Dokumente 1944-1945

18. Januar - 29. Dezember 1944

Januar 1944 [BdSudSD Oslo], Meldungen aus Norwegen Nr. 64 vom [18. Januar 1944], eigener Auszug BA R 58/496, Bl. 197-202

B. Gegner a) Allgemeine Widerstandsbewegung. In den "Meldungen aus Norwegen" Nr. 63, Seite 16, wurde eine Widerstandsorganisation genannt, die in kriegs- und lebenswichtigen Betrieben illegale Gruppen als sogenannte Be- triebswehren gebildet hatte. Die weiteren Ermittlungen hierzu haben ergeben, daß neben den bereits genannten Fiihrungs- oder Leite[r]gruppen und Sabotagegruppen noch eine Störungs- gruppe vorhanden ist, welcher die Aufgabe zufallt, "stille Sabotage" zu betreiben, d.h. die Arbeitsleistung und das Arbeitstempo zum Schaden der Besatzungsmacht herabzudrücken. Auch eine Polizeigruppe trat im Rahmen dieser Widerstandsorganisation in Erscheinung, ohne daß bisher ein Zusammenhang mit den Betrieben erkenntlich ist. Ihre Aufgabe soll sein, im Invasionsfall als Ordnungsorgan aufzutreten und alle NS-Angehörigen festzunehmen. Die illegale Betriebsorganisation plant, ihre Mitgliederstärke auf 10% der Belegschaft des jeweiligen Betriebes zu bringen. Als Mitglieder werden nur Personen über 35 Jahre geworben, da die jüngeren Jahrgänge für die Militärorganisation zur Verfügung stehen sollen. Der Be- triebsleiter, dem alle Gruppen des Betriebes unterstehen, der selbst jedoch nur den Gruppen- führern bekannt ist, wird von dem zuständigen Distriktsleiter (Fylkesleiter) ernannt, der wie- derum seine Weisungen von der Zentralstelle in Oslo erhält. Der Distriktsleiter hat auch den jeweiligen Betrieb zu bestimmen, in dem eine Betriebswehr aufgezogen werden soll. In folgenden Orten Süd- und Mittelnorwegens waren die Leiter für einen bestimmten Bezirk bereits eingesetzt: Sandefjord (für Vestfold), Raufoss (für Oppland), Sarpsborg (für Östfold), Hamar (für Hedmark), Drammen (für Drammen), Kongsberg (für Buskerud). In diesen Orten war bereits mit der Arbeit begonnen worden. Die Distriktsleiter wurden bis auf einen festgenommen. Bei einem im Laufe dieser Ermittlungen festgenommenen Eisenbahner aus Hamar wurde die Anweisung für eine besondere Eisenbahnorganisation erfaßt, die die bisherigen Ergebnisse bestätigt, nämlich, daß innerhalb des Eisenbahnpersonals ebenfalls eine illegale Organisation besteht, die bei einer Invasion spezielle Aufgaben zu erfüllen hat und eng mit der Militär- organisation zusammenarbeitet. Diese Eisenbahnorganisation hat eine zentrale Leitung in Oslo und je eine dieser Zentralstelle unterstellte Bezirksleitung in jedem Distrikt der Militär- organisation. Die Unterstellung der Bezirksleitungen der Eisenbahnorganisation unter die Zentralleitung in Oslo ist für die Zeit bis zu einer Invasion gedacht. Jedoch sollen die Bezirks- leitungen der Eisenbahnorganisation schon jetzt mit den zuständigen Distriktsleitungen der Militärorganisation eng zusammenarbeiten. Für den Fall einer Invasion ist festgelegt, daß die Eisenbahnorganisation dem Distriktschef der Militärorganisation in den Distrikten unterstellt wird, in denen die Militärorganisation in Aktion tritt. In den übrigen Distrikten soll die Eisen- bahnorganisation unter eigener Leitung bleiben. Für den Invasionsfall sollen die Hauptauf- gaben der Eisenbahnorganisation sein:

1243 Januar 1944

1. Ansammlung rollenden Materials in der Nähe des Landungsortes, um es den In- vationstruppen möglichst schnell in die Hände spielen zu können, 2. Zerstörung fester Anlagen und Lokomotiven, wobei wichtige Teile entfernt, versteckt oder in die wiedereroberten Gebiete gebracht werden sollen, 3. Entziehung von möglichst viel Eisenbahnpersonal aus deutschen Diensten und gleich- zeitiger Versuch, in die von den Invasionstruppen besetzten Gebiete zu gelangen. Am Ende des vergangenen Jahres wurde die Zerschlagung einer weiteren Gliederung der Mili- tärorganisation in Bergen und Laksevaag abgeschlossen. Bei der Feuerwehr in Bergen wurde eine Militärorganisation festgestellt, die seit etwa 2 Jahren bestand, sich aus Fünfer-Gruppen zusammensetzte und im Invasionsfall aktiv am Kampf gegen Deutschland teilnehmen sollte. Es wurden 16 marxistisch eingestellte Feuerwehrleute als Angehörige dieser Militär- organisation festgenommen. Die weiteren Ermittlungen führten zur Aufrollung einer Zweig- organisation in Laksevaag bei Bergen, deren Gruppen bereits im Besitz von Waffen waren und deren Gruppenführer in der Handhabung von Waffen, im Kartenlesen, Gebrauch des Kompasses usw. ausgebildet waren. Die Gruppenführer hatten außerdem den Auftrag, inner- halb eines ihnen zugeteilten Abschnittes militärische Anlagen zu erkunden und in Karten ein- zuzeichnen. Bei der Aufrollung dieser Organisation wurden insgesamt 77 Personen fest- genommen. Im Bereich des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD in Drontheim konnte ein "Regiment 12" der Militärorganisation, das schon längere Zeit hindurch nachrichtenmäßig erkannt war, in seinen Führungskräften aufgerollt werden. Bezeichnenderweise trägt dieses Regiment der Militärorganisation dieselbe Nummernbezeichnung, wie sie der früher dort lie- gende norwegische Truppenteil hatte. Für diese Militärorganisation Mittelnorwegens waren umfangreiche Waffenlager angelegt worden. Bezeichnend ist, daß Angehörige der Organisation äußerten, daß die Militär- organisation über mehr automatische Waffen verfüge, als die Deutschen, und daß allein für etwa 5000 automatische Waffen zur Verfügung ständen. Bei der Zerschlagung der Gruppe im Gebiet von Melhus bei Drontheim wurde ein Waffen- lager, bestehend aus 6 großen Heringsfässern mit Waffen, Sabotagematerial und ver- schiedenem Ausrüstungsgerät ausgehoben. In der Nähe von Hommelvik bei Drontheim wurden 8 weitere Waffenlager ermittelt. Eines dieser Lager hatte ein Förster mit seinem Gehilfen bei Beginn der Aufrollung in einen Bergsee versenkt. Es wurde mit Hilfe eines Tauchers der gehoben. Dabei wurden 22 Kisten, 3 große, 1 mittlere und 1 kleine Tonne gehoben. Hiervon enthielten: 18 Kisten durchschnittlich folgende Gegenstände: 3 Maschinenpistolen, 15 Magazine, mehrere hundert Schuß Munition, 3 getarnte Kanister mit je 2 Handgranaten bzw. Behältern für Sprengkapseln, 7 bis 8 Blechschachteln mit Zündkapseln und Sprengkapseln, 2 Kästen mit Flüssigkeitsbrandbomben, 1 großen Sabotagekasten, 2 Pakete Gummidynamit, 2 Blechschachteln mit Sprengkapseln.

2 Kisten waren mit 9 mm Munition gefüllt, 1 Kiste mit 20 Kanistern mit Handgranaten,

1244 Januar 1944

1 Sabotagekasten, 6 Kästen mit Zündschnüren, 1 Kasten Taschenlampenbatterien.

1 Kiste mit 2 Maschinenpistolen, 1 Coltpistole, mehrere tausend Schuß Munition. Je 1 der großen Tonnen enthielt: 3 Kästen mit Flüssigkeitsbrandbomben, 3 Kästen mit Taschenlampenbatterien, 3 kleine Sabotagekästen mit Druckzündern, 9 Blechkästen mit Zündschnüren und Sprengkapseln, 2 Blechkästen mit Sprengzündern für Schienenfahrzeuge, 2 Blechkästen mit Brandkörpem mit Zeitzündern, 6 Blechkästen mit je 5 Zeitzündern, 8 Pakete Gummidynamit. Die mittelgroße Tonne enthielt: 2 Maschinenpistolen, 5 Coltpistolen mit Zubehör und Munition. Eine kleine Tonne enthielt: ungefähr 80 Magazine für Maschinenpistolen und femer 4 Kannen, in denen getarnt je eine Maschinenpistole mit Munition untergebracht war. Das Regiment 12 der Militärorganisation hatte 3 Untergliederungen: 1. Die Landgruppen verfügen über insgesamt 9 Untergruppen, die auf kleinere Land- gemeinden verteilt eine Gesamtstärke von 2-300 Mann haben. Sie sind zum Teil mit Waffen versehen und haben in der Hauptsache den Auftrag, im Falle einer Invasion den eindringenden Truppen zu helfen und wichtige strategische Punkte zu besetzen oder zu sprengen. Der Führer dieser Landgruppen, ein Ingenieur, ist flüchtig. 2. Die Stadtgruppen in Drontheim selbst stehen unter Führung eines inzwischen fest- genommenen Studenten der Drontheimer Technischen Hochschule. Sie bestehen aus 5-6 Einheiten zu je 3 Patrouillen mit einer Gesamtstärke für jede Patrouille von je ca. 50 Mann. Sie sind wegen der Schwierigkeit, die Waffen in der Stadt zu verbergen, noch nicht mit Waffen versehen, jedoch bereits seit 1942 an Instruktionswaffen ausgebildet. 3. Die Studentengruppen, die ebenfalls unter Führung des oben erwähnten Studenten stehen, haben eine Gesamtstärke von 50 - 60 Mann und sind hauptsächlich im Sabotage-, Nachrichten- und Kurierdienst ausgebildet. Zu der Studentengruppe gehörte noch eine Sondergruppe und zwar die Sanitätsgruppe, die von einem Medizinstudenten geführt wurde. In der Sanitätsgruppe arbeiteten 16 Ärzte aus dem Drontheimer Raum, die sich schon jetzt freiwillig zur Mitarbeit bereit erklärt hatten. Sie stellt der Gruppe nicht nur Sanitätsmaterial zur Verfügung, sondern behandelt ihre Mitglieder auch bei Ausfällen, Verwundungen usw. Der Regimentsführung stand die Nachrichtengruppe und die Waffengruppe zur Verfügung.

1245 Februar 1944 BdSudSD Oslo, Tagesbericht Nr. 9 vom 2. Februar 1944, i. V. gez. Keller NHM 123

1. Im Zuge der Ermittlungen gegen eine illegale Flugblattorganisation, insbesondere gegen Hersteller und Verbreiter der Hetzschrift "London Nytt", wurden in der Nacht vom 1. zum 2. 2. in Oslo und in der näheren Umgebung 64 Personen festgenommen. Unter den Fest- genommenen befinden sich mehrere Verbindungsleute zur Militärorganisation. Einer der Haupttäter stand im Begriff zu fliehen und wurde noch im letzten Augenblick in einem Kraft- wagen auf einer Straße in Oslo festgenommen. 2. In der Nacht vom 28. zum 29. 1. wurde ein Unteroffizier einer Stabsbatterie auf dem Wege zwischen Kloppedal und Skjeld [Skjeold] bei Bergen mit zwei Schußverletzungen tot auf- gefunden. Die Obduktion der Leiche hat ergeben, daß der Unteroffizier mit einer Pistole, Kaliber 6,35 erschossen worden ist. Der erste Schuß ist von hinten in den Rücken ein- gedrungen und hat die rechte Herzkammer durchschlagen. Der zweite Schuß hat den Körper von vom getroffen und u.a. die Niere verletzt. Etwa 20 Meter von dem Fundort der Leiche entfernt wurden 3 Patronenhülsen, gezeichnet: RWS (Rheinisch-Westfälisches-Sprengstoff- Syndikat), vorgefunden. Die Ermittlungen nach dem Täter werden gemeinsam mit der Feldgendarmerie mit Nach- druck betrieben. Ein Tatmotiv ist bisher nicht festzustellen. 3. Ein wegen Flugblattpropaganda einsitzender norwegischer Häftling, der infolge Krankheit in der deutschen Abteilung des Ullevaalkrankenhauses in Oslo untergebracht war, wurde durch einige Personen aus dem Krankenhaus gewaltsam entführt. Nach den bisherigen Feststellungen ist an der Entführung ein aktiver norwegischer Polizeibeamter, der zu der Bewachungsgruppe der Osloer Polizei im Krankenhaus gehört, beteiligt gewesen. Wegen dringenden Verdachts, zur Flucht des norwegischen Häftlings Beihilfe geleistet bzw. die Entführung begünstigt zu haben, wurden der Führer der Polizeigruppe und zwei norwegische Krankenschwestern, darunter eine Oberschwester, in Haft genommen. 4. Die in der Osloer Wohnung eines wegen kommunistischer Betätigung festgenommenen Norwegers vorgefundenen Kraftfahrzeugersatzteile (vgl. Tagesbericht v. 21. 1.) sind, wie die Ermittlungen ergeben haben, aus einem wehrmachtsverpflichteten Betrieb entwendet worden. In diesem Zusammenhang wurden weitere drei Norweger wegen Diebstahls und Hehlerei festgenommen. 5. In Fredrikstad und Umgebung wurden drei norwegische Arbeiter wegen illegaler Flugblatt- propaganda festgenommen. 6. Wegen versuchter Landesflucht wurden drei norwegische Staatsangehörige aus Trolldalen bei Fredrikstad festgenommen. Femer wurden zwei Einwohner aus Haugesund, die von der Landesflucht eines Norwegers Kenntnis erhielten und nichts unternommen hatten, diese Flucht zu verhindern, in Haft ge- nommen. 7. Ein in Mövik bei Arendal wohnhafter norwegischer Kraftfahrer wurde wegen Gerüchtever- breitung über Maßnahmen der Sicherheitspolizei und Verhältnisse in Deutschland fest- genommen. 8. Wegen defaitistischer Äußerungen im Ausland erfolgte die Festnahme eines in Lista bei Farsund beschäftigten reichsdeutschen Schachtmeisters.

1246 März 1944 [BdSudSD Oslo], [Meldungen aus Norwegen (Nr. 66?)] vom [12. März 1944], eigener Auszug RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IV.M

B. Gegner. Die Frage des Verhältnisses zu den Kommunisten wird bei den bürgerlichen Wider- standsorganisationen und den illegalen arbeiterparteilichen Gruppen z.Zt. rege besprochen. Ebenso wie über das Verhältnis der bürgerlichen Widerstandsorganisationen zu den Kom- munisten festgestellt worden ist, daß die kommunistische Gefahr in ihrer Größe nicht erkannt wird (s. Meldungen aus Norwegen Nr. 62, S. 16), zeigt auch das Verhalten der meisten frühe- ren Funktionäre der Arbeiterpartei, daß sie sich entweder über die Bedeutung aktiver kommu- nistischer Tätigkeit nicht im klaren oder, selbst wenn sie diese erkannt haben, nicht mehr fähig sind, gegen den unter der früheren Anhängerschaft der Arbeiterpartei immer stärker werdenden Einfluß der Kommunisten Widerstand zu leisten. Funktionäre der früheren Jungsozialisten und sogenannten Radikalsozialisten, revolutionäre Elemente unter den früheren Arbeiterparteilern haben in der letzten Zeit versucht, in der Erkenntnis dieser Untätigkeit der Arbeiterpartei eine klare Stellungnahme zu den Kommunisten zu erzielen. In einem Referat, das zu diesem Thema in einer Zusammenkunft solcher Funktionäre ge- halten worden ist, wurde hierzu folgendes erklärt: "Vor dem Kriege war die kommunistische Bewegung klein und unbeachtlich, eher eine Sekte, ohne politische Bedeutung. Dies kam daher, daß sie eine Sektion der Komintern war, also von außen geleitet wurde. Diese Leitung wollte in der praktischen Politik keine Rücksicht auf die speziellen norwegischen Verhältnisse nehmen. Sie führte keine norwegische Politik und wurde daher von der Arbeiterklasse isoliert. Es wurde jetzt von den Kommunisten und von der Präsi- dentschaft des Exekutivkomitees in Moskau im Mai 1943 selbst zugegeben. Im ersten Teil des Krieges in Norwegen, d.h. bis zum Juli 1941, waren die Kommunisten der Meinung, daß der Krieg eine rein imperialistische Angelegenheit sei und die kommunistische Partei daher fast nichts damit zu tun habe. Dieser Standpunkt ist als der größte Fehler anzusehen, den die Kommunisten hier begangen haben. Dies erklärt die Abneigung gegen die Kommunisten we- gen der alten Streitigkeiten und das Mißtrauen hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen den Kommunisten und der Arbeiterpartei. Eine Sammlung innerhalb der Arbeiterbewegung ist von den Kommunisten sowohl 1941 als auch später vorgeschlagen worden. Das Eintreten der Sowjets in den Krieg fiihrte eine vollständige Umänderung der politischen Richtlinien der Kommunisten mit sich. Sie sahen den Kampf nicht mehr als einen imperialisti- schen Krieg an, sondern als einen Krieg gegen die Arbeiterklasse und daher als einen Frei- heitskrieg. Sie haben daher bis jetzt so stark wie möglich Widerstand geleistet und den Kampf gegen die Deutschen mit allen zugänglichen Mitteln geführt, auch durch aktive Kampfmittel, wie Sabotage und Kriegshandlungen. Nunmehr erklären aber die Kommunisten, daß alle poli- tischen Diskussionen aufhören müßten und eine nationale Vereinigung ohne Rücksicht auf die Parteien gebildet werden müßte. Alle Diskussionen über die Probleme nach dem Kriege sollen aufhören und man solle nur für die einzige aktuelle Aufgabe arbeiten, nämlich den Nazismus zu bekämpfen. Sie haben verlangt, daß eine einheitliche Zentralleitung für den Kampf der Heimatfront gebildet wird, ebenso daß 'aktiv eingestellte Leute' in die Regierung in London eingesetzt werden. Die Kommunisten haben mehr als die Arbeiterpartei versucht, illegal tätig zu werden. Sie beherrschen mehrere illegale Zeitungen und haben auch wahrscheinlich einen selbständigen militärischen Apparat aufgebaut." Von den genannten aktiven Elementen der Arbeiterpartei ist nunmehr erklärt worden, daß dieses Mißverhältnis zwischen dem illegalen Kampf der Kommunisten und der Arbeiterpartei

1247 März 1944 dazu führen werde, daß mehr und mehr jugendliche Anhänger der Arbeiterpartei dem Einfluß der Kommunisten erliegen. Auf der anderen Seite wird von diesen sozialistischen Funktionä- ren darauf hingewiesen, daß die Mil.Org. von der norwegischen Emigrantenregierung in Lon- don als militärisches Hilfskorps gegründet, in der Führung noch immer eine rein bürgerliche Formation darstelle, so daß die Gefahr bestehe, daß nach dem Kriege der Gegensatz zwischen der "reaktionären Leitung" dieser Organisation und der "revolutionären Arbeiterschaft" in Erscheinung treten und zu einem Bürgerkrieg fuhren werde. Eine solche Entwicklung glauben diese Funktionäre dadurch verhindern zu können, daß sie den Kommunisten jetzt schon Ge- legenheit zur Zusammenarbeit mit anderen politischen Gruppen geben. Damit hofft man, die kommunistische Gefahr sowohl fur die Zukunft wie auch für die Gegenwart "neutralisieren" zu können. Dabei spielt auch immer wieder eine Rolle die Sorge um die von den Kommunisten organisierten Sabotagehandlungen und Vorbereitungen für aktive Kriegshandlungen im Lan- de, die von den Führern der nichtkommunistischen politischen Gruppen nicht kontrolliert werden können. Insbesondere das Eisenbahnattentat bei Mjöndalen und die im Anschluß daran von deutscher Seite durchgeführten Gegenmaßnahmen werden bei Besprechungen über die Auswirkung der "wilden" kommunistischen Sabotagehandlungen als Beispiel genannt. Be- zeichnend ist auch, daß eine an sich nur für kommunistische Kreise bestimmte Broschüre über "die aktive Kriegspolitik der KP", in der die Durchführung von Sabotagehandlungen jeder Art ohne Rücksicht auf die Folgen für die breite Masse propagiert wird, als sie in die Hände nicht- kommunistischer marxistischer Funktionäre geriet, den Anlaß zu Bestrebungen bot, Einfluß auf die kommunistische Politik in Norwegen zu gewinnen. Von jung- und radikal- sozialistischen Funktionären wurde, um dieser kommunistischen und von der Zentralleitung der Mil.Org. drohenden "reaktionären Gefahr" zu begegnen, der Plan einer Zentralleitung aller illegalen politischen Gruppen Norwegens, der sogenannten Heimatfront, ausgearbeitet. Diese von arbeiterparteilicher Seite kommenden Bestrebungen zur Errichtung einer Samm- lung der illegalen politischen Gruppen kommt einem Wunsch der Kommunisten selbst ent- gegen und sind wahrscheinlich sogar auf Gedankengänge zurückzuführen, die von kommunistischer Seite ganz bewußt in die arbeiterparteilichen Kreise filtriert wurden. Das geht u.a. deutlich daraus hervor, daß die norwegische kommunistische Partei an die norwegische Gesandtschaft in Stockholm ein Schreiben richtete, das mit fast den gleichen Worten wie von den arbeiterparteilichen Kreisen eine Zentralleitung der Heimatfront fordert. In dem Schreiben werden folgende Wünsche vorgebracht: 1. Es soll an die Regierung in London herangetreten werden, daß diese die britische und ame- rikanische Regierung bäte, sich mit der Errichtung der zweiten Front zu beeilen. 2. Die Regierung in London soll die Arbeit der Heimatfront unterstützen, um zu einem akti- ven Einsatz in Norwegen selbst zu kommen. Dazu werden folgende praktische Schritte vorgeschlagen: a) Die Regierung in London muß verstärkt werden durch Aufnahme von antinazistischen demokratischen Landsleuten, die aktivistisch eingestellt sind und die durch die Praxis ge- zeigt haben, daß sie die Heimatfront im Kampf gegen die deutschen Eindringlinge führen können. b) In der Heimatfront in Norwegen muß ein politisches Zentrum geschaffen werden, das aus Landsleuten mit aktivistischer Einstellung besteht. Es muß ein einheitliches politisches Zentrum sein, das alle Formen des nationalen Widerstandes gegen die Okkupationsmacht organisieren kann. c) Ein Volksgericht muß errichtet werden, das aus den besten Patrioten des Landes besteht und das die Angeber und anderen Landesverräter zum Tode verurteilen soll.

1248 März 1944

Auch die übrigen in diesem Schreiben genannten Forderungen tauchten in der letzten Zeit fast in der gleichen Formulierung innerhalb der Arbeiterpartei auf. Die sicherheitspolizeilichen Ermittlungen der letzten Zeit haben gezeigt, daß neben der straff organisierten Mil.Org., die sich in der Hauptsache mit der Organisation von Kampfgruppen, mit aktiver Sabotage und Nachrichtentätigkeit beschäftigt, eine entsprechende Zentralisierung der politischen Gruppen noch nicht besteht. Es existiert wohl ein als Koordinations- oder Parole-Komitee bezeichneter Rat illegaler Vertreter verschiedener Berufe, z.B. Lehrer, Pfar- rer, Juristen, Ärzte, Angestellte und Arbeiter. Dieses Parole-Komitee beschränkt sich jedoch anscheinend auf die Ausgabe politischer Kampfparolen, ohne die einzelnen Gruppen ihren Weisungen zu unterstellen. Die von den jung- und radikalsozialistischen Funktionären ge- plante Zentralleitung der Heimatfront soll neben diesem Koordinations-Komitee stehen und im Gegensatz zu diesem die Vertreter der rein politischen Gruppen umfassen. Man glaubt dadurch sowohl die Tätigkeit der Kommunisten kontrollieren wie auch allmählich auf die Mil.Org. Einfluß nehmen zu können. Bei diesen über die Sabotagehandlungen innerhalb der illegalen Kreise geführten Dis- kussionen ist in der letzten Zeit auch verschiedentlich auf das Beispiel Dänemark hingewiesen worden, wobei die Frage gestellt worden ist, weshalb in Norwegen nicht ebenso aggressiv wie in Dänemark vorgegangen werde. Von nichtkommunistischer Seite ist diese Frage im all- gemeinen damit beantwortet worden, daß die unkontrollierte Sabotagetätigkeit der Kommunisten sich für die illegalen Organisationen nur unliebsam ausgewirkt habe, so daß man bemüht sein müsse, den Sabotagekampf der Kontrolle einer Zentralleitung zu unterstellen oder sich überhaupt zunächst auf eine "passive Sabotage " zu beschränken. Zu dieser passiven Sabotage bekannte sich auch die Zeitung der alten Arbeiterparteiler "Fri Fagbevegelse" in einer ihrer letzten Nummern, in der es u.a. hieß: "Spannung und Erwartung liegen in der Luft. Wir wissen, daß die Kräfte der vereinigten Nati- onen, nach den entscheidenden Konferenzen in Moskau und Teheran, vereinheitlicht worden sind. Man ist sich vollkommen einig darüber, was geschehen soll, sowie wann und wo es geschehen soll. Die russische Riesenoffensive und die Massenangriffe aus der Luft auf Deutschland und die von den Deutschen besetzten Gebiete stellen ein Glied in dem ge- meinsamen Plan dar. Jetzt wird nicht mehr von einer zweiten Front gesprochen, es werden nämlich rastlose Vorbereitungen sowohl für eine zweite als für eine dritte Front getroffen. Ein Hauptangriff gegen Deutschland, sozusagen von allen Seiten ist zu erwarten. Natürlich hoffen wir darauf, daß bald eine Entscheidung kommt. Der Druck, unter dem wir jetzt leben, ist kaum zu ertragen, und trotzdem verzagt das norwegische Volk nicht. Der Wille zum Aushalten ist stärker als all die Unterdrückung und der Terror. Während wir darauf warten, daß die Stunde der Freiheit schlägt, wollen wir einen raschen Blick auf die Ziele und Mittel in dem Freiheitskampf, den wir jetzt auskämpfen, werfen. Unser vornehmstes Ziel soll sein, unser Land von den Nazisten und all dem Ungeziefer zu säubern. Eine nationale und persönliche Freiheit können wir nur erreichen, wenn wir den Nazismus vernichten. Deshalb ist die vollständige Niederlage des Nazideutschlands die Voraussetzung für unsere Freiheit. Ein jedes Mittel, das hierzu beitragen kann, muß mit Freude begrüßt wer- den. Wir können es nicht einsehen, daß deutsche Frauen und Kinder, die den Angriffen der Alliierten zum Opfer fallen, wertvollere Geschöpfe sind als russische, polnische und jugo- slawische Kinder und Frauen, die bewußt und vielleicht auch rücksichtslos von den Deutschen ermordet werden. Deutschland ist und bleibt unser Hauptfeind. Deshalb müssen wir all unsere Kräfte dafür einsetzen, die deutsche Arbeit und die deutschen Pläne zunichte zu machen und zu sabotieren. Vorläufig muß der Kampf in unserem Lande nach denselben Richtlinien geführt werden wie bisher. Ein offener Kampf gegen die deutschen Besatzungstruppen ist für die

1249 März 1944 norwegische Heimatfront vorläufig unmöglich. Mit aktiven Sabotagehandlungen gegen die deutsche Militärmacht müssen wir noch eine zeitlang warten. Eine Partisanenwirksamkeit unter bestimmten militärischen Voraussetzungen ist von grundlegender Bedeutung, doch unter den jetzigen militärischen Verhältnissen in Norwegen ist eine aktive Partisanenwirk- samkeit ganz zwecklos. Dagegen ist die passive Sabotage von größter Wichtigkeit. Alles was mit passivem Widerstand gegen die Deutschen ausgerichtet werden kann, muß unbedingt getan werden. Keiner darf freiwillig seine Arbeitskraft, seine Fachkenntnisse oder seinen Betrieb den Deutschen zur Verfugung stellen. Solche Arbeiten, die den Deutschen direkt oder indirekt von Nutzen sind, müssen so schlecht wie möglich getan werden. Dasselbe gilt für die norwegischen Bauern; jeder Liter Milch, jedes Stück Butter oder Speck, das nicht in die Hände der Deut- schen kommt, ist ein Verlust für sie und ein Gewinn für uns. Wir müssen von den norwegi- schen Bauern, die wirklich Norweger sein wollen, auch verlangen, daß sie nun endlich mit dem abscheulichen Schwarzhandel, den einige von ihnen bisher betrieben haben, aufhören. Auf allen Gebieten - auf den Arbeitsplätzen und zu Hause, in Fach- und Gewerbe- organisationen sowie auf dem kulturellen Gebiet muß der Kampf nach denselben Grundsätzen wie bisher weitergeführt werden. Nicht der geringste Versuch zu Nazifizierung, kein einziger Gedanke, kein Ton und nicht der geringste Teil des nazistischen Wesens darf in die Seele unseres Volkes hineindringen. Wir kämpfen nicht nur für die Vernichtung des Nazismus, son- dern auch für den Wiederaufbau unseres Landes auf Grund der demokratischen Weltan- schauung. Dieser Gedanke soll all unseren Handlungen und Vorbereitungen zu dem Tage, wo wir Norweger wieder in unserem eigenen Lande schalten und walten können, als Richtschnur dienen." Nach diesen Feststellungen ist anzunehmen, daß die meisten in der letzten Zeit vor- gekommenen Sabotageakte (Anschläge gegen eine Eisenbahnbrücke an der Strecke Oslo- Bergen, gegen ein im Osloer Hafen liegendes Vorpostenboot und gegen eine für die deutsche arbeitende Generatorgasfabrik bei Oslo) auf das Konto der Kommunisten zu buchen sind. Der Anschlag gegen die Bergenbahn wurde in der Nacht vom 24. zum 25. 2. durch An- legung eines Sprengkörpers an einer Eisenbahnbrücke zwischen den Stationen Gol und Hol ausgeführt. Die Brücke führt über eine 4 m tiefe Schlucht. Die beabsichtigte Wirkung der Explosion des Sprengkörpers wurde dadurch verhindert, daß dieser nach Überfahren mit einer zur Überprüfung eingesetzten Draisine vorzeitig zur Entzündung gebracht wurde. Der die Draisine führende norwegische Eisenbahnbeamte handelte so geistesgegenwärtig, daß der kurz nach der Explosion zu erwartende Zug rechtzeitig aufgehalten werden konnte. Am 24. 2., gegen 5.30 morgens, sank nach einer Explosion das 780 Bit. große Vorposten- boot "Doggerbank" am Rathauskai in Oslo mit Heck auf Grund. Das Schiff war in Akers Mechanischer Werkstatt gebaut und wenige Tage zuvor von dort zum Rathauskai überfuhrt worden, wo es denmächst der Kriegsmarine übergeben werden sollte. Die sicherheitspolizei- lichen Ermittlungen haben ergeben, daß es wegen ungenügender Sicherungsmaßnahmen Sabo- teuren ohne Schwierigkeiten möglich war, einen Sprengkörper an der Bordwand des Schiffes anzubringen. Am 29. 2. frühmorgens gegen 2.40 Uhr, brannte die Norsk Surstoff- und Vannstoffabrik in Bryn bei Oslo nach einer vorangegangenen heftigen Explosion vollständig nieder. Die Fabrik stellte ausschließlich für Zwecke der Wehrmacht wöchentlich ungefähr 110 bis 120 Flaschen Generatorgas her. Vermutlich auf englische Weisung zurückzuführen ist ein Anschlag, der gegen die zwischen den Orten Mael und Tinnaaset auf dem Tinnsee bei Rjukan verkehrende Eisenbahnfähre durchgeführt wurde. Die Fähre beförderte an diesem Tage neben 47 Personen 4 Tankwagen mit 44 Fässern Schwerwasser bzw. Vorkonzentrat des Schwerwassers. Die sicherheitspolizei-

1250 März 1944 liehen Ermittlungen haben ergeben, daß die Beförderung dieser Produkte ohne besondere Sicherungsmaßnahmen erfolgt war. Der Anschlag wurde wahrscheinlich von drei unbekannten Männern ausgeführt, die auf der Fähre in der Nacht vor deren Abfahrt erschienen waren und gebeten hatten, sich im Innern des Schiffes aufhalten zu dürfen. Die drei haben sich mit Er- laubnis des in dieser Zeit auf der Fähre befindlichen Wachmannes in einen Raum begeben, an dessen Außenseite später die Explosion erfolgte. Bei dem Unglück sind 4 Deutsche und 14 Norweger ertrunken. Durch eingehende sicherheitspolizeiliche Ermittlungen wurde der Mord an zwei An- gehörigen der Kriegsmarine aufgeklärt, von denen zunächst der eine, der Matrosengefreite Wissmann, vor einiger Zeit in einem See bei Strömmen aufgefunden worden war. Es ist fest- gestellt worden, daß die Soldaten, die ihre Truppe unerlaubterweise verlassen hatten, an einem Tage vor Weihnachten bei einer norwegischen Familie in Strömmen Unterkunft gefunden hatten und dort in Verbindung mit Ortsansässigen getreten waren, die sich mit der Verbringung von Landesflüchtigen nach Schweden befaßten. Diese Norweger stellten sich den beiden Soldaten zur Verfügung, um ihnen bei der weiteren Flucht behilflich zu sein und brachten sie bis zur Landesgrenze. Dort nahmen die beiden Matrosen aus bisher ungeklärten Gründen Abstand von der weiteren Flucht und kehrten nach Strömmen zurück. Da den bei dieser Flucht beteiligten Norwegern das Verhalten der beiden unangenehm wurde, schafften sie diese in einer Kraftdroschke in die Gegend von Fetsund bei Strömmen und erschossen sie dort in der Nähe des Sees, in dem der Matrose Wissmann später gefunden wurde. Nach der Leiche des anderen Matrosen wird noch gesucht. Ein Teil der Täter ist nach Schweden geflüchtet, Mit- wisser der Tat befinden sich in Haft.

[BdSudSD Oslo], [Meldungen aus Norwegen (Nr. 67?)] vom [2. April 1944], eigener Auszug, Anlage "Rede des SS-Standartenführers Feldmayr am 31. März 1944" über die Germanische SS in den Niederlanden nicht ediert RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm Β. IV. M

Β. Gegner. Die letzten Ermittlungen gegen die Mil.Org. haben ergeben, daß die Kampfgruppen z.Zt. mit besonderer Tatkraft für den Ernstfall vorbereitet werden. Aus dem Inhalt vorgefundener Be- fehle der Mil.Org. ist ersichtlich, daß die meisten Kampfgruppen die ersten organisatorischen Maßnahmen abgeschlossen haben und nunmehr die Vorbereitungen für den Ernstfall treffen. So lautet der Befehl an ein Lager der Mil.Org. in Opland: Folgende Fragen müssen baldigst beantwortet werden: 1. Wo ist der Meldeplatz (Versammlungsplatz) der Gruppe? 2. Kann die ganze Gruppe beim Meldeplatz einquartiert werden? 3. Wie viele brauchbare Karten hat die Gruppe? 4. Wie viele Kompasse? 5. Wie viele Armbinden werden benötigt? 6. Muß nüchtern beantwortet werden: a) Größe der Gruppe (gib die Zahl der Ortsgruppen und Truppe an.) b) Besondere Auskünfte über die Gruppe, die Ihrer Ansicht nach von Bedeutung sind. Sowie die Auskünfte hier eingetroffen sind, wird den Gruppenchefs Bescheid über die Lage der Meldeplätze der Nachbargruppen erteilt werden. Der Leiter der Verbindungsleute der

1251 April 1944 Gruppe wird mit den Meldeplätzen bekannt gemacht und muß sich betr. einer leichten und sicheren Route zu den Meldeplätzen der Nachbargruppe erkundigen. Besitzer und Bewohner von Gebäuden bei den Sammelplätzen sollen nicht im voraus unter- richtet werden. Beim Ausrücken wird der betreffende Ort nur in Besitz genommen, indem man jedoch den Bewohnern so rücksichtsvoll, wie aus Sicherheitsrücksichten möglich, entgegen- kommt. Waffen und Munition sollen beim Meldeplatz oder derartig angebracht werden, daß unter allen Verhältnissen vom Meldeplatz und Lager aus gut daran zu kommen ist. Die Armbinden werden jetzt an die Gruppen verteilt werden. Sie werden an die Jäger erst bei Erscheinen auf dem Meldeplatz zur Verteilung kommen. Es wird allen Mitgliedern der Gruppe auferlegt, auf ein augenblickliches Ausrücken vor- bereitet zu sein. Der Gruppenchef gibt Anweisung, was jeder Mann an Eßwaren und Aus- stattung bereithalten muß. Mit folgendem müssen alle Mitglieder der Gruppe bekannt gemacht werden: "Ein jeder, der im Gespräch oder unbedachten Andeutungen unvorsichtig ist, muß sich im klaren darüber sein, daß er den Angebern gleichgestellt wird und muß er damit rechnen, auch als solcher behandelt zu werden." In einem Befehl an eine Mil.Org. Gruppe im Bereich Drontheim heißt es: "Jeder Trupp der Gruppe soll einen Sammelplatz wählen, wo die Mitglieder des Trupps mög- lichst schnell erscheinen im Falle einer Invasion oder laut Befehl. Diesen Treffort sollen sämt- liche Mitglieder des Trupps kennen. Der Gruppenleiter in Zusammenarbeit mit den Trupp- führern wählt einen Sammelplatz für die Gruppe im Falle einer Invasion oder Sammelbefehl. Dieser Treffort für die Gruppe soll lediglich dem Gruppenleiter und den Truppführern der Gruppe bekannt sein. Im Falle einer Invasion oder eines Sammelbefehls fuhrt der Truppführer seinen Trupp zu dem Treffort der Gruppe, sobald der Trupp versammelt ist. Stichwort für die Erscheinung auf dem Sammelplatz der Gruppe wird verabredet. Dieses soll nur dem Gruppen- leiter und den Truppführern bekannt sein. Der Bestand der Gruppe in Waffen wird auf dem Treffort der Gruppe oder direkt in der Nähe von diesem gelagert. Die Waffen müssen jedoch am besten schichtweise geordnet sein, so daß z.B. jeder Trupp seine Kiste hat. Im Falle einer Invasion brauchte man dann nur eine einigermaßen gleiche Verteilung der Waffen unter den Trupps nach dem Sammeln vorzu- nehmen. Der Ort, wo der Waffenbestand der Gruppe gelagert wird, muß selbstverständlich möglichst wenigen bekannt sein. Sobald der Treffort der Gruppe gewählt ist, reicht der Gruppenleiter hierüber Bericht ein und teilt die Adresse mit. Wir machen darauf ausdrücklich aufmerksam, daß im Falle einer Invasion von Seiten der Deutschen umfassende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, Ausgehverbot zu gewissen Zeiten pp. Der Treffort für die Gruppe und der Ort für das Waffenlager müssen mit Rücksicht darauf gewählt werden. Ebenfalls warnen wir aufs dringlichste vor Provokateuren. Treffe alle Vorsichtsmaßnahmen gegen diese. Ausgaben, die die Gruppe oder ihre Mitglieder in Verbindung mit unserer Arbeit haben, werden von uns erstattet." Darüber hinaus ist festgestellt worden, daß die Belieferung der einzelnen Mil.Org.-Einheiten mit Waffen und Sabotagematerial durch britische Flugzeuge einen immer größeren Umfang gewinnt. Aus Aussagen festgenommener Angehöriger der Mil.Org. in Tönsberg geht beispiel-

1252 April 1944 weise hervor, daß allein in dem dortigen Bezirk im November 1943 96 Behälter mit Waffen und Sabotagematerial abgeworfen wurden. Die auf Grund dieser Entwicklung notwendig ge- wordenen Zugriffe gegen einzelne Distrikte und Abschnitte der Mil.Org. führten zu umfang- reichen Festnahmen und Aushebung von Lagern an Waffen und Sabotagematerial. In der Zeit vom 16. bis 27. 3. wurden im Bereich von Tönsberg im Vestfoldfylke mit Unter- stützung der und Wehrmacht Großeinsätze gegen die Mil.Org. durchgeführt. Der Bereich Tönsberg bildet den 15. Distrikt der illegalen Mil.Org. Er ist in die vier Ab- schnitte Tönsberg, Horten, Larvik und Sandefjord unterteilt. Bei den Einsätzen wurden 70 Angehörige der Organisation, unter ihnen zahlreiche Kompanie-, Trupp- und Lager-Führer und zwei Funker des Distriktes, festgenommen. Es handelt sich vorwiegend um Ärzte, Rechts- anwälte, Kaufleute und Großbauern. Die meisten der Festgenommenen gehörten zu Boden- organisationen für die Anflüge von englischen Flugzeugen in Buskerud und Vestfold. In ver- schiedenen Verstecken, zum Teil in Felsschluchten im Vestfoldfylke, wurden insgesamt 58 Abwurfbehälter mit 59 Maschinenpistolen mit Zubehör und Munition, 112 Eierhandgranaten, Coltpistolen, Coltrevolvern, Pistolenmunition, 17 Haftminen mit Zubehör, 2 kleine Magnetminen mit Zubehör, 6 englische Uniformen, 2 Gummianzügen und umfangreichem Sabotagematerial erfaßt. Außerdem wurden nördlich von Larvik, in der sogenannten Vestmarken, unter Felsen versteckt 33 Kisten mit selbst gefertigen - insgesamt über 900 Eierhandgranaten aufgefunden. Bei einem Bauern wurden in verschiedenen Scheunen und Hütten versteckt 15 Personenkraftwagen, die für die Mil.Org. zur Verfügung standen, sichergestellt. Ein weiterer Einsatz gegen die Mil.Org. wurde im Bereich Lyngdal - Farsund im Vest- Agder-Fylke in der Zeit vom 16. 3. durchgeführt. Dabei wurden insgesamt 96 führende Mit- glieder und Helfer der Organisation festgenommen. Leiter der Organisation in Farsund war zunächst ein Rechtsanwalt, der mit Feindagenten in Verbindung stand. Nach dessen Flucht übernahm ein Reeder seine Tätigkeit, dieser sollte zusammen mit einigen anderen Schiffs- reedern in der zivilen Verwaltung eingesetzt werden. Ein Schiffskapitän aus Farsund war als Leiter einer sogenannten "Invasionspolizei" vorgesehen. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen diese Gruppe der Mil.Org. wurde fest- gestellt, daß aus Mitteln der norwegischen Nationalhilfe, unter dem Vorwand, daß eine "Katastrophenreserve für Krankenhäuser an der Küste" geschaffen werden sollte, große Mengen Sanitätsmaterial aller Art mehreren Lagern der Mil.Org. zugeführt wurden. Die Lager wurden sichergestellt. Im Zusammenhang damit wurde der Chefarzt des Farsunder- Krankenhauses, der als Leiter des Sanitätswesens der dortigen Mil.Org. bekannt geworden war, festgenommen. Außerdem wurden im Zusammenhang mit den Festnahmen im Raum Farsund - Lyngdal neben 17 Abwurfbehältern und 5 Fallschirmen mehrere Lager gefunden, die u.a. enthielten:

1253 April 1944

1 Sender, 2 Maschinengewehre, 3 Maschinenpistolen mit Zubehör und Munition, 4 engl. Gewehre, Revolver, Coltpistolen, Eierhandgranaten, Gewehr- und Pistolenmunition, Akkumulatoren, Sprengmittel mit Zündschnüren, Totschläger, Dolche, Uniformen, Schuhe. Am 28./29. 3. wurde in Raufoss eine Wehrmachtsstreife, als sie einen Norweger kontrollieren wollte, von diesem angeschossen, wodurch ein Soldat getötet und ein anderer leicht verletzt wurde. Der Täter entkam. Ein mit ihm in Verbindung stehender Norweger wurde auf der Flucht angeschossen. Im Anschluß an die Ermittlungen gegen den Täter wurden in Raufoss, Gjövik und einigen kleinen Orten von Opland 41 Personen, von denen die meisten bereits als Angehörige der dortigen Mil. Org. erkannt wurden, festgenommen. Im Zusammenhang mit diesen Festnahmen wurden in Fagernes im Valdresdal in einer Klempnerwerkstatt folgende Waffen, Munition und Sprengmaterialien gefunden: 8 Maschinenpistolen, 34 Magazine, 1 Coltpistole, 1 Trommelrevolver, 20 selbstgefertige Büchsenhandgranaten, 60 halbfertige Büchsenhandgranaten, 15 englische Eierhandgranaten, 18 Stangen Gummidynamit, 25 Zeitzünder. Außerdem wurden in der Nähe von Fagemes in einer Hütte sichergestellt:

1 norwegisches leichtes Maschinengewehr mit 2 Ersatzläufen, 5 Magazinen, anderem Zu- behör und Munition, 14 Rollen Gummidynamit, 20 selbstgefertigte Büchsenhandgranaten, Pistolenmunition, verschiedenes Sprengmaterial, 2 Uniformblusen, 3 Uniformmützen, Landkarten und illegale Flugblätter. Am 31.3. wurden in Lunner bei Brandby in einem Bauemhof 1 Maschinenpistole mit Zubehör 8 Eierhandgranaten MP-Munition und einige Sprengmaterialien in 4 Abwurfbehältem

1254 April 1944 am 2. 4. ostwärts Sel/Gudbrandsdal in der Nähe des Mysuaeter [Mysuseter] 10 Abwutf- behälter mit 28 Maschinenpistolen mit Zubehör und Magazinen, 237 französische Eierhandgranaten, 16 Revolver mit Zubehör und Munition 1 Sack Verbandspäckchen Sprengkapseln, Sabotageflüssigkeitszündern, Sprengstoff und 1 Empfangs- und Sendeanlage und auf einem Hochmoor am Sjogesee westlich Lillehammer 15 Abwurfbehälter mit Spreng- material und Pistolen und 3 Fallschirme sichergestellt. Bei der Sicherstellung des Materials in Lunner wurden ein Bauer und dessen Frau, da sie sich der Durchsuchung ihres Gehöftes widersetzten, durch mehrere Schüsse verletzt. Am 11.3. wurde das Transformatorenhaus des Eisenbahnausbesserungswerkes in Dram- men durch einen Sprengstoffanschlag schwer beschädigt. - Am 12. 3. wurde gegen eine Akkumulatorenladestelle der Wehrmacht in Oslo ein Sprengstoffanschlag verübt, der nur geringen Gebäudeschaden verursachte. - Am 24. 3. brach vermutlich durch Einwurf eines Brandkörpers in einer Baracke eines Frontreparaturbetriebes der in Bryn bei Oslo ein Feuer aus, durch das unwesentlicher Sachschaden entstand. Bei den Ermittlungen gegen die in der letzten Zeit erfaßten Gruppen der Mil.Org. hat sich wiederum gezeigt, daß die Nachrichtenorganisation innerhalb der Mil. Org. selbständig arbei- tet. Auf Anweisung der Zentralleitung der Mil.Org. soll jeder Distrikt seinen eigenen Nach- richtenchef (Sambandssjef for distriktet) haben. Er soll am Hauptsitz des Distriktes wohnen und mit dem Distriktchef unmittelbar in Verbindung stehen. Militärisch untersteht er diesem, fachlich unter der Zentralleitung. Unter dem Nachrichtenchef stehen dessen Vertreter und Fachchefs. Der Nachrichtenchef, sein Vertreter und die Fachchefs bilden den Nachrichtenver- bindungsrat. Als Fachchefs sind vorgesehen a) 1 Materialchef, b) 1 Radiochef, c) 1 Chef für das Nachrichtenwesen und d) 1 Chef für die Nachrichtenübermittlung durch Helfer. Die den Fachchefs zur Verfügung stehenden Männer werden nicht fiir Spionagedienst, Export oder andere Aufgaben verwendet, sie sollen als Reserve für eine sichere Nachrichtenüber- mittlung im Falle einer Invasion oder Zurückziehung der deutschen Truppen aus Norwegen in Tätigkeit treten. Die untersten Gliederungen der Nachrichtenorganisation sind die Melde- plätze, errichtet als kleinste selbständige Nachrichtenstellen und als Zwischenstationen. Über jedem Meldeplatz steht ein Nachrichtenverbindungsplatz (Sambandsplass). Die Nachrichten- verbindungsplätze werden vor allen Dingen in den Hauptlinien, in denen militärische Operationen erwartet werden, eingerichtet. Zwischen 2 Nachrichtenverbindungsplätzen sollen mindestens 2 Nachrichtenmittel zur Verfügung stehen. Ganz besonderer Wert wird in der letzten Zeit auf die Errichtung von Funkverbindungen innerhalb des Landes gelegt. Für die Verbindung innerhalb der Distrikte sollen Telegrafisten verwendet werden, die nicht in England ausgebildet worden sind. Im Distrikt Tönsberg vorgefundene Unterlagen haben ergeben, daß dort bereits für jeden der dort bestehenden 4 Abschnitte und für den Distrikt selbst je 1 Sender vorgesehen war. Dieses Funknetz innerhalb

1255 April 1944 der Distrikte soll nicht für Spionagezwecke benutzt, sondern nur übungsmäßig für den Be- darfsfall bedient werden. Gleichzeitig haben die Ermittlungen der letzten Zeit Anzeichen dafür ergeben, daß die Dist- rikte der Mil.Org. in erhöhtem Maße in unmittelbarer Sendeverbindung mit England bleiben wollen. Entgegen den früher bekannt gewordenen Anweisungen, wonach Funkverbindung mit England nur durch Funker stattfinden sollte, die in Großbritannien ausgebildet worden sind, ergaben die Ermittlungen im Raum Larvik, Tönsberg und im Bereich Drontheim, daß für Ein- zeleinheiten der Mil.Org. Sender zum Verkehr mit England eingerichtet waren, die von Tele- grafisten bedient wurden, die nicht in England ausgebildet worden waren. Nach den An- weisungen der Zentralleitung sollen die Funker, die Verbindung mit Großbritannien erhalten sollen, einen eigenen Meldeplatz besitzen. Die Verbindung zwischen Funker und Distriktschef soll über den Meldeplatz und 2 weitere Zwischenglieder laufen. Der Meldeplatz soll weder den Distriktschef noch den Funker, sondern nur die Zwischenglieder kennen. Der Nach- richtenchef hat bezüglich der Funkverbindung mit Großbritannien lediglich die Aufgabe, den Meldeplatz einzurichten und an die Zentralleitung zu berichten. Die Funker sollen sich am Meldeplatz eine legale Arbeit verschaffen, die es ihnen ermöglicht, sich zu den abgemachten Sendezeiten freizuhalten. In der Regel soll Land- und Waldarbeit gesucht werden.

BdSudSD Oslo, Meldungen aus Norwegen Nr. 68 vom 17. Mai 1944,14 Blätter rekonstruiert, mehrere Seiten mit Textverlust Bergen Byarkiv Ms 1569 Gl

A - Allgemeine Lage a) Stimmung und b) Innerpolitische Entwicklung Die stimmungsmäßige Entwicklung der letzten Wochen, in deren Verlauf das öffentliche Inte- resse sich mehr und mehr der Invasionsdiskussion zuwandte, hat in den letzten Tagen eine gewisse Unterbrechung erfahren. Ursache war eine in der Presse groß aufgemachte Meldung, wonach zwischen den USA, England, der Sowjetunion und der norwegischen Exilregierung Verhandlungen über eine Beteiligung Sowjetrußlands an der Besetzung Norwegens schweb- ten. Der Eindruck, den diese Meldung hinterließ, war zunächst ungewöhnlich stark, ist in- zwischen aber in einer Rückentwicklung begriffen, deren Tempo allerdings neuerlich durch die öffentliche Rede des Ministerpräsidenten Quisling am 15. Mai auf dem Universitätsplatz in Oslo verzögert worden ist. Die Rede Quislings gipfelte in einer in vier Punkten zusammengefaßten Erklärung. Hierin wird u.a. festgestellt, daß Norwegen sich mit allen Mitteln einer bolschewistischen Besetzung widersetzen werde, daß die Exilregierung weder ein gesetzliches noch ein moralisches Recht habe, im Namen Norwegens Verträge zu schließen und daß aus diesem Grunde Gehorsamkeit gegenüber den Befehlen der Exilregierung in Zukunft als Vaterlandsverrat aufgefaßt und mit dem Tode bestraft werden könne. Zum Schluß heißt es in der Erklärung, daß Norwegen in engster Zusammenarbeit mit Deutschland mit vergrößerter Kraft sich für die Organisierung und das Aufgebot aller Kräfte Europas einsetzen werde und daß in Norwegen alle Hilfsquellen zum gemeinsamen Kampf für die Sicherheit und Zukunft Europas bereitsgestellt werden wür- den. Die Anteilnahme der Bevölkerung an der Rede Quislings war größer und ernster, als das bei früheren gleichen Anlässen zu beobachten war. Dieser Ernst dürfte jedoch nur zum Teil darin seine Ursache haben, daß die Gefahr einer bolschewistischen Besetzung als wirklich empfun-

1256 Mai 1944 den wird, zum größten Teil ist dieser Ernst zweifellos auf das - sich auch unter dem Eindruck der Rede Quislings vertiefende - Gefühl zurückzuführen, daß der Krieg nunmehr am Vor- abend einer Entscheidung angelangt ist, die auch an Norwegen nicht ohne dramatische Be- gleitumstände vorübergehen wird. Dieses Gefühl hat vor allen Dingen seine Ursache in der allgemeinen Invasion-Erwartung. Diesem militärischen Ereignis sieht man zwar mit Befürchtungen und teilweise sogar Zweifeln, im großen und ganzen jedoch mit Vertrauen auf die materielle Überlegenheit der Anglo- Amerikaner entgegen. Darüber hinaus hat sich insbesondere in der letzten Woche in steigen- dem Maße die Auffassung durchgesetzt, daß die Invasion - ganz gleichgültig, an welcher Küste sie erfolgt - innerhalb Norwegens von innerpolitischen Kämpfen begleitet sein wird, deren Charakter bereits jetzt an den sich häufenden Sabotageakten, Überfällen auf deutsch- freundliche Personen, an der mit Sprengstoffattentaten arbeiten Boykottbewegung gegen die Einziehung zum Arbeitsdienst, an dem kürzlichen Presseinterview des Befehlshabers der Si- cherheitspolizei und des SD, SS-Standartenführer Fehlis, sowie an der Rede Quislings zu erkennen ist. Man hat das Gefühl, daß die Entwicklung in Norwegen dem offenen Kampfe zustrebt. Unter diesem Gesichtswinkel deutet man die Einziehung zum Arbeitsdienst (wobei man auf das bekannte Riisnaes-Memorandum hinweist, s. Meldungen aus Norwegen Nr. 65), das Presseinterview des BdS und des SD sowie die Rede Quislings als den Versuch, moralische und materielle Kräfte für den Endkampf zu mobilisieren. So wird insbesondere die Erklärung Quislings, daß Norwegen mit allen Mitteln sich einer bolschewistischen Besetzung wider- setzen werde, im Zusammenhang mit den z.Zt. laufenden Einziehungen zum Arbeitsdienst als die Ankündigung der Mobilisierung aufgefaßt - eine Betrachtungsweise, die zweifellos durch die bevorstehenden Einziehungen von drei Jahrgängen zum Nationalen Arbeiseinsatz eine weitere Vertiefung erfahren dürfte. Das Presse-Interview des BdS und des SD, SS-Standartenführer Fehlis, das an Hand von Unterlagen die Mordmethoden von in englischen Schulen unterrichteten norwegischen Agen- ten darstellte, hatte insbesondere in der Osloer Bevölkerung großes Aufsehen und im all- gemeinen spürbare Abscheu gegen die im Interview angeprangerten Verbrechen ausgelöst. Es war jedoch sehr bald nach Veröffentlichung des Interviews das Bemühen festzustellen, daß man sich der politischen Konsequenz des Interviews dadurch zu entziehen versuchte, daß es unter dem Aspekt des bevorstehenden Endkampfes als propagandistischer Versuch zur Diffa- mierung der Wiederstandsfront gedeutet wurde. Insgesamt ergab sich jedoch aus den vor- liegenden Berichten, daß die Ablehnung der breiten Masse der Bevölkerung vor der illegalen Wirksamkeit eine Vertiefung erfahren hat, die bei Eintreten weiterer solcher Ereignisse sich als dauerhaft erweisen kann. In dieselbe Richtung wies die stimmungsmäßige Auswirkung des am 20.4 sich in Bergen ereignenden Explosionsunglücks, bei dem ein mit Sprengstoff beladenes Lastschiff in die Luft flog. Es ist bezeichnend für die allgemeine „Antisabotage-Einstellung" der Bevölkerung, daß die von deutscher Seite ergangene Feststellung, daß es sich hierbei um einen Sabotageakt handele, anfänglich von einem großen Teil der Bevölkerung geglaubt wurde. Der Umfang der Zerstörungen und die ungewöhnlich hohe Zahl der Todesopfer - 111 - wurden somit in weiten Kreisen der illegalen Wirksamkeit zur Last gelegt. Im übrigen waren im Anschluß an das Ex- plosionsunglück in Bergen dieselben stimmungsmäßigen Erscheinungen zu beobachten, wie sie nach dem ähnlichen Vorfall in Oslo im Dezember 1943 auftraten. Insbesondere konnte auch diesmal die Beobachtung gemacht werden, daß das gemeinsame Unglück und die ge- meinsame Tätigkeit zur Bergung der Toten und Verwundeten die innerpolitischen Gegensätze für einige Zeit fast vollkommen zurücktreten ließen. Nach den bisher vorliegenden Meldungen ist der frühere norwegische Nationalfeiertag, der

1257 Mai 1944

"17. Mai", in Oslo ohne größere Störungen vorübergegangen. Von gegnerischer Seite war die Parole ausgegeben worden, daß die Bevölkerung sich nach 19 Uhr zu Hause halten sollte. Dieser Parole wurde nur teilweise Folge geleistet. So waren ζ. B. die norwegischen Kinos durchaus normalbesucht. Nachdem zunächst kurz nach 19 Uhr im Osloer Straßenbild eine gewisse Menschenleere zu beobachten war, belebte sich dieses in den späteren Abendstunden jedoch wieder. Durch betrunkene Personen kam es zu einer Reihe von kleineren Zwischen- fallen. Im übrigen wurde der 17. Mai in begüterten Kreisen durch ausgedehnte Familienfeiern begangen.

c) Nasjonal Sämling Die Lage innerhalb Nasjonal Sämling ist gekennzeichnet durch eine auf die verschiedensten Invasionsgerüchte zurückzuführende Nervosität sowie eine ständig wachsende Ablehnung des deutschen Einflusses. Die nervöse Spannung, mit der man in NS-Kreisen der Invasion und der militärischen Ent- wicklung der nächsten Monate entgegensieht, spiegelt sich deutlich in den Diskussionen wie- der. Besonders an der Westküste befaßt man sich auf NS-Seite stark mit der Entwicklung im Fall einer Invasion in Norwegen, wobei die Betrachtungen meistens von einem Rückzug der deutschen Truppen ausgehen. Die terroristischen Anschläge der letzten Wochen, bei denen u.a. in Oslo und Gjövik NS- Leute ermordet wurden, haben zu einer starken Erregung geführt. Auch in der Provinz wird nunmehr von NS-Seite die Forderung nach Waffen immer dringlicher erhoben. Die bisherige deutsche Einstellung zur Frage der Bewaffnung von NS-Angehörigen wird dabei mit bitteren Worten kritisiert (Oslo, Lillehammer, Fredrikstad, Larvik, Drammen). Besonders in Süd- norwegen sei nach den letzten Anschlägen gegen NS-Leute mit dem Hinweis, daß der politische Gegner augenscheinlich über genügend Waffen verfüge, eine starke Verbitterung festzustellen. Man habe das Gefühl, dem immer rücksichtsloser auftretenden Gegner wehrlos ausgeliefert zu sein. Im Hird ist als erste organisatorische Veränderung nach der Schaffung der beiden Ver- teilungen die Aufhebung der Selbständigkeit der einzelnen Regimenter durchgeführt worden. Die zweite Hirdfordeling unter Oberstleutnant Quist hat ihren Sitzt nunmehr in Drontheim in den Räumen der ehemaligen 5. norwegischen Division. Dem Stabe dieser Fordeling gehören, angeblich auf Wunsch Quislings, die ehemaligen Hauptsturmführer Β r a s e t h und R e ρ ρ e η an. Politisch sind beide bisher nicht in Erscheinung getreten. Braseth erklärte vor einiger Zeit, daß er für Politik nichts übrig habe. Das Interesse beider konzentriert sich im Wesentlichen auf die Wiedererrichtung einer norwegischen Wehrmacht. Die Entlassung Oberstleutnants Quists aus der SS ist inzwischen auch in Hirdkreisen bekannt geworden. Quist selbst strebt im Verfolg seiner Pläne nach einer Gesamtführung des Hird. Bei einem vertraulich erfaßten Gespräch mit einem seiner engsten Mitarbeiter erklärte er, daß die Zeit nicht mehr fern sei, in der der gesamte Hird unter seiner Führung stehen würde. Im Mittelpunkt des Interesses der Kreise, die an dem Plan einer Wiedererrichtung der nor- wegischen Wehrmacht nach wie vor festhalten, steht der Ausbau von „Hirdens-Bedriftsvern" (Hirdbetriebsschutz). Auch der neue Stabsleiter Orvar Saether scheint (wahrscheinlich auf Wunsch Quislings) im Gegensatz zu dem von ihm vertretenen Primat des „politischen Soldatentums" am Ausbau von Hirdens Bedriftsvern, besonders an der Frage der Waffenbe- schaffung für den Hird, stark interessiert zu sein. Als Erfolg der Fuglesangschen Personalpolitik kann eine Annäherung des Fordelingschefs Thronsen an Minister Fuglesang bezeichnet werden. Thronsen erklärte gegenüber einem seiner

1258 Mai 1944 engsten Mitarbeiter, daß diejenigen, die politisch nicht ausgeschaltet werden wollten, auch gegen eigene Überzeugung gezwungen seinen, mit Fuglesang zusammenzuarbeiten, weil die Kreise, die eine positive großgermanische Richtung in der Partei verträten, von deutscher Seite nicht genügend unterstützt würden. [·..] Zum Unterschied von Minister Fuglesang, der sich in der Hauptsache gegen die bolschewisti- sche Gefahr wandte, griff Frau Bjoner, was seit langem auf keiner Parteiversammlung ge- schehen war, England und die Amerikaner in scharfer Weise an. Wörtlich erklärte sie u.a.: „Die Situation ist kurz und klar so gesagt, daß ein Sieg der Allierten Norwegens Tod bedeutet. Deutschlands Sieg bedeutet das Leben für uns." Nach der Jubiläumskundgebung im Klingenberg veranstaltete die Kvinnehird-Organisation im Hotel .ßristol" in Anwesenheit Quislings einen Kameradschaftsabend, bei dem die Leiterin dieser Organisation, Frau Randi Roberg, für den Kvinnehird das Wort ergriff. Aus Anlaß der kürzlich erfolgten Ermordung des norwegischen Polizeibeamten Karsten L o r a η g e veranstaltete die Nasjonal Sämling in dem Heimatort desselben eine Protest- versammlung, zu der die bekanntesten Gegner der Stadt eingeladen und im Falle des Nicht- erscheinens zwangsweise vorgeführt wurden. Auch die in der Nähe der Versammlungsstätte sich einfindende Zuschauermenge wurde zusammengetrieben und in das Versammlungslokal gezwungen. Der Eindruck, den dieses Vorgehen bei der Bevölkerung hinterließ, geht aus einem Bericht hervor, in dem es heißt, das die Achtung vor der Partei in deutlich spürbarem Umfang gestiegen sei. Wehrverbände Mißstimmung norwegischer Frontkämpfer über ihre Behandlung nach abgeleistetem Front- dienst Ehemalige norwegische Frontkämpfer klagen nach hier erfaßten Einzelberichten immer wieder über ihre Behandlung nach Ableistung der Frontdienstzeit. Man habe sie nach ihrem Front- dienst von einem Ersatztruppenteil zum anderen geschickt und auf diese Weise ihre Entlassung um mehrere Monate, z.T. ein halbes Jahr und länger verzögert. Während dieser Zeit seien sie oft ohne Rücksicht auf ihre körperliche Verfassung mit den primitivsten Arbeiten beschäftigt worden. Die natürliche Folge einer derartigen Behandlung sei eine Verbitterung, die sich in manchen Fällen bis zur Deutschfeindlichkeit gesteigert habe. Kriegsfreiwillige, die begeistert von der Front gekommen und dann auf diese Weise hingehalten worden seien, erklärten, sie hätten sich wahrscheinlich nach den bitteren Enttäuschungen über die Entwicklung der Ver- hältnisse in Norwegen zu einem neuen Fronteinsatz gemeldet. Mit der Art der Behandlung vor ihrer Entlassung habe man das Gegenteil erreicht. Fast jeder Entlassene treffe die Feststellung, nicht vom Frontdienst, sondern von der nachfolgenden Zeit bei den Ersatztruppenteilen "die Schnauze voll zu haben". Die Erzählungen und das Geschimpfe Osloer Frontkämpfer be- wirkten, daß sie besonders innerhalb der Partei die allgemeine Stimmung für einen Frontein- satz gewollt oder ungewollt negativ beeinflußten. In den meisten Fällen sei die idealistische Haltung der Frontkämpfer so stark erschüttert, daß eine Beteiligung auch an der politischen Arbeit in Norwegen durch eine nachhaltige Resignation in Frage gestellt sei. d) Norwegischer Arbeistdienst. Der Norwegische Arbeitsdienst sieht in diesem Jahre die Erfassung des Jahrganges 1924 vor. Die ohne wesentliche Schwierigkeiten durchgeführte Musterung ergab, daß von dem etwa 21 400 Mann starken Jahrgang 4 400 untaglieli bzw. zeitlich untauglich sind; die Planung sieht die Einberufung von etwa 7 000 Dienstpflichtigen vor, die auf 50 Arbeitsdienstlager verteilt

1259 Mai 1944 werden. Die Einberufung weterer Dienstpflichtiger ist in Ermangelung von Lagern und in Anbetracht der zahlenmäßig dünnen Führerdecke nicht möglich. Von den restlichen 10 000 Dienstpflichtigen des Jahrganges ist ein großer Teil in der Wirtschaft tätig, die in zahlreichen Fällen Freistellungsanträge einreichte. Nachdem der Norwegische Arbeitsdienst bisher im wesentlichen außerhalb der politischen Spannungen stand und in einer ruhigen und planmäßigen Entwicklung eine beachtliche Auf- bauarbeit gerade im Hinblick auf die Erziehung der norwegischen Jugend leistete, setzte zu Beginn dieses Jahres von Seiten des Londoner Rundfunks, der schwedischen Presse und durch illegale Flugblätter eine, sich in den folgenden Monaten steigernde systematische Hetze, die den Boykott des Arbeitsdienstes zum Ziele hatte, ein. Die „Aufrufe der Heimatfront" knüpfen in ihrer Hetze gegen den Arbeitsdienst an die von Minister Riisnäs im Januar ds. Jrs. ge- machten Mobilisierungsvorschläge an und unterstellen Quisling die Absicht, durch die Ein- berufung von 30 000 Mann zum Arbeitsdienst eine getarnte Mobilisierung durchführen zu wollen. Wörtlich heißt es in den illegalen Flugblättern der „Heimatfront" u.a.: "Es betrifft den Kampf gegen die getarnten Mobilmachungspläne und mündet in einer Parole, zum Kampf gegen den Arbeitsdienst zu schreiten, um somit die Besatzungsmacht zu hindern, Norwegens Jugend zu mobilisieren. Der Hintergrund ist Quislings Angebot an Hitler, 3 nor- wegische Divisionen zu stellen. Wir geben hiermit den Aufruf der "Heimatfront" wieder: Mobilmachung. ...Es liegen zuverlässige Berichte darüber vor, daß Quisling wärend seines Zusammentreffens mit Hitler im Januar 1944 diesem 3 Divisionen norwegische Truppen angeboten hat. [...] [...] Polizeiliche Feststellungen der Beweggründe für das Nichter[schei]nen ergaben jedoch praktisch keinen Fall von Dienstverweigerung. In den meisten Fällen lagen entschuldbare Gründe vor. Bei zahlreichen Einberufungen waren von deutschen und norwegischen Arbeitge- beren verspätet Anträge auf Freistellungen eingereicht worden. Eine Reihe von Fällen läßt auf eine ungenaue Vorbereitung der Einberufungen seitens des norwegischen Arbeitsdienstes schließen. In einigen Fällen lag Landesflucht vor. [...]

B. Gegner. Allgemeine Widerstandsbewegung und Sabotage. Die gegnerische Tätigkeit der letzten Wochen läßt ein planmäßiges Vorgehen in folgenden Richtungen erkennen: 1. Sabotageakte gegen Schiffe, 2. Störung des Eisenbahnverkehrs, 3. Sabotierung des Arbeitsdienstes und des nationalen Arbeitseinsatzes, 4. Beseitigung von Norwegern, die mit deutschen Dienststellen zusammenarbeiten. Am 15. 4. erfolgte auf dem zum Löschen am Hafenkai zu Bergen liegenden Kohlendampfer "Bärenfels" (7680 BRT) eine Explosion, durch die das Schiff teilweise unter Wasser geriet und die 12köpflge Besatzung ums Leben kam. Durch Taucher wurde an der Steuerbordseite ein ungefähr 10 m großes Leck festgestellt. In der Nacht zum 1.5. gegen 1 Uhr wurde durch eine Streife der Kriegsmarine ein Anschlag gegen das im Hafen von Fredrikstad liegende 9000 BRT große norwegische Schiff "Ragnar" vereitelt. Die Streife bemerkte in der Nähe des Schiffes 3 verdächtige Personen. Als sie deren Ausweispapiere kontrollieren wollte, zogen die Verdächtigen plötzlich Pistolen hervor und verletzten einen Marinesoldaten tödlich und die anderen schwer. Ein norwegischer Polizei- beamter, der die fliehenden Täter zu stellen versuchte, wurde ebenfalls durch Schüsse schwer

1260 Mai 1944 verletzt. Am Tatort und auf dem Fluchtwege wurden u.a. ein Koffer mit Sprengstoff und Zünd- schnüren, ein Taucheranzug, Sauerstoffgeräte, Werkzeuge, Schokolade und Keks englischer Herkunft gefunden. Am 17. 4. wurden zwischen den Stationen Slependen und Billingstad der Eisenbahnstrecke Oslo - Drammen an zwei Kurvenstellen je etwa 11 kg Gummidynamit enthaltende und teil- weise mit vorbereiteten Zündvorrichtungen versehene Kisten aufgefunden, die jeweils unter der erhöhten Schiene vergraben waren. Da nach den Feststellungen der Sprengstoff durch Witterungseinflüsse und längeres Liegen unbrauchbar geworden ist, die Kisten und Zündvor- richtungen Ähnlichkeiten mit den im November 1943 auf der Strecke Oslo - Halden auf- gefundenen Sprengladungen aufweisen, kann angenommen werden, daß die Dynamitkisten zu einer Zeit von der gleichen Tätergruppe niedergelegt worden sind. - In den frühen Morgen- stunden des 18. 4. wurde von unbekannten Tätern gegen die Eisenbahnbrücke in Geithus bei Vikesund (Buskerud) ein Sprengstoffanschlag verübt. Durch eine etwa 15 kg starke Spreng- stoffladung wurde ein Granitpfeiler im oberen Teil so erheblich zerstört, daß die Brücke an dieser Stelle durchhing. Eine am gleichen Pfeiler angebrachte zweite Ladung gelangte nicht zur Explosion. Der als norwegisches Erzeugnis erkannte Sprengstoff mit Sprengkapsel und Zeitzünder wurde sichergestellt. 45 Minuten nach der Explosion hätte ein Wehrmachtszug Oslo - Bergen die Strecke befahren sollen. Der Zug wurde rechtzeitig angehalten. - In der Nacht zum 29. 4. wurde erneut ein Anschlag gegen die Bergensbahn in dem 2,3 km langen Haverstingtunnel durchgeführt. Es erfolgte dort eine starke Explosion, durch die ein etwa 1 m langes Schienenstück herausgerissen und die darunter liegenden Schwellen beschädigt wurden. Die Explosion wurde vermutlich durch eine mit Druckkontakt versehene Sprengladung aus- gelöst, die sich - wahrscheinlich infolge Verlagerung des Steingerölls -vorzeitig entzündet hatte. Etwa 200 m von dieser Stelle wurde eine zweite, nicht explodierte Sprengpackung, die aus drei Paketen zu je 2,5 kg Gummidynamit bestand, aufgefunden und sichergestellt. Die Strecke war nach 3 Stunden wieder befahrbar. In dem gleichen Tunnel war bereits am 17. 8. 43 ein Sprengstoffanschlag verübt worden. — Am 8. 5. gegen 4 Uhr früh wurde wiederum gegen die gleiche Strecke zwischen Hönefoss und Ask ein Sprengstoffanschlag durchgeführt. An einer dort gelegenen Eisenbahnbrücke wurde durch die vermutlich mittels elektrischer Zündung ausgelösten Explosionen mehrerer an den eisernen Pfeilern angebrachter Sprengla- dungen das zwischen den Pfeilern befindliche Brückenstück aus den Befestigungen gerissen. Ein Wehrmachtszug, der kurz nach dem Anschlag die Strecke in Richtung Oslo passieren sollte, konnte rechtzeitig in Hönefoss zurückgehalten werden. Der Zugverkehr nach Bergen muß nunmehr auf einige Zeit über eine andere Strecke umgeleitet werden. - In der Nacht zum 10. 5. wurde ein Anschlag gegen die Erzbahn Thamshavn/Lökken durchgeführt. Maskierte Täter hielten einen Zug an, zwangen Personal und Reisende, den Zug zu verlassen, und sprengten die Lokomotive in die Luft. Dies ist bereits der vierte Anschlag gegen diese Erz- bahn. Am 4. 5. 42 war das Umformerwerk dieser Bahn durch einen Sprengstoffanschlag zer- stört worden. Am 31. 10. und 20. 11. 43 waren erwiesenermaßen durch einen aus England kommenden Sabotagetrupp gegen die Bahnstrecke und elektrische Betriebswagen Anschläge verübt worden. Einer der Täter war damals gefaßt worden. Der norwegische Arbeitsdienst, der früher vom Gegner recht wenig beachtet worden war, ist jetzt von den illegalen Organisationen als Angriffsziel ausersehen. Seitdem die illegalen Krei- se die Gedankengänge des Ministers Riisnaes über die Mobilisierung Norwegens erfahren und in der Öffentlichkeit bekannt gegeben haben (vgl. Meldungen aus Norwegen Nr. 65, S. 22), begann die Hetze des Londoner Runkfunks und illegaler Zeitungen gegen den norwegischen Arbeitsdienst sich zu entwickeln. Wie bewußt diese Hetze erfolgte, geht daraus hervor, daß schwedische Zeitungen das Ziel dieser illegalen Tätigkeit offen erörterten. Die schwedische Zeitung "Arbetaren" schrieb am 3. 5.:

1261 Mai 1944

"Die Kampagne, so wirksam wie möglich den Arbeitsdienst zu boykottieren, nimmt in den Maiauflagen der unterirdischen norwegischen Presse einen Hauptplatz ein. Vor einem Jahr stand der Kampf gegen den sogenannten nationalen Arbeitseinsatz im Vordergrund und man kann dabei feststellen, daß die norwegische Heimatfront an einer bestimmten Linie fest- gehalten hat, ebenso wie die Kampfformen sich verschärft haben. Vom 10. bis zum 15. Mai wird der Kampf um den Arbeitsdienst seinen Höhepunkt erreichen, wenn die Achtzehnjährigen sich nach den Plänen der Quislingbehörden einfinden sollen." Göteborgs Tidningen schreibt in ähnlicher Weise in ihrer Ausgabe vom 7. 5.: "In Norwegen ist man allgemein der Ansicht, daß die kommende Woche die kritischste seit dem Lehrerstreik und den Aktionen gegen die norwegischen Juden und die Studenten werden wird. In der Zeit vom 11.- 15. Mai sollen nämlich mehrere tausend norwegischer Jugendlicher in den Arbeitsdienst einrücken und während der letzten Wochen sind diese Jungen und Mädel einer heftigen Propaganda ausgesetzt gewesen. Man vermutet nämlich, daß sie sich weigern werden, da sie fürchten, daß aus dem Arbeitsdienst ein Kriegsdienst an der Ostfront werden könnte. Viele junge Norweger, die sich in der kommenden Woche beim Arbeitsdienst ein- finden sollten, sind aus ihren Heimatorten geflohen und halten sich versteckt. Es bleibt nun abzuwarten, ob der Streik gegen den Arbeitsdienst einen größeren Umfang annehmen wird. In dem Einberufungsbefehl, der vor 14 Tagen verschickt wurde, heißt es, daß Desertieren nach den Kriegsgesetzen bestraft wird. Die Heimatfront hat eine Reihe von Appellen über den Arbeitsdienststreik ausgegeben. Man warnt vor allem vor Angebern in den eigenen Reihen der Jugendlichen. Im Departement für Arbeitsdienst und Sport scheint man darauf vorbereitet zu sein, daß irgend etwas geschehen wird. Gewisse polizeiliche Maßnahmen sind bereits getroffen worden. Das kürzlich von Quisling herausgegebene Dementi gegen Behauptungen über Frontdienst scheint die Situation noch nicht völlig geklärt zu haben." Die Folgen zeigten sich in den letzten Tagen in einer Reihe von Einbrüchen und Anschlägen gegen Büros des norwegischen Arbeitsdienstes und Wohnungen norwegischer Arbeitsfiihrer. Ziel dieser Anschläge war vor allem die Entwendung oder Vernichtung der Unterlagen, die zur Erfassung der in der nächsten Zeit zur Einberufung für den Arbeitsdienst vorgesehenen Jahr- gänge gebraucht wurden. So versuchten am Abend des 4. 5. drei maskierte Männer mit Waf- fengewalt in die Wohnung des Aushebungschefs des norwegischen Arbeitsdienstes, Major Kjelland, in Oslo einzudringen, um die Unterlagen für die Aushebung zum Arbeitsdienst zu rauben. Die Täter wurden bei der Vorbereitung ihrer Tat betroffen und festgenommen, als sie in die Wohnung eindringen wollten. Sie waren im Besitz einer Maschinenwaffe. In der gleichen Nacht drangen ebenfalls drei maskierte Männer in das Büro der Arbeitsdienst- abteilung in Ullefoss ein, fesselten den Hausmeister und seine Frau und Tochter, verbrannten die vorgefundenen Arbeitsdienstunterlagen und zertrümmerten die Schreibmaschinen. Bei einem Überfall gegen das Büro des Arbeitsdienstes in Skien/Telemark fesselten drei maskierte Männer den Hausmeister und seinen Sohn und verbrannten sämtliches Aktenmaterial. Bei dem Einbruch in das Büro eines Bezirksführers in Sarpsborg fesselten die Täter ebenfalls den Pförtner und stahlen sämtliche Unterlagen für die Einberufung der anstehenden Jahrgänge. Im Büro des Arbeitsdienstes in Hönefoss wurden die entsprechenden Unterlagen an Ort und Stelle verbrannt. Diese Gewaltakte hatten für die Einberufung der Arbeitsdienstjahrgänge keine be- sondere Bedeutung, da für die Sicherung der Originale der Einberufungslisten bereits Vor- sorge getroffen war. - Seit dem 5. 5. ist der Bürochef Balke, der in der Landesführung des norwegischen Arbeitsdienstes in Oslo die Abteilung für Einberufungen zum Arbeitsdienst leitete, flüchtig. Er hatte genaueste Kenntnis über die Sicherung der Arbeitsdienstkarteien. Im

1262 Mai 1944

Einvernehmen mit der Führung des norwegischen Arbeitsdienstes wurden neue Sicherungs- maßnahmen getroffen. Die Planmäßigkeit, mit der die Militärorganisation die Ermordung von Norwegern betreibt, welche mit deutschen Dienststellen zusammenarbeiten, war bereits durch die Unterlagen be- kannt geworden, die nach Festnahme der Mörder der NS-Angehörigen Elsa Kristoffersen erfaßt worden waren (vgl. Meldungen aus Norwegen Nr. 63, S. 14). Die planmäßige Anlage dieser Morde wurde durch neue Ereignisse bestätigt. Am 23. 3. wurde ein Agent aus Oslo, der in einer verhältnismäßig unwichtigen Angelegenheit mit einer deutschen Dienststelle zu- sammen gearbeitet hatte, in seiner Wohnung in Oslo von unbekannten Tätern, die in Polizei- uniform erschienen, mit einer schallgedämpften Pistole erschossen. Am 28. 3. wurde ein An- schlag gegen einen bei der deutschen Sicherheitspolizei beschäftigten Dolmetscher versucht. Die Täter wurden bei der Wohnung des Dolmetschers verscheucht. - Am Abend des 28. 3. wurden ein im Auftrag der deutschen Sicherheitspolizei arbeitender Norweger und dessen Braut in Gjövik von zwei Männern aufgefordert, sich mit ihnen zu einer Hütte südlich Raufoss zu begeben. Sie folgten der Aufforderung. In Raufoss wurden sie von einer Wehrmachtsstreife zur Ausweiskontrolle angehalten. Dabei zog einer der Männer plötzlich eine Pistole hervor und verletzte einen der zur Streife gehörenden Männer tödlich, einen anderen leicht. Der Täter entkam, der zweite wurde erschossen. - Am 20. 4. wurde in Oslo ein Arzt, der mit der deut- schen Sicherheitspolizei in Verbindung gestanden hatte, während er in einer Kraftdroschke saß, von einem vorüberfahrenden Fahrrad aus beschossen und dadurch schwer verletzt. - Am 5. 5. wurde der als deutschfreundlich bekannte Sohn des Polizeimeisters von Gjövik kurz nach Verlassen seiner Wohnung von einem auf der Straße vorüberfahrenden Radfahrer durch 3 Schüsse tödlich verletzt. In der Umgebung von Jessheim und Aarnes ereigneten sich in der letzten Zeit einige Vor- fälle, die wahrscheinlich auf das Schuldkonto einer nicht auf Anweisung der Mil.Org. arbeitenden kleinen Terrorgruppe kommen. Im März wurden in Jessheim und Umgebung von Wehrmachtsangehörigen verschiedentlich verdächtige Schüsse wahrgenommen, die oft un- mittelbar neben Personen einschlugen. - Am 8. 4. wurde 5 km ostwärts Jessheim auf offener Landstraße ein Kurierfahrer der Wehrmacht, der sich mit einem Krad auf der Fahrt nach Aarnes befand, durch einen aus dem Hinterhalt abgegebenen Schuß tödlich getroffen. - Am 21. 4. um Mitternacht wurde gegen einen Streifenposten einer Militärwache bei Aarnes aus un- gefähr 50 m Entfernung ein Gewehrschuß abgegeben, der sein Ziel verfehlte. Auch in den letzten Wochen wurden Lager mit Waffen- und Sabotagematerial ausgehoben. Im Zuge der Aufdeckung der Mil.Org. im Raum Farsund (s. Meldungen aus Norwegen Nr. 67, 5. 21) wurden in der Nähe von Eiken sichergestellt: 6 kleine Abwurfbehälter, 6 Fallschirme, 44 Paar Schneeteller, einige Pakete Sprengstoff (je 2,5 kg), 6 Blechröhren mit Sprengstoff, einige Zünder, je 1 großer und kleiner Blechkasten mit Dynamit in Tuben, verschiedenes Sabotagematerial, 1 Pistole, 1 norw. Feldfernsprecher, 13 norw. Militärmäntel, 13 norw. Militärhosen, 15 norw. Militärröcke,

1263 Mai 1944 16 norw. Militärmützen, 1 Eisenkiste mit 25 kg Dynamit, 100 Sprengkapseln, 1 Zündapparat und verschiedene Zündschnüre und Sprengkapseln. Bei Eidsvoss (Vestfold) wurden 16 mit Lastfallschirmen abgesetzte Kanister sichergestellt, die erhebliche Mengen Sprengstoff, Sprengkörper, Zünder, Zündschnüre, Maschinenpistolen, Pistolen, Handgranaten und Munition enthielten. Die Kanister wurden in Lagern aufgefunden, die mit farbigen Fallschirmen, Schnee und Tannenreisig gut getarnt waren. In der Zeit vom 2. bis 5. 5. wurde in der Nähe von Drammen eine Bodenorganisation aus- gehoben, die zum Empfang von Abwürfen aus englischen Flugzeugen ausgebildet worden war. Der Instrukteur dieser Gruppe, ein in England ausgebildeter Agent, wurde bei einem Flucht- versuch erschossen. Die Gruppe war im Besitz einer Maschinenpistole, mehrerer Pistolen, Revolver, Handgranaten, Sprengstoffe und eines kleinen Empfangsgerätes. Nach der Aufdeckung der zwei Quartiere der kommunistischen Landesleitung in Vikersund und Hemsedal. (s. Meldungen aus Norwegen Nr. 55, S. 8) waren zunächst die Spuren der noch nicht festgenommenen Mitglieder der illegalen Landesleitung verloren gegangen. In den letz- ten Monaten haben nun die sicherheitspolizeilichen Ermittlungen ergeben, daß die Landes- leitung sich eine Zeit lang auf einem Bauemhof nördlich Lillehammer aufhielt und später in eine Hütte in der Nähe Fagernes (Opland) umzog. Dabei wurden interessante Einzelheiten über den Terror, den die Kommunisten gegen die Mil.Org. ausüben, bekannt. Das Quartier der Landesleitung ist laufend von etwa 15-20 Leuten besetzt, ie Agenten dieses Quartiers nahmen mit der Mil.Org. in Fagernes Verbindung auf, wobei sie zunächst sich nicht als Kommunisten zu erkennen gaben. Sie erklärten, eine von den Deutschen verfolgte illegale Gruppe zu sein, und baten um Abstellung von bewaffneten Sicherungsposten. Die Mil.Org. Fagernes stellte auch drei bewaffnete Männer zu diesem Zweck ab. Als sie später erfuhr, daß es sich bei der illegalen Gruppe um Kommunisten handelte, versuchte man, die Verbindung zu dieser Gruppe abzubrechen und die Posten zurückzuziehen. Daraufhin wurde der Leiter der Mil.Org.-Einheit in Fagernes, ein Rechtsanwalt, in das Hauptquartier der kommunistischen Landesleitung be- stellt; aus Furcht vor den Kommunisten zog dieser es jedoch vor, zu fliehen. Ein fest- genommener Mechaniker aus Fagernes, der im Auftrag der Mil.Org. Büchsenhandgranaten hergestellt hatte, hat bei seinen Vernehmungen angegeben, daß er ebenfalls von kommunistischen Agenten gezwungen werden sollte, die von ihm gefertigen Büchsenhand- granaten für die kommunistische Landesleitung abzuliefern. - In der Umgebung von Raufoss wurden die langgesuchten Kommunisten Georg Stocke und Arne Gustavsen fest- genommen. Beide führten Pistolen und falsche Legitimationspapiere mit sich. Stocke ist ein langjähriges Mitglied der KPN. In seiner Eigenschaft als Bezirksleiter der KPN in Oslo war er in der Flugblattverbreitung führend tätig. Im Herbst 1941 flüchtete er in Deckung und betrieb aus dieser heraus den Aufbau der illegalen KPN in den Fylken Hedmark und Opland. Er stand ständig mit dem Zentral-Komitee der KP in Verbindung. Zuletzt leitete er den Bezirk der il- legalen KPN in Opland. Gustavsen war früher als Leiter der illegalen KPN im Bezirk Buskerud ebenfalls maßgeblich an der Flugblattverteilung beteiligt und zuletzt in besonderem Auftrag des Hauptquartiers der illegalen KPN tätig. Nachdem seit Anfang d.Js. wiederum ein leichtes Ansteigen der Landesflucht festgestellt worden war, wurden die Maßnahmen gegen die Landesflucht verstärkt. In Oslo führten Er- mittlungen zur Aufdeckung einer großen Landesflucht-Organisation, die unter Benutzung von 15 Lastkraftwagen umfangreiche Sammeltransporte über die norwegisch-schwedische Grenze führte. Früherer Leiter der Organisation war ein bereits nach Schweden geflüchteter Kontor- chef einer großen Osloer Firma, nach dessen Flucht ein Ingenieur, der ebenfalls seit einiger

1264 Mai 1944

Zeit verschwunden ist. Fünf leitende Mitglieder der Organisation, darunter ein Rechtsanwalt aus Oslo, der allein weit über 100 Fluchtfalle ermöglichte, sind festgenommen worden. - Am 20. und 21. 4. wurden an 3 Stellen in dem Raum um Örje (Östfold) Gruppen von Grenzü- berläufern gestellt. Alle drei Gruppen waren bewaffnet, so daß es zwei Gruppen gelang, durch Anwendung von Waffengewalt sich der Festnahme zu entziehen. Dabei wurde ein norwegischer Grenzpolizist erschossen, ein anderer schwer verletzt. Der Täter konnte allerdings einige Tage danach noch an der Grenze festgenommen werden. Die dritte Gruppe, 2 Männer, 10 Frauen und 4 Kinder, die auf einem Lastkraftwagen nach Schweden zu flüchten beabsichtigten, wurde festgenommen. Bei einem der Männer wurden eine Maschinenpistole und 80 Schuß Munition gefunden. - In den frühen Morgenstunden des 20. 4. ereignete sich auf dem holländischen Dampfschiff "Voorbode" (ungef. 400 BRT), das sich auf der Fahrt nach Nordnorwegen befand und wegen eines Maschinenschadens den Bergener Hafen angelaufen hatte, eine gewaltige Explosion. Das Schiff, das erhebliche Mengen Sprengstoff an Bord hatte, flog in die Luft und Teile des Schiffes wurden in das Stadtinnere von Bergen geschleudert. Einige kleine in der Nähe ankernde Schiffe wurden durch die entstandene Flutwelle in die Tiefe gerissen oder aus dem Hafenbecken auf die Kaianlagen geworfen. Neben erheblichen Zerstörungen an öffentlichen und privaten Gebäuden, Kulturstätten usw., entstanden im Hafengebiet kurz nach der Ex- plosion einige Großbrände, die durch umherfliegende brennende Schiffsteile verursacht wurden. 111 Personen, davon 23 Deutsche, wurden getötet, 15 Deutsche vermißt und 46 Personen schwer verletzt. 2200 Personen wurden obdachlos. Die Ursache des Unglücks ist noch nicht geklärt. -Ebenfalls ungeklärt blieb bis jetzt die Ursache eines Schadenfeuers in dem U-Boot-Stützpunkt Bergen, durch das die Elektrowerkstatt dieses Stützpunktes, die das Herz- stück für die Ausrüstung und Instandsetzung von U-Booten bildet, vernichtet wurde.

Übersicht

über die zur Zeit einsitzenden Häftlinge, Internierten und Kriegsgefangenen. Stand vom 10. Mai 1944: 1. Polizeihäftlingslager Grini 2895 2. Polizeigefängnis Oslo, Möllergate 271 3. In anderen Haftanstalten in Norwegen 665 4. In Konzentrationslagern in Deutschland 2538 Gesamtzahl der Häftlinge 6369 5. In Deutschland Internierte a) Angehörige der USA 20 b) Engländer 30 6. Kriegsgefangene norw. Offiziere 986

C - Lebensgebiete b) Kulturelle Gebiete Presse Am 27. April 1944 wurden auf einer Pressekonferenz vom Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD, SS-Standartenführer Fehlis, umfassende Ausführungen über die verbrecherische Tätigkeit von im Auftrage der Feindmächte stehenden Norwegern gemacht. U.a. wurden nach

1265 Mai 1944 aufgefundenen Dokumenten die Schulungsmethoden geschildert, nach denen Angehörige von Terror- und Sabotagegruppen in Norwegen ausgebildet werden. Die Ausführungen des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD, die von den Osloer Tageszeitungen in längeren Eigenberichten wirkungsvoll wiedergegeben und kommentiert wurden, sind von der Bevölkerung Oslos mit lebhaftem Interesse entgegengenommen worden. Nach den vorliegenden Berichten wird die Mentalität, die aus den dargestellten Beispielen spreche, von der breiten Öffentlichkeit als nicht norwegisch und als verabscheuungswürdig abgelehnt. Diese natürliche Reaktion sei vor allem deshalb besonders heftig, weil offenbar selbst „harmlose" Personen den Agenten des Secret Service zum Opfer fallen können, denen ein wirklich positives Eintreten für Deutschland oder die NS nicht nachzuweisen sei. Es kann als Beweis für die starke Öffentlichkeitswirkung gewertet werden, wenn von Geg- nerseite mit Eifer nach Gründen gesucht wird, die vorgelegten Tatsachen abzuschwächen. Von eingefleischten Gegnern wird dabei - wie nicht anders zu erwarten - der Versuch unter- nommen, die ganze Angelegenheit als „raffiniert ausgedachten Propagandatrick der " hinzustellen. Wenn im übrigen Norweger umgebracht würden, so handele es sich dabei um „Landesverräter", die durch ihre „Angeberdienste für die Deutschen" das Leben vieler „an- ständiger" Norweger auf dem Gewissen hätten. Bezeichnend für die Trägheit, die der politisch ablehnenden Haltung des überwiegenden Teiles der Bevölkerung innewohnt, ist die Tatsache, daß man selbst in den Kreisen, wo ein tiefer Eindruck der fraglichen Presseveröffentlichung unverkennbar ist, versucht, sich von dieser Beeindruckung freizumachen. Weil die vorgelegten Tatsachen so wenig in das eigene politische Wunschbild hineinpassen, redet man sich selbst ein, sie seien in der wiedergegebenen Form wohl doch in propagandistischer, Absicht dramati- siert". Weiter wird behauptet, es handle sich bei den als „Terroristen" gebrandmarkten Norwe- gern um Menschen, für deren Verhalten die norwegischen Patrioten keinesfalls verantwortlich gemacht werden könnten. Gleichzeitig wird bezweifelt, daß diese terroristische Tätigkeit auf den Auftrag verantwortlicher englischer Stellen zurückgeht. Der norwegischen Presse außerhalb Oslos war en ausführliches Referat über die Preessekon- ferenz durch NTB zugeleitet worden. Nach den bisher vorliegenden Berichten weist die Auf- nahme in der Öffentlichkeit draußen im Lande ähnliche Unterschiedlichkeiten auf, wie sie für Oslo festzustellen waren. Zumeist heißt es in den Meldungen, daß die Berichte zunächst eifrig diskutiert worden seien und einen tiefen Eindruck gemacht hätten, daß dann aber schon bald von gegnerischer Seite Versuche zur Neutralisierung und Abschwächung dieser Wirkung unternommen worden seien, die ihrerseits wiederum mit den in Oslo gemachten Be- obachtungen übereinstimmen. ...Von NS-Angehörigen wurde vereinzelt bemängelt, daß „nur Teilerklärungen" abgegeben worden seien (Stavanger). Vor allem habe man im Zusammenhang mit der Schilderung des Mordes an einer Norwegerin die Angaben der Namen vermißt. Im übringen werden auch draußen im Lande die Saboteure und Terroristen als „Helden" hingestellt, „die ihr Leben für die Befreiung Norwegens einsetzen". Vor allem in Journalistenkreisen ist überall der Wunsch laut geworden, ähnliche Orientie- rungen seitens der Sicherheitspolizei häufiger zu erhalten, da man sich von solchen Veröffent- lichungen eine nachhaltige positive Wirkung auf die Meinungsbildung der breiten Öffentlich- keit verspricht. Wichtig sei dabei, möglichst genaue Angaben - z.B. auch die Namen der frag- lichen Personen - bekanntzugeben, da erst hierdurch die Berichte eine wirkliche Beweiskraft erhielten. Einstellung Minister Fuglesangs zu „Aftenposten " Vertraulich wurden Bestrebungen Minister Fuglesangs bekannt, für die erneut notwendig weitere Einschränkung des Papierverbrauchs auf dem Sektor der Presse eine Lösung zu finden,

1266 Mai 1944 die eine Umgehung der von deutscher Seite in Vorschlag gebrachten Einstellung einer größeren Anzahl von Zeitschriften zuläßt. Minister Fuglesang habe sich in dieser Frage bei internen Besprechungen mit betonter Schärfe geäußert, er denke nicht daran, nach dem Wunsch der Deutschen das wissenschaftliche und unterhaltende Zeitschriftentum ver- schwinden zu lassen. Ebenso wolle er den Papierverbrauch für die Publikationen der Partei nicht herabsetzen, sondern vielmehr noch erhöhen. Eine Möglichkeit, Papir „für andere Zwecke" freizumachen, sah Minister Fuglesang in der Einstellung der Abendausgabe von , Aftenposten". In diesem Zusammenhang kam es zwischen Fuglesang und Vertretern von , Aftenposten" in Gegenwart des norwegischen Pressedirektors und einiger weiterer Journalisten zu einer außerordentlich erregten Auseinandersetzung. Nach einem hierüber vorliegenden Bericht wurde bei dieser Gelegenheit durch die Schriftleiter von , Aftenposten" nachgewiesen, daß auf ihre Zeitung jetzt nur noch weniger als ein Drittel des gesamten Papierverbrauchs der norwegischen Presse entfalle, gegenüber der Hälfte in der Zeit vor dem Kriege, und daß keine andere Zeitung in gleicher Weise Einsparungen durchgeführt habe, ohne dies zu Ungunsten des Stoffes gehen zu lassen. Weiter sei angeführt worden, daß .Aftenposten" heute praktische das wichtigste Propagan- damittel sei, während die Broschüren und Blätter der Partei nur von Angehörigen der NS ge- lesen würden. Auch dürfe nicht unterschätzt werden, daß , Aftenposten" mit seinen zahl- reichen, durch die Zeitumstände bedingten Tauschanzeigen eine wichtige Aufgabe für die Gemeinschaft erfülle. Sämtliche Argumente seien jedoch von Minister Fuglesang zurückgewiesen worden. Ge- wisse Aufgaben (Anzeigen) könnten von „Fritt Folk" übernommen werden, und wenn an- geführt werde, daß beispielsweise evt. bevorstehende besondere Ereignisse es notwendig machen könnten, auch einmal zwischen den Erscheinungszeiten der Morgenzeitungen mit der Bervölkerung ins Gespräch zu kommen, so könne dieses Bedürfnis durch Extrablätter befriedigt werden - eine Lösung, die von den Schriftleitern als panikfördernd und damit den verfolgten Zwecken entgegenstehend bezeichnet wurde. Auf die Feststellung eines der , Aftenposten"-Vertreter, die deutschen Behörden würden für diesen Plan sicher nicht begeistert sein, habe Fuglesang diesen Journalisten mit auffälliger Schärfe gefragt, ob er denn den Deutschen nachlaufe. Im übrigen aber handele es sich hier um eine innernorwegische Angelegenheit, deren Entscheidung allein bei ihm als Chef des Kultur- departements liege. Eine aus diesen Vorgängen deutlich erkennbare Aversion gegen ,Aftenposten" ist seit lan- gem für Fuglesangs Stellung zu dieser Zeitung bestimmend. Als Erklärung werden von ein- geweihten Personen folgende Momente angeführt: Fuglesang sehe mit neidischen Augen auf .Aftenposten", da diese die weitaus größte und zugleich bestgeleitete Zeitung Norwegens sei, während sich das zentrale Blatt der Partei trotz verschiedener Begünstigungen nur sehr un- genügend durchsetzen könne. (Einer tälichen Auflage von 100 000 für die Morgenausgabe und 90 000 für die Abendausgabe von,Aftenposten" entspricht einer Auflage von 32 000 bei,fritt Folk". Außerdem hat .Aftenposten", die im Gegensatz zu ,fritt Folk" im Straßenhandel prak- tisch nicht mehr zu erhalten ist und im übrigen bereits auf der schwarzen Börse gehandelt wird, mehrere Tausend „Warte-Abonnenten"). Während .Aftenposten" durch eine hervorragende redaktionelle Leitung zu einer Zeitung von Format gemacht worden sei, kranke "Fritt Folk" auch nach der unlängst erfolgten Ersetzung Rishovds durch Melsom also Hauptschriftleiter und nach der Ausschaltung des früheren Redaktionssekretärs Kjär noch immer an der Un- zulänglichkeit des Mitarbeiterstabes. Ausschlaggebend für Fuglesang Haltung in dieser Frage sei aber, daß ihm einmal die ver- antwortlichen Schriftleiter von , Aftenposten" in ihrer Stellung zur NS zu selbständig seien und ihm keine Möglichkeit zu größerer Einflußnahme böten, daß diese andererseits aber in allzu

1267 Mai 1944 enger Zusammenarbeit mit den Deutschen stünden. Von „Aftenposten" wird in diesem Zu- sammenhang in Kreise Fuglesangs und Klevenbergs als von der „Deutschen Zeitung in norwe- gischer Sprache" gesprochen. Propagandistische Behandlung und Auswirkung der sowjetischen Forderungen auf Teil- nahme an einer Besetzung Norwegens. Die Meldungen über die Forderungen der Bolschewisten auf Teilnahme an einer Besetzung Norwegens sind in der norwegischen Presse als eine Sensation ersten Ranges aufgemacht und zum Mittelpunkt einer förmlichen Propagandaschlacht gemacht worden. Nachdem die Abend- nummer von „Aftenposten" am 10. Mai 1944 eine erste Meldung über eine bevorstehende Drei-Mächte-Abmachung gebracht hatte, stellten die Zeitungen am 11.5. die von Reuter über- nommene Meldung von den sowjetischen Ansprüchen, die auch bereits von der Zustimmung seitens der norwegischen Emigrantenregierung sprach, in wirkungsvoller Aufmachung an die Spitze ihrer Berichterstattung und behandelten diese Meldung in ausführlichen Leitartikeln. Weitere sensationell aufgemachte Nachrichten hierzu und weitere Kommentare bestimmten auch an den folgenden Tagen das Gesicht der norwegischen Presse. Während die Wirkung der bislang betriebenen antibolschewistischen Propaganda zumeist nicht hoch eingeschätzt wird, scheinen diese Meldungen aus den letzten Tagen breiteste Schichten der norwegischen Bevölkerung tief beeindruckt zu haben. Wenn man bisher die antibolschewistischen Auslassungen der Presse als „Propaganda" abgetan habe, hinter deren Schreckensschilderungen keine nahe Wirklichkeit stehe, ließen die aus dem Feindlager selbst stammenden Berichte über die bereits weit fortgeschrittenen Verhandlungen der Alliierten erkennen, daß tatsächlich mit der Möglichkeit gerechnet werden müsse, in absehbarer Zeit Sowjettruppen auf norwegischem Boden zu sehen. In diesem Zusammenhang sei es, wie es in Berichten aus Oslo heißt, besonders wirkungsvoll gewesen, daß sich die Presse in ihrer Be- richterstattung auf Reuter-Meldungen und Meldungen neutraler Staaten gestützt, vor allem aber auch besonders viele schwedische Pressestimmen angeführt habe. Die reichliche Wieder- gabe von Faksimila (z.B. durch ,Aftenposten") wirke in solchen Fällen stets besonders über- zeugend. Die geschickte Anwendung aller journalistischen Mittel - positiv eingestellte Be- obachter heben von den Osloer Zeitungen , Aftenposten" und „Nationen" besonders hervor - hätten ihr Teil dazu beigetragen, daß die Presseaktion zu diesem Thema zu dem „Schlager" der gesamten bisherigen antibolschewistischen Propaganda geworden sei. Die Mitteilung, daß Ministerpräsident Quisling auf einer öffentlichen Protest- kundgebung sprechen werde, hat in aktiven NS-Kreisen verschiedentlich Bedenken erweckt. Es wurde dabei die Befürchtung ausgesprochen, daß die ganze Angelegenheit, die wie keine andere geeignet sei, weiteste Bevölkerungsteile zu einer gewissen positiven Reaktion zu ver- anlassen - ein Moment, das in den Pressekommentaren immer wieder ausgenutzt und be- sonders in einem Artikel von Roald D y s t h e in „Aftenposten" vom 12.5.1944 unter der Überschrift: „Eine antimarxistische Front in Norwegen" unmittelbar angesprochen wird - in den Augen der breiten Öffentlichkeit doch zu einer Sache der NS gestempelt würde. Trotzdem läßt sich feststellen, daß die Kundgebung selbst, insbesondere aber die Wiedergabe der Aus- führungen Quislings in der Presse, bei der breiten Öffentlichkeit ein weit größeres und ernsteres Interesse fanden, als dieses in ähnlichen Fällen bisher der Fall zu sein pflegte. Inzwischen wird von aktiven Gegnerkreisen versucht, durch beruhigende Hinweise eine Gegenwirkung zu erzielen. Wenn die norwegische „Regierung" in London eine solche Ab- machung treffe, so doch nur deshalb, weil dies zum Besten Norwegens sei. Außerdem sei ja nur die Rede von einer vorübergehenden Besetzung durch Alliierte, und schließ- lich sei alles eine Folge des deutschen Gewaltaktes gegen Norwegen vom Jahre 1940. - Es bleibt abzuwarten, in welchem Maße diesen Anstrengungen eine Abschwächung der Intensität

1268 Mai 1944 und eine Beeinträchtigung der Nachhaltigkeit der insgesamt positiven Auswirkung der Aktion gelingen wird. c) Verwaltung und Recht Verwaltung. Berichte aus dem Bereich Tromsö weisen daraufhin, daß sich durch verschiedene Ver- änderungen sowie Gegensätzlichkeiten innerhalb norwegischer Partei- und Staatsämter eine gewisse Unsicherheit in der dortigen Bevölkerung bemerkbar macht. Die überraschende Absetzung des Bürgermeisters L a r s e η von Tromsö, die ohne Unter- richtung bzw. vorherige Aussprache mit den zuständigen deutschen Dienststellen durch das Innenriksdepartement erfolgte, sowie die Absetzung des Bürgermeisters von Harstad werden besonders hervorgehoben. Der in Harstad ernannte Nachfolger hat es abgelehnt, die Bürger- meistergeschäfte zu übernehmen, da er sich mit dem Vorgänger solidarisch erklärt. Die Bür- germeistergeschäfte müssen deshalb vorläufig vom Polizeimeister wahrgenommen werden. Das Eintreffen einer besonderen Kommission aus Oslo, die im Auftrage des Minister- präsidenten Untersuchungen gegen verschiedene führende Persönlichkeiten von Partei und Staat durchführen soll, hat größeres Aufsehen erregt. In weiten Bevölkerungskreisen erwartet man die Absetzung des Fylkesfiihrers Hoff, Tromsö. Weiterhin wird aus Hammerfest gemeldet, daß dort Spannungen zwischen der Bevölkerung (besonders NS-Kreisen) und dem Bürgermeister Berg entstanden seien. Es würden gegen ihn insbesondere deshalb Vorwürfe erhoben, weil er seine amtliche Stellung zu persönlichen Vor- teilen ausgenützt habe. Zur Person des Berg sei bemerkt, daß er sich absolut fur die deutschen Belange, insbesondere für die Wehrmacht einsetzte. Äußerungen von ihm lassen auf eine grundsätzliche Deutschfreundlichkeit schließen. Zum Streit zwischen Fylkesmann und Fylkesförer Thor Β e k e η g einerseits und dem Poli- zeipräsidenten Holtskogin Kirkenes andererseits wird gemeldet, daß Bekeng in NS- Kreisen kein besonderes Ansehen genieße und von gegnerischen Kreisen wegen seiner fach- lichen Mängel, seiner Charaktereigenschaften und seines überheblichen Wesens abgelehnt werde. Es mangle ihm auch innerhalb seiner eigenen Verwaltung an Autorität. Demgegenüber habe es Holtskog in kurzer Zeit verstanden, seine ihm unterstellten Polizeidienststellen füh- rungs- und haltungsmäßig in anerkennenswerter Weise auszurichten. Auch seine Zusammen- arbeit mit deutschen Dienststellen könne als ausgesprochen gut bezeichnet werden. Zusammenfassend wird für den Bereich von Nordnorwegen (Kirkenes, Harstad, Tromsö) berichtet, daß die besondere militärische Situation, die durch die zunehmenden Fliegerangeriffe gekennzeichnet werde, nicht ohne Auswirkung auf die norwegischen Ver- waltungsbehörden geblieben sei. Es bestehe ein eindeutiges Interesse daran, daß unter den führenden Persönlichkeiten Gegensätze vermieden und Veränderungen in den Stellen- besetzungen verhindert würden. Es müsse auf das Verbleiben eingearbeiteter und persönlich starker Kräfte unbedingt Wert gelegt werden. Im Zusammenhang mit den gemeldeten Verabschiebungen der Bürgermeister von Tromsö und Harstad sei erwähnt, daß nach verschiedenen Berichten das Innenriksdepartement bestrebt sein soll, ausgesprochen deutschfreundlich eingestellte Verwaltungsbeamte aus ihren Stellungen zu entfernen. So seien beispielsweise der Bürgermeister Rognerud, Toten, der Bürgermeister W i η j e, Horten, der Bürgermeister Gjermund Graver, Hovin-Telemark, und der stellvertretende Bürgermeister H.S. Graschalen, Hovin-Telemark, abgesetzt worden, die als besonders deutschfreundlich gelten. Die Aktion des Direktors im norwegischen Rundfunk, Roald D y s t h e gegen den Innen- minister H a g e I i η , die im Spätsommer vorigen Jahres auch über die Partei hinaus Aufsehen

1269 Mai 1944 erregte (s. Meldungen aus Norwegen Nr. 59), ist nunmehr in ein neues Stadium eingetreten. Dysthe hatte bekanntlich am 7.8.43 einen Brief an Minister Hagelin gerichtet, in dem er diesen an Hand von 9 „Fällen" der Korruption bezichtigte. Zur Untersuchung der Vorwürfe Dysthes wurde vom Ministerpräsidenten Q u i s 1 i η g ein Untersuchungsausschuß bestehend aus den Ministeren R i i s η a e s und Lippestad, sowie dem Expeditionschef L j u η g berg eingesetzt. Der rund 80 Maschinenseiten umfassende Bericht dieses Ausschusses ist nunmehr dem Ministerpräsidenten vorgelegt worden. Der sehr vorsichtig abgefaßte Bericht kommt zu dem Ergebnis, daß die gegen Minister Hagelin erhobenen Vorwürfe nur in wenigen Punkten als zutreffend zu erachten, in ihrer Gesamtheit aber doch nicht sehr gravierend seien. Demgegenüber könne Dysthe nicht der Vorwurf erspart bleiben, daß sein Vorgehen, ins- besondere die Zusendung einer Abschrift seiner Beschuldigungen an den Staatsadvokaten in Oslo, wodurch auch eine außerhalb der Partei stehende Dienststelle Kenntnis von den gegen Hagelin erhobenen Vorwürfen erhielt, parteischädigend gewesen sei. Die Denkschrift befaßt sich sodann noch in ihrem letzten Abschnitt mit der Handlungsweise des Reichsadvokaten. Ihm sei insofern eine gewisse Rüge zu erteilen, als er ohne Zustimmung des Minister- präsidenten gegen Dysthe Anklage beim Volksgerichtshof wegen Verleumdung erhob. Der Reichsadvokat habe nicht erkannt, daß die Worwürfe des Direktors Dysthe keine allgemeine Strafsache sei, sondern größere politische Bedeutung habe. In den letzten Wochen wurde bekannt, daß der Bürgermeister von Aker, Skalm Bang, einem Ersuchen des Ministers Hagelin nachgekommen ist, sein steuerbares Einkommen von Kr. 18.000 - auf Kr. 8.000 - herabzusetzen. Minister Hagelin habe dies damit begründet, daß sein Repräsentationsfonds in Höhe von jährlich Kr. 30.000 - nicht ausreichen würde und deshalb sein steuerbares Einkommen um Kr. 10.000 - herabgesetzt werden müsse. Bürgermeister Bang hat dem Ersuchen stattgegeben und eine entsprechende Regelung sowohl rückwirkend für das vergangene, als auch für das kommende Steueqahr verfügt. Hierzu wird bemerkt, daß Hagelin ein derartiges Verlagen bereits an den früheren Bürgermeister Stenersen gerichtet hatte, das von diesem aber abgelehnt wurde.

Recht. Die Spannungen zwischen Justizdepartement und Osloer Rechtsanwälten (vgl. eingehende Ausführungen in den Meldungen aus Norwegen Nr. 67 vom 2.4.44), die aufgrund eines Rund- schreibens zur Erfassung der juristischen Hilfskräfte entstanden waren, haben bisher zu keinen Weiterungen geführt. Am 15. Mai beschlagnahmte die norwegische Staatspolizei bei 13 Oslo- er Rechtsanwälten, die als absolute Gegner bekannt waren, das Gesamtvermögen. 3 davon sollten zusätzlich festgenommen werden. Beim Zugriff mußte jedoch festgestellt werden, daß einer davon wahrscheinlich Norwegen bereits illegal verlassen hatte.

Urteile des SS- und Polizeigericht Nord. Im ersten Quartal 1944 sind durch das SS- und Polizeigericht Nord gegen Norweger Geld- strafen in 107, Gefängnisstrafen in 112, Zuchthausstrafen in 20 und Todesstrafen in 5 Fällen verhängt worden. In 9 Fällen handelte es sich um Mitglieder der illegaln KP Norwegen, in 8 Fällen um Angehörige von Militärorganisationen, in einem Fall wegen Feindpropaganda und in einem weiteren Fall wegen Beihilfe zur Fahnenflucht. Das Urteil zweier zum Tode ver- urteilter Mitglieder einer Militärorganisation wurde aufgrund ihrer Jugendlichkeit aufgehoben und beide in die Jugendabteilung im Polizeihäftlingslager Grini zur politischen Erziehung eingewiesen. Im Bereich von Kristiansand waren die Todesurteile gegen Angehörige einer Militärorgani- sation frühzeitig in der Bevölkerung bekannt geworden. Um die Begnadigung zu erreichen,

1270 Mai 1944 wurden in einigen Orten listenmäßig Unterschriften gesammelt, die dann mit einem An- schreiben dem Reichskommissar zugeleitet werden sollten. Diese Unterschriftslisten wurden vorwiegend bei Behörden, u.a. auch bei einer Polizeikammer ausgelegt. Die Auslegung dieser Listen und die Vorlage bei Geschäftsleuten, Handwerkern und sonstigen Zivilpersonen ge- schah in diesen Fällen unter Zustimmung der höheren Verwaltungs- und Parteibehörden. Da derartige Bestrebungen oft von ausgesprochen gegnerischen Kreisen zu politischen Zwe- cken mißbraucht werden und ihre Hintermänner meist nicht zu erkennen sind, wurde das Poli- zeidepartment ersucht, das Auslegenlassen von Unterschriftslisten in der Öffentlichkeit zu verhindern. Aufgrund der Kristiansander Todesurteile richtete Knut H a m s u η an den Reichkommissar ein Telegramm mit der Bitte, die Verurteilten zu begnadigen. Frau Hamsun sprach auch noch persönlich beim Reichkommissar vor. In diesem Zusammenhang wurde von Tore Hamsun gesprächsweise zum Ausdruck gebracht, daß besonders seine Mutter mit Telegrammen und Bittbriefen überschüttet worden sei. Man hätte sie beschworen, „ganz Südnorwegen erwarte nun von ihr, daß sie alles daran setze, das Leben der verurteilten Norweger zu retten." Die durch Ministerpräsident Quisling verfügte Begnadigung der vom norwegischen Polizeisondergericht zum Tode verurteilten zwei Bergener Plünderer, hat innerhalb der Be- völkerung Aufsehen erregt. Die Begnadigung, die damit begründet wurde, daß keine weiteren Plünderungen erfolgt seien, wurde in Zusammenhang gebracht mit der seinerzeitigen Ver- urteilung des Polizeibevollmächtigten E i 1 e f f s e η [Eilifsen] im August 1943, wobei darauf hingewiesen wurde, daß die Begnadigung der Bergener Plünderer im Vergleich zur Voll- streckung des Todesurteils und Eileffsen völlig unverständlich sei. Eileffsen hatte sich be- kanntlich als Polizeibeamter geweigert, einem Befehl seines Vorgesetzten nachzukommen, weil die Ausführung des betreffenden Befehls angeblich nicht mit seinem Gewissen zu verein- baren war. d) Wirtschaft Explosion eines mit Sprengstoff beladenen Frachtschiffes im Hafen von Bergen. (Siehe auch Β - Gegner) Zur Reparatur der Maschine lief am 16.4.1944 das ungefähr 400 BRT große holländische Dampfschiff „Voorbode" im Bergener Hafen ein. Das Schiff fuhr im Auftrage der KMD und hatte eine Ladung von 110 to Sprengstoff, 18 Kisten Sprengkapseln und 50 Kisten Zündschnur an Bord. Diese Ladung geriet aus bisher unbekannten Ursachen in Brand, explodierte und verursachte im Stadtgebiet von Bergen durch die Explosionseinwirkung und die dadurch ent- standenen Brände große Sachschäden. Die Schwere der Explosion geht daraus hervor, daß die am Festungskai gelegene Bergenshus-Festung mit Haakonhalle und Rosenkranzturm sowie den Festungskaianlagen fast vollständig weggerissen und etwa 4000 Gebäude beschädigt wur- den. Von diesen sind rund 1000 Häuser schwer beschädigt, aber zum Teil noch wiederherzu- stellen, und 230 total vernichtet. Wenn es sich auch zum Teil um leichtgebaute Holzhäuser handelt, deren materieller Wert verhältnismäßig gering ist, so entstanden durch den Verlust einer solchen Menge von Wohnungen, Lagerräumen und Einzelhandelsgeschäften in An- betracht der schon vor der Explosion außerordentlich beschränkten Wohnverhältnisse für die norwegischen Behörden beträchtliche Schwierigkeiten. Allein die Unterbringung von über 3000 obdachlos gewordenen Norwegern stellt für die Behörden eine schwer zu lösende Auf- gabe dar, zumal von Seiten der Wehrmacht und Zivilverwaltung eine Anzahl Gebäude für dienstliche Zwecke in Anspruch genommen werden mußte. Es wird voraussichtlich keine andere Lösung möglich sein, als die z.Zt. notdürftig untergebrachten Familien zum Teil zu evakuieren. In den am meisten in Mitleidenschaft gezogenen Stadtteilen befanden sich über-

1271 Mai 1944 wiegend die Werkstätten und Wohnungen kleiner Existenzen wie Arbeiter, Handwerker, See- leute und kleiner Angestellter. Nach Angaben des Fylkesführers Astrup sind in den ersten Tagen nach der Explosion bei der Beschaffung von Wohnraum dadurch Schwierigkeiten entstanden, daß die wohlhabenden Besitzer von Groß Wohnungen unter Ausnutzung der Notlage von den Obdachlosen fur Wohn- räume Wucherpreise forderten. Fylkesführer Astrup wandte sich dieserhalb an Minister Whist, der von Ministerpräsident Quisling zur Behebung von Schäden in Bergen beauftragt und mit allen Vollmachten ausgestattet wurde, mit dem Ersuchen auf dem Verordnungswege eine einheitliche Regelung der Wohnraumfrage herbeizuführen. In einem Erlaß sollte bestimmt werden, daß die Kontrollbehörde befugt sei, ab sofort bestimmt werden, daß die Kontroll- behörde befugt sei, ab sofort mit Wirkung auf 6 Monate - unabhängig von dem Preisniveau des Jahres 1940 - den derzeitigen Verhältnissen entsprechende Mietpreise für die Ge- schädigten festzusetzen. In den letzten Tagen sollen jedoch vorgenannte Schwierigkeiten durch energisches Ein- greifen der zuständigen Verwaltungsbehörden in Bergen sowie des Fylkesführers Astrup be- hoben worden sein, weshalb es nicht mehr notwendig sein wird, durch Minister Whist eine Regelung auf dem Verordnungswege herbeizuführen. An bedeutenden wirtschaftlichen Einrichtungen wurden zerstört: Das Zollverwaltungsgebäude das Hafenkontor Verpflegungslager der Wehrmacht 2 Verwaltungsgebäude von Schiffahrtsgesellschaften, darunter der größten in Bergen, der Bergenske Dampskibsselskab, die einen Materialschaden von rund 7 Millionen Kr. festgestellt hat. 6 Verwaltungs- bzw. Lagerbäude von größeren Firmen. Wichtige Industrie-Anlagen sind nicht zerstört worden. Ein Schaden, der sich erst in späterer Zeit auswirken wird, ist dadurch entstanden, daß in einer Reiche von Lebensmittellagern die Kühleinrichtungen durch den Ausfall des elektrischen Stromes außer Betrieb gesetzt wurden. Die vorhandenen Lebensmittel sind demzufolge zwar nicht ungenießbar geworden, mußten aber zum sofortigen Verbrauch freigegeben werden. Dadurch sind die Dispositionen der Ver- sorgungsbehörden empfindlich gestört worden. Aus den von der Zufuhr aus Bergen abhängigen Orten kommen bereits Klagen über die unzureichende Lebensmittelversorgung. Die Ursachen liegen anscheinend darin, daß die für diese Orte vorgesehenen Lebensmittel teils verloren gingen, teils in Bergen verbraucht wurden. Die Stadt Bergen wurde mit Lebensmitteln gut versorgt. Der Verlust von 53 to Lebensmittel aller Art war in Bergen bisher noch nicht zu spüren. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, darauf hinzuweisen, daß an die außergewöhn- lichen Aufgaben, vor welche die wirtschaftlichen Institutionen und Betriebe durch die Ex- plosion gestellt wurden, mit bemerkenswertem Einsatzeifer und großer Hilfsbereitschaft herangegangen wurde. Neben den Nothilfeorganisationen, deren Hilfsmannschaften Arbeits- leistungen an den Tag legten, die alles bisher von den Norwegern in leistungsmäßiger Hinsicht Gezeigte in den Schatten stellten, verdient besonders die Tätigkeit der Bergener Handwerks- und Industrie-Vereinigung hervorgehoben zu werden, der die Leitung der Wiederherstellungs- arbeiten übertragen wurde. Die Organisation dieser wirtschaftlichen Vereinigung von Hand- werks- und Industriebetrieben hat sich gut bewährt. Die bezirklich angegliederten Fach- gruppen, die von den bewährtesten Fachleuten geleitet werden, konnten in kürzester Zeit in wohlorganisierter Form mit den Arbeiten beginnen und die dringensten schon bis zum Abend nach der Explosion erledigen.

1272 Mai 1944

Allgemein ist man in Bergen über die Großzügigkeit erstaunt, mit der die Versorgungshe- hörden die Hilfsmaßnahmen eingeleitet hatten. Als Beispiel wird die Betreuung der Ge- schädigten in versorgungsmäßiger Hinsicht genannt. Es sind zwar sogenannte Legitimations- karten, die zur Teilnahme an den öffentlichen Speisungen und zum Empfang von Ratio- nierungskarten fiir Lebensmittel und Bekleidungsgegenstände berechtigen, ausgestellt worden, um die unberechtigte Inanspruchnahme von Hilfeleistungen zu verhindern. Der Umstand jedoch, daß die Antragsteller diese Ausweise ohne Nachprüfung ihrer Angaben erhielten, ließ die Möglichkeit zu Betrügereien offen. Tatsächlich liegen Meldungen darüber vor, daß voll- kommen gesunde Norweger mit Hilfe von angelegten Verbänden, die als ausreichender Be- weis für erlittenen Schaden gewertet wurden, Legitimationskarten als Explosionsgeschädigte erhielten. Insgesamt sind bisher 12.159 derartige Ausweise ausgestellt worden. Zum Empfang von Lebensmitteln haben sich dann auch derart viel Menschen gemeldet, daß die Bevölkerung durch öffentliche Aufrufe ermahnt werden mußte, nur im Falle wirklicher Not von den Lebensmittelausgaben Gebrauch zu machen. - Besonders deutlich tritt die Großzügigkeit der Versorgungsbehörden bei der Ausgabe von Rationierungskarten und Schuhbezugsscheinen zutage. Es wurden bisher 8240 Rationierungskarten und 5197 Schuhbezugscheine ausgestellt. Die von hier befragten Stellen waren sich durchweg darüber einig, daß viele Leute die Be- zugsberechtigungen zu Unrecht erhalten haben. Es ist beobachtet worden, daß gerade die- jenigen, welche mit verhältnismäßig geringen Schäden davon gekommen sind, als allererste auf den Bezugscheinausgabestellen erschienen und um Erstattung angeblich verlorengegangener Lebensmittelkarten oder um Ausstellung von Bezugscheinen zur Ersatzbe- schaffung für vernichtete Bekleidungsstücke nachsuchten. Diese Leute sind auch von Geschäft zu Geschäft gelaufen, um die Bezugscheine möglichst schnell einzulösen, während die wirk- lich schwer Geschädigten in erster Linie an die Bergung ihrer letzten Habseligkeiten dachten. Die Großzügigkeit des Versorgungsamtes bei der Ausstellung von Bekleidungs- und Schuh- bezugscheinen ist umso unverständlicher, als nach den bisherigen Feststellungen kein Aussicht besteht, daß die ausgegebenen Kleiderkarten und Bezugscheine vollzählig eingelöst werden können. Das Verzorgungsamt hat durch eine Rundfrage bei sämtlichen Geschäften in Bergen festgestellt, daß folgende Mengen Textilwaren vorhanden sind: 388 Herrenmäntel 1300 Herrenanzüge 420 Damenmäntel 1809 Arbeitsanzüge 6000 Garnituren Damenwäsche 6000 Garnituren Herrenwäsche 6000 Garnituren Kinderwäsche 4000 m Bettleinen 2000 Wolldecken 3000 m Gardinenstoff. Wenn der tatsächliche Warenbestand der Geschäfte auch zweifellos etwas höher ist, als oben angegeben, so kann doch bereits mit Sicherheit behauptet werden, daß er bei weitem nicht ausreicht, den Bedarf zu decken. Die Folgen dieses nicht zuletzt durch die Handlungsweise des Versorgungsamtes heraufbe- schworenen Zustandes zeigen sich bereits. Die Leute; welche Kleiderkarten bekommen haben (bei Totalverlust werden 900 Kleiderkartenpunkte ausgehändigt), sind bereit, für ein Be- kleidungsstück wesentlich mehr als den wirklichen Punktwert abzugeben, nur um in den Besitz der gewünschten Waren zu kommen. Aus der Fülle der besonderen Maßnahmen, die auf wirtschaftlichem Gebiet zur Über-

1273 Mai 1944 brückung der wirtschaftlichen Notlage ergriffen wurde, ist die Sonderzuteilung des Reichs- kommissars in Höhe von 50 Zigaretten oder der entsprechenden Menge Tabak sowie eine halbe Flasche Branntwein pro Mann fiir die „ Technische Nothilfe- und Aufräumungsmann- schaften " hervorzuheben, da diese großes Aufsehen und allgemeine Zustimmung unter der Bevölkerung hervorrief Nach Bekanntwerden der Ausmaße der Explosion entspann sich eine rege Diskussion über die Ursachen und Schuldigen der Katastrophe. Man erinnerte sich sofort wieder an die be- kannte Explosion im Dezember vorigen Jahres im Osloer Hafen, bei der ebenfalls große Zer- störungen im Stadtgebiet verursacht wurden und bemerkte hierzu, daß nach den geltenden deutsche Vorschriften 50 t Sprengstoff überall verladen werden dürften. Dies sei ein unmög- licher Zustand, da man in diesem Fall täglich mit neuen Explosionen zu rechnen habe. Die derzeitige Sabotagetätigkeit kommunistischer Elemente müsse für die Deutschen allein Grund genug sein, bei Munitionstransporten mehr Rücksicht walten zu lassen. Minister I r g e η s brachte zum Ausdruck, „daß der Hafenkapitän, der eigentlich verantwort- lich für die Vorgänge im Hafen sei, keine Kontrollmöglichkeiten habe, da die verschiedenen Wehrmachtsteile, OT und die vielen Behörden machten was sie wollten. Die norwegischen Seefahrtsbehörden seien gem bereit, den Deutschen zu helfen, um solche Unglücksfälle zu verhüten wenn die Deutschen diese Hilfe wünschten. Auf jeden Fall könne es so nicht weiter- gehen." Minister Whist erklärte bezüglich der Explosionskatastrophe in Bergen - „Diese sei ein nationales Unglück. Das was er bei seinem Aufenthalt in Bergen gesehen habe, habe er sich nicht träumen lassen. Das Ausmaß der Katastrophe könne mit der Explosion in Oslo überhaupt nicht verglichen werden. Es seien so ungeheure Kapitalien für den Wiederaufbau nötig, daß Norwegen diese nie aufbringen könne. Er wolle nunmehr mit allem Nachdruck mit den Deutschen wegen der Fernhaltung von Sprengstofflagern und mit Sprengstoff beladener Schiffe von größeren norwegischen Städten verhandeln. Bei gutem Willen müsse mit den Deuschen eine Einigung möglich sein, denn die Wehrmacht habe durch solche Explosionen wie man sie erlebt habe, auch große Unannehmlichkeiten und verliere dabei Schiffe und Sprengstoff."

BdSudSD Oslo, Meldungen aus Norwegen Nr. 69 vom 11. Juni 1944, ein Blatt fehlt, Anlage "Vortrag des Präsidenten der Deutsch-Flämischen Gesellschaft van de Whiele am 30. Mai 1944" nicht ediert BA R 70/N/12, Bl. 143-230

A. Allgemeine Stimmung und Lage, a) Stimmung. Die am 6. 6. über den norwegischen Rundfunk erfolgte Mitteilung, daß die Invasion begonnen habe, wurde von der norwegischen Bevölkerung verhältnismäßig ruhig aufgenommen. Zwar gab man in neuordnungsfeindlichen Kreisen der Begeisterung darüber Ausdruck, daß nunmehr der Tag der Befreiung in greifbare Nähe gerückt sei (an der Schwarzen Börse sanken vorüber- gehend sogar die Preise), doch machte diese Hochstimmung bald einer nüchterneren Haltung Platz. Immerhin ist die Stimmung bei der überwiegend gegnerisch eingestellten Bevölkerung durchaus zuversichtlich. Nach Meldungen aus fast allen Teilen Norwegens neigte die Bevölkerung anfänglich zu der Auffassung, daß die bisher an der französischen Küste durchgeführten Landungsunternehmen noch nicht die eigentliche Invasion darstellten. Im übrigen erwartet man, daß nunmehr auch von russischer Seite die entscheidende Offensive gegen Deutschland begonnen wird.

1274 Juni 1944

Mit einem deutlich spürbaren Gefühl der Erleichterung wurde in fast allen Kreisen der Be- völkerung die Tatsache aufgenommen, daß Norwegen von der Invasion verschont geblieben ist. Auch die inzwischen vom Londoner Rundfunk und durch Flugblätter verbreitete Weisung, den Küstenstreifen in einer Tiefe von 35 km zu meiden und die Städte bei vorheriger Warnung zu verlassen, hat bisher keine wesentliche Beunruhigung der Bevölkerung verursachen können. Von den einfachen Mitgliedern der Nasjonal Sämling wurde der Invasionsbeginn mit Be- friedigung und überwiegend optimistischer Haltung aufgenommen. Im Zusammenhang mit dem anfänglichen Ausbleiben von Meldungen über den Einsatz der deutschen Luftwaffe werden vielfach Vermutungen angestellt, in denen die Hoffnung auf eine Gegeninvasion und den Einsatz der lange angekündigten Vergeltungswaffe ausgesprochen wird. Übereinstimmend vertritt die norwegische Bevölkerung aller politischen Richtungen die Meinung, daß mit dem Beginn der Invasion der Krieg endlich in seine entscheidende Phase getreten sei. Die stimmungsmäßige Entwicklung der beiden letzten Wochen vor Beginn der Invasion war gekennzeichnet 1. durch die sich nahezu zur festen Gewißheit verdichtende Invasionserwartung und 2. durch die allgemeine innerpolitische Erregung, die verursacht wurde durch die Verordnung der Regierung vom 18. 5. 44, wonach sich die Angehörigen der Jahrgänge 1921, 22 und 23 zur Musterung flir den Nationalen Arbeitseinsatz zu melden hätten. Wie die vorliegenden Berichte erkennen lassen, standen diese beiden stimmungsmäßigen Erscheinungen in einem wechselseitigen Zusammenhang. Ganz offenbar war die von gegneri- scher Seite als Antwort auf die Verordnung vom 18. 5. ausgegebene Parole, sich in den Wäl- dern dem Zugriff der Arbeitsbehörden zu entziehen, in der breiten Öffentlichkeit als eine Mo- bilisierungsmaßnahme der Heimatfront gedeutet worden, die nur dann als gerechtfertigt galt, wenn die Invasion kurz bevorstand. In besonderem Maße wurde als Sturmzeichen die Tatsache gewertet, daß die Arbeitsflüchtigen einer gegnerischen Parole zufolge nicht, wie bisher, über die Grenze nach Schweden gingen, sondern im Lande blieben. Auf der anderen Seite war die nahezu volle Einmütigkeit, mit der der gegnerischen Flucht- parole Folge geleistet wurde, zweifellos auf eben diese Invasionsgewißheit zurückzuführen. Die Schwäche dieser von gegnerischer Seite gesteuerten stimmungsmäßigen Entwicklung lag in der Verknüpfung mit einem festen Invasionstermin. In den letzten Tagen vor Beginn der Invasion gingen aus einigen Fluchtgebieten, so z.B. aus dem Raum nördlich von Dram- men/Hokksund, sowie den Gebieten um Bö in Telemark und Lunde in Telemark, Meldungen über eine rückläufige Entwicklung der Fluchtbewegung ein, die auf die Enttäuschung der Flüchtigen über das Ausbleiben der Invasion zurückzuführen waren. In die gleiche Richtung wies eine Meldung aus der Militärorganisation, wo man offenbar befürchtete, daß die Ent- täuschung der hochgespannten Invasionshoffnungen, insbesondere unter den Flüchtigen stim- mungsmäßige Rückschläge zur Folge haben könnte. Diese sich anbahnende Stimmungskrise dürfte durch die inzwischen erfolgte Invasion zum größten Teil überwunden sein. Darüber hinaus ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die bevor- stehende Veröffentlichung der Ernennung des Fylkesförers und Fylkesmannes von Bergen, Astrup, zum Generalbevollmächtigten für den Nationalen Arbeitseinsatz von gegnerischer Seite dazu ausgenutzt werden wird, die Arbeitsflüchtigen mit Hilfe von Meldungen über die zu erwartenden Gewaltmaßnahmen der Arbeitsbehörden in den Fluchtgebieten festzuhalten. Auf der anderen Seite hat die gegnerische Steuerung der Arbeitsflüchtigen insofern eine Erschwerung erfahren, als die kommunistische Sabotage- und Partisanenleitung, die im be- sonderen Maße an der Entfachung des Bandenkrieges in Norwegen interessiert ist, durch die

1275 Juni 1944 kürzlich durchgeführte Aktion gegen ihr Hauptquartier in der Nähe von Gjövik im Augenblick in ihren Wirkungsmöglichkeiten stark gehemmt sein dürfte. Bemerkenswert an der vorstehend dargestellten Entwicklung ist die Tatsache, daß die breite Masse der Bevölkerung weiterhin zögernd, aber letzten Endes unter dem Terror der Aktivisten willig den gegnerischen Parolen Folge leistet. Die neuerlich wiederum in einem erfolgreichen Sabotageanschlag auf eine Osloer Transformatorenfabrik zum Ausdruck kommende Ver- schärfung der innerpolitischen Auseinandersetzung wird zweifellos von der Bevölkerung nicht gewünscht, nach außen hin jedoch gebilligt. Ähnlich ist auch der Verlauf der nach der Ver- öffentlichung des sowjetrussisch-norwegischen Vertrages auftretenden Befürchtungen vor einer bolschewistischen Nachkriegsbesetzung. Obgleich weite Kreise die Realität der bolschewistischen Drohung durchaus empfinden, ist man nunmehr doch wieder geneigt, sich der von gegnerischer Seite vorgebrachten Scheinargumente zu bedienen, um nicht mit dem allgemeinen Meinungsterror in Konflikt zu geraten. b) Innerpolitische Entwicklung. Aus Anlaß des Beginns der englisch-amerikanischen Invasion gab Ministerpräsident Quisling eine Erklärung ab, in der es u.a. heißt: "Der europäische Kontinent hat in unserer Zeit ein Stadium seiner historischen Entwicklung erreicht, in dem eine europäische Einheit geschaffen werden müsse, wenn die verschiedenen Staaten und Völker Europas ihre Freiheit und Existenz bewahren wollten gegen die Welt- mächte, die außerhalb Europas herangewachsen sind und die nunmehr im Zuge ihrer fort- gesetzten Expansion unseren alten Kontinent mit Zerstörung und Ausbeutung bedrohen ... Unter diesen Umständen sollte die Situation für jeden Europäer klar sein, der mit der Liebe zum eigenen Vaterland und Volk das Verständnis dafür vereinigt, daß das Schicksal seines Vaterlandes nunmehr an Europas Schicksal gebunden ist. Für alle europäischen Völker ist die Aufgabe gestellt, alle Kräfte zu sammeln, um die englisch-amerikanische Einmischung in die innere Angelegenheit Europas abzuweisen und den Bolschewismus in allen Teilen des europä- ischen Festlandes niederzuschlagen und auf diese Weise eine Grundlage für die Entwicklung einer freien und glücklichen europäischen Völkergemeinschaft zu schaffen." Der durch die Arbeitsmobilisierung ausgelöste Konflikt wird nach Meldungen, die sowohl aus dem gegnerischen als auch aus dem NS-Lager vorliegen, auf beiden Seiten als eine ent- scheidende Auseinandersetzung angesehen. Für die Regierung Quisling hat die Durchführung der Arbeitsmobilisierung über den unmittelbaren Zweck der Gestellung von Arbeitskräften hinaus noch die Bedeutung eines Nachweises der bei früheren Gelegenheiten häufig auf- gestellten Behauptung, daß in Norwegen unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen durchaus eine militärische Mobilisierung durchführbar sei. Trotz des bisher nahezu totalen Mißerfolges der Arbeitsmusterung der Jahrgänge 1921/22 und 23 ist die Regierung Quisling gewillt, sich in dieser Frage durchzusetzen. Ministerpräsident Quisling... [-] wird in das Naeringsdepartement eingegliedert. Das gleiche gilt für das bisherige Schiff- fahrtsdirektorat, welches ebenfalls in das Naeringsdepartement übernommen wird, Lediglich die Abteilung Küstenschijfahrt des Schijfahrtsdirektorates wird dem Verkehrsdepartement zugeteilt. Minister Irgens soll als Konsulent für Schiffahrtsfragen weiterhin Verwendung fin- den. Minister Lippestad, der im Zusammenhang mit dem bisherigen Versagen des Nationalen Arbeitseinsatzes einer starken Kritik ausgesetzt war, hat, einer vertraulichen Meldung zufolge, bei der kürzlich in Oslo stattfindenden Fylkesförerzusammenkunft eine Rede gehalten, in der

1276 Juni 1944

Ausführungen gegen die Deutschen enthalten gewesen sein sollen. Obgleich über den Inhalt der Rede bisher weiter nichts bekannt geworden ist, darf angenommen werden, daß Lippestad sich vor seinen Parteigenossen mit Angriffen gegen die Deutschen zu entlasten versucht hat. Die sich hierin andeutende Tendenz, sich immer offener von Deutschland zu distanzieren, kommt auch in Erörterungen zum Ausdruck, die in dem Kreis um den Konsul Stören zu be- obachten sind. Hier wird erneut - diesmal jedoch in scharfen Formulierungen - eine Revolutio- nierung der gesamten deutschen Europapolitik gefordert, die die Abwendung von der bis- herigen Praxis deutscher Machtsprüche zu Gunsten einer Zusammenarbeit aller europäischen Völker auf gleichberechtigter Basis zum Inhalt hat. Als konkrete Forderung werden ausge- sprochen die Errichtung von diplomatischen Vertretungen Norwegens in Berlin und Kopen- hagen. Von der Verschaffung einer diplomatischen Vertretung in Kopenhagen erhofft man sich, bei gleichzeitiger Wiederherstellung der inneren dänischen Souveränität, die Möglichkeit der Herstellung von Beziehungen zu Finnland. Am Schluß dieses Gedankenganges steht offenbar eine enge skandinavische Zusammenarbeit, von der man auf der einen Seite eine größere Rolle Norwegens und auf der anderen Seite eine politische Einkreisung Schwedens in Skandinavien erwartet. c) Nasjonal Sämling. Die Nervosität, die sich eines Großteils der NS-Mitglieder in den letzten Wochen in steigen- dem Maße bemächtigt hatte, erreichte in den ersten Junitagen einen gewissen Höhepunkt. Äußerlich sichtbar wurde diese Entwicklung in der Interesselosigkeit der Parteimitglieder an Kundgebungen und Versammlungen. Die Auffassung, daß die gemäßigten Gegner der NS nunmehr nicht mehr so ablehnend gegenüber stünden und es nach und nach zu einer Ver- ständigung kommen könnte, ist unter dem Eindruck der letzten Terroraktionen und politischen Morde der Furcht vor dem verstärkten Tenror des innerpolitischen Gegners gewichen. Einer Meldung zufolge sind Austrittsversuche, die allerdings seitens der Parteidienststellen nicht zur Kenntnis genommen wurden, wieder häufiger geworden. Auch Versuche besonders schwacher Parteimitglieder, sich dem politischen Gegner zu nähern, um sich für alle Fälle zu sichern, sind vorgekommen. Immun gegen diese Entwicklung sind der Hird und die Germanische SS ge- blieben. Beide Formationen sind nach wie vor bemüht, mit deutschen Dienststellen zu- sammenzuarbeiten. Auch fuhrende Persönlichkeiten sind von dieser Entwicklung innerhalb der NS erfaßt wor- den. Minister Lippestad, der bei einer "Protestkundgebung gegen den Verrat der Exilregierung" in Sarpsborg, bei der ungefähr 70 NS-Mitglieder anwesend waren, sprach, machte dort ver- schiedene Äußerungen, die sehr schnell über den Kreis der Versammlungsteilnehmer hinaus zum Tagesgespräch wurden. Angeblich soll Minister Lippestad im Laufe seiner Rede erklärt haben, daß er bisher immer geglaubt hätte, Deutschland würde den Krieg allein gewinnen. Nach den Ereignissen der letzten Monate sei er aber anderer Auffassung geworden. Es werde noch viel Blut von Männern der NS fließen müssen, falls der Krieg überhaupt eines Tages von den Deutschen gewonnen werden würde. Jeder müsse damit rechnen, daß es ihn eines Tages treffe. In dem weiteren Verlauf der Rede erklärte der Minister, man müsse endlich damit auf- hören, übersetzte deutsche Propaganda in Norwegen zu machen. Das Borre-Treffen, das Pfingsten stattfand, war außerordentlich schwach besucht. Nur 1/3 der Teilnehmer des Voijahres nahm an dem Treffen teil. Die geringe Teilnahme war einerseits auf Transportschwierigkeiten, andererseits auf Gerüchte, daß Sprengstoffanschläge gegen die Eisenbahnzüge geplant, sowie englische Fliegerangriffe zu erwarten seien, zurückzuführen. An dem Treffen beteiligten sich in der Hauptsache Einheiten der uniformierten Formationen Nas-

1277 Juni 1944 jonal Sämlings. Neben Hird, Germanischer SS, NSUF und den uniformierten Frauen- abteilungen nahm erstmalig eine Abteilung von Hirdens Bedriftsvern (Betriebsschutz) in neuen Uniformen mit deutschen Rangabzeichen an dem Vorbeimarsch vor Quisling teil. Außer der Germanischen SS fiel die Hird-Marinejugend, an ihrer Spitze 12 norwegische Freiwillige in der deutschen Kriegsmarineuniform, durch straffes Auftreten besonders auf. Bei der Kund- gebung sprach einleitend Fylkesförer Tjersland, der Fylkespropagandaleiter von Oslo, Myklebust, und anschließend Minister Fuglesang. Alle drei Redner befaßten sich in der Haupt- sache mit der bolschewistischen Gefahr. Besonders Myklebust erntete starken Beifall. Im Fylke Hedmark-Opland setzte der dortige Fylkesförer Axel Aass die Serie seiner Ver- sammlungen, zu denen er schriftlich eingeladene Gegner, die nicht erschienen, zwangsweise durch Hirdmänner vorführen ließ, fort. Am 23. Mai wurde in Gjövik eine solche Versammlung mit Minister Fuglesang als Redner abgehalten. Von 170 eingeladenen Gegnern erschienen nur 70. Die übrigen wurden zwangsweise vorgeführt. Die zwangsweise Vorgeführten wurden anschließend für 24 Stunden in Haft genommen. 14 Personen, die als Kommunisten bekannt waren, wurden in Haft behalten. Schüler höherer Lehranstalten versuchten zu demonstrieren. Drei Gymnasiasten wurden von der Schule entfernt. Die Absicht der Fylkesführung, bei einigen Personen das Vermögen teilweise oder ganz einzuziehen, wurde in der Notiz einer Provinzzeitung des Fylkes veröffentlicht. Am 24. 5. wurde in Lillehammer eine ähnliche Versammlung abgehalten. Auch hier erschien ein Teil der schriftlich geladenen Gegner nicht. Die Nichterschienenen wurden wiederum einschließlich der Schaulustigen zwangsweise in das Versammlungslokal gebracht. Wie aus den vorliegenden Berichten hervorgeht, hat das Vorgehen gut gewirkt. Die Achtung vor der NS sei gestiegen. Die Versammlungsreihe soll, wie seitens der dortigen NS-Kreise verlautet, in Ringebu und anderen Orten des Fylkes fortgesetzt werden. Im Fylke Buskerud wurde seitens einzelner Lagförer versucht, der Interesselosigkeit der Mitglieder an Versammlungen mit Einberufungsbefehlen zu begegnen. In den Befehlen wurde mit "Konsequenzen" gedroht. Von den Einberufenen erschien nur die Hälfte. Unter dem Eindruck der letzten Sabotagehandlungen und der Anschläge auf Angehörige der NS, ist die Waffenfrage innerhalb der NS außerordentlich stark in den Mittelpunkt des Interes- ses getreten. Besonders in Oslo und Südnorwegen machen sich führende Persönlichkeiten der Partei zum Sprecher der NS-Mitglieder, die in immer dringlicherer Form Waffen verlangen. Fylkesförer Dr. Haereid erklärte anläßlich einer Zusammenkunft mit Wehrmachtsoffizieren des dortigen Standortes, daß es doch komisch sei, daß nicht einmal ein norwegischer Gauleiter eine Waffe erhalte. Es gehe ja schlecht, "wenn er an die schwarze Börse gehen müsse, um dort nach einer Waffe Umschau zu halten". In Drontheim befaßt sich ein Teil der NS-Mitglieder in der letzten Zeit kritisch mit der Person des Ministerpräsidenten Quisling. Der Ausgangspunkt dieser Kritik war die Be- gnadigung der beiden anläßlich der Explosionskatastrophe in Bergen zum Tode verurteilten Plünderer. Die Begnadigung wurde als Inkonsequenz Quislings bezeichnet. Dieser In- konsequenz Quislings seien auch die Verhältnisse in der Partei zuzuschreiben. Mit dem Beginn der Invasion an der französischen Küste hat sich die Nervosität in den Rei- hen der NS spürbar gelegt. Übereinstimmend erklären NS-Mitglieder, daß man nun aufatme. Nach den ersten Berichten von den Kämpfen sind wieder Anzeichen eines festeren Glaubens festzustellen. Aus Berichten zahlreicher NS-Mitglieder geht hervor, daß fast alle NS- Mitglieder, die im Besitz eines Radiogerätes seien, in den ersten drei Invasionstagen jede Lon- doner norwegische Sendung abgehört hätten. Die deutschen Wehrmachtsberichte hätten sich jedoch stark beruhigend auf die NS-Mitglieder ausgewirkt.

1278 Juni 1944

Germanische SS Norwegen.

Zur einheitlichen Ausrichtung wurden im Monat Mai 250 Angehörige der Germanischen SS zu einem Ausbildungslager in Holmestrand zusammengezogen, wobei das Schwergewicht neben einer weltanschaulichen Ausrichtung in einer waffenmäßigen Ausbildung lag. Die SS- Männer unterzogen sich mit innerer Anteilnahme und einem beachtlichen Schwung ihrer Aus- bildung, die die GSS nicht nur in Bezug auf den geplanten Einsatz für den Fall einer Invasion zweckentsprechend vorbereitete, sondern darüber hinaus auch den Korpsgeist wesentlich be- lebte. Einen Höhepunkt der politischen Schulung bildete ein Vortrag des Landesleiters der Deutsch-Flämischen Gesellschaft, SS-Sturmbannführer von de W h i e l e auf einem Kameradschaftsabend. Die Ausführungen van de Whieles, der, wie SS-Standartenfiihrer Feldmayr, mit seiner Rede ein eindeutiges Bekenntnis zum Führer und zur großgermanischen Idee ablegte, machten auf die Männer einen nachhaltigen Eindruck, umsomehr, als auch in diesem Fall der Vertreter eines anderen germanischen Landes das aussprach, was in Norwegen von maßgeblicher norwegischer Seite bisher vermißt wurde. Van de Whiele, der zuvor im Storting anläßlich eines vom Höheren SS- und Polizeiführer Nord angesetzten Appells vor dem Führerkorps der SS und Polizei und geladenen norwegischen Gästen wie Minister Lie, Minister Stang, Generalmajor Marthinsen, Hirdstabsleiter Saether u.a. den gleichen Vortrag gehalten hatte, ging unter dem Thema "Die Probleme der Gegenwart" u.a. auf die Grundsätze für die politische Arbeit der Deutsch-Flämischen Arbeitsgemeinschaft ein, die in der Forderung der bedingungslosen Treue zu Führer und Reich gipfelten. Dabei warnte van de Whiele - wie seinerzeit auch der Führer der Germanischen SS Niederlande, SS-Standar- tenführer Feldmayr - vor partikularistischen Bestrebungen, denen er sein grenzenloses Ver- trauen zum Führer in Bezug auf die Gestaltung Europas nach dem Kriege gegenüber stellte. Van de Whiele hinterließ bei seinem kurzen Besuch den Eindruck eines überzeugten Vor- kämpfers für den großgermanischen Gedanken und großen Idealisten. Im Rahmen einer Audienz beim Ministerpräsidenten schilderte van de Whiele die politische Arbeit in Flandern, wobei er betonte, daß es heute in erster Linie darauf ankäme, den Sieg zu erringen. Der Weg dazu und insbesondere das, was nachher geschehe, sei jetzt nicht dis- kutabel. Das Vertrauen zum Führer sei der Garant für eine gerechte Neuordnung Europas nach dem Kriege. Quisling bemerkte hierzu, daß man norwegischerseits diese Auffassung nicht vertreten könne, sondern bereits jetzt, also vor Kriegsschluß, die künftige Stellung Norwegens festgelegt wissen wolle. Er (Quisling) glaube nicht, daß es zu einem totalen Sieg Deutschlands kommen werde. Nach seiner Auffassung werde der Krieg mit einer allgemeinen Erschöpfung der kriegführenden Mächte enden. Den Abschluß des Ausbildungslehrganges in Holmestrand bildete ein Aufmarsch der Lehr- gangsteilnehmer am 3. 6. vor dem Schloß in Oslo. In Anwesenheit des Chefs des SS- Hauptamtes, SS-Obergruppenführer Berger, hielt der Ministerpräsident zu den Männern der Germanischen SS eine Rede, die er mit den Worten einleitete: "Kameraden der Germanischen SS, es freut mich, Eure Abteilung heute hier zu sehen. Ihr wißt alle, daß der schwere Kampf, der das Los unserer Generation ist, für unser Volk und Vaterland zu führen und für die Errettung der europäischen Zivilisation von Tag zu Tag härter wird. Ihr wißt alle, um was es geht..." Weiter betonte Quisling in seiner Rede: "Was nun diesen geistigen Kampf betrifft, so habt ihr in der Germanischen SS Norge eine besondere Aufgabe. Unsere Bewegung baut sich ja, wie ihr alle wißt, auf der Betrachtung auf, daß die SS eine besondere Organisation mit der speziellen Aufgabe ist, den Zusammenhang

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und das Gemeinschaftsgefühl zwischen unserem norwegischen Volk und unseren germani- schen Brudervölkern zu stärken und zu entwickeln ..." Quisling ging in seinen Ausführungen sodann auf die Verhetzung der norwegischen Jugend in Bezug auf Arbeitsdienst und Nationalen Arbeitseinsatz ein und versuchte, die Argumente der politischen Gegner, daß es sich bei der Einberufung der norwegischen Jugend zum Arbeits- dienst und zum Nationalen Arbeitseinsatz um eine Mobilisierung handle, durch einen Ver- gleich mit der Heranziehung wehrpflichtiger junger Männer Norwegens während des Welt- krieges für eine mehrjährige Neutralitätswache zu entkräften. Schließlich kündigte Quisling die gewaltsame Durchfiihrung des Arbeitsprogramms mit den Worten an: "Wir werden den Arbeitseinsatz durchsetzen. Und ihr in der Germanischen SS Norge sollt dabei sein. Der nationale Arbeitseinsatz in Norwegen wird 100%ig durchgesetzt werden. Alle öffentlichen und staatlichen Machtmittel sowie alle Parteiorganisationen werden zusammen- gezogen werden, um diesen Arbeitseinsatz, der zur Rettung unseres Vaterlandes in diesem Kampf so notwendig ist, durchzuführen ..." Die Männer der Germanischen SS fühlten sich durch die Rede Quislings mehr als es bei frühe- ren Ansprachen der Fall war, angesprochen. Dem Appell auf dem Schloßplatz schloß sich ein Propagandamarsch durch Oslo an, wobei die mit Stahlhelm und Waffen ausgerüstete Einheit allgemein einen ausgezeichneten Eindruck hinterließ. Der Ausbildungslehrgang in Holmestrand schloß mit einer Feierstunde in der Aula der Uni- versität Oslo, bei der der Chef des SS-Hauptamtes, SS-Obergruppenführer Berger, zu den SS- Männern sprach. Der SS-Obergruppenführer ging in seinen Ausführungen von der anfäng- lichen Verkennung der militärischen Stärke Sowjet-Rußlands aus, schilderte die materielle und geistige Mobilisation des Bolschewismus und zeigte an Hand dieser Entwicklung die Not- wendigkeit des Zusammenschlusses der Europäer insbesondere der germanischen Stämme in der Abwehr der Gefahr aus dem Osten auf. Insbesondere ging SS-Obergruppenführer Berger in diesem Zusammenhang auf die Auf- gaben der Germanischen SS als Brücke zwischen den germanischen Völkern ein. Die Worte des SS-Obergruppenführers sowie die in ihrer Durchfiihrung gut angelegte Feierstunde hinter- ließen sowohl bei den Männern der Germanischen SS wie bei den Gästen einen bleibenden Eindruck. Innerhalb des Hird ist man nicht ohne Neid auf den inneren Kräftezuwachs der Germani- schen SS aufmerksam geworden. Man sieht in der Germanischen SS eine an Aktivismus und Geschlossenheit für norwegische Begriffe nicht mehr einzuholende Formation, die den Hird mehr und mehr in den Schatten stelle. Stabsleiter Saether brachte in diesem Zusammenhang zum Ausdruck, daß er im Hird eine großzügige Propaganda für den großgermanischen Ge- danken durchzuführen beabsichtige, um auf diese Weise dem Hird Auftrieb zu geben und damit der Germanischen SS ein Gegengewicht zu geben.

Norwegischer Arbeitsdienst. Die Gegnerfront war in der zweiten Maihälfte weiterhin eifrig bemüht, die Einberufungen zum norwegischen Arbeitsdienst zu stören. Führend und besonders aktiv war der Londoner Rund- funk, über den die "Norwegische Heimatfront" den von illegalen Kreisen in Norwegen ge- tragenen Boykott gegen den Arbeitsdienst zu beleben versuchte. In ausführlichen Dar- stellungen wurde u.a. behauptet, der Norwegische Arbeitsdienst (AT) habe sich seit 1940 aus einer scheinbar harmlosen nationalen Einrichtung in Folge deutschen Einflusses (s. auch die

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Einführung des "Hitlergrußes") und auf dem Wege über eine "kulturelle Erziehung" zu einer nationalsozialistischen Institution, einem Mittelding zwischen einer norwegischen Hitleijugend und einer Militärformation, entwickelt. In einem Boykottaufruf an die norwegische Jugend heißt es u.a.: "Wo wirst Du beim Endkampf stehen? Willst Du unter NS-Befehl stehen, wenn Du 4 Jahre lang erfahren hast, was es heißt, Nazi ... zu sein? Wenn Du diesem entgehen willst, dann tritt nicht in den AT ein. Aber ist denn das so gefahrlich, fragst Du vielleicht, der und der hat sich ja im vorigen Jahre beteiligt. Aber in diesem Jahr ist es gefährlich. Findet eine Invasion hier im Lande statt, so werden die Deutschen und die NS-Offiziere bestimmt diejenigen, die sich in AT-Lagern befinden, internieren, d.h. die Jungen und Mädchen werden mit einemmal Kriegs- gefangene oder Geiseln oder wenn mobilisiert werden sollte, dann geht der AT direkt zum deutschen Kriegsdienst über; die Jungen mit der Waffe in der Hand während die Mädchen irgendeine Arbeit flir die deutsche Wehrmacht verrichten müssen. Vielleicht kommen die Leitenden auch zu dem Ergebnis, daß Deutschland Arbeitskräfte braucht und die AT-Jugend wird nach Deutschland überführt. Das ist zu erwarten. Über 10 Millionen Ausländer arbeiten zur Zeit in Deutschland und wir wissen, wie es unseren 700 Studenten ergangen ist. Halte Dich von allen diesen Möglichkeiten fern, tritt nicht freiwillig ein." Auch die schwedische Presse widmete dem Boykott gegen den AT mit entsprechend tenden- ziöser Aufmachung einen breiten Raum. Die Zeitungen berichteten über "einen neuen Zustand intensiver Spannung als Folge der Enthüllungen über eine beabsichtigte Mobilisierung durch Quisling", der in seiner am 15. Mai 1944 vor der Universität gehaltenen Rede vor aller Öffentlichkeit erklärt habe, "wir müssen alle unsere materiellen Hilfsquellen in den Kampf werfen und unsere Kräfte auf Deutschlands Seite einsetzen". Offenbar bewußt wurden sowohl in der schwedischen Presse als auch in den Londoner Sendungen und gleichermaßen in den weiterhin in Umlauf gebrachten Flugblättern, deren Inhalt den Londoner Sendungen angepaßt war, norwegischer Arbeitsdienst und Nationaler Arbeitseinsatz in einem Atemzuge genannt, um die an sich schon vorhandenen Verwechselungen dieser Einrichtungen und das bestehende Durcheinander noch zu steigern. Offenbar aus der Erkenntnis, daß alle bisher angewandten Mittel nicht zu den gewünschten Resultaten führten, ging der Gegner in diesen Tagen einen Schritt weiter und versucht jetzt durch mehr oder weniger scharfe Drohungen insbesondere die Führer des AT mittels anony- mer Briefe einzuschüchtern und zur Aufgabe ihrer Stellungen zu veranlassen. Den AT-Führem wurde anonym folgender Aufruf des "Norwegischen und alliierten Kontrollkomitees in Nor- wegen" übersandt: "Aufruf an das gesamte AT-Personal. Es wird dem gesamten Personal des AT anheim gestellt, seine Stellungen bis zum 14. Juni 1944 zu kündigen und auszutreten. Diejenigen, die aus Vaterlandsliebe und loyal diese Forde- rung befolgen, werden in jeder Hinsicht unterstützt und unter der gesetzlichen norwegischen Regierung gute Stellungen erhalten. Es wird darauf hingewiesen, daß S.M. der König gerade von den früheren Offizieren des Heeres und der Marine erwartet, daß sie diesen Aufruf be- folgen. Alles Personal des AT, männlich wie weiblich, das diesen Befehl nicht befolgt, wird als Nazist und Landesverräter betrachtet und muß die Folgen hiervon tragen. Es wird abgeraten, ab 15. Juni AT-Uniformen zu tragen. Der Kampf wird verschärft. Vom norwegischen und alliierten Kontrollkomitee in Norwegen." Über diese Stimmungsmache gegen den Arbeitsdienst hinaus unternahmen illegale Kreise

1281 Juni 1944

Aktionen, die rechtzeitig erkannt und unterbunden werden konnten (s. auch Teil B-Gegner der "Meldungen aus Norwegen"). Die Nachprüfung der Gründe für das Nichterscheinen von 108 Einberufenen von 150 Ge- stellungspflichtigen in Lunde führte zu der Feststellung, daß gegnerische Elemente die Arbeits- dienstpflichtigen an der Gestellung mit der Drohung gehindert hatten, sie würden bei der Befreiung Norwegens vor ein Militärgericht gestellt werden, falls sie der Meldepflicht nach- kämen. Gleichzeitig wurde den Arbeitsdienstpflichtigen die Beschaffung sicheren Aufenthaltes und die Versorgung mit Proviant zugesagt. Einer der festgestellten Hetzer, Fabrikarbeiter Olaf Hansen Moen aus Lisle - Herad, wurde daher vom norwegischen Sondergericht am 22. 5. zum Tode verurteilt, eine in der norwegischen Öffentlichkeit viel besprochene und nicht zuletzt bei den Arbeitsdienstpflichtigen stark beachtete Maßnahme. Das Urteil gegen Moen wurde voll- streckt. Einer in Lillehammer von Rechtsanwalt Sandvik und Provisor Grundvik einberufenen Protestversammlung gegen die Einberufung zum AT folgten 25 Dienstpflichtige, zu denen die erwähnten Versammlungsleiter unter Verlesung eines Flugblattes "Schluß mit dem Arbeits- dienst" (Text einer Londoner Rundfunksendung) sprachen mit dem Erfolg, daß nach Be- endigung der Kundgebung 80% der Anwesenden erklärten, der Einberufung nicht Folge zu leisten. Sämtliche Versammlungsteilnehmer, einschließlich der Einberufenden, wurden fest- genommen, die AT-Pflichtigen jedoch später dem zuständigen AT-Lager überstellt. In Haugesund (Kommandeurbereich Stavanger) hielten über 20 Jugendliche eine Ver- sammlung vor der Stadt im Freien zu dem Zweck ab, sich darüber klar zu werden, wie man sich zur Arbeitsdienstpflicht verhalten solle. Auch hier gelang es, die Mehrzahl der Teilnehmer festzunehmen. Durch bisher nicht ermittelte Verteiler wurden in Bergen im Rahmen einer nächtlichen Klebeaktion Flugzettel im Stadtgebiet angebracht, die im eingangserwähnten Sinne die Jugend zur Dienstverweigerung aufriefen. Es spricht daher für das Ansehen und die Stellung des AT im norwegischen Volk, daß ange- sichts dieser intensiven Hetze und trotz der zahlreichen Anschläge sowie Einzelaktionen (die Arbeitsdienstpflichtigen wurden oft bis zum Betreten des Lagers an ihrer Dienstpflicht zu hindern versucht) ein normales Einberufungsergebnis wie im Vorjahre erzielt wurde, d.h. 70% aller Gestellungspflichtigen erschienen zu den festgesetzten Terminen. Soweit sich vor Ablauf der letzten Einberufungstermine (Mittelnorwegen 9. 6.) übersehen läßt, sind lediglich etwa 5 - 8% der Einberufenen offenbar auf Grund gegnerischer Einwirkungen ferngeblieben, während bei den restlichen 20 - 25% meist entschuldbare Gründe vorlagen. In zahlreichen, vorwiegend ländlichen Bezirken wurden Meldeergebnisse von weit über 90% erreicht. Die Einberufung zum weiblichen Arbeitsdienst verlief in diesem Jahre völlig reibungslos trotz der auch hier angewandten Boykottpropaganda der "Heimatfront". Etwa 1500 Mädel rückten in ca. 40 Lager im Laufe des Monats Mai ein. Die in Elternkreisen im Vorjahre stark verbreiteten Vorurteile gegen den weiblichen Arbeitsdienst wurden durch die positiven Be- richte ausgeschiedener Maiden selbst widerlegt.

B. Gegner. Allgemeine Widerstandsbewegung und Sabotage. Die Gewaltakte zur Sabotierung des Arbeitsdienstes und des Arbeitseinsatzes wurden in den Tagen kurz vor der Veröffentlichung der Einberufung bestimmter Jahrgänge zum Arbeitsein- satz und in den Tagen nach der Veröffentlichung in verstärktem Maße fortgesetzt. Soweit dadurch Karteien und andere schriftliche Unterlagen des Arbeitsdienstes und der Arbeitsämter

1282 Juni 1944 getroffen werden sollten, hatten sie im allgemeinen wenig Erfolg für die Gegner, da diese Unterlagen größtenteils besonders gesichert waren. In den frühen Morgenstunden des 16. 5. ereigneten sich in dem Arbeitskontor in Tönsberg drei kurz aufeinanderfolgende Explosionen, die sofort einen schnell um sich greifenden Brand verursachten. Das dreistöckige Holzgebäude brannte völlig nieder. Der Anschlag galt der Kartei für die Einberufung zum Arbeitseinsatz. Da die Originale der Einberufungsunterlagen in einem Panzerschrank der Bank in Tönsberg verwahrt wurden, trat in der Tätigkeit des Arbeits- kontors nur eine vorübergehende Unterbrechung ein. - In der Nacht zum 19. 5. erfolgten in den Räumen der unter Verwaltung des Reichskommissars für die besetzten norwegischen Gebiete stehenden amerikanischen Hollerith-Gesellschaft, Watson Norsk AS Oslo, in kurzen Ab- ständen drei Explosionen mit nachfolgender Brandentwicklung. In zwei Räumen, welche die Buchungsmaschinen und Verwaltung enthielten, wurde die gesamte Einrichtung vernichtet. Die Firma hatte kurze Zeit zuvor die Karteiarbeiten für die Einberufung zum norwegischen Arbeitsdienst fertiggestellt und sollte weitere dieser Arbeiten übernehmen. Zu dem Anschlag wurden Sprengladungen in Verbindung mit Brandsätzen verwendet. - In den Abendstunden des 19. 5. wurde gegen die in Oslo, Akersgt. 55, im 3. Stockwerk gelegenen Räume des nor- wegischen Arbeitskontors ein Sprengstoffanschlag verübt. Die Täter hatten ungefähr 5 kg Dynamit in einen auf einem Flur stehenden Ofen gelegt und eine Sprengladung, die vermutlich mit einem Flüssigkeitsbrandkörper verbunden war, zur Explosion gebracht. Durch die Detona- tion wurde der Ofen zerrissen und Teile des Spreng- und Brandkörpers wurden in die gegen- überliegenden Zimmer geschleudert, wo ein Brand ausbrach, der sich über das ganze Stock- werk verbreitete. Die Räume, in denen sich die Kartei für den Arbeitseinsatz befand, wurden nur unwesentlich beschädigt. Die Kartei selbst blieb erhalten. - In der Nacht zum 20. 5. erfolgte ein Anschlag gegen das Arbeitskontor, das sich im Hause einer Krankenkasse in Vikersund (Buskerud) befindet. Vermutlich durch Molotow-Flaschen wurde ein Brand er- zeugt, der rechtzeitig gelöscht werden konnte. Der dadurch entstandene Schaden war un- bedeutend. - Am 21. 5. brach im 4. Stockwerk des Hauses Wergelandsveien 3 in Oslo ein Brand aus, der sich schnell ausbreitete und die oberen Stockwerke beschädigte. Die in dem Gründstück im 3. Stockwerk befindlichen Kontorräume des norwegischen Arbeitsdienstes wurden durch den Brand nur teilweise erfaßt. Wichtige Unterlagen gingen nicht verloren. Zwei norwegische Hausbewohner kamen durch das Feuer ums Leben, sechs andere wurden verletzt. Nach der Tat wurde vermutlich von den Tätern der Wagen des zu dem Brand herbeigeeilten Brandchefs von Oslo gestohlen. Bei der anschließend von den Dieben unternommenen Fahrt wurde ein Straßenpassant tödlich überfahren. - Am 22. 5. drangen zwei unbekannte Männer in die Räume des norwegischen Arbeitsdienstes in Drammen ein und bedrohten den Leiter des Büros und die übrigen Angestellten mit vorgehaltenen Pistolen. Nachdem sie mehrere Molotow-Flaschen auf einen Karteikasten geworfen hatten, verschwanden die Männer. Der Brand wurde rechtzeitig gelöscht. Der entstandene Schaden ist gering. - Am Abend des 3. 6. drangen zwei Männer mit zwei Sprengvorrichtungen in die Büroräume der Versicherungs- gesellschaft "Norsk Folk" in Oslo ein. In diesen Räumen befinden sich Lochkartenmaschinen, die für die Registrierung zum Arbeitseinsatz verwendet werden sollen. Die Maschinen werden seit einiger Zeit von norwegischer Ordnungspolizei bewacht. Die zwei eingedrungenen Männer drängten einen der Ordnungspolizisten zur Seite, kehrten aber, da dieser Ordnungs- polizist seinen Kameraden gewarnt hatte, vor den Büroräumen, in denen sich die Lochkarten- maschinen befinden, um, warfen die Sprengstoffpackungen von sich und flüchteten. Ein weiterer Anschlag gegen dieselben Räume wurde in der Nacht vom 7. zum 8. 6. unter- nommen. Im 6. Stock, unmittelbar über dem Raum, in dem die von der norwegischen Polizei bewachte Hollerithmaschine steht, detonierte mit hoher Stichflamme eine Sprengladung, wo- durch der Fußboden durchschlagen, der Raum selbst und ein Gebäudeflügel erheblich zerstört

1283 Juni 1944 wurden. Die Hollerithmaschine wurde nur gering beschädigt und blieb betriebsfähig. Der Anschlag ist wahrscheinlich von der gleichen Tätergruppe, die bereits am 3. 6. den Versuch zur Sprengung unternommen hatte, ausgeführt worden. In Oslo und in Skien (Telemark) sammelten sich in den ersten Tagen der Einberufungen zum Arbeitsdienst zahlreiche Personen, insbesondere Halbwüchsige, vor den Arbeitsämtern an, um die Arbeitswilligen bei ihrem Gang zu den Ämtern Spießruten laufen zu lassen. In beiden Fällen wurde sicherheitspolizeilich zugegriffen. In Oslo wurden ungefähr 250 Personen fest- genommen, von denen ein großer Teil dem Arbeitseinsatz zugeführt wurde. - In Lillehammer und in Haugesund wurden in den gleichen Tagen verbotene Versammlungen veranstaltet, in denen offen gegen den Arbeitsdienst und Arbeitseinsatz Stellung genommen wurde. In beiden Fällen wurden die Rädelsführer festgenommen. - In Notodden versuchte ein ehemaliger Kommunist, Arbeitsdienstpflichtige unter der Bedrohung, daß sie vor ein alliiertes Kriegs- gericht gestellt würden, wenn sie ihrer Dienstpflicht nachgingen, von der Meldung zum Arbeitsdienst zurückzuhalten. Er wurde festgenommen und vor ein norwegisches Sonder- gericht gestellt. Das Gericht verurteilte ihn zum Tode; das Urteil wurde kurz danach voll- streckt. - In Oslo wurde ein Expeditionschef des Arbeitsdepartements mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern festgenommen, weil die ganze Familie mehrere Arbeitsdienstpflichtige unter der Begründung, daß die Sicherheitspolizei gegen sie eine Aktion durchzuführen be- absichtige, gewarnt und ihnen angeraten hatte, in Deckung zu gehen. Die drei Täter, die am Abend des 4. 5. mit Waffengewalt in die Wohnung des Aushebungs- chefs des norwegischen Arbeitsdienstes, Major Κ j e 11 a η d in Oslo, eindrangen, um Unter- lagen für die Aushebung zum Arbeitsdienst zu vernichten (s. Meldg. a. Norw. v. 17. 5. S. 17), wurden von dem SS- und Polizeigericht zum Tode verurteilt. Es waren junge Handelsschüler, die zusammen mit anderen Schülern kurz vor Ostern dieses Jahres für eine Terrorgruppe der Militärorganisation angeworben und in Selbstverteidigungsgriffen, Gebrauch verschiedener Schußwaffen und üblicher Sprengmittel geschult worden waren. Neben den Anschlägen gegen Arbeitsdienstkontore und Arbeitsämter wurden in der Nacht vom 11. zum 12. 5. von vier unbekannten Tätern zwei für die Wehrmacht arbeitende Säge- werke in der Nähe von Hönefoss in Brand gelegt und dadurch vernichtet und am 11.5. ein Sabotageanschlag gegen das Elektrizitätswerk Tyssedal im Bereich Bergen versucht. Die Täter schlichen sich in die Nähe der Umzäunung des E-Werkes, wurden aber von dem Posten be- merkt, so daß sie vorzeitig verscheucht wurden. - Am 24. 5. wurde ein führender Angehöriger der norwegischen Staatspolizei, der Inspekteur L i η d ν i k in Oslo beim Verlassen seiner Wohnung ermordet. Die Täter lauerten Lindvik im Treppenhause auf und richteten auf ihn eine Reihe von Schüssen aus einer amerikanischen Maschinenpistole, durch die er sofort töd- lich getroffen wurde. Lindvik war bei der norwegischen Staatspolizei in Oslo Leiter der Ab- teilung für Sabotagebekämpfung und an Ermittlungen gegen illegale Organisationen führend beteiligt. Nach den bisher getroffenen Feststellungen erfolgte seine Ermordung wahrscheinlich auf Anweisung der Militärorganisation. Die Täter entkamen. Wiederum wurde ein Anschlag gegen die Erzbahn Thamshavn-Lökken verübt (s. Meldungen aus Norwegen v. 17. 5., S. 15). Drei uniformierte unbekannte Täter hielten eine Lokomotive der Lökkenbahn durch Gleissprengung an und zerstörten durch eine weitere Sprengladung die Lokomotive vollständig. Demonstrativen Charakter trugen vier Vorfälle, die sich am Abend des 14. 5. in vier Kinos in Oslo ereigneten. Dort wurden aus Magnesium bestehende Brandsätze mit Schwefelsäure- Zeitzünder von unbekannten Tätern niedergelegt. In drei der Kinos entzündeten sich die Brandsätze während der Vorstellung. Zwei der betreffenden Lichtspieltheater führten deutsche Filme, eines deutsch-norwegische Wochenschau und ein anderes einen norwegischen Film vor. Das Publikum verhielt sich ruhig, Schäden entstanden nicht. - In den Abendstunden des 18. 5.

1284 Juni 1944 entstand auf der Karl-Johan-Gate in Oslo ein größerer Menschenauflauf im Anschluß an eine Schlägerei zwischen uniformierten Legionären und Zivilisten. Durch den Einsatz des deutsch- norwegischen Schnellkommandos und der norwegischen Polizei konnte die Menschenmenge schnell zerstreut werden. Weitere Zugriffe gegen die Militärorganisation erfolgten im Räume Farsund, in Oslo und in den Abschnitten Tönsberg und Sandefjord. In Farsund wurden im Zuge der Ermittlungen ge- gen die dort bestehende Militärorganisation (s. Meldungen aus Norwegen v. 17. 5., Seite 19) wiederum 31 Personen festgenommen und weitere Lager mit u.a. 15 Behältern mit Haftminen 6 35 kg - Schiffsminen 1 Kiste mit Zündern für Minen 1 Kiste mit englischen Eierhandgranaten 28 lose Eierhandgranaten 2 angebrochene Kisten mit Gewehrmunition und 1 Kiste Pistolenmunition 9 mm gefunden. In Tönsberg und Sandefjord wurden 26 Personen festgenommen, dabei der letzte Abschnittsleiter der Militärorganisation und 3 Beamte der norwegischen Polizei als An- gehörige der Militärorganisation, sowie 14 Kanister mit Maschinenpistolenmunition und Sprengstoff gefunden. Der Führer eines Stoßtrupps der Militärorganisation, ein Polizei- beamter, wurde bei diesem Unternehmen erschossen, als er zu fliehen versuchte. - Die Er- mittlungen gegen die in der Nähe von Drammen ausgehobene Bodenorganisation (s. Meldungen aus Norwegen vom 17. 5., S. 19) haben ergeben, daß es sich in der Hauptsache um Studenten handelte, die nach der Aktion gegen die Universität Oslo sich in Deckung begeben hatten und danach von einem Instrukteur der Militärorganisation in Hütten in den gebirgigen Waldgebieten in der Nähe von Drammen geschult worden waren. Im Kommandeurbereich Drontheim wurden mit Unterstützung der SS, Polizei und Wehr- macht zyvei Großunternehmen an der Westküste zur Aufdeckung und Verhinderung dort von Feindseite eingerichteter Schiffsmeldedienste durchgeführt. Bei der Durchsuchung einer grö- ßeren Inselgruppe bei Sandnesjöen wurde auf einer Insel eine Sendestation ausgehoben und Unterlagen für die Errichtung weiterer Stationen, u.a. auch für Finnmark, erfaßt. Im Zuge dieses Unternehmens wurden insgesamt 40 Personen, die vorwiegend bei der Errichtung und Unterhaltung der Stationen Hilfe geleistet hatten, festgenommen. Bei der Festnahme eines Funkers kam es zu einem längeren Schußwechsel, in dessen Verlauf ein Polizeihauptwacht- meister, ein Marineangehöriger, ein Angehöriger der Sicherheitspolizei und drei Norweger durch Schüsse verletzt wurden. In zwei Naturhöhlen wurden vier Sendegeräte mit Zubehör, Maschinenpistolen und Eierhandgranaten aufgefunden und sichergestellt. Ein Funkagent, der die Station eingerichtet hatte, war erstmalig im Sommer 1943, zum zweitenmal im Februar 1944 in dieses Inselgebiet gekommen, um den Schiffsmeldedienst einzurichten und zu führen. Sein Transport erfolgte jeweils durch ein britisches Katalina-Flugzeug. In einem weiteren Unternehmen auf der Fosja-Halbinsel wurde ebenfalls die Spur einer Sendestation, die Schiffsmeldedienst im Drontheimljord betreiben sollte, gefunden. Der Fun- ker, dessen Personalien bekannt sind, ist flüchtig. Ein zum Transport eines Senders benutzter Kutter wurde beschlagnahmt. Im Rahmen dieser Aktion wurden 77 Personen, zum größten Teil Angehörige der Militärorganisation und einige Kommunisten, festgenommen und ein kleineres Waffenlager mit Gewehren, Revolvern, Maschinenpistolen-Magazinen und - Munition und Sabotagematerial sichergestellt. Im Zuge der Ermittlungen gegen die Täter der Anschläge an der Bergensbahn nahmen An- gehörige der norwegischen Staatspolizei am 29. 5. einen an diesen Anschlägen Beteiligten in

1285 Juni 1944 der Nähe von Hönefoss fest. Nach seiner Vernehmung wurde festgestellt, daß in einem Bau- ernhof und Pensionat "Solia" bei Brandbu (Oplandfylke) sich eine gegnerische Gruppe fest- gesetzt hatte. Mit Unterstützung einer Wehrmachteinheit griff das Kommando der norwegischen Staatspolizei dieses Gehöft an. Dabei stellte es sich alsbald heraus, daß die gegnerische Gruppe stärkere Feuerkraft, nämlich Maschinengewehre und mehr Munition be- saß, während die Kommandos der Wehrmacht und norwegischen Staatspolizei sich alsbald verschossen. Der gegnerischen Gruppe gelang es, auszubrechen. Die danach von der Sicher- heitspolizei mit Unterstützung der Ordnungspolizei und Wehrmacht durchgeführte Großfahn- dung führte zur Festnahme des Besitzers des Gehöftes "Solia" und seines Sohnes und sieben weiterer Personen. Die Ermittlungen der Sicherheitspolizei haben ergeben, daß es sich bei der gegnerischen Gruppe um eine unter Führung des berüchtigten kommunistischen Terroristen Asbjörn Sunde (Deckname "Oswald") stehende Terror- und Sabotagegruppe handelt. Sunde, der sich eine zeitlang von dem politischen Leiter der Kommunistischen Partei Norwegens Furubotn distanziert hatte, einigte sich, wie aus vorgefundenen schriftlichen Unterlagen hervorgeht, im vorigen Jahre wieder mit Furubotn und hat sich mit diesem in die Führung des Zentralkomitees der KNP geteilt. Furubotn bezeichnet sich als politischer Leiter des Zentralkomitees, Sunde als Leiter der Sabotage- und Partisanentätigkeit. Beide hielten sich mit einer Gruppe von etwa 15 bis 20 Mann auf Hütten oder Bauerngehöften auf. In dem Ge- höft "Solia" hatte sich bis Dezember 1943 Furubotn aufgehalten; Sunde zog dort mit seinen Leuten im April d.J. ein. Das Quartier Sunde bestand aus durchschnittlich 15 bis 20 Männern und einigen Frauen. Unter den Männern befanden sich ein Russe und wahrscheinlich einige Zeit auch ein geflohener deutscher Soldat. Zur Terrorgruppe Sunde gehörte eine Bande, die im März und April d.J. mehrere Überfälle und Einbrüche auf Banken, ein Rationierungsbüro und einen Tabaklagerraum in Oslo verübte. Bisher wurde festgestellt, daß von Angehörigen der Terrorgruppe Sunde außer den genannten folgende Gewaltakte durchgeführt wurden: Anschlag auf den Hauketo-Tunnel der Bergensbahn am 18. 8. 43 (s. Meldungen aus Norwe- gen v. 7. 9.43, S. 27), Einbruch in das Lensmannkontor Lunner bei Gjövik in der Nacht am 6. 5. Die dort ge- stohlenen Stempel wurden in dem Quartier Sunde aufgefunden. Anschlag gegen die Eisenbahnbrücke der Bergensbahn zwischen Hönefoss und Ask (s. Mel- dungen aus Norwegen v. 17. 5., S. 14), Anschlag gegen die Transformatoren- und Elektromotorenfabrik Per Κ u r e AS in Oslo in der Nacht vom 29. zum 30. 5. Mit diesem Anschlag wurde der kriegswichtigen Industrie in Norwegen einer der schwersten Schläge seit der Besetzung versetzt. In dem Betrieb der Per Kure AS befanden sich 25 Transformatoren, die u.a. für die Knaben- Molybdän-Gruben, Norsk Hydro AS Rjukan und für Ferro-Silizium-Schmelzwerk Arendal bestimmt waren. Der Betrieb war lediglich durch einen norwegischen Pförtner und zwei norwegische Wachmänner gesichert. Der Anschlag wurde von 11 Angehörigen der Terror- gruppe Sunde durchgeführt. Der Führer der Gruppe trug eine Maschinenpistole, einige andere hatten Pistolen. Die Täter nahmen den Pförtner und die beiden norwegischen Wachleute fest und sperrten sie zusammen mit der Ehefrau und zwei Söhnen des Pförtners im Luftschutzraum ein. Danach begaben sie sich in das Innere des Werkes und stellten dort eine Reihe von Brand- flaschensätzen auf, die sie mit Gummidynamitpatronen und Bleistiftzeitzündern mit Spreng- kapseln versehen hatten. Die Explosion der Sprengkörper und die Entzündung der Brandsätze hatte, nachdem auch bald größere Ölvorräte des Betriebes in Flammen aufgingen, eine solche Wirkung, daß die Fabrik zum größten Teil mit allem Inventar niederbrannte. Unter den nach dem Vorfall in Brandbu festgenommenen 9 Personen befinden sich auch drei

1286 Juni 1944 der bei diesem Anschlag Beteiligten. Es sind junge Arbeiter aus dem Betrieb, die im vorigen Jahre von den Kommunisten für die Terrorgruppe geworben wurden. Nach Aussage eines der Festgenommenen erklärte der Führer der Terrorgruppe etwa Ende April, man habe jetzt genügend Waffen, um mit Kriegshandlungen beginnen zu können. Aus dem vorgefundenen Material geht hervor, daß sich die Terrorgruppe bemühte, immer mehr Norweger an sich heranzuziehen, um sie in der Durchführung von Sabotageanschlägen auszu- bilden und durch die Häufung der Anschläge eine solche Beunruhigung in Norwegen zu er- zielen, daß der Bandenkrieg sich mehr und mehr entwickelt.

C. Lebensgebiete, a) Volksgesundheit. Weigerung der norwegischen Ärzte, ihre Lizenzabgabe an den Norwegischen Ärztebund zu entrichten. Einen ausgesprochen politischen Charakter trägt die Weigerung der norwegischen Ärzte, der ihnen durch Verordnung auferlegten Lizenzabgabepflicht an den Norwegischen Ärztebund nachzukommen (bekanntlich ist jeder norwegische Arzt verpflichtet, an den Norwegischen Ärztebund einen Betrag von Kr. 100,- pro Jahr als Lizenzabgabe zu entrichten). Von insgesamt etwa 2400 norwegischen Ärzten zahlten 1943 nur 251, im Jahre 1944 bisher nur 120 Ärzte den Betrag. Nach Ablauf der Einzahlungsfrist Ende März 1944 wandte sich der Ärzteverband an die Kanzlei des Ministerpräsidenten mit der Bitte um Beitreibung der Forde- rungen durch die Fylkesförer. Der Ministerpräsident entschied, daß in dieser Angelegenheit nur langsam Fylke für Fylke gegen die Ärzte vorgegangen werden solle. Bei den Zahnärzten wurde im vorigen Jahre ein fast 100%iges Resultat erzielt, während in diesem Jahre von etwa 1500 vorhandenen Zahnärzten bisher nur 300 die Abgabe entrichteten. Innerhalb der Ärzteschaft ist man gewillt, durch die Nichtzahlung der Lizenz un- nachgiebigen Widerstand zu leisten und es auf eine Kraftprobe ankommen zu lassen. In den letzten Monaten unter den Ärzten in Umlauf gebrachte Flugblätter bringen den von allen Ärzten vertretenen Standpunkt deutlich zum Ausdruck. Es heißt darin u.a.: "Die Ärzte dürfen unter keinen Umständen der Forderung des Ärzteverbandes nachkommen. Falls man angegangen wird, soll man jedoch nicht - wie früher mitgeteilt wurde - auf den § 97 des Grundgesetzes hinweisen, weil ein solcher Hinweis sich als juristisch untragbar gezeigt hat. Man soll aber geltend machen, daß man in Folge der bestehenden Rechtsregeln die Forde- rung als ungültig ansieht, weil es sich um Mitgliederbeiträge fur einen Verein handelt, dem man sich nicht angeschlossen hat. Sorgen Sie dafür, daß hiervon alle Kollegen Kenntnis er- halten." Wie Meldungen aus Oslo, Bergen und Stavanger besagen, halten die Ärzte an ihrem Stand- punkt fest, daß die ärztliche Tätigkeit eine Pflicht sei, für die man nicht Zwangsabgaben er- heben kann. Es ginge nicht an, spezielle Forderungen an Ärzte zu stellen, die wie jeder andere Staatsbürger ihre Steuern bezahlten. In Bergen sprach man seitens der Ärzte von einer un- klaren Linie des Ärzteverbandes, der sich nicht immer an die offizielle Verordnung halte. Es dürfte nicht vorkommen, daß z.B. ein 80-jähriger Arzt zur Lizenzabgabe aufgefordert werde, obwohl in der Verordnung eine Altersgrenze von 65 Jahren festgesetzt worden sei. Ferner sei die Abgabe von 100,- Kr. für junge Anstaltsärzte, die über ein monatliches Einkommen von Kr. 200,- bis 300,- bei freier Station verfügten, zu hoch bemessen. Es widerstrebe den Ärzten, von der Möglichkeit eines Antrages auf Herabsetzung des Betrages Gebrauch zu machen. Wiederholt hätten die Ärzte erklärt: "Wenn wir im vergangenen Jahre auf gerichtlichem Wege

1287 Juni 1944 nicht unser Ziel (Befreiung von der Abgabepflicht) erreichten, so entrichten wir diesen Betrag von Fall zu Fall nur gezwungenermaßen. Nach Beendigung des Krieges werden wir jedoch die eingezogenen Gelder zurückfordern. Wir erhielten ohne diese Voraussetzungen unsere Lizenz, die man uns also bei Zahlungsverweigerung nicht absprechen kann." - Der Stadtphysikus in Bergen betonte, daß er zwar einen Beruf ausübe, der ärztliche Ausbildung voraussetze, ohne daß er jedoch praktizierender Arzt sei. Er besitze nicht einmal das Recht, Rezepte für Patienten auszustellen. Dennoch sei er vom Ärzteverband erneut zur Zahlung aufgefordert worden. Daß die Weigerung der Ärzte sich in erster Linie gegen den Ärzteverband als solchen richtet, in dem man einen zwangsweise gleichgeschalteten Fachverband der NS erblickt, erhellt aus der Tatsache, daß man übereinstimmenden Äußerungen aus Ärztekreisen zufolge bereit ist, den gleichen Betrag etwa in Form einer zusätzlichen Steuer an den Staat zu entrichten. Nach anfanglichem Sträuben beginnt man bei den Verbandsleitungen der Ärzte und Zahn- ärzte nunmehr einzusehen, daß auf dem bisherigen Wege den Ärzten nicht beizukommen und es zweckmäßiger sei, die Einziehung der Lizenzabgabe dem Staat bzw. dem Medizinal- direktorat zu übertragen. In Ärztekreisen, die der NS angehören oder dieser nahestehen, werden häufig Zweifel an der Eignung der Persönlichkeit des Vorsitzenden des Ärztever- bandes, Dr. Hansen, laut. Trotz wiederholt vorgebrachter Bedenken bei Quisling beläßt dieser Hansen weiter auf seinem Posten mit der Begründung, daß Hansen im Kriege zwei Söhne verloren habe und er ihm als Arzt eine solche Position im politischen Neuaufbau Norwegens schuldig sei. Hansen, der in Holmestrand seine Praxis ausübt, was sich für seine Arbeit im Ärzteverband nachteilig auswirkt, fühlt sich selbst der ihm gestellten Aufgabe nicht ge- wachsen. Einsichtsvolle Kreise der NS, denen an einer reibungslosen Durchführung der Neu- ordnung viel gelegen ist, unterlassen es einerseits bewußt, Quisling erneut auf dieses seit langem in der Schwebe befindliche Problem hinzuweisen mit der Begründung, die Initiative läge jetzt bei Quisling, bedauern aber andererseits den sich aus diesen Mißständen zwangs- läufig ergebenden Prestigeverlust Quislings und der NS. Schwedische Norwegenhilfe. Gem. dem Übereinkommen zwischen der Norwegischen Nationalhilfe und dem schwedischen Vertreter des Donatorenkomitees (vgl. Meldungen aus Norwegen Nr. 62 v. 20. 11. 43, S. 28/29) wurden vom 1. November 1943 ab die von der Schwedischen Norwegenhilfe nach Norwegen eingeführten Lebensmittel durch das Wirtschaftsdepartement verteilt, das die Waren entweder direkt z.B. durch Erhöhung der Rationen für Zucker, Butter, Mehl usw. an die Ver- braucher gelangen ließ oder sie den entsprechenden Organisationen wie Nationalhilfe, Rotes Kreuz, weiblicher S ani täts verein zur Verteilung zur Verfügung stellte. Die gelieferten Waren wurden laufend ausgeteilt. Etwa 300 Tonnen sind ständig in den Um- satzlagern, die sich in Oslo, Drontheim und Narvik befinden. Die Lieferungen durch die Schwedische Norwegenhilfe an Butter, Fleisch, Mehl, Milch, Käse und anderen hochwertigen Waren sollen sich nach einer von schwedischer Seite zweifel- los auf englischen Druck hin erfolgten Erklärung ab Dezember 1943 innerhalb eines ganz bestimmten Satzes halten, der monatlich 250 Tonnen nicht übersteigen darf. In diesem Zu- sammenhang sei erwähnt, daß von der schwedischen Norwegenhilfe Anfang des Jahres 1944 950 Tonnen dänische Butter geliefert wurden, die bereits Anfang Herbst 1943 zugesagt waren und außerhalb des vorbezeichneten Satzes liegen sollten. Seitens der Schwedischen Norwe- genhilfe wurde jedoch jetzt erklärt, daß ein Quantum von 500 Tonnen auf den monatlichen Satz von 250 Tonnen verrechnet werden müsse. Durch die Schwedische Norwegenhilfe wurden in letzter Zeit monatlich etwa 120 000 Kin- der durch Hafersuppen und zum kleinen Teil auch durch Mittagessen gespeist. Die Speisungen erfolgten durch Oslo Menighetspleie (die kirchliche Gemeindepflege in Oslo) und außerhalb

1288 Juni 1944

Oslos durch Ausschüsse mit Repräsentanten der Nationalhilfe, des Roten Kreuzes und des weiblichen Sanitätsvereins. Anläßlich der Explosion in Bergen am 20. April ds.Js. wurden aus Mitteln der Schwedischen Norwegenhilfe folgende Sachen nach Bergen zur Verteilung an die Bevölkerung gesandt: 2 Eisenbahnwaggons mit 21 Tonnen Haushaltsgegenständen 1 Eisenbahnwaggon mit 2,1 Tonnen Kleider und Schuhzeug 1 Eisenbahnwaggon mit 8 Tonnen Lebensmitteln (Trockenmilch, Hafergrütze, Erbsen, Trockengemüse) Das Donatorkomitee stellt der Nationalhilfe monatlich etwa Kr. 700 000,-, die aus dem Ver- kauf von Lebensmitteln stammen, zur Verfugung. Die Nationalhilfe unterstützt damit notlei- dende Norweger. Eine Aufstellung der Lebensmittel, die im Jahre 1943 durch Vermittlung der Schwedischen Norwegenhilfe nach Norwegen eingeführt wurden, ergibt folgendes Bild: 1250 Tonnen dänische Butter 9400 Tonnen dänischer Zucker 230 Tonnen Tonnen ungarisches Fleisch und Fleischkonserven 100 ungarische Zwiebeln Von Schweden selbst wurden folgende Mengen eingeführt: 600 Tonnen Kartoffeln 3000 Tonnen Weißkohl 2100 Tonnen Mohrrüben 2000 Tonnen Turnips 1000 Tonnen Rote Beete 700 Tonnen Kartoffelmehl 300 Tonnen Trockenmilch 400 Tonnen Käse Außerdem wurden 840 Tonnen norwegischer Hafer, der von Norwegen an Schweden als Ausgleich fur 840 Tonnen Saatkorn geliefert werden sollte, von schwedischer Seite der Norwegenhilfe für Kinderspeisung zur Verfügung gestellt. In der Zeit vom 1. Januar bis 30. April 1944 wurden durch die Schwedische Norwegenhilfe folgende Lebensmittel nach Norwegen geliefert: 950 Tonnen Butter aus Dänemark 40 Tonnen Fleisch 90 Tonnen Apfelsinenmarmelade 79 Tonnen hermetische Blutwurst 2390 Tonnen Weißkohl 800 Tonnen Mohrrüben 430 Tonnen Kartoffelmehl 40 Tonnen Hafer- und Weizenmehl 350 Tonnen Trockenmilch 200 Tonnen Käse 30 Tonnen Hefeextrakt 100 Tonnen Knäckebrot

1289 Juni 1944

Zweifellos wurde die Versorgung gerade der ärmeren Bevölkerung Norwegens durch diese zusätzlich gelieferten Lebensmittel verbessert. In Schweden brachten Presse und Rundfunk von Zeit zu Zeit Zahlen über die Höhe der Spenden und Einsammlungen. Bebilderte Artikel berichteten über den Verlauf von Ver- anstaltungen zu Gunsten der Schwedischen Norwegenhilfe. Kleine propagandistische Hin- weise auf die Not in Norwegen forderten die Schweden zu Beitragszahlungen auf. Besonders wurde darauf hingewiesen, daß es wichtig sei, die Kinderspeisung zu unterstützen. Die nordische Zusammenarbeit wurde stark betont. Die politische Propaganda für die Norwegen- hilfe hat im Laufe ds.Js. nicht zugenommen. Sie fällt aus dem Rahmen der übrigen Bericht- erstattung von Presse und Rundfunk nicht heraus. Es wird verhindert, daß die Schweden mit ihren Hilfeleistungen in Norwegen selbst Propa- ganda betreiben. b) Kulturelle Gebiete. Hochschule und Wissenschaft. Um einer kleinen Zahl von NS-Studenten der juristischen Fakultät die Möglichkeit zu geben, trotz der gegenwärtigen Schließung der Universität Oslo als Lehrinstitut ihr Examen abzu- legen, ist seitens des Departements für Kirche und Unterricht ein Gesetzesentwurf aus- gearbeitet worden, wonach ähnlich der Regelung, die seinerzeit für die Front-Studenten ge- troffen worden ist, ein Sonderprüfungsausschuß zur Abnahme von Staatsexamen einzurichten ist. Grundsätzlich soll diese Regelung für alle Fakultäten und jeden Studenten, der mit seinem Studiengang fertig ist, gelten, wenn seine Haltung ein solches Entgegenkommen rechtfertigt. Erfahrungsgemäß werden aus den verschiedensten Rücksichten derartige Vergünstigungen stets nur von einer verschwindend kleinen Minderheit in Anspruch genommen, die u.a. selbst nur einen Bruchteil der aus den Reihen der NS dafür in Betracht kommenden Personen aus- macht. Bei den ersten juristischen Examina der Front-Studenten, für die zunächst immerhin eine bescheidene Anzahl von Meldungen vorlag, stellte sich zur Prüfung nur ein einziger Kandidat. Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, wurde von zuständiger deutscher Seite an- geregt, auf den ganzen Aufwand eines neuen Gesetzes zu verzichten und stattdessen die frag- lichen Prüfungen von dem üblichen Prüfungsausschuß an der Universität zum September ds.Js. vornehmen zu lassen. In der Zwischenzeit hat man sich innerhalb der Professorenschaft - unter der Voraussetzung, daß überhaupt eine Prüfung von Studenten vor der offiziellen Wiedereröffnung der Osloer Universität stattfinden soll - mit der vom Unterrichtsdepartement angestrebten Lösung ab- gefunden. Nach den geltenden Universitätsbestimmungen ist nämlich der Lehrkörper an der Universität nicht gehalten, sich an der Einrichtung von derartigen Sonderprüfungsausschüssen personell zu beteiligen. Diese werden vielmehr aus anderweitigen akademischen Fachpersön- lichkeiten gebildet. Die Zustimmung zu dem fraglichen Plan des Departements seitens der Professorenschaft ergibt sich daher aus grundsätzlich anderen Motiven, nämlich: im vor- liegenden Falle kann die juristische Fakultät völlig unbeteiligt bleiben und ferner ergibt sich der politisch nicht unwesentliche Vorgang, daß die fraglichen Examina dadurch in der öffentlichen Meinung des Landes in eine zweitrangige Stellung kommen, was wiederum die Mehrzahl aller evtl. zu diesen Prüfungen sonst noch bereiten Studenten von ihrer Meldung abhalten wird. Daneben dürfte sich gegenüber diesen - nach ihrem Sonderexamen durch das Justizdepartement voraussichtlich bald in Staatsstellungen gebrachten - Juristen ein Vorurteil in der Öffentlichkeit bilden, das sich auch auf die sachliche Arbeit innerhalb ihrer amtlichen Funktionen übertragen wird.

1290 Juni 1944

Die Eröffnung einer norwegischen Universität in London als Reaktion auf die Schließung der Landesuniversität Oslo ist in hiesigen akademischen Kreisen wesentlich nur als eine politische Manifestation aufgefaßt worden. Die Bedeutung dieser Einrichtung für Wissenschaft und Bildungsleben in Norwegen wird zumeist als problematisch angesehen. Es wird in dieser Verbindung nicht zuletzt daran gezweifelt, daß das Kriegs-England überhaupt einer größeren Anzahl norwegischer Studenten die nötigen Voraussetzungen für ein ruhiges und regelmäßiges Studium gewähren kann. England ebenso wie die dort lebenden Norweger schwiegen sich zudem bei ihren Maßnahmen über deren spätere Entwicklungen immer derartig aus, daß man sich selbst meist kein näheres Urteil bilden könne. Aus Tromsö wird berichtet, daß in Nordnorwegen wiederholt festgestellt werden konnte, daß Lehrer und Lehrerinnen ihren Beruf verlassen, um besseren Verdienstmöglichkeiten in der Privatwirtschaft nachzugehen. Bei den besonders schwierigen Personalverhältnissen auf dem Gebiet der Schule in diesem Landesteil dürfte ein staatliches Interesse bestehen, gerade in diesen Zeiten eine derartige Abwanderung möglichst zu verhindern. In Betracht ist dabei zu ziehen, daß die bestehenden gegnerischen Parolen mit offensichtlichem Erfolg den Nachwuchs mehr und mehr davon abgebracht haben, sich bei den (zumeist unter NS-Führung stehenden) Lehrerschulen überhaupt in eine Ausbildung zu begeben. Dazu kommt der Umstand, daß ein beträchtlicher Teil der in den letzten Jahren sowohl für Volks- als höhere Schulen fertig ge- wordenen jungen Lehrkräfte nicht in die praktische Berufsausübung tritt, um der gegnerischen Weisung, den staatlichen Aufbau der Neuordnung auch auf diesem Sektor zu sabotieren, ent- sprechend Folge zu leisten. Ein in der Geschichte der norwegischen Schule in dieser Form einzig dastehender Skandal ereignete sich in Verbindung mit der Abwicklung der schriftlichen Arbeiten zur diesjährigen Reifeprüfung. Die Examensaufgaben für das Abiturium werden in Norwegen durch ein be- sonderes Gremium des sog. "Unterrichtsrates" für das ganze Land einheitlich festgesetzt und gelangen von der betreffenden Behörde in versiegelten Umschlägen über den üblichen Post- weg an die einzelnen Lehranstalten. Zwei Tage nach Beginn der diesjährigen schriftlichen Arbeiten wurden die Examensaufgaben für verschiedene noch ausstehende Fächer, darunter Deutsch, an der Schwarzen Börse zu teils enormen Kaufpreisen angeboten und umgesetzt. Die fraglichen Examensaufgaben sind die ersten schriftlichen Themen, die der vor etwa 2 Jahren durch NS-Rektoren übernommene "Unterrichtsrat" zur Reifeprüfung gestellt hat, da 1942 und 43 der schriftliche Teil der Reifeprüfung durch entsprechende Wertung der Jahresdurch- schnittsleistungen der einzelnen Schüler ersetzt wurde. Die von norwegischer Seite laufenden Ermittlungen in der fraglichen Angelegenheit haben bisher zu keinem Ergebnis geführt.

Schule und Kinderlandverschickung. Der alljährlich von Bergen aus veranstalteten Landverschickung von Schulkindern kommt in diesem Jahr im Zusammenhang mit dem Explosionsunglück eine ungleich größere Bedeutung zu, als in den Voijahren. Die im Fylke von Bergen durchgeführte Werbeaktion zur erweiterten Aufnahme von Schulkindern wies mit Rücksicht auf die besondere Notlage der Stadt einen ungewöhnlichen Erfolg auf. Bis zur Abfassung des vorliegenden Berichtes der Dienststelle Bergen gingen aus dem Bereich des Fylkes allein 2500 Bereitstellungen von Plätzen ein. Dazu kommen weitere 600 aus dem Nachbarfylke Sunnmöre. Die Leitung der fraglichen Kinder-Landverschickung liegt in den Händen des Roten Kreuzes und der örtlichen Gemeindepflege. Der zur Abwicklung dieses Hilfswerks eingerichtete Büro- apparat arbeitet ehrenamtlich und setzt sich vorwiegend aus Lehrern zusammen. Leiter der Gesamtaktion ist der frühere Journalist und Oxford-Anhänger Egil Tresselt. Da Plätze für Jungen im Alter zwischen 10 und 14 Jahren fast überhaupt nicht angeboten wurden, hat man sich entschlossen, für sie besondere Kolonien auf dem Lande zu errichten.

1291 Juni 1944

Diese werden von Lehrern geführt, die bis zum Beginn der offiziellen Schulferien dort auch Unterricht erteilen. Diese Kolonien werden laufend von den zuständigen Distriktsärzten über- wacht und betreut. Bis jetzt wurden bereits 1400 Kinder verschickt, die restlichen 1800 werden bis spätestens zum 20. Juni in Marsch gesetzt sein. Grundsätzlich ist für jedes Kind ein durchschnittlicher Landaufenthalt von 6-8 Wochen vorgesehen. Neben den vorerwähnten Transporten, die vom Roten Kreuz und der Gemeindepflege ver- anstaltet worden sind, treten die von der NSH durchgeführten stark in den Hintergrund. Von der letzterwähnten Einrichtung sind bisher 105 Kinder verschickt worden. Bei diesem Sach- verhalt fällt die Aktion der NSH gegenüber der des Roten Kreuzes bei der Öffentlichkeit kaum ins Gewicht, zumal es seitens des Roten Kreuzes nicht an entsprechender Propaganda unter Ausnutzung des vorliegenden Zahlenverhältnisses fehlt.

Deutsch-Norwegische Gesellschaft. Von der Deutsch-Norwegischen Gesellschaft wurde eine neue Zweiggruppe in Moss errichtet. Die Gründungsversammlung leitete Prof. Klaus-Hansen, der aus diesem Anlaß über die kulturelle Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Norwegen sprach. Zum Vorsitzenden der neuen Zweiggruppe wurde Betriebsleiter Emst Jonsson ernannt. Eine weitere Zweiggruppe der Deutsch-Norwegischen Gesellschaft wurde in Kongsvinger mit einem Mitgliederbestand von etwa 100 Personen gegründet. Den Vorsitz übernahm Groß- händler Krydsby.

Theater. Diskussion über eine feste norwegische Opernbühne. In letzter Zeit wird in kulturell interessierten Kreisen in Gesprächen wieder stärker das Thema der Errichtung einer festen norwegischen Oper behandelt. Man bewegt sich dabei in der Hauptsache in Gedankengängen, die vor allem seit 1941 zu diesem Thema vorherrschend sind und bedauert, daß man von deutscher Seite in dieser Frage angeblich so wenig Entgegen- kommen finde. Die Schwierigkeiten, die der Verwirklichung einer festen norwegischen Opernbühne früher entgegenstanden, haben vor allem in der Finanzierung dieses Planes gelegen. Nach der Mei- nung der maßgeblichen Theaterkreise könnten diese jedoch durchaus überwunden werden, da das Nationaltheater in Oslo, das als Trägerin der geplanten Opernbühne anzusehen sei, mit entsprechenden staatlichen Zuschüssen rechnen könne. Außerdem könne in Erwägung gezogen werden, die Mittel des "norwegischen Opernfonds" in die Verwaltung des Nationaltheaters zu überführen. Die wirklichen Schwierigkeiten bestünden darin, daß es dem Nationaltheater von deutscher Seite nicht zugestanden worden sei, Opern in beliebiger Wahl zu spielen, weil für Oslo das "Deutsche Theater" an erster Stelle als Opern- und Operettenbühne gedacht sei. Norwegischerseits wird die Auffassung vertreten, daß sich ein Opernspielplan des National- theaters schon auf Grund des verschiedenen Publikums kaum als Konkurrenz für das "Deut- sche Theater" auswirken könne. Ferner wird darauf hingewiesen, daß man auch für eine besse- re Beschäftigung der norwegischen Opernkräfte zu sorgen habe. Norwegen besitze eine Reihe guter Schauspieler dieses Faches, die nur in unzureichendem Maße an norwegischen Theatern untergebracht werden könnten. Schließlich sei auch an den jungen Schauspielernachwuchs zu denken, der an der Theaterschule im Opernfach ausgebildet würde, und zwar umso mehr, als die Theaterschule, die ursprünglich nur das Schauspielfach pflegen sollte, ihren Lehrbetrieb auf deutschen Wunsch auch auf andere Theaterfacher, u.a. das Opernfach, erweitert habe. Wenn auch das Bestehen einer deutschen Opernbühne in Oslo an sich im Sinne des deutsch-

1292 Juni 1944 norwegischen Kulturaustausches durchaus zu begrüßen sei, so bestehe doch von norwegischer Seite verständlicherweise der Wunsch nach einer eigenen norwegischen Opernbühne. Durch die Errichtung einer deutschen Opernbühne könne die Opernfrage in Norwegen infolgedessen nicht als gelöst gelten.

Wiedereröffnung des Nationaltheaters. Das Nationaltheater in Oslo, das seit dem Brand im Oktober v.Js. geschlossen gehalten werden mußte, ist in der Zwischenzeit soweit wiederhergestellt worden, daß es am 8. Juni 1944 mit einer Aufführung des Lustspiels "Jan Herwitz" von H. Wiers-Jenssen neu geöffnet werden konnte. Das Stück, das humorvolle Zeit- und Milieuschilderungen aus dem Bergen um 1830 bringt, wurde vom Publikum dankbar aufgenommen und erhielt eine sehr gute Presse. Das norwegische Publikum bestand fast ausschließlich aus Anhängern der NS. Die Aufführung, für die seitens der norwegischen Staatspolizei Sicherungsmaßnahmen ergriffen worden waren, verlief ohne Zwischenfälle.

Rundfunk. Neubesetzung der Stelle des Programmchefs. Die durch das Ausscheiden von Dr. Eyvind Mehle Anfang ds. Jahres freigewordene Stelle des Programmchefs beim norwegischen Rundfunk ist jetzt neu besetzt worden. Nachdem Mi- nister Fuglesang bereits einige Wochen früher in dieser Angelegenheit an den bisherigen Leiter der Abteilung Oper beim norwegischen Rundfunk, Opernchef Karl Aagaard-Östvig, herangetreten war, erhielt dieser Ende Mai ein Schreiben des Ministerpräsidenten Quisling, worin er aufgefordert wurde, die vorläufige Stelle des Programmchefs beim Rundfunk zu übernehmen. Aagaard-Östvig hat die Berufung angenommen und den neuen Posten Anfang Juni angetreten. Es handelt sich bei Aagaard-Östvig um einen auch außerhalb Norwegens anerkannten Künst- ler, der viele Jahre an deutschen Opern tätig gewesen ist und noch heute enge Beziehungen zu einer großen Reihe von Persönlichkeiten des deutschen Kulturlebens unterhält. Er ist mit der bekannten ostmärkischen Opernsängerin Maria R e i d e 1 verheiratet, ist Mitglied der Germanischen SS und Verfechter des großgermanischen Gedankens. Ein Sohn des A.-Ö be- findet sich zur Zeit als Kriegsfreiwilliger der Waffen-SS an der Ostfront. Menschlich wird A.-Ö. allgemein geschätzt. Besonders wird ihm die Gabe zugesprochen, selbst gegensätzliche Gemüter bei der Behandlung schwieriger Fragen in den wesentlichsten Punkten vereinigen zu können. Er habe deshalb innerhalb der positiven kulturschaffenden Kreise kaum ernsthafte Feinde und werde, wie die Unterstützung seiner Berufung durch den Minister Fuglesang neuerdings beweise, auch in denjenigen Kreisen der NS anerkannt, bei denen man auf Grund der großgermanischen Einstellung des A.-Ö. eine gewisse Zurück- haltung oder Ablehnung erwarten könnte.

Auswirkungen einer Rundfunkansprache des [N.N.] "an die Jössinger". Am 25. Mai 1944 wurde vom norwegischen Rundfunk eine Ansprache des Norwegers [N.N.] aus Lödingen "an die Jössinger" gesendet. [N.N.] war nach Schweden geflüchtet und später zusammen mit weiteren emigrierten Norwegern mit einem Mordauftrag nach Norwegen zu- rückgeschickt worden. Die Art des Auftrages hatte ihn nachdenklich gemacht und schließlich veranlaßt, freiwillig davon zurückzutreten. Nach seiner Festnahme durch die deutsche Sicher- heitspolizei gelang es, den [N.N.] im Verlauf einer Reihe von Gesprächen zu einer Wandlung seiner Auffassungen von den großen Zeitproblemen hinzuführen, die ihn schließlich den Entschluß fassen ließ, sich als Kriegsfreiwilliger für den Kampf im Osten zu melden.

1293 Juni 1944

Aus Drontheim wird gemeldet, daß die an die früheren Gesinnungsgenossen des [N.N.] gerichteten Ausführungen propagandistisch außerordentlich günstig gewirkt hätten. [N.N.] sei im Drontheimischen sowie in Nordnorwegen und im Westland ein in weiten Kreisen bekannter Mann und seine Bekannten hätten seine Stimme deutlich erkannt. Durch ihre schonungslose Offenheit hätte [N.N's.] Ansprache, die ihn ihrem Ton unbedingt dem norwegischen Volks- charakter entsprochen habe, besonders eindrucksvoll gewirkt. Eine solche Wirkung sei bei gegnerisch eingestellten Personen, die infolge vorheriger Ankündigung der Sendung an einzel- ne Empfangsgeräte hätten geholt werden können, ganz offensichtlich gewesen. Es wurde verschiedentlich der Vorschlag gemacht, die Rede des [N.N.] noch einmal zu sen- den. Vorteilhaft sei es in diesem Falle, eine Ankündigung auch durch die Presse vorzunehmen. Weiter wird vorgeschlagen, die Ansprache im Rahmen der Seemannssendung wiederzugeben, da gerade diese Sendung von den Norwegern in Schweden abgehört würde, an die sich [N.N.] ganz besonders richte. Schließlich verspreche man sich viel von einer Wiedergabe der Rede selbst in der Presse nach der nochmaligen Sendung. In führenden NS-Kreisen in Drontheim wurde der Wunsch ausgesprochen, die Ausführungen des [N.N.] in der Form eines politischen Flugblattes bzw. einer Broschüre noch weiter propagandistisch auszuwerten. Es wurde dabei auch der Gedanke erwogen, eine solche Broschüre durch weitere Hinweise auf die illegale Tätigkeit, z.B. durch Benutzung der vom Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD vor der Presse gemachten Ausführungen über die Tätigkeit von Terror- und Sabotagegruppen, zu erweitern. c) Verwaltung und Recht. Recht. Die Spannungen zwischen Justizdepartement und den Osloer Rechtsanwälten (vgl. Meldungen aus Norwegen Nr. 67 v. 2. 4. 44 und Nr. 68 v. 17. 5. 44), die auf Grund eines Rundschreibens zwecks Erfassung der juristischen Hilfskräfte entstanden waren und Vermögensbeschlag- nahmen bei 13 Anwälten sowie Festnahmen von zwei Anwälten zur Folge hatten, führten nunmehr zu Ratlosigkeit und Unsicherheit in breiten Kreisen der Osloer Anwaltschaft. Man behauptet, die Vermögensbeschlagnahmen seien ohne rechtliche Grundlage erfolgt, und ist überrascht, daß die Nichtbeantwortung eines Fragebogens so "unerwartete schwerwiegende Folgen" hatte. Anwälte, die im Einklang mit illegalen Parolen das Rundschreiben nicht be- antwortet haben, äußerten, sie seien sich der politischen Tragweite ihres passiven Verhaltens nicht bewußt gewesen und möchten gern noch einen Weg finden, um die ganze Angelegenheit zu bereinigen. Die Tatsache, daß der frühere Regierungsadvokat und ehemalige Vorsitzende des Advokatenverbandes, Valentin Voss, eine rechtzeitige und verständige Bereinigung des Konfliktes versuchte und dabei auch Entgegenkommen beim Justizminister fand, will man vielfach nicht wahrhaben oder mit der - nicht stichhaltigen - Behauptung abtun, Voss sei nicht der geeignete Mann gewesen und der Justizminister sei durch die norwegische Staatspolizei in seiner Handlungsfreiheit beschränkt worden. Seit der Besetzung Norwegens bestand keine Möglichkeit mehr, zivile Rechtsstreitigkeiten zwischen Reichsdeutschen und Norwegern, die besonders auf arbeitsrechtlichem Gebiet ent- standen waren, durch Richterspruch zu entscheiden. Um diesem Zustand abzuhelfen, hat der Reichskommissar am 5. Juni 1944 eine Verordnung über die deutsche Zivilgerichtsbarkeit in Norwegen erlassen. Das beim Reichskommissar errichtete deutsche Zivilgericht, welches sei- nen Sitz in Oslo hat, entscheidet nach deutschem Recht. Gerichte und Behörden in Norwegen haben ihm Rechtshilfe zu leisten. Die Entscheidungen werden durch den Einzelrichter, der vom Reichskommissar bestellt wird, zum Richteramt befähigt ist und den Namen "Deutscher Zivilrichter beim Reichskommissar in Norwegen" führt, gefällt und sind unanfechtbar. Gegen

1294 Juni 1944

Urteile ist jedoch die Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig. Das Gericht ist, falls die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit gegeben sind, für alle vermögensrechtlichen und arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zwischen Reichsangehörigen untereinander und zwischen Reichsdeutschen und Norwegern zuständig. Das Deutsche Reich und deutsche öffentlich- rechtliche Körperschaften können vor dem deutschen Zivilgericht nur klagen und verklagt werden, wenn sie sich dem Verfahren unterwerfen. Der norwegische Fiskus und norwegische Körperschaften hingegen stehen natürlichen Personen gleich und können somit ebenso wie diese vor dem deutschen Zivilgericht klagen und verklagt werden. Deutsche Reichsangehörige, die vor dem 1. April 1940 in Norwegen wohnten und nicht im Einsatz bei einer deutschen militärischen oder zivilen Dienststelle sind, unterstehen bei den vorbezeichneten Streitigkeiten den norwegischen Gerichten. Hervorzuheben ist jedoch, daß in Zweifelsfállen der Reichs- kommissar entscheidet, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Die Zahl der Streitigkeiten zwi- schen Deutschen und Norwegern, die vor den norwegischen Gerichten entschieden werden, dürfte sehr gering sein.

Nationaler Arbeitseinsatz - jahrgangsweise Einberufung. In unmittelbarem Anschluß an die Einziehung des Jahrganges 1924 zum norwegischen Ar- beitsdienst wurden die Jahrgänge 1921/22 und 23 durch einen Presseaufruf am 19. 5. 44 aufgefordert, sich in der Zeit vom 20. 5. - 1. 6. 44 auf den Arbeitsämtern zum nationalen Ar- beitseinsatz für 6 Monate einschreiben zu lassen. War schon vorher in illegalen Flugblättern auf die bevorstehende Mobilisierung der Jahrgänge hingewiesen worden, so faßte der Gegner nunmehr alle Kräfte zusammen, um die Einschreibung der drei Jahrgänge zu verhindern. Unter Hinweis auf die bekanntgewordene Denkschrift des Ministers R i i s η a e s über die Mobilisierung von 5 Jahrgängen wurde im Londoner Sender, in illegalen Zeitungen und in sonstiger Weise ausgeführt, daß diese Einschreibung keinen anderen Sinn habe, als drei der wehrtüchtigsten Jahrgänge zu pressen. In einer dieser Schriften, welche die Überschrift trägt: "Die Mobilisierung kommt!" heißt es u.a.: "Am 19. Mai und an den darauffolgenden Tagen wird das norwegische Volk durch Zeitungen und Anschläge erfahren, daß die Jahresklassen 1921/22 und 23 sich zur Eintragung zum Ar- beitsdienst zu melden haben. Als Vorwand wird selbstverständlich 'der Nationale Arbeitsein- satz' benutzt. In der Bekanntmachung wird gesagt werden, daß die Einberufungen für die Land- und Forstwirtschaft, Bau- und Anlagetätigkeit erfolgen. Aber jeder Norweger weiß, was das bedeutet: Die Jungens im Alter von 21-23 Jahren - das beste Soldatenmaterial - sollen auf der Seite der Deutschen, des Feindes, in den Krieg. Dies darf nie geschehen. Wir sind mit Deutschland im Krieg. Die norwegische Marine und die norwegische Luftwaffe ist [!] seit dem 9. April 1940 mit Deutschland ununterbrochen im Krieg. Die Heimatfront hat einen bitteren Kampf geführt, seitdem das Heer kapitulieren mußte. Tausende von Norwegern sind in diesem Kampfe gefallen - jeden Tag kommen neue Opfer dazu.

Tue deine Pflicht, wenn es auch teuer zu stehen kommt. Es nützt nichts, vor dem Gedanken einer Verhaftung zu weichen. 20 000 Norweger sind im Laufe der letzten Jahre den Weg ge- gangen, das ist eine alltägliche Sache.

Verhindere die Mobilisierung, norwegisches Volk, schare dich um unsere beste Jugend. Stärke sie, das zu tun, was richtig ist, hilf ihr, falls sie in Gefahr kommt. Riskiere das Erforder- liche, um hinreichende Unterstützung und Ratschläge zu leisten. Laß niemand ohne Hilfe

1295 Juni 1944 alleinstehen, der für die gemeinsame Sache etwas opfert. Hilf durch Arbeit und Unterkommen, durch Lebensrnittel und Kleider.

Die Parole ist gegeben: Niemand meldet sich zur Eintragung!" Alle diese Äußerungen entsprechen den von London ausgegebenen Parolen. Bezeichnend dafür ist eine Rede, die der bekannte norwegische Emigrant Öksnevad im Londoner Rundfunk über die Einberufungen zum Arbeitsdienst und Arbeitseinsatz hielt. Öksnevad sagte u.a.: "Die in der letzten Zeit in Norwegen stattgefundene mystische Verräterpropaganda hat ihre Ursache einzig und allein in den Bestrebungen der Herrschaft und ihrer Handlanger, eine ge- wisse Menge Arbeitskräfte aufzutreiben. Der Herrschaft droht der Ruin und die Handlanger fühlen, daß ihre Existenz bedroht wird, denn man verlangt immer mehr und mehr von ihnen und sie haben immer weniger Aussichten, diesem Verlangen nachzukommen. Mit der Schreckenspropaganda hat man nur versucht, diese Bestrebungen zu verdecken. Eine Jahres- klasse nach der anderen unserer Jugend soll für die Deutschen Sklavendienst tun. Die Deutschen und die Verräter haben bereits die Erfahrung gemacht, daß Zwangsarbeit eine Form fiir Arbeit ist, die sich am wenigsten lohnt. Es gab nichts anderes als ein furchtbares Durch- einander überall wo sie zwangsorganisierte Arbeit - ob sie es nun Nationalen Arbeitseinsatz oder Arbeitsdienst nannten - einzuführen versuchten. Vom nationalen Standpunkt aus bedeutet eine solche Arbeitsmobilisierung nichts anderes als eine Vergeudung von Kräften. Falls es sich um Arbeit zum Besten unseres eigenen Volkes handelte, so würde man sie mit den besten Erfolgen auf freiwilliger Grundlage durchführen können. Es ist aber klar, daß das Ziel unserer Feinde ist, den Kriegseinsatz zu fördern bzw. unsere Jugend unter das Kommando der Deutschen und der Verräter zu bringen. Mit anderen Worten, es ist in erster Instanz Mobilisierung bzw. Entwaffnung eines wichtigen Teils unserer nationalen Front und in zweiter Instanz eine positive Unterstützung der feindlichen Front. Dies darf nicht geschehen! Wir haben in den letzten Monaten immer wieder darauf hingewiesen und gewarnt. Dies Problem beschäftigt zur Zeit alle Gemüter in Norwegen. Das Problem kann nur dadurch gelöst werden, daß die Jugend ihren nationalen Pflichten Folge leistet. Das Signal zum Widerstand gegen die mehr oder weniger verdeckte Mobilisierung der norwegischen Jugend seitens des Feindes kam von der inländischen Leitung der Heimatfront und in dieser Sache wie auch in allen anderen wichtigen Fragen herrscht zwischen der norwegischen Regierung und ihren Vertrauensmännern in Norwegen volle Harmonie. Dies trat deutlich in der Programm- erklärung hervor, die neulich in Norwegen ausgearbeitet wurde und zu der die norwegische Regierung ihre Zustimmung erteilte.

Die Heimatfront sendet nun folgende Parole an die norwegische Jugend: Es ist jetzt ernst mit den Mobilisierungsplänen. Die Überschriften in den Tageszeitungen spre- chen eine deutliche Sprache. Im Januar hatten die Deutschen und Quisling ihren Plan zur di- rekten Mobilisierung der 5 Jahresklassen fertig. Der Plan mußte umgelegt werden, weil er durch die Veröffentlichung des Riisnaes-Briefes an den Tag gelegt wurde. Man begann dar- aufhin mit der alten Taktik - die Pläne zu vertarnen. In diesen Tagen erfolgte die Einberufung zum Arbeitsdienst. Man will sich dadurch die meisten der zwei Jahresklassen 1924 und 1925 sichern. Am 19. Mai und den darauffolgenden Tagen wurden durch Bekanntmachung in der Zeitung die drei noch fehlenden Jahresklassen 1921/22 und 23 eingezogen. Die Einberufung soll dem ganzen Lande gelten, vorläufig ist aber Nordnorwegen noch nicht mitgenommen. Falls die Einberufung gelingt, werden 5 Jahresklassen (die besten Rekrutenjahresklassen) in Lagern unter dem Befehl der Deutschen und der NS untergebracht. In der Bekanntmachung

1296 Juni 1944 heißt es, daß die Einberufungen der Landwirtschaft, dem Baubetrieb usw. gelten. Wir kennen den Wert solcher Behauptungen. Bestimmungen zufolge, die neulich in der Presse bekanntge- geben wurden, soll kein Fachunkundiger für die Landwirtschaft ausgehoben werden; es ist auch festgestellt worden, daß überhaupt keiner von denen, die jetzt eingezogen werden, in Betriebe eingesetzt werden soll, die hier im Lande bereits im Gange sind. Auf eine bestimmte Sache möchte ich bei dieser Einberufung aufmerksam machen; junge Leute, die 1921/22 oder 23 geboren sind und die früher im Arbeitsdienst tätig waren, sollen nicht zum Arbeitseinsatz ausgehoben werden. Keiner wird wohl daran glauben, daß diese jungen Leute sich in diesem Sommer der Nichtstuerei werden hingeben können. Was erwartet sie eigentlich in diesem Sommer? Die Presse gibt auch auf diese Frage Antwort. Am 10 Mai bekamen sie vom Reichs- kommissar den Befehl, im Laufe von 5 Tagen eine gewaltige antirussische Propaganda zu betreiben. Als Stoff bekamen sie schamlose und ganz verrückte Entstellungen der Abkommen, die zwischen unserer gesetzlichen Regierung und den drei alliierten Großmächten getroffen worden sind. Wir müssen voraussehen, daß, wenn diese Lügenpropaganda ihren Höhepunkt erreicht hat, sämtliche 2% Nazisten, die es im ganzen Lande gibt, den Schrei erheben, daß das norwegische Volk Handlung verlangt, daß es gegen die Russen Krieg führen will - und somit kann die Mobilisierung kommen. So einfach ist das alles und wir werden uns selbst in das größte Unglück stürzen, wenn wir in diesen Tagen nicht unseren Kopf klar behalten. Die Paro- le lautet: Keinerlei Einberufung wird befolgt, weder die Einberufung zum Arbeitsdienst noch zum Arbeitseinsatz. Tue Deine Pflicht, selbst wenn es schwer fällt. Es nützt nichts, wenn man vor dem Gedanken an eine Verhaftung zurückschreckt. 20 000 Norweger sind in den letzten Jahren diesen Weg gegangen. Norwegen befindet sich heute im Kriege und Krieg gibt es nicht ohne Opfer. Folge nicht dem Beispiel deijenigen, die nachgegeben haben. Folge nur deinem eigenen Gewissen. Mobilisierung! Norwegisches Volk! Schließe einen Ring um unsere Ju- gend, hilf ihr, wenn sie in Gefahr kommt. Hilf einem jeden, der ein Opfer für die gemeinsame Sache bringt. Hilf ihm mit Arbeit, Obdach, mit Essen und Kleidern. Die Einberufenen müssen die früher gemachten Erfahrungen ausnutzen. Es werden auch diesmal Auswege gefunden. Die Aushebung wird mit der Austeilung der Lebensmittelkarten in Verbindung gebracht. Laßt euch nicht dadurch abschrecken. Dieselbe Drohung versuchte man auch im vorigen Jahre. Sie führte aber zu nichts. Tue dein Äußerstes, um dem Arbeitsdienst zu entgehen, sowohl im Interesse des Landes als in deinem eigenen Interesse. Halte dich bereit für das, was jetzt kommen wird. Die Parole ist gegeben worden: Keiner erscheint zur Registrierung, selbst wenn man das Versprechen gibt, daß er vorläufig nicht zum Dienst eingezogen werden soll. Bald kommt unser Tag! Denkt an General Ruges letzten Appell an seine Soldaten, sich bereit zu halten. Wenn du dich bereits in einem deutschen Lager befindest, hast du keine Chancen mehr, zu entkommen. Bleib treu deinem Lande, deinem König und deinem Volke! Verweigere die Registrierung was dies auch kosten mag!" In Oslo zeigte es sich am ersten Einschreibungstag (20. 5. 44), daß sich ganze drei Personen gemeldet hatten, die für den Arbeitseinsatz zudem nicht in Frage kamen. In den Mittags- stunden wurde festgestellt, daß sich vor dem Einschreibebüro eine Menschenmenge von un- gefähr 250 männlichen Personen aufhielt, die hämische Bemerkungen machten und offensicht- lich Einschreibwillige durch ihre Anwesenheit zurückhielten. Im Rahmen einer kurzen Razzia wurden diese Personen erfaßt, die tatsächlich zu einem überwiegenden Teil zu den drei einzu- berufenden Jahrgängen gehörten. In den folgenden Tagen waren die Meldungen gleichfalls äußerst gering. Auch im übrigen Lande waren die Ergebnisse nicht wesentlich besser. Bisher liegen folgende Endergebnisse der Registrierung vor:

1297 Juni 1944

Registrie- davon dienst- rungen: zu verpflichten: Stadtgebiet Oslo 363 95 Stadtgebiet Drontheim 526 35 Stadtgebiet Bergen 560 48 Stadtgebiet Kristiansand 675 4 Fylke Rogaland, einschl. Stavanger 1228 91 Fylke Hedmark u. Opland 4409. 2Û2 7753 480 Allein das Ergebnis in Oslo zeigt, daß die Registrierung ein voller Mißerfolg war, wenn man bedenkt, daß in Oslo schätzungsweise 8000 meldepflichtige Personen wohnen. Von diesen hoffte man rund 4000 dem Nationalen Arbeitseinsatz zuzuführen, während die anderen 4000 bereits in kriegs- bzw. lebenswichtigen Betrieben beschäftigt sind oder aus anderen Gründen (Angehörige der Polizei, des Hird, der Germanischen SS usw.) für eine Dienstverpflichtung nicht in Frage kommen. Es haben sich in der Hauptsache nur solche Personen gemeldet, die von vornherein wußten, daß sie für einen Arbeitseinsatz nicht ausgeschrieben würden. Das bisherige Ergebnis der Registrierungen für die jahrgangsweise Einberufung zeigt, daß die Parole des Gegners, der Meldepflicht nicht nachzukommen, im großen und ganzen überall befolgt wurde. Es wurde festgestellt, daß sich die Angehörigen der drei aufgerufenen Jahr- gänge in der näheren Umgebung ihrer Wohnorte aufhalten und teilweise Unterkunft bei Bauern gefunden haben. Die Einschreibungspflichtigen aus dem Gebiet um Oslo haben sich teilweise in die unübersichtlichen Waldgebiete von Telemark begeben. Koppelung der jahrgangsweisen Registrierung mit der Ausgabe der Rationierungskarten Auf Vorschlag von Minister L i ρ ρ e s t a d und der Abteilung "Arbeit und Sozialwesen" im Reichskommissariat sollte die jahrgangsweise Registrierung mit der Ausgabe der Rationierungskarten gekoppelt werden. Die registrierungspflichtigen Personen sollten erst dann ihre Rationierungskarten erhalten, wenn sie den Nachweis ihrer erfolgten Registrierung beigebracht hatten. Es ist anzunehmen, daß eine derartige Maßnahme ein weitaus besseres Ergebnis der Registrierung bewirkt hätte. Auf Vorschlag des Naeringsdepartements, ins- besondere des Direktors Schei, wurde im letzten Augenblick von der beabsichtigten Koppelung der Registrierung mit der Ausgabe der Rationierungskarten abgesehen, weil sich dies angeblich aus technischen Gründen nicht mehr hätte durchführen lassen können. Weiterhin wurde zum Ausdruck gebracht, daß man den Versorgungsämtem eine derartige politische Belastung nicht zumuten könne und Sabotageakte gegen die Versorgungsämter zu befürchten seien. Ernennung eines Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz in Norwegen. Das äußerst unbefriedigende Ergebnis des Nationalen Arbeitseinsatzes wird u.a. auch darauf zurückgeführt, daß die norwegischen Arbeitseinsatzbehörden ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren. Ministerpräsident Quisling hat daher den NS-Fylkesförer Astrup aus Bergen als Gene- ralbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz eingesetzt und ihm für seinen Auftrag umfassende Vollmachten gegeben. Mit systematischen und energischen Maßnahmen soll der Generalbe- vollmächtigte Arbeitskräfte für den nationalen Arbeitseinsatz gewinnen. Jahrgangsweise Einberufung der Studenten an der Technischen Hochschule in Drontheim. Die meldepflichtigen Studenten (rund 300) der Technischen Hochschule in Drontheim haben sich für die jahrgangsweise Einberufung zum Nationalen Arbeitseinsatz nicht gemeldet.

1298 Juni 1944

Am 5. 6. 44 wurden den meldepflichtigen Studenten von den Arbeitsämtern Drontheim und Strinda die Dienstverpflichtungsbescheide zugestellt. 200 Studenten sollten der OT- Oberbauleitung Drontheim und die übrigen dem Feldbauamt Drontheim 5 zur Verfügung gestellt werden. Auf Veranlassung des Chefs des Kultus- und Unterrichtsdepartements, Minister S k a η c k e, und des Rektors der Technischen Hochschule, Heggstad, wurde den Studenten vom Arbeits- direktorat nochmals Gelegenheit gegeben, sich bis zum 7. 6. 44 registrieren zu lassen mit dem Hinweis, daß diejenigen, die ihrer Registrierungspflicht nachkommen würden, bis zum Examensschluß von der Dienstverpflichtung zurückgestellt werden sollten. Die Studenten erhielten hiervon durch Plakatanschlag Kenntnis. Bis zum 7. 6. 44 abends hatte sich kein ein- ziger Student registrieren lassen. Der größte Teil der Studenten ist inzwischen in Drontheim bzw. in der näheren Umgebung in Deckung gegangen und besucht auch trotz der Examensvor- bereitungen nicht mehr die Hochschule. Zunahme des Schwarz- und Tauschhandels sowie der ungesetzlichen Preisübertretungen. Hier vorliegende Berichte lassen erkennen, daß das gesamte Versorgungswesen in zu- nehmendem Maße vom Schwarz- und Tauschhandel beherrscht wird. Bekanntlich erfolgte bereits seit Jahren ein nicht unbedeutender Teil der Lebensmittelbeschaffung der Bevölkerung über den Schwarzhandel. Es hat den Anschein, als wenn sich nunmehr, zumindest in vielen Gebieten des Landes, die Versorgung mit den verschiedenen Gütern des täglichen Bedarfs mehr oder weniger auf ungesetzlicher Grundlage abwickelt. In Oslo selbst soll in verschiedenen Restaurants in großem Umfang Schwarzhandel getrieben werden. Weiter wird behauptet, daß auch die den Gaststätten zugeteilten Rationierungswaren - insbesondere alkoholische Getränke - nicht gerecht verteilt würden. Feststellungen ergaben, daß man in den meisten Gaststätten alle möglichen Sachen kaufen konnte, insbesondere Tabakwaren und Schnaps. Die hierfür geforderten Preise waren sehr hoch. Derartige Zustände sind jedoch nicht nur in Restaurants, die von politischen Gegnern bewirt- schaftet werden, festzustellen, sondern ebenfalls in Gaststätten, deren Inhaber der NS an- gehören. So wurden kürzlich im Büro einer bekannten Osloer Gaststätte, deren Leiter der NS angehört, einige bekannte NS-Mitglieder beobachtet, denen eine reichliche Menge Alkohol zur Verfügung stand. - Unter diesen befand sich auch ein leitender Beamter der norwegischen Preispolizei. Ein aufschlußreiches Bild über die Ernährungsmöglichkeiten gewisser Kreise in Norwegen im 5. Kriegsjahr gibt die nachstehende Aufstellung über ein Lebensmittellager, das kürzlich anläßlich einer aus sicherheitspolizeilichen Gründen durchgeführten Hausdurchsuchung bei einem Anwalt entdeckt wurde. Das Lager enthielt:

2*4 kg Schokolade 12 Dosen Dorschrogen je 1 kg 2,1 kg Rohkaffee 23 Dosen Fiskeboller je 1 kg 0,9 kg loser schw. Tee 4 Dosen Fiskekaker je 1 kg 0,4 kg schw. Tee i. Paketen 7 Dosen Büchsenfleisch 1,1 kg Pfeffer 2 Dosen Ochsenkarbonaden 5,0 kg Bienenhonig 1 Dose Ochsenzunge 1 kg 10,0 kg Kunstschmalz 25 Dosen Fleisch und Erbsen 2,0 kg Ziegenkäse 10 kg ca. Weizenmehl 2,0 kg frische Butter 2 Stück frisch geschlachteter Hammel 1,0 kg geräucherter Schinken 3 Bottiche Salzfleisch 6 Dosen Trockenmilch 1 Kiste Rosinen 164 Dosen Büchsenmilch 1 Kiste Dörrpflaumen

1299 Juni 1944

64 Dosen Ölsardinen 1 Kiste Dörräpfel 53 Dosen Leberpaste 22 Stück Kernseife 1 kg frischer Speck 7 Stück Toiletteseife 15 Dosen Labskaus je 1 kg 6 Pakete Lux-Seifenflocken 36 Pakete Persil Die Lebensmittel wurden von der norwegischen Rationierungspolizei beschlagnahmt. Die verschiedenartigsten Äußerungen der breiten Masse der Bevölkerung, aus denen sich die Unzufriedenheit mit den jetzigen Zuständen ergibt, besagen, daß es fur einen Menschen ohne besondere Beziehungen jetzt vollkommen unmöglich sei, irgendwelche Gebrauchsgüter, so- wohl frei verkäuflich als auch rationiert, zu den gesetzlich vorgeschriebenen Preisen zu er- halten. Selbst dann, wenn für Waren ein Bezugsschein vorhanden sei, könne man diese nicht bekommen. Die Bereitschaft zur Zahlung von Überpreisen allein genüge nicht, um die be- treffende Ware zu erwerben. Die einzige Möglichkeit, Ware zu erhalten, bestehe in der Gegen- lieferung von anderen Mangelwaren, deren Zurverfügungstellung zwar nicht direkt gefordert, aber doch erwartet würde. Wie es in den hier vorliegenden Berichten heißt, würde der Textileinzelhandel seine Kunden hauptsächlich unter der Landbevölkerung suchen und dabei Agrarprodukte als Tauschmittel in Zahlung nehmen. Dieser Zustand habe zur Folge, daß man in den Städten selbst gegen Be- zugsschein keine Textilwaren kaufen könne. In welchem Ausmaß das Tauschangebot zu einem festen Bestandteil des Warenhandels geworden ist, geht aus folgendem Beispiel hervor: Auf eine Anzeige, in der ein gebrauchtes Fahrrad zum Verkauf angeboten wurde, gingen etwa sechzig Meldungen von Interessenten ein. Hiervon boten 27 eine Ware zum Tausch an. Die Mehrzahl der Kaufinteressenten nannte die Tauschobjekte ganz offen, trotzdem diese fast ausschließlich aus rationierten Waren bestan- den. Es wurden u.a. angeboten: Landwirtschaftsprodukte, 2 kg Zucker und 2 Pakete Tabak, Eier, Anzugstoffe, Schnaps, Textilwaren und dgl. Andere Interessenten drückten sich vor- sichtshalber etwas ungenauer aber doch vielversprechend aus, indem sie durchblicken ließen, daß sie "etwas Besonderes dazu geben könnten" o.ä. Wieder andere hoben nachdrücklich ihren Berufsstand "Bauer" durch Unterstreichen des Wortes bei der Adressenangabe hervor. Ähnliche Erfahrungen wurden bei Verkaufsanzeigen für Plattenspieler, Fotoapparate und Kleidungsstücke gemacht. Wie aus Bergen berichtet wird, nimmt dort neuerdings der Tauschhandel mit Tabakwaren beachtliche Formen an. Die Tauschangebote nehmen täglich einen großen Raum in den Zei- tungen ein. So wurden allein in der "Bergens Tidende" am 3. Mai 30 und am 6. Mai 54 An- zeigen veröffentlicht, in denen alle möglichen Waren, darunter auch rationierte, gegen Tabak oder Zigaretten angeboten wurden. Weiter wird aus Bergen berichtet, daß in den Geschäften diejenigen Kunden bevorzugt be- liefert würden, die Tabakwaren mitbringen würden. Diese Entwicklung ist unter den jetzigen Verhältnissen in Bergen besonders zu verurteilen, da insbesondere die Explosionsgeschädigten aus den ärmeren Bevölkerungskreisen, die es sich nicht leisten können, Tabak zu Überpreisen zu kaufen, darunter zu leiden haben. Neben diesem Tauschhandel - wobei es üblich ist, daß die Tauschmittel in den meisten Fäl- len zusätzlich zum Preis gegeben werden - spielen auch die allerdings weniger verbreiteten reinen Preiserhöhungen eine Rolle. Sie sind vor allem beim Warenrohstoffhandel und be- sonders bei Forderungen auf Grund handwerklicher Leistungen festzustellen. So hat beispielsweise eine Firma aus Bergen in Vestvold allein in der Gemeinde Bjerkheim ca. 5000 kg Wolle zu erheblichen Überpreisen aufkaufen lassen (Verfahren gegen die Firma und 47 beteiligte Bauern ist eingeleitet).

1300 Juni 1944

Ein Stavanger Textilwarengroßhändler verschob laufend für die Versorgung der Stavanger Bevölkerung bestimmte Textilwaren nach dem Ostland zu Überpreisen. Sicherheitspolizeiliche Maßnahmen wurden eingeleitet. Ebenfalls wegen Verkaufs von Waren zu überhöhten Preisen nach außerhalb wurde ein Sta- vanger Schuhwarengroßhändler festgenommen. Auch im Viehhandel sind ständig Überschreitungen der gesetzlich vorgeschriebenen Preise zu verzeichnen. Besonders bei Rindvieh und Pferden werden von den Bauern erhebliche Ü- berpreise bezahlt. Selbst in der Presse werden trotz verschiedentlicher öffentlicher Bekannt- machungen über die geltenden Höchstpreise bei Viehangeboten auffällige Überpreise ge- fordert. Beispielsweise wurde in einer in der Zeitung "Stavanger Avis" am 19. 2. 44 erschienenen Anzeige für eine Kuh ein Preis von 1000,- Kr. gefordert, während der vorgeschriebene Höchstpreis 600,- Kr. beträgt. Daß aber auch deutsche Dienststellen an der bedenklichen ungesetzlichen Preisentwicklung mit verantwortlich sind, kann laufend festgestellt werden. In der Hauptsache betreffen diese Fälle den illegalen Erwerb von Lebensmitteln. So hat beispielsweise das Soldatenheim in Kris- tiansand im Laufe der letzten 6 - 8 Monate etwa 2000 kg Rindfleisch schwarz gekauft und dafür 12,- Kr. pro Kilo bezahlt (Untersuchungen sind eingeleitet). Eine andere - dienststelle kaufte vor einigen Monaten Äpfel zum Preis von 100,- Kr. pro Kasten im Gewicht von ca. 24 kg. Hinsichtlich der Maßnahmen, die seitens der norwegischen Preis- und Rationierungspolizei gegen den Schwarzhandel ergriffen wurden, konnte festgestellt werden, daß in letzter Zeit in zahlreichen kleinen Fällen im Gegensatz zu den Maßnahmen der vergangenen Jahre, nach norwegischen Begriffen verhältnismäßig hohe Strafen (Geldstrafe, hilfsweise Gefängnis) aus- gesprochen wurden, ohne daß allerdings damit eine wirklich abschreckende Wirkung erzielt werden konnte. Das Risiko einer Bestrafung wird von den Norwegern allgemein von vornherein in Rech- nung gestellt und eine Bestrafung bleibt dann auch meistens ohne nachhaltigen Eindruck, zumal derartige Vergehen nicht als ehrenrührige Handlungen gelten. Wie sehr die öffentliche Meinung die Norweger in dieser Überzeugung bestärkt und selbst in krassen Fällen stützt, zeigt das Gnadengesuch eines vom Kriegsgericht zu neun Monaten Ge- fängnis verurteilten Norwegers. Der Verurteilte hatte etwas aus deutschen Beständen ent- nommen, um dies wiederum an der schwarzen Börse zu tauschen. Dieses Gnadengesuch wurde vom Ordförer von Kirkenes mit den Worten: "Der Bestrafte hätte in normalen Zeiten nicht gestohlen, schuld daran ist nur die Besatzungszeit", befürwortend weitergeleitet.

Gefährdung kriegswirtschaftlicher Erzeugnisse durch unzureichende Kohlenanlieferungen. Nach hier vorliegenden Berichten werden in norwegischen Industriekreisen die seit Anfang des Jahres laufend durchgeführten Kürzungen der Kohlenquoten auf fast allen Produktions- gebieten, die insbesondere auch zur Stillegung von Betrieben führten, deren Produktion als kriegswichtig anzusehen ist, besonders beachtet. Dièse Tatsache wird allgemein dahingehend kommentiert, daß dies ein sicheres Zeichen des Nachlassens der deutschen Leistungsfähigkeit darstelle - ein Ergebnis der ständigen, - im Gegensatz zu den Behauptungen der deutschen Propaganda also doch nicht so unwirksamen - Luftangriffe, die eine Schwächung der Arbeits- kraft und damit der Förderungs- und Transportleistungen zur Folge hätten. So hat z.B. ins- besondere die vorübergehende Produktionseinstellung des erst kürzlich angelaufenen Ton- erdewerkes Saudasjöen der Nordag, das in besonderem Maße als Beispiel eines forcierten und deshalb offenbar äußerst notwendigen Ausbaues einer Rohstoffindustrie angesehen wird, der-

1301 Juni 1944 artige Überlegungen ausgelöst. Man weist dabei noch besonders darauf hin, daß die dort be- nötigte Kohlenmenge verhältnismäßig klein sei und schließt daraus wiederum auf den Ernst der Lage. Tatsächlich ist die Kohlesituation in Norwegen, der seitens der verantwortlichen Zentral- stellen des RK im übrigen laufend besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde, im höchsten Maße unerfreulich, wenn auch die Gründe dafür nur zum Teil solche sind, die innerhalb der meist gegnerisch eingestellten Industriekreise angenommen werden. Durch Transportraum- mangel im Reich (Waggon- und Binnenschiffsraum, letzteres z.B. wegen zu geringen Wasser- standes in den Flüssen und Kanälen) gelangte die an sich vorhandene Kohle nicht rechtzeitig in die Verschiffungshäfen, was zur Folge hatte, daß die meist ausreichend zur Verfügung stehende Seetransporttonnage zwecks Vermeidung eines nicht zu verantwortenden Brach- liegens unterdessen für andere Zwecke eingesetzt wurde. Die in Norwegen vorhandenen Reserven verengten sich durch die inzwischen weitergehende Beanspruchung derart, daß ein weiteres Absinken im Interesse einer auch nur kurzfristig gesicherten Bevorratung für den Ernstfall den hiesigen verantwortlichen Stellen nicht mehr tragbar erschien. Die geringen Zufuhren - teilweise nur 1/3 der benötigten Monatszuteilung - vermochten die entstandenen Lücken nicht im geringsten zu schließen, obwohl schon früh weitgehende Einsparungen auf allen Bedarfsgebieten vorgenommen wurden. In der Folgezeit mußte aus diesen Gründen auch zu Stillegungsmaßnahmen auf Produktionsgebieten gegriffen werden, die zu den dringlichsten Stufen des vom Reich erwarteten Lieferungsprogramms gehören. Die Produktion von Kunst- faserzellstoff und Papier, weiter die von Schwefel, Karbid, Ferrosilizium und anderen Erzeug- nissen der metallurgischen Industrie mußte fast völlig eingestellt, ferner sogar die Einstellung der Erzeugung von Futterzellulose für den innernorwegischen Verbrauch in engste Erwägung gezogen werden. Die Folgen für die Ernährung des Landes würden im Falle des Notwendiger- werdens der letzten Entscheidung im höchsten Maße nachteilig sein. Auch auf dem Verkehrs- sektor mußten erhebliche Zuteilungseinschränkungen bzw. die Forderung, mit gleichbleibenden Quoten entsprechend länger auszukommen, ausgesprochen werden. So be- trug die Zuteilung für die Küsten- und Lokalschiffahrt für den Monat April nur 75% des kriegsmäßigen Normalverbrauchs. Seitens der verantwortlichen Stellen werden alle Anstrengungen gemacht, die Kohlen- situation, soweit sie durch Maßnahmen von hier aus überhaupt zu beeinflussen ist, auf einen erträglichen Stand zu bringen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der norwegische Wirtschaftsraum infolge der hier vorhandenen industriellen Möglichkeiten über die Erfiillung des mit dem Reich vereinbarten unmittelbaren kriegswichtigen Lieferungsprogramms hinaus in letzter Zeit auch für größere Verlagerungsaufträge herangezogen wurde, (wobei noch nicht alle vorhandenen Möglichkeiten erschöpft sein dürften) ist eine Verbesserung der Kohlen- situation in Norwegen besonders dringlich.

Einschaltung norwegischer Gartenbaubetriebe zur Intensivierung des Gemüseanbaues. In Oslo und in der Umgebung der Stadt befinden sich eine Anzahl kleinerer und größerer Treibhausanlagen, die sich auch heute noch mit der Aufzucht von Blumen beschäftigen. Gem. einer Verordnung, die das Landbruksdepartement am 10. 1. 44 erlassen hat und die einen Arbeitsplan für jeden Gärtnereibetrieb vorsieht, wurde es den Gewächshaus-gärtnereien zur Pflicht gemacht, ihre Betriebe auf einen 60%igen Gemüseanbau zu Lasten der Blumen- zucht umzustellen. Eine stichprobenweise Überprüfung einiger Gewächshausgärtnereien er- gab, daß selbst diese Forderung nicht von allen Betrieben erfüllt wurde. Beispielsweise hat ein Gärtnereibetrieb, der insgesamt 3000 qm Gewächshäuser bzw. Früh- beete unter Glas besitzt, statt des ihm vom Landbruksdepartement lt. Arbeitsplan vor-

1302 Juni 1944 geschriebenen Höchstareals von 450 qm insgesamt 990 qm mit Blumen bebaut. Weiter wird in diesem Zusammenhang auf die bedeutendste Blumengärtnerei Oslos hin- gewiesen, die sich in Slemdal befindet. Dieser Betrieb verfügt über 18 moderne Treibhäuser mit einer Gesamtfläche von etwa 10 000 qm. Von dieser Treibhausfläche werden nur ca. 1700 qm für den Gemüseanbau benutzt. Nach Angabe von norwegischer Seite nimmt dieser Betrieb eine Sonderstellung ein, die ihm angeblich vom Landbruksdepartement eingeräumt wurde. Wie es heißt, sollen die Rosen- und Nelkenkulturen, die sich in diesem Betrieb befinden, einen besonderen Schutz genießen und für die Nachkriegszeit erhalten bleiben. Selbst wenn von der Voraussetzung ausgegangen wird, daß alle Gewächshausgärtnereien die ihnen auferlegten Verpflichtungen hinsichtlich eines 60%igen Gemüseanbaues erfüllen, er- scheint es angebracht, daraufhinzuweisen, daß im 5. Kriegsjahr eine gewerbsmäßige Blumen- zucht durchaus nicht kriegswichtig, sondern vollkommen nebensächlich ist. Die Gewächshausgärtnereien gebrauchen für Heizzwecke laufend größere Mengen Koks oder Kohle, die ihnen seitens der deutschen Kohlenverteilungsstelle zur Verfügung gestellt werden. In einer Reihe von Fällen werden die Häuser elektrisch geheizt. Außerdem werden für die Blumenzucht Fachkräfte gebraucht, die anderweitig dringend benötigt werden. Beispielsweise hat die OT bereits im Herbst v.Js. 50 bis 100 Gärtner für kriegswichtige Tarnungsarbeiten bei Bauvorhaben angefordert, von denen bisher nur 4 Gärtner durch die norwegischen Arbeitsbehörden bereitgestellt werden konnten. Die Bevölkerung steht dieser gewerbsmäßigen Blumenzucht verständnislos gegenüber, zu- mal vor einiger Zeit seitens des Landbruksdepartements in der Presse verschiedentlich darauf hingewiesen wurde, daß jeder Quadratmeter in den öffentlichen Parks und in den privaten Ziergärten mit Gemüse bepflanzt werden müsse.

[Anlage ]

QUISLINGS REDE VOR DER GERMANISCHEN SS NORWEGEN AM 3. 6. 1944 Kameraden der Germanischen SS ! Es freut mich, Eure Abteilung heute hier zu sehen. Ihr wißt alle, daß der schwere Kampf, der das Los unserer Generation ist, für unser Volk und Vaterland zu führen und für die Errettung der europäischen Zivilisation von Tag zu Tag härter wird. Ihr wißt alle, um was es geht. Die Weltmächte im Westen und die Weltmacht im Osten werfen sich auf Europa und bedrohen es mit dem Untergang. Nicht nur durch ihren Imperialismus, sondern auch durch das System, das sie einführen wollen. Wir alle wissen, daß diese Weltmächte - England und Amerika im Wes- ten und die Sowjet-Union im Osten - so verschieden sie auch sind, einen Generalnenner haben, nämlich das internationale Judentum. Jedes auf seine Art ist nur ein Werkzeug für die Politik des internationalen Judentums. Wir wissen alle, daß dieser Prozeß durch Jahrhunderte sich entwickelt hat. Viele Generationen haben an dieser Entwicklung teilgenommen und es fiel in das Los unserer Generation, die Schlußphase dieses Ganzen auszukämpfen. Wir verstehen auch alle zusammen, daß, wenn wir nicht nur militärisch, sondern auch geistig und moralisch angegriffen werden, wir nur das Eine zu tun haben, unsere ganze Macht, auch unsere morali- sche Kraft und unsere geistige Macht dagegen zu setzen. Und wenn die fremden Nationen drohen, unsere germanische Rasse und unsere Kultur zu vernichten, so müssen wir versuchen, unsere eigene Rasse und unsere eigene Nation zu stärken und weiter zu entwickeln. Was nun diesen geistigen Kampf betrifft, so habt Ihr in der Germanischen SS Norge eine besondere Aufgabe. Unsere Bewegung baut sich ja, wie Ihr alle wißt, auf der Betrachtung auf, daß die SS eine besondere Organisation mit der speziellen Aufgabe ist, den Zusammenhang und das Gemeinschaftsgefühl zwischen unserem norwegischen Volk und unseren germani-

1303 Juni 1944 sehen Brudervölkern zu stärken und zu entwickeln. Der Weltenkampf, dessen wir heute Zeuge sind, ist nicht nur eine Auseinandersetzung zwischen verschiedenen politischen Prinzipien, sondern auch eine endliche Auseinandersetzung mit den Prinzipien des Judentums, dieses sehen wir heute deutlich. Wir sehen deutlich den Einfluß des fremden Prinzips auf das norwe- gische Volk. Dieser zeigt sich in Terrorhandlungen und verbrecherischen, ja direkt kriminellen Taten unserer eigenen Landsleute. Es ist lange her, seit man in Norwegens Geschichte im politischen Kampf zum Meuchelmord und zur Brandstiftung griff. Wie tief diese Kategorie von Norwegern gesunken ist, haben wir in diesen Tagen feststellen können, als wir sahen, daß die abgesetzte norwegische Regierung Norwegen verkaufte, nicht nur an die Westmächte, sondern auch an den russischen Bolschewismus. Sie versuchen, diese Tatsache abzuleugnen, was jedoch unmöglich ist. Falls diese Pläne gelingen und wir eine anglo-amerikanische In- vasion erleben sollten, würde unser Land dem gleichen Schicksal entgegensehen wie Italien. Was das bedeutet, können die Jössinger und andere aus Süditalien lernen. Wir sehen, was aus den Versprechungen über Lebensmittel und Befreiung geworden ist. Selbst Churchill schildert in seiner letzten Rede Italiens Schicksal als die düsterste Tragödie. Und blicken wir nach der anderen Seite, so können wir aus dem Schicksal Polens und der baltischen Länder lernen. Dies muß das norwegische Volk begreifen und wir werden das Volk begreifen lehren. Es war die letzte Warnung, die mit diesem schändlichen Abkommen von London aus gegeben wurde. Jetzt werden die Tatsachen sprechen und Ihr in der Germanischen SS Norge sollt durch die Taten sprechen. Noch ein Beispiel. Wir sehen, wie diese Leute in der verbrecherischen London-Regierung, die keine Regierung ist, weil sie aus dem Lande geflohen ist, das norwegische Volk und die norwegische Jugend aufzuhetzen suchen gegen den Arbeitsdienst, diese dem Lande dienende Maßnahme, die dazu beiträgt, die norwegische Landwirtschaft aufrechtzuerhalten und die ein unschätzbarer Faktor in der Erziehung der Jugend in gutem nationalen Geist ist. Ihre Versuche sind ins Wasser gefallen. Und was den Nationalen Arbeitseinsatz betrifft, zu dem wir in der letzten Zeit aufgerufen haben, so ist es an vielen Stellen gut gegangen, an anderen Stellen weniger gut und an wieder anderen Stellen, wie z.B. hier in Oslo, sehr schlecht. Man glaubt der norwegischen Jugend einreden zu können, daß es sich um eine Mobilisierung mit allen daraus entstehenden Folgen handelt, gerade, als ob das so gefährlich wäre in dieser Zeit. Denkt nur an den ersten Welt- krieg. Da mußte jedes neutrale Land alle Wehrpflichtigen jungen Männer für eine vier- bis fünfjährige Neutralitätswache mobilisieren. Und wäre Norwegen heute ein neutrales Land, so müßte jeder Mann im wehrpflichtigen Alter für 50 Öre bis 1 Krone pro Tag draußen auf Neutralitätswache stehen. Und seht, wie die kriegführenden Länder in Europa es haben, wie sie bluten und leiden müssen, während wir in Norwegen es so gut haben, wie es nur möglich ist. Das einzige, was bisher von unserem Volk verlangt wurde, ist Arbeit für Volk und Land und damit auch einen Einsatz im europäischen Freiheits- und Unabhängigkeitskampf zu leisten. Aber was tut die norwegische Jugend, wenn wir diesen Einsatz von ihr verlangen? Ja, sie drückt sich und flieht in die Wälder und läßt die Familienväter, die zu einer sechsmonatigen Arbeit einberufen waren, und denen man versprochen hatte, daß sie nur sechs Monate zu arbei- ten brauchten, ohne Ablösung sitzen, nur weil einige Taugenichtse in Oslo sich ihrer Pflicht entziehen. Man versucht, ihnen einzureden, daß es sich um eine getarnte Mobilisierung handelt. Glaubt denn wirklich ein Mensch, daß wir es tarnen würden, wenn es zur Rettung des Landes notwendig wäre, zu mobilisieren? Im Gegenteil! Wenn wir zum Kampf für das Vater- land mobilisieren wollten, würden wir es klar und deutlich sagen. Weshalb sollten wir es tar- nen? Nein, es handelt sich hier nur um eine Registrierung und um einen Einsatz der norwegischen Arbeitskraft, um das Produktionsleben aufrecht zu erhalten, um das Land aufzubauen und um

1304 Juni 1944 die lebenswichtigen Arbeiten, die getan werden müssen, durchzufuhren. Es fehlt an Arbeits- kräften in der Forst- und Landwirtschaft. Es gibt Tausende von Höfen ohne Hilfskräfte und hier laufen diese jungen Taugenichtse mit Zipfelmützen herum, während sie in diesem blutigen Kampf mit einem sechsmonatigen Arbeitseinsatz davonkommen könnten. Sie würden es gut haben und sie würden eine Bezahlung nach dem allgemeinen Tarif erhalten, wenn sie die Fa- milienväter ablösten. Alle Landsleute müssen jetzt begreifen, daß wir uns nicht damit abfinden werden. Wir wer- den den Arbeitseinsatz durchsetzen. Und ihr in der Germanischen SS Norge sollt dabei sein. Der nationale Arbeitseinsatz in Norwegen wird 100%ig durchgesetzt werden. Alle öffentlichen und staatlichen Machtmittel sowie alle Parteiorganisationen werden zusammengezogen wer- den, um diesen Arbeitseinsatz, der zur Rettung unseres Vaterlandes in diesem Kampf so not- wendig ist, durchzuführen. Es ist eine Freude für mich, festzustellen, welche gute Zusammenarbeit zwischen allen For- mationen innerhalb unserer Bewegung besteht. Die kleinen Reibereien, die vorgekommen sind, waren im Grunde nur eine Art von Kompetenzstreitigkeiten. Wir marschieren auf ver- schiedenen Wegen, aber wir marschieren auf dasselbe Ziel zu, und wenn Schwierigkeiten auftreten, werden wir ihnen gemeinsam begegnen. Wir werden froh sein, daß die Gefahren und die Schwierigkeiten an unsere Kraft appellieren. Sie werden durch unsere Kraft aufgewogen und ich weiß, daß Ihr alle, daß alle guten Norweger mit uns sind in diesem Kampf. Und die- jenigen, die ihr Angesicht in diesem Kampf nicht zeigen wollen, werden gezwungen, es zu tun. Und so schreiten wir, Kameraden in der Germanischen SS Norge, gemeinsam dem Ziele zu und der Sieg wird unser sein!

BdSudSD Oslo, Tagesbericht Nr. 47 vom 30. Juni 1944, gez. Fehlis RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/ Perm B.IVM

1. In der Nacht vom 28. zum 29. 6. ereigneten sich in der Werkhalle der Chemischen Fabrik in Lysaker bei Oslo zwei Explosionen, wodurch die zur Herstellung von konzentrierter Schwefel- säure bestimmten Anlagen zum großen Teil zerstört wurden. Ein in einem Nebenraum gelegter Brand wurde rechtzeitig gelöscht. Fast zur gleichen Zeit wurde ein weiterer Sabotageanschlag gegen die ostwärts von Dram- men gelegene Schwefelsäurefabrik Vaerpen der norwegischen Sprengstoffindustrie verübt. Durch die Explosion mehrerer Sprengladungen entstanden erhebliche Schäden an wichtigen Anlagen und Schwefelsäurebehältern. Eine an einem im Freien stehenden Behälter befestigte Sprengladung gelangte nicht zur Explosion. Die Tat wurde von etwa 5 bis 6 maskierten und mit Maschinenwaffen versehenen Männern ausgeführt, nachdem sie einen Wachmann und drei Arbeiter überwältigt und mit englischen Fallschirmschnüren gefesselt hatten. In beiden Fabriken, die die einzigen ihrer Art in ganz Norwegen sind, mußte infolge der Anschläge die Gewinnung der zur Herstellung von Sprengstoff benötigten Schwefelsäure bis auf weiteres stillgelegt werden. 2. Bei einem am 22. 6. von Kräften der Sicherheitspolizei und des SD Drontheim mit Unter- stützung der Wehrmacht und der norwegischen Grenz- und Ordnungspolizei im Mündungs- gebiet des Stjördalselv und ostwärts davon eingeleiteten Fahndungsunternehmen nach Spionagegruppen, einer Flüchtlingsorganisation und Teilen der Kampfgruppen der Mil.Org. wurden 31 Personen festgenommen und 5 Rundfunkgeräte, einige Gewehre und ein Verviel- fältigungsapparat sichergestellt.

1305 Juni 1944

3. Im Zusammenhang mit der Aufrollung der Militärorganisation im Raum von Farsund (vgl. Tagesbericht v. 27. 5.) wurde ein Personenkreis festgestellt, der sich ausschließlich mit der Propaganda gegen den norwegischen Arbeitsdienst befaßte. Unter den in dieser Sache bisher festgenommenen 24 Personen befinden sich der Leiter, ein Lehrer aus Mandai, ein Lensmann aus dem gleichen Orte, der die Unterlagen über sämtliche arbeitsdienst - bzw. registrierungs- pflichtigen Jahrgänge beschaffte und die Leiter von zwei Versorgungsämtern, die sich bereit erklärt hatten, die zur Flucht veranlaßten Norweger mit Lebensmittelkarten zu versehen. Außerdem wurden im Zuge der Ermittlungen 19 Norweger wegen verbotenen Waffen- und Rundfunkbesitzes und 6 norwegische Staatsangehörige, darunter ein Pfarrer, wegen Ver- breitung und Verteilung verbotenen und der Beschlagnahme unterliegenden Schrifttums fest- genommen.

4. Im weiteren Verlauf des Unternehmens gegen englische Agenten südlich Mosjöen (ver- gleiche Tagesberichte v. 20. und 24. 6.) wurden zwei weitere Waffenlager mit 15 Kisten Granatwerfermunition, 2 " Pistolenmunition, 1 Kiste Karabinermunition, 5 Kisten Eierhandgranaten, 9 " Sprengmitteln und Zubehör, 1 Kiste Leuchtmunition, 200 Munitionstaschen und mehrere Lampen ausgehoben. 5. In den Nächten vom 23. und 26. 6. wurden auf einer Kabelverteilungsstelle in Ljabru bei Oslo zwei Fernsprechzuführungskabel mit 70 und 30 Adern für einen in Bau befindlichen Gefechtsbunker der Luftwaffe vorsätzlich beschädigt. 6. In der letzten Zeit wurde eine Fernsprechleitung der Wehrmacht in der Nähe von Foldvik (Vestfold) wiederholt durch unbekannte Täter zerstört. 7. Als Neuerscheinungen wurden folgende deutschsprachige Zersetzungsschriften erfaßt: a) "Nachrichten des BDO Nr. 19" Der Inhalt wendet sich gegen die Anhäufung von Munition und Treibstoffvorräten bei den Waffen-SS-Ersatzeinheiten, die dazu bestimmt sein sollen, einen "Bolschewikenputsch" des Reichsfiihrers SS vorzubereiten. b) "Deutsche Matrosen" Die mit "Kameradschaft deutscher Seeleute" unterzeichnete Schrift befaßt sich mit dem Unter- gang des Schlachtschiffes "Scharnhorst" und fordert die deutschen Matrosen auf, "Schluß mit den unfähigen Führern" zu machen. 8. An Angestellte des norwegischen Arbeitsdienstes wurden Aufrufe mit folgendem Wortlauf übersandt: "Aufruf an das Personal des norwegischen Arbeitsdienstes: Das ganze Personal des norwegischen Arbeitsdienstes wird ersucht, die Stellungen bis zum 15. 6. 44 zu kündigen und zu verlassen. Diejenigen, welche diese Forderung auf Grund ihrer Vaterlandsliebe und Loyalität befolgen, werden in jeder Hinsicht unterstützt werden und unter der gesetzlichen norwegischen Regierung gute Stellungen bekommen. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß S.M. der König den

1306 Juni 1944 ehemaligen Befehlshabern des Heeres und der Marine es anheimstellt, diesem Aufrufe zu folgen. Diejenigen Männer und Frauen, welche dem Befehl nicht gehorchen, werden als Nazisten und Landesverräter betrachtet werden und müssen dann die Folgen tragen. Am 15. 6. wird es abgeraten, Arbeitsdienstuniform zu tragen. Der Kampf wird verschärft werden. Von dem norwegischen und alliierten Kontrollkomitee in Norwegen." 9. Zwei zum Stammpersonal der Polizeischule in Halden gehörige norwegische Polizeibeamte flüchteten in Uniform über den Iddefjord nach Schweden, nachdem sie einen Fjordanwohner durch Bedrohung mit der Schußwaffe zur Hergabe eines Ruderbootes veranlaßt hatten. 10. Vom SS- und Polizeigericht Nord wurde ein norwegischer Kraftfahrer wegen Unter- schlagung und Verwahrungsbruch zu 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Der Verurteilte hatte als Kraftfahrer und Ordonnanz beim SS- und Polizeigericht in der Zeit vom September 1943 bis Januar 1944 laufend für das Gericht bestimmte Geldbeträge unterschlagen und eine Anzahl Strafakten aus der dienstlichen Aufbewahrung an anderer Stelle versteckt. Die veruntreuten Geldbeträge in Höhe von etwa 2600 Kronen hatte er zur Alkoholbeschaffung auf dem Schwarzmarkt verwendet.

BdSudSD Oslo, Tagesbericht Nr. 48 vom 4. Juli 1944, gez. Fehiis RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IVM

1. Auf Grund des pflichtbewußten Verhaltens des Lensmannes [N.N.] aus Krogstadelven war es möglich, in der Zeit vom 2. bis 5. 5. neun Studenten und Gymnasiasten zu ergreifen und einer aktiven Betätigung in der Militärorganisation zu überführen. (Vgl. Tagesbericht v. 6. 5.) Aus dem gleichen zu dieser Organisation gehörenden Personenkreis wurde aus Rache ein Anschlag gegen den Lensmann und seine Ehefrau verübt. (Vgl. Tagesbericht v. 21. 6.) Daraufhin hat das SS- und Polizeigericht Nord am 3. 7. die Festgenommenen wegen Be- tätigung für einen Feindstaat zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde vollstreckt. 2. In der Nacht zum 2. 7. drangen unbekannte Täter in die Erdgeschoßräume des Arbeits- kontors in Son (Oslofjord) ein, brachten unter einer Kartei einen Brandsatz zur Entzündung und flüchteten darauf unter Mitnahme einer Schreibmaschine. Das Feuer wurde rechtzeitig gelöscht. Der angerichtete Schaden ist unbedeutend. 3. Am Stadtrand von Stavanger wurde ein schweres Wehrmachtsfeldkabel von unbekannten Tätern zerschnitten. Eine Bürgerwache wurde aufgestellt. 4. Auf Grund vertraulicher Meldungen, wonach sich zwischen Bykland und Valle (Setesdal) verdächtige Personen aufhalten sollten wurde mit Unterstützung der Ordnungspolizei eine Durchsuchung dieses Gebietes vorgenommen. Im Verlauf des Unternehmens wurden 7 Personen wegen unerlaubten Waffenbesitzes usw. festgenommen und ein norwegisches Militärgewehr und eine Schrotflinte sichergestellt. Die gesuchte Personengruppe wurde nicht mehr angetroffen. 5. Am 1.7. wurde der Advokat Gunnar Spangen auf der Straße von Drammen nach Solli von unbekannten Tätern erschossen. Spangen war als deutschfeindlich bekannt.

1307 Juli 1944

6. In Sarpsborg wurden drei Norweger festgenommen, die im Verdacht stehen, als Mitglieder einer Flüchtlingsorganisation Beihilfe zur Landesflucht geleistet zu haben. Weiter wurde ein in Sellebak wohnhafter ehemaliger Polizeibeamter festgenommen. Er war vor einiger Zeit nach Schweden geflüchtet und jetzt zurückgekehrt, um anderen Personen bei der illegalen Überschreitung der Grenze behilflich zu sein. 7. In Bergen wurde die bisher unbekannte Flugschrift "Til forretningsstanden" (An den Handelsstand) erfaßt, die im Postversand an mehrere Geschäftsleute gerichtet war. Die Schrift enthält den Hinweis, daß die Lehrer, Pfarrer, Landwirte usw. im Gegensatz zu den Geschäftsleuten bereits in die Abwehrfront gegen die Deutschen eingeschaltet worden seien. Die Geschäftsleute wer- den aufgefordert, nunmehr durch Nichtbefolgung behördlicher Anordnungen und Sabotierung der Rationierungsvorschriften aktiv am Kampfe teilzunehmen. 8. In Stavanger wurden drei Norweger wegen Verunglimpfung des Deutschlandliedes fest- genommen. 9. Bei einer am 27. 6. im "Löwenbräu" in Oslo durchgeführten sittenpolizeilichen Razzia wurden 87 Norwegerinnen den norwegischen Gesundheitsbehörden vorgeführt. Darunter be- fanden sich 8 Geschlechtskranke. 10. Aus einem Schriftstück, das in einer kommunistischen Deckungsstelle gefunden wurde, geht hervor, in welcher Weise die norwegische Bevölkerung auf dem Lande von den illegal lebenden norwegischen Kommunisten terrorisiert wird. Es handelt sich um den Durchschlag zweier Schreiben, die von den Kommunisten an einen Norweger gerichtet wurden, mit folgen- dem Inhalt: "Herr N.N. Es ist bekannt geworden, daß Sie in letzter Zeit verschiedene falsche Gerüchte verbreitet ha- ben, die die schlimmsten Folgen haben können, wenn sie unberufenen Personen zu Ohren kommen. Herr N.N. Wir haben den Bericht erhalten, daß Sie und Ihre Frau bestimmte Äußerungen machten, daß Sie mit einer Person gesprochen haben, die Sie gesehen haben wollen. Dies ist nicht der Fall, und wenn es so wäre, hätten Sie sofort aus Rücksicht auf die Dorfeinwohner eine solche Mit- teilung totschweigen müssen, bevor sie unbefugten Personen zu Ohren kommt. Es ist traurig, daß es heute Leute in Norwegen gibt, die vollkommen über die Methoden der Gestapo des- orientiert sind, daß sie glauben, daß solche Mitteilungen guten Norwegern verheimlicht werden können. Es ist auch nicht abzuleugnen, daß jetzt in unserem Lande Maulwurfsarbeit betrieben wird. Diese Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, unser Land von den deutschen Bar- baren zu befreien. Es würde aber mit der Befreiung sehr schlecht bestellt sein, wenn jeder zu allen Personen, mit denen er zusammentrifft, ausposaunt, daß er irgendeine illegale Person an irgendeinem Orte gesehen hat. Dies hilft niemand. Oder doch nur den Deutschen. Ich muß Sie deshalb inständig bitten, die Schnauze über alles zu halten, was Sie gesehen oder gehört haben. Falls Sie sich freiwillig nicht hierzu bereiterklären, müssen Sie die Verantwortung selbst über- nehmen. Weder bewußte noch unbewußte Angeber werden jetzt geschont und besonders dann nicht, wenn man sichere Beweise ihres angerichteten Schadens hat. Dies ist die letzte Warnung, die Sie von uns bekommen. Das nächstemal werden wir handeln, und dann kommt die Reue zu spät."

1308 Juli 1944

Anlage

In einer Deckungsstelle von Angehörigen der Militärorganisation wurde eine Anweisung der Militärorganisation folgenden Inhalts gefunden: "Es sind in letzter Zeit einzelne Berichte bei mir eingegangen, aus denen hervorgeht, daß eini- ge Mitglieder unserer Organisation es mit dem Erscheinen nicht so genau nehmen. Diesem Umstand muß sofort und unbedingt abgeholfen werden. Es ist nicht nur eine Pflicht sondern auch eine Ehrensache, den Leitern blind zu gehorchen, — vom einfachsten Manne bis hinauf zu den höchsten Stellungen. Es ist eine Pflicht und Ehrensache gegen unser Vaterland, und dies darf niemand vergessen. Alles was getan wird, alle Vorbereitungen und alle Zusammen- künfte geschehen im Interesse Norwegens. Jedes Mitglied der Organisation muß sich jederzeit seiner Verantwortung bewußt sein. Es stehen lebenswichtige Interessen auf dem Spiel, und wir in der obersten Leitung müssen uns jederzeit auf unsere Leute verlassen können. Wir sind Mitglieder einer reinen Militärorganisation und unterstehen alle den Militärgesetzen, Gesetzen vor denen man den größten Respekt haben muß und gegen deren Übertretung unbedingte und hohe Strafen verhängt werden. Unsere Organisation, die über das ganze Land verbreitet ist, bedeutet heute eine unermeßliche Kraft und gesammelt können wir den Gewaltherrschern in unserem Lande die größten Schwierigkeiten bereiten. Wir können gleichfalls sobald das Signal gegeben wird, unseren Helfern ungeahnte und vielleicht entscheidende Hilfe bei der Befreiung der alten 'Mutter Norwegen' leisten. Dann müssen aber auch alle dabei sein und den Militär- gesetzen blind gehorchen. Ich werde einige davon hier wieder anführen: § 46: Deijenige, der einem Befehl eines Vorgesetzten in Diensthandlungen nicht den erforderlichen Gehorsam erweist oder unrechtmäßig gegen Befehle handelt, wird mit Arrest oder Gefängnis bis bestraft. § 80: Punkt 11: Wer die Durchführung eines dienstlichen Befehls unterläßt, wird wegen Kriegsverrats mit Gefängnis von 10 Jahren bis auf Lebenszeit oder Todesstrafe bestraft. § 83: Wer durch Versäumnis der Dienstpflicht oder durch irgendein anderes pflichtwidriges Verhalten bewirkt, daß das Unternehmen des Feindes gefördert wird, ist mit Gefängnis bis zu 10 Jahren zu bestrafen. Künftig werden alle diejenigen Mitglieder der Organisation, die eins oder mehrere dieser Gesetze überschreiten, gekennzeichnet werden. Sie werden ähnlich wie diese gezeichnet, auf die wir täglich aufgrund ihrer höchst unnationalen Einstellung zu den Fragen und Interessen, die von entscheidender Bedeutung sind, damit unser Land seine volle Freiheit und Selbstän- digkeit zurückerhält, herabsehen. Würdest Du nicht gem selbst den höchsten Preis dafür zahlen, damit Du selbst und Deine Nachkommen erleben können 'Norwegen' als einen der Bannerträger der Freiheit in der Welt zu sehen, und daß Du selbst über die Entwicklung der Glanzperiode, der wir jetzt entgegen- gehen, bestimmst. Wir haben uns schon einen großen Namen in der Welt errungen, und jeder gute Norweger ist verpflichtet, diesen Namen hochzuhalten und unserem Land dabei beihilf- lich zu sein, seinen heutigen Ehrenplatz beizubehalten. Im Interesse des Vaterlandes fordere ich vollen Gehorsam und Unterwerfung unter die Mili- tärgesetze, die für unsere Organisation gelten."

BdSudSD Oslo, Tagesbericht Nr. 49 vom 6. Juli 1944, gez. Fehlis RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IVM

1. In den Abendstunden des 4. 7. wurde der durch einen Funkpeiltrupp der Ordnungspolizei in einem Hause in Nordsjöstrand auf der Halbinsel Nesodden festgestellte Standort eines gegne-

1309 Juli 1944 rischen Senders im Zusammenwirken von Sicherheits- und Ordnungspolizei und Teilen einer Flakeinheit umstellt. Angehörige der Sicherheitspolizei drangen in das Haus ein, wurden aber von 3 im Haus befindlichen Männern mit Maschinenpistolen, Pistolen und englischen Eier- handgranaten am Eindringen so gehindert, daß es den drei Personen gelang, aus dem Hause auszubrechen. Sie gerieten jedoch in das Feuer der Absperrmannschaft und wurden bei dem weiteren Versuch zu flüchten, erschossen. Von den in das Haus eingedrungenen Angehörigen der Sicherheitspolizei wurde einer getötet, drei schwer und mittelschwer verletzt. Von den Absperrmannschaften wurden ein Angehöriger der Funkmeßstelle getötet, ein weiterer An- gehöriger der Funkmeßstelle und ein Flaksoldat mittelschwer verletzt. Unter den drei getöteten Männern waren wenigstens zwei Funker des in dem Haus befindlichen Sendegerätes, mit dem bis zu dem Augenblick, als die Sicherheitspolizei in das Haus eindrang, von einer wahrschein- lich in Oslo befindlichen zentralen Nachrichtenstelle Meldungen nach England durchgegeben worden waren. Das Sendegerät und die dazu gehörenden Unterlagen wurden unbeschädigt sichergestellt. 2. Am 3. 7., gegen 12.00 Uhr, stieß eine aus drei Unteroffizieren bestehende Feldgen- darmeriestreife im Waldgebiet des nördlich Hönefoss gelegenen Vaelssee [?] auf eine aus 10 bis 12 Mann bestehende, mit Maschinengewehren und Maschinenpistolen bewaffnete Bande. Nach kurzem Schußwechsel gelang es der Bande, in dem unwegsamen Gelände zu ent- kommen. Die mit Teilen der Sicherheits- und Ordnungspolizei und der Wehrmacht erfolgte Durchkämmung des Geländes blieb ohne Erfolg. 3. In der Zeit vom 2. bis 5. 7. wurde mit Kräften der Ordnungspolizei, der Wehrmacht und der Waffen-SS das Gebiet nordwärts der Straße Drammen-Hokksund bis zum Tyrifjord nach illegal sich aufhaltenden Personen und Waffen- und Sabotagemateriallagern durchsucht. Es wurden drei Personen wegen ungenügender Ausweise, eine Person wegen verbotenen Rund- funkbesitzes festgenommen. Fehlis 4. Bei einem Sprengstoffanschlag gegen das Kupferbergwerk "Andalswerk" (Telemark) wurde ein Wasserrohr, das von einem Behälter zur Turbine führt, in einer Länge von drei Metern aufgerissen. Der Schaden konnte nach einigen Tagen wieder behoben werden. Aus dem Werk wurde vor kurzer Zeit Sprengstoff entwendet. Es wird vermutet, daß die entwendete Spreng- stoffmenge zu dem Anschlag Verwendung gefunden hat. Die Täter sind unbekannt. 5. In einigen Straßen Oslos wurden von unbekannten Tätern Zettel geklebt, die auf farbigem Grund die schwarzgedruckte Aufschrift trugen: "Tyskland seirer paa [pâ] alle fronter. Bli med i Tysklands seierrike frammarsj. Sluttopp om NS! Heil og Sael Quisling!". "(Deutschland siegt an allen Fronten. Beteilige Dich an dem siegreichen Vormarsch der Deutschen. Schließ Dich der NS an! Heil und Sieg Quisling!)["] 6. Unter dem schriftlichen Material, das bei der Aushebung der politischen Leitung des ZK der KPN in Valdres gefunden worden ist (s. Tagesbericht vom 20. 6.), befindet sich ein Aufruf folgenden Inhalts:

1310 Juli 1944

"Die Invasion hat begonnen. Damit ist der Krieg in eine neue Phase getreten und zwar in die entscheidende. Die neue Situation stellt große Forderungen an alle, die am Freiheitskrieg gegen Hitler be- teiligt sind - in den freien und in den besetzten Ländern -. Die Forderungen sind jetzt größer als je zuvor während des Krieges. Wir in Norwegen müssen die Aktivität auf allen Gebieten steigern. Wir müssen unseren Alliierten helfen, indem wir die Verfügungen des Feindes erschweren und die Bestimmungs- rechte des Feindes verkleinern. Es ist ja klar, daß Norwegen kein Hauptschlachtfeld werden kann. Die Hauptfront muß auf dem Kontinent liegen. Unsere Hauptaufgabe besteht deshalb darin, dafür zu sorgen, daß die Deutschen keine Truppen von Norwegen an wichtigere Frontabschnitte senden, wie sie es voriges Jahr taten, als eine Panzerdivision in die Ukraine geschickt wurde. Wir müssen die deutschen Truppen in Norwegen festhalten. Dies tun wir, wenn wir die Sabotage gegen Betriebe, die für die Deutschen arbeiten, gegen deutsche Unterkünfte, Trans- porte und Verkehrsmittel steigern. In der kritischen Lage, worin Deutschland sich jetzt befindet, braucht es jegliche Stütze, und dies ist der Grund, weshalb Quisling vor einiger Zeit die Parole brachte:

Wir stellen uns die Aufgabe: Nicht ein Stein, nicht ein Stück Holz, nicht eine Kartoffel für die Deutschen! Nicht ein Finger soll sich rühren, um den Deutschen zu helfen. Die Voraus- setzung zur Lösung dieser Aufgabe ist, daß ein Chaos in der Verwaltung entsteht. Die staat- lichen Beamten und Angestellten müssen für Verspätungen, falsche Sendungen usw. sorgen. Die Büros des Arbeitsnachweises und der Ernährungsämter müssen in die Luft gesprengt wer- den."

BdSudSD Oslo, Tagesbericht Nr. 50 vom 11. Juli 1944, gez. Fehlis RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IVM

1. Am 7. 7. wurden in Oslo sechs Personen als Angehörige einer Gruppe festgenommen, die kommunistische Flugschriften vertrieb, sich mit der Verbringung von Schwedenflüchtlingen befaßte und im Verdacht steht, Sabotageakte vorbereitet zu haben. 7 kg Dynamit, Sprengkapseln und 9000 norwegische Kronen, die vermutlich für illegale Zwecke Verwendung finden sollten, wurden sichergestellt. 2. In Oslo wurden bei Postkontrollen mehrere mit Feldpostnummern versehene Brief- sendungen erfaßt, die neben den bekannten Hetzschriften "Ein Führerbild" "Deutsche Matrosen" "Beobachter vom Febr. 1944" "Nachrichten des BDO", einen gefälschten Geheimbefehl des Oberkommandos der Wehrmacht vom 22. 12. 1943 "Zusammenstellung wesentlicher Fälle vorsätzlichen Landesverrates und fahrlässiger Preis- gabe von Staatsgeheimnissen" und einen "Grieben-Führer von Oslo" mit den bekannten Anleitungen zur künstlichen Hervorrufung von Krankheiten enthielten.

1311 Juli 1944

Die beiden letztgenannten Zersetzungsschriften sind neu erschienen. 3. Wegen unerlaubten Besitzes von Jagdgewehren wurden acht Bauern und Arbeiter aus Ve- gaardsvei (Aust-Agder) festgenommen. 8 Schrotgewehre und einige Schuß Munition wurden sichergestellt. 4. Bei Grorud wurde ein zu einer Nachrichtenübung gelegtes Wehrmachtkabel von vier ju- gendlichen Norwegern durch Werfen von Steinen derart beschädigt, daß das Kabelstück aus- gewechselt werden mußte. Die Täter wurden von der Geheimen Feldpolizei festgenommen. 5. In der Nacht zum 9. 7. wurde aus den Beständen der Marinewerft in Naersnes [Naersnes] (Oslofjord) eine größere Menge Benzin entwendet und mit einem Ruderboot abtransportiert. Das Boot konnte gestellt und die beiden Insassen, ein Norweger aus Oslo und ein schwedi- scher Matrose, nach einem Fluchtversuch, bei dem sie durch Schüsse verletzt wurden, fest- genommen werden. Im Zusammenhang damit wurden weitere 5 Norweger wegen Beihilfe zum Diebstahl in Haft genommen. 5 Fässer Benzin und ein in der Wohnung eines der Be- schuldigten gefundenes Rundfunkgerät mit Mikrophon und einige Dynamitpatronen wurden sichergestellt. 6. Am 6. 7. wurde durch ein Schadenfeuer die Sägemühle der Firma A/S Stangeskovene in Grenvika bei Kongsvinger zerstört. Der Schaden beläuft sich auf etwa 80 000 Kronen. Als Brandursache wird Funkenflug vermutet. Am gleichen Tage ist in Ranum (Hedmark) ein Bethaus, das von der Luftwaffe als Unter- kunft für die Flugmeldeauswertung vorgesehen war, niedergebrannt. Der Brand wurde von einem 7jährigen Knaben gelegt. 7. In den letzten Tagen wurde auf dem Lande eine Flugschrift folgenden Inhalts erfaßt: "Norweger. Neulich kam die Parole über Streiks gegen die AT und den 'Nationalen Arbeitseinsatz' von London. Die Jugendlichen, welche sich in Gefahr befanden, erhielten Befehl, in Deckung zu gehen, damit sie nicht gezwungen wurden, gegen ihr eigenes Land zu kämpfen. Viele der Burschen folgten der Parole. Sie streifen jetzt in den Wäldern umher oder haben sich in Hütten oder Höfen versteckt. Auf die Dauer kann selbstverständlich nicht vermieden werden, daß die Leute, die in der Umgebung von solchen Stellen wohnen, dies merken und dann entstehen sofort Gerüchte. Dieses Gewäsch hat leider schon längere Zeit gedauert und sehr großen Schaden angerichtet. Viele dieser Leute sind als Opfer in die Klauen der Gestapo gefallen und einzig und allein aus dem Grunde, daß die Leute 'sprechen'. Diese Gespräche sind ja nicht so schlimm gemeint, ganz unschuldig und vertraulich wird am Kaffeetisch oder bei einer Zigaret- te über solche Fälle geplaudert. So allmählich kommt es jedoch solchen Leuten zu Ohren, die nur sitzen und gerade auf derlei Auskünfte warten, um dieselben ihren deutschen 'Herren' wei- terzubringen. Deshalb ist es an der Zeit, daß dieses 'Gewäsch' ein Ende nimmt. - Hierbei hat jeder Norweger sich nach folgendem zu richten: Du weißt nichts davon, wer auf dem Hofe des Nachbarn dient. Du weißt nicht, ob er zuviele oder neue Dienstboten oder Gäste hat. - Du weißt überhaupt nichts von irgendeinem jungen Mann, der sich wahrscheinlich im nächsten Wald, Gebirge oder Hütte vor der Gestapo verbirgt. - Darüber wird nicht gesprochen. HALT DIE SCHNAUZE, SEI NICHT NEUGIERIG. - Es geht Dich nichts an, ob irgendetwas Mysti- sches in der Nähe Deiner Wohnstätte geschieht. Versuche nicht, Dich interessant zu machen, indem Du andeutest, daß Du um ein solches Geheimnis weißt. JEDER NORWEGER muß sich seiner Verantwortung der norwegischen Jugend und deren Wohlergehen gegenüber bewußt sein. ES STEHT SEHR VIEL AUF DEM SPIEL. Ein un- überlegtes Wort und ein unüberlegter Satz können genügen, um viel zu verraten. Und Du

1312 Juli 1944 willst doch bestimmt kein junges norwegisches Leben auf dem Gewissen haben? - NEIN. - Jetzt ist die Zeit wirklich gekommen. Nun, 'mußt Du überlegen, bevor Du redest', hat die aller- größte Gültigkeit, aber vergiß trotz allem nicht, daß SCHWEIGEN GOLD IST. Für das Land und dessen tüchtige lebensbejahende Jugend: SCHWEIGE ÜBERA LLES, WAS DU SIEHST UND HÖRST! Sende dieses an jeden guten Norweger weiter."

BdSudSD Oslo, Tagesbericht Nr. 51 vom 12. Juli 1944, gez. Fehlis RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IVM

1. In Oslo wurden am 10. und 11.7. ein bei der Dienststelle des BdS beschäftigter norwegischer Kraftfahrer, dessen Schwager, ein Autoraparateur und 2 Polizeikonstabel, sämtliche in Oslo und Umgebung wohnhalt, festgenommen. Die Festgenommenen hatten sich mit Ausspähungsaufträgen bei der Dienststelle des BdS befaßt, sich insbesondere für die Fahrzeuge der Sicherheitspolizei und ihre Erkennungs- nummern interessiert und stehen außerdem im dringenden Verdacht, einer illegalen Organisation zur Verbringung von Flüchtlingen nach Schweden anzugehören. Der norwegische Kraftfahrer hatte außerdem einen deutschen Fahrer der Sicherheitspolizei dazu zu überreden versucht, den Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD und zwei Angehörige seiner Dienststelle zu erschießen. 2. In den Vormittagsstunden des 11. 7. drangen zwei Männer in die Räume der Sanitäts- abteilung des norwegischen Arbeitsdienstes in Drammen mit gezogenen Pistolen ein und über- wältigten und fesselten einen anwesenden AT-Lagerführer und einen Arbeitsdienstmann. Nachdem sie einige Karteien und Schreibmaschinen an sich genommen hatten, warfen sie die übrigen Unterlagen auf einen Haufen und zündeten diesen an. Die Täter entkamen unerkannt in einem wartenden Kraftwagen. Das Feuer verlöschte von selbst. 3. In Förde (Sogn und Fjordane) wurden ein Distriktsarzt wegen Verwaltung eines illegalen transportablen chirurgischen Reservelazarettes, das im Falle einer Invasion den Truppenärzten zur Verfügung gestellt werden sollte, und der Chefarzt des Höyanger Krankenhauses als Mit- wisser, festgenommen. Das Reservelazarett wurde von einem Arzt des Ullevaaler Krankenhauses in Oslo vermittelt und durch den Inhaber einer Sanitätsartikelhandlung in Oslo ausgerüstet. Beide sind in- zwischen nach Schweden geflüchtet. 4. Im Fortgang des Zugriffes gegen die vermutliche Militärorganisation im Raum Egersund (vgl. Tagesbericht v. 27. 5.) wurden weitere acht norwegische Staatsangehörige, darunter ein Pfarrer, festgenommen. 5. Von der "Gruppe schwedischer Friedensfreunde" wurden in der letzten Zeit durch Postbrief- sendungen in deutscher, englischer und schwedischer Sprache gedruckte Flugblätter verbreitet, die die Überschrift: "Aufforderung zu einer Meinungsäußerung für einen Versöhnungsfrieden" tragen. Die Schrift ist bisher noch nicht bekannt.

1313 Juli 1944

6. In Valdres wurde ein Schriftstück erfaßt, das folgende Ausführungen über die Organisierung der illegalen Arbeit in diesem Gebiet enthält: "Streng vertraulich. Die Organisierung des Streiks gegen die Arbeitsmobilmachung. 1. Das Nationalkomitee für Valdres hat die Übersicht über das ganze Talgebiet. Wieviel Männer in Deckung gegangen sind, was an Lebensmitteln, Bekleidung usw. beschafft werden kann und verfügbare Unter- künfte. Das Komitee leitet die weitere Arbeit nach den Richtlinien und Bestimmungen, die von der Leitung der Heimatfront und der Regierung in London getroffen werden. Das Komitee hat Verbindung zu einem Mann in jedem 2. Gemeindekomitee, das vollkommene Übersicht über die ganze Gemeinde hat. Das Gemeindekomitee wird aus drei bis fünf der besten Leute der Gemeinde zusammengesetzt. Es beschafft sich eine Übersicht über die in der Gemeinde in Frage kommenden Jugend- lichen und sorgt dafür, daß diese den Aufruf bekommen und Gelegenheit haben, sich bei einer bestimmten Person zu melden. Das Komitee sorgt für genügend Proviant, Bekleidung, beschützte Zufluchtsstätten usw. für die Männer. Dort wo es erforderlich ist, wird auch ein 3. Kreiskomitee mit den gleichen Angestellten wie in den Gemeindekomitees in jedem Kreis gebildet. An den Stellen, wo sich industrielle Betriebe befinden, ist auch ein 4. Betriebskomitee zu bilden, das sowohl aus der Leitung wie aus Arbeitern zusammengesetzt ist. Es muß dafür sorgen, daß alle Jugendlichen des Betriebes sich der Mobilmachung entziehen und Verbindung mit den Kreis- und Gemeindekomitees haben. Die Betriebskomitees müssen die Arbeit finanziell und auch auf anderen Gebieten unter- stützen. Alles zur Lösung dieser Aufgaben in Valdres ist vorbereitet. Die Voraussetzung ist nur, daß konspirativ gearbeitet wird und man nicht unnötig spricht. Zweifelhafte Personen dürfen keine Kenntnis von Personen oder der Organisation haben. DAS NATIONALKOMITEE FÜR VALDRES. Ist nur denen zu zeigen, die sich mit der Organisation befassen."

BdSudSD Oslo, Meldungen aus Norwegen Nr. 70 vom 12. Juli 1944, eigener Auszug vom 15. Juli 1944 RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IVM

B. Gegner. Nachdem durch die Feststellung des Hauptquartiers der sogenannten Sabotage- und Partisa- nenabteilung des Zentralkomitees der KPN (Meldungen aus Norwegen vom 11.6. 1944, Seite 26) bestätigt worden war, daß die Kommunisten die Aktivierung des offenen Wider- standes mit allen Mitteln betreiben und dabei so weit gehen, daß sie überall erklären, es sei die Zeit gekommen, mit den Kriegshandlungen in Norwegen zu beginnen, ist in den vergangenen

1314 Juli 1944

Wochen der Schwerpunkt der sicherheitspolizeilichen Tätigkeit auf die Ermittlungen gegen die wichtigsten kommunistischen Zentralen verlegt worden. Im Anschluß an das Unternehmen gegen die Terror- und Partisanenabteilung in "Solia" wurden mit Unterstützung der Geheimen Feldpolizei, der Feldgendarmerie und der norwegischen Staatspolizei in Hönefoss, Vikersund und Umgebung 70 Personen, in der Hauptsache kommunistische Terroristen und Helfer kommunistischer Terrorgruppen festgenommen. Unter ihnen befinden sich der Sabotageleiter der kommunistischen Partei für den Bezirk Hönefoss und Umgebung Georg J e η s r u d (Deckname "Aage"), der neue Bezirksleiter der KPN für Oslo Armand S t a η g und der Nachrichtenleiter der Bezirksleitung Oslo der KPN Reinhard Halvorsen. J e η s r u d war einer der Hauptmitarbeiter des Leiters der Sabotage- und Partisanenabteilung der KPN, Asbjörn Sunde. (Siehe Meldungen aus Norwegen vom 11. 6. 44, Seite 26). Unter den Festgenommenen befinden sich außerdem Mittäter an folgenden Anschlägen: Anschlag gegen Hauketotunnel an der Strecke Oslo-Halden am 18. 8. 43 (siehe Meldungen aus Norwegen v. 7. 9. 1943, Seite 27) Anschlag gegen Haverstingtunnel an der Bergensbahn am 28. 4. 1944 (siehe Meldungen aus Norwegen v. 17. 5. 1944, Seite 14) Anschlag gegen das Hen-Dampfsägewerk am 12. 5. 44 (siehe Meldungen aus Norwegen v. 17. 6. 1944, Seite 23) Anschlag gegen die Karosseriefabrik Hönefoss am 6. 5. 1944 und außerdem Mittäter an Anschlägen gegen 3 Eisenbahnbrücken bei Hönefoss, die in den frühen Morgenstunden des 6. 6., also an dem Tage, an dem die Festnahmen erfolgten, durch- geführt worden waren. Diese Anschläge richteten sich gegen 3 Eisenbahnbrücken in der Nähe von Hönefoss. Es wurde dadurch eine Brücke so stark beschädigt, daß der Verkehr der be- treffenden Strecke auf einige Zeit ausfallen mußte, bei den 2 anderen Brücken wurden nur unwesentliche Schäden verursacht. Wenige Tage nach diesen ersten Festnahmen in Hönefoss, Vikersund und Umgebung wurden in dem gleichen Bezirk nochmals 13 Personen, in der Hauptsache Kommunisten, festgenommen. Im Zusammenhang mit diesen Festnahmen wurden 29 englische Handgranaten, 1 englische Maschinenpistole, 2 Munitionskästen und mehrere Packungen Sprengstoff sichergestellt. Im Kommandeurbereich Drontheim wurden im Verlaufe einer Aktion gegen die illegale KPN 40 Personen festgenommen und Unterlagen gefunden, aus denen hervorgeht, daß Ver- bindungen zu einem feindlichen ND bestanden, über die Aufträge zur Auskundschaftung von Wasserversorgungsanlagen, Wegeverhältnissen, Brücken, Höhenzügen, Wegesperren und Truppenverschiebungen gegeben wurden. Die nachrichtendienstlichen Ermittlungen über den Aufenhalt der politischen Leitung des ZK der KPN führten zu der Vermutung, daß sich diese in dem Hochmoorgebiet nördlich Nord- Etnedal aufhielt. Besondere Hinweise richteten sich auf die Sätergruppe Skiru Laegret, Smörhamar und Svarthamar. In einem Großunternehmen wurden deshalb zusammen mit der Ordnungspolizei, Geheimen Feldpolizei, Feldgendarmerie, norwegischen Staatspolizei und einem Sonderkommando der Wehrmacht das Etnedal und die Hochflächen und Täler westlich, nördlich und ostwärts des Etnedales eingehend durchsucht. Die Durchsuchung ergab, daß sich die politische Leitung der norwegischen KP tatsächlich einige Zeit in Smörhamar aufgehalten, aber nach dem Zugriff gegen die Sabotage- und Partisanenleitung in "Solia" ihre Stellung gewechselt hatte. Ein an dem Unternehmen beteiligtes Kommando der norwegischen Staats- polizei stieß bei der Durchsuchung auf das neue Quartier, das am Vangssjöen in dem Buahaugsäter und Rabalensäter bezogen worden war. Schon bei der ersten Berührung mit dem

1315 Juli 1944

Quartier erfolgte ein Schußwechsel, durch den die dort befindlichen Kommunisten gewarnt wurden und sich zunächst zum größten Teil der Festnahme entziehen konnten. In einer von Sicherheitspolizei und Ordnungspolizei durchgeführten gemeinsamen Verfolgung wurde ein Teil der Flüchtigen, nämlich 11 von den ungefähr 25 Angehörigen des Quartiers gefaßt. Unter ihnen befinden sich 1. der seit langem gesuchte Journalist Ragnvald Mauritzen ausStavanger, Deckname "Magne". Mauritzen war früher bürgerlicher Journalist, trat später zur Arbeiterpartei über und gehört seit 1942 zum engsten Mitarbeiterkreis des politischen Leiters der Kommunistischen Partei Norwegens F u r u b o t n. Er war zuletzt Redakteur der kommunistischen illegalen Zeitung "Friheten" und wahrscheinlich auch Redakteur der kommunistischen Zeitung "Alt forNorge". 2. die Studentin Karlsen-Tidlestad, Deckname "Brit", die Ehefrau des Mitgliedes des Zentralkomitees der KPN Samuel Τ i d 1 e s t a d, die im ZK eine wesentliche Rolle spielte. 3. ein als propagandistischer Mitarbeiter im Hauptquartier der KPN tätiger Student aus Oslo. 4. eine seit langem gesuchte Kommunistin aus dem Bereich Drontheim, eine Studentin, die im Hauptquartier als Propagandistin für Frauenfragen tätig war. Die übrigen Festgenommenen waren als Wachmänner und Helfer Furubotn's tätig. Das Quar- tier Furubotn's war durch neu gebaute Hütten nach allen Seiten gesichert. Da sich in letzter Zeit die Einwohnerschaft der beiden Hüttengruppen vergrößert hatte, waren auch neue Wohn- hütten errichtet worden. - Im Verlaufe des Unternehmens wurde eine Nebenstelle des Haupt- quartiers in einer ostwärts von diesem am Synnfjell gelegenen Hütte, dem Säter Tapjerndal ausfindig gemacht. Beim Angriff auf diese Hütte kam es zu einem Schußwechsel, in dessen Verlauf ein Oberleutnant der Ordnungspolizei getötet, ein Zugwachtmeister der Ordnungs- polizei schwer, ein anderer leicht verletzt und die drei Insassen der Hütte durch Hand- granatenwurf getötet wurden. Aus den in der Hütte vorgefundenen schriftlichen Unterlagen ist festgestellt worden, daß die getöteten Insassen der Hütte früher der Mil.Org. angehört und sich zuletzt der kommunistischen Landesleitung unterstellt hatten. Die Hütte wurde von ihnen zu- sammen mit 3 anderen Männern bewohnt, von denen zwei als Angehörige der Mil.Org. die Aufgabe hatten, Arbeitseinsatzflüchtige zur militärischen Ausbildung zu erfassen. Wie weiter aus vorgefundenen schriftlichen Unterlagen hervorgeht, hatten die Kommunisten mit Erfolg versucht, sich diese Aufgabe der Mil.Org. zunutze zu machen und die von der Mil.Org. Erfaßten der kommunistischen Leitung zu unterstellen. Auch aus dem im Hauptquartier der politischen Leitung selbst vorgefundenen Material und aus den Vernehmungen der dort Fest- genommenen ist festgestellt worden, daß die kommunistische Landesleitung die gegenwärtige Situation für außerordentlich günstig und geeignet hält, nunmehr mit dem Bandenkrieg zu beginnen. Man hofft, durch die Erfassung der Arbeitseinsatzflüchtigen genügend Kräfte dafür zu gewinnen und auch durch Ausnutzung der Beziehungen zur Mil.Org. die für den Banden- krieg notwendigen Waffen beschaffen zu können. Aus vorgefundenen Briefen geht hervor, daß man damit rechnet, schon in kurzer Zeit mehrere hundert Arbeitseinsatzflüchtige gewinnen und ausbilden zu können. Nach außen hin gaben sich die Werber und Verbindungsleute zur Mil.Org. nicht als Kommunisten zu erkennen. Die politische Leitung der KPN gab sich gegen- über der Einwohnerschaft von Valdres, dem Gebiet, in dem sich ihr Quartier befand, nicht als

1316 Juli 1944 eine kommunistische Zentrale, sondern als "Nationalkomitee für Valdres" aus. Kommunisti- sche Parolen wurden in den von dem Quartier ausgehenden illegalen Aufrufen und Schriften unterlassen, dagegen wurden in großer Zahl nationale Phrasen verwendet. Die Einwohner von Valdres, denen das Hauptquartier bekannt war, wurden durch ständige Bedrohung veranlaßt, über ihr Wissen zu schweigen. So wurde z.B. ein Brief an einen Dorfeinwohner aus der Um- gebung des Hauptquartiers gefunden, in dem es u.a. heißt: "Alle die, welche Norweger mit Leib und Seele sein wollen, sind heute mit dem brutalsten und rücksichtslosesten Feind der Geschichte im Kriege. Alle Meldungen, die dieser Feind erhält, nützt er im Kampf gegen die Freiheitskämpfer Norwegens aus. Terror und Martern für die Dorfbewohner und die anderen sind die Folgen. Sie selbst behaupten, daß Sie auch Norweger sind, aber die eingegangenen Berichte beweisen deutlich, daß Sie durch Ihre Gespräche und Geschwätzigkeit dem Feinde gerne helfen. Sie haben schon wiederholt Bescheid bekommen, über das zu schweigen, was Sie gesehen oder gehört haben. Dies ist die letzte Mahnung, die Sie bekommen. Falls das nächstemal über Ihre Geschwätzigkeit Bericht eingeht, werden Sie dafür verantwortlich gemacht. Elemente, die behaupten, Norweger zu sein, aber trotzdem in ihrer Geschwätzigkeit unverantwortlich sind, sind gefährlicher für die nationale Freiheitsarbeit als die Tätigkeit der Angeber und die Maßnahmen, die wir solchen Leuten gegenüber er- greifen, müssen damit übereinstimmen. Wir machen darauf aufmerksam, daß wir von allen Seiten Berichte über geführte Gespräche bekommen und über alles, was vor sich geht, auch darüber, was in den einzelnen Heimen gesprochen wird, unterrichtet sind. Für das Vaterland das Nationalkomitee für Valdres." Wie bereits bei den früheren Ermittlungen immer wieder festgestellt wurde, ergaben auch der Inhalt der bei diesem Unternehmen vorgefundenen Unterlagen und die Vernehmungen der Festgenommenen, daß die Kommunisten mit allen Mitteln versuchen, die politischen Parolen der sogenannten "norwegischen Heimatfront" zu bestimmen. Zu diesem Zwecke erlassen sie Aufrufe mit nationalen Phrasen, schicken ihre Verbindungsleute in die bestehenden illegalen Organisationen mit dem Auftrag, diese ihrer Kontrolle zu unterstellen oder gründen selbst eigene illegale Tarnorganisationen. In der letzten Zeit wurde insbesondere versucht, einen sogenannten "Freiheitsrat" zu bilden, der die Führung des illegalen Kampfes in Norwegen selbst übernehmen soll. Offensichtlich hofft man dadurch von der Zentrale der Mil.Org. in London unabhängiger zu werden. Kennzeichnend für diese Tendenzen ist der Inhalt eines Briefes, der offensichtlich von der kommunistischen Landesleitung diktiert, von der als bürger- lichen Zeitung getarnten illegalen in Drammen herausgegebenen Zeitschrift "Ja vi elsker" (Ausgabe Drammen [unleserliches Wort] Nytt) an die norwegische Regierung in London ge- schickt wurde. In ihm heißt es: "An die norwegische Regierung. Da die Heimatfront eine Leitung benötigt, die das Kommando über die aktive und passive Kriegsführung übernehmen kann, und da man in weiten Kreisen klar darüber geworden ist, daß die jetzige Führung den Widerstand der Norweger auf eine Weise, die den Anforderungen eines totalen Krieges entspricht, nicht leiten kann, und da die Heimatfront schon über ein Jahr infolge von schlecht aufgebauten Parolen von Niederlage zu Niederlage ging, und da die Dauer des Krieges in Zusammenhang mit diesen ständigen Niederlagen und dem Terror der Unterdrücker die Moral des Volkes unterbindet, und da die ständigen Verluste der Heimatfront durch Hinrichtungen, Festnahmen, Tortur und Flucht, ohne daß die Deutschen Verluste oder nennenswerte Einschränkungen in ihrer Produk-

1317 Juli 1944 tion erleiden, Mutlosigkeit und bessere Bedingungen für einen anwachsenden Defaitismus mit sich bringen, und weil das norwegische Volk davon unterrichtet wurde, daß alle Widerstandsmittel im ge- gebenen Falle den Deutschen gegenüber benutzt werden, ohne daß man jedoch in kämpfenden Kreisen Vertrauen zu der Existenz dieser Mittel und zu deren effektiven Anwendung hat, und weil man in Ermangelung von gut organisierten, geübten und erfahrenen Gruppen unter einer gesammelten Leitung bei einer evt. Invasion mit einem neuen 9. April zu rechnen hat, und weil Norwegens Stellung als eine der vereinigten Nationen den Kampf der Heimatfront auf der gleichen Linie mit unseren tapferen und opferbereiten Alliierten fordert, erlaubt man sich, der Norwegischen Regierung ergebenst folgendes vorzuschlagen: 1. Es wird ein norwegischer Freiheitsrat - abgekürzt NF - der die verwaltungsmäßige Behörde in Norwegen während der Besetzung ist, gegründet. 2. Die norwegische Regierung ernennt unter den tüchtigsten und aktivsten Norwegern der Heimatfront Mitglieder für den NF. 3. Die Mitglieder von NF müssen überzeugte Anhänger eines freien, demokratischen Volks- staates auf konstitutioneller Grundlage sein. 4. Die Norwegische Regierung gibt bekannt, daß NF die höchste Behörde des besetzten Nor- wegen ist, und daß jede Zuwiderhandlung gegen die Tätigkeit von NF als Hochverrat an- gesehen wird. 5. NF kann einen Freiheitslohn zur Finanzierung für den Kampf der Heimatfront aufnehmen. Die Hypothek muß erst von der norwegischen Regierung gutgeheißen werden. 6. NF kann geheime Kriegsgerichte errichten. Das Kriegsgericht muß aus mindestens 3 Mit- gliedern über 30 Jahren bestehen, hiervon ein praktischer Jurist. Das Kriegsgericht hat nur Sachen gegen Angeber und Spione, deren Tätigkeit augenblickliche Gefahr bedeutet, zu be- handeln. 7. Die ersten Aufgaben des Norwegischen Freiheitsrates: a) Den Willen und die Fähigkeit des Norwegischen Volkes zu einem kräftigeren, aktiven und passiven Kampf durch die Durchführung einer konsequenten Kriegspolitik in in- timer Zusammenarbeit mit unseren Alliierten zu fördern. b) Alle Militärgruppen sind unter einer Führung zu sammeln, die dem Kommando von NF untersteht. c) Alle Entscheidungen sind zu treffen, wann und in welchem Ausmaße die aktiven und passiven Aktionen der Heimatfront durchzuführen sind. d) Die freie Presse, die direkt der Leitung von NF untersteht, ist zu finanzieren. e) Überwachung, daß keine politische Partei nach der Bildung von NF ihre eigene Politik betreibt. f) Ernennung einer illegalen Führung für die wichtigsten Organisationen oder An- erkennung einer solchen, wo sie existiert. g) Ernennung untergeordneter Nationalkomitees in den verschiedenen Gauen und Ge- meinden. 8. Die Tätigkeit des Norwegischen Freiheitsrates wird eingestellt, sobald sich die Norwegische Regierung auf norwegischem Boden niedergelassen hat. 9. Der Norwegische Freiheitsrat wird das ratgebende Komitee der Regierung nach Aufhebung der Besetzung bis neue Stortings- und Gemeindewahlen stattgefunden haben."

1318 Juli 1944

In einem Entwurf über die Aufgabe des "Freiheitsrates" heißt es weiter u.a.: "Der Freiheitsrat stützt sich auf die breiten Massen des Volkes. Es wird garantiert, daß ge- werkschaftliche und intellektuelle Organisationen eine feste illegale Führung in präziser Zu- sammenarbeit mit dem Freiheitsrat bekommen". Weitere vorgefundene Unterlagen lassen erkennen, daß die kommunistische Landesleitung den gesamten Apparat der Mil.Org. ausnutzen wollte. Besonders bemerkenswert ist ein Hinweis in einem Befehl an eine illegale Gruppe auf die noch nicht festgenommenen norwegischen Offi- ziere. Darnach sollen sich diese ständig "halb in Deckung" halten und es soll besonders dafür gesorgt werden, daß bei einer bevorstehenden Aktion gegen Offiziere deren Festnahme unter allen Umständen verhindert wird. Soweit die Feststellungen bisher ergeben haben, sind die in den letzten Monaten verübten Gewaltakte zur Sabotierung des Arbeitsdienstes und des Arbeitseinsatzes (siehe Meldungen aus Norwegen vom 11.6. 44, S. 20) im allgemeinen nicht von kommunistischen Terroristen durchgeführt worden. In den letzten Wochen wurde nur noch ein Anschlag gegen ein Arbeits- kontor in der Nacht zum 2. 7. 1944 in Son am Oslofjord verübt. Unbekannte Täter drangen dort in die Büroräume ein, entzündeten unter einer Kartei einen Brandsatz und flüchteten dar- auf unter Mitnahme einer Schreibmaschine. Das Feuer wurde rechtzeitig gelöscht, der an- gerichtete Schaden ist unbedeutend. Auch die Propaganda gegen den norwegischen AT und den Arbeitseinsatz hat nachgelassen. Erfaßt wurden in der letzten Zeit insbesondere Flug- schriften, die zur Unterstützung der Arbeitseinsatzflüchtigen aufforderten. Entsprechend der von London aus gegebenen Parole wenden sich die illegalen Schriften insbesondere an die Landbevölkerung mit dem Appell, die Flüchtigen nicht zu verraten und ihnen durch Unter- kunft, Essen und Geld zu helfen. Sabotageanschläge richteten sich in der letzten Zeit im wesentlichen gegen wehrwichtige Objekte. Nach einer Reihe in der letzten Zeit ständig wiederholter Anschläge gegen die Werk- bahn Thamshavn-Lökken. (s. "Meldungen aus Norwegen" v. 11. 6. 44, S. 23), wurde in der Nacht vom 13. zum 14. 6. 44 ein mit deutschem Lokomotivpersonal besetzter Zug der Bahn von unbekannten Tätem mit Maschinenpistolen beschossen. - Zwei Anschläge mit größerer Wirkung wurden in der Nacht vom 28. - 29. 6. gegen 2 Betriebe in der Nähe von Oslo verübt, die als einzige ihrer Art in ganz Norwegen konzentrierte Schwefelsäure zur Bereitung von Sprengstoff herstellen. Es wurden ungefähr zur gleichen Zeit in der Werkhalle der chemischen Fabrik in Lysaker bei Oslo durch zwei Explosionen die zur Herstellung der konzentrierten Schwefelsäure bestimmten Anlagen zum größten Teil zerstört und in der ostwärts Drammen gelegenen Schwefelsäurefabrik Verpen erhebliche Schäden an wichtigen Anlagen und Schwe- felsäurebehältern hervorgerufen. Der Anschlag gegen die Fabrik Verpen wurde von ungefähr 5 - 6 maskierten und mit Maschinenwaffen versehenen Männern ausgeführt, nachdem diese einen Wachmann und drei Arbeiter überwältigt und mit englischen Fallschirmschnüren ge- fesselt hatten. Die Täter des Anschlags in Lysaker sind unbekannt. In beiden Betrieben befand sich keine deutsche Wache. Der individuelle Terror der Gegner trat weiter durch einen erfolglos gebliebenen Anschlags- versuch gegen einen für die deutsche Sicherheitspolizei tätigen norwegischen Staatspolizeibe- amten und durch einen Anschlag gegen den als deutschfreundlich bekannten Lensmann [N.N.] und dessen Ehefrau in Krogstad-Elven bei Drammen in Erscheinung. Bei dem Anschlag gegen den Lensmann [N.N.] und dessen Ehefrau warfen bisher unbekannte Täter zwei englische Eierhandgranaten vom Garten in die im ersten Stockwerk gelegene Wohnung des Lensmannes. Ein Sprengkörper fiel in das Treppenhaus. Die zweite Handgranate explodierte im Schlaf- zimmer und tötete den Lensmann und dessen Ehefrau. [N.N.] hatte Anfang Mai d.J. vier in Deckung lebende Angehörige der Militärorganisation festgestellt, einen davon, als dieser eine

1319 Juli 1944

Pistole zu ziehen versuchte, erschossen und die Festnahme weiterer Mitglieder der Mil.Org. ermöglicht (s. "Meldungen aus Norwegen" v. 17. 5., S. 19). Das SS- und Polizeigericht Nord hat nach der Ermordung des Lensmannes am 3. 7. 44 die durch dessen Mithilfe Festgenom- menen wegen Betätigung für einen Feindstaat zum Tode verurteilt. Drei andere in der letzten Zeit durchgeführte Terrorakte richteten sich gegen als deutsch- feindlich bekannte Personen. Am 12. 6. wurde der Leiter des Luftschutzes beim Osloer Poli- zeipräsidium, Major H a e r 1 a η d, vor seiner Wohnung, am 24. 6. der frühere amerikanische Konsul, Disponent S. Emil Roll aus Oslo in der Nähe der Holmenkollenschanze und am 1.7. der Advokat Gunnar Spangen auf der Straße von Drammen nach Soli erschossen. Im Kommandeurbereich Drontheim wurden in den letzten Wochen weitere Einsätze mit Unterstützung der Wehrmacht und Ordnungspolizei und teilweise auch der norwegischen Grenz- und Ordnungspolizei durchgeführt. Im Raum südlich Mosjöen wurde in einem Großun- ternehmen nach englischen Agenten, deren Helfern und Waffenlagem gefahndet. Es kam dabei wiederholt zu Zusammenstößen mit Agenten, wobei zwei Agenten getötet und mehrere andere verwundet wurden. Bei den Getöteten handelt es sich um den Führer einer Agentengruppe, Kapitän S j ö b e r g, und seinen engsten Mitarbeiter, Leutnant Lynghaug. Beide waren am 11. 6. mit anderen Angehörigen der norwegischen Legion in England von einem englischen Flugzeug in Norwegen abgesetzt worden. Sie hatten u.a. den Auftrag, Bahn- und Nachschubwege durch Dynamitsprengungen zu zerstören bzw. zu unterbinden. Bei den Ein- sätzen gegen diese Agenten fiel ein Angehöriger der Sicherheitspolizei und ein Wehrmachts- angehöriger wurde durch Hand- und Beinschuß verletzt. Es wurden insgesamt 25 Personen festgenommen, die an Waffenausbildung teilgenommen, Waffen befördert, mit britischen Agenten in Verbindung gestanden hatten oder die Tätigkeit der Agenten und deren Waffen- lager kannten. Es wurden verschiedene Waffenlager ausgehoben, dabei u.a. aufgefunden: 6 Granatwerfer 8 cm samt Zubehör, 1 schweres Maschinengewehr, 5 leichte Maschinengewehre, 8 Gewehre mit mehreren Gewehrläufen 2 Karabiner 5 Maschinenpistolen mehrere andere Pistolen mehrere tausend Schuß Gewehr- und Pistolenmunition 53 Kisten englische Eierhandgranaten 100 kg Dynamit 3 Haftladungen Haftminen Sabotagematerial Dolche 14 vierkantige Bajonette 3 Richtgeräte für Werfer 2 Kreisvisiere zum Fliegerbeschuß 1 Senderanlage 2 Aggregate für Sender 4 Rundfunkgeräte 85 Spitzhacken 1 Sendeanlage 18 Kisten mit je 3 Granaten 8 cm 2 Maschinengewehre

1320 Juli 1944

57 Gewehre 35 Maschinenpistolen zahlreiche Kisten mit Gewehr und Pistolenmunition 15 Kisten Granatwerfermunition 2 Kisten Pistolenmunition 1 Kiste Karabinermunition 5 Kisten Eierhandgranaten 9 Kisten Sprengmittel und Zubehör 1 Kiste Leuchtmunition 200 Munitionstaschen und mehrere Lampen Ein weiteres Unternehmen des Kommandeurs Drontheim richtete sich gegen Spionage- gruppen, eine Flüchtlingsorganisation und Teile der Kampfgruppen der Mil.Org. im Mün- dungsgebiet des Stjördalselv und ostwärts davon. Dabei wurden 31 Personen festgenommen und eine Anzahl Rundfunkgeräte, Gewehre und ein Vervielfältigungsapparat sichergestellt. In der letzten Zeit wurden im Kommandeurbereich Tromsö und im Bereich Oslo eine Anzahl von gegnerischen Sendern ausgehoben. Die Zahl der in Nordnorwegen eingesetzten Funk- agenten fällt auf. Am 6. 6. wurde in Porsa (Finnmarken) nach Anpeilung durch die Ordnungs- polizei ein Agentensender ausgehoben und ein englisches Funkgerät sichergestellt. Das Gerät war von einem Funker bedient worden, der zustimmen mit einem Handelsmann in ver- schiedenen Ortschaften Nordnorwegens ein Nachrichtennetz aufgezogen und Mitteilungen über Schiffsbewegungen, militärische Anlagen und Wettermeldungen nach England über- mittelt hatte. Der Sender hatte die Sonderaufgabe, Angriffe auf das Schlachtschiff "Tirpitz" vorzubereiten. Außer dem Funker und dem Handelsmann wurden weitere 21 Männer und 2 Frauen als Nachrichtenzuträger, Helfer oder Mitwisser festgenommen. Die Ermittlungen in dieser Sache führten weiterhin zur Feststellung eines für den sowjet- russischen Nachrichtendienst bestimmt gewesenen Senders auf Kvalöy (Finnmarken), der am 9. 6. ausgehoben wurde. Zwei Sende- und Empfangsgeräte mit sämtlichen Unterlagen wurden erfaßt. Der Funker, der am 9. 5. mit Fallschirm abgesprungen war und den Auftrag hatte, Mel- dungen über militärische Anlagen und über deutsche Evakuierungsmaßnahmen nach Sowjet- rußland zu senden, wurde festgenommen. Zur Aufnahme der Funktätigkeit ist es angeblich infolge Unstimmigkeiten im Schlüsselverfahren nicht gekommen. Im Zusammenhang mit diesen Zugriffen wurde bekannt, daß ein mit dem Sendegerät in Porsa in Verbindung stehender zweiter Sender mit der Deckbezeichnung "Ida" in der Zeit vom Herbst 1943 bis Mai 1944 in Alta in Betrieb gewesen war. Der Funker, offenbar ein in Eng- land ausgebildeter norwegischer Agent, ist zu dieser Zeit nach Schweden geflüchtet, nachdem er zusammen mit einem festgenommenen Norweger das Sendegerät in der Nähe von Hammer- fest versteckt hatte. Von einer Wehrmachtsstreife wurden auf der Halbinsel Nordkyn (Finnmarken) zwei sowjet- russische Agenten mit Funkgerät, Funkunterlagen und sonstiger Ausrüstung festgenommen. Die Festgenommenen, die nach ihren Aussagen am 5. 4. mit einem sowjetrussischen U-Boot an Land abgesetzt worden waren und drei norwegische Agenten abgelöst hatten, haben laufend Schiffsmeldungen auf dem Funkwege an den sowjetrussischen Nachrichtendienst übermittelt. Am 7. 6. wurde auf Veranlassung des Kommandeurs in Tromsö durch die Wehrmacht ein Fallschirmspringer in deutscher Uniform in der Länderecke Schweden-Finnland-Norwegen aufgegriffen. Er war im Besitz eines Sende- und Empfangsgerätes und von Waffen. Nach den bisherigen Feststellungen handelt es sich um einen deutschen Unteroffizier, der im Herbst 1943 in sowjetrussische Kriegsgefangenschaft geraten und für Agententätigkeit geworben

1321 Juli 1944 worden war. Angeblich wollte der Unteroffizier den Spionageauftrag nur zum Entkommen aus der Kriegsgefangenschaft benutzen. Ein weiterer Wehrmachtsangehöriger, vermutlich ein Überläufer, der im Auftrage des sow- jetrussischen Nachrichtendienstes zwischen Kautokeina und Alta mit Fallschirm abgesprungen war, wurde am 12. 6. bei Vina bei Alta festgenommen. Nach seinem Funkgerät wird noch gesucht. Am 11. 6. wurde von einem Funkpeiltrupp der Ordnungspolizei ein Agentensender im Stadt- randgebiet von Oslo während seiner Funktätigkeit festgestellt. Der Funker, ein in England als Telegrafist ausgebildeter Norweger wurde festgenommen. Das Sendegerät, die Funkunterlagen und eine Pistole mit Munition wurden sichergestellt. Nach den bisherigen Feststellungen arbei- tete der Agentenfunker für eine kleinere Nachrichtengruppe unmittelbar im Auftrage des briti- schen Nachrichtendienstes. Er übermittelte seit Monaten laufend Nachrichten über Truppen- verschiebungen und den Schiffsverkehr. Die Schwester des Funkers, die als Übermittlerin der gegebenen und empfangenen Funksprüche tätig war und weitere 10 Personen, die als Nach- richtenzuträger, Helfer oder Mitwisser bekannt geworden sind, wurden festgenommen. Unter den Festgenommenen befinden sich ferner zwei norwegische Beamte des Westbahnhofes in Oslo, von denen der eine bereits neue Unterlagen für die Verratstätigkeit bei sich hatte. In den Abendstunden des 4. 7. wurde der durch einen Funkpeiltrupp der Ordnungspolizei in einem Hause in Nordsjöstrand auf der Halbinsel Nesodden festgestellte Standort eines gegnerischen Senders im Zusammenwirken von Sicherheitspolizei und Ordnungspolizei und Teilen einer Flakeinheit umstellt. Angehörige der Sicherheitspolizei drangen in das Haus ein, wurden aber von drei im Hause befindlichen Männern mit Maschinenpistolen, Pistolen und englischen Eierhandgranaten am Eindringen so gehindert, daß es den drei Personen gelang, aus dem Hause auszubrechen. Sie gerieten jedoch in das Feuer der Absperrmannschaft und wurden bei dem weiteren Versuch, zu ßüchten, erschossen. Von den in das Haus ein- gedrungenen Angehörigen der Sicherheitspolizei wurde einer getötet, drei schwer und mittel- schwer verletzt. Von den Absperrmannschaften wurden ein Angehöriger der Funkmeßstelle getötet, ein weiterer Angehöriger der Funkmeßstelle und ein Flaksoldat mittelschwer verletzt. Unter den drei getöteten Männern waren wenigstens zwei Funker des in dem Haus be- findlichen Sendegerätes, mit dem bis zu dem Augenblick, als die Sicherheitspolizei in das Haus eindrang, von einer wahrscheinlich in Oslo befindlichen zentralen Nachrichtenstelle Meldungen nach England durchgegeben worden waren. Das Sendegerät und die dazu- gehörenden Unterlagen wurden unbeschädigt sichergestellt. Besondere Aufmerksamkeit verdienen Feststellungen über Verbindungen von sowjet- russischen Kriegsgefangenen zu gegnerischen Norwegern. Durch Vernehmungen von Kommunisten aus dem Hauptquartier der Terror- und Partisanenabteilung der KPN ist bekannt geworden, daß der Leiter dieser Abteilung, Asbjörn Sunde, Ende Mai d.J. mehreren kommunistischen Terroristen, darunter einem entflohenen russischen Kriegsgefangenen, den Auftrag erteilte, nach Gol zu fahren und dort zu untersuchen, wie die in einem in der Nähe des Ortes gelegenen Kriegsgefangenenlager untergebrachten russischen Kriegsgefangenen am besten befreit werden könnten. Es bestand der Plan, zunächst mit einigen Kriegsgefangenen in Verbindung zu treten, um dann Waffen und Sprengmaterial in das Lager einzuschmuggeln. Die Gefangenen sollten aus dem Lager heraus ihre Befreiung versuchen und die kommunistische Terrorgruppe wollte im geeigneten Augenblick den Ausbruchsversuch durch Feuerschutz unterstützen. - In dem sowjetrussischen Kriegsgefangenenlager Elvenes-Kirkenes wurde eine Geheimorganisation aufgedeckt, die den örtlichen Zusammenschluß und Einsatz aller Kriegsgefangenen im Falle eines russischen Angriffes bezweckte. Einige Rädelsführer wurden festgenommen.

1322 Juli 1944

Übersicht über die z.Zt. einsitzenden Häftlinge, Internierten und Kriegsgefangenen. Stand vom 29. 6.1944: 1. Polizeihäftlingslager Grini 3170 2. Polizeigefängnis Möllergate 275 3. In anderen Haftanstalten in Norwegen 1645 4. In Konzentrationslagern in Deutschland 264Û 7730 5. In Deutschland Internierte a) Angehörige der USA 20 b) Engländer 30 6. Kriegsgefangene norw. Offiziere 986

BdSudSD Oslo, Tagesbericht Nr. 52 vom 17. Juli 1944, gez. Fehiis RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IVM

1. Am 13. 7. wurde auf der Insel Stolmen (Hordaland) von Kräften der Sicherheitspolizei Bergen mit Unterstützung der Wehrmacht, der Kriegsmarine, der Geheimen Feldpolizei und der Feldgendarmerie eine Großfahndung nach vermuteten Feindagenten durchgeführt. Das Unternehmen verlief ohne besondere Vorkommnisse. Der Aufenthalt von Agenten wurde nicht festgestellt. 2. In Brandal bei Aalesund wurde durch ein Großfeuer ein großer Speicher mit Fischereiaus- rüstung und Booten vernichtet. Der Schaden beläuft sich auf etwa 200 000 Kronen. Die Brandursache ist noch nicht geklärt. 3. Der Dienststelle der Sicherheitspolizei in Kristiansand wurden drei sowjetrussische Kriegs- gefangene aus dem Lager Kjevik wegen kommunistischer Betätigung zugeführt. Sie hatten die anderen Kriegsgefangenen im bolschewistischen Sinne zu erziehen und aufzuwiegeln versucht. 4. Wegen unerlaubten Besitzes von Jagdgewehren, Rundfunkgeräten und Verdachts des Ab- hörens von Feindnachrichten erfolgten in Bergen vier, in Kristiansand drei und in Fredrikstad zwei Festnahmen. 5. Drei polnische und ein norwegischer OT-Arbeiter, die sich unerlaubt aus dem OT-Lager Skibotn (Troms) entfernt hatten, wurden im schwedischen Grenzgebiet aufgegriffen und wegen Verdachts der beabsichtigten Landesflucht festgenommen. 6. Als Neuerscheinungen wurden folgende illegale Flugschriften in norwegischer Sprache erfaßt: a) "Til forretningsstanden" (An die Geschäftswelt) Enthält Richtlinien über das Verhalten zu Regierungsmaßnahmen und die Aufforderung zur Sabotage des nationalen Arbeitseinsatzes. b) "Blokade av stillinger in tolletaten" (Blockade der Stellungen bei den Zollbehörden) Enthält die Aufforderung zum Boykott aller öffentlichen Stellungen.

1323 Juli 1944 c) "Kronikken" (Die Chronik) Enthält die Aufforderang zur Unterstützung der Arbeitsdienstflüchtigen und Feindnach- richten. d) "Kongespeilet" (Der Königsspiegel) Enthält Feindnachrichten. e) "Prestegaardene" (Die Pfarrhöfe) Enthält Richtlinien über die Verwaltung der Pfarrhöfe durch die oppositionellen Pfarrer.

BdSudSD Oslo, Tagesbericht Nr. 53 vom 22. Juli 1944, gez. Fehlis RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IVM

1. Am 20. 7., gegen 17.30 Uhr, ereignete sich im Osloer Hafen vor einem an der Loelv- Mündung gelegenen Schuppen der Osloer Straßenreinigung eine heftige Explosion, durch die eine hohe Wassersäule hochgetrieben und die Stirnseite des auf Pfählen im Wasser ruhenden Schuppens zerstört wurde. In der Nähe der Tatstelle wurde ein leeres Ruderboot treibend aufgefunden. Es ist zu ver- muten, daß drei von einem Posten kurz vor der Explosion beobachtete Männer das Ruderboot benutzt hatten, um einen Sprengkörper für einen Sabotageanschlag gegen einen am Kai lie- genden deutschen Dampfer vorzubereiten. Es ist anzunehmen, daß dieser Sprengkörper aus unbekannten Gründen vorzeitig zur Explosion gelangte. 2. Bei der Durchsuchung einer etwa 15 km westwärts von Svene (Buskerud) gelegenen Hütte wurden 1 Gewehr, 3 Coltpistolen, 1 Kleinkalibergewehr und 1 Kleinempfanger gefunden. Eine Coltpistole lag geladen und entsichert griffbereit unter dem Hüttentisch. Ein weiteres Kleinkalibergewehr wurde in der Wohnung des Hüttenbesitzers, eines bei der Waf- fenfabrik Kongsberg beschäftigten Chemikers, sichergestellt. Der Chemiker und ein Norweger aus Kongsberg, für den er zwei angeblich für Offiziere bestimmte Dolche angefertigt hatte, wurden festgenommen. 3. In einer vom NSKK als Lagerschuppen verwendeten Reithalle in Larvik wurden durch ein Schadenfeuer zwei Lastkraftwagen und etwa 3 bis 4000 Sack Generatorholz vernichtet. Die Ursache des Brandes konnte bisher nicht festgestellt werden. Es besteht Sabotageverdacht. 4. In der Nähe der Unterkunft einer SS-Kompanie am Frognerplatz in Oslo wurde ein Lehrer auf seinem Abendspaziergang durch einen Schuß vermutlich aus einer Kleinkaliberwaffe an der Ferse leicht verletzt. Der Verletzte ist Mitglied der NS. 5. In einer Halle der Wehrmachtsumschlagstelle am Osloer Hafen brach vermutlich infolge Fahrlässigkeit Feuer aus, durch das die im 1. Stockwerk gelegenen Büroräume einer norwegischen Firma ausbrannten. Die in der Halle gelagerten Wehrmachtsgüter wurden nur gering beschädigt.

1324 Juli 1944

6. In Hammerfest wurde eine bisher unbekannte Zersetzungsschrift gefunden, die in deutscher Sprache gedruckt und mit der Überschrift "Neues Verbrechen des Generalobersten Dietl" versehen ist. Das Hetzflugblatt schildert die angebliche Niederwerfung eines Aufstandes der Gebirgsjäger durch Generaloberst Dietl und schließt mit der Aufforderung, sich der Roten Armee gefangen zu geben. 7. In Drontheim wurde in einer leeren Zigarettenpapierhiilse die bereits in mehreren Tarnungs- formen erschienene deutschsprachige Zersetzungsschrift mit den bekannten Anleitungen zur künstlichen Hervorrufung von Krankheiten gefunden. 8. In Arendal wurden mehrere in Kristiansand zur Post gegebene Briefe erfaßt, die mit Schreibmaschine hergestellt waren und folgenden Wortlaut hatten: "NS bereitet Volksabstimmung vor. Wir wissen jetzt, daß Quisling und seine Mitarbeiter eine Volksabstimmung in Norwegen vorbereiten. Die Abstimmung wird wahrscheinlich in Form einer Frage vor sich gehen und die Frage wird wahrscheinlich heißen: 'Bist Du für oder gegen den Bolschewismus'. Wir warnen Dich. Gib keine Antwort auf eine solche Frage, gleichgültig, womit der Feind droht. Die Ehre und das Gewissen unseres Volkes verlangen es. Denke daran, wie andere heute leiden und Du wirst einsehen, daß dieses ein nicht zu großes Opfer ist. Jede Zumutung zu wählen, muß glatt abgelehnt werden. Hier handelt es sich um jeden Nor- weger. Es ist Deine Pflicht, dieser Parole Folge zu leisten. Heute ist es toternst. Wenn Du ein Norweger sein willst, darfst Du hier nicht versagen. So feige darf nicht einmal der Feigste sein. Laß uns den Kampf zuversichtlich führen. Laß uns zusammen den Kampf aufnehmen, und zwar in der Überzeugung, daß auch hier der Feind eine maßgebende Niederlage erleben wird. Die Heimatfront."

BdSudSD Oslo, Tagesbericht Nr. 54 vom 27. Juli 1944, gez. Fehlis RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IVM

1. Nach Anpeilung durch die Funkmeßstelle der Ordnungspolizei wurde am 22. 7. in einem nördlich Moss gelegenen Walde ein gegnerischer Sender während der Funktätigkeit aus- gehoben und ein Sendegerät mit Funkunterlagen sichergestellt. Der Funker, ein in England ausgebildeter Norweger, der sich mit einer Coltpistole den Angehörigen der Ordnungspolizei entgegenstellte, wurde erschossen. Eine Frau, die der Funker zur Tarnung mit in den Wald genommen hatte, wurde bei einem Fluchtversuch durch einen Schulterschuß verletzt und fest- genommen. 2. Am 24. 7. wurden zwei Polizeiinspekteure und ein Polizeibevollmächtigter des Osloer Poli- zeipräsidiums wegen Betätigung für illegale Organisationen festgenommen. Der Polizeibe- vollmächtigte hatte im Auftrage einer illegalen Organisation eine Verbindung zur Sicherheits- polizei hergestellt, um Auskünfte über Vemehmungsergebnisse von Häftlingen zu erhalten und diesen bestimmte Weisungen über ihr Verhalten bei Vernehmungen zu geben. Im Zusammen- hang damit wurden weiterhin in Oslo ein Geschäftsinhaber und ein Student in Haft genommen. Beide waren in der christlichen "Gemeinschaftshilfe" tätig und hatten sich ebenfalls mit der

1325 Juli 1944

Herstellung und Unterhaltung der illegalen Verbindung zur Sicherheitspolizei befaßt. 3. Bei dem in der Zeit vom 13. bis 18. 6. im Gebiet von Valdres durchgeführten Großunter- nehmen gegen kommunistische Gruppen (vgl. Tagesbericht v. 20. 6.) sind im Buahaugsäter, in dem sich das Quartier der politischen Leitung des ZK der KPN befand, schriftliche Unterlagen gefunden worden, aus denen u.a. hervorgeht, daß der am 20. 1. verübte Überfall auf einen norwegischen OT-Wachmann und die Sprengung eines Munitionsbunkers zwischen Aasane und Steinstö (s. Tagesbericht vom 25. 1.) von einer kommunistischen Terrorgruppe verübt wurde. 4. Bei Ermittlungen gegen norwegische Kommunisten in Oslo ist bekannt geworden, daß vor kurzem ein kommunistischer Kurier aus Stockholm eine Weisung der Sowjetvertretung in Stockholm nach Oslo überbracht hat, wonach alle Sabotagehandlungen in Norwegen zunächst eingestellt werden sollen. 5. In den späten Abendstunden des 22. 7. wurde in der Rosenkranzgate in Oslo ein bei der Dienststelle des Befehlshabers der Sicherheitspolizei beschäftigter norwegischer Kraftfahrer während der Unterhaltung mit einem von ihm angesprochenen Mädchen von einem un- bekannten Norweger angefallen und so schwer zu Boden geschlagen, daß er mit einer Gehirn- erschütterung in ein Krankenhaus eingeliefert werden mußte. 6. Der Rundfunksprecher der norwegischen Seemannssendung, Haakon Berge, wurde fest- genommen, weil er sich in betrunkenem Zustand als Angehöriger der Sicherheitspolizei aus- gegeben und die Ausweispapiere von Personen auf der Karl-Johansgate in Oslo zu prüfen versucht hatte. Wegen eines ähnlichen Deliktes schwebt bereits gegen ihn ein Verfahren beim SS- und Polizeigericht Nord.

BdSudSD Oslo; Tagesbericht Nr. 55 vom 31. Juli 1944, gez. Fehlis RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IVM

1. In Hamar wurden 10 und in Oslo 3 Personen festgenommen, die als Nachrichtenzuträger für den am 22. 7. in einem Walde bei Moss erschossenen Funkagenten (vgl. Tagesbericht v. 27. 7.) tätig waren. Unter den Festgenommenen befindet sich ein in England ausgebildeter S abotagespezialist. 2. Am 26. 7. erschoß der am 12. 6. in Vina festgenommene deutsche Überläufer (vgl. Tages- bericht v. 20. 6., Ziffer 5) bei der erneuten Suche nach dem abgeworfenen Sendegerät einen begleitenden Angehörigen der Sicherheitspolizei mit dessen Dienstpistole und verletzte einen Unteroffizier der Feldgendarmerie schwer. Der Täter wurde auf der Flucht erschossen. 3. Wie erst jetzt bekannt wird, wurden am 15. 7., gegen 1.30 Uhr, in der Nähe des Bislet- Stadions in Oslo von einem Unbekannten mehrere Pistolenschüsse auf einen Kraftfahrer- Obergefreiten in dem Augenblick abgegeben, als dieser seinen Generatorwagen mit einer neuen Holzflillung versehen wollte. Der Wehrmachtsangehörige wurde durch einen Schuß am rechten Unterarm leicht verletzt. Der Täter konnte entkommen. 4. Wegen Verdachts der kommunistischen Betätigung wurden in Fredrikstad acht ehemalige aktive Mitglieder der KPN festgenommen. Illegales Propagandamaterial wurde sichergestellt. 5. In der Nacht zum 26. 7. brach in dem stillgelegten Ziegel werk Guskogen [Gulskogen] bei Drammen, das von der Wehrmacht zur Aufbewahrung von Kartoffel- und Gemüsekisten ver- wendet wird, ein Brand aus, durch den das Ziegelwerk und etwa 137 000 Kisten vernichtet

1326 Juli 1944 wurden. Der Schaden für die deutsche Wehrmacht beläuft sich auf etwa 530 000 Kronen. Als Brandursache wird Kurzschluß der schadhaften elektrischen Leitung vermutet. 6. Durch das fahrlässige Verhalten eines deutschen Tankwartes gerieten in Skarholmen (Flug- platz Herdia) an Bord des norwegischen Frachtbootes "Oestover" 16 000 Ltr. Fliegerbenzin in Brand. Das Boot wurde völlig vernichtet. Die Besatzung trug leichtere Brandwunden davon. Der Tankwart wurde festgenommen und dem Luftwaffenkriegsgericht übergeben. 7. In den letzten Nächten wurden von bisher unbekannten Tätern die Tankstellen der norwegi- schen Wegeverwaltung in Geilo und Haugastöl, des norwegischen Straßenbauingenieurs Rön- ning in Haugastöl und der Firma Mil in Gol gewaltsam angezapft und der Inhalt zum Aus- laufen gebracht. Durch die Anschläge sind in Geilo etwa 21 000, in Haugastöl 26 000 und in Gol 14 000 Liter Benzin vernichtet worden. Geschädigt ist das NSKK, Einsatzgruppe Wiking. Ein norwegischer Kraftfahrer wurde als tatverdächtig festgenommen. 8. In Aardalstangen (Sogn und Fjordane) wurde ein Ostarbeiter festgenommen, weil er einen fur eine Diesellokomotive bestimmten Gummiriemen entwendet und dadurch den Betriebsaus- fall der Maschine verursacht hatte. 9. In der Wohnung des Ortskommandanten von Sandefjord entstand am 24. 7. ein Brand, wobei der Ortskommandant erhebliche Brandwunden davon trug. Der Brand ist nicht auf Sa- botage zurückzuführen. 10. In den Mittagstunden des 29. 7. versuchten zwei unbekannte Männer mit vorgehaltener Maschinenpistole in den Räumen der Osloer Sparebank in Ullevaal-Hageby die Herausgabe von Bargeldbeträgen zu erzwingen. Durch die in Gang gesetzte Alarmanlage wurden die Räuber von ihrem Vorhaben abgehalten. Sie flüchteten auf mitgebrachten Fahrrädern. 11. Ein in Larvik wohnender Holzwarenhändler, der ausschließlich Wehrmachtsaufträge aus- führt, wurde in einem Drohbrief aufgefordert, 15 000 Kronen an einer bezeichneten Stelle niederzulegen, andernfalls er nach dem Kriege mit seiner Bestrafung zu rechnen habe. Der Erpresser, ein in Östre Halsen bei Larvik wohnhafter Norweger, wurde bei der Entgegennahme des Geldbetrages überrascht und nach einem Fluchtversuch festgenommen. 12. In Bergen wurden ein Polizeikonstabel und ein Polizeikraftfahrer festgenommen. Beide hatten ein Runkfunkgerät illegal an eine dritte Person vermittelt. 13. In Oslo wurde eine neue Folge der deutschsprachigen Hetzschrift "Aus dem Maulkorbe, Organ des deutschen Murrens, Der Drang nach Osten und zurück" erfaßt. 14. Dem Fylkesmann in Tromsö wurde ein handgeschriebener anonymer Brief zugestellt, in dem eingangs erklärt wird, daß er und Bischof Sivertsen in der Liste der Angeber, die eine furchtbare Behandlung bei den im Herbst bevorstehenden Ereignissen zu erwarten hätten, mit aufgeführt seien. Als Repressalien für die in Nordnorwegen begangenen Morde beabsichtige man, mit Hilfe einiger "handfester Kerle" Vergeltung an den "Spitzen" zu üben. Als angeb- licher Freund des Empfängers gibt der Briefschreiber folgende Ratschläge: "Du und Deine Mitangeber werden sicher später von einem norwegischen Gericht milder verurteilt werden, deshalb diese Worte. Im eigenen Interesse mußt Du nach dem 1. August jede Reise vermeiden. Sei vorsichtig mit Autos und bleibe meistens zu Hause, passe gut auf Dein Schlafzimmer und Dein Bett, Deinen Schreibtisch und Papierkorb auf, sei vorsichtig mit Streichhölzern, Zigarettenschachteln, Flaschen usw. Diese können leicht eine unangenehme Überraschung bringen. Sei skeptisch gegenüber fremden Personen, die Deine Hausgehilfin

1327 Juli 1944 besuchen oder etwas reparieren wollen. Gleichzeitig mußt Du gegenüber einigen Deiner Par- teigenossen vorsichtig sein. Aus diesem Grunde hüte Dich, im Dunklen auszugehen, da Dir Schaden zugefügt werden kann. Ich schreibe Dir diese Freundschaftszeilen und bitte Dich darum, diesen Brief, wenn Du ihn gelesen hast, sofort zu verbrennen. Ich hoffe, daß ich mich irre, andererseits habe ich so viel aus sicheren Quellen gehört, daß ich meine, Dich warnen zu müssen. Auf der Fahrt hörte ich zufallig, wie einige von Deinen Parteigenossen von Dir spra- chen und der eine sagte: 'Er soll nur warten bis es am Abend dunkel wird'. Wenn Du diesen Anschlägen entgehen solltest, hoffe ich, daß wir uns nach dem Kriege wieder treffen werden. Deine Strafe wird hoffentlich nicht so groß sein. Dann sollst Du gewahr werden, wer ich bin. Ich will auf Grund meiner Sicherheit mich von allen Intrigen fernhalten. Du als Lakai der Deutschen könntest mich zum Dank für die Warnung verraten. Aber ich glaube, Du tust klug, wenn Du gegen Norweger nicht noch mehr Dummheiten machst, als Du schon gemacht hast. Du bist gewarnt."

BdSudSD Oslo, Tagesbericht Nr. 56 vom 5. August 1944, gez. Fehlis RAO/RK/HSSPF/SIPO-SD/Perm B.IVM

1. In Majavatn wurde der Hirdmann Roedvik Ν i 1 s e η beim Öffnen eines an ihn adressier- ten Paketes in seiner Wohnung durch die Explosion eines in dem Paket befindlichen Spreng- körpers völlig zerrissen, seine Frau und Tochter, die neben ihm standen, wurden schwer ver- letzt. 2. Der entlang der Reichsstraße 50 führende Freileitungslinienzug der norwegischen Tele- grafenverwaltung, der wichtige Wehrmachts-, Fernsprech- und Fernschreibverbindungen nach Nordnorwegen enthält, wurde durch Sprengen einer Telegrafenstange etwa 12 km südlich Otta unterbrochen. Gleichzeitig wurde die Trägerleitung an der gleichen Stelle durch Kurzschließen mittels Eisenbindedrahtes gebrauchsunfähig gemacht. Der Anschlag ist vermutlich von Tätern, die Fachkenntnisse im Telegrafenwesen hatten, verübt worden. 3. Wegen Verdachts illegaler Betätigung im Rahmen der Militärorganisation Egersund wurden erneut fünf Norweger aus Stavanger und von der Insel Hidra (Vest Agder) festgenommen. (Vgl. Tagesbericht v. 12. 7.) 4. Der im Zusammenhang mit der Aufrollung der Militärorganisation Farsund festgenommene ehemalige Lensmann Arne A s k i 1 d s e η aus Mandai ist aus dem Polizeigefängnis Kristian- sand mit Hilfe eines ebenfalls flüchtig gewordenen norwegischen Gefängnishilfsbeamten ent- wichen. 5. Der Kapitän des norwegischen Dampfers "Jetta", Thomas Kjellevik, lief unter dem Vor- wand eines Maschinenschadens den Hafen von Göteborg an und spielte das Schiff der norwe- gischen Emigrantenregierung in die Hände. Als erste Gegenmaßnahme wurden die in Oslo wohnenden Verwandten des Kapitäns in Haft genommen. 6. In Oslo wurden neun Norweger festgenommen, die dringend verdächtig sind, aus einem Lager des Reichskommissars für die besetzten norwegischen Gebiete Rundfunkgeräte ent- wendet zu haben. 7. Bei Bauarbeiten der Wehrmacht in der Nähe von Kongsberg wurde eine Kiste mit 416 Schuß norwegische Gewehrmunition gefunden. Außerdem wurde ein Kurzwellenempfangs- gerät, das in einer Felsspalte versteckt war, sichergestellt.

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