanz und Nutzung von Einrichtungen These der zunehmenden Politikverdrossenheit und Anlagen gesteigert wird (Deutsches Kinder- Jugendlicher bestätigen. So flacht das politische hilfswerk 1997, 12 f.). Interesse nach einem Hoch im Jahr 1991 bis zum letzten Erhebungszeitpunkt 1999 erheblich ab (3) Politische Bildung (Jugendwerk der Deutschen Shell 2000, 263). Partizipatorische Prozesse schulen grundlegende Deutet man den vorübergehenden Anstieg des demokratische Fähigkeiten junger Menschen. Sie politischen Interesses im Jahr 1991 als Folge der lernen, ihre Meinung zu vertreten, Konflikte aus- deutschen Wiedervereinigung, ist das sinkende zutragen, Kompromisse einzugehen und Verant- Interesse der folgenden Jahre eher als „Normali- wortung zu übernehmen, erhalten Einblick in sierung“ zu interpretieren (vgl. Gille u.a. 1997, kommunale Institutionen und Entscheidungspro- 152). zesse, so daß politische Zusammenhänge da- durch transparenter und lebendiger werden Verschiedene Studien belegen, daß Politik in ihrer (BMFSFJ 1998, 150). „Demokratie (ist) keine subjektiven Bedeutsamkeit im Vergleich zu den Festansprache für besondere Anlässe (...), son- Bereichen Familie, Freunde und Beruf eine nach- dern eine Frage der täglichen Mitbestimmung“ geordnete Rolle im Leben Jugendlicher spielt. (Tiemann 1997, 342) sondern wird zur alltägliche Hier handelt es sich aber nicht um ein jugend- Lebensform. Damit Jugendliche die Erfahrung spezifisches Phänomen, denn auch die Mehrheit machen können, daß ihre Bedürfnisse und Inte- der Erwachsenen gesteht Politik lediglich eine ressen von Belang sind und sie Einfluß auf kom- Randposition in ihrem Leben zu (vgl. Gille u.a. munale Vorhaben und Entscheidungen nehmen 1997, 151). können, müssen ihnen Angebote zur Teilhabe unterbreitet werden, damit eine „Beteiligungs- Politisches Interesse und Engagement ist bil- kultur, die für eine demokratisch verfaßte Gesell- dungs-, alters- und geschlechtsabhängig und in schaft als Grundvoraussetzung bezeichnet wer- seiner Beurteilung dementsprechend zu diffe- den kann“ (Palentien u. Hurrelmann 1997, 21), renzieren (vgl. Burdewick 2000, 271 f.). Zwar entsteht. zeigen bundesweit Männer ein insgesamt höhe- res Interesse an politischer Beteiligung, aber wie Politikverdrossen und Uninteressiert? das Modellprojekt „Mädchen mischen mit. Ein Sollen Partizipationsangebote Aussicht auf Erfolg Partizipationsmodell für Mädchen im ländlichen haben, müssen in ihrer Planung und Durchfüh- Raum“ (MKJFF 1997) gezeigt hat, gründet dies rung die vorhandene Ressourcen berücksichtigt auf der Neigung von Mädchen, sich eher auf werden. Verschiedene Studien liefern den Be- kommunaler Ebene und dort in praxis- weis, daß bereits Kinder die erforderlichen kogni- orientierten Projekten zu engagieren. tiven Voraussetzungen besitzen, um an der Ges- Vertrauen in politische Institutionen taltung ihres näheren Wohnumfeldes aktiv mit- Verschiedene Studien belegen die Skepsis Ju- zuwirken (Schröder 1995, 24). gendlicher gegenüber politischen Parteien. So Kinder und Jugendliche sind oftmals sogar besser genossen 1992 Greenpeace, das Bundesverfas- als Erwachsene in der Lage, neue und kreative sungsgericht, Bürgerinitiativen, Gerichte und

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Polizei das größte Vertrauen Jugendlicher, wäh- Jugendliche würde als Ausdruck von Kritik nicht rend die politischen Parteien in der Rangliste der zur Wahl gehen bzw. jeder fünfte wäre zu diesem abgefragten Institutionen nach Großunternehmen Zweck bereit, eine extreme Partei zu wählen (vgl. und Kirchen das Schlußlicht bilden (vgl. Gille u.a. Gille u.a. 1997, 169). Nichtinstitutionalisierte 1997, 155 f.). Die 13. Shell-Studie und die im Formen der Beteiligung und Einflußnahme finden Auftrag des Spiegel durchgeführte Umfrage (s.o.) dagegen große Zustimmung: ca. 75% der Ju- bestätigen diese Rangliste auch für 1999 (vgl. gendlichen würden an einer Unterschriftenaktion Jugendwerk der Deutschen Shell 2000, 270 f.). teilnehmen und mehr als 60 % an einer geneh- Die Kontinuität dieser Aussagen zeigt die Dring- migten Demonstration. Die Mitarbeit in einer lichkeit, politisches Verständnis Jugendlicher Bürgerinitiative kommt für immerhin 40 % in durch Partizipation gezielt zu fördern. Jugendli- Frage (vgl. Gille u.a. 1997, 170). che geben an, ihr mangelndes Vertrauen in tra- dierte Politikformen liege in der Überzeugung Besonders im Bereich nichtinstitutionalisierter, begründet, daß eigene Wünsche und Ansprüche unkonventioneller Partizipationsformen zeigt sich, politisch nicht umgesetzt würden. „Geringes Ver- daß die Bereitschaft zum Engagement bei vielen trauen in das institutionelle System etablierter Jugendlichen vorhanden ist. Hohe Schulbildung, Politik (in die Parteien, das Parlament und die ausgeprägtes politisches Interesse, geringes Regierung) geht also einher mit einer geringeren Vertrauen in etablierte politische Institutionen Zufriedenheit der Jugendlichen mit der Demokra- und die Orientierung an postmaterialistischen tie (so wie sie in der Bundesrepublik besteht) und Werten, wie beispielsweise Selbstverwirklichung, hängt auch zusammen mit der abnehmenden Durchsetzungsfähigkeit und gesellschaftliche Überzeugung von der Reaktionsbereitschaft und Mitbestimmung steigern in der Regel solche Be- Reaktionsfähigkeit des politischen Systems und reitschaft nochmals (vgl. Gille u.a. 1997, 171). seiner Akteure“ (Gille u.a. 1997, 158 f.). Jugendliche lassen sich gerne zur Partizipation motivieren, wenn ihnen Mitbestimmungsrechte Jugendliche betrachten politische Parteien als zugestanden werden und sie Spaß an der Teil- Organisationen, die in erster Linie von eigenen nahme haben können (Jugendwerk der Deut- Machtansprüchen und wirtschaftlichen Interessen schen Shell 1997, 324 f.), statt politische Arbeit geleitet werden. Die Fähigkeit, gesellschaftliche „als trocken, langweilig, komplex, abstrakt, un- Probleme, wie beispielsweise Massenarbeitslosig- überschaubar“ (ebd. S. 34) zu empfinden. keit und Sozialabbau zu mindern, wird ihnen ab- gesprochen (Jugendwerk der Deutschen Shell Geeignete Partizipationsformen sind also eher im 1997, 34). Der Politik wird ein mangelndes Inte- Projektbereich zu suchen als im institutionali- resse an Problemen junger Menschen unterstellt, sierten Nachempfinden erwachsener (parlamen- die These der Politikverdrossenheit der Jugend tarischer) Demokratieformen: “Einerseits lehnen wird somit umkehrbar: „Nicht die Politikverdros- sie ab was nach abstrakter, allgemeingesell- senheit der Jugend, sondern die Jugendverdros- schaftlicher Politik und verkrusteter Institutionali- senheit der Politik wird hier zum Thema“ (ebd. sierung aussieht, andererseits engagieren sie sich 17). für konkret greifbare Themen ihres Interesses in ihrem Lebensbereich, wenn ihnen die Möglich- Bereitschaft zum persönlichen Engagement keiten angeboten werden. Anders gesagt, viele Die Bereitschaft Jugendlicher, sich in konventio- Jugendliche sind bereit, sich jugend- und kom- neller Form politisch zu engagieren ist entspre- munalpolitisch einzubringen, es darf nur nicht chend ihrem Mißtrauen gering. Für fast 70 % „politisch“ genannt werden“ (Sturzenhecker aller deutschen Jugendlichen zwischen 14 und 29 1996, 15 f.). Jugendliche zeigen durchaus die Jahren kommt eine Mitgliedschaft in einer politi- Bereitschaft, sich für eigene Belange einzusetzen schen Partei grundsätzlich nicht in Frage. Selbst und unterscheiden sich damit nicht von Erwach- zur Verteidigung der Demokratie in Deutschland senen. würden nur 23 % in eine Partei eintreten (Schnibben 1994, 62). Über 90% der Jugendli- Neben der anwaltschaftlichen Interessenvertre- chen sehen Wahlbeteiligung als einzig denkbare tung durch Erwachsene (Kinderbüros, Kinderbe- Form politischer Beteiligung und ca. jeder dritte auftragte etc.) (vgl. Wawrziczny 1993, 18 f.) gibt

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es verschiedene Partizipationsmodelle für und leidet unter der fehlenden Beschluß- und Kinder und Jugendliche. Blanke (1993, S. 27f.) Durchsetzungskraft der Gremien (Schröder 1995, unterscheidet drei Formen: S. 75 ff.).

(1) Parlamentarische Formen Die parlamentarischen Formen der Beteiligung (3) Projektorientierte Beteiligungsformen (Kinder- und Jugendparlamente, Jugendgemein- Nach einer Bestandserhebung des Deutschen deräte, Kinder- und Jugendstadträte, Jugendbei- Jugendinstituts machen projektorientierte Beteili- räte, Stadtteiljugendräte und Jugendstadträte) gungsformen 57 % aller Beteiligungsangebote werden vielfach kritisiert. Wenig zielgruppenge- aus, während die offenen Formen nur 16 % und recht werden Kindern und Jugendlichen Formen parlamentarische Formen 11% betragen. Weitere traditioneller Erwachsenenpolitik aufgezwungen. 16 % Beteiligung entstehen durch die Vertretung Delegationsverfahren (vgl. Blanke 1993, 29 f.) von Kindern und Jugendlichen in Erwachsenen- und Nichtbeachtung der erarbeiteten Empfehlun- gremien, durch PolitikerInnenkontakte und Betei- gen in den entscheidungsbefugten Erwachsenen- ligung in der offenen Jugendarbeit (BMFSF Ju- Gremien (vgl. Tiemann 1997, 336) wirkt kontra- gend 1999, 30). produktiv und „Politikdistanz wird vergrößert“ Die in der Regel thematisch gebundenen, zeitlich (Tiemann 1997, 345 f.). überschaubaren und regional begrenzten Beteili- gungsprojekte (vgl. Blanke 1993, 32) arbeiten in (2) Offene Formen der Regel sehr erfolgreich. Politische Partizipation Offenen Beteiligungsformen wie Kinder- und wird prozeßorientiert an einem Thema mit per- Jugendforen, Jungbürgerversammlungen, Kin- sönlichem Bezug, vorher formulierter Zielsetzung, derkonferenzen und Jugendhearings (BMFSFJ definierter Zielgruppe und gemeinsam erarbeite- 1999, 28) sind grundsätzlich für alle Kinder und ter Konzeption erlernt: So war zum Beispiel das Jugendlichen zugänglich. Wie in den Parlamenten Ziel des rheinland-pfälzischen Modellprojektes finden in den einzelnen Sitzungen Gespräche und „Mädchen mischen mit“, „die Erarbeitung und Diskussionen mit Politikern oder anderen erwach- Umsetzung von Strategien zur Erhöhung der senen Experten über bestimmte Themen aus der Partizipation von Mädchen an der Dorfgestaltung, unmittelbaren Lebensumwelt statt. Kinder und sowie der Gestaltung von persönlichen berufli- Jugendliche haben die Möglichkeit, Probleme chen Perspektiven, um die Bleibemöglichkeiten aufzuzeigen und Forderungen an die Kommunal- für junge Frauen auf dem Lande zu erhöhen“ politiker zu stellen (Schröder 1995, 75 ff). Diese (MKJFF 1997, 32). Beteiligungsform ist auf sprachliche Ausdrucksfä- higkeit und Selbstbewußtsein – oft gekoppelt mit entsprechendem Bildungsstand – angewiesen

6.4 Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen – Begründungen und Chancen einer akzeptierenden Jugendarbeit

Die Ergebnisse der Jugendbefragung bestätigen lieren. Akzeptanz bzw. Freundlichkeit gegenüber die Einschätzung der ExpertInnen, daß Ge- ausländischen MitschülerInnen steht offensicht- waltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit auch lich in Zusammenhang mit dem angestrebten unter Jugendlichen im Westerwaldkreis vorhan- Schulabschluß und ist eher bei GymnasiastInnen den sind, aber (noch) kein Anlaß zu dramatischen vorhanden. Ausländische Jugendliche fühlen sich Bewertungen vorliegt. Die Antworten der Ju- erkennbar häufig (auch am Gymnasium) bedroht gendlichen zeigen aber auch, daß durchaus und zur Anpassung gezwungen. Gewaltbereit- ernstzunehmende Tendenzen steigender Gewalt- schaft steht – unabhängig von ihren Motiven – in bereitschaft und Fremdenfeindlichkeit zu erken- engem Zusammenhang mit Geschlechtszugehö- nen sind bzw. deutsche Jugendliche offen ihr rigkeit, Gruppenbildung, Alkoholkonsum, kultu- Desinteresse an ausländischen Mitbürgern artiku- rellen Traditionen und Bildungsweg.

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Nachdem die Ergebnisse der Shell-Studie im Die überwiegende Mehrzahl der befragten Ju- Frühjahr eine Relativierung jugendlicher Auslän- gendlichen aus dem Westerwaldkreis hat inner- derfeindlichkeit meldete (vgl. Münchmeier 2000, familiäre Gewalt durch die Eltern als bedroh- 116-122), legte die Medienberichterstattung im lichste Gewaltform genannt. Eine Aussage, die vergangenen Sommer ihren Schwerpunkt auf sich mit den Einschätzungen der interdis- Gewaltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit ziplinären Konflikt- und Gewaltforschung deckt. rechtsorientierter Jugendlicher und zeigte (an- Innerfamiliäre Gewalt geht – ebenso wie Rechts- satzweise), daß es sich nicht um ein Randgrup- extremismus – von einer Ideologie der Ungleich- penphänomen ostdeutscher Jugendlicher in länd- wertigkeit aus und propagiert Gewalt als effekti- lichen Lebenswelten, sondern um ein bundes- ves Handeln in Konfliktfällen (vgl. Heitmeyer weites, Problem in Städten und auf dem Land 2000, 10). Die Einschätzung der Jugendlichen handelt. Der Tenor der Berichterstattung bezieht zeigt, daß im familiären Bereich durchaus ein sich auf eine Gewaltbereitschaft Jugendlicher, der Bedrohungspotential gesehen wird. Innerfamili- Sozial- und Jugendarbeiter – glaubt man den äres Gewalthandeln läßt Jugendliche die Mißach- Medien – nur mit Hilflosigkeit, Angst und Resig- tung des Rechts auf Gleichwertigkeit und Unver- nation begegnen können und versucht zu bele- sehrtheit als alltägliche Selbstverständlichkeit gen, daß sozialpädagogische Erklärungs- und erleben und das "Recht des Stärkeren" als effek- Handlungsansätze der vergangenen Jahre ge- tives Muster erlernen, besonders dann, wenn die scheitert seien. eigene soziale Position und Integration bedroht scheint. „Rechtsextreme Parteien und Organisati- Die Berichte erzählen vom Neonazi, dem eine onen sind die Nutznießer sozialer Desintegrati- Sozialarbeiterstelle auf ABM-Basis angeboten onsängste und –erfahrungen“ (Heitmeyer 2000, wurde, von unausgebildeten, ausschließlich auf 10). ihre Intuition vertrauenden ABM-Kräften in Ju- gendclubs, von kommunal finanzierten rechten Der Bedarf an partizipatorisch organisierten de- Jugendclubs in Selbstverwaltung und vom an- mokratischen Übungsfeldern für Jugendliche geblich gescheiterten Ansatz der akzeptanzorien- steht in engem Zusammenhang mit der Proble- tierten Jugendarbeit mit gewaltbereiten Jugendli- matik einer solchen Ideologie der Ungleichwer- chen. Die medial vermittelten Erklärungsansätze tigkeit. Fehlen solche Übungsfelder für eine auf reichen von Zukunftsängsten Jugendlicher bis hin Unversehrtheit und Gleichwertigkeit basierende, zu hirnbiologischen Erklärungsversuchen von grundsätzliche Anerkennung des Anderen – auch Gewaltbereitschaft als Resultat einer unheilbaren und besonders im konflikthaften Ringen um ge- Traumatisierung durch Millieuschädigung oder meinsam geteilte Prinzipien und knappe Ressour- zaghaften Differenzierungsversuchen zwischen cen – so können sich statt demokratischer Maxi- jugendlicher Identitätssuche und Funktionären men totalitäre Einstellungen und Handlungs- bzw. Vertretern rechter Ideologien. muster etablieren.

Im folgenden soll versucht werden, dem "Feind- Dieses Versäumnis auf erwachsener Seite wird bild" der Massenmedien eine fachlich differen- zur Zeit mit der einseitigen Pauschalisierung Ju- zierte Sichtweise entgegenzusetzen und einen gendlicher als „Problemgruppe“ verdeckt, obwohl Überblick über Erklärungsansätze, Differenzie- hinreichend bekannt ist, daß Rechtsextremismus, rungsnotwendigkeiten und methodische Überle- Rassismus und Fremdenfeindlichkeit keine Ju- gungen im pädagogischen Umgang mit Ge- gendphänomene sind. Hier wird ein alle Alters- waltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit seit klassen betreffendes, gesellschaftliches Problem Mitte der 80er Jahre zu geben. Anschließend durch einseitige Zuschreibungen auf eine Gruppe werden das seit einigen Jahren – durchaus er- überwiegend männlicher Jugendlicher verscho- folgreich – erprobte Modell der cliquenorientier- ben und damit in seinen Ausmaßen aus dem ten Jugendarbeit und seine Möglichkeiten und Zentrum der Gesellschaft an deren Ränder verla- Grenzen im Präventions- und Interventionsbe- gert (vgl. Ahlheim 1993, 221). Die Instrumentali- reich vorgestellt. sierung von Jugendarbeit zur „Problemlösung“ bzw. Verantwortlichkeitsübernahme liegt nahe, und setzt die „für Jugenddebatten typische Ten-

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denz“ fort, ein allgemeines gesellschaftliches Gesellschaftlich und pädagogisch ausgegrenzt, Problem „projektiv als Jugendproblem zu verhan- werden Jugendliche gezwungen, sich über ihre deln, wodurch eine Auseinandersetzung mit den Ausgrenzung zu definieren und suchen nach im- wirklichen Ursachen aus dem Blickfeld gerät“ mer deutlicheren Formen, auf sich aufmerksam (Scherr 1992, 22). zu machen bzw. die Ausgrenzung zu bestätigen. Angesichts dieser Situation entwickelte Krafeld Jugendarbeit kann dementsprechend nicht die (1992) mit MitarbeiterInnen und StudentInnen Lösung und schon gar kein Ersatz für eine inte- die in der medialen Diskussion heute so heftig grative Politik sein, aber sie ist und bleibt ein angegriffenen „Grundsätze einer akzeptierenden wichtiger Interventionsansatz für eine konstrukti- Jugendarbeit mit rechten Jugendcliquen“. ve Auseinandersetzung mit Gewaltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit (vgl. Scherr 1992, 29) Dieser Arbeitsansatz geht vom Bedürfnis Jugend- und kann zugleich der Kriminalisierung Jugendli- licher nach stabilen sozialen Beziehungen aus cher entgegenwirken. und versteht auch rechte, gewalttätige Jugendli- che als sich auf der Suche nach Möglichkeiten Unbestritten ist Gewalt – ähnlich wie Alkoholkon- und Wegen befindend, mit einem belasteten sum oder die Nutzung von Unterhaltungs- Alltag klarzukommen. Akzeptierende Jugendar- angeboten – ein verbreitetes Element jugendli- beit hat die Erfahrung gemacht, daß Aufklärung, chen Verhaltens und entwickelt sich aus dem Belehrung und Beurteilung die Eskalation der Versuch einiger Jugendkulturen, einen eigenen Gewaltbereitschaft fördern, den Zugang zu den Lebenszusammenhang bzw. einen eigenen ju- Jugendlichen verhindern und die Ausgrenzung gendkulturellen Alltag aufzubauen. Die Raum und verschärfen. Daher ist der Ansatz solcher Ju- Ressourceneroberung kann sich hin zu verfes- gendarbeit „zunächst einmal nur verstehen zu tigten Feinbildern verselbständigen bzw. von wollen, was den Jugendlichen selbst ihre eigenen solchen vereinnahmt werden (vgl. Koch u. Behn Orientierungs- und Handlungsmuster bedeuten 1997, 110 f.). und warum“ (Krafeld 1992, 39). Solches Verste- hen ist die einzige Chance, mit den Jugendlichen Auf der Suche nach eigener Identität und kultu- überhaupt in Kontakt zu kommen und so ihre reller Zugehörigkeit verstoßen Jugendliche häufi- Bedürfnisse, Interessen und Erfahrungen ken- ger gegen gesellschaftliche Normen: Sie konsu- nenzulernen. Bemühen um Verständnis meint mieren illegale Drogen, verwenden Gewalt als nicht, derartige Haltungen gutzuheißen oder gar Mittel, um ihre Ziele durchzusetzen und sie pro- die Ansichten der Jugendlichen zu teilen. Im vozieren (auch) mit verfassungwidrigen Symbo- Gegenteil – Bemühen um Verständnis kann nur len. Sie verhalten sich in den verschiedensten dort stattfinden, wo andere Haltungen vorhanden Formen kriminell, wissen darum und haben we- sind, Träger von abweichenden Haltungen aber nig Veranlassung solches Verhalten zu vermei- nicht per se verurteilt werden, sondern unabhän- den. Ganz im Gegenteil: ohnehin stigmatisiert gig von ihren Haltungen und Einstellungen als und von der Erfahrung geprägt, durch Auffällig- gleichwertige Menschen anerkannt werden. keit Macht ausüben zu können, definieren sie sich künftig über ihre Ausgrenzung und legitimieren Grundlagen von akzeptierender Jugendarbeit sind damit zugleich die eigene Ablehnung anderer. neben dieser offenen Haltung gegenüber dem Außerdem erleben sie, daß Erwachsene, die in einzelnen jungen Menschen ein Angebot akzep- erheblich größerem Maße gegen Normen und tierter sozialer Räume, die Akzeptanz von Cliquen Gesetze verstoßen nur selten und in wesentlich als zentrale soziale Organisationsform der Ju- geringerem Maße dafür zur Verantwortung gezo- gendlichen und das Entwickeln einer Beziehungs- gen werden. Koch und Behn (1997) weisen auf arbeit, die sich auf gegenseitige Akzeptanz stützt. die Tradition von Jugendgewalt in unterschied- Akzeptanz darf nicht – und so wird dieser Ar- lichsten Jugendkulturen seit den fünfziger Jahren beitsansatz häufig mißgedeutet – mit Anbiede- hin, und betonen die Normalität solcher Jugend- rung verwechselt werden, sondern „verlangt kulturen – auch als sozialpädagogisches Hand- geradezu danach, die Jugendlichen immer wieder lungsfeld. damit vertraut zu machen, daß die Jugendarbei- terInnen selbst andere Umgehensweisen und

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Konfliktregelungensmuster verwenden und diese künftiger Taten durch Einmischung zu verringern. auch vergleichsweise für geeigneter halten“ Akzeptierende Jugendarbeit hat ihre Grenzen (Welp 1992, 50). Grundlegende Voraussetzung entsprechend dort, wo andere körperlich und für Jugendarbeit mit dieser Zielgruppe ist die sich seelisch tiefgreifend verletzt werden. von ihr deutlich unterscheidende politische und ethische Orientierung der Fachkräfte, die dies Die kontroverse Diskussion um diesen vielfach auch in ihrem Handeln immer wieder erfahrbar fehlgedeuteten Ansatz akzeptierender Jugendar- machen müssen. Akzeptanz bezieht sich unbe- beit mit rechten Jugendcliquen hat zu einer Dif- dingt auf Grundsätzliches, begründet Einmi- ferenzierung im theoretischen Konzept geführt schungs- und Veränderungsprozesse, distanziert und formuliert nun als oberste Maxime die Ge- sich aber deutlich von „Übereinstimmung“ oder rechtigkeitsorientierung in der Jugendarbeit. „Hinnehmen“ und betont den Zusammenhang Ausgehend von dem Gedanken, daß dort, wo zwischen „Problemen, die jemand hat, und Prob- rechtsextremistisch orientierte Jugendliche nicht lemen die jemand macht – freilich ohne damit ausgegrenzt sind bzw. mit Gewalt andere aus- gleichzeitig Täter und Opfer umzudefinieren, grenzen, kein Grund mehr für Akzeptanz besteht, schlimme Taten zu verharmlosen oder solche gar aber um so dringlicher Anlaß für eine qualifizierte zu entschuldigen“ (Krafeld 2000 a, 17 ff. Her- Jugendarbeit gegeben ist. Gerechtigkeitsorien- vorheb. i. Orig.). tierung betont sowohl die zentralen Interessen und Bedürfnisse gewaltbereiter Jugendlicher, Ziel solcher Jugendarbeit ist damit weder Ent- konfrontiert diese aber gleichzeitig auch mit den schuldigung noch Sanktionierung, sondern aus- Ansprüchen anderer Menschen auf ein Leben in schließlich die Wahrscheinlichkeit und das Risiko Würde und Gerechtigkeit (vgl. Krafeld 2000 b).

6.5 Cliquenarbeit mit Jugendlichen

Ein vielversprechender und in verschiedenen Diese wird erst nötig, wenn Cliquen – gemäß Modellen mittlerweile praxisbewährter Lösungs- ihrer jeweiligen jugendkulturellen Ausrichtung – ansatz für Probleme, die Jugendliche machen, sich konflikthaft aus dem cliquentypischen Pro- weil sie Probleme haben, ist die cliquenorientierte behandeln heraus „Territorien in ihrer Umwelt Jugendarbeit. aneignen, die eigentlich für sie keinen Platz zu haben scheint“ (Krafeld 1998, 99). Dann wird die Mit 75 % Cliquenzugehörigkeit repräsentieren die fachlich fundierte Förderung und Begleitung der von uns befragten Jugendlichen des Westerwald- cliquenbezogenen, subjektgeleiteten Aneignungs- kreises den Bundesdurchschnitt (ca. 80%) und und Entfaltungsprozesse nötig – u.a. durch das zeigen den Bedeutungszuwachs der Cliquenzu- Bereitstellen geeigneter Räumlichkeiten mit al- gehörigkeit als zentrale Sozialisationsinstanz für ters- und bedarfsgerechtem Beratungs-, Modera- Jugendliche der Gegenwart. Hier erfahren sie tions- und Unterstützungsangebot. D.h. cliquen- soziale Einbindung und können sich in ihrer I- orientierte Arbeit muß die Jugendlichen in ihrer dentitätsbildung und Persönlichkeitsentwicklung Lebenswelt aufsuchen und durch Unterstützung auf den personalen Austausch mit Gleichaltrigen aber auch durch „personal geleitete Konfrontati- stützen (vgl. Krafeld 1998, 97). on“ mit den je spezifischen jugendkulturellen Entfaltungs- und Auseinandersetzungsprozessen Cliquen sind selbstorganisierte und selbstbe- Zugänge zu den Jugendlichen finden (vgl. Krafeld stimmte Sozialgebilde zur Gegenwartsaneignung 1998, 100 f.). Cliquen benötigen zunächst kein und Lebensbewältigung Jugendlicher und bedür- Aktivitätsangebot im Sinne traditioneller Jugend- fen per se zunächst keiner (sozial-) päda- arbeit, sondern geschützte Treffmöglichkeiten gogischen Intervention. und Akzeptanz. Die Befragungsergebnisse unse-

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rer Studie in der z. B. 37% der Jungen und 24% sam erarbeitet werden. So können soziale und der Mädchen nur dann Probleme mit ausländi- kreative Kompetenzen der Jugendlichen entdeckt schen Jugendlichen benennen wenn diese in und gefördert werden und ein positives Selbst- Cliquen auftreten zeigt den erheblichen Bedarf an wertgefühl kann der Bestätigung durch Gewalt- cliquenorientierten Angeboten für Jugendliche im handlungen entgegengesetzt werden. Westerwaldkreis – auch um die stets in Cliquen vorhandenen Abgrenzungsbedürfnisse leben zu Cliquenorientierte Jugendarbeit bietet – sind können und positive Erfahrungen anzustreben. einmal Räume für die Cliquen vorhanden – ideale Die cliquenbezogenen Gründe für körperliche Ausgangsbedingungen für themenbezogene Pro- Auseinandersetzungen (48%) zeigen – unabhän- jekte, ist Grundlage für situative Einzelgespräche gig von der Nationalität der Jugendlichen – aber und Einzelarbeit, schafft ein Übungsfeld um an- mit deutlichem Bezug auf Gewohnheiten des dere Verhaltensmuster zu erleben und zu erler- Alkoholkonsums einen ebenfalls dringenden Be- nen und läßt dennoch die nötigen Freiräume, die darf an entsprechenden Angeboten. Jugendliche brauchen um erwachsen zu werden. Sie ist die Alternative zur appelativen Moralpäda- In allen cliquenrelevanten Befragungsergebnis- gogik der Vergangenheit, die Konflikte durch sen, sind signifikante Unterschiede zwischen den Verbote und Ausgrenzung zu vermeiden ver- Angaben weiblicher und männlicher Jugendlicher suchte und stattdessen aus latent vorhandener zu erkennen und verweisen auf einen entspre- Gewaltbereitschaft manifeste Gewaltorientierung chenden, geschlechtsbezogen ausgerichteten entstehen ließ. Jugendliche – und ganz beson- Angebotsbedarf. ders männliche Jugendliche – müssen lernen, Konflikte anders als durch Gewalthandeln oder Jugendcliquen brauchen möglichst selbst gestalt- Gewaltandrohung zu lösen. Dieses äußerst an- bare, abgegrenzte Räume (Treffpunkte), die aber spruchsvolle Ziel des Erwerbs eines demokrati- dennoch die Möglichkeit der Kontaktaufnahme schen Repertoires an Handlungs- und Haltungs- mit anderen Jugendcliquen beinhalten und sie alternativen ist nur durch entsprechend qualifi- benötigen die Wahrnehmung, Anerkennung und zierte MitarbeiterInnen und gesprächs- wie auch Unterstützung durch Erwachsene, die sie nach handlungsbereite KommunalpolitikerInnen zu außen unterstützen und nach innen die nötigen erreichen. Freiräume lassen. So kann cliquenorientierte Jugendarbeit auf demokratischen Grundlagen, Ist durch (aufsuchende) Cliquenarbeit einmal die ohne Verbote aber mit klaren Grenzsetzungen, Grundlage für Deeskalationsarbeit und konstruk- Demokratielernen fördern und sich „kritisch be- tive Konfliktlösung gelegt, zeigen sogar Skin- gleitend“ (Krafeld 1998, 183) auch in problemati- headgruppen von sich aus (!) z.B. Interesse an sche Entwicklungen einmischen. Anti-Gewalt-Trainings, in denen sie andere Handlungsmöglichkeiten einüben können und Neben dem Angebot an akzeptierten sozialen finden Kontakte zu Jugendlichen, die anders sind Räumen und Zusammenschlüssen, die nicht per- als sie (vgl. Sturzenhecker 2000, 37 ff.). Cliquen- manent verteidigt werden müssen, ist die Ent- arbeit darf aber keinesfalls als „methodischer wicklung einer stabilen Beziehungsarbeit unter Trick“ (Deinet 1999, 169) mißbraucht werden, gegenseitiger Akzeptanz die dritte zentrale Säule sondern ist allein um ihrer selbst bzw. der Clique cliquenorientierter Jugendarbeit (vgl. Krafeld willen zu verstehen und als solche auch konzep- 1992, 44). Solche Beziehungsarbeit fordert hohes tionell festzuhalten. fachliches Können und Konfliktfähigkeit von den JugendarbeiterInnen: Bestehende Cliquenstruk- Für die Lebens- und Freizeitsituation von Jugend- turen müssen akzeptiert und nach außen vertre- lichen im Westerwaldkreis hat – die ohnehin ten werden, Gruppendynamik muß beobachtet dringend erforderliche – Cliquenarbeit zusätzliche und eingeschätzt werden und demokratische Aktualität und Brisanz: Jugendliche stehen hier – Regeln und Normen im Umgang miteinander wie unserer Befragung gezeigt hat – aufgrund müssen durch kritische Positionen und Haltungen ihres problematischen Mobilitätsbedarfs unter in Verbindung mit der unbedingten Anerkennung zusätzlichem Anpassungsdruck an vorhandene der Person des anderen vorgelebt und gemein- Cliquenstrukturen und sind durch solche Abhän-

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gigkeiten der Gefahr, sich gewaltorientierten erforderliche Integration Jugendlicher ausländi- und/oder drogenkonsumierenden Cliquen anzu- scher Herkunft unterstützen und zugleich dem schließen, besonders ausgesetzt. auf ihnen lastenden, erheblichen Anpassungs- druck begegnen. Cliquenorientierte Jugendarbeit bietet vielfältige interkulturelle Möglichkeiten, kann die dringend

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7. „Und nun ...“ – Schlußworte, Dank und Wünsche

Was als Studienprojekt vor zwei Jahren begann, sequenzen folgen. Ob diese Studie nur ein in kleiner Runde beraten und von zehn Studie- „Sturm im Wasserglas“ war oder ob tatsächlich in renden über teilweise lange Durststrecken durch- lokaler Politik und Verantwortung Gespräche getragen, hat im Ergebnis schon viel Staub auf- geführt, Anregungen aufgenommen und ggf. gewirbelt. Die Präsentation vor Jugendlichen und Konsequenzen gezogen werden, bleibt abzuwar- Fachwelt im Mai 2000 in der Bürgerhalle in Wir- ten. ges, Berichte in Fernsehen und Presse haben hoffentlich nicht nur kurzfristig und negativ für Vielen, die sich beteiligt haben, sei nochmals Aufmerksamkeit gesorgt. herzlich für ihre Bereitschaft und Mitarbeit ge- dankt: Jugendlichen und Lehrerinnen und Leh- Die beteiligten Studierenden des Diplomstudien- rern in den Schulen, den befragen Expertinnen ganges Erziehungswissenschaft haben viel ge- und Experten, den Verwaltungen, die Zahlen und lernt und dafür viel Zeit und Energie investiert. Statistiken zur Verfügung gestellt haben. Daß Für die Möglichkeit ist zu danken, allen voran ihre Mitarbeit im Ergebnis den jungen Menschen Joachim Jösch, der als unermüdlicher Initiator im Westerwald-Kreis zugute kommt, wünschen und Motor die Untersuchung überhaupt möglich wir uns und ihnen vor allem. gemacht hat.

Die Arbeiterwohlfahrt als aktiv beteiligter Auf- traggeber hat Erkenntnisse gewonnen und Er- wartungen geweckt, jetzt sollen erkennbare Kon-

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8. Literatur

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92 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

9. Anhang

9.1 Die 192 Ortsgemeinden des Westerwaldkreises

Nr. Name der Ortsgemeinde Merkmale zur Alters- Soziale Belastungs- struktur der Bevöl- faktoren kerung Verbandsgemeinde 1 Bad Marienberg Klasse 4 Klasse 4 2 Bölsberg Klasse 6 Klasse 2 3 Dreisbach Klasse 4 Klasse 4 4 Fehl-Ritzhausen Klasse 4 Klasse 1 5 Großseifen Klasse 4 Klasse 3 6 Klasse 6 Klasse 2 7 Hardt Klasse 4 Klasse 1 8 Hof Klasse 2 Klasse 1 9 Klasse 2 Klasse 3 10 Klasse 6 Klasse 1 11 Lautzenbrücken Klasse 1 Klasse 5 12 Mörlen Klasse 2 Klasse 4 13 Klasse 2 Klasse 3 14 Klasse 1 Klasse 3 15 Klasse 5 Klasse 5 16 Klasse 5 Klasse 2 17 Stockhausen-Illfurth Klasse 2 Klasse 4 18 Klasse 4 Klasse 4 Verbandsgemeinde 19 Klasse 4 Klasse 3 20 Klasse 1 Klasse 3 21 Klasse 5 Klasse 1 22 Klasse 4 Klasse 3 23 Klasse 6 Klasse 1 24 Klasse 5 Klasse 1 25 Klasse 4 Klasse 1 26 Hachenburg Klasse 5 Klasse 4 27 Klasse 4 Klasse 1 28 Klasse 6 Klasse 2 29 Klasse 6 Klasse 5 30 Höchstenbach Klasse 5 Klasse 4 31 Klasse 6 Klasse 1 32 Klasse 6 Klasse 1 33 Limbach Klasse 5 Klasse 1 34 Linden Klasse 6 Klasse 1 35 Klasse 4 Klasse 1 36 Klasse 5 Klasse 3 37 Klasse 4 Klasse 1 38 Klasse 4 Klasse 3 39 Mörsbach Klasse 5 Klasse 3 40 Klasse 5 Klasse 1

93 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

Nr. Name der Ortsgemeinde Merkmale zur Alters- Soziale Belastungs- struktur d.Bevölkerung faktoren 41 Mündersbach Klasse 4 Klasse 3 42 Müschenbach Klasse 4 Klasse 3 43 Klasse 5 Klasse 4 44 Rossbach Klasse 5 Klasse 3 45 Klasse 4 Klasse 4 46 Stein-Wingert Klasse 6 Klasse 1 47 Klasse 5 Klasse 2 48 Klasse 5 Klasse 3 49 Klasse 4 Klasse 3 50 Wied Klasse 6 Klasse 3 51 Klasse 5 Klasse 4 Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen 52 Klasse 5 Klasse 4 53 Klasse 6 Klasse 4 54 Höhr-Grenzhausen Klasse 4 Klasse 5 55 Kammerforst Klasse 2 Klasse 2 Verbandsgemeinde Montabaur 56 Boden Klasse 6 Klasse 2 57 Daubach Klasse 4 Klasse 2 58 Klasse 6 Klasse 1 59 Klasse 2 Klasse 1 60 Girod Klasse 2 Klasse 1 61 Görgeshausen Klasse 2 Klasse 2 62 Großholbach Klasse 2 Klasse 2 63 Klasse 1 Klasse 1 64 Klasse 4 Klasse 2 65 Holler Klasse 4 Klasse 1 66 Horbach Klasse 4 Klasse 1 67 Hübingen Klasse 4 Klasse 1 68 Klasse 6 Klasse 2 69 Montabaur Klasse 4 Klasse 5 70 Nentershausen Klasse 2 Klasse 2 71 Neuhäusel Klasse 4 Klasse 2 72 Klasse 6 Klasse 2 73 Klasse 4 Klasse 2 74 Klasse 5 Klasse 2 75 Klasse 4 Klasse 1 76 Ruppach-Goldhausen Klasse 4 Klasse 2 77 Simmern Klasse 4 Klasse 2 78 Klasse 2 Klasse 1 79 Klasse 2 Klasse 1 80 Klasse 4 Klasse 4 Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach 81 Alsbach Klasse 4 Klasse 3 82 Breitenau Klasse 5 Klasse 3 83 Caan Klasse 5 Klasse 1 84 Klasse 2 Klasse 2 85 Klasse 2 Klasse 5 86 Klasse 4 Klasse 4

94 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

Nr. Name der Ortsgemeinde Merkmale zur Alters- Soziale Belastungs- struktur der Bevöl- faktoren kerung 87 Oberhaid Klasse 2 Klasse 4 88 Ransbach-Baumbach Klasse 5 Klasse 5 89 Klasse 1 Klasse 4 90 Klasse 1 Klasse 1 91 Klasse 5 Klasse 3 Verbandsgemeinde 92 Klasse 3 Klasse 1 93 Klasse 4 Klasse 1 94 Hellenhahn-Schellenberg Klasse 4 Klasse 2 95 Homberg Klasse 1 Klasse 1 96 Hüblingen Klasse 5 Klasse 4 97 Klasse 4 Klasse 3 98 Klasse 2 Klasse 2 99 Neunkirchen Klasse 5 Klasse 1 100 Neustadt (Westerwald) Klasse 2 Klasse 1 101 Niederrossbach Klasse 1 Klasse 4 102 Nister-Möhrendorf Klasse 2 Klasse 3 103 Klasse 5 Klasse 4 104 Oberrossbach Klasse 5 Klasse 4 105 Rehe Klasse 1 Klasse 1 106 Rennerod Klasse 4 Klasse 4 107 Salzburg Klasse 1 Klasse 3 108 Klasse 4 Klasse 4 109 Stein-Neukirch Klasse 1 Klasse 1 110 Klasse 4 Klasse 5 111 Waldmühlen Klasse 2 Klasse 1 112 Klasse 1 Klasse 3 113 Willingen Klasse 1 Klasse 4 114 Klasse 6 Klasse 3 Verbandsgemeinde Selters 115 Klasse 2 Klasse 3 116 Klasse 4 Klasse 1 117 Klasse 5 Klasse 1 118 Klasse 1 Klasse 5 119 Klasse 4 Klasse 1 120 Herschbach Klasse 5 Klasse 5 121 Krümmel Klasse 1 Klasse 4 122 Klasse 1 Klasse 4 123 Klasse 2 Klasse 3 124 Klasse 4 Klasse 4 125 Klasse 5 Klasse 1 126 Quirnbach Klasse 4 Klasse 2 127 Rückeroth Klasse 5 Klasse 3 128 Klasse 4 Klasse 1 129 Selters (Westerwald) Klasse 5 Klasse 5 130 Klasse 2 Klasse 1

95 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

Nr. Name der Ortsgemeinde Merkmale zur Alters- Soziale Belastungs- struktur der Bevöl- faktoren kerung 131 Steinen Klasse 1 Klasse 1 132 Klasse 5 Klasse 5 133 Wölferlingen Klasse 4 Klasse 3 134 Klasse 3 Klasse 1 135 Klasse 4 Klasse 2 Verbandsgemeinde 136 Klasse 5 Klasse 4 137 Klasse 2 Klasse 3 138 Obererbach Klasse 4 Klasse 1 139 Klasse 2 Klasse 2 140 Klasse 2 Klasse 2 141 Arnshöfen Klasse 4 Klasse 1 142 Klasse 5 Klasse 1 143 Klasse 5 Klasse 3 144 Ettinghausen Klasse 2 Klasse 1 145 Klasse 4 Klasse 3 146 Herschbach Klasse 4 Klasse 2 147 Kuhnhöfen Klasse 4 Klasse 4 148 Klasse 2 Klasse 2 149 Klasse 1 Klasse 4 150 Klasse 5 Klasse 2 151 Klasse 1 Klasse 2 152 Salz Klasse 4 Klasse 2 153 Wallmerod Klasse 2 Klasse 5 154 Klasse 2 Klasse 1 155 Klasse 5 Klasse 4 156 Mähren Klasse 5 Klasse 1 Verbandsgemeinde 157 Klasse 5 Klasse 3 158 Bellingen Klasse 4 Klasse 4 159 Klasse 4 Klasse 3 160 Brandscheid Klasse 1 Klasse 1 161 Klasse 6 Klasse 1 162 Gemünden Klasse 4 Klasse 1 163 Klasse 2 Klasse 1 164 Klasse 5 Klasse 1 165 Härtlingen Klasse 1 Klasse 1 166 Klasse 4 Klasse 3 167 Klasse 5 Klasse 1 168 Höhn Klasse 5 Klasse 3 169 Klasse 2 Klasse 4 170 Kölbingen Klasse 2 Klasse 4 171 Klasse 2 Klasse 2 172 Klasse 4 Klasse 3 173 Klasse 4 Klasse 3 174 Klasse 4 Klasse 1

96 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

Nr. Name der Ortsgemeinde Merkmale zur Alters- Soziale Belastungs- struktur der Bevöl- faktoren kerung 175 Klasse 5 Klasse 2 176 Stockum-Püschen Klasse 1 Klasse 2 177 Klasse 1 Klasse 2 178 Westerburg Klasse 5 Klasse 4 179 Klasse 4 Klasse 4 180 Winnen Klasse 4 Klasse 1 Verbandsgemeinde Wirges 181 Klasse 5 Klasse 5 182 Dernbach (Westerwald) Klasse 6 Klasse 4 183 Klasse 6 Klasse 4 184 Klasse 6 Klasse 5 185 Klasse 6 Klasse 2 186 Klasse 5 Klasse 5 187 Klasse 5 Klasse 1 188 Ötzingen Klasse 2 Klasse 4 189 Klasse 6 Klasse 5 190 Klasse 5 Klasse 1 191 Wirges Klasse 5 Klasse 5 192 Klasse 1 Klasse 2

Klassen für den Bereich Merkmale zur Altersstruktur der Bevölkerung

Klasse 1: Überdurchschnittlicher Anteil der 0- bis 18-jährigen an der Gesamtbevölkerung Klasse 2: Überdurchschnittlicher Anteil der 0- bis 15-jährigen an der Gesamtbevölkerung Klasse 3: Überdurchschnittlicher Anteil der 6- bis 15-jährigen an der Gesamtbevölkerung Klasse 4: Leicht überdurchschnittlicher Anteil der 6- bis 18-jährigen an der Gesamtbevölkerung Klasse 5: Durchschnittlicher Anteil der 0- bis 18-jährigen an der Gesamtbevölkerung Klasse 6: Unterdurchschnittlicher Anteil der 0- bis 18-jährigen an der Gesamtbevölkerung

Klassen für den Bereich Soziale Belastungsfaktoren

Klasse 1: Deutlich unterdurchschnittliche soziale Belastung Klasse 2: Unterdurchschnittliche soziale Belastung Klasse 3: Durchschnittliche soziale Belastung Klasse 4: Überdurchschnittliche soziale Belastung Klasse 5: Deutlich überdurchschnittliche soziale Belastung

97 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

9.2 An der Befragung beteiligte Schulen

1. Realschule Hachenburg

2. Hauptschule Bad Marienberg

3. Realschule Bad Marienberg

4. Hauptschule Höhn

5. Hauptschule Rennerod

6. Realschule Rennerod

7. Berufsfachschule Westerburg

8. Hauptschule Selters

9. Hauptschule Salz

10. Regionale Schule Wirges

11. Hauptschule Ransbach-Baumbach

12. Hauptschule Montabaur-Horressen

13. Realschule Montabaur

14. Gymnasium Höhr-Grenzhausen

15. Gymnasium

16. Realschule Höhr-Grenzhausen

17. Musikgymnasium Montabaur

18. Realschule Westerburg

98 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

9.3 Fragebogen

„Hui Wäller?“

Wie sehen Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren im

Westerwaldkreis ihre Lebens- und Freizeitsituation?

Wir – der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt Westerwald und eine Projektgruppe der Uni Koblenz–Landau (mit Unterstützung des Westerwaldkreises/Kreisjugendamtes) – möchten mit diesem

Fragebogen etwas über Eure Situation in Familie, Schule, Clique und Freizeit erfahren.

Dies ist einer von 1000 Fragebögen, mit deren Hilfe wir heraus- finden möchten, was Euch gefällt, was Ihr kritisiert, was Euch interessiert und wofür Ihr Euch engagiert.

1. Allgemeine Daten zu Deiner Person:

1.1. Wie alt bist Du ? ð 13 Jahre ð 15 Jahre ð 17 Jahre ð 19 Jahre ð 14 Jahre ð 16 Jahre ð 18 Jahre

1.2. Geschlecht ð männlich ð weiblich

1.3. Herkunft ð In welchem Land bist Du geboren ?______ð Meine Eltern sind aus folgendem Land :______

1.4. Aus welcher Ortsgemeinde kommst Du ? ______

99 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

1.5. Schulische und berufliche Ausbildung Im Moment ð Gesamtschule ð Förderlehrgang ð Hauptschule ð Fachschulausbildung ð Realschule ð Ausbildung ð Gymnasium ð arbeitslos ð andere Schulen, welche ð sonstiges, ______was______

1.6. Wie kommst Du meistens zur Schule / Arbeit ? ð zu Fuß ð Fahrrad ð öffentliche Verkehrsmittel ð Mofa, Moped, Auto , Motorrad ð werde von Eltern gebracht ð fahre mit FreundInnen mit

1.7. Wie lange brauchst Du, um zur Schule / Arbeit zu kommen ? (Hin- und Rückweg zusammen) ð bis ½ Stunde ð ½ bis 1 Stunde ð 1 - 1 ½ Stundeð 1 ½ bis 2 Stunden ð mehr als 2 Stunden

1.8. Lebst Du allein ? ð ja ð nein wenn nicht, mit welchen Personen lebst Du zusammen ? (mehrere Antworten möglich) ð Vater ð Mutter ð Geschwister______Anzahl ð Großeltern ð Freund / Freundin ð Andere ______

2. Dein Freundeskreis

2.1. Mit wem verbringst Du überwiegend Deine Freizeit ? ð alleine ð mit FreundIn ð mit Freunden ð in der Clique

2.2. Wo verbringst Du überwiegend Deine Freizeit (Mehrfachnennungen möglich)

häufig manchmal selten nicht - allein zu Hause ð ð ð - mit anderen FreundInnen bei mir zu Hause ð ð ð - bei Leuten zu Hause ð ð ð - in dem Ort, wo Du wohnst ð ð ð - am Ort der Schule ð ð ð - im Verein ð ð ð - in anderen Dörfern, Städten, der Gemeinde, 100 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

- wo Du wohnst ð ð ð - auf dem Sportplatz ð ð ð - im Jugendzentrum / im Jugendraum ð ð ð - in der Disco ð ð ð - Sonstiges ______

2.3. Bist Du in einer festen Clique ? ð ja ð nein wenn ja, wieviele Leute sind in der Clique ?

ð Anzahl Mädchen ______ð Anzahl Jungen ______

2.4. Wo ist Euer Lieblingstreffpunkt ? ______

2.5. Wie erreichst Du diesen Treffpunkt ? ð zu Fuß ð Fahrrad ð öffentliche Verkehrmittel ð Mofa, Moped, Auto, Motorrad ð werde von Eltern gebracht ð fahre mit Freunden mit

2.6. Stehen in Deinem Wohnort für Jugendliche genügend Räumlichkeiten zum Treffen zur Verfügung?

ð ja ð weiß ich nicht ð nein ð es gibt keine

Wie gut können diese Räume von Euch genutzt werden ? Noten:1 2 3 4 5 6 (Note bitte einkreisen)

3. Freizeit

3.1 Bis wann darfst Du abends weg ? in der Woche: am Wochenende: ð 19.00 -21.00 Uhr ð 19.00 -21.00 Uhr ð 21.00 -22.00 Uhr ð 21.00 -22.00 Uhr ð 22.00 - 23.00 Uhr ð 22.00 - 23.00 Uhr ð 23.00 - 24.00 Uhr ð 23.00 - 24.00 Uhr ð länger als 24.00 Uhr ð länger als 24.00 Uhr ð darf gar nicht weg ð darf gar nicht weg Wie oft darfst Du in der Woche abends weg ? ______

101 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

3.2 Wie zufrieden bist Du mit dem öffentlichen Personen-Nahverkehrsnetz für Deine Zwecke ? ð gut ð nicht besonders ð nicht zufrieden

3.3 Womit verbringst Du Deine Freizeit ? (Mehrfachnennungen möglich)

häufig manchmal selten - Computer ð ð ð - Fernsehen / Video ð ð ð - Mofa, Moped, Autofahren ð ð ð - Lesen ð ð ð - Sport ð ð ð - Musik machen ð ð ð - Werken, Basteln, Handarbeit ð ð ð - Vereinsaktivitäten/ Jugendgruppenstunde ð ð ð - Fahrrad fahren ð ð ð - Spielen, Kreatives ð ð ð - Sonstiges______

3.4 Bist Du aktives Mitglied in einem Verein / Jugendgruppe ? (Mehrfachnennungen möglich)

ð ja ð nein wenn ja, in welchem ?

ð Sport / Turnverein ð Musikverein ð Freiwillige Feuerwehr ð Hilfsorganisation (DRK; DLRG) ð Kirchliche Jugendgruppe ð Umwelt-/ Naturschutzgruppe ð Nichtkirchliche Jugendgruppe ð Polit. Jugendgruppe

3.5 Welche Gründe treffen für Dich am ehesten zu, in einem Verein Mitglied zu sein ? (Mehrfachnennungen möglich)

ð weil ich nur über Mitgliedschaft die ð weil ich dort nette Leute treffe Sportstätten/ -geräte nutzen kann ð weil es wichtig ist, sich dafür ð weil es Spaß macht einzusetzen ð weil mein FreundIn auch dort ist ð weil die Eltern es so wollen ð weil es sonst nichts gibt Sonstiges______

3.6 Sind diese Vereinsangebote für Dich ausreichend ?

ð ja ð nein ð es fehlen, ______Wie bewertest Du diese Angebote ? Noten 1 2 3 4 5 6 (Note bitte einkreisen) 102 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

3.7 Wie viele Stunden pro Woche mußt Du zu Hause mithelfen ?

ð gar nicht ð 1-3 Stunden ð 3 ½ -5Stunden

ð 5 ½ - 7 Stunden ð 7 ½ und mehr Stunden

Geht Dir dabei zuviel Freizeit verloren ? ð ja ð nein

4. Finanzielle Situation

4.1 Wieviel Geld steht Dir im Monat in der Regel zur Verfügung ?

ð weniger als 10 DM ð 51-70 DM ð mehr als 100DM ð 10-30 DM ð 71-90 DM ð 31-50 DM ð 100 DM

4.2 Woher bekommst Du Dein Geld ?

ð Taschengeld (...... DM/ mtl. ) ð fester Nebenjob ð Ausbildungsvergütung ð Zuschüsse (von Verwandten) ð gelegentlicher Zuverdienst ð Schülerbafög (Babysitten, Zeitungen austragen) ð sonstige Quellen

5. Wohnort und Region

5.1 Möchtest Du in Deinem jetzigen Wohnort auch als Erwachsener wohnen ?

ð ja ð nein ð weiß ich nicht

5.2 Was ist zum Wohlfühlen in Deinem Wohnort für Dich im Moment wichtig ? (Mehrfachnennungen möglich)

wichtig weniger wichtig ohne Bedeutung - FreundInnen ð ð ð - Gemeinschaft ð ð ð - Clique ð ð ð - sich auskennen ð ð ð - gute Nachbarschaft ð ð ð - Vereinsarbeit ð ð ð - Überschaubarkeit ð ð ð 103 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

- Natur und gute Luft ð ð ð - sich sicher fühlen ð ð ð Sonstiges______

5.3 Interessierst Du Dich für das politische Geschehen im Ort ? ð ja ð nein

5.4 Was würdest Du in Deinem Wohnort verändern, wenn Du Gemeinderat-/ Stadtratmitglied wärst ? ______

6. Wünsche und Probleme

6.1 Wie wichtig ist für Dich in Deinem Leben: (Mehrfachnennungen möglich)

wichtig weniger wichtig ohne Bedeutung - Familie ð ð ð - Partnerschaft ð ð ð - Freundschaften ð ð ð - Schule / Arbeit ð ð ð - Politik ð ð ð - Umwelt ð ð ð - Religion ð ð ð

6.2 An wen wendest Du Dich, wenn Du Probleme hast ?

ð an niemand, mache ich mit mir selbst ð Freundeskreis / Clique aus ð Lehrer ð Vater ð Pfarrer / Pastor ð Mutter ð Beratungsstelle, und ð Oma / Opa zwar______ð PartnerIn Sonstiges______ð beste/r FreundIn

6.3. Wenn Du für die Zukunft drei Wünsche frei hättest ...... 1.______2.______3.______

104 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

7. Drogen / Suchtmittel

7.1 Was sind für Dich Suchtmittel ?

ð Kaffee ð Medikamente ð Crack ð Tee ð Ecstasy ð Sonstiges_____ ð Süßigkeiten ð Speed ______ð Bier, Wein ð Haschisch ______ð Schnaps ð LSD ð Zigaretten ð Kokain

7.2 Bist Du schonmal in Kontakt mit Drogen gekommen ? ð ja ð nein

7.3 Weißt Du Orte im Westerwaldkreis und Umgebung, an denen Du „Stoff“ bekommen könntest ? ð ja ð nein

7.4 Wird an Deiner Schule gedealt ? ð ja ð nein ð weiß ich nicht

7.5 Fühlst Du Dich dadurch gefährdet ? ð ja ð nein

7.6. Hast Du FreundInnen, die Probleme mit Drogen haben ? ð ja ð nein ð weiß ich nicht

7.7 Hast Du Interesse daran, über das Thema Alkohol oder illegale Suchtmittel zu sprechen ? (Mehrfachnennungen möglich) ð ja ð nein wenn ja, mit wem ð Eltern ð Polizei ðSonstige____ ð Geschwister ð Beratungsstelle ______ð Schule ð Jugendzentrum

7.8 Kennst Du Hilfsangebote / Beratungsangebote ? ð ja ð wenn ja, ð nein welche______

105 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

7.9 Trinkst Du alkoholische Getränke ? ð ja ð nein wenn ja, wie häufig ? ð manchmal / unregelmäßig ð ungefähr zweimal in der Woche ð höchstens einmal im Monat ð fast jeden Tag

7.10 Rauchst Du Zigaretten ? ð ja ð nein wenn ja, wieviele ? ð gelegentlich ð bis zu 7 pro Tag ð 8-20 pro Tag ð mehr als eine Packung am Tag

106 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

8. Gewalt/Kriminalität

8.1 Wie bewertest Du folgende kriminelle Handlungen ?

besonders schlimm mittelmäßig nicht so schlimm - wenn jemand tätlich angegriffen wird ð ð ð - wenn jemand bedroht wird ð ð ð - Beschädigung des Eigentums Anderer ð ð ð - Körperverletzung ð ð ð - Ladendiebstahl ð ð ð - Mofa-/ Autofahren ohne Führerschein ð ð ð

8.2 Wie bedrohlich sind für Dich folgende Formen von Gewalt ?

besonders mittelmäßig weniger bedrohlich bedrohlich - Bedrohung/ Erpressung ð ð ð - sexuelle Belästigung ð ð ð - Anmache ð ð ð - Körperverletzung ð ð ð - wenn ein Kind/ Jugendlicher von seinen Eltern geschlagen wird ð ð ð

8.3 Warst Du schon einmal in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt ? ðja, warum______ð nein

8.4. Welche Formen von Gewalt oder Kriminalität hast Du schon erlebt ?

oft selten gar nicht - Körperverletzung ð ð ð - Bedrohung/Nötigung ð ð ð - sexuelle Belästigung ð ð ð - Stehlen von Fahrrädern, Mofas, Mopeds ð ð ð 107 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

- Knacken von Autos ð ð ð - Einbrüche, Automaten knacken ð ð ð - Stehlen in Kaufhäusern ð ð ð - Alkoholisiertes Auto fahren ð ð ð - Drogenhandel ð ð ð - Drogenkonsum ð ð ð - Sonstiges______

9. Verhältnis Deutsche - Ausländische Kinder und Jugendliche

9.1 – 9.4 für deutsche Kinder und Jugendliche zu beantworten 9.5 – 9.8 für ausländische Kinder und Jugendliche zu beantworten

Deutsche Kinder und Jugendliche (für ausländische Kinder und Jugendliche geht es bei Frage 9.5. weiter)

9.1 Hast Du persönliche Kontakte und Erfahrungen mit ausländischen Kindern und Jugendlichen ? ð ja ð zum FreundIn ð in meiner Klasse ð Sonstiges______ð im Verein ð nein ð in der Nachbarschaft

9.2 Hast Du/ oder Deine Clique schon einmal außergewöhnliche Probleme mit AusländerInnen gehabt ? ð ja, weil______ð ja, aber nur wenn sie in Cliquen auftreten ð nein

9.3. Einstellungen zu ausländischen Kindern und Jugendlichen Bitte verteile Noten von 1-6 zu folgenden Aussagen (1= stimme absolut zu, 6= trifft überhaupt nicht zu):

- die meisten AusländerInnen sind okay ( ) - ist in Ordnung, daß sie hier leben, aber ich will nichts mit ihnen zu tun haben ( ) - ich lerne gerne fremde Menschen und ihre Kultur kennen ( ) - die hier geboren sind, sind genauso wie wir ( ) - daß AusländerInnen in dieser Gesellschaft schlechter behandelt werden als Einheimische ist logisch ( ) - AusländerInnen sind schuld, daß die Arbeitslosigkeit in Deutschland so hoch ist ( ) - solange sie sich anpassen, können sie hier leben ( ) - AusländerInnen sind genauso Menschen wie wir ( ) 108 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

- vielen Deutschen geht es schlechter als ihnen, das ist nicht in Ordnung ( ) - AsylbewerberInnen liegen uns nur auf der Tasche ( ) - die Abschiebung von AsylbewerbernInnen ist unmenschlich ( ) - das Grundrecht auf Asyl muß in jedem Fall weiterbestehen ( ) - der Staat muß stärker durchgreifen, daß keine AsylbewerberInnen mehr einreisen ( ) - die Medien haben viel Stimmung gegen AusländerInnen gemacht ( ) - gewalttätige Anschläge gegen AusländerInnen lehne ich absolut ab ( ) - wenn AusländerInnen angemacht werden, würde ich dazwischengehen ( )

9.4 Kreuze die Vorschläge an, die Deiner Meinung nach die Stimmung gegen AusländerInnen entschärfen könnten

- mehr Möglichkeiten des gegenseitigen Kennenlernens schaffen, z.B. im Dorf oder in der Schule ( ) - schärfere Gesetze gegen gewalttätige Auseinandersetzungen für beide Seiten ( ) - sich gegenseitig in Ruhe lassen ( )

Welche weiteren Ideen hast Du ? ______

Ausländische Kinder und Jugendliche (für deutsche Kinder und Jugendliche geht es bei Frage 10. weiter)

9.5 Hast Du Kontakt zu deutschen Jugendlichen? ð ja ð zum FreundIn ð in meiner Klasse ðSonstiges______ð im Verein ð nein ð in der Nachbarschaft

9.6 Hast Du das Gefühl von Deinen deutschen Mitbürgern ... ð akzeptiert zu werden ð gemieden zu werden

109 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

ð angegriffen zu werden: ð verbal ð körperlich

9.7 Einstellungen zu deutschen Kindern und Jugendlichen:

Bitte verteile Noten von 1-6 zu folgenden Aussagen ( 1=stimme absolut zu, 6=trifft überhaupt nicht zu )

- die meisten Deutschen sind okay ( ) - ich lebe hier, aber ich will nichts mit ihnen zu tun haben ( ) - ich lerne gerne fremde Menschen und ihre Kultur kennen ( ) - daß wir Ausländer in dieser Gesellschaft schlechter behandelt werden als Deutsche ist logisch ( ) - wir sind nicht schuld, daß die Arbeitslosigkeit in Deutschland so hoch ist ( ) - nur wenn wir uns anpassen, können wir hier gut leben ( ) - Deutsche sind genauso Menschen wie wir ( ) - vielen Deutschen geht es schlechter als uns, das ist nicht in Ordnung ( ) - Asylbewerber/innen liegen den Deutschen nur auf der Tasche ( ) - die Abschiebung von Asylbewerbern/innen ist unmenschlich ( ) - gewalttätige Asylbewerber/innen sollten sofort ausgewiesen werden ( ) - das Grundrecht auf Asyl muß in jedem Fall weiter bestehen ( ) - der Staat muß stärker durchgreifen, daß keine Asylbewerber mehr einreisen ( ) - die Medien haben viel Stimmung gegen uns Ausländer/innen gemacht ( ) - gewalttätige Angriffe auf Deutsche lehne ich absolut ab ( ) - wenn Deutsche angemacht werden, würde ich sofort dazwischen gehen ( )

9.8 Kreuze die Vorschläge an, die Deiner Meinung nach die Stimmung gegen Ausländer/innen entschärfen könnten?

- mehr Möglichkeiten des gegenseitigen Kennenlernens schaffen, z.B. im Dorf oder in der Schule ( ) - schärfere Gesetze gegen gewalttätige Auseinandersetzungen für beide Seiten ( ) - sich gegenseitig in Ruhe lassen ( ) - Welche weiteren Ideen hast Du? ______

(weiter bei Frage 10.)

110 UNIVERSITÄT KOBLENZ – LANDAU KAPITEL IX

10. Politisches Interesse - Mitbestimmung und Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen vor Ort

10.1 An welchen Aktivitäten würdest Du mitarbeiten / mitorganisieren ? (Mehrfachnennungen möglich)

ð Sportturnier ð Straßenfest ð Jugenddisco ð Ferienfahrt . ð Jugendtreff ð ich würde nur dann mitmachen, wenn meine FreundInnen auch mitmachen ð ich würde nur mitmachen, wenn ich die Leute, die das organisieren kenne ð nein, ich würde nicht mitmachen

10.2 In welcher Form sollten Kinder / Jugendliche an der Gestaltung ihres Lebens/Freizeitumfeldes und an der Lösung von sie dort betreffenden Problemen beteiligt werden ?

-zu wählendes/r Kinderforum/Jugendbeirat auf der Ebene der (Mehrfachnennungen möglich)

ð Gemeinde / Stadt ðVerbandsgemeinde ð Landkreis

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10.3 Würdest Du in einer Jugendgruppe/Jugendverein mitarbeiten, der in Eurem Ort selbst Freizeitangebote macht ? ð ja ð nein

10.4 Würdest Du in einem Jugendverein mitarbeiten, der in Eurem Ort Jugendräume selbstverantwortlich verwaltet ? ð ja ð nein

Wie weit ginge Dein Engagement ? Würdest Du ð im Vorstand mitarbeiten ? ð bei der Ausgestaltung der Räume mit Hand anlegen ? ð Aufgaben in der Wartung der Jugendräume übernehmen ? ð anderes tun, z.B.:______

10.5 Hättest Du Interesse, an einem Diskussionsforum zur Sammlung von Ideen für die Verbesserung der Jugendfreizeitsituation in Deiner Verbandsgemeinde/ Stadt teilzunehmen ? ð ja ð nein

10.6 Interessierst Du Dich für die lokalpolitische Berichterstattung in der Westerwälder Zeitung oder in WW TV ? ð ja ð nein

wenn nein, warum nicht ? ð die Politiker machen eh, was sie wollen ð ich verstehe die Zusammenhänge oft nicht ð ich sehe keinen Zusammenhang mit meiner persönlichen Situation anderes,______

Vielen Dank für Deine Mitarbeit!

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