99. Jahrgang Heft 1/2011 Österreichische Zeitschrift für Vermessung Geoinformation

Zur Einführung der Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure in Österreich 1940 A. Brall Extensible 3D – eine XML-basierte Beschreibungssprache zur Kommunikation 3-dimensionaler Geo-Daten C. Strauß Verleihung der Friedrich Hopfner-Medaille 2010 N. Höggerl, G. Gartner Kartographie – eine selbständige, integrative und spannende Wissenschaft M. F. Buchroithner

Organ der Österreichischen Gesellschaft für Vermessung und Geoinformation und der Österreichischen Geodätischen Kommission 99. Jahrgang 2011 Heft: 1/2011 ISSN: 1605-1653 Schriftleiter: Dipl.-Ing. Stefan Klotz Stellvertreter: Dipl.-Ing. Ernst Zahn Dipl.-Ing. Andreas Pammer A-1020 Wien, Schiffamtsgasse 1-3 Internet: http://www.ovg.at

A. Brall: Zur Einführung der Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure in Österreich 1940 3 C. Strauß: Extensible 3D – eine XML-basierte Beschreibungssprache zur Kommunikation 3-dimensionaler Geo-Daten 13 N. Höggerl: Verleihung der Friedrich Hopfner-Medaille an Univ. Prof. Dr. Manfred Buchroithner 20 G. Gartner: Laudatio anlässlich der Verleihung der Friedrich Hopfner-Medaille am 10. November 2010 an Prof. Manfred Buchroithner 22 M. F. Buchroithner: Kartographie – eine selbständige, integrative und spannende Wissenschaft 24 Erratum 33 Dissertationen, Diplom- und Magisterarbeiten 34 Mitteilungen 41 Tagungsberichte 43 Buchbesprechungen 45 Veranstaltungen 47 Impressum

Dipl.-Ing. Dr. Hans Sünkel und Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr.iur. Christoph Twaroch Copyright: Jede Vervielfältigung, Übersetzung, Einspeiche- rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie Mikroverfi lmung der Zeitschrift oder von in ihr enthaltenen Bei- träge ohne Zustimmung des Herausgebers ist unzulässig und strafbar. Einzelne Photokopien für den persönlichen Gebrauch dürfen nur von einzelnen Beiträgen oder Teilen davon ange- Organ der Österreichischen Gesellschaft für Vermessung fertigt werden. und Geoinformation und der Österreichischen Anzeigenbearbeitung und -beratung: Dipl.-Ing. Stefan Klotz, Geodätischen Kommission Tel. (01) 21110-3609, Schiffamtsgasse 1-3, A-1020 Wien. 99. Jahrgang 2011 / ISSN: 1605-1653 Unterlagen über Preise und technische Details werden auf An- Herausgeber und Medieninhaber: Österreichische Gesell- frage gerne zugesendet. schaft für Vermessung und Geoinformation (OVG), Austrian Erscheinungsweise: Vierteljährlich in zwangloser Reihenfolge Society for Surveying and Geoinformation, Schiffamtsgasse (1 Jahrgang = 4 Hefte). Aufl age: 1200 Stück. 1-3, A-1020 Wien zur Gänze. Bankverbindung: Österreichische Postsparkasse BLZ 60000, Kontonummer PSK 1190933. ZVR- Abonnement: Nur jahrgangsweise möglich. Ein Abonne- Zahl 403011926. ment gilt automatisch um ein Jahr verlängert, sofern nicht bis Präsident der Gesellschaft: Dipl.-Ing Gert Steinkellner, zum 1.12. des laufenden Jahres eine Kündigung erfolgt. Die Tel. (01) 21110-2714, Fax (01) 21110-4624, Schiffamtsgasse Bearbeitung von Abonnementangelegenheiten erfolgt durch 1-3, A-1020 Wien. das Sekretariat. Adressänderungen sind an das Sekretariat zu richten. Sekretariat der Gesellschaft: Dipl.-Ing. Karl Haussteiner, Tel.(01) 21110-2311, Fax (01) 2167551, Schiffamtsgasse 1-3, Verkaufspreise: Einzelheft: Inland 15 €, Ausland 18 €; A-1020 Wien. Abonnement: Inland 50 €, Ausland 60 €; alle Preise exklusive Schriftleitung: Dipl.-Ing. Stefan Klotz, Tel. (01) 21110-3609, Mehrwertsteuer. OVG-Mitglieder erhalten die Zeitschrift kosten- Dipl.-Ing. Ernst Zahn, Tel. (01) 21110-3209, Dipl.-Ing. Andreas los. Pammer, Tel. (01) 21110-5336, Schiffamtsgasse 1-3, A-1020 Satz und Druck: Buchdruckerei Ernst Becvar Ges.m.b.H., Wien. Fax (01) 2167551, E-Mail: [email protected]. A-1150 Wien, Lichtgasse 10. Manuskripte: Bitte direkt an die Schriftleitung senden. Es wird dringend ersucht, alle Beiträge in digitaler Form zu übersen- Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz den. Genaue Angaben über die Form der Abfassung des Text- Medieninhaber: Österreichische Gesellschaft für Vermessung teiles sowie der Abbildungen (Autoren-Richtlinien) können bei und Geoinformation (OVG), Austrian Society for Surveying der Schriftleitung angefordert werden bzw. sind auf http://www. and Geoinformation, Schiffamtsgasse 1-3, A-1020 Wien zur ovg.at unter „VGI Richtlinien“ zu ersehen. Beiträge können in Gänze. Deutsch oder Englisch abgefasst sein; Hauptartikel bitte mit einer deutschsprachigen Kurzfassung und einem englischen Aufgabe der Gesellschaft: gem. § 1 Abs. 1 der Statuten (gen. Abstract sowie Schlüsselwörter bzw. Keywords einsenden. Auf mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 26.11.2009): Wunsch können Hauptartikel einem „Blind-Review“ unterzogen a) die Vertretung der fachlichen Belange der Vermessung und werden. Nach einer formalen Überprüfung durch die Schrift- Geoinformation auf allen Gebieten der wissenschaftlichen For- leitung wird der Artikel an ein Mitglied des Redaktionsbeirates schung und der praktischen Anwendung, b) die Vertretung weitergeleitet und von diesem an den/die Reviewer verteilt. aller Angehörigen des Berufsstandes, c) die Förderung der Artikel, die einen Review-Prozess erfolgreich durchlaufen ha- Zusammenarbeit zwischen den Kollegen der Wissenschaft, ben, werden als solche gesondert gekennzeichnet. Namentlich des öffentlichen Dienstes, der freien Berufe und der Wirtschaft, gezeichnete Beiträge geben die Meinung des Autors wieder, d) die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, e) die die sich nicht mit der des Herausgebers decken muss. Die Herausgabe einer Zeitschrift mit dem Namen „Österreichische Verantwortung für den Inhalt des einzelnen Artikels liegt daher Zeitschrift für Vermessung und Geoinformation“ (VGI). beim Autor. Mit der Annahme des Manuskriptes sowie der Ver- Erklärung über die grundlegende Richtung der Zeitschrift: öffentlichung geht das alleinige Recht der Vervielfältigung und Wahrnehmung und Vertretung der fachlichen Belange aller Wiedergabe auf den Herausgeber über. Bereiche der Vermessung und Geoinformation, der Photo- Redaktionsbeirat für Review: Univ.-Prof. Dr. Fritz K. Brunner, grammetrie und Fernerkundung, sowie Information und Wei- Univ.-Prof. Dr. Norbert Pfeifer, Univ.-Prof. Dr. Harald Schuh, terbildung der Mitglieder der Gesellschaft hinsichtlich dieser Dipl.-Ing. Gert Steinkellner, Prof. Dr. Josef Strobl, O.Univ.-Prof. Fachgebiete.

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Zur Einführung der Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure in Österreich 1940

Andre Brall,

Dieser Beitrag wurde als "reviewed paper" angenommen. Kurzfassung Nach dem „Anschluß“ Österreichs an das Deutsche Reich wurde 1940 die Berufsordnung der Öffentlich bestellen Vermessungsingenieure (ÖbVI) in Österreich 1940 eingeführt. Durch Auswertung der Zulassungsakten im Bun- desarchiv Berlin können Aussagen über die politische Orientierung des Berufsstandes im Nationalsozialismus und den Ablauf der Verfahren getroffen werden. Innerhalb der Gruppe der ÖbVI stellten die Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen die drittgrößte Gruppe dar. Diese Personen hatten ab 1940 ein Zulassungsverfahren zu absol- vieren oder ihre Büros zu schließen. Die Zahl der zugelassenen ÖbVI’s ist deutlich geringer, als die Anzahl der 1938 in Österreich tätigen Zivilgeometer. Wie im Deutschen Reich ab 1938 war das Resultat der Zulassungsverfahren eine Marktbereinigung. Im Rahmen der Verfahren wurde die politische Zuverlässigkeit und die Abstammung der Kandidaten überprüft. In Einzelfällen wurde die Zulassung aus politischen Gründen versagt, in der Regel ist die Ablehnung auf zu hohes Alter oder mangelnde Qualifikation zurückzuführen. Schlüsselwörter: ÖbVI, Zulassungsverfahren, Österreich, Nationalsozialismus Abstract After the annexation of into the German Reich the “Berufsordnung der Öffentlich bestellen Vermessungsin- genieure“ (ÖbVI) was introduced in 1940. By analysis of documents in the German Federal Archives (Berlin) state- ments about the political orientation of the profession and the licensing procedure are possible. Within the group of ÖbVI the former “Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen“ were the third largest group. The surveyors had to take the licensing procedure or they had to close their offices. The number of finally approved ÖbVI's is significantly lower than the number of independent surveyors in Austria in 1938. The result of the approval process was like in German Empire since 1938 a market adjustment. As part of the process, the political reliability and the ancestry of the candidates has been verified. In some cases, the authorization was denied for political reasons. In most cases, the rejection was based on age or lack of skills. Keywords: licensing procedure, OebVI, licensed surveyor, Austria, National Socialism

In der Bundesrepublik Deutschland ist das Be- sen im Deutschen Reich verblieb bis 1934 in rufsrecht des Freien Berufsstands der Öffent- der Zuständigkeit der Länder, die es wiederum lich bestellten Vermessungsingenieure (ÖbVI) auf unterschiedliche Ressorts aufteilten. Auch Länderrecht, das sich seit 1945 unterschiedlich in Österreich gab bis zum Ende des Ersten entwickelt hat. Ausgangspunkt dieser Entwick- Weltkrieges verschiedene Zentralstellen, die lung war die reichseinheitliche Berufsordnung Vermessungsaufgaben ausführten. Allerdings von 1938. Jeder gewerbetreibende Landmesser gelang es im Gegensatz zur Weimarer Republik bzw. Ingenieur hatte, wenn er weiterhin öffentli- nach 1918 das staatliche Vermessungswesen zu che Vermessungsaufgaben wahrnehmen wollte, zentralisieren. Als Ergebnis dieser maßgeblich in der Folge ein ÖbVI-Zulassungsverfahren zu von Hofrat Prof. E. Doležal vorangetriebenen bestehen oder sein Büro zu schließen. Aufgrund Entwicklung kam es 1921 zur Gründung eines bestimmter historischer Entwicklungen wurden Bundesvermessungsamtes, das 1923 in das nur dann Verfahren eröffnet, wenn in dem be- Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen treffenden Gebiet bereits gewerbetreibende (BAfEuV) überführt wurde.1 Im Verlauf der na- Landmesser existierten. Dies war auf dem Terri- tionalsozialistischen Expansion erlangten nach torium des Deutschen Reiches von 1937 z.B. in dem sog. „Anschluß“ auch in Österreich das Preußen, Sachsen, Mecklenburg und Württem- Gesetz über die Neuordnung des Vermessungs- berg der Fall. Das staatliche Vermessungswe- wesens von 1934 und die Berufsordnung der

1 Schimann, F.: Hofrat Prof. Dr. h.c. mult. Eduard Doležal zum Gedächtnis. Österreichische ZfV XLIII 1955 Nr. 5. 4 Vermessung & Geoinformation 1/2011

ÖbVI von 1938 Geltung.2, 3 Deshalb hatten sich die Zulassung auch für Personen mit geringerer auch die nach österreichischem Recht zugelas- Qualifikation. Damit wurde § 25 BO zu einer äu- senen Zivilgeometer einem Zulassungsverfahren ßerst bedeutsamen Vorschrift, die unter indirekter zu stellen. Das Bundesamt für Eich- und Vermes- Androhung des Berufsverbotes die Teilnahme am sungswesen wurde in das Amt für Eichwesen in Zulassungsverfahren erzwang. Wer dieses Ver- Wien und in die Hauptvermessungsabteilung XIV fahren nicht erfolgreich durchlief bzw. aus poli- (HVA XIV) aufgeteilt, die für die Fortführung des tischen oder Abstammungsgründen nicht antrat, Katasters und die ÖbVI-Zulassungsverfahren hatte in der Regel die Ausführung der den ÖbVI zuständig war.4 vorbehaltenen Aufgaben einzustellen. Diese Tat- sache hat zur Schließung von Vermessungsbü- 1. Berufsordnung der ÖbVI 1938 ros geführt. Damit bedeutete paradoxerweise die Mit der Berufsordnung vom 20.1.1938 (BO) er- Schaffung des neuen Freien Berufsstandes für hielten die gewerbetreibenden Landmesser im eine gewisse Zahl Beteiligter das Ende der selb- Deutschen Reich unter der Berufsbezeichnung ständigen beruflichen Freiheit. Für die Beurteilung „Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur“ der nationalsozialistischen Berufspolitik ist daher (ÖbVI) eine neue gesetzliche Verfassung.5 Als weniger interessant, ob es Neuzulassungen von ÖbVI galt, wer zugelassen und in eine Liste ein- ÖbVI gegeben hat, sondern, wieviele Berufsan- getragen worden war. Als Aufgabengebiet wur- gehörige aus welchen Gründen nicht zugelassen de normiert: wurden. Die Zulassung war zu versagen: „(1) Der Öffentlich bestellte Vermessungsinge- „1. wenn der Bewerber die bürgerlichen Eh- nieur ist berufen, an dem Auf- und Ausbau der renrechte oder die Befähigung zur Bekleidung Reichs- und Landesvermessung mitzuwirken. Zu öffentlicher Ämter nicht besitzt, seinen Aufgaben gehören insbesondere 2. wenn sich aus Tatsachen ergibt, daß dem 1. die Beurkundung von Tatbeständen, die am Bewerber die nationale oder sittliche Zuverläs- Grund und Boden durch vermessungstechni- sigkeit fehlt, insbesondere, wenn schwere straf- sche Ermittlung festgestellt werden, rechtliche oder sittliche Verfehlungen vorliegen,... 2. die räumliche Abgrenzung der Rechte an 6. wenn der Bewerber wegen seiner oder sei- Grundstücken der Lage und Höhe nach, nes Ehegatten Abstammung nicht Beamter wer- 8 3. die Mitwirkung bei der Durchführung gelände- den könnte“. technischer Planungsarbeiten, Diese Anforderungen können als berufsstän- 4. die beratende und gutachterliche Tätigkeit in dische Auslesekriterien mit einer politischen und vermessungstechnischen Angelegenheiten“.6 antisemitischen Komponente im Sinne der nati- onalsozialistischen Ideologie betrachtet werden. Die Bewerber mußten ab 1937 zum höheren vermessungstechnischen Verwaltungsdienst Die Zulassung von ÖbVI war nur für Gebiete befähigt sein, eine Praxiszeit nachweisen und geplant, in denen es bereits vor 1938 gewerbe- in der Lage sein, den Beruf selbständig auszu- treibende Landmesser gegeben hatte, Neuzulas- üben.7 Da die Mehrheit der Landmesser diese sungen sollten nur in beschränktem Umfang und Anforderungen nicht erfüllte, gestattete § 25 BO bei dringendem Bedarf erfolgen.9,10

2 RMdI: RdErl. d. RMdI vom 10.4.1940 (IV a 8436/40-6846): Ausführungsvorschriften zur Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, 2. Nachtrag (Ausführungsvorschriften für die Ostmark und den Reichsgau Sude- tenland). Hrsg.: RMdI. Berlin: RMBliV, Nr. 16, S. 767, 1940. 3 RMdI: Verordnung über die Einführung der Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingeniure in der die Ostmark und im Reichsgau Sudetenland vom 1.3.1940). Berlin: RGBl. I S. 477, 1940. 4 BAfEuV: 1883 - 1983. 100 Jahre Führung des Katasters. Wien, 1986. 5 RMdI: Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure vom 20.1.1938. 1938. 6 RMdI: ÖbVI-Berufsordnung. 7 RMdI: Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für den höheren vermessungstechnischen Verwaltungsdienst vom 3.11.1937. ZfV, Heft 22, Band LXVI, S. 683-684, 1937. 8 RMdI: ÖbVI-Berufsordnung. 9 A. a.O. 10 Reich: RdErl. d. RPrMdI vom 31.3.1938 (IV a 4136/38-6846): Ausführungsvorschriften zur Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure. Hrsg.: RMdI. Berlin: RMBliV, Nr. 15, S. 585-596, 1938. A. Brall: Zur Einführung der Berufsordnung ... 5

Das Ziel dieser Festlegungen bestand darin, Wien zuständig, wo die Hauptvermessungsabtei- die verwaltungstechnischen Eigenarten der ehe- lung XIV amtierte. Baldur von Schirach schaltete maligen Länder zunächst auch unter den Bedin- sich, wenn Parteiinteressen berührt waren, auch gungen der prinzipiellen Weisungsbefugnis des persönlich in ÖbVI-Zulassungsverfahren ein.15 Im RMdI für das Vermessungswesen zu konservieren. Bundesarchiv sind 127 Bewerber nachgewiesen, Zwar wurden schon 1934 durch Gesetz die Ho- die ihre Anträge beim Reichsstatthalter Wien ge- heitsaufgaben der Länder auf das Reich übertra- stellt haben.16 Aus den Überleitungsvorschriften gen, doch kurz darauf deren Wahrnehmung wie- für Österreich ergab sich, dass nur diejenigen der den Landesbehörden zurückgewiesen. Das Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen nationalsozialistische Regime war gezwungen, auf bzw. Zivilgeometer als ÖbVI in Frage kamen, die die Verwaltungswirklichkeit Rücksicht zu nehmen bereits am 1.10.1938 eine eigene Kanzlei führ- und griff trotz der Zentralisierung aus pragmati- ten.17, 18 Wenn bis zum 31.12.1940 kein Zulas- schen Gründen auf die Länderstrukturen zurück. sungsantrag gestellt wurde, erloschen die Rechte Dies wird auch an der Definition der Aufsichts- zur Ausübung der Tätigkeit als Zivilgeometer und behörden für die ÖbVI deutlich: in Preußen die das Büro war zu schließen. Mit dem Inkrafttreten Regierungspräsidenten, in Berlin der Präsident der Berufsordnung waren die Ingenieurkammern der Preußischen Bau- und Finanzdirektion und für nicht mehr für die ÖbVI zuständig.19 die übrigen Ländern die Landesregierungen (bzw. der Reichskommissar oder Reichsstatthalter). 2. Privates Vermessungswesen in Österreich Durch das „Wiedervereinigungsgesetz“ wur- In den ÖbVI-Zulassungsakten aus Österreich de Österreich 1938 ein deutsches Reichsland.11 werden behördlich autorisierte Zivilgeometer 1939 wurden sieben Reichsgaue geschaffen, die bzw. Ziviltechniker sowie Ingenieurkonsulenten zugleich Selbstverwaltungskörperschaften und für Vermessungswesen unterschieden.20 Neben staatliche Verwaltungsbezirke waren.12 Trotzdem allen Arten von geodätischen Arbeiten führten überdauerten die Strukturen der Länder und er- diese Vermessungskundigen u.a. Grundstücks- scheinen 1945 wieder als Akteure der Staatsgrün- teilungen, Grenzregulierungen und Zusammen- dung.13 Der Gauleiter war zugleich Reichsstatt- legungen aus. Ihre Tätigkeit ersetzte die sonst halter und bekam die Verwaltung der Mittelstufe notwendige Vermessung des Bezirksvermes- zugewiesen. Sein allgemeiner Vertreter führte die sungsamtes bei der Fortführung des Grundka- Amtsbezeichnung eines Regierungspräsidenten. tasters und des Grundbuches. Sie sind insoweit In den Reichsgauen wurde eine zweistufige Ver- mit den gewerbetreibenden Landmessern im waltungsgliederung eingeführt.14 1940 wurde die Deutschen Reich vergleichbar, die allerdings Berufsordnung der ÖbVI auch im ehemaligen berufsrechtlich weniger gut organisiert waren. Österreich eingeführt. Für die Zulassungsverfah- Im Kundmachungspatent (1859) zur Gewerbe- ren der ÖbVI war allein der Reichsstatthalter in ordnung waren die Arbeiten der Ingenieure vom

11 RMdI: Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich (13.3.1938). Hrsg.: RMdI. Berlin: RGBl. I, S. 237-238, 1938. 12 RMdI: Gesetz über den Aufbau der Verwaltung in der Ostmark (Ostmarkgesetz) (14.4.1939). Hrsg.: RMdI. Berlin: RGBl. I, S. 777, 1939. 13 Hanisch, Ernst: Peripherie und Zentrum: die Entprovinzialisierung während der NSHerrschaft in Österreich. In: Möller, Horst/Wirsching, Andreas/Ziegler, Walter (Hrsg.): Nationalsozialismus in der Region. Beiträge zur regionalen und lokalen Forschung und zum internationalen Vergleich. Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Sonder- nummer München: Oldenbourg, 1996. 14 Rebentisch, Dieter; Fried, Johannes et al. (Hrsg.): Führerstaat und Verwaltung im zweiten Weltkrieg. Verfassungsent- wicklung und Verwaltungspolitik 1939-1945. Band 29, Frankfurter Historische Abhandlungen. Stuttgart: Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, 1989. 15 ÖbVI-Zulassungsverfahren Scheer, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 665. 16 Brall, Andre: Der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur und das Deutsche Vermessungswesen bis 1945. Disser- tation. München: Verl. der Bayer. Akademie der Wissenschaften, 2007, Deutsche Geodätische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften: Reihe E, Geschichte und Entwicklung der Geodäsie; 28. 17 RMdI: RdErl. IV a 8436/40-6846. 18 RMdI: VO 1.3.1940. 19 Schreiben des RMdI an Dipl.-Ing. Kawill vom 2.10.1942 (VIa K 100 II/42/6847), In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 330. B.: 9. 20 Schreiben des Reichsstatthalters Wien (HVA XVI) an den RMdI betreffend die Verlängerung der Erlaubnisse Ing- enieurs Lang vom 13.3.1942, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 413. B.: 45. 6 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Gewerberecht ausgenommen und auf besonde- nieurkammer. Rechtsgrundlage war eine Ver- re Vorschriften verwiesen worden.21, 22 Im Zuge ordnung von 1913, die dem Zivilgeometer im der Organisation des Staatsbaudienstes wurde Rahmen des Instituts der Ziviltechniker einen ge- 1860 der Beruf des behördlich autorisierten Zi- wissen gesetzlichen Schutz geben und zugleich viltechnikers geschaffen, der auch die Zivilgeo- den unlauteren Wettbewerb hemmen sollte.28 meter umfaßte. Ziel war es, den Privattechnikern Die Entlohnung erfolgte mit einem von den Kam- Aufgaben zur Entlastung der Verwaltung zu mern herausgegebenen und vom Ministerium übertragen.23 genehmigten Gebührentarif. Um eine angemessene Ausbildung zu ge- Um 1938 waren in Österreich ca. 180 Zivilgeo- währleisten, wurden ab 1898 an den Techni- meter mit 60 Angestellten tätig. In den Bezirks- schen Hochschulen eigene Fachabteilungen vermessungsämtern waren etwa 100 Vermes- 29, 30 eingerichtet. Das Studium umfaßte zunächst sungsingenieure beschäftigt. Zusätzlich gab vier Semester und eine abschließende Staats- es in geringem Umfang sogenannte Gewerbe- 31 prüfung. Die sog. „Kurse zur Heranbildung von scheingeometer. Das kaiserliche MdI ging Vermessungsgeometern“ behandelten u.a. Ma- auch nach 1860 davon aus, dass die den be- thematik, Geodäsie, Staatswissenschaften, Ver- hördlich autorisierten Zivilingenieuren zustehen- waltungsrecht sowie Pflanzenbau.24 den Arbeiten von anderen Personen ausgeführt werden könnten, solange diese nicht behördli- Angesichts der notwendigen Stoffmenge wur- che Autorität in Anspruch nähmen.32 Deshalb de das Studium später auf sechs Semester und wurden aufgrund einer Spezialentscheidung des zwei Staatsprüfungen erweitert. Die Zivilgeome- MdI vom 7.1.1876 weiterhin Gewerbebeschei- ter hatten, um behördlich autorisiert zu werden, nigungen erteilt. Das Bundesamt für Eich- und anschließend eine mehrjährige Praxiszeit abzu- Vermessungswesen versuchte erfolglos die Ge- leisten. Erst nach erfolgreicher Autorisierungs- werbescheine einzuziehen. Die Anmeldung des prüfung und einem Eid konnten die Befugnisse 25, 26 Geometergewerbes als freies Gewerbe wurde ausgeübt werden. Der Eid verpflichtete zur jedoch erst 1937 für unstatthaft erklärt.33 Der Unterhaltung der Geschäftsräume. 1937 wurde RMdI beschränkte die Tätigkeit der Gewerbe- die Bezeichnung „behördlich autorisierter Zivil- scheingeometer 1943 nochmals ausdrücklich techniker“ durch „Ingenieurkonsulent für Ver- 27 auf die Aufgaben, die nicht den ÖbVI vorbe- messungswesen“ ersetzt. In der Praxis wurde halten waren, sah aber von der Einziehung der allerdings oftmals die ältere Berufsbezeichnung Gewerbescheine ab.34 Diese Besonderheit, die beibehalten. den sächsischen Vermessungstechnikerbüros Im Gegensatz zur Lage im Deutschen Reich vergleichbar ist, hat erheblichen Verwaltungsauf- waren die Zivilgeometer Mitglieder einer Inge- wand hervorgerufen.

21 Österreich: Gewerbeordnung vom 20.12.1859. RGBl. S. 227, 1859. 22 Österreich: Staatsministerielle Verordnung vom 11.12.1860. Zl. 36413, 1860. 23 Bosse, W.: Der Stand der Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen in Österreich. AVN 8-9 1982. 24 ÖbVI-Zulassungsverfahren Maximilian Reinhardt, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 589. 25 Österreich: Verordnung vom 8.11.1886. Z. 8152, 1886. 26 Urkunde über Prüfung zum behördlich autorisierten Zivilgeometer vom 29.10.1903, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 253. B.: 8. 27 Reitzi, Gustav: Das private Vermessungswesen in Deutschösterreich. AVN 13 1938. 28 Österreich: Verordnung vom 7.5.1913. RGBl. S. 77, 1913. 29 Suckow, Friedrich/Ellerhorst, Johannes: Überblick über das deutsche Vermessungswesen. Liebenwerda: R. Reiss, 1932. 30 Reitzi: AVN, Bd. 13, 1938. 31 ÖbVI-Zulassungsverfahren Exeli, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 130. 32 Österreich: Spezialentscheidung des MdI vom 7.1.1876. Zl. 16030, 1876. 33 Österreich: 30. Bundesgesetz über außerordentliche gewerbliche Maßnahmen vom 2.2.1937. Bundesgesetzblatt Nr. 30, 1937. 34 ÖbVI-Zulassungsverfahren Exeli, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 130. A. Brall: Zur Einführung der Berufsordnung ... 7

3. Alter, Ausbildung, Politische Orientierung rufsordnung der ÖbVI eine parallele Tätigkeit in Die Untersuchung der im Bundesarchiv Berlin anderen Ingenieurzweigen nicht kannte. Dage- archivierten Personalakten ergab, dass von den gen konnten die Ingenieurkonsulenten in Öster- zwischen 1938 und 1945 zugelassenen ÖbVI reich durchaus zusätzlich als Ziviltechniker ei- 62% aus Preußen, 12% aus Sachsen und 10% nes anderen Fachgebietes wirken. Der RMdI in aus Österreich kamen. Damit stellten die vorma- Berlin war der Ansicht, dass in einem solchen ligen Zivilgeometer die drittgrößte Gruppe im Be- Fall die zusätzliche Tätigkeit eingestellt werden rufsstand der ÖbVI dar. Es wurden mindestens müsse. Dagegen sah der – allerdings nicht zu- 127 ÖbVI Anträge beim Reichstatthalter Wien ständige – Reichsstatthalter in der Steiermark, der durch die Lobbyarbeit der Ingenieurkammer gestellt. Davon wurde 79 Personen die Berufs- 36 tätigkeit als ÖbVI gestattet. Die übrigen Antrag- aktiv wurde, darin kein Zulassungshindernis. steller hatten ihre Tätigkeit einzustellen, soweit sie Von den in der Reichsliste veröffentlichten ÖbVI den ÖbVI vorbehaltene Aufgaben wahrnahmen. aus Österreich waren 28% Mitglied der NSDAP. Mit etwa 50 Jahren war das Durchschnittsalter Betrachtet man die Eintrittsdaten, fällt auf, dass der in den „Alpen- und Donaureichsgauen“ zu- von diesen Personen ca. 50% ÖbVI nach dem gelassenen ÖbVI ähnlich hoch wie im übrigen „Anschluß“ Österreichs Parteimitglied wurden, die Deutschen Reich. Offenbar war der Beruf nur in übrigen traten bereits ab 1930 der Partei bei. Da geringem Maße für junge Ingenieure attraktiv. In die NSDAP in Österreich ab 1933 verboten war, den archivierten Lebenswegen der Zivilgeometer muss eine Mitgliedschaft als deutliches politi- spiegeln sich die Prozesse der Akademisierung sches Signal gewertet werden. Eine Person, Jo- und Professionalisierung der technischen Berufe sef Scheer (ÖbVI Nr. 780), war bereits seit 1925 im österreichischen Vermessungswesen wieder. Parteimitglied und wirkte als erster Gauleiter von 37 Entsprechend der geänderten Ausbildungsvor- Tirol. schriften und der Zulassung einer Doppeltätigkeit 4. Zulassungsverfahren als Herrschafts- finden sich Bewerber, die verschiedene Arten von instrument Staatsprüfungen abgelegt hatten (Vermessungs- wesen, Bauwesen, Markscheidewesen). Um die Wirkungsweise totalitärer Berufspolitik zu untersuchen, ist es interessant, die Gruppe Unter den Akademikern hatte die Mehrheit der im Bundesarchiv Berlin nachgewiesenen in Wien studiert. Daneben wurden Abschlüs- abgelehnten Bewerber zu untersuchen (48 Per- se in Graz, Leoben, Brünn, aber auch in Mün- sonen). Die Zulassungsverfahren dienten neben chen erworben. Nach der Staatsprüfung wurde berufsständischen auch politischen Zielen. Im die Autorisationsprüfung abgelegt. Unter den Einzelfall führte der „Anschluß“ auch im Ver- 79 zugelassenen ÖbVI führten nur vier einen messungswesen zu drastischen Konsequenzen; Doktortitel. Die Vermessungsbüros der ÖbVI wa- so verübte der Ingenieurkonsulent für Vermes- ren verhältnismäßig klein und beschäftigten im sungswesen Friedrich Reitlinger aus Furcht vor Durchschnitt drei Personen. Im Vergleich dazu nationalsozialistischer Verfolgung am 12.3.1938 gab es vor 1938 ca. 180 Zivilgeometer mit 60 Selbstmord.38 Die NSDAP übernahm mit einem technischen Hilfskräften in Österreich. Offenbar positiven Gutachten die „Gewähr für einen rück- reduzierte sich die Anzahl der Büros, während 35 haltlosen Einsatz des Volksgenossen für Partei die Zahl der Beschäftigten stieg. und Staat“.39 Die Stellungnahme war für die wei- Aus den speziellen Bedingungen in Österreich tere Berufsausübung von großer Bedeutung. Nur ergaben sich Probleme bei der Überführung der in einem Fall (ÖbVI 770, Hubert Meissl, Steyr) vorhandenen Ingenieurkonsulenten, da die Be- kam es, obwohl die Partei beanstandete, dass

35 Reitzi: AVN, Bd. 13, 1938. 36 Reichstatthalter in der Steiermark an RMdI betreffend die Überführung der Ziviltechniker in ÖbVI vom 26.3.1941 (V - 457 Ve 3/7 -1941), In: BArch, NS 14, 28. D.: 26.3.1941. 37 Scheer, Hatto Georg: Hatto Georg Scheer, Heldenplatz und Nazieltern. (URL: http://www. 1809-2009.eu/v2/hatto_ georg_scheer_heldenplatz_und_nazieltern,10598,6917.html) – Zugriff am 21.07.2010. 38 Mejstrik, Alexander (Hrsg.): Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich. Band 16: Berufsschädigungen in der nationalsozialistischen Neuordnung der Arbeit: vom österreichischen Berufsleben 1934 zum völkischen Schaffen 1938 - 1940, Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Wien: Oldenbourg, 2004. 39 NSDAP-Beurteilung (Gauleitung Mecklenburg) des Dipl-Ing. Voelschow vom 30.09.1938, In: BArch, R 1501, Verm.- Ing. 819. B.: 12. 8 Vermessung & Geoinformation 1/2011 der Kandidat ein fanatischer Gegner der NSDAP aus Wien, die als ausgesprochen unzuverlässig gewesen sei, zu einer Zulassung. Dabei muss eingestuft wurden. Dabei war es durchaus nicht in Erinnerung gerufen werden, dass eine Ableh- ausreichend, sich nach 1938 lediglich passiv an- nung zur Schließung des Büros und damit zu zupassen. Im erfolglosen Zulassungsverfahren einer existenziellen Notlage führen konnte. Geht Schindelarz, der Mitglied der Vaterländischen man von 180 Zivilgeometern um 1938 und von Front gewesen war, urteilte die NSDAP z.B.: „er 79 zugelassenen ÖbVI aus, müssen etwa 100 hat aber den Eindruck erweckt, als ob seine nun- Büros geschlossen, aufgegeben oder mit ande- mehr loyale Einstellung gegenüber dem Natio- rem Schwerpunkt weiterbetrieben worden sein. nalsozialismus durch Zweckmäßigkeitsgesichts- Da das österreichische Berufsrecht vor 1938 punkte bestimmt sei. Irgend einen besonderen eine Tätigkeit in anderen Ingenieurbereichen Einsatz für die Bewegung, der mit Rücksicht auf gestattete, bestand für abgelehnte Zivilgeome- seine politische Vergangenheit seine Zulassung ter ohne politische oder abstammungsrechtliche zum Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur Hindernisse und mit geeigneter Qualifikation die rechtfertigen könnte, hat er nicht erbracht“.41 Möglichkeit, weiterhin Einkommen zu erzielen. Bei der Umsetzung der Staatsdoktrin leistete Dagegen waren die abgelehnten Kollegen im die berufständische Vertretung der ÖbVI ihren übrigen Deutschen Reich oftmals ausschließlich Beitrag. Da es nach 1938 nicht zu einer Verkam- für das Vermessungswesen ausgebildet worden. merung der ÖbVI kam, übernahmen der Reichs- Es ist auffällig, dass die abgelehnten Perso- fachausschuss der ÖbVI im Rahmen des Deut- nen mit einem Durchschnittsalter von 61 Jahren schen Vereins für Vermessungswesen bzw. des deutlich älter waren als ihre erfolgreichen Kolle- Nationalsozialistischen Bundes Deutscher Tech- gen. Die Büros waren kleiner (Einmannunterneh- nik (NSBDT) vergleichbare Aufgaben. Neben Ver- men). Der Grad der Einbindung in die NSDAP stößen gegen das Berufsrecht wurde etwa beob- war auch unter den abgelehnten Kandidaten re- achtet, ob abgelehnte Bewerber weiterhin Büros lativ hoch, bei Antragstellung waren immerhin ca. betrieben oder politisch unzuverlässige Personen 23% NSDAP-Mitglied. Entsprechend positiv fallen beschäftigt wurden. die politischen Beurteilungen aus. Die dennoch So wandte sich die Bezirksgruppe der ÖbVI erfolgte Ablehnung deutet daraufhin, dass in den im HVA XIV (Wien) 1943 an den RMdI in Berlin, Verwaltungsverfahren auch andere Parameter au- um anzuzeigen, dass ÖbVI Otto Zieritz eine un- ßer der politischen Positionierung ausschlagge- erlaubte Bürogemeinschaft unterhalte. Es wurde bend waren. In einigen Fällen lehnte die Partei dabei ausdrücklich auf den ehemaligen Ingeni- den Bewerber allerdings auch ausdrücklich ab, eurkonsulenten für Vemessungswesen Magyar was in der Regel zur Nichtzulassung führte. So hingewiesen, der wegen seiner „nichtarischen“ stellte die NSDAP etwa fest, dass der behördlich Herkunft seine Tätigkeit einstellen mußte.42 Tat- autorisierte Zivilgeometer Simon Feichtinger aus sächlich läßt sich zeigen, dass die Bezirksgrup- Salzburg eine jüdische Ehefrau habe. Die Stel- pen der ÖbVI auch in anderen Fällen berufsrecht- lungnahme der NSDAP war eindeutig: „Ein Volks- liche Unregelmäßigkeiten mit politischen und genosse, der eine Halbjüdin zur Frau hat, sollte rassistischen Argumenten vermischten. Für die m.E. für eine Zulassung als öffentlich bestellter zugelassenen ÖbVI stellen die nach dem Zulas- Vermessungsingenieur grundsätzlich ebenso we- sungsverfahren dennoch weiterhin gewerbetrei- nig in Frage kommen, wie für die Zulassung als benden Landmesser eine unerwünschte Konkur- Beamter oder in zu irgend einem sonstigen Beruf, renz dar. Die Bezirksgruppe des HVB IV (Berlin in dem öffentliche Interessen mit wahrzunehmen und Mark Brandenburg) wandte sich 1940 an den sind“.40 Der RMdI lehnte den Antrag ab und ord- RMdI: „Ein gewerbsmässiges Messen war von nete die Abwicklung der Aufträge bis 31.3.1942 diesem Zeitpunkt ab im Deutschen Reiche nicht an. Neue Anträge auf Urkundsvermessung durfte mehr statthaft. Trotz dieser klaren Rechtsgrundla- er nicht mehr annehmen. Der ehemalige Kom- ge betreiben nun eine nicht unbeachtliche Anzahl mandant der Heimatwehr Alfred Rippel aus Wels sogenannter Vermessungsbüros im Deutschen kam ebensowenig als ÖbVI in Betracht, wie Reiche das gewerbliche Messen weiter. Die Inha- Dr.-Ing. Max Spitaler und Friedrich Schindelarz ber dieser Büros setzen sich zusammen aus ehe-

40 NSDAP-Beurteilung (Parteikanzlei) des Dipl.-Ing. Feichtinger (aus Salzburg) vom 14.8.1941, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 134. B.: 4. 41 NSDAP-Beurteilung Friedrich Schindelarz vom 2.7.1941, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 678. B. 6. 42 RSH Wien an RMdI 22.07.1943 (18191-1943 ÖbV-Zier), In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 912. B. 7. A. Brall: Zur Einführung der Berufsordnung ... 9 maligen Vermessungsingenieuren, die aufgrund digten Landmesser zählen, die als öff. best. Verm. der Zulassungsbedingungen infolge beruflicher Ing. nicht zugelassen worden sind“.45 Unzulänglichkeit oder aus sonstigen Gründen... Die Abrechnung mit Gegnern des Nationalso- nicht zugelassen worden sind oder aus vermes- zialismus betraf allerdings nicht nur das private 43 sungstechnischen Hilfskräften...“. Vermessungswesen. Ein Beispiel hierfür ist der Bemängelt wurde, dass diese Büros Zweigstel- Obervermessungsrat Emil Hermann aus Wien. len unterhielten, keiner behördlichen Aufsicht un- Hermann war Landesfachschaftsleiter der Vater- terstanden und Reklameanzeigen verwendeten. Es ländischen Front des Landes Niederösterreich. entstünden empfindliche finanzielle Schädigungen. 1938 wurde er mit reduzierter Pension in Ruhe- Die Bezirksgruppe ging von der prinzipiellen Un- stand versetzt, zugleich wurde seine Ernennung zulässigkeit gewerblicher Vermessungsbüros und rückgängig gemacht. Rechtsmittel standen ihm der völligen Monopolisierung des privaten Vermes- nicht zu. Von der Neuzulassung als ÖbVI erhoff- sungswesens durch die ÖbVI aus. Die Rechte der te sich Hermann ein angemessenes Einkommen ehemals nach § 36 Reichsgewerbeordnung verei- und befürchtete durch eine Nichtzulassung die digten Landmesser seien erloschen. Das Vermes- völlige wirtschaftliche Vernichtung seiner Fami- sungswesen war demnach entweder staatlich oder lie. Dennoch blieb es trotz wiederholter Eingaben in der Obhut der ÖbVI, die keiner Konkurrenz aus- bei der Ablehnung. Darüber hinaus beurteilte der gesetzt werden durften: „Der Inhaber eines solchen Reichsstattalter in Wien die von Hermann ange- Büros ist sogar nicht nur wegen seiner jüdischen führte Existenzgefährdung als abwegig und lehn- Ehefrau, sondern auch insbesondere wegen be- te sowohl Zulassung als auch ein Angestelltenver- ruflicher Unzuverlässigkeit von der Zulassung zum hältnis im Bereich der HVA XIV ab. Erschwerend Oeffentlich bestellten Vermessungsingenieur aus- kam hinzu, dass die NSDAP erhebliche Beden- geschlossen worden und es ist nun der eigenartige ken anmeldete. Als besonders schwerwiegend Zustand eingetreten, daß die wegen des Nichtarier- wurde eingestuft, dass anläßlich der „Räumung“ paragraphen oder aus Unzuverlässigkeit [...] nicht der Synagoge in Horn ein Schreiben aufgefunden zugelassenen Vermessungsingenieure, die nicht wurde, dass sich für die Kandidatur Hermanns für einmal vom Oeffentlich bestellten Vermessungsin- die christlich-soziale Partei einsetzte. Daraus ging genieur beschäftigt werden dürfen, nunmehr mit hervor, dass sich Hermann „stets als aufrichtiger grossen Vermessungsaufträgen vom Reichsbahn- Freund der Juden bewährt habe“.46 Das RMdI vermessungsamt Berlin II bedacht worden sind, zog immerhin eine Beschäftigung als Angestellter während Oeffentlich bestellte Vermessungsingeni- in Königsberg in Erwägung.47 eure der Gruppe bis auf wenige Ausnahmen über- Hauptgrund für die überwiegende Zahl der 44 haupt nicht betraut worden sind“. Ablehnungen war allerdings, dass sich die Be- Man erkennt unschwer, dass sich die Bezirks- werber im Beamten- oder Angestelltenverhältnis gruppe darum bemühte, einen Konkurrenten zu befanden, zu alt waren oder nur im Nebenberuf beseitigen. Die Einführung der Berufsordnung Vermessungen ausführten. Immerhin wurde 12 war mit dem Ausschluss bestimmter Vermes- Personen – so auch Simon Feichtinger und Alf- sungskundiger verbunden, die nun endgültig aus red Rippel – gestattet, ihre Büros befristet weiter- dem Markt gedrängt werden sollten. Die Bezirks- zuführen. Diesen Entscheidungen lag allerdings gruppe bezog sich nicht auf einen Einzelfall: „Die weniger ein Unrechtsbewußtsein, als die Kriegs- Regelung der Rechtsstellung der sogenannten lage zugrunde. Die Verlängerungen wurden aus- Vermessungstechniker Büros ist dadurch schwie- drücklich mit Hinweis auf die kriegsbedingten riger geworden, daß zu dieser Kategorie jetzt Personalverknappungen und die Einberufung auch etwa 200 Büros derjenigen früheren verei- vieler ÖbVI zur Wehrmacht begründet.48

43 Schreiben der Bezirksgruppe der ÖbVI im HVB IV im NSBDT an den RMdI vom 31.12.1940, In: BArch, R 1501, 523. D.: 31.12.1940. 44 A. a.O. 45 Vermerk des RMdI zum Schreiben vom 31.12.1940 der Bezirksgruppe der ÖbVI im HVB IV vom 28.5.1942, In: BArch, R 1501, 523. D.: 28.5.1942. 46 Schreiben der NSDAP-Parteikanzlei an den RMdI vom 14.11.1941, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 257. B.: 30. 47 Schreiben des RMdI (VIa H 93IX/41-6847-) an die NSDAP-Parteikanzlei vom 30.09.1941, In: BArch, R 1501, Verm.- Ing. 257. B.: 29. 48 Schreiben des Reichsstatthalters Wien (HVA XVI) an den RMdI betreffend die Verlängerung der Erlaubnisse Ing- enieurs Lang vom 13.3.1942, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 413. B.: 45. 10 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Umgekehrt war es in Einzelfällen möglich, nisationsgrad liegt damit unter dem der übrigen durch geschickten Einsatz politischer Druckmit- ÖbVI im Deutschen Reich (37% Parteimitglied, tel die Zulassung und sogar die Eröffnung eines 8%, Parteianwärter bei ÖbVI-Antragstellung). neuen Büros zu erzwingen. Der Reichsstatthalter Mit Hinblick auf Ingenieure ging die Forschung Wien war der Ansicht, dass es in den „Alpen- bisher allgemein von einer wesentlich geringe- und Donaureichsgauen“ aufgrund der hohen An- ren politischen Einbindung aus. So gab es am zahl von ÖbVI kein Bedarf an Neuzulassungen 30.01.1933 unter 8.5 Millionen Selbständigen, gäbe.49 Eröffnungen neuer Büros sollten deshalb Angestellten und Beamten im Deutschen Reich soweit wie möglich vermieden werden. Tatsäch- 385 000 Parteigenossen, d.h. 4,5%. Von den lich sind unter 780 ÖbVI Zulassungen zwischen 300 000 Ingenieuren waren zu diesem Zeitpunkt 1938 und 1945 nur 32 als Neuzulassung zu be- 7 000 Personen Parteimitglied, also etwa 2,3%.53 zeichnen, davon sind vier in der „Ostmark“ ge- 1937 waren 10% der Ingenieure Parteimitglied.54 nehmigt worden. Der letzte zugelassene ÖbVI Allerdings erreichten die ÖbVI mit Hinblick auf Oskar Biock aus Wien setzte die Neuzulassung andere Freie Berufe durchaus vergleichbare durch jahrelange politische Einflußnahme durch. Werte. So waren nahezu 45% der deutschen Biock war bei Antragstellung nicht selbständig Mediziner während des „Dritten Reiches“ Mit- und in einen Betrugsfall verwickelt, der Reichs- glied der NSDAP, wogegen nur je etwa 25% der statthalter Wien lehnte ihn ab. Der RMdI wies Lehrer und selbst der Juristen Parteimitglieder seine Beschwerde zurück. Biock erwirkte als „Al- waren. Der Anteil der politischen Mobilisierung ter Kämpfer“ eine ausgesprochen positive Stel- der späteren ÖbVI ist vor diesem Hintergrund lungnahme der NSDAP. Nach einer Eingabe an bemerkenswert. die „Kanzlei des Führers“ lenkte das RMdI ein und genehmigte eine rechtswidrige befristete Man kann davon ausgehen, dass auch das Zulassung bis zum 31.3.1947. Biock wurde am Weltbild der Vermessungsingenieure in Öster- 23.10.44 vereidigt.50 Politische Einflussnahme reich nach dem ersten Weltkrieg vom Gedan- war auch dann erfolgversprechend, wenn der ken der parteipolitischen Distanz und der tech- Partei ein Skandal zu ersparen war. So wurde im nokratischen Kritik am Staat geprägt war. Der Zulassungsverfahren Josef Scheer aktenkundig, unter Technikern verbreitete technische Anti- dass die Frau des ehemaligen Gauleiters und kapitalismus und die Erfahrungen mit dem ös- Trägers des Goldenen Parteiabzeichens jüdi- terreichischen Ständestaat boten durchaus sche Vorfahren hatte. Die Aufsichtsbehörde posi- Anknüpfungen zu Propagandathesen der Natio- tionierte sich vorsichtig und wartete die Entschei- nalsozialisten. Mit der 1931 erfolgten Gründung dung Hitlers ab. Scheer blieb im Gegensatz zu des „Kampfbundes Deutscher Architekten und seiner Frau Parteimitglied, die ÖbVI-Vereidigung Ingenieure“ (KDAI) sowie der „Ingenieur-Techni- fand 1944 statt.51, 52 schen Abteilung“ (I.T.A.) der Parteireichsleitung gelang es der NSDAP, eine Brücke zu den In- 5. Zusammenfassung genieuren zu schlagen. Keine der übrigen deut- schen Parteien hat sich in vergleichbarer Weise Vermessungsingenieure aus Österreich stellten mit den Problemen der technischen Intelligenz die drittgrößte Gruppe innerhalb der zwischen befaßt oder die Technik überhaupt in den Partei- 1938 und 1945 im Deutschen Reich zugelasse- aufbau integriert. nen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieu- re dar. Die im Bundesarchiv Berlin aufbewahrten Betrachtet man die Eintrittsdaten, fällt auf, Akten geben Einblick in die soziale Lage und dass ca. 50% der Parteimitglieder unter den die politische Orientierung der Zivilgeometer ÖbVI nach dem „Anschluß“ Österreichs das Par- bzw. Ingenieurkonsulenten sowie die berufs- teibuch beantragten. Diese Selbstindienststel- rechtliche Entwicklung. Unter den zugelassenen lung ist neben verbreiteter Zustimmung zur nati- ÖbVI waren 28% Mitglied der NSDAP. Der Orga- onalsozialistische Politk vermutlich auch von den

49 A. a.O. 50 Zulassungsverfahren des Dipl.-Ing. Biock, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 36. 51 ÖbVI-Zulassungsverfahren Scheer, In: BArch, R 1501, Verm.-Ing. 665. 52 Scheer: Hatto Georg Scheer, Heldenplatz und Nazieltern. 53 Ludwig, Karl-Heinz: Technik und Ingenieure im Dritten Reich. Unveränd. Nachdr. d. Ausg. Düsseldorf, Droste, 1974 Auflage. Königstein/Ts.: Athenäum-Verl., 1979, Athenaeum-Droste-Taschenbücher ; 7219 : Geschichte. 54 Kaiser, Walter (Hrsg.): Geschichte des Ingenieurs : ein Beruf in sechs Jahrtausenden. München, Wien: Hanser, 2006. A. Brall: Zur Einführung der Berufsordnung ... 11 bevorstehenden Zulassungsverfahren beeinflußt reits 1913 erreichte Verkammerung wegfiel und gewesen. eine Gebührenordnung der ÖbVI bis Kriegsende Die Untersuchung der NSDAP-Beurteilungen nicht erlassen wurde. Der Reichsfachausschuss zeigt, dass einige Ingenieure aus politischen der ÖbVI, der gewisse Selbstverwaltungsaufga- Gründen verfolgt und nicht als ÖbVI zugelassen ben wahrnahm, befaßte sich nicht nur mit berufs- wurden. Gleichzeitig war es im Einzelfall möglich, rechtlichen Verfehlungen, sondern leitete auch mit politischem Druck eine rechtswidrige Zulas- Informationen über politische Auffälligkeiten sung zu erreichen. Etwa 60% der Bewerber wur- weiter. Über den Reichsfachausschuss bzw. die den abgelehnt und mußten die Ausführung der spätere Reichsgruppe der ÖbVI war eine durch- den ÖbVI vorbehaltenen Aufgaben einstellen. aus effiziente Kontrolle im politischen Sinne mög- Der unbestimmte Rechtsbegriff der „nationalen lich, die als Kehrseite der „Selbstverwaltung“ der Zuverlässigkeit“ hat zur Ablehnung von Kandi- ÖbVI betrachtet werden kann. Ohne derartige daten geführt. Die Berufsordnung von 1938 hatte Mechanismen der Selbstkontrolle, die keiner auf- aus diesem Grund auch die Funktion eines po- wändigen staatlichen Bürokratie bedurfte und litischen Herrschaftsinstrumentes. Die Einschät- auf Mitwirkung vieler Beteiligter rechnen konnte, kam im übrigen der nationalsozialistische Staat zung der NSDAP bildete für den Referenten im 55 Reichsministerium des Innern (RMdI) in Berlin auch auf anderen Ebenen nicht aus. eine wesentliche Informationsquelle für die Be- Literaturverzeichnis urteilung. [1] BAfEuV: 1883 - 1983. 100 Jahre Führung des Katas- In der Gruppe der abgelehnten und ange- ters. Wien, 1986. nommenen Bewerber ist mit 23% bzw. 28% [2] Bosse, W.: Der Stand der Ingenieurkonsulenten für NSDAP-Mitgliedern ein verhältnismäßig hoher Vermessungswesen in Österreich. AVN 8-9 1982. Prozentsatz politisch organisiert. Zwar konn- [3] Brall, Andre: Der öffentlich bestellte Vermessungsin- te ein negatives Urteil der Partei in der Regel genieur und das Deutsche Vermessungswesen bis nicht übergangen werden, ein Parteieintritt allein 1945. Dissertation. München: Verl. der Bayer. Aka- demie der Wissenschaften, 2007, Deutsche Geodäti- konnte aber nicht regelmäßig die einer Zulas- sche Kommission bei der Bayerischen Akademie der sung entgegenstehende Bedenken ausräumen. Wissenschaften : Reihe E, Geschichte und Entwick- Die Mehrzahl der Ablehnungen sind letztlich lung der Geodäsie; 28. auf ein zu hohes Alter, eine Angestelltentätigkeit [4] Bundesarchiv Berlin (BArch): Hauptamt für Technik/ oder Qualifikationsmängel zurückzuführen. Aller- Reichswaltung des Nationalsozialistischen Bundes dings wurde einigen Kandidaten die Weiterfüh- Deutscher Technik (NS 14): rung ihrer Geschäfte ausnahmsweise gestattet, – 28. D.: 26.3.1941. so dass eine Notlage durch Schließung ihrer Un- Reichsministerium des Innern (R 1501): ternehmen gemindert werden konnte. – 523. D.: 28.5.1942. Geht man von 180 Zivilgeometern um 1938 – 523. D.: 31.12.1940. und 79 zugelassenen ÖbVI aus, führte das Zu- – Verm.-Ing. 130. lassungsverfahren zu einer erheblichen Markt- – Verm.-Ing. 134. B.: 4. bereinigung. Die für erfolglose Bewerber eintre- – Verm.-Ing. 253. B.: 8. tende Notlage konnte vermutlich besser als im – Verm.-Ing. 257. B.: 29. restlichen Reich gemildert werden, weil das frü- here österreichische Berufsrecht die Tätigkeit in – Verm.-Ing. 257. B.: 30. mehreren Ingenieurfeldern gestattet hatte und – Verm.-Ing. 330. B.: 9. deshalb ein Ausweichen auf andere Arbeitsfel- – Verm.-Ing. 36. der möglich war. Dennoch sind in Einzelfällen – Verm.-Ing. 413. B.: 45. existenzielle Notlagen beklagt worden. Einige – Verm.-Ing. 589. aus politischen Gründen aus der Vermessungs- – Verm.-Ing. 665. verwaltung entlassene Beamte haben mit gerin- – Verm.-Ing. 678. B. 6. gem Erfolg versucht, als ÖbVI zugelassen zu – Verm.-Ing. 819. B.: 12. werden. – Verm.-Ing. 912. B. 7. Im Vergleich zum berufsrechtlichen Standard [5] Hanisch, Ernst: Peripherie und Zentrum: die Entpro- vor 1938 brachte die Einführung des ÖbVI einen vinzialisierung während der NS-Herrschaft in Öster- gewissen Rückschritt, weil die in Österreich be- reich. In: Möller, Horst/Wirsching, Andreas/Ziegler,

55 Schreiber, Carsten: Elite im Verborgenen. Ideologie und regionale Herrschaftspraxis des Sicherheitsdienstes der SS und seines Netzwerks am Beispiel Sachsens. Diss.. München: Oldenbourg, 2008. 12 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Walter (Hrsg.): Nationalsozialismus in der Region. [16] RMdI: RdErl. d. RMdI vom 10.4.1940 (IV a 8436/40- Beiträge zur regionalen und lokalen Forschung und 6846): Ausführungsvorschriften zur Berufsordnung zum internationalen Vergleich. Schriftenreihe der Vier- der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, 2. teljahrshefte für Zeitgeschichte. Sondernummer Mün- Nachtrag (Ausführungsvorschriften für die Ostmark chen: Oldenbourg, 1996, S. 329–334. und den Reichsgau Sudetenland). Hrsg.: RMdI. Ber- [6] Kaiser, Walter (Hrsg.): Geschichte des Ingenieurs : ein lin: RMBliV, Nr. 16, S. 767, 1940. Beruf in sechs Jahrtausenden. München, Wien: Han- [17] RMdI: Verordnung über die Einführung der Berufsord- ser, 2006. nung der Öffentlich bestellten Vermessungsingeniure [7] Ludwig, Karl-Heinz: Technik und Ingenieure im Drit- in der die Ostmark und im Reichsgau Sudetenland ten Reich. Unveränd. Nachdr. d. Ausg. Düsseldorf, vom 1.3.1940). Berlin: RGBl. I S. 477, 1940. Droste, 1974 Auflage. Königstein/Ts.: Athenäum-Verl., [18] Scheer, Hatto Georg: Hatto Georg Scheer, Helden- 1979, Athenaeum-Droste-Taschenbücher ; 7219 : Ge- platz und Nazieltern. (URL: http://www.1809-2009. schichte. eu/v2/hatto_georg_scheer_heldenplatz_und_naziel- [8] Mejstrik, Alexander (Hrsg.): Vermögensentzug wäh- tern,10598,6917.html) – Zugriff am 21.07.2010. rend der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädi- [19] Schiffmann, F.: Hofrat Prof. Dr. h.c. mult. Eduard gungen seit 1945 in Österreich. Band 16: Berufsschä- Doležal zum Gedächtnis. Österreichische ZfV XLIII digungen in der nationalsozialistischen Neuordnung 1955 Nr. 5. der Arbeit: vom österreichischen Berufsleben 1934 zum völkischen Schaffen 1938 - 1940, Veröffentlichun- [20] Schreiber, Carsten: Elite im Verborgenen. Ideologie gen der Österreichischen Historikerkommission. Wien: und regionale Herrschaftspraxis des Sicherheits- Oldenbourg, 2004. dienstes der SS und seines Netzwerks am Beispiel Sachsens. Diss.. München: Oldenbourg, 2008. [9] Rebentisch, Dieter; Fried, Johannes et al. (Hrsg.): Füh- rerstaat und Verwaltung im zweiten Weltkrieg. Verfas- [21] Österreich: Gewerbeordnung vom 20.12.1859. RGBl. sungsentwicklung und Verwaltungspolitik 1939-1945. S. 227, 1859. Band 29, Frankfurter Historische Abhandlungen. Stutt- [22] Österreich: Staatsministerielle Verordnung vom gart: Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, 1989. 11.12.1860. Zl. 36413, 1860. [10] Reich: RdErl. d. RPrMdI vom 31.3.1938 (IV a 4136/38- [23] Österreich: Spezialentscheidung des MdI vom 6846): Ausführungsvorschriften zur Berufsordnung 7.1.1876. Zl. 16030, 1876. der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure. Hrsg.: RMdI. Berlin: RMBliV, Nr. 15, S. 585-596, 1938. [24] Österreich: Verordnung vom 8.11.1886. Z. 8152, 1886. [11] Reitzi, Gustav: Das private Vermessungswesen in [25] Österreich: Verordnung vom 7.5.1913. RGBl. S. 77, Deutschösterreich. AVN 13 1938. 1913. [12] RMdI: Verordnung über die Ausbildung und Prüfung [26] Österreich: 30. Bundesgesetz über außerordentliche für den höheren vermessungstechnischen Verwal- gewerbliche Maßnahmen vom 2.2.1937. Bundesge- tungsdienst vom 3.11.1937. ZfV, Heft 22, Band LXVI, setzblatt Nr. 30, 1937. S. 683-684, 1937. [27] Suckow, Friedrich/Ellerhorst, Johannes: Überblick [13] RMdI: Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermes- über das deutsche Vermessungswesen. Liebenwer- sungsingenieure vom 20.1.1938. 1938, RGBl. I, S. 40. da: R. Reiss, 1932. [14] RMdI: Gesetz über die Wiedervereinigung Öster- reichs mit dem Deutschen Reich (13.3.1938). Hrsg.: Anschrift des Autors RMdI. Berlin: RGBl. I, S. 237-238, 1938. Dr. Andre Brall, Institut für Geodäsie und Geoinformations- [15] RMdI: Gesetz über den Aufbau der Verwaltung in der technik, Fakultät VI, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin, Ostmark (Ostmarkgesetz) (14.4.1939). Hrsg.: RMdI. Deutschland Berlin: RGBl. I, S. 777, 1939. E-Mail: [email protected] Vermessung & Geoinformation 1/2011, S. 13 – 19, 11 Abb. 13

Extensible 3D – eine XML-basierte Beschreibungs- sprache zur Kommunikation 3-dimensionaler Geo-Daten

Clemens Strauß, Graz

Dieser Beitrag wurde als "reviewed paper" angenommen. Kurzfassung Im vorliegenden Artikel wird ein Verfahren beschrieben, das die Bedienung einer 3-dimensionalen Präsentation räumlicher Daten in einem Internetbrowser zum Ziel hat. Dieses Verfahren umfasst die Erzeugung einer X3D- konformen XML Struktur aus vorgehaltenen DGM Daten und die Erstellung einer dazu passenden thematischen Textur. Die daraus erhaltenen Daten – XML Dokument und Textur – können dabei im Zuge einer umfassenden internetbasierter Präsentation eines räumlichen Themas mit herkömmlichen HTML Elementen kombiniert werden. Schlüsselwörter: Extensible3D, Digitales Geländehöhenmodell, Textur Abstract The aim of this article is to describe a method how to support an internet based presentation of 3-dimensional spatial data. For this purpose an X3D-conform XML structure is generated based on a dataset of a digital elevation model. Furthermore a thematic texture is created which matches the spatial extents of the elevation model. The resulting XML document and texture file can be integrated into a conventional HTML site. This simple method of introducing spatial topics supported by a pseudo 3D view greatly facilitates comprehension of the subject presented. Keywords: Extensible3D, Digital Elevation Model, Texture

1. Einführung mensinoale Vektordatensätze. Die hier gewähl- Eine rechtzeitige Kommunikation und verständ- te Datengrundlage ist dabei stellvertretend zu liche Präsentation von Analyseergebnissen und verstehen und dient ausschließlich der Verdeutli- darauf aufbauenden Entscheidungen kann zu chung des Verfahrens. einer höheren Akzeptanz unter jenen führen, die Das Grundkonzept des Verfahrens stützt sich von den Konsequenzen dieser Entscheidungen dabei auf Extensible 3D (X3D) [9], eine ISO-zerti- betroffen sind. Dies sollte nicht nur für abstrakte fizierte Extensible Mark-up Language (XML), die Prozesse gelten, sondern auch für Themen mit zur Definition 3-dimensionaler Objekte einge- konkretem Raumbezug. Beispiele dafür wären setzt wird. Diese Beschreibungssprache ist mul- bauliche Maßnahmen zum Schutz vor Naturkräf- tidisziplinär einsetzbar und lässt sich in der Me- ten, wie Lawinen, Muren und Überschwemmun- dizin, in der Computerspieleindustrie und eben gen, oder energiewirtschaftliche Bauwerke, wie auch in der Geoinformatik wieder finden (u.a. Wasserkraftwerke und den damit verbundenen [W3D]). Die visuelle Darstellung der 3-dimensio- Rückstauungen der Gewässer. Hierbei bilden nalen Objekte – das Rendern von Szenen – wird kartographische Darstellungen eine probate durch den Client durchgeführt und geschieht Möglichkeit diese Inhalte zu transportieren. Das in Echtzeit. Die Rechenleistung wird dabei ver- Spektrum der kartographischen Gestaltung und gleichbar mit einer Web 3D Service (W3DS) Sys- des eingesetzte Präsentationsmediums kann sich temkonfiguration [14] auf Client (das Rendern) vom analogen 2-dimensionalen Plan über eine und Server (zusammenstellen der X3D Struktur) perspektivische Darstellung im Internet bis hin aufgeteilt. Die WebGIS-basierte Darstellung von zum Einsatz von Augmented Reality erstrecken. Objekten in Kombination mit einem Web Fea- ture Service (WFS) [15], wie es beispielsweise In diesem Artikel wird ein Verfahren aufge- mit OpenLayers [OL] oder Mapbender [10] er- zeigt, mit dem eine perspektivische Darstellung möglicht wird, ist als entsprechendes Pendant von 3-dimensionalen Geo-Daten im Internet be- für 2-dimensionale Anwendungen zu sehen. dient werden kann. Zu diesem Zweck wird als 3-dimensionale Datengrundlage ein digitales Im Gegensatz dazu wird bei serverseitigen Ver- Geländehöhenmodell (DGM) genutzt, wobei für fahren (Thin Client and Thick Server) die Szene alle drei Raumrichtungen Koordinatenwerte zur bereits am Server gerendert und als fertiges Bild Verfügung stehen. Die Grundlage der zu erstel- an den Client übertragen. Vertreter dieses Verfah- lenden thematischen Textur bilden mehrere 2-di- rens wären in der Familie der Web Map Sericves 14 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Abb. 1: Systemarchitektur zur X3D konformen Bereitstellung texturierter 3-dimensionaler Geo-Daten.

(WMS) [17] und Web Terrain Serices (WTS) [16] zu Zeichenketten, die direkt als Übergabeparame- finden. Besondere Anforderungen werden an die- ter an das nächste Modul übergeben werden. sen Client im Verlauf der Präsentationsmethode jedoch nicht gestellt, da heutige Internetbrowser Auf der Seite des Konsumenten stehen kom- im Stande sind, Bilder verschiedenster Formate merzielle und freie Softwareprodukte zur Verfü- standardmäßig darzustellen. Zu berücksichtigen gung, die je nach Produktumfang als allein ste- ist, dass bei diesem Verfahren alle Ansichten als hendes Programm ausgeführt, oder als Plug-In Einzelbilder am Server angefordert und an den für den Internetbrowser genutzt werden können. Client übertragen werden müssen. Eine entsprechende Übersicht inklusive einer Kurzbewertung der einzelnen Produkte bietet 2. Eingesetzte Technologien [4]. Auf Grund dieser Kurzbewertungen wurde hier die kostenfreie Demonstrationsversion des Die eingesetzten Softwaremodule zur nachfol- kostenpflichtigen Contac Browsers der Firma genden Datenaufbereitung sind serverseitig Bitmanagement Software GmbH [3] verwendet, allesamt frei verfügbar. Die Datenbasis bildet, die sich als allein stehendes Programm und als abgesehen vom Speicherplatz für dateibasierte Internetbrowser Plug-In nutzen lässt. Speicherverfahren, ein postgreSQL Datenbank- managementsystem [20] mit der räumlichen Er- 3. 2- und 3-dimensionale Datengrundlagen weitunerung PostGIS [19]. Die notwendigen Me- thoden zur Erstellung der Textur basieren auf der Die Datengrundlage, vorgehalten in der Daten- Funktionalität eines Mapservers [11], die teilwei- basis (Abb. 1 Modul 1), teilt sich in das 3-di- se mit PHP Mapscript [13] aufgerufen wird. Dazu mensionale DGM und in mehrere 2-dimensionale wird das Softwarepakte Mapserver for Windows Vektordatensätze zur Texturierung des DGMs (MS4W) [12] eingesetzt. Die Erstellung der X3D- auf. Der Ausgangsdatensatz des DGMs, eine konformen XML Syntax erfolgt mit der Skriptspra- auf die Steiermark abgestimmte Satellite Radar che PHP [18]. Die Kommunikation nach außen Topographic Mission (SRTM) Szene [22] mit ei- verläuft schlussendlich über einen Webserver ner Rasterweite von knapp 100 Metern (Abb. 2, (Apache) [1], der ebenfalls im Softwarepaket erster Abschnitt von links), wird hinsichtlich einer MS4W enthalten ist. Das dabei entstehende kürzeren Datenübertragungsdauer zwischen Zusammenspiel der einzelnen Komponenten ist Server und Client auf eine Rasterweite von 500 in Abb. 1 skizziert. Hierbei sind die jeweiligen Metern ausgedünnt (Abb. 2, zweiter Abschnitt Module als nummerierte graue Kästchen (1 bis von links). Anschließend werden die einzelnen 5) ausgewiesen, auf deren Funktion in den nach- Rasterzellen in quadratische Polygonobjekte folgenden Abschnitten eingegangen wird. Die in konvertiert (Abb. 2, dritter Abschnitt von links) gelb gehaltenen Elemente stellen jene Informa- und im Zentrum jedes Polygons ein Punktobjekt tion dar, die zwischen den einzelnen Modulen erzeugt (Abb. 2, vierter Abschnitt von links). Die zu übergeben sind. Es handelt sich hierbei um Höheninformation aus dem Raster wird dabei Dateien, die angelegt werden und auf die zuge- als Attributwert der jeweiligen Vektorgeometrie griffen wird, beziehungsweise um Zahlen- und weitergeführt. Mit dem Import der Punktobjekte C. Strauß: Extensible 3D – eine XML-basierte Beschreibungssprache ... 15

Abb. 2: Mit links beginnend die aufeinander aufbauenden Vorverarbeitungsschritte des DGMs: Originalraster mit knapp 100 Metern Auflösung, ausgedünnter Raster mit 500 Meter Auflösung, 500 Meter Raster als quadratische Polygonobjekte, Zentrum der Polygone als Punktobjekte. Bildausschnitt zeigt den Grimming (Berg in der Ober- steiermark) in Bildmitte.

in die postgreSQL/PostGIS Datenbank ist die on Grid [8] als zweckmäßige Struktur angesehen Vorbereitung des DGMs abgeschlossen: Die werden. Als Alternative zum Elevation Grid steht 3-dimensionale Information setzt sich aus dem ein Geo Elevation Grid [8] zur Verfügung, das ei- horizontalen Koordinatenpaar des Geometrie- ner komplexeren Parametrisierung unterliegt und attributs und dem Höhenwert als numerisches somit für diese Verfahren der Datenaufbereitung Attribut zusammen. nicht genutzt wird. Die Syntax eines Elevation Die 2-dimensionalen Vektordaten bestehen Grids ist nachfolgend angeführt und besteht aus aus mehreren sich thematisch unterscheiden- mindestens fünf Parametern: den Shape-Dateien, und stammen zum einen für ƒ Anzahl der Stützstellen in einer Zeile bzw. in Daten mit Steiermarkbezug vom GIS Steiermark x-Richtung (xDimension). [5] und zum anderen für Österreichweite Daten ƒ Entfernung zweier benachbarter Stützstellen von der Firma Tele Atlas [21]. In Abb. 3 sind in x-Richtung (xSpacing). diese Vektordaten bereist so dargestellt, wie sie Anzahl der Stützstellen in einer Spalte bzw. in in weiterer Folge als Textur dienen sollen: Bewal- ƒ z-Richtung (zDimension). dete Flächen (Polygon) in grün, Siedlungsraum (Polygon) in dunkelrot, Steirische Hauptgewäs- ƒ Entfernung zweier benachbarter Stützstellen ser (Linie) in blau und Steirische Bezirksgrenzen in z-Richtung (zSpacing). (Polygon) als transparente Fläche mit hellroter ƒ Auflistung aller Höhenwerte in vordefinierter Begrenzung. Diese vier Datensätze werden in Reihenfolge (height). der Datenbasis vorgehalten und im Zuge der Texturerstellung vom Mapserver zu einem Ras- X3D Syntax: terbild verarbeitet. ‘ xSpacing=‘‘ zDimension=‘‘ zSpacing=‘‘ height=‘<first_height_ value>,,...,’/>

Bei der Definition des Elevation Grids wird deutlich, dass sich das X3D Koordinatensystem von einem in der Geodäsie üblichen Koordina- tensystem (vgl. [7] Abschnitt 3.1) unterscheidet. Die Horizontalebene wird dabei durch die x- und z-Achse aufgespannt und Höheninformationen werden entlang der y-Achse aufgetragen (sie- he Abb. 4). Im Bezug auf einen Computerbild- schirm befindet sich der Koordinatenursprung in Abb. 3: Kombinierte Darstellung der 2-dimensionalen der linken unteren Bildschirmecke. Die x-Achse Vektordaten zur Texturierung des DGMs. verläuft entlang der Bildschirmunterkante nach rechts und die y-Achse entlang der linken Bild- 4. Aufbereitung des Geländehöhenmodells schirmkante nach oben. Die z-Achse ist ortho- Für die Darstellung eines Geländehöhenmodells gonal auf die Bildschirmebene ausgerichtet und in X3D kann ein Geometry Node vom Typ Elevati- streckt sich dem Betrachter entgegen. 16 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Anweisung, innerhalb dieser auf die Anforderung einer in Abb. 5 angezeigten Reihenfolge durch Sortierung der Antwort entsprochen wird:

SQL Syntax: SELECT FROM ORDER BY ST_Y() DESC, ST_X() ASC

Die SQL Anweisung ist folgendermaßen zu lesen: Wähle alle Höhenattributwerte (height_at- tribute) aus der Punktobjekttabelle (dem_table) aus und sortiere diese absteigend (DESC wie descending) nach der y-Koordinate des Punkto- Abb. 4: X3D Koordinatensystem mit x- und z-Achse bjektes (geometry_attribute) und innerhalb jener in der Horizontalebene und Höheninformation entlang der y-Achse. Datensätzen mit gleicher y-Koordinate zusätz- lich ansteigend (ASC wie ascending) nach der Bei der Befüllung des heigth Parameters des x-Koordinate des Punktobjektes. Der Zugriff auf Elevation Grids, der die einzelnen Höhenwerte den x- bzw. y-Koordinatenwert eines Geomet- in einer vordefinierten Reihung zu beinhalten rieattributes erfolgt hierbei durch die ST_X(…) hat, ist auf die Besonderheit der Achsorientie- bzw. ST_Y(…) Funktion der PostGIS Erweiterung rung Rücksicht zu nehmen. Diese Reihung ist in der eingesetzten postgreSQL Datenbank. Die- Abb. 5 mit Hilfe der schwarzen Pfeile dargestellt ser Abfrageprozess und die Zusammenstellung und beginnt mit dem ersten Höhenwert im X3D des Elevation Grids in einer X3D-konformen XML Koordinatenursprung bei x = 0 und z = 0. Von Struktur erfolgt in Modul 2 (Abb. 1). Die pro- dort beginnend werden alle Höhenwerte zeilen- grammatische Umsetzung erfolgt dabei in einem weise (parallel zur x-Achse) fortlaufend eingetra- PHP Skript, das die XML Struktur als *.x3d Datei gen. Zusätzlich zu den in rot dargestellten X3D auf dem Webserver ablegt (z.B.: dem.x3d). Ruft Achsen beinhaltet Abb. 5 die in grün dargestell- man diese Datei mit einem entsprechenden Pro- ten Achsen, die sich auf die in der Datenbasis gramm auf, so bietet sich dem Betrachter das vorgehaltenen DGM Daten beziehen. Aus dieser Relief der Steiermark, so wie es in Abb. 6 dar- Abbildung lässt sich die notwendige Vorschrift gestellt wird. ableiten, nach der die einzelnen Höhenwerte der Punktobjekte aus der Datenbank abzufra- gen sind.

Abb. 6: DGM der Steiermark. Darstellungsvariante: smooth. Im Detail kann die Visualisierung eines Elevati- on Grids je nach gewählter Einstellung am Client verschiedene Ausprägungen besitzen. In Abb. 7 ist eine Variante mittels Drahtgitter gewählt um den geometrischen Aufbau des Elevation Grids zu verdeutlichen. Erkennbar sind hier einzelne Abb. 5: Achsenausrichtung der involvierten Koordina- Stützpunkte – diese entsprechen den Punkto- tensysteme in grün bzw. rot eingefärbt. Reihenfolge bjekten, die im Verlauf der Datenkonvertierung der Höhenwerte für das Elevation Grid als schwarze erzeugt wurden – in denen sechs Linen bezie- Pfeile dargestellt. hungsweise Kanten einer Dreiecksvermaschung Die Abfrage der Höhenwerte aus der post- abgehen. Auf die Dreiecksvermaschung selbst greSQL/PostGIS Datenbank erfolgt mittels SQL kann dabei kein Einfluss genommen werden. Die C. Strauß: Extensible 3D – eine XML-basierte Beschreibungssprache ... 17

Kanten der Dreiecke verlaufen für die Katheten Die hier verwendete Textur, deren Datengrund- parallel zur x- und z-Achse und für die Hypote- lage zuvor erläutert wurde, entsteht in einem zwei- nuse zwischen erstem und drittem Quadranten. geteilten Prozess (Abb. 1 Module 3 u. 4): Zuerst wird ein Mapfile [11] definiert, das als Vorschrift zur Erzeugung einer Karte zu verstehen ist. Darin werden die visuellen Parameter und die Reihung der einzelnen Datengrundlagen (z.B.: Bezirks- grenzen, Haubtgewässer, usw.) festgelegt und datenübergreifende Parameter beschrieben. Hier ist darauf zu achten, dass die räumliche Ausdehnung der Karte (extent Parameter) mit je- ner des DGMs übereinstimmt. Die Längen- und Breitenangabe der Textur (size Parameter) soll- te im Verhältnis nach mit der Ausdehnung des Abb. 7: Darstellung des Grimmings als Elevation Grid. DGMs übereinstimmen. Im Zuge des Renderns Darstellungsvariante: wireframe. der X3D Szene wird diese Textur entweder auf Für eine flächenhafte Darstellung, wie sie in die Größe des zu texturierenden Objektes aufge- Abb. 8 ersichtlich ist, werden die aufgespannten spannt oder zusammengestaucht. Eine Abstim- Dreiecke mit einem ausgewählten Farbton gefüllt mung der Auflösung der Textur mit der Stützstel- oder von einer definierten Textur bedeckt. Wird lenweite des Elevation Grids braucht dabei nicht weder eine spezielle Färbung noch eine Textur zu erfolgen. Um diese Karte als Textur nutzen ausgewählt, werden während des Ränderns ver- zu können wird anschließend mittels PHP Map- schiedene Grautöne unter Berücksichtigung der skript auf das Mapfile zugegriffen und die darin Blickrichtung auf die jeweilige Dreiecksfläche definierte Karte gerändert und das Ergebnis als eingesetzt: Je größer der Winkel zwischen der Bilddatei (z.B.: dem_texture.png) abgelegt. Das Blickrichtung und der Dreiecksflächennorma- Ergebnis entspricht der Darstellung aus Abb. 3. len ist, desto dunkler wird das jeweilige Dreieck Das abgelegte Bild kann nun mit einem Image dargestellt. Auch bei gewählter Färbung bezie- Texture Node auf das Elevation Grid angebracht hungsweise definierter Textur ist dieser Verdunk- werden. Die Minimalparametrisierung besteht lungseffekt erkennbar. dabei lediglich aus der Angabe der Bildquelle (url):

X3D Syntax:

Abb. 8: Darstellung des Grimmings als Elevation Grid. Darstellungsvariante: smooth.

5. Textur für Geländehöhenmodell Abb. 9: DGM der Steiermark. Darstellungsvariante: smooth mit unkorrigierter Textur. Die Textur eines Geländehöhenmodells stellt einen wesentlichen Bestandteil einer DGM Prä- Das Resultat, das mit Textur versehene DGM, sentation dar. Durch sie können verschiedenste wird in Abb. 9 dargestellt, besitzt aber nicht das Thematiken, abstrakter oder topographischer erwartete Aussehen: Die Textur wird bei dieser Art, anschaulich transportiert werden. Solch Definition um die x-Achse gespiegelt auf das texturierte DGMs findet man beispielsweise im DGM aufgebracht, wodurch sich die Textur- globalen Kontext bei Google Earth [6] und für elemente der Obersteiermark auf dem Relief den Bereich nationaler Interessen in Österreich Kärntens und der Südsteiermark wieder finden. im Produkt Austrian Map des Bundesamtes für Diese Spiegelung lässt sich mit der Erstellung Eich- und Vermessungswesen [2]. des Elavtion Grids in Verbindung bringen: Da- 18 Vermessung & Geoinformation 1/2011 bei muss auf die gegengleiche Ausrichtung der Im folgenden Syntaxausschnitt werden jene zweiten Horizontalachse, jene neben der x-Ach- Zeilen angeführt, in denen die X3D Datei als Da- se, zwischen dem X3D Koordinatensystem und tengrundlage (data) eines object Tags innerhalb dem Geo-Datensystem Rücksicht genommen eines div Tags parametrisiert wird. Durch die An- werden (vgl. Abb.5). gabe von Höhe (height) und Breite (width) wird Die Rücksichtnahme auf die Unterschiede hier erstmals die Größe der zu rendernden 3-di- der involvierten Koordinatensysteme, so wie es mensionalen Szene definiert. Die Angabe des durch die SQL Anweisung im Fall der Höhen- Typs (type), hier als model/x3d+xml deklariert, ist werte zur Elevation Grid Erstellung umgesetzt identisch mit der content-type Angabe im Hea- wird, erfolgt für die Richtigstellung der Textur der eines PHP Skriptes, sollte die X3D Struktur eine 180°-Rotation um die x-Achse. Im Detail direkt aus einem PHP Skript mittels echo Befehl wird ein Texture Transform 3D Node eingesetzt ausgegeben werden. und über den rotation Parameter gesteuert. Da- bei bestimmen die ersten drei Zahlenwerte, um HTML Syntax: welche Raumachse zu drehen ist, und der vierte

Zahlenwert gibt den Drehwinkel in Radiant an. “ width=““/> in Abb. 10 zu sehen und entspricht der Erwar- tungshaltung des Betrachters. Wie schlussendlich die Visualisierung einer X3D Syntax: X3D Szene in einem Internetbrowser aussehen kann, wird in Abb. 11 gezeigt. Die Interaktions- möglichkeit des Betrachters ist auf das Navigie- ren durch die X3D Szene beschränkt und kann durch Maus und Tastatur, vergleichbar mit Goog- le Earth, gesteuert werden. Sind innerhalb der X3D Struktur so genannte Viewpoints definiert – dabei handelt es sich um vordefinierte Ansichten auf das 3-dimensionale Modell – können diese bei entsprechender Softwareunterstützung zu ei- ner Viewpoint Tour, ein in Echtzeit am Client ge- renderter Überflug, bei dem die einzelnen View- points als Keyframes dienen, kombiniert werden. Abb. 10: DGM der Steiermark. Darstellungsvariante: smooth mit korrigierter Textur.

6. Webbasierte Präsentation des texturierten Geländehöhenmodells Das aufbereitete DGM samt Textur kann nun im Zuge eines internetbasierten Präsentations- konzepts genutzt werden – vorausgesetzt, der Internetbrowser des Konsumenten kann die X3D Elemente interpretieren (z.B.: Contact Browser Plug-In). Dabei können für eine umfassende Kommunikation nicht nur Standard HTML Ele- mente [23] sondern eben auch 3-dimensionale Visualisierungen genutzt werden, um ein Thema bestmöglich aufzubereiten. Dieser Artikel be- schränkt sich hierbei auf den Integrationsprozess des X3D Elementes in eine HTML Seite (Abb. 1 Modul 5). Im Verlauf dieses Integrationsprozes- ses ist darauf zu achten, dass der Webserver, der die HTML Seite bereitstellt, sowohl auf die Abb. 11: Präsentation des DGM-Ausschnittes Grim- X3D Datei als auch auf die zur Texturierung er- ming im Internetbrowser Firefox unter Verwendung des zeugte Bilddatei Zugriffsrechte besitzt. Contact Internetbrowser Plug-Ins. C. Strauß: Extensible 3D – eine XML-basierte Beschreibungssprache ... 19

7. Resümee [4] Extensible 3D Graphics For Web Authors: http://x3d- graphics.com/tools/browsers.php (zuletzt besucht: Die Beschreibungssprache X3D ist für den 22.03.2011). Geoinformatiker als ein nützliches Werkzeug [5] Geodaten Download – Geographisches Informati- zu sehen, mit dem 3-dimensionale Geo-Daten onssystem – Land Steiermark: http://www.gis.stei- für eine Präsentation im Internet aufbereitet und ermark.at/cms/ziel/14292094/DE/ (zuletzt besucht: bereitgestellt werden können. Die hier serversei- 24.03.2011). tig kombinierten Geo-Dateninfrastrukturen zur [6] Google Earth: http://earth.google.com/ (zuletzt be- Organisation von Basisdaten und zur Erstellung sucht: 24.03.2011). einer X3D Struktur mit geeigneter Textur inter- [7] Hofmann-Wellenhof, Legat u. Wieser (2003): Navigati- agieren anstandslos und sind allesamt kosten- on – Principles of Positioning and Guidance, Springer frei. Durch entsprechenden Einsatz von PHP und Wien New York. PHP Mapskript müssen X3D Szenen und ihre [8] Instantreality, Frauenhofer Institut für Graphische Da- Texturen nicht vorprozessiert werden, sondern tenverabreitung: http://www.instantreality.org/docu- können erst bei Anfrage des Betrachters er- mentation/nodetype/standards=X3D2.0,X3D3.0,X3D3 .1,X3D3.2/ (zuletzt besucht: 24.03.2011). zeugt und bereitgestellt werden. Somit entsteht zwischen Datenbasis und Betrachter keine Zeit- [9] ISO (2008): Computer graphics and image pro- cessing - Extensible 3D (X3D) (ISO 19775). verzögerung. [W3D] Web3D Consortium Working Groups: http:// Durch die Integrierbarkeit der X3D Struktur www.web3d.org/x3d/workgroups/ (zuletzt besucht: in eine herkömmliche HTML Seite können viel- 24.03.2011). schichtigere Präsentationen entstehen. 3-di- [10] Mapbender: http://www.mapbender.org/ (zuletzt be- mensionale Geo-Daten müssen zur Visualisie- sucht: 24.03.2011). rung nicht mehr in ein 2.5-dimensionales Format [11] MapServer: http://mapserver.org/ (zuletzt besucht: „gepresst“ werden, sondern können räumlich/ 24.03.2011). perspektiv erfahren werden. Da keine Farben, [12] MapServer for Windows – MS4W: http://www.map- Schichtenlinien oder Schattenwürfe, die in einem tools.org/ms4w/ (zuletzt besucht: 24.03.2011). 2.5-dimensionalen Präsentationskonzept den [13] MapTools.org: http://www.maptools.org/php_mapscript/ Raumeindruck zu vermitteln haben, in diesem (zuletzt besucht: 24.03.2011). 3-dimensionalen Verfahren benötigt werden, ent- [14] Open Geospatial Consortium Inc. (2010): Draft for steht ein kommunikativer Freiraum, der von zu- Candidate OpenGIS Web 3D Service Interface Stan- dard, Version 0.4.1-pre2. sätzlichen Thematiken mittels Farbe und Schich- tenlinien vereinnahmt werden kann. [15] Open Geospatial Consortium Inc. (2010): OpenGIS Web Feature Service 2.0 Interface Standard, Version Eine mögliche Erweiterung des Präsentations- 2.0.0. konzeptes kann zum einen die Interaktion des [16] Open GIS Consortium Inc. (2001): OGC Web Terrain Betrachters mit einzelnen Geometrieobjekten Server (WTS), Version 0.3.2. umfassen, wodurch beispielsweise bei Maus- [17] Open GIS Consortium Inc. (2004): OGC klick verschiedene Aktionen ausgelöst werden. Web Map Service Interface, Version 1.3.0. Zum anderen können durch automatisierte Dy- [OL] OpenLayers: http://openlayers.org/ (zuletzt be- namiken zusätzlich Bewegung in die X3D Szene sucht: 24.03.2011). gebracht werden. Damit findet auch der Faktor [18] PHP: Hypertext Preprocessor: http://www.php.net/ Zeit in vielfältiger Weise Eingang in das Präsen- (zuletzt besucht: 24.03.2011). tationskonzept [19] PostGIS: http://postgis.refractions.net/ (zuletzt be- sucht: 24.03.2011). Zusammenfassend kann X3D als ein Kommu- [20] PostgreSQL: http://www.postgresql.org/ (zuletzt be- nikationsverfahren für den Geoinformatiker ge- sucht: 24.03.2011). sehen werden, mit dem er die Moderation mul- [21] Tele Atlas (2008): Multinet Shapefile 4.3.2. Format tidimensionaler Daten zu einer interdisziplinären Specifications. Thematik auf einer weltweit zugänglichen Bühne [22] The CGIAR Consortium for Spatial Information (CGI- übernehmen kann. AR-CSI): http://srtm.csi.cgiar.org/ (zuletzt besucht: 24.03.2011). Referenzen [23] World Wide Web Consortium (1999): HTML 4.01 Spe- [1] Apache: http://www.apache.org (zuletzt besucht: cification. 24.03.2011). [2] BEV – Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen: Anschrift des Autors Produktname Austrian Map Fly Version 4.0. Dipl.-Ing. Clemens Strauß, Institut für Geoinforma- [3] Bitmanagement Software GmbH: http://www.bitma- tion, Technische Universität Graz, Steyrergasse 30, nagement.com/ (zuletzt besucht: 24.03.2011). 8010 Graz, E-Mail: [email protected] Vermessung & Geoinformation 1/2011, S. 20 – 21, 3 Abb. 20

Verleihung der Friedrich Hopfner-Medaille an Univ. Prof. Dr. Manfred Buchroithner In Würdigung der Verdienste Friedrich Hopfners, Die Kommission setzt sich aus Universitäts- Professor für Höhere Geodäsie an der Techni- professoren, Vertretern der fachlich zuständigen schen Hochschule Wien von 1936 bis 1949, um Bundesministerien, des Bundesamtes für Eich- die Internationale Erdmessung, beschloss 1976 und Vermessungswesens, der Zentralanstalt für die damalige Österreichische Kommission für Meteorologie und Geodynamik, des Institutes für die Internationale Erdmessung (jetzt Österreichi- Weltraumwissenschaften der Österreichischen sche Geodätische Kommission), die Stiftung ei- Akademie der Wissenschaften, sowie der Bun- ner Friedrich Hopfner-Medaille für hervorragen- deskammer der Architekten- und Ingenieurkon- de Leistungen auf dem Gebiete der Geodäsie. sulenten zusammen. Die ÖGK ist damit in dieser personellen Zusammensetzung eine einzigartige Die Bestimmungen für die Verleihung der Plattform, in der Persönlichkeiten aus Wissen- Friedrich Hopfner-Medaille sind auszugsweise schaft, Verwaltung und Praxis vor dem gemein- folgende: samen fachlichen Hintergrund beurteilend und ƒ Die Friedrich Hopfner-Medaille wird von der beratend tätig werden können. Österreichischen Kommission für die Interna- Die Verleihung der Friedrich Hopfner-Medaille tionale Erdmessung (ÖKIE) – jetzt Österreichi- durch dieses Gremium stellt somit eine ganz be- sche Geodätische Kommission (ÖGK) – im sondere Auszeichnung dar und ist die höchste Abstand von 4 Jahren, beginnend mit 1977, Würdigung, die die österreichische Geodäsie verliehen. vergeben kann. ƒ Die Medaille wird im Regelfall an österrei- In ihrer Sitzung am 28. April 2010 hat die chische Staatsbürger für hervorragende wis- Österreichische Geodätische Kommission be- senschaftliche Leistungen auf einem Gebiet schlossen, die Friedrich Hopfner-Medaille an verliehen, das in den Aufgabenbereich der Univ. Prof. Dr. Manfred Buchroithner zu verlei- Internationalen Assoziation für Geodäsie fällt. hen. Die wissenschaftlichen Leistungen von Prof. Buchroithner waren und sind unumstritten und Mitglieder der ÖKIE sind von der Verleihung ƒ wurden durch Einholung zweier, nicht der Kom- ausgeschlossen. Jedes Mitglied der ÖKIE ist mission angehörender Gutachter, bestätigt. zum Vorschlag von Kandidaten für die Verlei- hung der Friedrich Hopfner-Medaille berech- Die festliche Verleihung der Medaille fand am tigt. 10. November 2010 im Rahmen einer öffentli- chen Festsitzung der Österreichischen Geodä- ƒ Die ÖKIE wählt aus den vorgeschlagenen tischen Kommission im Karl Neumaier-Saal des Kandidaten den ihr am Geeignetsten erschei- Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen nenden aus. Erfüllt nach Ansicht der Kommis- in Wien, vor einem vollen Auditorium, statt. sion keiner der vorgeschlagenen Kandidaten die notwendigen Bedingungen, so wird die Höhepunkte der Veranstaltung waren die Friedrich Hopfner-Medaille in dem betreffen- Grußworte seiner Magnifizenz des Rektors Prof. den Jahr nicht vergeben; die nächste Verlei- Dr. Peter Skalicky, der in launigen Worten auf die hung erfolgt wieder in 4 Jahren. Tätigkeit von Prof. Dr. Hopfner auf der Techni- schen Hochschule in Wien (1934-1949) einging, ƒ Die Medaille wird dem Preisträger anlässlich die Laudatio für Prof. Buchroithner, gehalten von einer Sitzung der ÖKIE durch deren Präsiden- Prof. Dr. Gartner, sowie die Verleihung der Me- ten überreicht. daille durch den Präsidenten der Österreichi- Die ÖGK ist gemäß ihren Statuten das Organ schen Geodätischen Kommission, Prof. Dr. Dr. der Internationalen Geodäsie in Österreich. Sie h. c. Harald Schuh. Im Anschluss an die Verlei- vertritt die Belange Österreichs in der Internati- hung der Medaille hielt Prof. Buchroithner seinen onalen Assoziation für Geodäsie (IAG) und bei Festvortrag mit dem Titel „Kartographie – eine zwischenstaatlich vereinbarten geodätischen integrative, selbständige und spannende Wis- Arbeiten, soweit diese nicht im Vollzug des Ver- senschaft“. messungsgesetzes erfolgen. Sie ist die offizielle Die Verleihung der Friedrich Hopfner-Medaille Verbindungsstelle Österreichs zur Internationa- an Prof. Buchroithner ist neben der Würdigung len Union für Geodäsie und Geophysik (IUGG). der persönlichen Leistung des Geehrten auch N. Höggerl: Verleihung der Friedrich Hopfner-Medaille an Univ. Prof. Dr. Manfred Buchroithner 21 ein positives Zeichen im Sinne der immer stärker durch das Klima- und Umweltbewusstsein sensi- werdenden Integration von verschiedenen Fach- bilisierten Gesellschaft äußerst wichtig“. bereichen, wie es auch in einem der Verleihung Prof. Buchroithner reiht sich würdig in die Rei- zugrunde liegenden Gutachten heißt: he der bisherigen Preisträger (Prof. Dr. Karl Kil- lian 1978, Prof. Dr. Karl Ramsayer 1982, Prof. Dr. Hellmut Schmid 1986, Prof. Dr. Fritz Brunner „…die bei Herrn Buchroithner so hochgradig 1990, Prof. Dr. Heinrich Ebner 1998 und Prof. Dr. ausgeprägte inter- und multidisziplinäre Sicht- Thomas Wunderlich 2002) ein. weise ist für die Akzeptanz gerade der Geodäsie in der sich ständig erweiternden Landschaft der Norbert Höggerl Geo- und Ingenieurswissenschaften und in einer Sekretär der ÖGK

ÖGK Präsident Prof. Harald Schuh Laudation durch Prof. Gartner

Prof. Buchroithner mit Hopfner Medaille Vermessung & Geoinformation 1/2011, S. 22 – 23 22

Laudatio anlässlich der Verleihung der Friedrich Hopfner-Medaille am 10. November 2010 an Prof. Manfred Buchroithner Anlässlich der Verleihung der höchsten Aus- tiert. Damit nicht genug, hat der Preisträger auch zeichnung der Österreichischen Geodätischen hier etwaige enge Fachgrenzen nicht akzeptiert Kommission, der Friedrich Hopfner-Medaille, an und durch einen ganzheitlichen Blick auf Prob- Prof. Dr. Manfred Buchroithner freut es mich sehr, lemstellungen und potentielle Lösungsmethoden die dieser Verleihung zugrunde liegenden Leis- den Weg von der Fernerkundung zur Kartogra- tungen des Preisträgers würdigen zu dürfen. phie gefunden, sichtbar durch seine Tätigkeit im Bereich der „Fernerkundungskartographie“ Die Friedrich Hopfner-Medaille wird laut Statu- an der Akademie der Wissenschaften in Wien ten als Auszeichnung für besondere Leistungen und später am Institut für Image Processing und eines Wissenschaftlers und Forschers im Kon- Computer Graphics des Joanneums in Graz. So text der Österreichischen Geodätischen Kom- verwundert es wenig, dass der Weg von der mission verliehen. Die heutige Verleihung ist die Geologie über die Fernerkundung in die Kar- erste seit 8 Jahren. Diese Tatsache unterstreicht tographie schließlich dadurch institutionalisiert die Bedeutung dieser Auszeichnung. wird, dass der Preisträger 1992 einen Ruf als Aber was muss man geleistet haben, wie Professor für Kartographie an der Technischen muss man gewirkt haben, dass man für eine Universität Dresden annimmt. solche Auszeichnung in Frage kommt? Welche Eigenschaften braucht es für einen würdigen Dass Prof. Buchroithners Persönlichkeit als Hopfner-Preisträger? Ich möchte drei wesent- Grenzgänger beschrieben werden kann, wird liche Eigenschaften herausstreichen, die aus nicht nur in seinem wissenschaftlichen Werde- meiner Sicht dabei entscheidend sind, um einen gang sichtbar. Zahlreiche Erstbesteigungen u.a. erfolgreichen Proponenten in diesem Kontext zu in den Anden, Expeditionen und wissenschaftli- beschreiben. Diese sind: Grenzgang, Kompe- che Feldarbeiten in entlegensten Hochgebirgen tenz und Professionalität. dieser Erde zeugen davon ebenso wie die erst unlängst organisierte erste nächtliche Rettungs- Ich argumentiere, dass ein guter Wissenschaf- operation mittels GPS und detailliertem Gelände- ter eine Art Grenzgänger sein muss. Darunter modell in der Dachstein-Südwand. verstehe ich die Eigenschaft, sich nicht mit Be- stehendem zufrieden zu geben, nicht nur das Ich argumentiere weiter, dass ein guter Wis- Gegebene verwalten zu wollen, sondern das senschafter nachvollziehbare Kompetenzen auf- Interesse, die Neugier und auch den Mut auf- weisen muss, die belegen, dass er Wissen, En- zubringen, über den Tellerrand zu blicken, zu gagement, Können und Ausdauer aufweist, um neuen, noch unbekannten Ufern (Wissen) auf- seiner Neugier und seinen Interessen nachzuge- brechen zu wollen. Dafür ist es erforderlich kre- hen. Der Lebenslauf von Prof. Buchroithner gibt ativ Wege (Methoden) auszuprobieren, diese uns zahlreiche Hinweise auf seine erworbenen auch außerhalb etwaiger enger Fachgrenzen zu und anerkannten Kompetenzen in verschiede- finden und auch zu begehen. Inwiefern ist der nen Fachrichtungen. Neben seiner bereits er- Preisträger ein Grenzgänger? Da lohnt der Blick wähnten Ausbildung als Geologe, Fernerkunder in seinen Lebenslauf. Geboren in Wels, hat Prof. und Kartograph wurde und wird die Kompetenz Buchroithner seine gymnasiale Bildung in Linz des Preisträgers in vielerlei Hinsicht geschätzt, genossen. Nach dem Militärdienst begann er ein anerkannt und sichtbar. So agierte er als Gast- Studium der Geologie und Paläoontologie, fügte professor unter anderem an der Universität noch Studien im Bereich der Mineralogie und Salzburg und der berühmten Ècole Nationale der Philosophie hinzu und schloss das Studium Superieur des Mines de Paris, er war und ist mit einer Dissertation über Geologische Frage- verantwortlicher Leiter zahlreicher Expeditionen stellungen in den Pyrenäen ab. Prof. Buchroith- u.a. in den Pamir, den Hindukush, den Himalaya ners Interesse an neuen Methoden im Bereich und die Anden. Seine Publikationstätigkeit ver- der Geologie führt ihn zur Fernerkundung, wo er zeichnet mehr als 75 ISI-zitierte Beiträge. Er ist am ITC, in Finnland und in den USA seinen Fo- Mitglied zahlreicher Editorial Boards angesehe- kus auf den Einsatz von Fernerkundung für die ner wissenschaftlicher Journale. Er hat bislang Geologie richtet und damit auch in Graz habili- 126 Diplomanden, 27 Dissertanten und 3 Ha- G. Gartner: Laudatio anlässlich der Verleihung der Friedrich Hopfner-Medaille 23

bilitanten betreut. Er war in Projekte im Kontext Meilenstein des Wirkens von Prof. Buchroithner der FAO, der NATO, der EU, der NASA, der ESA, angesehen werden. Die Beschäftigung mit auto- des DLR, der DFG und des FWF involviert. Prof. stereoskopischen digitalen Displays hat 2000 bis Buchroithner hält zwei Patente im Bereich der 2002 zur Publikation der weltweit ersten Serie topographischen Kartographie. Er wurde 1992 von Karten und Reliefrepräsentationen geführt. zum Scientific Advisor des Mount Everest Na- Bemerkenswert ist auch insbesondere, dass tionalparks ernannt. 1994 wurde er zum „Euro- Prof. Buchroithner mehrfach von Studierenden Ingenieur“ h.c. ernannt. der TU Dresden zum Dozent des Jahres gewählt Schließlich argumentiere ich, dass es auch da- wurde. Er hat das „Honory Diploma for Fami- rauf ankommt, wie gut ein Preisträger seine Auf- ly Friendliness“ des Rektorates der TU Dresden gaben im Bereich der Forschung, der Lehre und erhalten. Schließlich fungierte er seit 2004 als als „Manager“ wahrgenommen hat und weiterhin Mentor und Mitgründer von 3 Firmengründun- wahrnimmt. Wie professionell hat Prof. Buchro- gen im Bereich der Lentikularfolienvisualisierung, ithner agiert und inwiefern hat das Anerkennung der Drohnenfernerkundung bzw. Autostereosko- gefunden. Und wieder wird man schnell fündig pischer Hard- und Softcopyprodukte. im Oeuvre des Preisträgers. Zahlreiche Stipendi- Zusammenfassend kann man sagen, dass en und Preise „pflastern“ geradezu seinen Wer- Prof. Manfred Buchroithner in seinem wissen- degang. Bemerkenswert aus Sicht der Kartogra- schaftlichen Werdegang eindrucksvoll gezeigt phie sind insbesondere auch „Best Map Awards hat, dass man Professionalität, Kompetenz und – Excellence in Cartography“ der ICA. Sein Wir- Neugierde zu einer reichen Ernte bringen kann. ken hat aber auch preisliche Anerkennung im Die Auszeichnung dieses Werkes durch die Ver- Umfeld der ISPRS und der FIG gefunden. Die leihung der Friedrich Hopfner-Medaille der Ös- 1985 erarbeitete Geologische Karte des Tirich terreichischen Geodätischen Kommission stellt Mir ist bis heute die anerkannt beste erhältliche eine gebührende Anerkennung dar. Ich schließe Karte dieses Teils des Hindukushs. Die bereits mich mit Freuden der Gratulation diesbezüglich kurz nach 1980 produzierte Satellitenbildkarte an und freue mich auf die noch zu erwartenden Österreichs kann durch die prominente Platzie- zahlreichen wissenschaftlichen Aktivitäten des rung in maßgeblicher wissenschaftlicher Litera- Preisträgers! tur in Photogrammetrie (Prof. Kraus) und Kar- tographie (Prof. Arnberger) als ein wesentlicher Georg Gartner Vermessung & Geoinformation 1/2011, S. 24 – 33, 6 Abb. 24

Kartographie – eine selbständige, integrative und spannende Wissenschaft

Manfred F. Buchroithner, Dresden

Kurzfassung Ausgehend von kartographiehistorischen Darlegungen und wissenschaftstheoretischen Überlegungen wird ver- sucht, anhand einiger Beispiele den integrativen Charakter der Geodatenvisualisierung zu beleuchten. Dabei spielen Datenerfassung, -prozessierung und -analyse ebenso eine Rolle wie eine optimierte nutzergerechte Dar- stellung. Die vorgestellten Anwendungsprojekte reichen von TLS-basierten unterirdischen 3D-Kartierungen in den Alpen bis zu multitemporalen dreidimensionalen Auswertungen von satellitenbasierten Gletscheraufnahmen für die Hochgebirge Zentralasiens. Schlüsselwörter: Kartographie, Epistemologie, Terrestrisches Laserscanning, Fotorealistische 3D-Modelle, 3D- Visualisierung, Höhlenvisualisierung, Gletscher-Monitoring

Abstract Taking statements about the early history of cartography and epistemological reflections as an outset, the author tries to illuminate the integrative character of geodata visualization giving some exemplary cases. They show the role of data acquisition, data processing and data analysis and, first of all, a user-friendly visualisation. The pre- sented application projects reach from TLS-based subterraneous 3D mapping in the Alps to multitemporal three- dimensional analyses of spaceborne glacier imagery for the high-mountain ranges of Central Asia. Keywords: Cartography, Epistemology, Terrestrial Laser scanning, Photorealistic 3D Models, 3D Visualisation, Cave Visualisation, Glacier Monitoring

1. Ein kurzer epistemologisch orientierter ter erfolgte die Gründung der International Carto- Abriss graphic Association (ICA), welche heute offizielle Die Medizin gilt als eine „uralte“ Wissenschaft Vertreter von 80 Ländern umfasst und weltweit und Kunst, die es seit Menschengedenken gibt. Empfehlungen für die Kartengestaltung und die Sie bedient sich unterschiedlicher Methoden Forschung auf dem Gebiet der Kartographie he- und „tools“ wie der Chemie bzw. Pharmazie, der rausgibt. Digitalen Bildanalyse und heutzutage in zuneh- Und wie ist hier die öffentliche und fachliche mendem Maße der Robotik. Dies alles mit einem Meinung? Gibt es (heute noch) die Kartographie, Endziel: ein gesunder Mensch. den Kartographen, der sich verschiedener „tools“ Trotz aller Komplexität und Diversität der Me- der Datengewinnung und -prozessierung bedient dizin – zum Beispiel Neuro- oder Herzchirurgie, und trotzdem als Kartograph gesehen wird? HNO-Arzt usw. – besteht in der Öffentlichkeit und Bereits im Jungpaläolitikum, ca. 25 000 v. Chr., in Fachkreisen kein Zweifel: man spricht von der finden wir erste kartenähnliche Darstellungen: Medizin und dem Arzt. In Dolní Vˇestonice nahe Pavlov (Pöllau), 35 km Wie sieht es nun bei der Kartographie aus? südlich von Brünn in Südmähren, wurde die so- Hier sind das Endziel autoplausible, genaue Geo- genannte „Mährische Landkarte“, auch Pavlov- visualisierungen. Als „tools“ bedient sich die Kar- Karte genannt, gefunden, eine in einen Mammut- tographie der „Vermessung“ im weitesten Sinne, stoßzahn gravierte kartographische Darstellung der Fernerkundung, der Digitalen Bildanalyse so- von Mäandern des Flusses Dyje, von Relief- bzw. wie heute in zunehmendem Maße digitaler „Krokis“ Erosionsformen und einer jungpaläolithischen (vgl. Open Street Mapping). Historisch gesehen Siedlung. ist die Kartographie – ebenso wie die Medizin – Abgesehen von dem weltbekannten „Allround- eine uralte Technik und Kunst. Offiziell wurde Geowissenschafter“ Alexander von Humboldt die Kartographie 1949 von der United Nations haben berühmte Kartographen wie Conrad Gy- Educational, Scientific and Cultural Organization ger, Matthias Oeder, Adam Friedrich Zürner, Pe- (UNESCO) unter Einbindung von weltführenden ter Anich, Guilleaume-Henry Dufour und Sven Vertretern der Kartographie und UNO-Experten Hedin, aber in jüngerer Zeit auch Eduard Imhof, als selbständige Wissenschaft anerkannt (U.N. Wolfgang Pillewizer, Erik Arnberger usw. vielfach Publication 1949/I/19: S. 8) [1]. Zehn Jahre spä- selbst ihre kartographischen Daten im Gelän- M. F. Buchroithner: Kartographie – eine selbständige, integrative und spannende Wissenschaft ... 25 de aufgenommen/gemessen (vgl. Buchroithner res Beitrags zur wissenschaftlichen Erkenntnis 2007) [2]. So wussten sie genau, wie exakt ihre durchzuführen. Wie sieht nun die Ausgangssitu- Karten wirklich waren und was sie darstellten ation aus? Rudi Ogrissek (1987) [3] wertet Geo- (vgl. heute Open Street Mapping). graphie und Geodäsie als „die Mutterdisziplinen“ Aber: Wo ist die Kartographie im allgemeinen der Kartographie. Kontext der Wissenschaften positioniert? Wel- Der in unseren Studien verwendete Ansatz chem Wissenschaftstyp gehört sie an? Was cha- entspricht der in der Wissenschaftstheorie übli- rakterisiert sie? Sind die Konzepte und Prinzipien chen Vorgehensweise. Als Grundlage dient das in der Kartographie originär oder von anderen allgemeine Klassifikationsthema der Wissen- Wissenschaften abgeleitet? schaften nach Charles S. Peirce (1903) [4] so- Durch obige Fragestellungen motiviert, versu- wie Willard V. Quine (1961) [5] und Mario Bun- chen wir am Institut für Kartographie der TU ge (1998) [6], welches zwischen Formal- und Dresden eine Analyse der Kartographie hin- Realwissenschaften unterscheidet. Als weitere sichtlich ihres technologischen Kontexts und ih- Grundlage diente der von David Harvey (1969)

Science Science Classification Sciences, disciplines Type 1st Type Formal sciences Logic, Mathematics

2nd Type Basic sciences Physics, Chemistry, Biology

Geology, Climatology, Geomorphology, Physical/Natural sciences Glaciology, etc. 3rd Type Sociology, History, Economics, Politics, Social/Human sciences Anthropology, etc.

Physical Geography, 4th Type Geographic sciences Human Geography, Regional Geography

Tab.1: Geographie im Kontext der Wissenschaften (nach Harvey 1969 [7])

Science Science Classification Sciences, disciplines Type 1st Type Formal sciences Logic, Mathematics

2nd Type Basic sciences Physics, Chemistry, Biology

Geodesy, Astronomy, Geology, Climatology, Physical/Natural sciences Geomorphology, Glaciology, etc.

Sociology, History, Economics, Politics, 3rd Type Social sciences Anthropology, etc.

Psychology, Semiotics, Hermeneutics, Human sciences Phenomenology, etc.

Geographic sciences Physical Geography, Human Geography, Regional Geography 4th Type Cartographic sciences Topographic Cartography, Thematic Cartography Tab. 2: Kartographie im Kontext der Wissenschaften (aus Azócar & Buchroithner 2009 [8]). 26 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Abb. 1: Kartographie im Kontext der Wissenschaften (Entwurf Buchroithner 2010).

[7]Abb. entwickelte 1: Kartographie wissenschaftstheoretische im Kontext der Wissenschaften Rah- schaften (Entwurf behandelt Buchroithner die Beziehungen 2010). zu diesen

men der Geographie auf Basis des neopositivis- oder ihren Zweigen, berücksichtigt aber nicht tischen Paradigmas (vgl. Tabelle 1). die “hierarchische Ordnung” zwischen den Wis- Wie aus den Tabellen 1 und 2 ersichtlich, sind senschaften. Obwohl (noch immer?) hinsichtlich die Formalwissenschaften, welche die Hauptba- ihrer Entwicklung theoretischer Grundlagen auf sis der Kartographie darstellen, im Klassifi kati- einem „niedrigeren“ Niveau als die Geographie, onsschema der Wissenschaften „weit weg“ von nützt die Kartographie jedoch Postulate der Wis- dieser angeordnet. Auf dem „Nukleus“ der For- senschaften des Typs 1, der Formalwissenschaf- malwissenschaften und den unverzichtbar unter- ten. Neben der Einordnung als Informations- und stützenden Humanwissenschaften aufbauend Kommunikationswissenschaft, muss die Karto- dient die Kartographie der Darstellung raum- graphie heute auch den Wissenschaften vom bezogener Phänomene sowohl der Natur- als Typ 4, den Umweltwissenschaften, zugeordnet auch der Sozialwissenschaften (vgl. auch Abb. 1). werden. Details zu diesem Thema können der Weitgehend wird geglaubt, dass die Kartogra- Publikation [9] entnommen werden. phie ihren wissenschaftlichen Status lediglich deshalb besitzt, weil sie Technologien benutzt, Der der Kartographie zustehende wissen- welche auf Prinzipien basieren, die von den schaftliche Status beruht unter anderem auf ih- Angewandten oder Grundlagenwissenschaften rem Einsatz von Technologien, die auf den soliden stammen. Es erhebt sich die Frage, ob letztere Grundlagen von Angewandten und Grundlagen- Feststellung stimmt. wissenschaften basieren. Aus epistemologischer Aus obigen Aussagen und (unter anderem) Sicht ist dies jedoch nicht ausreichend. Tabelle 3 ergeben sich folgende Schlussfolge- Die Kartographie ist – aus Sicht der TU Dres- rungen: Die gegenwärtige epistemologische den – aufgefordert, zusätzlich zu ihrer wohl ent- Rolle der Kartographie im Kontext der Wissen- wickelten und modernen Methodik ihre eigene M. F. Buchroithner: Kartographie – eine selbständige, integrative und spannende Wissenschaft ... 27

Science Classification Sciences, disciplines Major Methodologies & Technologies Formal sciences Logics, Calculation, Mathematics Computation, Modelling/Simulation Basic sciences Physics, Calculation, Computation, Chemistry, Modelling/Simulation, Biology Experiments Applied sciences Electronics, Calculation, Computation, Software Engineering, Modelling/Simulation, Nanotechnology, etc. Prototyping Environmental sciences Remote Sensing, Geographic Geographic and Geomatic Information Systems, Global sciences, Positioning Systems, Digital Cartographis science Photogrammetry, Program- ming, etc. Tab. 3: Methoden und Techniken im Kontext der Wissenschaftsklassifikation (aus Buchroithner & Azocar 2011 [9]).

aktuelle wissenschaftstheoretische Basis zu Schacht (unter anderem 60 m freihängendes Ab- schaffen. Hier besteht Nachholbedarf! seilen) mittels des terrestrischen Laserscanners (TLS) Riegl LMS Z420i durchgeführt. Die techni- 2. Integrativ und spannend – schen Schwierigkeiten und Details der Kampa- einige Applikationsbeispiele gne sowie die Ergebnisse sind in der Zeitschrift Spätestens seit den weltweit durch die Pres- Photogrammetrie-Fernerkundung-Geoinformatik se gegangenen falschen Feststellungen des in dem Artikel „Terrestrial Laser Scanning for the Intergovernmental Panel on Climate Change Visualization of a Complex Dome in an Extreme (IPCC) sind Hochgebirgs- und vor allem Glet- Alpine Cave System” im Jahre 2009 publiziert scherforschung, nicht zuletzt aufgrund der Trink- worden (Buchroithner & Gaisecker, 2009) [10]: wasserproblematik, in aller Munde. Seit 1973 Datenerfassung, -prozessierung und endgülti- stellen sie auch einen der Forschungsschwer- ge Visualisierung aus „einer Hand“, jener des punkte des Autors dar und bilden den Rahmen Kartographen. Es konnte gezeigt werde, dass für die im Folgenden gebrachten Beispiele. sehr kompliziert geformte komplexe Räume nur dynamisch adäquat visualisiert werden können, 2.1 3D-Kartierung der Dachsteinsüdwand- was impliziert, dass hier Softcopies den Analog- höhle darstellungen bei weitem überlegen sind. Da von verschiedenen Speläologen, so auch vom Autor, die Vermutung gehegt wird, dass 2.2 3D-Kartierung des vereisten Teils der zwischen der Dachsteinsüdwandhöhle im Süden Eisriesenwelt und dem gewaltigen Hierlatz-Höhlensystem bei Die Eisriesenwelt, die nach einhelliger Meinung Hallstatt im Norden unter dem gesamten Dach- aller Experten größte Eishöhle der Erde, liegt steinmassiv (Oberösterreich/Steiermark) eine etwa 50 km südlich der Stadt Salzburg und ist „begehbare“ Verbindung von knapp 10 km Luftli- eine touristisch erschlossene, kommerziell ge- nie besteht, hat sich das Institut für Kartographie führte Höhle. Nach Aussage der Höhlenverwal- der TU Dresden seit dem Jahre 1996 in mehre- tung reichten die bisherigen Schätzungen der ren Kampagnen der 3D-Vermessung der Dach- vereisten Fläche dieses Höhlensystems von „an- steinsüdwandhöhle (47° 28’ 00.85” Nord und 13° nähernd 10 000 m²“ bis „mehr als 40 000 m²“: 36’ 31.92” Ost; Eingang 1834 m Seehöhe; Österr. also Abweichungen um einem Faktor von über Höhlenkatalog No. 1543/28) gewidmet. Nach ini- 400 Prozent! Zudem stellt das Höhleneis ja das tialen Kampagnen mit Hängekompass und Quer- Tourismuspotential der Region dar. Wie sieht es profilaufnahmen wurde im Winter 2007 eine Ver- nun mit der Dynamik des Eises in Zeiten des messung von Ramsauer Dom und Schladminger Global Warming aus? Geht es zurück, oder gibt 28 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Abb. 2: Abbildung eines TLS-Scans mit dem Faro Photon 20/120 in der äußeren Eisriesenwelt vom 7. April 2010. Oben: Scan-Punktwolke. Unten: Synchron aufgenommenes Digitalfoto zum Drapieren der Bildtextur.

es gar einen Inversionseffekt? Eine erste Refe- das Eis eindringt, sind auf Initiative des Verfas- renzmessung sollte hier Klarheit schaffen und sers zuvor in Zusammenarbeit mit einem Physi- die Grundlage für ein späteres Eis-Monitoring ker der Firma Faro Tests durchgeführt worden. darstellen. Erste Berechnungen erbrachten 27 890 m² Eis- Eine Woche lang waren zwei Gruppen von oberfläche. Abb. 2 zeigt beispielhaft die von Kartographiestudenten der TU-Dresden, unter- einem Standpunkt aus aufgenommenen Scan- stützt von Höhlenführern und einem Mitarbeiter und Bilddaten. der Firma Faro, unter Leitung des Autors bei Mi- 2.3 Gletscherkartierungen und Kartenaktuali- nusgraden und vergleichsweise hoher Luftfeuch- sierung in der Brenta-Gruppe tigkeit Anfang April 2010 mit zwei terrestrischen Im August 2008 wurde auf Initiative der Alpen- Laserscannern Faro Photon 20/120 in der Höhle vereinskartographie von zwei Mitarbeitern des unterwegs. Die mittels hochgenauer Vermessun- Instituts für Kartographie der TU Dresden und gen an das Österreichische Bundemeldenetz dem Autor eine Gletscheraktualisierung in der angehängten 158 360°-Scans und ca. 2 000 Brenta-Gruppe, dem Gebiet der seinerzeit (1908) hoch aufgelösten Texturbilder (über 28 Gigabyte berühmtesten Gebirgskarte der Erde, durchge- Daten) werden nach der äußerst aufwendigen führt. Hierzu dienten neben dem überschweren Datenprozessierung in einem fotorealistischen Long-Range-TLS Riegel LPM-321 (samt Auto- 3D-Modell der Eisriesenwelt resultieren, welches batterie) auch geotagged Fotografien, die zum dann verschiedentlich Verwendung finden wird. Gutteil stereo skopisch aufgenommen wurden. Um sicherzustellen, dass auch wirklich die Die seit der letzten Auflage (2005) eisfrei gewor- „wahre“ Eisoberfläche bei der Aufnahme erfasst denen Gebiete wurden vom Verfasser auf der wurde, und der Laserstrahl nicht etwa tiefer in Basis von ultrahoch aufgelösten Satellitenbildern M. F. Buchroithner: Kartographie – eine selbständige, integrative und spannende Wissenschaft ... 29

Abb. 3: Aus Stereo-Satellitenbilddaten abgeleitete differenzielle DGMs des Khumbu-Gletschers für verschiedene Zeitabschnitte (aus Bolch et al., 2010 [13], weitere Erläuterungen im Text). mit Fels- und Geröllzeichnung im Stile der Erst- einer weltweiten Gletscherreduktion definitiv aufl age von Leo Aegerter und Hans Rohn hän- nachweisbar. Vor diesem Hintergrund sind disch ergänzt und die Karte dann im praktikablen Methodenentwicklungen für Kartierungen von Maßstab 1:15 000 gedruckt. Die Publikation in Gletscherveränderungen mittels automationsge- der Zeitschrift Erdkunde „The Centennial Editi- stützter Auswertung von Satellitenbilddaten und on of the 1908 Alpenverein Map of the Brenta deren konkrete Durchführung wichtig. Massif, Italy. (Map Supplement: Gruppo di Bren- 2.4.1 Kartierung von Änderungen der ta 1:15000. Special Edition on the Occasion of the 100th Anniversary of the First Edition)“ gibt Eisvolumina die bei diesem Projekt aufgetretenen wissen- Corona ist der Name der ersten U.S.-amerikani- schaftlichen Probleme und technischen Details schen Spionagesatelliten (Einsatzzeitraum 1960 wieder (Buchroithner & Himpel, 2010) [11]. – 1972). Die darauf installierten stereoskopischen Streifenkameras mit der Bezeichnung KH (Key 2.4 Multitemporale und AI-gestützte (3D-) Hole) nahmen mit einem Stereowinkel von 30° Gletscherkartierungen auf. 1995 gab Präsident Bill Clinton die „Declas- Wie unter anderem im letzten „Assessment Re- sification“ der Corona-Daten bekannt. Im Zuge port (AR) 4“ des Intergovernmental Panel on einer multitemporalen Eisoberflächenkartierung Climate Change (IPCC) im Jahre 2009 von der von nepalesischen Everest-Gletschern, vor al- Working Group (WG) I berichtet, ist der Trend lem des berühmten Khumbu-Gletschers, wur- 30 Vermessung & Geoinformation 1/2011

den vom Kartographen-Team der TU Dresden Basierend auf der Theorie der sogenannten weltweit zum ersten Male Stereobilddaten der „opponierenden Farben“ des Sächsischen Hirn- ersten Spionagemission (KH-1) vom Dezember forschers Karl Ewald Konstantin Hering (1834 – 1962 ausgewertet und detaillierte DGMs erstellt. 1918), der bereits die antagonistische Wirkung Im Vergleich mit Geländemodellen basierend der Farben Rot und Grün beschrieb, wurden die auf Corona KH-4B (aus 1970), Cartosat-1, IRS beiden Prinzipien, das Ampelprinzip (Grün: hohe P-5 sowie ASTER ließen sich somit erstmals über Geschwindigkeit; Rot: niedere Geschwindigkeit/ einen Zeitraum von mehr als vier Dekaden die Stagnation) und das Prinzip des Gefahrenaus- Eismassenverluste exakt quantifizieren. In den maßes (Grün: niedere Gefahr; Rot: hohe Gefahr/ Publikationen von Bolch et al. (2008) [12], Bolch Ankündigungseffekt), ausgetestet. Abb. 4 und 5 et al. (2010) [13] und Pieczonka et al. (2011) [14] zeigen deren Applikation auf die Gletscherbewe- sind sämtliche Details dazu und vor allem auch gung. In Glaziologenkreisen hat sich interessan- die Genauigkeitsgrenzen angegeben. Der spezi- terweise im Unterschied zu anderen Thematiken fische Massenverlust ist mit 0.32 ± 0.08mw.e.a−1 letzteres Prinzip durchgesetzt. allerdings nicht größer als der globale Durch- schnitt in diesem Zeitraum. 2.4.3 Automationsgestützte Kartierung schuttbedeckter Gletscher 2.4.2 Kartierung von Gletscher- fließgeschwindigkeiten Basierend auf ersten Ansätzen von Bishop et al. (2001) [16], Paul et al. (2004) [17] sowie Bolch Ohne an dieser Stelle auf die methodischen und & Kamp (2006) [18] wurden von Buchroithner & Genauigkeitsaspekte der Geschwindigkeitsbe- Bolch (2007) [19] sowie von Bolch et al. (2008) stimmung des Gletscherfließens mittels auto- [20] und vor allem von Buchroithner et al. (2011) matischem pattern matching oder manuellem [21] Verfahren zur automationsgestützten Kartie- feature tracking einzugehen, soll hier kurz der rung schuttbedeckter Gletscher entwickelt und kartographischen Darstellung Raum gegeben beschrieben. Die in Dresden entwickelte Vorge- werden. Die Bewegungsvektoren wurden der hensweise ist morphometriebasiert, verwendet Arbeit von Bolch et al. (2008) [15] entnommen, in auch thermale Information und legt großen Wert der auch weitere Details zur Datenprozessierung auf einen „Schattenausgleich“ (von Informatikern und den oben erwähnten Punkten enthalten sind. irreführenderweise als „Shading“ bezeichnet).

Abb. 4: Kartographische Darstellung von Oberflächen- Abb. 5: Kartographische Darstellung von Oberflächen- geschwindigkeiten und Fließrichtungen des Khumbu- geschwindigkeiten und Fließrichtungen des Khumbu- Gletschers nach dem sog. Ampelprinzip, berechnet Gletschers nach dem sog. Prinzip des Gefahrenaus- aus Ikonos-Aufnahmen von 18. 12. 2000 und 19. 11. maßes, berechnet aus Ikonos-Aufnahmen von 18. 12. 2001. Die Länge der Geschwindigkeitsvektoren reicht 2000 und 19. 11. 2001. Die Länge der Geschwindig- von < 10 m (kurz) bis > 60 m pro Jahr (lang) keitsvektoren reicht von < 10 m (kurz) bis > 60 m pro Jahr (lang). Leicht verändert nach Bolch et al. (2008) [15]. Vergleiche Abb. 4. M. F. Buchroithner: Kartographie – eine selbständige, integrative und spannende Wissenschaft ... 31

Abb. 6: Visualisierung der Segmentierungsidee im KI-basierten Klassifizierungssystem für schuttbedeckte Glet- scherzungen der TU Dresden. Verfasser: D. Shlezinger, TU Dresden (vgl. Buchroithner et al., 2011 [21])

Ein KI-gestützter Ansatz versucht, das Wissen Screen-Funktion (z.B. iPod touch 3rd generation) und die Geländekenntnisse eines Experten in via 3DeeSlide Geodaten autostereoskopisch, d. h. ein selbstlernendes System zu integrieren, das brillenlos, zu betrachten. Dass hier die Gruppe um auf einem probabilistischen Gibbs-Markov-Mo- den Verfasser mit dem Technologiepionier Spatial dell aufbaut. Jüngste Tests zeigten, dass bei mi- View Inc. (Toronto, San Francisco, Dresden; < http:// nimaler anfänglicher Interaktion eines operators www.spatialview.com/> [24]) zusammenarbeiten die besten Ergebnisse erzielt werden (Buchroith- kann, ist erfreulich. Unter [25] kann hier weitere In- wie versucht wird, eine bestmögliche Stabilität formation abgerufen werden. des Lernprozesses auf der Basis „robusten“ menschlichen Wissens zu erreichen. Resümee Ein Spitzenmediziner, der nur theoretisch wis- 3. Und alles portabel autostereoskopisch senschaftlich arbeitet, wird schwerlich ein wirk- visualisiert ... lich guter Arzt sein. In der Kartographie verhält Dass bei all den oben geschilderten Projekten es sich ähnlich: nur eine permanente Rückkopp- die Dreidimensionalität der Geodaten eine große lung zwischen theoretischen Entwicklungen und Rolle spielt, ist wohl evident. Daher befasst sich graphischen/technologischen Entwicklungen das Dresdener Team um den Autor seit Jahren mit wird wirklich langfristig zu optimierten kartogra- der „echt-dreidimensionalen“, d.h. autostereosko- phischen Produkten führen. Kartographie kommt pischen Visualisierung. Die aktuellen Trends auf von charta und graphein – Karten zeichnen. Und diesem Gebiet sind in einem vom Verfasser he- dafür auch – wie seinerzeit ein Peter Anich oder rausgegebenen Buch (Buchroithner, 2011) [22] ein Sven Hedin – die Daten selbst zu erfassen, und in zusammengefasster Form in einem Artikel gibt nicht nur die Gewissheit, dass diese auch von Knust & Buchroithner 2010 [23] beschrieben. stimmen (!), sondern macht auch Spaß. Dann ist Die jüngste in Dresden betriebene Entwicklung Kartographie das, was sie ursächlich war: eine ermöglicht es, auf einem Smartphone mit Touch integrative, spannende Wissenschaft. 32 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Danksagung Cartography in the Context of Sciences: Theoretical Anlass für das Verfassen obiger Zeilen ist die Zuerkennung and Technological Considerations. The Cartographic der Hopfner-Medaille an den Autor. Sie spiegeln in stark Journal, 1 (in Druck). verkürzter Form einen Teil des am 11. November 2010 ge- [10] Buchroithner, M. F. & Gaisecker, Th. (2009): Terrestri- haltenen Festvortrags wider. Dass es zu diesem Ereignis al Laser Scanning for the Visualization of a Complex kommen konnte, ist mir wohl gesonnenen Kollegen, die Dome in an Extreme Alpine Cave System. Photogram- augenscheinlich meine wissenschaftlichen geo-orientierten metrie • Fernerkundung • Geoinformation, Bd. 2009, Arbeiten und Leistungen schätzen, zuzuschreiben. Dafür H.4, S. 329–339. möchte ich vielmals danken. Mein herzlicher Dank gilt mei- [11] Buchroithner, M. F. & Himpel, Th. (2010): The Centennial nen Studenten, Doktoranden, Mitarbeitern und Kollegen, Edition of the 1908 Alpenverein Map of the Brenta Mas- die mitgeholfen haben, die in diesem Vortrag präsentierten sif, Italy. (Map Supplement: Gruppo di Brenta 1:15000. Projekte erfolgreich einzuwerben und durchzuführen. Ich Special Edition on the Occasion of the 100th Anniversa- weiß es sehr wohl zu schätzen, dass es die Österreichische ry of the First Edition). Erdkunde, 64, 2, 195 – 202. Geodätische Kommission war, die hier in synergetischer und holistischer Denkweise eine – wie ich meine – beispiel- [12] Bolch, T., Buchroithner, M. F., Pieczonka, T. & Kunert, haft zukunftsorientierte Entscheidung bei der Auszeichnung A. (2008): Planimetric and Volumetric Glacier Chan- eines Kartographen getroffen hat. Hierfür ebenfalls mein ges in the Khumbu Himal, Nepal, since 1962 Using Dank, ich bin mir der großen Ehre bewusst. Bei den vielen Corona, Landsat TM and ASTER Data. Journal of Gla- wohltönenden Worten anlässlich der Verleihung benötigt ciology, 54, 187, 592 – 600. man schon ein gewisses Maß an Zurückhaltung, um das [13] Bolch, T., Pienczonka, T. & Benn, D. I. (2010): Longest zu vermeiden, was François de La Rochefoucauld so be- Time Series of Glacier Mass Changes in the Himalaya schrieb: „C‘est plutôt par l‘estime de nos propres senti- Based on Stereo Imagery. The Cryosphere Discussion ments que nous exagérons les bonnes qualités des autres, Papers, 2010, No. 4, S. 2593–2613. que par l‘estime de leur mérite; et nous voulons nous attirer [14] Pieczonka, T., Bolch, T. & Buchroithner, M. F. (2011): des louanges, lorsqu‘il semble que nous leur en donnons.“ Generation and Evaluation of Multi-Temporal Digital „... il faut des rites.“ Sagt der Fuchs in Le Petit Prince von Terrain Models of the Mt. Everest Area from Different Antoine de Saint-Exupery. Optical Sensors. ISPRS Journal of Photogrammetry – Qu’est-ce qu’un rite? dit le petit prince. and Remote Sensing (angenommen, in Überarbeitung). – C’est aussi quelque chose de trop oublié, dit le renard. [15] Bolch, T., Buchroithner, M. F., Peters, J., Bäßler, M. & C’est ce qui fait qu’un jour est différent des autres jours, une Bajracharja, S. (2008): Identification of Glacier Motion heure, des autres heures. … Patterns and Potential Dangerous Glacial Lakes at Mt. Dass ich so einen „Ritus“, „anderen Tag“, eine „andere Everest Using Space Imagery. Natural Hazards and Stunde“ erleben durfte, verdanke ich nicht zuletzt meiner Earth System Sciences 8(6): 1329 -1340. lieben Frau und meinen Kindern. Ihnen an dieser Stelle [16] Bishop, M., Bonk, R., Kamp, U. & Shroder, J. F. (2001): meinen Dank auszudrücken, ist alles andere als eine üb- Terrain Analysis and Data Modeling for Alpine Glacier liche Platitude. Mapping. Polar Geography, 25, S. 182 - 201. Referenzen [17] Paul, F., Huggel, C. & Kääb, A. (2004): Combining Sa- [1] United Nations (1949): Publication 1949/I/19: S. 8 tellite Multispectral Image Data and a Digital Elevation [2] Buchroithner, M. F. (2007): An Educational Film about Model for Mapping of Debris-Covered Glaciers. Re- the Cartographic Œvre of Sven Hedin. Proceedings mote Sensing of Environment, 89, S. 510 - 518. of the 23rd International Cartographic Conference, [18] Bolch, T. & Kamp, U. (2006): Glacier Mapping in High Moscow, Russia, 4.-10.August 2007, CD-ROM. Mountains using DEMs, Landsat and ASTER Data. [3] Ogrissek, R. (1987): Theoretische Kartographie, VEB Proceedings of the 8th International Symposium on Hermann Haack, Geographisch-Kartographische An- High Mountain Remote Sensing Cartography, 20.-27. stalt (Gotha). März 2005, La Paz, Bolivien. (= Grazer Schriften für [4] Peirce, C. S. (1903): The Essentials of Pragmatism. Geographie und Raumforschung 41). S 37-48. Reprinted in: Buchler, J. (Hrsg.): Philosophical Wri- [19] Buchroithner, M. F. & Bolch, T. (2007): An Automated tings of Peirce. Dover Publications (New York). S. Method to Delineate the Ice Extension of the Debris- 251–268. Covered Glaciers at Mt. Everest Based on ASTER [5] Quine, W. (1961): From a Logical Point of View. Har- Imagery. Proceedings of the 9th International Sympo- vard University Press (Harvard), 2. Auflage. sium on High Mountain Remote Sensing Cartography, 14–22 September 2006, Graz, Austria. (= Grazer Schrif- [6] Bunge, M. (1998): Philosophy of Science: From Prob- ten der Geographie und Raumforschung 43). S. 13–24. lem to Theory. Transaction Publishers (New Brunswick, USA, und London, UK). [20] Bolch, T., Buchroithner, M. F., Kunert, A. & Kamp, U. (2008): Automated Delineation of Debris-Covered [7] Harvey, D. (1969): Explanation in Geography, Eduard Glaciers Based on ASTER Data. In: Gomarasca, M.A. Arnold (London). (Hrsg.): Geoinformation in Europe. Proceedings of the [8] Azócar Fernández, P. & Buchroithner, M. F. (2009): 27th EARSeL Symposium, 4–7 July 2007. Bozen, Italy Cartography in the Context of Sciences: Theoretical Rotterdam, Millpress, S. 403–410. and Technological Considerations. International Car- [21] Buchroithner, M. F., Shlezinger, D., Bolch, T. & Piec- tographic Conference, Proceedings 2009, Santiago zonka, T. (2011): Automated spaceborne mapping of de Chile. CD-ROM. debris-covered glaciers in high Asia. Geophysical Re- [9] Buchroithner, M. F. & Azócar Fernández, P. (2011): search Abstracts (angenommen). M. F. Buchroithner: Kartographie – eine selbständige, integrative und spannende Wissenschaft ... 33

[22] Buchroithner, M. F. (Hrsg., 2011): True-3D in Cartogra- [24] http://www.spatialview.com/. Letzter Zugriff 16.1.2011. phy. Springer Lecture Notes in Geoinformation and [25] http://3deecentral.com/catalog/product/8180. Letzter Cartography. Autostereoscopic and Solid Visualisa- Zugriff 16.1.2011. tion of Geodata. In Druck. Anschrift des Autors [23] Knust, C. & Buchroithner, M. F. (2010): True-3D in car- tography – recent methods and trends. In: Żyszkowska, Prof. Dr. Manfred F. Buchroithner, Institutsdirektor, Techni- W. & Spallek, W. (Eds.): “Main Problems of Contem- sche Universität Dresden, Institut für Kartographie, Helm- porary Cartography 2010 – Digital Terrain Models in holtzstrasse 10, 01062 Dresden, Deutschland Cartography”, University of Wrocław, Poland, 52-64. E-Mail: [email protected]

Erratum

Im Heft 4/2010 im Beitrag „Estimation of biodiversity relevant quantities from airborne laser scanning data“ (Seite 201 bis 210) sollten die Abbildungsbeschriftungen korrekt lauten:

Fig. 3: (a) Profile of forest road (smooth surface) with roadside vegetation and overhanging trees (rough surface); (b) result of 3D segmentation of a forest road, black dots represent the road. [62]

Fig. 4: DSM produced from full-waveform ALS point cloud cut of at 2 m height difference to DTM. Individual and fallen trees are clearly visible. The two images on the right were taken on-site and geo-referenced with GPS. [62]

Fig. 5: (a) Orthophoto; (b) nCM (white = high); (c) ratio of points below 0.2 m and in between 0.2 and 2 m (black = only points below 0.2 m), linear structures correspond to fallen trees. [68]

Fig. 6: (a) Orthophoto of forested area; (b) identified tree species spruce (blue), larch (yellow) and beech (red). [72] 34 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Dissertationen, Diplom- und Magisterarbeiten

Prädiktion von GNSS-Stallitenuhren korrekturdaten der einzelnen ACs des IGS zeigt, dass die mit dem Programm GNSS-VC/static berechneten Veronika Bröderbauer Uhrkorrekturen eine sehr gute Qualität aufweisen. Dissertation: Institut für Geodäsie und Geophysik, Der Einsatz von GNSS-VC/static fix GLONASS-Satel- Forschungsgruppe Höhere Geodäsie, Technische litenuhren erweist sich dagegen als problematisch. Die Universität Wien, 2010 einzelnen Uhren zeigen ein sehr unterschiedliches Ver- Begutachter: Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Harald Schuh halten und es finden sich Sprünge und Datenlücken in Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Charak- den Zeitserien über den Verlauf von nur wenigen Stun- terisierung und Prädiktion von GNSS -Satellitenuhren. den. Eine Prädiktion von GLONASS-Uhren ist deshalb Für die Entwicklung eines Algorithmus zur Voraus- zum Zeitpunkt der Arbeit nicht Ziel führend. berechnung von Uhrkorrekturdaten ist das Studium Abhängig vom um drei Stunden verzögerten Er- des Verhaltens der unterschiedlichen Uhrentypen der scheinen der Ultra-Rapid-Uhrkorrekturen weisen die GNSS-Satelliten notwendig. Dies wird auf Basis der Ergebnisse der Parameterbestimmung aus GNSS-VC/ vom IGS und dessen ACs bereitgestellten Ultra-Rapid static die gleiche Verspätung auf. Ihr „Prädiktionsnull- -Uhrkorrekturdaten durchgeführt. Als Referenz dienen zeitpunkt“ ist beim Erscheinen also bereits drei Stun- dabei die IGS-Rapid-Daten. Für ein dreistündiges Prä- den alt. Die Entwicklung des Programms GNSS-VC/ diktionsintervall erreichen alle ACs annähernd dieselbe kalman zielt darauf ab, die Parameter des Prädikti- Genauigkeit mit einem mittleren Fehler im Bereich von onsmodells in Quasi-Echtzeit zu bestimmen. Da der 0,1 bis 0,4 ns. Für längere Prädiktionszeiträume begin- Prädiktionszeitraum auf sechs Stunden reduziert wird, nen die Ergebnisse leicht von einander abzuweichen. wird als Modell nur noch ein rein quadratisches Poly- Für ein 12-stündiges Intervall erreichen die Differenzen nom ohne zusätzlichen periodischen Term verwendet. einen Bereich von knapp unter 10 ns (GFZ, CODE) bis Als Eingangsdaten dienen Uhrkorrekturdaten aus dem zu einigen 10er ns. Programm RTR-Control, welches ebenfalls an der TU Wien entwickelt wurde [Opitz, 2010]. Diese Daten wer- Es zeigt sich, dass der Verlauf der Abweichungen den im Minutentakt berechnet und an einem Server des der Rubidium-Satellitenuhren von GPS-Zeit mit einem Instituts zur Verfügung gestellt. Nach der „Einschwing- einfachen quadratischen Polynom beschreibbar ist. zeit“ des Kalman-Filter-Algorithmus (ca. 30 Minuten) Cäsiumuhren jedoch zeigen eine 12-stündige Perio- liegt der mittlere Fehler der mit dem Kalman-Filter prä- de mit einer Amplitude von bis zu 6 ns. Ein Vergleich dizierten Uhrkorrekturen für einen großen Teil der Satel- des von der Satellitenbahnebene und dem Ortsvektor litenuhren unter 2 ns. zur Sonne aufgespannten Raumwinkels mit den Am- plituden zeigt, dass hier eine eindeutige Korrelation vorliegt. Es wird daraus geschlossen, dass die vorlie- Precise point positioning (PPP) – an genden Schwankungen der Cäsiumuhren auf Tempe- alternative technique for ground based GNSS raturänderungen zurückzuführen sind. troposphere monitoring Aufgrund der 12-stündigen Periode der Cäsiumuhr- Ana Karabatić korrekturdaten wird als Prädiktionsmodell ein quadra- Dissertation: Institut für Geodäsie und Geophysik, tisches Polynom mit einer zusätzlichen Sinusschwin- Forschungsgruppe Höhere Geodäsie, Technische gung angesetzt. Die drei Parameter des Polynoms Universität Wien, 2011 sowie die Amplitude und Phasenverschiebung des Begutachter: Ao.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Robert periodischen Terms werden in einem Ausgleich mit ge- Weber schätzt. Als Eingangsdaten dient dem Prädiktionspro- gramm GNSS-VC/static eine zweitägige Zeitreihe der Electromagnetic signals emitted by the Global Naviga- vom IGS öffentlich verfügbaren Ultra-Rapid-Produkte. tion Satellite System (GNSS) satellites are time delayed Dabei werden jeweils die ersten 24 Stunden dieser Da- when passing through the atmosphere. Based on this ten verwendet. Mit den ermittelten Parametern werden signal delay, e.g. the humidity distribution within the Uhrkorrekturen für unterschiedlich lange Intervalle prä- troposphere can be determined. It has already been diziert. Die Ergebnisse zeigen, dass der mittlere Fehler shown that the delivery of the Zenith Wet Delays (ZWD) der prädizierten Korrekturen für Satelliten mit aktiven derived from a network solution with hourly resolution Rubidiumuhren bis zu einem Prädiktionsintervall von 6 and an accuracy of 1 mm in precipitable water is achie- Stunden unter 1-1,5 ns liegt. Für das 12-stündige Inter- vable. In the case of very large networks along with an vall steigt er auf ca. 2-3 ns an. Das entspricht einem increased number of observations and computational Distanzfehler von ca. 60-90 cm. Weiters wird gezeigt, demands, an alternative processing technique has to dass bei der Erweiterung des quadratischen Polynoms be applied – Precise Point Positioning (PPP). PPP is a um den periodischen Term auch die Rubidiumuhren technique that uses un-differenced single- or dual-fre- eine geringfügig höhere Genauigkeit aufweisen als quency pseudorange and carrier phase observations ohne selbigen. Ein Vergleich mit den Ultra-Rapid-Uhr- of a single receiver along with precise orbit and clocks Dissertationen, Diplom- und Magisterarbeiten 35 products to achieve a cm-level positioning precision. ƒ Supports fast Boolean operations like intersection, The advantage of this zero difference technique is that union and symmetric difference etc. no regional correlations will be introduced as well as no ƒ Supports level of detail based processing. reference station data is explicitly required for data pro- cessing. On the other hand hardware biases (both from ƒ Supports dimension independence, i.e. AHD is ex- the satellite and the receiver), which cancel when for- tendable to n-dimensions (n >1). ming double-difference observations in a network ap- The solution is tested with three real datasets having proach remain, and have to be accounted for carefully. large number of points. The tests confirm the expected Furthermore, the necessary correction models have to results and show that the performance of AHD opera- be made available close to real-time by organizations tions is acceptable. The complexity of AHD based Boo- like IGS or by regional reference station providers. lean operation is near optimal with the advantage that In this thesis it is shown how the atmospheric pre- all operations consume and produce the same CHT cipitable water content derived from GNSS data can data structure. be assimilated within an operational meteorological now-casting system and how PPP results compare to Einfluss des Koordinatenrahmens the network solution. Passing weather fronts can be auf die Positionierung mittels analyzed much better by considering the information Satellitennavigationssystemen provided by GNSS derived tropospheric wet delays be- cause this data is directly influenced by changes in hu- Elke Maria Umnig midity in the free atmosphere, whereas the data at the Diplomarbeit: Institut für Geodäsie und Geophysik, meteorological ground stations react to these changes Forschungsgruppe Höhere Geodäsie, Technische with a considerable time delay. This allows to forecast, Universität Wien, 2010 e.g. heavy rainfall potentially causing local floodings Betreuer: Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Harald Schuh more reliable and to narrow down the affected region. It is to be expected that the accuracy of the PPP ZWD In den letzten Jahren nahm der Auf- und Ausbau von estimates is worse due to several effects (satellite clock GNSS-Referenzstationsnetzen sowohl auf internationa- errors, biases, no ambiguity resolution), but indepen- ler wie auch nationaler Ebene kontinuierlich zu. Die damit dence from the reference station data will significantly realisierbare präzise satellitengestützte Positionierung shorten the latency of the results (few min), and provi- erfolgt im Wesentlichen vorerst in globalen geozentrisch de the regional/national weather service to enhance the gelagerten Referenzrahmen, welche als Realisierungen prognosis in the numerical forecast model. des ITRS zur Verfügung stehen. Für Europa steht zu- sätzlich ein vom ITRS abgeleitetes System (ETRS89) zur Verfügung, welches der Rotation der eurasischen AHD: Alternate hierarchical Decomposition Platte nachgeführt und von den nationalen Landesver- Rizwan Bulbul messungsbehörden zur Nutzung empfohlen wird. Um Dissertation: Institut für Geoinformation und Kartogra- schließlich die im Bereich der praktischen Vermessung phie, Forschungsgruppe Geoinformation, Technische benötigten Landeskoordinaten zu erhalten, werden die Universität Wien, 2011 ITRS- oder ETRS89-Koordinaten in das nationale Da- Begutachter: O.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Andreas Frank tum transformiert und verebnet. Um hochgenaue GPS- Auswerteergebnisse bei mittleren und großen Netz- The thesis shows that the separation of metric and to- ausdehnungen im mm-Bereich zu erzielen, muss eine pological processing for GIS geometry is possible and konsistente Verwendung der Referenzsysteme bzw. Ko- opens the doors for better geometric data structures. The ordinatenrahmen, auf die sich die Satellitenkoordinaten separation leads to the novel combination of homogene- und die Koordinaten der terrestrischen Referenzstatio- ous coordinates with big integers and convex polytopes. nen beziehen, gewährleistet sein. Da die meist genutzte Firstly, the research shows that a consistent metric pro- präzise Bahninformation des IGS sich auf den aktuellen cessing for geometry of straight lines is possible with ITRF bezieht, ist eine gleichzeitige Nutzung der ETRS89 homogeneous coordinates stored as arbitrary precision Koordinaten der Referenzstationen in aller Strenge un- integers (so called big integers). Secondly, the geomet- zulässig. Für die Transformation von Stationskoordina- ric model called Alternate Hierarchical Decomposition ten zwischen den verschiedenen Koordinatenrahmen (AHD), is proposed that is based on the convex de- des ITRS und ETRS89 werden vom IERS Transforma- composition of arbitrary (with or without holes) regions tionsmodelle empfohlen. Der Einfluss inkonsistenter into their convex components. The convex components Koordinatenrahmen wird am Beispiel einer regionalen are stored in a hierarchical tree data structure, called GPS-Kampagne untersucht. Es werden GPS-Beobach- convex hull tree (CHT), each node of which contains a tungsdaten einer 24-Stunden Session unter Verwen- convex hull. A region is then composed by alternately dung von präzisen IGS-Bahnen als auch Broadcasteph- subtracting and adding children convex hulls in lower emeriden mit der GPS-Software Bernese ausgewertet. levels from the convex hull at the current parent node. Hierbei werden Koordinatensätze im globalen Refe- The solution fulfills following requirements: renzrahmen ITRF2000 und im kontinentalen Referenz- ƒ Provides robustness in geometric computations by rahmen ETRF89 generiert und einem eingehenden Ver- using arbitrary precision big integers. gleich unterzogen. 36 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Erstellung eines modernen Berechnung topographischer Koordinatentransformations- und Schwerefeldanteile auf Basis von digitalen Abbildungsmoduls Geländemodellen Michael Lechner Reinhard Demberger Diplomarbeit: Institut für Geodäsie und Geophysik, Diplomarbeit: Institut für Geodäsie und Geophysik, Forschungsgruppe Höhere Geodäsie, Technische Forschungsgruppe Höhere Geodäsie, Technische Universität Wien, 2010 Universität Wien, 2011 Betreuer: Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Harald Schuh Betreuer: Ao.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Robert Weber Moderne geodätische Raumverfahren wie GNSS, VLBI, Ziel dieser Arbeit ist die Erstellung einer Software zur SLR oder DORIS erlauben die präzise Realisierung von Bestimmung topographischer Schwerefeldanteile auf 3D-Referenzsystemen. Diese Referenzsysteme bilden Basis eines digitalen Geländemodells. In Gebieten mit die Grundlage für die Positionsbestimmung und Na- bewegter Topographie, wie z.B. in den österreichischen vigation auf der Erde. Die Realisierung eines Systems Alpen, ist es von großem Interesse, die lokalen Einflüsse durch Fixpunkte nennt man Referenzrahmen. Im Fall des Schwerefeldes zu kennen, um die in der Ingenieur- eines erd festen Referenzrahmens verwendet man so geodäsie mittels hochgenauer Verfahren durchgeführ- genannte Fundamentalstationen, welche über eine ten Messungen um jene störenden Einflüsse korrigieren oder mehrere Raumtechniken für die Bestimmung der zu können. Bei Kreiselmessungen im Tunnel- und Kraft- Stationskoordina ten und Geschwindigkeiten verfügen. werksbau ist die Reduktion der Lotabweichung heut- Allgemein hängt die Genauigkeit der Positionsbestim- zutage beinahe unerlässlich, um die geforderte Durch- mung einerseits vom Messverfahren und andererseits schlagsgenauigkeit erreichen zu können. von der Qualität des zugrundeliegenden Koordinaten- Diese Arbeit zeigt, aus welchen Quellen digitale Ge- rahmens ab. ländemodelle als Datengrundlage bezogen werden Grundsätzlich unterscheidet man zwischen globa- können und welches Formelwerk nötig ist, um die loka- len, kontinentalen und regionalen terrestrischen Re- len topographischen Schwerefeldanteile berechnen zu ferenzsystemen. Wichtige globale Systeme sind das können. Internatio nal Terrestrial Reference System (ITRS) sowie Speziell werden die an Kreiselmessungen anzu- das Word Geodetic System 1984 (WGS84). Das WGS84 bringenden Reduktionen im Detail beschrieben. Als bildet das Referenzsystem des Satellitennavigations- Testdaten standen ein digitales Geländemodell des systems GPS. Für den europäischen Kontinent wurde Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen sowie im Jahr 1989 das European Terrestrial Reference Sys- Netzpunkte des Kraftwerkprojekts Limberg II in Kaprun tem (ETRS) definiert. Als regionale Systeme bezeich- zur Verfügung, die von der Firma Geodata bereitgestellt net man beispielsweise die Referenzsysteme einzel- wurden. ner Staaten. Österreich verwendet das Be zugssystem MGI, welches ursprünglich aus dem 19. Jahrhundert Externe troposphärische Korrekturen in der stammt, wobei die Realisierung heute durch modernste geodätischen VLBI Messmethoden erfolgt. Matthias Madzak Für viele wissenschaftliche und praktische Anwen- dungen in der Geodäsie stellt sich die Aufgabe, Punkte Diplomarbeit: Institut für Geodäsie und Geophysik, in unterschiedlichen Koordinatensystemen auszudrü- Forschungsgruppe Höhere Geodäsie, Technische cken. Dieser Wechsel zwischen den zuvor beschrie- Universität Wien, 2011 benen Referenzsystemen erfolgt mit Hil fe geeigneter Betreuer: Ass.Prof. Dipl. Ing. Dr. Johannes Böhm Koordinatentransformationen. Das Ziel dieser Arbeit Die Modellierung der troposphärischen Laufzeitver- ist es nun, ein modernes Koordinatentransformations- zögerungen von Mikrowellen, wie sie in der Very Long und Abbildungsmodul zu erstellen. Konkret wird die Baseline Interferometry (VLBI) oder den Global Naviga- Transformation zwischen globalen oder kontinentalen tion Satellite Systems (GNSS) empfangen werden, ist Referenzrahmen (zum Beispiel: ITRFyy, ITRFyy) und ein kritischer Faktor für die Genauigkeit dieser geodä- einem regionalen geodätischen Datum (zum Beispiel: tischen Weltraumverfahren. In der vorliegenden Arbeit MGI) ermöglicht. Des Weiteren erlaubt die Software wurden fünf verschiedene Modellansätze miteinander zwischen den Abbildungs koordinaten Gauß-Krüger, verglichen, indem sie bei der Auswertung der VLBI Be- UTM und Lambert umzurechnen und berücksichtigt obachtungen einer speziellen 15-tägigen Kampagne im dabei implizit Datumsübergänge. Um dem Nutzer die August 2008 verwendet wurden. Als Genauigkeitskrite- Möglichkeit zu geben auch eigene Parameter einer rium diente die Wiederholbarkeit von Basislinienlängen, räumlichen Ähnlichkeitstransformation zu bestimmen, geschätzt aus 15 täglichen Lösungen. Die Analyse mit erlaubt das Programm eine überbestimmte Ableitung der VLBI Software (VieVS) wurde insofern geän- von Transformationsparametern mittels Passpunkten. dert, als die troposphärischen Laufzeitverzögerungen Außerdem wird mit Hilfe geeigneter Geoid-Undulati- erstmals aus externen Datensätzen eingelesen wurden. onsmodelle die Interpolation orthometrischer Höhen Diese Vorgehensweise ermöglichte das Anbringen von realisiert. Laufzeitverzögerungen aus direktem Raytracing, und Dissertationen, Diplom- und Magisterarbeiten 37 sie erlaubt in Zukunft die Austauschbarkeit von Modell- Großraum Wien ist für die zu erwartende Erdbeben- daten verschiedener Analysezentren. gefährdung von großer Bedeutung. Eine Abschätzung Im ersten Ansatz wurden hydrostatische Lauf- kann über die Ausdehnung von Bruchflächen gemacht zeitverzögerungen als Produkt von hydrostatischen werden, welche oberflächennahe bekannt sind, in den Laufzeitverzögerungen in Zenitrichtung (Zenitdelays) tieferen seismogenen Zonen aber nur durch Erdbeben aus 6-stündigen Daten des European Centre for Me- kartiert werden können. Aktuelle Standardlokalisierun- dium-Range Weather Forecasts (ECMWF) mit den gen bieten jedoch keine ausreichende Genauigkeit. hydrostatischen Vienna Mapping Functions 1 (VMF1, Durch die Verwendung zusätzlicher Stationen im ebenfalls basierend auf 6-stündigen Daten des ECM- Rahmen des Projektes ALPAACT und eines 3D-Ge- WF) gebildet, und feuchte Laufzeitverzögerungen in schwindigkeitmodells wird die Ortungsgenauigkeit Zenitrichtung wurden in VieVS mit der feuchten VMF1 erhöht. Manche Stationen stehen aber nur zeitlich geschätzt. Im zweiten Ansatz wurden zusätzlich bereits begrenzt zur Verfügung, die Ortungsgenauigkeit soll a priori Laufzeitverzögerungen aufgrund des feuchten jedoch erhalten bleiben. Dazu müssen systematische Anteils der Troposphäre addiert, ebenfalls basierend Einflüsse auf die Lokalisierung aufgedeckt und Verbes- auf Daten des ECMWF, die Schätzung der restlichen serungsmöglichkeiten untersucht werden. Zenitdelays erfolgte wiederum mit der feuchten VMF1. Als erstes wurde der Abbau von Stationen des AL- Das dritte Modell unterschied sich insofern vom ers- PAACT Netzes simuliert. Im zweiten Fall wurde die Än- ten Ansatz, als die hydrostatischen Laufzeitverzöge- derung der Netzwerkkonfiguration aufgrund von Sta- rungen in Zenitrichtung aus tatsächlich an der Station tionswegfall durch geringere Magnituden modelliert. gemessenen Druckwerten (für jede Beobachtung vor- Dafür wurden Detektionsschwellen für jede Station handen) berechnet wurden. Im vierten Ansatz wurden über die tatsächlich gemachten Ankunftszeitbeobach- hydrostatische Zenitdelays aus Druckwerten des em- tungen gebildet. pirischen Modells Global Pressure and Temperature (GPT) berechnet, und sowohl deren Projektion als auch Anschließend wurden die Einflüsse in der Laufzeit- die Schätzung der feuchten Zenitdelays erfolgte mit berechnung durch Offset und Station ermittelt und mit den empirischen Global Mapping Functions (GMF). einer verbesserten Laufzeitberechnung neu lokalisiert. Im fünften Ansatz schließlich wurde für jede Beobach- Da nur eine teilweise Verbesserung erreicht werden tung eine eigene Strahlverfolgung (Raytracing) durch konnte, wurde Fehler in den beobachteten Ankunftszei- hochaufgelöste Daten des ECMWF berechnet, um die ten simuliert. Die Fehler in den Ankunftszeiten entspra- Laufzeitverzögerungen zu erhalten. chen den tatsächlich beobachteten Lageänderungen. Basierend auf den Wiederholbarkeiten der Basisli- Durch die verbesserte Laufzeitberechnung konn- nienlängen kann man die Ergebnisse folgendermaßen te die Standardabweichung der Laufzeitresiduen um zusammenfassen: Raytracing bestimmt die Laufzeit- mehr als 20 % reduziert werden. Die relativen Lageän- verzögerungen entweder sehr gut oder sehr schlecht, derungen konnten teilweise verbessert werden, im Mit- denn 44% der Basislinienlängen werden damit am bes- tel jedoch nicht. Mit der verbesserten Laufzeitberech- ten modelliert, 33% allerdings am schlechtesten. Trotz nung weichen die tektonischen Erdbeben nur noch um der geringen Unterschiede der restlichen, auf tatsäch- weniger als 2.7 km von einer Mittellinie mit einer Länge lichen Wetterdaten basierenden Modelle, liefern doch von 49 km im südlichen Wiener Becken ab. Außerdem die Druckmessungen an der Station bessere Ergebnis- ist nun ein Abwärtstrend der Bebentiefen in Richtung se als jene Ansätze, bei denen hydrostatische Zenit- Nordosten sichtbar. delays aus 6-stündigen Daten des ECMWF berechnet Für eine genauere Lokalisierung ist eine verbesserte worden sind. 33 von 55 Basislinien erreichen ohne Be- Beobachtung der Ankunftszeiten notwendig. Ein grö- rücksichtigung von Raytracing mit den Druckmessun- ßerer Datensatz an Erdbeben für die Ermittlung von gen an der Station die besten Wiederholbarkeiten. Wie Offset- und Stationskorrektur wäre für zukünftige Unter- zu erwarten liefern die rein empirischen Modelle GPT suchungen ebenfalls förderlich. und GMF die schlechtesten Ergebnisse, denn diese Modelle beinhalten keine tatsachlichen Wetterdaten Verortung hydrographischer Aufnahmen von sondern beschreiben nur dessen mittleres Verhalten. kleinräumigen Gewässern mittels GPS und MEMS IMU Einflüsse der Netzwerkkonfiguration auf Erdbebenlokalisierungen Eva Maria Harreither Diplomarbeit: Institut für Geodäsie und Geophysik, Maria-Theresia Apoloner Forschungsgruppe Ingenieurgeodäsie, Technische Diplomarbeit: Institut für Geodäsie und Geophysik, Universität Wien, 2011 Forschungsgruppe Geophysik, Technische Universi- Betreuer: Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Andreas Wieser tät Wien, 2011 Betreuer: O.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Ewald Brückl Zur hydrographischen Vermessung von großen und mittleren Gewässern werden zumeist Sonar- und Echo- Die rezente seismische Aktivität um Wien weist auf eine lotsysteme eingesetzt. Für die Verortung von Echo- noch immer aktive Tektonik im Wiener Becken hin. Die lotdaten werden häufig RTK-GPS oder Totalstationen Kenntnis wahrscheinlicher maximaler Magnituden im eingesetzt. Für die Verortung von Sonardaten benötigt 38 Vermessung & Geoinformation 1/2011 man zusätzlich die räumliche Orientierung des Sonar- Die theoretisch unbegrenzte Menge der aus der auto- systems. matischen Messung resultierenden Punkte und Beob- In dieser Arbeit wurde die Eignung eines kosten- achtungen macht eine manuelle Weiterverarbeitung in günstigen Messsystems basierend auf einem Ein- optimaler Zeit unmöglich. frequenz-GPS-Empfänger und einer MEMS IMU zur Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Realisierung Bestimmung der Position und Orientierung eines hy- eines automatischen Deformationsanalysesystems für droakustischen Sensors untersucht. Zusätzlich wurde Punktmengen, die in ihrem Umfang leicht den 7-stel- ein Magnetometer zur azimutalen Stabilisierung des ligen Bereich erreichen können. Die Analyse kann da- Messsystems eingesetzt. mit nicht wie bei herkömmlichen, in ihrer Punktmenge Kostengünstige Inertialsysteme weisen große überschaubaren Überwachungsnetzen erfolgen. Der Fehler auf, die mit Hilfe von der Positions- und Ge- Ablauf und die Steuerung der Analyse wird unter Beibe- schwindigkeitsinformation aus GPS-Beobachtungen haltung einer größtmöglichen Flexibilität auf die Eigen- ausgeglichen werden können. Die Kombination der heiten des Messsystems optimiert. Ein Teil behandelt Sensordaten erfolgte in der institutseigenen Kalman die effektive Aufbereitung und Verarbeitung der Da- Filter Software. Zur Einbindung der Azimutbeobach- tenmenge. Ein speziell für diesen Zweck entwickeltes tungen mussten neue Algorithmen in die Software ein- Datenformat erleichtert die Kontrolle und Abarbeitung. gearbeitet werden. Das Kalman Filter benötigt genaue Der größere Teil der Arbeit befasst sich mit der Adap- Rauschparameter zur Charakterisierung der IMU-Qua- tion der Methoden der klassischen Deformationsanaly- lität; diese Parameter wurden in einem Laborversuch se an die Punktmessungen bedingt durch vornehmlich mit Hilfe der Allan Varianz abgeschätzt. räumliche Vorwärtsschnitte. Nach der Ausgleichung Eine hydrographische Vermessung wurde durchge- der Messungen wird für jeden Messpunkt eine Über- führt um reale Messdaten für die weitere Analyse zu prüfung mittels Konfidenzbereich durchgeführt und erhalten. Die Messdaten wurden in der adaptierten festgestellt, ob eine Punktstabilität bzw. eine signifikan- Software prozessiert. Die Analyse der prozessierten te Punktlageänderung vorliegt. Messdaten und der daraus abgeleiteten Gewässer- Die automatisierte Punktmessung erzeugt einen klei- sohle zeigte, dass die erwünschte Genauigkeit von nen aber signifikanten Anteil an grob falschen und da- 10 cm (1s) bei einer Wassertiefe von 15 m mit dem mit unbrauchbaren Messungen. Die Verwendung von untersuchten kostengünstigen Messsystem erreichbar Ausreißertests liefert eine bereinigte Datenmenge. ist. Im Zuge der Arbeit wurde jedoch auch Verbesse- rungspotential identifiziert, vor allem betreffend die Ver- Das Ergebnis der Analyse ist eine Aussage über ein arbeitung von Daten, die während der Wendemanöver Vorliegen einer Punktverschiebung und dem dazuge- anfallen. hörigen Differenzvektor. Die programmtechnische Re- alisierung erfolgte durch ein selbst entwickeltes Java- Programm, dessen Kern ein Ausgleichungsprogramm Deformationsanalyse auf Basis ist. automatisierter Totalstationsmessungen mit großer Zahl an Objektpunkten Calibration-Related Artefacts in the initial Martin Heiss ASCAT Soil Moisture Product Diplomarbeit: Institut für Geodäsie und Geophysik, Sebastian Hahn Forschungsgruppe Ingenieurgeodäsie, Technische Universität Wien, 2011 Diplomarbeit: Institut für Photogrammetrie und Ferner- Betreuer: Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Andreas Wieser, kundung, Technische Universität Wien, 2011 Univ.Ass. Dipl.-Ing. Dr. Alexander Reiterer Betreuer: Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Wagner Modernste Messtechnologien bieten dem (Ingeni- Seit Dezember 2008 läuft der operationelle Vertrieb ei- eur)geodäten die Möglichkeit immer mehr Daten in nes globalem 25km Bodenfeuchte Produkts durch die kürzeren Zeiträumen zu akquirieren. Die Messungen Europäische Organisation für die Nutzung meteorologi- geschehen durch vollautomatische Systeme, welche scher Satelliten (EUMETSAT), abgeleitet aus Advanced selbsttätig Punkte am Messobjekt definieren und in der Scatterometer (ASCAT) Messungen an Bord des mete- Lage sind diese für Folgemessungen wieder zu iden- orological operational satellite METOP-A. Bodenfeuch- tifizieren. Autonome Deformationsmessungen über te wird mit Hilfe eines von der Technischen Universität einen längeren Zeitraum sind dadurch ebenfalls mög- Wien (TU-Wien) entwickelten change detection Algo- lich. Eine dieser Technologien wird derzeit an der Tech- rithmus gewonnen, welcher ursprünglich für das Acti- nischen Universität Wien entwickelt. Sie basiert auf ve Microwave Instrument (AMI), an Board der beiden Messsensoren der terrestrischen Geodäsie (Totalsta- Europäischen Satelliten ERS-1 und ERS-2, entwickelt tionen), welche mit bildgebenden Sensoren erweitert wurde. Mit dem Start der ersten von drei METeorologi- wurden, im Speziellen einem Paar modifizierter Leica cal Operational Platforms (METOP-A) im Oktober 2006, TCRA1201+. Die Messsensorik erlaubt dadurch eine übernimmt und verbessert ASCAT an Bord von METOP- Überwachung von Messobjekten ohne direkten kör- A die Rolle seines Vorgängers AMI. Es war zu erwarten, perlichen Kontakt in Sichtweiten, die jene übersteigen, dass der soil moisture retrieval Algorithmus nahezu un- die von terrestrischen Laserscannern erreicht werden. verändert auf ASCAT anwendbar sein würde, da die Dissertationen, Diplom- und Magisterarbeiten 39

Konfiguration und das technische Design sehr ähnlich s0 in beiden Frequenzen. Die einfache Struktur des zu den ERS Scatterometern ist. Ein wichtiger Aspekt Modells garantiert, dass beispielsweise die Wahr- für das TU-Wien Modell ist jedoch ein robuster langzeit scheinlichkeit des Zustandes an einem einzelnen Referenzdatensatz von scattering parameters. In an- Tag effizient berechnet werden kann. Der Algorith- betracht dessen, musste sich das anfängliche ASCAT mus benötigt keine Trainingsdaten; die Parameter Bodenfeuchte Produkt auf Modellparameter, abgeleitet werden für jede Zeitreihe geschätzt. Dies wird durch aus über 15 Jahren ERS-1/2 Datensätzen, beziehen. Maximierung der marginalen Likelihood auf Basis Allerdings aufgrund unterschiedlicher Kalibrierung des Expectation Maximization Algorithmus erreicht. und Auflösung verursacht diese Kombination aus AS- Das Verfahren wird anhand eines Testgebiets in Russ- CATMessungen und der historischen Langzeitreferenz land und Nordchina (120 - 130 E, 50 - 75 N) analysiert Probleme im anfänglichen ASCAT Bodenfeuchte Pro- und validiert. Die Zeitreihen der Wahrscheinlichkeit des dukt. Die Zielsetzung der Diplomarbeit ist daher die F/T Zustandes werden mit In-Situ Schnee- und Tempe- Analyse des anfänglichen ASCAT Bodenfeuchte Pro- raturmessungen sowie globalen Klimamodellen vergli- dukts, wobei der Schwerpunkt auf der Quantifizierung chen. Im Allgemeinen werden Genauigkeiten von mehr des Einflusses des ERS-1/2 historischen langzeit Re- als 90% erzielt, jedoch kann der Algorithmus in land- ferenzdatensatzes auf das Bodenfeuchteprodukt liegt. wirtschaftlich genutzten Gebieten sowie über blankem Demzufolge wurde ein Modell entwickelt, welches die Fels im Gebirge versagen. Darüber hinaus bestätigt beiden zu erwartenden Hauptursachen untersuchen diese Arbeit die Bedeutung der Kombination zweier soll: Unterschiede in räumlicher Auflösung und Ka- verschiedener Frequenzen, da inbesondere trockener librierung. Es zeigte sich, dass ein simples Modell in Schnee, Vegetation und das Gefrieren des Bodenwas- der Lage ist die verbleibenden Artefakte aufgrund un- sers unterschiedliche Auswirkungen auf s0 im Ku- und terschiedlicher räumlicher Auflösung im anfänglichen C-Band haben. ASCAT Bodenfeuchte Produkt zu beschreiben, welche speziell in Gebieten mit scharfen backscatter Kontras- Radiometric calibration of airborne laser ten auftraten. Das zu erwartende Verhalten im Falle von scanner data absoluter Kalibrierungsunterschiede konnte ebenfalls erfolgreich simuliert werden, allerdings nimmt diese Hubert Lehner Charakteristik mit zunehmender Bodenfeuchte ab. Diplomarbeit: Institut für Photogrammetrie und Ferner- kundung, Technische Universität Wien, 2011 Probabilistic Fusion of Ku and C Band Betreuer: Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Wagner Scatterometer Data for Determining the Airborne Laserscanning ist wegen seiner Fähigkeit die Freeze/Thaw State Struktur von Oberflächen genau und dicht abzutasten Simon Zwieback in den letzten Jahren eine Standard-Technologie für topographische Datengewinnung geworden. Für die Diplomarbeit: Institut für Photogrammetrie und Ferner- Analyse und Klassifizierung der Topographie werden kundung, Technische Universität Wien, 2011 typischerweise geometrische aus der 3D Punktwolke Betreuer: Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Wagner abgeleitete Kriterien verwendet. Darüber hinaus liefern Der Frier/Tau Zustand (Freeze/Thaw state) der ALS Systeme die physikalischen Beobachtungen Am- Landschaft kann mit Methoden der Mikrowellen- plitude und (im Falle von Full Waveform ALS Systemen) fernerkundung beobachtet und analysiert werden. Echoweite für jedes Echo zusätzlich zu seiner 3D Posi- Da die Bedeutung diverser Einflussfaktoren auf tion. Diese, die zurück gestreute Energie beschreiben- das gemessene Signal s0 eine Funktion der Ra- den Beobachtungen, beinhalten Informationen über darfrequenz ist, erscheint die Kombination unter- die Rückstreueigenschaften der beleuchteten Oberflä- schiedlicher Datenquellen eine vielversprechen- chen. Amplitude und Echoweite sind jedoch von vielen de Möglichkeit zur Verbesserung der Ergebnisse. verschiedenen Faktoren abhängig, wie zum Beispiel Angesichts dieser Erkenntnis wird ein neuartiger Sen- der Distanz zwischen Sensor und Oberfläche, der Ori- sor-Fusionsalgorithmus vorgestellt, welcher den Frier/ entierung der Oberfläche relativ zum Sensor oder der Tau (F/T) Zustand anhand von Scatterometerdaten atmosphärischen Dämpfung. Aufgrund des Mangels schätzt: QuikScat im Ku-Band und ASCAT im C-Band. an Kalibrierungsstandards und -methoden ist das volle Darüber hinaus wird ein weit verbreitetes Backscat- Potential dieser physikalischen Beobachtungen noch ter Modell adaptiert. Dieses vereinfacht einerseits der nicht ausgeschöpft. Die vorliegende Arbeit versucht Parametrisierung des Sensor-Fusionsmodells und er- daher dieser physikalischen Beobachtungen mittels möglicht andrerseits ein besseres Verständnis der Ab- radiometrischer Kalibrierung in physikalisch interpre- hängigkeit von s0 von verschiedenen Einflussfaktoren. tierbare Werte umzuwandeln. Der Sensor-Fusionsalgorithmus basiert auf einem Basierend auf In-situ Flächen (z.B. Oberflächen im wahrscheinlichkeitstheoretischen Modell, einer Ad- Projektgebiet) als externe Referenzflächen wurde eine aption des Hidden Markov Models (HMM). Der F/T absolute radiometrische Kalibrierungsmethode für ALS Zustand, dessen Wert nicht direkt beobachtbar ist, Daten entwickelt. Der Prototyp eines von der Firma wird durch eine Markov-Kette beschrieben. Allerdings Riegl Research Forschungsgesellschaft mbH zur Ver- beinflusst der F/T Zustand die gemessenen Signale: fügung gestellten Reflektometers wurde getestet um 40 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Evaluierungssoftware und Regeln für den praktischen zeigt die Fähigkeit der Methode absolute radiometri- Gebrauch zu erstellen. Zusammen mit Spectralon Re- sche Werte zu erzeugen. Das diffuse Reflektionsmaß flektivitätsstandards wurde das Reflektometer anschlie- einer annähernd homogenen Oberfläche kann mit ßend verwendet um die Rückstreueigenschaften dieser einem Variationskoeffizienten von ca. 14 % bestimmt In-situ Flächen unabhängig vom ALS Flug zu bestim- werden, d.h. die Standardabweichung ist ca. 14 % des men. Basierend auf diesen In-situ Referenzzielen wird mittleren Reflektivitätswerts. eine Kalibrierungskonstante berechnet, die dann die Es wird erwartet, dass die radiometrische Kalibrie- radiometrische Kalibrierung des gesamten ALS Da- rung von ALS Daten Klassifizierung und Monitoring von tensatzes ermöglicht. Kalibrierungsresultate von zwei Oberflächen, die in der Wellenlänge des ALS Systems verschiedenen, das gleiche Testgebiet abdeckenden unterscheidbar sind, unterstützt. Wegen des absoluten Datensätzen zeigen, dass die vorgeschlagene Me- Charakters der präsentierten Kalibrierungsmethode thode nicht nur wiederholbare sondern auch absolute wird die auf diesen radiometrisch kalibrierten Werten Werte zu produzieren ermöglicht. Die relative Analyse basierende Klassifizierung unabhängig von Sensor- von überlappenden Flugstreifen zeigt weiters, dass die und Flugparametern. Außerdem ermöglicht sie im Fall radiometrischen Differenzen reduziert, d.h. vergleich- von kontinuierlich wiederholten ALS Kampagnen eines bare Werte unabhängig von der Aufnahmegeometrie bestimmten Gebiets den Status verschiedener Oberflä- erreicht werden können. Die auf Reflektivitätsmessun- chen zu dokumentieren. Folglich ist auch die Detektion gen von Kontrollflächen basierende absolute Analyse von Veränderungen möglich. Mitteilungen 41

Mitteilungen

Vening Meinesz Medaille 2011 der European Cazenave (1999), Ivan I. Mueller (2000), George Bal- Geosciences Union an Prof. Harald Schuh mino und Christoph Reigber (2002), Veronique Dehant (2003), John Wahr (2004), Martine Feissel-Vernier Am 7. April 2011 bekam Prof. Dr. Dr.h.c. Harald Schuh, (2005), Gerhard Beutler (2006), Thomas Herring Vorstand des Instituts für Geodäsie und Geophysik (2007), Carl-Christian Tscherning (2008), Susanna Zer- der Technischen Universität Wien, die Vening Meinesz bini (2009), sowie Philip Woodworth (2010). Medaille 2011 der European Geosciences Union (EGU) überreicht. Diese Medaille – eingerichtet von der EGU- Im Rahmen der Überreichung hielt Harald Schuh Division für Geodäsie – wird für hervorragende Leis- einen Vortrag mit dem Titel “VLBI: A fascinating tool tungen auf dem Gebiet der Geodäsie verliehen. Die for Geodesy and Astrometry“. In seiner Präsentation spannte er den Bogen vom ersten Nachweis der Plat- Vening Meinesz Medaille ist damit eine der höchsten tentektonik mit VLBI zu Beginn der 1980er Jahre (zwi- Auszeichnungen, die in der europäischen Geodäsie schen den Stationen Haystack in Massachusetts und vergeben wird. Harald Schuh erhielt die Medaille unter Onsala in Schweden) bis zu den aktuellen “VLBI2010“ anderem aufgrund seiner Beiträge zur VLBI (Very Long Entwicklungen mit angestrebten globalen Genauigkei- Baseline Interferometry) und zur Erdrotationsforschung, ten von 1 mm für die Positionen der VLBI-Stationen. aber auch für seinen aktiven Einsatz für internationale Außerdem zeigte Harald Schuh sehr deutlich die Organisationen wie der IAG (International Association Bedeutung der VLBI für ein besseres Verständnis des of Geodesy) und der IAU (International Astronomical Systems Erde und der Beobachtung von Phänomenen Union). der globalen Klimaänderung. Der Preisträger bedankte Harald Schuh folgt damit bedeutenden Geodätinnen sich in seiner Rede bei den vielen Weggefährten in und Geodäten, die den Preis in den vergangenen den letzten 30 Jahren und besonders auch bei seinem Jahren erhalten haben: Reiner Rummel (1998), Any Team an der TU Wien.

Prof. Harald Schuh mit der Vening Meinesz Medaille 2011 42 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Kriegstagebuch Franz Allmer Der zweite Band ist der Foto- und Bildband „Russ- Am 6. April 2011 fand in der Aula der Technischen land 1941-1944“: In diesem Band sind die von Allmer Universität Graz die Präsentation des Kriegstagebuchs selbst aufgenommenen Bilder aus dieser Zeit in kopier- von Franz Allmer statt. ter Form enthalten, in verschiedenen Größen, und wie- derum ergänzt durch Informationen unterschiedlichster Die Leiterin des Archivs der TU Graz konnte eine Art. Im Bildband sind auch Kopien von militärischen große Zahl von Interessenten begrüßen. Frontlageskizzen enthalten, die aber aus Urheber- Rektor Hans Sünkel würdigte in seiner Ansprache rechtsgründen nicht ins Buch aufgenommen wurden. die Leistungen von Hofrat Allmer, insbesondere seine Der dritten Band von Franz Allmers Originalen ent- akribischen Forschungen auf dem Gebiet der Ge- hält seine Erlebnisse an der Westfront im Stift Helenen- schichte des Vermessungswesens. berg, in der Nähe von Trier. Die Tagebuchaufzeichnung aus der Zeit 1944 bis 1945 waren zwar ursprünglich auch in Stenographie verfasst, wurden aber leider in Graz vernichtet. Darum hat Allmer zwei hochinteres- sante Erlebnisse aus dieser Zeit erst 30 Jahre danach in diesem Band aus dem Gedächtnis nochmals nie- dergeschrieben und mit Bildern, Schriftstücken und Ergänzungen aus der Nachkriegszeit versehen. (Auszug aus der Vorstellung des Buches durch Dipl.- Ing. Ablasser)

Die Autoren des Buches, Fr. Dr. Vesolak und Dipl.- Ing. Ablasser, schilderten das Werden des Buches und legten auch dar, warum dieses Buch gerade jetzt, ca. 2 Jahre nach Allmers Tod, herausgegeben werden konnte. „Motive, dieses Thema 70 Jahre nach der Nieder- schrift der Öffentlichkeit zu präsentieren, ergaben sich nach der Einsichtnahme in das Original von selbst. Einerseits gibt es nur mehr wenige Zeitzeugen dieser Zeit, die aus eigenen Erfahrungen darüber berichten könnten. Andererseits waren nur wenige in der Lage in dieser Form darüber zu berichten – also Tagebuch ergänzt mit selbst photographierten Bildern – bis 1942 sogar Farbdias. Eine Lesung ausgewählter Texte aus dem Kriegsta- Dass die Veröffentlichung genau in das 200-jährige gebuch durch Werner Rannacher, einem Moderator Bestandsjubiläum der TU-Graz fällt, kann – nein SOLL vom ORF Steiermark, bildete den Höhepunkt der – als posthume Ehrung des Ehrenbürgers der Tech- Buchpräsentation. Die ausgewählten Texte waren sehr nischen Universität Graz – Honorarprofessor – wirkl. repräsentativ und wurden vom Moderator in beein- Hofrat in Ruhe – Dipl.-Ing. – Franz Allmer – angesehen druckender Weise vorgetragen. Das Publikum konnte werden.“ damit einen Eindruck von den literarischen Fähigkeiten (Zitat Dipl.-Ing. Ablasser) Allmers gewinnen und erfahren, wie breit das Spek- trum Allmers war, sein feiner Humor, sein technisches Die Originale der Tagebuchaufzeichnungen, die die Verständnis ebenso wie sein breites Interesse für die Grundlage für die Veröffentlichung des Buches dar- Natur und die Menschen mit all ihren Stärken und stellten, bestehen aus 3 Bänden in A4-Format: Schwächen. Und das alles vor dem Hintergrund bzw. Der Textband „Russland 1941-1944“ beinhaltet die mitten im Schrecken eines Krieges, den Allmer als Sa- Tagebuchaufzeichnungen. Diese hat Allmer in kleine nitätsfahrer erleben musste. Schulhefte direkt vor Ort in Russland in Stenographie „… der Regimentskommandeur rennt im Hemd und verfasst und per Feldpost nach Graz geschickt. Wahr- Unterhose davon. Es ist ein Bild des Jammers, wie scheinlich waren Allmers Stenokenntnisse der Grund, sie so ums nackte Leben laufen und hintendrein die weshalb keines der Hefte zensuriert wurde und unver- Bolschewisten… ändert zu Hause ankamen. Erst nach dem Krieg trans- literierte er persönlich diese Aufzeichnungen auf seiner Immer wieder fahre ich die Front entlang, oftmals Schreibmaschine in die vorliegende Form – Datum zwischen den Linien im Niemandsland, und sammle und Tagebucheintrag. Den reinen Text ergänzte Franz die Verwundeten. Ein paar MG-Einschüsse treffen den Allmer durch Postkarten und Briefe von Personen, mit Wagen, aber ich habe Glück. Ein Verwundeter im Wa- denen er über dieses Tagebuch und die Erlebnisse in gen erhält als Draufgabe einen Herzschuss…“ der Zeit des 2. Weltkrieges korrespondierte. Günther Abart und Julius Ernst Tagungsberichte 43

Tagungsberichte

16. Internationale Geodätische Woche 2011 ßungsabend bot Gelegenheit zu Gedankenaustausch im gemütlichen Rahmen. Der Arbeitsbereich für Vermessung und Geoinforma- tion der Leopold Franzens Universität Innsbruck ver- Die Vorträge am Montag waren unter der Patronanz anstaltete zum 16. Mal die Internationale Geodätische von Dr. Thomas Weinold dem Thema Ingenieurvermes- Woche 2011 in Obergurgl im Ötztal vom 13.-19. Feber sung gewidmet. Präs. DI Gerald Fuxjäger der ARGE 2011. Die Veranstaltung wurde nach Emeritierung von Digital Plan ZT GmbH berichtete über Grundlagen- Prof. DI Dr. Günter Chesi, der die Veranstaltung durch vermessung in Albanien, die Alp Transit Gotthart AG; 25 Jahre leitete und wissenschaftlich betreute, vom Amberg Technologies über Geomonitoring beim Nord- ao. Univ.-Prof. Dr. Albert Grimm-Pitzinger geleitet und portal des Ceneri-Basistunnel und Martina Mittelberger vom Amt der Vorarlberger Landesregierung – Lan- von Ass.Prof. Dr. Thomas Weinold in bewährter Weise desvermessungsamt Feldkirch vom Nutzen bewegter organisiert und betreut. „Fest“-punkte und „verrückter“ Grenzen. Dieser Auszug Die sportliche, winter- und hochgebirgserfahrene aus dem Vortragsprogramm zur Ingenieurgeodäsie geodätische Gemeinde, überwiegend Stammgäste zeigt die Breite der allesamt aktuellen Arbeiten sowohl aus dem deutschsprachigen Raum, aber auch aus in geografischer als auch in thematischer Hinsicht, ei- Italien, Frankreich und Russland, folgte der Einladung nen der Vorzüge der Internationalen geodätischen Wo- zur Fortbildungsveranstaltung mit einem sportlichen chen in Obergurgl. Die Firmenausstellung, die von 13 Rahmenprogramm. Das Vortragsprogramm begann Geräte-Hardware und Softwareherstellern ausgerichtet Sonntag Nachmittag mit Eröffnung und Begrüßung wurde, bot die Gelegenheit, die neuesten Entwicklun- durch Prof. Dr. Grimm-Pitzinger, einem Vortrag über Ei- gen kennenzulernen und praktisch zu erproben. gentum und Grenze des Vorsitzenden der Bundesfach- Vom Dienstagprogramm unter der Leitung von Univ. gruppe Vermessungswesen DI Dieter Kollenprat sowie Prof. Dr. Hanke möchte ich die Vorträge von Dr. Gottfried einem vielbeachteten Referat von DI Michael Zurhorst, Mandlburger, DI Wilfried Karel und DI Bruno Wöhrer Präsident des BDVI e.V. „Geodät – ein Expertenberuf vom Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung – zur Notwendigkeit von Qualitätsmanagement und der TU Wien über „Verteilte Prozessierung von ALS-Da- Vertrauensmarketing“. Der darauffolgende Begrü- ten mittels Cloud Computing – Erste Ergebnisse einer

Univ.Prof. Dr. Albert Grimm-Pitzinger beim Abschlussabend mit IKV DI Brigitte Schösser und Präs. DI Rudolf Kolbe 44 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Pilotstudie, von Prof. Dr. Bernd Teicher der Hochschule im Foyer des Universitätszentrums abgehalten wurde. der Technik und Wirtschaftsfakultät Geoinformation Der Bogen der gezeigten Arbeiten spannte sich von Dresden über „Photogrammetrische Genauigkeiten „auto matischer 3D-Modellierung von Berghängen mit von UAV´s (Drohnen) mit und ohne GPS/IMU“ und den terrestrischer Photogrammetrie“ über das „Konzept zur von Prof. Dr. Viktor P. Savinykh, Präsident der Moscow berührungslosen Bestandserfassung von Infrastruk- State University of Geodesy and Cartography „Satellite turanlagen der Eisenbahnen“ über die „Virtuelle Re- monitoring for gathering information on natural disas- konstruktion des bronzezeitlichen Waschkastens vom ters“ hervorheben. Mitterberg und Untersuchungen der prähistorischen Der Arbeitskreis am Mittwoch, den 16. Februar 2011 Bearbeitungsspuren des archäologischen Funds“ bis zum Thema Geoinformationssysteme stand unter der zu „Einsatz von Leichtflugzeugen für LEO-Local Earth Leitung von Univ.Prof. Dr. Andrew Frank vom Institut Observation“ und „Geodätische Forschung in den für Geoinformation und Kartographie der TU Wien. Zu Alpen: Beiträge der Bayrischen Kommission für die diesem Thema sprach unter anderen Univ.Prof. Dr. Internationale Erdmessung“. Die Fülle des Gebotenen Georg Gartner vom Institut für Geoinformation und hat es mir nicht erlaubt, alle Namen und Themen so- Kartographie der TU Wien sehr engagiert über „Neo- wohl bei den Vorträgen als auch bei den Posterprä- cartography: WebMapping 2.0“ und beleuchtete die sentationen wiederzugeben. Ich habe versucht, durch neuen Aufgaben der traditionsreichen Kartographie, eine Auswahl der Vorträge das Interesse des Lesers die durch die und in Zusammenhang mit den Kartenan- zu wecken, der das vollständige Programm im Internet geboten des Internet entstanden sind. Der Donnerstag einsehen oder den Tagungsband beim Arbeitsbereich war dem Arbeitskreis zum Thema Vermessung – die für Vermessung und Geoinformation der Leopold Fran- Zukunft unseres Berufsstandes unter der Leitung von zens Universität Innsbruck beziehen kann. DI Martin Seebacher vom Landesvermessungsamt Der Abschlussabend im Piccardsaal wurde für Dan- Feldkirch des Landes Vorarlberg vorbehalten. DI Nor- kesworte an die Vortragenden und an die Veranstalter bert Höggerl und HR DI Erich Imrek vom Bundesamt genutzt, insbesondere Dr. Weinold wurde für den für Eich- und Vermessungswesen, Abteilung Grundla- reibungslosen Ablauf gelobt. Prof. Grimm-Pitzinger gen sprachen über Modernisierung des geodätischen versprach, die Veranstaltung im gewohnten Zweijah- Bezugsrahmens im Österreich, für Univ.Doz. Dr. Chris- resrythmus zu wiederholen, bedankte sich bei den toph Twaroch, der sich leider bei einer sportlichen Akti- Vortragenden und den zahlreichen Gästen, die bei vität eine Verletzung zuzog und deshalb verhindert war, Musik, Tanz und gepflegter Konversation die Veran- wurde der Vortrag „Potenziale der Landadministration: staltung ausklingen ließen. Abschließend möchte ich Ist der Kataster noch zeitgemäß?“ vorgetragen, und allen Lesern der österreichischen Zeitschrift herzlich Präs. DI Rudolf Kolbe Vizepräsident der CLGE sprach empfehlen, sich die 3. Februarwoche 2013 bereits über „Vermessungsdienstleistungen im Rahmen des heute für einen Besuch der 17. Internationalen Geodä- EU-Rechts“. Die abendliche Diskussionsveranstaltung tischen Woche zu reservieren. brachte lebhafte Beiträge zur Bezeichnung, zur Ausbil- dung und Nachwuchspflege sowie zur Verbreiterung Es freut sich auf ein Wiedersehen bei der nächsten der Basis Geodätischer Praxis, Forschung und Lehre. Tagung in Obergurgl Ein Highlight ist wie bei jeder Veranstaltung die Pos- Ihr terpräsentation, die am letzten Tag der Veranstaltung Manfred Eckharter Buchbesprechungen 45

Buchbesprechungen

Klaus Kummer / Josef Frankenberger (Hrsg) 12. Fr eier Beruf, Ingenieurvermessung und Geoin- Das deutsche Vermessungs- und Geoinfor- formationswirtschaft mationswesen 2010. Wichmann Verlag, Berlin C: Technische Netzwerke und Transfer und Offenbach 2010, 876 Seiten, Preis 118 €, ISBN 978-3-87907-487-7 13. Geodateninfrastruktur Das deutsche Vermessungs- und Geoinfor- 14. Nor mung und Standardisierung mationswesen 2011. Wichmann Verlag, Ber- 15. Ber eitstellung und Nutzung der Geobasisdaten lin und Offenbach 2010, 402 Seiten, Preis 58 €, ISBN 978-3-87907-498-3 D: Forschung und Lehre 16. Entwicklungsschwerpunkte und Forschungs- Mit dem „Vermessungs- und Geoinformationswesen vorhaben 2010“ liegt ein schwergewichtiges und umfangreiches Kompendium über das gesamte Spektrum des Fach- 17. Ausbildung und Qualifikationswege gebietes vor. Die Herausgeber, der Präsident des Rückblick: Das deutsche Vermessungswesen von Landesamtes für Vermessung und Geoinformation 1882 bis 2010 Sachsen-Anhalt sowie der ehemalige Leiter der Baye- Das „deutsche Vermessungs- und Geoinformati- rischen Vermessungsverwaltung im Finanzministerium onswesen“ ist als Jahrbuch mit dem Grundwerk 2010 Bayern, haben sich einer schier unlösbaren Aufgabe und jährlichen Aktualisierungsbänden konzipiert. Das gestellt und diese – so viel kann schon vorweg gesagt Jahrbuch 2011 ist schon Ende 2010 erschienen und er- werden – großartig gemeistert. Aus dem Vorwort geht gänzt das Grundwerk, aktualisiert die Inhalte und stellt hervor, dass mit dem Werk eine in Vergessenheit ge- einzelne Themen schwerpunktmäßig dar. So werden im ratene Tradition aufgegriffen wurde und an die 1882 Ergänzungsband u.a. die Aspekte des Datenschutzes erschienene „Historisch – kritische Darstellung des deutschen Vermessungswesens“ von Jordan und im Geobereich, der aktuelle Stand und die Perspekti- Steppes angeknüpft werden sollte. ven beim Aufbau der nationalen Geodateninfrastruktur sowie die Trends im Bereich der GIS-Standardisierung Die 17 Kapitel, die vier Schwerpunkten zugeordnet behandelt. Von besonderem Interesse aus österreichi- sind, werden von einem Team der 35 maßgeblichsten scher Sicht ist der Bericht über den Realisierungsstand Experten der Wissenschaft und Praxis bearbeitet. Wie von ALKIS, dem Amtlichen Liegenschaftskataster- schon die Inhaltsübersicht zeigt, sind alle Bereiche des Informationssystem. ALKIS stellt einen fundamentalen deutschen Vermessungs- und Geoinformationswesens Medienwechsel dar, der alle Arbeitsschritte von der angesprochen. Die Texte gehen neben dem Überblick Feldarbeit bis zur Eintragung im Kataster umfasst über den vielschichtigen Bereich auch auf Zusam- (etwa durch die Automatisierung von Prüfroutinen und menhänge ein und geben eine kompakt strukturierte Darstellung der Einzelbereiche. Datenfluss) und eine wirtschaftliche Optimierung der Prozessabläufe bringt. Inhaltsübersicht: Grundwerk und Ergänzungsband stellen die gesam- A: Gesellschaftliche Verankerung und institutionelles te Bandbreite des Fachgebietes aktuell, authentisch, Gefüge kompetent und übersichtlich dar. Sie geben einen 1. Geoinfor mationen im globalisierten 21. Jahr- systematischen Überblick über die Aufgaben, Metho- hundert und im nationalen Kontext den und Leistungen des Vermessungs- und Geoinfor- 2. Gesellschaftlicher Auftrag, Zuständigkeiten, mationswesens. Das detaillierte Stichwortverzeichnis Organisation und Institutionen erleichtert den Einstieg, das jedem Kapitel angefügte 3. GeoGover nment und Zusammenarbeit Literaturverzeichnis und die Internetverweise zeigen den Weg zu einer vertiefenden Auseinandersetzung 4. Geoinfor mation im internationalen Umfeld mit dem Thema. B: Aufgabenfelder und Wirkungsbereiche Die Geodäsie hat sich längst über die „Ausmessung 5. Geodätischer Raumbezug und Abbildung der Erdoberfläche“ (Helmert 1880) 6. Geotopographie hinaus zum integralen Fundament der Geoinformatik 7. Liegenschaftskataster und Liegenschaftsver- weiterentwickelt und umfasst neben dem geodätischen messungen Messen und Dokumentieren auch das Gestalten und Ordnen unseres Lebensraums. Sie bezieht sich da- 8. Entwicklung ländlicher Räume bei nicht mehr allein auf die Erdoberfläche, sondern 9. Immobilienwertermittlung schließt auch den Raum darüber und darunter ein. Das 10. Aufgaben in Städtebau und Stadtentwicklung Buch und der Ergänzungsband tragen dieser Gesamt- 11. Kommunales Vermessungs- und Liegen- sicht voll Rechnung. schaftswesen Christoph Twaroch 46 Vermessung & Geoinformation 1/2011

Handbuch zur Grundeinlöse. Neuer wissenschaftli- durchzuführen, anderenfalls handelt es sich eher um cher Verlag, Wien 2010, 131 Seiten, Preis 34,80 €, eine Fortschreibung des bestehenden Wissens und ISBN 978-3-7083-0733-6 partielles Hinzufügen neuer Kenntnisse, Techniken und Methoden. Das vorliegende Lehrbuch für Kartographie Zur Realisierung von Infrastrukturprojekten der Bahn von Peter Kohlstock entscheidet sich für den zweiteren sind idR die Inanspruchnahme fremden Grundes und Weg. Es versucht dabei auf nicht einmal 231 Seiten die daher die Grundeinlöse von Liegenschaften erforder- Themenbereiche Abbildung der Erdoberfläche, Topo- lich. Davon handelt dieses Buch. Nur zur Erinnerung: graphische Landesaufnahme, Topographische Karten, Eine Eisenbahn ist ein Unternehmen, gerichtet auf Bildkarten, Thematische Karten, Topographische und wiederholte Fortbewegung von Personen oder Sachen thematische Informationssysteme, Kartenherstellung über nicht ganz unbedeutende Strecken auf metallener und Kartennutzung abzudecken. Der Unmöglichkeit Grundlage, welche durch ihre Konsistenz, Konstruktion des Unterfangens, diese Themen adäquat zu beschrei- und Glätte dem Transport großer Gewichtsmassen bzw. die Erzielung einer verhältnismäßig bedeutenden ben, stellt der Autor seine Intention entgegen, dass Schnelligkeit der Transportbewegung zu ermöglichen Literatur zur Kartographie nicht „zu spezialistisch“ sein bestimmt ist (Deutsches Reichsgericht, RGZ 1, 247, darf, weil diese dann von Nutzern anderer Fachrich- 252 vom 17. März 1879). tungen nicht verwendet werden kann. Das vorliegende Das von der Schieneninfrastruktur-Dienstleis- Lehrbuch zielt also auf die Vermittlung von Orientie- tungsgesellschaft mbH herausgegebene Handbuch rungswissen ab, wodurch ein „Grundverständnis“, je- stellt einen Nachdruck des „Weißbuches 2009 zur doch keine Lösungskompetenz ermöglicht werden soll. Grundeinlöse“ dar, das wiederum im Wesentlichen Dadurch entsteht stark der Eindruck, lediglich eine auf dem 2004 erstellten „Weißbuch Bewertungs- und „komprimierte“ Version bestehender Lehrbücher vor- Entschädigungsansätze bei Grundeinlösen“ basiert. zufinden. In vielerlei Hinsicht bedient sich der Autor Die Grundeinlöse unterliegt klaren gesetzlichen Re- bei den teilweise bereits sehr alten fundamentalen gelungen, die in Verwaltungsanweisungen (wie etwa Publikationen eines Arnberger, Imhof und Hake. Die der Bodenwert-Richtlinie des BMF, Zl 261.977-10/72) partiellen Ergänzungen hin zu neuen Aufgaben- und noch näher präzisiert sind. Das Handbuch fasst den Entwicklungsgebieten der Kartographie sind nur sehr Stand der Technik zusammen, bereitet ihn übersichtlich beschränkt sichtbar (z.B. Kapitel 3, 5). Insbesondere auf und macht ihn Fachleuten und der interessierten die Kapitel zu den Themen Thematische Kartographie, Öffentlichkeit zugänglich. Topographische und Kartographische Informations- Es stellt die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte systeme und Kartennutzung lassen doch signifikante der Grundeinlöse kompakt und übersichtlich zusam- Lücken erkennen. Hinweise auf Aspekte der Interak- men und beschreibt die Wertermittlungsverfahren und tivität, des Einsatzes von Computeranimation in der die Vorgangsweise bei den unterschiedlichen Entschä- Kartographie und insbesondere der Erweiterung der digungsfällen. Neben der Darstellung der grundlegen- Visualisierung in den 3D Bereich fehlen genauso wie den Vorgangsweise werden die Grundeinlöse, die die für die moderne Kartographie elementaren Aspekte vorübergehenden Beanspruchung fremden Grundes der Internet Kartographie, der Mobilen Kartographie, und die Einräumung von Dienstbarkeiten differenziert der Geodateninfrastrukturen und der Volunteered Geo- behandelt. graphic Information. Moderne Kartographie heißt heute Das Ziel des Handbuches, die „sehr umfassende insbesondere auch Karten im Internet, als App auf Materie sowohl dem interessierten Laien näherzubrin- einem Mobiltelefon, als Datensatz in einer Dateninfra- gen als auch den Fachgutachter bei seiner Tätigkeit struktur. Viele methodische Aspekte der Kartographie kompetent zu unterstützen“ wird voll erreicht. sind durch solche technologische Innovationen ja nicht ausgehebelt, sondern oftmals aktueller denn je. Umso Christoph Twaroch wichtiger wäre es, in einem aktuellen Lehrbuch der Kar- Peter Kohlstock tographie diese Zusammenhänge sichtbar zu machen Kartographie. Schöningh, Paderborn. 2. Auflage und den Kommunikationsaspekt der Kartographie mit 2010, ISBN 978-3-8252-2568-1 all seinen Implikationen einem interessierten Publikum auch aus anderen Fachrichtungen zu präsentieren. Ein Lehrbuch der Kartographie zu schreiben ist in Zeiten vielfältiger technologischer Umbrüche und Es bleibt zu hoffen, dass ein den modernen Entwick- daraus folgender methodischer Implikationen kein lungen der Kartographie gerecht werdendes Lehrbuch einfaches Unterfangen. Möglicherweise gibt es dabei bald zur Verfügung steht. Bis dahin ist Peter Kohlstocks‘ ohnehin nur zwei gangbare Wege, in einem Fall würde Büchlein zur Kartographie als Ersteinstieg für etwaige man versuchen möglichst unbeeinflusst von früheren Interessierte aus anderen Fachrichtungen nur dann zu Lehrbüchern und -meinungen eine Zusammenstel- empfehlen, wenn sie am Kontext neuer Entwicklungen lung der aktuell wesentlichen Aspekte eines Faches nur bedingtes Interesse aufweisen. unter den gegebenen neuen Rahmenbedingungen Georg Gartner Veranstaltungen 47

Veranstaltungskalender

ESRI 2011 – 17. deutschsprachige ESRI XXIII INTERNATIONAL CIPA-Heritage Anwenderkonferenz Documentation SYMPOSIUM

24.-26.5.2011 12.-16.9.2011 Prag, Tschechien München-Unterschleißheim, Deutschland www.cipa2011.cz/cipa/ http://esri2011.esri.de Jahresversammlung 2011 GEOINFORMATIK 2011 der FIG Commission 7

15.6.2011 Münster, Deutschland 25.9.-1.10.2011 Innsbruck, Österreich www.geoinformatics2011.de www.fig.net/commission7/index.htm

INTERGEO 2011 GISLERS – Summer School 2011 27.-29.9.2011 Nürnberg, Deutschland 17.6.-8.7.2011 Salzburg, Österreich www.intergeo.de www.edu-zgis.net/ss/gislers2011 59. Deutscher Kartographentag IUGG 2011 Earth on the Edge: Science for a 27.-29.9.2011 Nürnberg, Deutschland Sustainable Planet www.dgfk.net

28.6.-7.7.2011 Melbourne, Australien Cadastre 2.0 www.iugg2011.com 30.9.2011 Innsbruck, Österreich www.fig.net/commission7/index.htm 25. International Cartographic Conference and the 15th General Assembly of the IEEE/ISPRS workshop on Computer Vision International Cartographic Association for Remote Sensing of the Environment 3.-8.7.2011 Paris, Frankreich www.icc2011.fr 7.11.2011 Barcelona, Spanien http://recherche.ign.fr/isprs/CVRS/

GI_Forum 2011 VoGIS Fachforum in Feldkirch

5.-8.7.2011 Salzburg, Österreich 10.11.2011 Feldkirch, Österreich www.gi-forum.org www.vorarlberg.at/lva

AGIT 2011 LBS 2011 – 8th International Symposium on Location-Based Services 6.-8.7.2011 Universität Salzburg www.agit.at/ 21.-23.11.2011 Wien, Österreich http://lbs2011.org

53. Photogrammetrische Woche 3rd Cadastral Congress – Cadastre in 5.-9.9.2011 Stuttgart , Deutschland Sustainable Spatial Management www.ifp.uni-stuttgart.de/phowo 23.-25.11.2011 Warschau, Polen www.congress.sgp.geodezja.org.pl Mathematical Geosciences at the Crossroads of theory and practice 11. Österreichischer Geodätentag

5.-9.9.2011 Salzburg, Österreich 8.-10.5.2012 Velden, Österreich www.iamg2011.at www.ogt2012.at OVG-Vorträge

Graz Technische Universität Graz Hörsaal AE01, Parterre 8010 Graz, Steyrergasse 30

Mittwoch, Das Problem der Qualitätsprognose für Basislinien 8. Juni 2011, Prof. Thomas WUNDERLICH 17 Uhr 15 Technische Universität München

Innsbruck Leopold-Franzen Universität Innsbruck Institut für Geodäsie, HSB 6, Parterre 6020 Innsbruck, Technikerstraße 13

Donnerstag, 3D Körperdigitalisierung in der heutigen Wirtschaft – 16. Juni 2011, Aktueller Stand der Technologie und wirtschaftlicher Nutzen neuer 18 Uhr 15 Anwendungen Dr.-Ing. Nicola D’APUZZO Hometrica Consulting, Zürich

Wien Technische Universität Wien Hörsaal für Geodäten, 1. Stiege, 3. Stock 1040 Wien, Gußhausstraße 27-29

Mittwoch, „LiSA” Landinformations-System Austria 25. Mai 2011, Ziele – Konzept – Realisierung 17 Uhr 15 Dipl.-Ing. Gebhard BANKO, Umweltbundesamt, Wien Dr. Reinfried MANSBERGER, Universität für Bodenkultur, Wien Mag. Wolfgang STEMBERGER, Fa. GeoVille, Innsbruck International Federation of Surveyors Fédération Internationale des Géomètres Internationale Vereinigung der Vermessungsingenieure FIG COMMISSION 7 Cadastre & Land Management

Die OVG freut sich, zur

Jahresversammlung 2011 der FIG Kommission 7 von 25. September – 1. Oktober 2011 in Innsbruck

und zum internationalen Symposium

Cadastre 2.0 am 30. September 2011 in Innsbruck/Vill

einzuladen.

Programm und Anmeldung auf http://www.fig.net/commission7/index.htm

Eine Veranstaltung der

OVG Österreichische Gesellschaft für Vermessung und Geoinformation

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