Pollenanalytische Untersuchungen zur Rekonstruktion der spät- und postglazialen Vegetationsdynamik des Magellanischen Regenwaldes, Südchile

Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Fakultät für Chemie, Pharmazie und Geowissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

vorgelegt von Martinus Fesq-Martin aus Rendsburg

März 2003 Vorsitzender des Promotionsausschusses: Prof. Dr. G. E. Schulz Dekan: Prof. Dr. P. Gräber Leiter der Arbeit: Prof. Dr. J. Behrmann Referent: Prof. Dr. J. Behrmann Korreferent: Prof. Dr. A. Friedmann

Tag der Verkündigung des Prüfungsergebnisses: 15.5.2003 GABRIEL. Und schnell und unbegreiflich schnelle Dreht sich umher der Erde Pracht; Es wechselt Paradieseshelle Mit tiefer, schauervoller Nacht; Es schäumt das Meer in breiten Flüssen Am tiefen Grund der Felsen auf, Und Fels und Meer wird fortgerissen In ewig schnellem Sphärenlauf.

MICHAEL. Und Stürme brausen um die Wette, Vom Meer aufs Land, vom Land aufs Meer, Und bilden wütend eine Kette Der tiefsten Wirkung rings umher. Da flammt ein blitzendes Verheeren Dem Pfade vor des Donnerschlags; Doch deine Boten, Herr, verehren Das sanfte Wandeln deines Tags.

JOHANN WOLFGANG VON GOETHE: Faust, Prolog im Himmel. Hamburger Ausgabe (1996), Bd. III, S. 16, Zeilen 251-266. I

INHALTSVERZEICHNIS

Abkürzungen ...... III Verzeichnis der Pollendiagramme ...... III Tabellenverzeichnis ...... IV Abbildungsverzeichnis...... V

1. Einleitung...... 1 1.1 Fragestellungen...... 1 1.2 Geographische Lage des Untersuchungsgebietes...... 7 1.3 Geologie...... 9 1.3.1 Vulkanismus...... 10 1.3.2 Paläobiologie charakteristischer Florenelemente...... 12 1.4 Spät- und postglaziale Landschaftsgeschichte...... 15 1.5 Klima...... 20 1.6 Rezente Vegetation...... 23 1.6.1 Der Magellanische Regenwald...... 23 1.6.2 Benachbarte Naturräume...... 29 1.6.3 Moore und ihre torfbildenden Pflanzenarten...... 32 1.7 Einfluß des Menschen...... 35 1.8 Botanische, palynologische Forschungsgeschichte...... 37

2. Material und Methodik...... 40 2.1. Auswahl geeigneter Archive...... 40 2.1.1 GC-2-Archiv...... 40 2.1.2 Beprobung des GC-2-Archivs...... 41 2.1.3 Weitere Archive...... 42 2.2 Aufbereitung der Proben...... 42 2.3 Archivierung und mikroskopische Analyse der Proben...... 44 2.4 Sammeln von rezentem Vergleichspollenmaterial...... 45 2.5 Identifikation der Pollen und Sporen...... 45 2.6 Zählung der Pollenkörner und Sporen...... 45 2.7 Weitere Mikroreste...... 46 2.8 Datierung der Proben...... 47 II

3. Ergebnisse...... 49 3.1 GC-2-Archiv...... 49 3.1.1 Rezente Vegetation des GC-2-Moores...... 49 3.1.2 Sondierungsergebnisse...... 50 3.1.3 Darstellung des GC-2-Kernes...... 51 3.1.4 Datierungsergebnisse...... 54 3.1.5 Pollen- und Sporentypen sowie ihre Produzenten...... 56 3.1.6 Andere Mikroreste...... 78 3.1.7 Pollen- und Sporenstratigraphie des GC-2-Profils...... 81 3.1.8 Pollen- und Sporenkonzentrationen im GC-2-Profil...... 91 3.2 Andere Archive...... 93 3.2.1 GC-1a...... 94 3.2.2 Lago Chandler...... 96

4. Diskussion...... 98 4.1 Diversität der Pollenflora...... 98 4.2 Vegetationsdynamik im Spätglazial...... 100 4.3 Sukzession und Reifung des Magellanischen Regenwaldes...... 108 4.4 Vegetationsdynamik der Vulkanstörung des Mt. Burney...... 113 4.4.1 Primärsukzession...... 114 4.4.2 Störung des Waldökosystems...... 119 4.4.3 Regeneration des Waldökosystems...... 122 4.4.4 Störung und Regeneration der Moore...... 124 4.5 Existieren Hinweise auf eine Verlagerung der Westwinddrift?...... 125 4.6 Sind Waldbrände im Untersuchungsgebiet aufgetreten?...... 127 4.7 Schlußfolgerungen...... 129

5.1 Kurzfassung...... 132 5.2 Summary...... 134 5.3 Vesión resumida...... 136

6. Literatur...... 138 III

Abkürzungen a = Jahr , ka = Tausendjahre , Ma = Millionenjahre a B.P. = 14C a B.P. = Radiokarbonjahre vor 1950 a cal. B.P. = Kalenderjahre vor 1950 AMS = Accelerator Mass Spectrometry AP = Baumpollenkörner , NAP = Nichtbaumpollenkörner Fuego-Patagonia = Feuerland und Patagonien Max. Ø = maximaler Durchmesser Terrestrische Pollenkörner = AP + NAP Hyd-gro = Pollenkörner der Hygro- und Hydrophyten PAZ = Pollen Assemblage Zone PNTF = Parc National Tierra del Fuego Punkt (1.000) markiert den Tausenderwert

Verzeichnis der Pollendiagramme im Anhang

Anhang 1: Pollendiagramm des GC-2-Archives Anhang 2: Pollenfrequenzen des GC-1a-Archives Anhang 3: Pollenfrequenzen des Chandler-Archives ______IV

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Sondierungsergebnisse des GC-2-Längsprofils (Nord nach Süd)... 50

Tab. 2: Sondierungsergebnisse des GC-2-Querprofils (West nach Ost) mit tiefster Stelle...... 50

Tab. 3: Ergebnisse der AMS-14C-Datierungen der ausgewählten GC-2- Proben...... 55

Tab. 4: Tiefenbereiche des GC-2-Profils mit ihren gemittelten Sedimentationsraten...... 56

Tab. 5: Pollen Assemblage Zonen (PAZ) des GC-2-Kernes...... 82

Tab. 6: Spätglaziale PAZ-Teilzonen des GC-2-Profils mit radiokarbon- datierten Proben...... 83

Tab. 7: Holozäne Teilzonen der PAZ-2 mit radiokarbondatierten Proben...... 85

Tab. 8: Die PAZ-3-Teilzonen und ihre zeitliche Einordnung anhand datierter Proben...... 87

Tab. 9: Mittelwerte (x) und Standardabweichungen (s) aus den Kon- zentrationsdaten der Pollen Assemblage Zonen (PAZ) des GC-2- Kernes...... 91

Tab. 10: Vergleich der im Untersuchungsgebiet Gran Campo Nevado erprobten Kerne GC-2, GC-1a und Chandler anhand verschiedener Kriterien...... 94

Tab. 11: Datierte GC-2-Proben und Lage der dunklen Sedimentlage (206 – 210 cm) im Vergleich mit spätglazialen Ereignissen wie dem Vulkanausbruch des Reclús und der Jüngeren Dryas...... 101

Tab.12: Datierungen von Proben des GC-2-Kerns aus dem Zeitraum des frühen Holozäns...... 109

Tab. 13: Datierte Proben des GC-2-Kernes stratigraphisch über der Mt. Burney-Tephralage (42 – 50 cm) sowie Altersangaben zur Mt. Burney-Eruption...... 114 ______V

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Übersichtskarte des südlichen Südamerikas mit der Gran Campo Nevado-Region...... 7

Abb. 2: Das Untersuchungsgebiet (52°48´S, 72°55´W) mit dem Canal Garjado, der Chandler-Insel, dem Camp (zwei Hütten) sowie den nordwestlichen Ausläufern des GCN = Gran Campo Nevado-Eisfeldes (bearbeitete Satellitenbildszene von Landsat-TM)...... 8

Abb. 3: Lage des Mt. Burney-Vulkans auf der Península Muñoz Gamero in nordwestlicher Richtung vom Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado...... 11

Abb. 4: Tephralage des Mt. Burney-Vulkans (4.254 a cal. B.P.) im Torfprofil des GC-2-Archives. (Foto: M. Hohner)...... 12

Abb. 5: Der Galeria-Gletscher (Glaciar de la galeria)...... 16

Abb. 6: Ein Nothofagus betuloides-„Hude“-Exemplar mit ausgeprägter Windfahne am Skyring-Fjord...... 22

Abb. 7: Der immergrüne Magellanische Regenwald im Untersuchungs- gebiet des Gran Campo Nevado (52°48´S, 72°55´W)...... 24

Abb. 8: Der Magellanische Regenwald im Kontext zu benachbarten Naturräumen und Untersuchungsgebieten für die Pollen- diagramme des immergrünen Regenwaldes vorliegen (verändert nach Moore 1983)...... 30

Abb. 9: Ausschnitt eines montanen Polstermoors in der Sierra Martial bei Ushuaia, Feuerland...... 34

Abb. 10: Das Untersuchungsgebiet Gran Campo Nevado (52°48´S, 72°55´W) am Canal Garjado mit den Umweltarchiven CH (Lago Chandler), GC-2 und GC-1a (bearbeitete Satellitenbild- szene von Landsat-TM)...... 41

Abb. 11: Schema Behandlungsschritte im Rahmen der Pollenaufbereitung der holozänen Torfproben aus dem GC-2-Archiv (verändert nach FAEGRI & IVERSEN 1989)...... 43

Abb. 12: Das GC-2-Archiv ist ein Marsippospermum-Niedermoor auf 70 m ü. N.N...... 49 ______VI

Abb. 13: Das Querprofil des GC-2-Archives von Westen nach Osten sondiert. Der schwarze Vertikalbalken markiert die Position der Bohrstelle für den GC-2-Kern...... 51

Abb. 14: Schematisiertes Profil des erbohrten GC-2-Kernes mit Datierungsergebnissen und Sedimentformen...... 53

Abb. 15: Ausschnitt (200 – 250 cm) aus dem spätglazialen Abschnitt des GC-2-Kernes mit grauen, glazilimnischen Sedimenten...... 54

Abb. 16: Relation der Radiokarbonjahre der datierten GC-2-Proben zu ihrer Tiefe im GC-2-Archiv...... 55

Abb. 17: Pollenkorn von Nothofagus spp...... 57

Abb. 18: Nothofagus-Pollenkorn...... 57

Abb. 19: Drimys winteri-Busch...... 58

Abb. 20: Pollenkorn von Drimys winteri...... 59

Abb. 21: Pollenkörner von Nothofagus spp. und Drimys winteri...... 59

Abb. 22: Blütenstand von Embothrium coccineum...... 59

Abb. 23: Pollenkorn von Embothrium coccineum...... 59

Abb. 24: Vesiculates Podocarpaceen-Pollenkorn...... 61

Abb. 25: Krautige Ausläufer von Gunnera magellanica...... 62

Abb. 26: Pollenkörner von Gunnera magellanica...... 63

Abb. 27: Nostoc-Symbiosomen, grünen Symbiosomennestes...... 64

Abb. 28: Gramineen-Pollenkorn...... 65

Abb. 29: Pollenkorn von Empetrum rubrum...... 65

Abb. 30: Pernettya mucronata als Strauch mit Beeren...... 66

Abb. 31: Pernettya mucronata-Pollenkorn...... 66

Abb. 32: Pollenkörner von Pernettya pumila...... 67

Abb. 33: Pollenkörner der Gattung Senecio...... 67

Abb. 34: Pollenkörner der Gattung Chilotrichum...... 67

Abb. 35: Berberis ilicifolia-Pollenkörner...... 68 ______VII

Abb. 36: Ranunculaceen-Pollenkorn ...... 69

Abb. 37: Blätter und Blüte von Caltha sagittata (Foto: K. Frechen)...... 69

Abb. 38: Pollenkörner von Ribes magellanicum...... 70

Abb. 39: Blüten von Fuchsia magellanica...... 72

Abb. 40: Pollenkörner von Fuchsia magellanica...... 72

Abb. 41: Pollenkörner von ...... 73

Abb. 42: Polstermoor mit Astelia pumila...... 73

Abb. 43: fascicularis im Untersuchungsgebiet...... 74

Abb. 44: Pollenkorn von Donatia fascicularis...... 74

Abb. 45: Pollenkorn von Drosera uniflora...... 75

Abb. 46: Spore der Pteridophyta...... 77

Abb. 47: Pteridophyta-Spore...... 77

Abb. 48: Testaceen-Foto. Länge der Schale ca. 100 µm (GC-2-Archiv)...... 78

Abb 49: Relative Anteile von Testaceen-Schalen (bezogen auf AP + NAP) im Spätglazial des GC-2-Archives...... 78

Abb. 50: Abdominalkrallen einer Cladocere mit Resten des Carapaxes...... 79

Abb. 51: Hinterende einer Rotatorie mit Fuß...... 79

Abb. 52: Fusarium-Konidie mit drei Querwänden...... 80

Abb. 53: GC-2-Pollenfrequenzen von Gunnera magellanica und Gramineen von PAZ-1a bis PAZ-2c...... 84

Abb. 54: Diagramm des Verlaufs der Primärsukzession...... 89

Abb. 55: Vergleich zwischen der Anzahl der Baumarten im Valdivianischen, Patagonischen Regenwald, Magellanischen Regenwald und sommergrünem Nothofagus pumilio-Wald (VEBLEN et al. 1996)...... 99

Abb. 56: Neubearbeiteter Ausschnitt aus dem Pollendiagramm T 41 von der Isla Clarence (53°50´ Süd) (AUER 1958)...... 111

Soweit nicht anders bezeichnet, wurden alle Fotografien vom Autor gemacht. Einleitung 1

1. Einleitung

Die vorliegende Dissertationsschrift entstand im Rahmen des Forschungsprojektes „Spät- und postglaziale Umweltbedingungen im Bereich der ganzjährigen südhemisphärischen Westwinddrift“ von Juli 2000 bis März 2003. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt (Ki

456/6-1) wurde von R. KILIAN, J. BEHRMANN und H. BIESTER initiiert und geleitet.

Die hier vorgestellte Dissertation wurde von J. BEHRMANN und A. FRIEDMANN betreut.

1.1 Fragestellungen

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, für den superhumiden Verbreitungsbereich des Magellanischen Regenwaldes erstmals ein Pollenstandarddiagramm zu erstellen. Bisher liegen aus diesem Naturraum des südwestlichen Patagoniens kaum vergleichbare palynologische Arbeiten vor. Während die Mehrzahl der Pollenanalysen im südlichsten Patagonien und auf Feuerland im Bereich des saisonal laubabwerfenden Nothofagus pumilio-Waldes gemacht wurden

(HEUSSER, 1993a, 1993b, 1995a, 1995b, 1998, MARKGRAF 1993a, 1993b,

MARKGRAF et al. 1996), liegen für das superhumide Verbreitungsgebiet des Magellanischen Regenwaldes bisher vergleichsweise wenige Untersuchungen zur spät- und postglazialen Vegetationsgeschichte vor (AUER 1958, HEUSSER

1995a, HEUSSER et al. 2000, MCCULLOCH & DAVIES 2001). Ein direkter Vergleich mit anderen Naturräumen wie dem saisonal laubabwerfenden Nothofagus pumilio-Wald und der Patagonischen Steppe ist jedoch problematisch, da hier grundsätzlich verschiedene Ökosysteme (MOORE

1983, SEIBERT 1996) verglichen werden. Auch weisen die Regenwaldsysteme im mittleren und nördlichen Patagonien derart abweichende Artenzusammen- setzungen (RODRÍGUEZ et al. 1983, GAJARDO 1993, VEBLEN et al. 1996, SEIBERT 1996) auf, dass eine unmittelbare Übertragung von palynologischen Ergebnissen

(SZEICZ et al. 1998, BENNET et al. 2000) nicht möglich ist. Einleitung 2

Da die Dichte an palynologischen Analysen im südlichsten Patagonien gerade für den superhumiden Bereich noch extrem gering ist, bestehen innerhalb der Waldform des Magellanischen Regenwaldes nur äußert geringe Referenzstudien. Gerade deshalb sind diese wenigen Vergleichsarbeiten von großem Wert, auch wenn sie nicht radiokarbondatiert und auch nicht kontinuierlich ausgezählt wurden. So ist in Bezug auf den immergrünen

Magellanischen Regenwald die palynologische Arbeit von AUER (1958) vom Nordufer der Isla Clarence im Süden der Magellanstraße sehr wertvoll (53°50´ Süd). Hier liegt zwar kein Standardpollendiagramm vor, da das Clarence-Profil (T41) nicht radiokarbondatiert wurde und auch der Probenabstand mit 10 cm noch sehr groß ist. Dennoch stellt diese Arbeit von AUER (1958) eine wichtige Referenzquelle dar, da das Profil den spät- und postglazialen Zeitraum der vegetationsdynamischen Entwicklung innerhalb des superhumiden Verbreitungsgebietes des Magellanischen Regenwaldes abdeckt. Eine weitere wichtige Untersuchungsstelle für die Rekonstruktion der Vegetationsgeschichte des Magellanischen Regenwaldes ist Puerto del Hambre an der Ostküste der Península Brunswick (53°36´Süd). Es liegen mehrere radiokarbondatierte Pollendiagramme aus diesem Moorarchiv vor (HEUSSER

1995a, HEUSSER et al. 2000, MCCULLOCH & DAVIES 2001). Der Nachteil dieses Untersuchungsgebietes besteht jedoch darin, dass sich Puerto del Hambre im rezenten Übergangsbereich zwischen Magellanischem Regenwald und sommergrünem Nothofagus-Wald befindet. Es ist deshalb unsicher, ob diese

Pollendiagramme (HEUSSER 1995a, HEUSSER et al. 2000, MCCULLOCH & DAVIES 2001) wirklich als Standardpollendiagramme für den Magellanischen Regenwald geeignet sind, da sie nicht in seinem superhumiden Verbreitungsschwerpunkt lokalisiert sind. Jeder zukünftige paläoökologische Untersuchungsansatz innerhalb des Magellanischen Regenwaldes bedeutet deshalb ein wichtiges Stück Grundlagenforschung, um ein zufriedenstellend großes Datenvolumen zu etablieren, das spätere Vergleiche innerhalb des Verbreitungsgebietes dieses Waldökossystems erst ermöglichen kann. Somit liefern die in der vorliegenden Arbeit vorgestellten Analysen am Gran Campo Nevado das erste radiokarbondatierte und kontinuierlich ausgezählte Standardpollendiagramm aus dem superhumiden Verbreitungsgebiet des Magellanischen Regenwaldes. Einleitung 3

Das ausgewählte Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado (52°48´S,

72°55´W) (KILIAN et al. 1999) bietet hervorragende Möglichkeiten, die Langzeitdynamik eines Waldökosystems, das bisher keinerlei Nutzung durch Land- oder Forstwirtschaft erfahren hat, zu untersuchen. Die Abläufe im dort verbreiteten Magellanischen Regenwald lassen sich auf ökosystemare Prozesse reduzieren, die bis in die Neuzeit ausschließlich durch nicht-kulturelle Faktoren geprägt wurden. Durch dieses Fehlen eines signifikanten anthropogenen Einflusses wird das Untersuchungsgebiet zu einem wichtigen Vergleichssystem der holozänen Waldentwicklung. Vor dem Hintergrund, dass die Buchenwaldgebiete der Feuchten Mittelbreiten in Europa sowie in großen Teilen Nordamerikas durch menschliche Nutzung überprägt worden sind, ist die Analyse einer Langzeitdynamik nur noch in Weltregionen möglich, die bisher außerhalb des ökonomischen Wirkungsbereiches lagen. Der Südwesten Patagoniens mit seinen großflächigen Nothofagus-Wäldern erfüllt dieses Kriterium. Vorgänge und Prozesse der holozänen Naturwaldentwicklung lassen sich hier untersuchen, die in

Mitteleuropa durch die Neolithisierung (LANG 1994, JACOMET & KREUZ 1999,

FESQ-MARTIN et al. 2002) und dem damit verbundenen Wandel zur Kulturlandschaft anthropogen beeinflußt sind. Mit dem Auftreten der ersten bäuerlichen Kulturen in der Chronozone des Atlantikums begann in Mitteleuropa die zunehmende Prägung der Waldsysteme durch land- und forstwirtschaftliche

Produktionsweisen. JACOMET & KREUZ (1999) erklären: „Die natürliche Vegetationsentwicklung und die Entstehung der heutigen Pflanzenareale wurde zwar im Atlantikum keineswegs abgeschlossen, doch standen die nachfolgenden Vorgänge spätestens seit der zweiten Hälfte des sechsten Jahrtausends v. Chr. mit dem Auftreten der ersten Bauernkulturen zunehmend unter menschlichem Einfluß.“ Somit stellt die vegetationsdynamische Langzeituntersuchung des Magellanischen Regenwaldes ein wertvolles, wenn auch nur prinzipielles Vergleichssystem zur ungestörten Landschaftsdynamik dar. Unmittelbare, quantitative Parallelisierungen mit anderen Waldökosystemen sowohl in Europa als auch in Südamerika sind nicht möglich, da ein Abgleich von artenspezifischen synökologischen Prozessen problematisch wäre. Einleitung 4

Die hier vorgelegte Analyse zur Langzeitdynamik des Magellanischen Regenwaldes könnte vor dem Hintergrund der kontrovers geführten Diskussion

über zukünftige Leitbilder für den Waldschutz (KÜSTER 1998) auch eine angewandte Bedeutung erlangen. Obwohl quantitative Übertragungen auf andere Naturräume nicht praktikabel sind, so sind doch modellhafte Aussagen über die relative Dynamik eines anthropogen unbeeinflussten Laubwaldökosytems vorstellbar. Am Beispiel der Schutzgebietskategorie II

„Nationalpark“ der IUCN (EUROPARC & IUCN 2000) soll dieser anwendungs- bezogene Aspekt kurz erläutert werden.

Das Bundesamt für Naturschutz (ILLMANN et al. 1999) definiert: „Vorrangiges Ziel der Nationalparke ist der Erhalt möglichst artenreicher, einheimischer Lebensgemeinschaften durch das Zulassen von natürlichen Entwicklungen und Sukzessionen ohne lenkende Eingriffe des Menschen.“ Nach den Kriterien der IUCN (2000) müssen in Nationalparken auf 75 % der Fläche eigendynamische Prozesse ablaufen können. Jedoch sind Langzeitprognosen über die zukünftige Entwicklung dieser derart geschützten Landschaftsbereiche nahezu unmöglich, da in Deutschland großflächige Vergleichssysteme, die langfristig von menschlicher Nutzung unbeeinflusst blieben, nicht mehr vorhanden sind (KLEIN 1998). Dieses Unvermögen, zukünftige Entwicklungen von Wäldern vorherzusagen, die in Form von Nationalparken seit wenigen Jahrzehnten wieder einer natürlichen Sukzession überlassen werden, schafft Akzeptanzprobleme bei Entscheidungsträgern und der Bevölkerung im direkten

Umfeld von Nationalparken (HAUKE 1998). Die Untersuchung der anthropogen unbeeinflussten Langzeitdynamik des Magellanischen Regenwaldes lässt sich zwar nicht konkret bzw. unmittelbar auf Buchenwaldsysteme in Mitteleuropa übertragen. Dennoch könnten die Erkenntnisse über die holozäne Vegetationsdynamik im Südwesten Patagoniens einen modellhaften Beitrag zur Diskussion über das relative Wirkungs- und Zeitmaß von Naturwalddynamik beisteuern. Für die Naturschutzpraxis könnte exemplarisch das Potential zum Wandel von anthropogen ungestörten Ökosystemen aufgezeigt werden.

Da der Magellanische Regenwald das südlichste Waldsystem auf der Erde ist, stellt er zugleich ein bedeutsames Indikatorsystem für die spätglaziale und Einleitung 5 holozäne Umweltforschung in der südlichen Hemisphäre dar. Klimatische Veränderungen aber auch geologische Vorgänge wie etwa Vulkanausbrüche beeinflussen die Genese von Waldsystemen. So kann mit der Erstellung eines Pollenstandarddiagramms nicht nur die Vegetationsgeschichte des Magellanischen Regenwaldes rekonstruiert werden, sondern es lassen sich auch Rückschlüsse auf geologische Ereignisse ziehen. Vor dem Hintergrund des aktiven Vulkanismus in der südpatagonischen Andenregion (STERN 1990,

HOHNER 2001), ergeben sich interessante Möglichkeiten, den Regenerationsverlauf einer Naturlandschaft zu erforschen: In welchem Zeitraum und in welcher Form erfolgt die ökologische Reaktion des Waldsystems auf die Vulkanstörung? Welche Pflanzenarten leiten mit welchen Anpassungen die Primärsukzession ein?

Aber auch überregionale, klimatologische Fragestellungen, wie etwa der Nachweis spätglazialer Klimaschwankungen im südlichsten Südamerika, lassen sich anhand der Vegetationsentwicklung im Untersuchungsgebiet neu diskutieren. Bisher besteht ein Mangel an Archiven, die kontinuierlich über ihre gesamte Sediment- bzw. Torfmächtigkeit untersucht worden sind. In der Vergangenheit sind erbohrte Kerne meist nur in Abständen von 10 cm beprobt und analysiert worden (HEUSSER et al. 2000). Fluktuationen, die kürzer als 1 ka gewesen sind, wurden deshalb nur zufällig oder gar nicht entdeckt. Um potentielle Schwankungen und damit auch die eigentliche Vegetationsdynamik rekonstruieren zu können, ist eine kontinuierliche Bearbeitung der gesamten Archivmächtigkeit unverzichtbar. Nur so ist es etwa möglich, eine spätglaziale Klimafluktuation wie sie der Jüngeren Dryas entsprechen würde zu erkennen

(HEUSSER et al. 2000). Ob im südlichen Südamerika eine spätglaziale Klimafluktuation aufgetreten ist, die zeitlich mit der Jüngeren Dryas synchronisiert werden kann, wird noch kontrovers diskutiert (HOGANSON & ASHWORTH 1992, ASHWORTH & HOGANSON

1993, HEUSSER 1993a, 1995a, 1998, HEUSSER et al. 2000, MARKGRAF 1993a,

MARKGRAF et al. 1996, BENNETT et al. 2000, MCCULLOCH & DAVIES 2001, PENDALL et al. 2001). Für die Existenz der Jüngeren Dryas in Patagonien und Feuerland plädiert besonders HEUSSER (1993a, 1995a, 1998, HEUSSER et al. 2000). Er verteidigt die Einleitung 6

Hypothese, dass die spätglazialen Klimafluktuationen Europas weitgehend synchron auch im südlichen Südamerika abgelaufen sind. Als Indiz für das Auftreten der Jüngeren Dryas im Zeitraum zwischen 11.000 – 10.000 14C a B.P. wird die Expansion von Grassteppe gewertet (HEUSSER et al. 2000). Nach einem wärmeren, trockneren Abschnitt nach 12 14C ka B.P. mit Heidevegetation kam es ab 11 14C ka B.P. zu diesem Vegetationswandel, der als ein Indikator für ein kühleres, feuchteres Klima während der Jüngeren Dryas betrachtet wird

(HEUSSER et al. 2000). Jedoch wird die Existenz der Jüngeren Dryas im südlichen Südamerika von zahlreichen Autoren angezweifelt (HOGANSON & ASHWORTH 1992, ASHWORTH &

HOGANSON 1993, MARKGRAF 1993a, MARKGRAF et al. 1996, BENNETT et al. 2000,

MCCULLOCH & DAVIES 2001, PENDALL et al. 2001). Die für das ausgehende Spätglazial beobachtete Vegetationsdynamik wird nicht in Zusammenhang mit einer Abkühlung zwischen 11 – 10 14C ka B.P. interpretiert, sondern als Hinweis für eine Niederschlagsveränderung angenommen (MARKGRAF et al. 1996,

MCCULLOCH & DAVIES 2001). Der Auslöser dafür wird in einer südwärts Verlagerung der niederschlagsbringenden Westwinddrift gesucht (McCulloch & Davies 2001). Daher soll mit den vorliegenden pollenanalytischen Untersuchungen vom Gran Campo Nevado versucht werden, zur Aufhellung der vegetationsdynamischen Vorgänge am Übergang vom Spätglazial zum Holozän beizutragen.

Demnach bedeutet die Erforschung der nicht-anthropogen überprägten Langzeitdynamik des Magellanischen Regenwaldes im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado wichtige Chancen,

1. spät- und postglaziale Veränderungen im Umweltkontext der südlichsten Andenregion zu untersuchen und 2. vor dem Hintergrund der zunehmenden Zerstörung von chilenischen

Naturwaldsystemen (HOFFMANN 1998, FESQ-MARTIN & FRIEDMANN 2001), die Vegetationsgeschichte eines patagonischen Wildnisgebietes zu dokumentieren. Einleitung 7

1.2 Geographische Lage des Untersuchungsgebietes

Abb. 1: Übersichtskarte des südlichen Südamerikas mit der Gran Campo Nevado-Region (gestricheltes, kleines Rechteck) auf der Península Muñoz Gamero (PMG). Das Kreuz markiert die Lage des Untersuchungsgebiets (52°48´S, 72°55´W). Die grauen Flächen stehen für rezente

Eiskappen (verändert nach SCHNEIDER, 2002).

Südpatagonien lässt sich in zwei große Teile untergliedern: im Westen die

Patagonischen Anden und das Patagonische Tiefland im Osten (ENDLICHER 1991). In den Anden wiederum lassen sich drei Bereiche beschreiben: 1. Das Küstenbergland am Pazifik, 2. die patagonische Hauptkordillere und 3. die subandinen Schichtstufen im Osten (ENDLICHER 1991). Das Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado gehört im Rahmen dieser Gliederung zur Hauptkordillere. Das für das Untersuchungsgebiet namensgebende Bergmassiv und Eisfeld ist der 1585 m hohe Gran Campo Nevado. Diese Eiskappe befindet sich im südlichen Teil der Península Muñoz Gamero (Abb. 1). Im äußersten Süden dieser Halbinsel verläuft der westliche Eingang zur Magellanstraße (Estrecho de Magallanes). Das eigentliche Untersuchungsgebiet mit seinen bearbeiteten Einleitung 8

Umweltarchiven liegt im Osten des Gran Campo Nevado Bergmassivs westlich des Canal Gajardo (Abb. 2). Dieser Meereskanal trennt das Untersuchungsgebiet von der östlich angrenzenden Isla Riesco.

Abb. 2: Das Untersuchungsgebiet (52°48´S, 72°55´W) mit dem Canal Garjado, der Chandler- Insel, dem Camp (zwei Hütten) sowie den nordwestlichen Ausläufern des GCN = Gran Campo Nevado-Eisfeldes (bearbeitete Satellitenbildszene von Landsat-TM).

Zum Untersuchungsgebiet gehören die Chandler-Insel im Osten sowie im Westen die Berge Cerro de los Trece Condores (1.120 m), El Camello (1.150 m) und die Zungen des Lengua- und Galeria-Gletschers (Abb. 2). Im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado befinden sich zwei einfache Hütten (Camp), deren GPS-Einmessung (Küchenhütte) am 8. August 2000 folgende Koordinaten ergab: 52°48´20´´S, 72°55´50´´W (WGS 84). Vom Skyring-Fjord aus (Abb. 1) wird das Untersuchungsgebiet per Boot über den Canal Garjado erreicht. Einleitung 9

1.3 Geologie

Allgemein bildet die Orogenese der Anden die längste geschlossene

Gebirgskette der Welt. STANLEY (1994) erklärt zum südlichen Verlauf: „Wo die südlichen Anden auf das Meer treffen, verbindet sie eine Horizontalverschiebung strukturell mit dem „Scotia Arc“ (Südsandwich-Inseln), einem Inselbogen, der im Halbkreis zurückverläuft und der in der Antarktis wiederum auf eine aktive Gebirgskette trifft.“ Die Gebirgsbildung an der Westküste Südamerikas reicht bis ins Paläozoikum zurück (STANLEY 1994). HOHNER (2001) beschreibt nach NELSON et al. (1980): „Der südliche Teil Südamerikas war während der prä-jurassischen Zeit ein Teil des westlichen Gondwanalandes, unter den bereits pazifisch-ozeanische Platten subduziert wurden.“ Im unteren Mesozoikum begann die heutige Form der Gebirgsbildung, als sich unter dem Rand von Südamerika eine Subduktionszone entwickelte (STANLEY

1994). Nach NELSON et al. (1980) erläutert HOHNER (2001): „Im Jura bildete sich durch die Subduktion pazifisch-ozeanischer Platten ein Vulkanbogen mit einem silizisch bis intermediären Vulkanismus und Plutonismus.“ Von der subduzierten ozeanischen Platte sind große Mengen magmatischer Gesteine aufgestiegen und der sich dadurch verdickenden Andenkruste hinzugefügt worden (STANLEY

1994). Zur Gebirgsbildung der Anden erklärt STANLEY (1994) weiter: „Wir wissen heute, dass sich während der ungefähr letzten 200 Millionen Jahre die Kruste der Anden durch das Eindringen von Intrusionen in der Tiefe verdickt hat; während dieses gesamten Zeitraumes stieg sie auch isostatisch auf. Zur selben Zeit kamen auch an ihrer Oberfläche vulkanische Gesteine zur Ablagerung.“

Einen detaillierten Einblick in die Geologie des Untersuchungsgebietes des Gran

Campo Nevado liefern HOHNER (2001) und FISCHBACH (2001). Im Rahmen ihrer Diplomarbeiten unternahmen sie geologische Kartierungen von Teilen des

Untersuchungsgebietes. HOHNER (2001) erläutert zu den Einheiten des Untersuchungsgebietes: „Lithologisch gesehen liegt das Gran Campo Nevado- Gebiet zwischen dem westlichen Randbereich des Rocas Verdes Beckens und dem Vulkanbogen. Im Arbeitsgebiet treten Einheiten auf, die seit dem späten Jura gebildet worden sind. Es handelt sich um die silizisch-vulkanischen Einleitung 10

Gesteine der Tobifera-Formation, die mafischen Einheiten der Rocas Verdes, die vulkanoklastischen Sedimente der Yahgan-Formation, saure Intrusion, die nach der Schließung des Rocas Verdes Becken eindrangen und um verschiedene Generationen von basaltischen Gangintrusionen, die vermutlich während der Subduktion des Chilerückens intrudierten.“

1.3.1 Vulkanismus

Da Vulkanismus im südlichen Patagonien einen Einfluß auf die holozäne Waldentwicklung gehabt hat (Ergebnisse 3, Diskussion 4), soll eine für das Untersuchungsgebiet relevante Übersicht zum vulkanischen Geschehen gegeben werden. Das Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado gehört in den

Einflussbereich der australen Vulkanzone der Anden (STERN 1990). Zwischen

55°S und 49°S gehören fünf Vulkane nach STERN (1990) zu diesem Gebiet: Cook Island, Mt. Burney, Reclús, Aguilera und Lautaro. Verantwortlich für diese vulkanische Aktivität ist die Subduktion der antarktischen unter die südamerikanische Platte mit etwa 2 cm/a (STERN 1990). Der Hudson-Vulkan (46° S), dessen Tephradepositionen einen Einfluß auf die südpatagonische Waldentwicklung gehabt haben (VOGEL 1998), ist bereits Teil der südlichen Vulkanzone der Anden, die aus der Subduktion der Nazca-Platte unter die südamerikanische Platte resultiert (STERN 1990).

Die Ausbrüche der Vulkane Mt. Burney, Reclús, Aguilera und Hudson hatten die großflächige Deposition verschiedener Tephralagen im südlichen Patagonien und in Feuerland zur Folge (STERN 1990, HOHNER 2001). Im

Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado konnte HOHNER (2001) Tephralagen des Mt. Burney eindeutig nachweisen: „Die Tephralagen der 3.770 Jahre B.P. und 7.920 Jahre B.P. Mt. Burney-Eruptionen wurden gefunden, so wie vermutlich auch eine Tephralage, die von der 6.700 Jahre B.P. Eruption des Hudson-Vulkan stammt.“ Für die jüngere dieser beiden Mt. Bunrey-Eruptionen finden sich weitere, vergleichbare Altersangaben: 3860 14C a B.P. bzw. 4.254 a 14 cal. B.P. (MCCULLOCH & DAVIES 2001), 3500 – 3970 C a B.P. (STERN 1990). Im Einleitung 11

Folgenden wird für diese Eruption des Mt. Burney die kalibrierte Angabe von

MCCULLOCH & DAVIES (2001) verwendet: 4.254 a cal. B.P.. Daneben wurden zusätzliche Tephralagen von vermutlich kleineren Eruptionen des Mt. Burney gefunden (HOHNER 2001). Eine davon ist im Torfprofil des GC-1- Moores mit 2 14C ka B.P. datiert worden.

Abb. 3: Der Mt. Burney-Vulkan befindet sich auf der Península Muñoz Gamero ca. 65 km in nord- westlicher Richtung vom Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado entfernt. Mit „GC-2“ ist das wichtigste palynologische Archiv des Untersuchungsgebietes gekennzeichnet

(Kartenausschnitt aus SCHNIEPP 1998).

Der Ursprung dieser Tephralagen, der Mt. Burney-Vulkan, befindet sich bei 52°15´ im nördlichen Teil der Península Muñoz Gamero (Abb. 3). Er liegt damit ca. 65 km nordwestlich vom Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado entfernt. KILIAN et al. (2003) beschreiben den Mt. Burney als einen aktiven Stratovulkan, der im Holozän mindestens zwei große plinianische Eruptionen hervorbrachte.

Für die 4.254 a cal. B.P. Eruption des Mt. Burney hat HOHNER (2001) ein Gesamtvolumen von mindestens 2,5 km3 an pyroklastischem Material berechnet, das über das südliche Patagonien und Feuerland niedergegangen ist. KILIAN et al Einleitung 12

(2003) gehen sogar von einem Tephravolumen von 2,8 km3 aus. Des weiteren beschreiben KILIAN et al (2003): „Around 60 km southeast of Mt. Burney, in the central section of its 3.860 year B.P. eruption fan, investigated profiles from soils, peat cores as well as lake and fjord sediments show a 8 – 12 cm thick cold lapilli fall layer with a grain size 1,5 to 2 mm.“ Diese Tephradeposition des Mt. Burney konnte in allen von HOHNER (2001) untersuchten Archiven des Gran Campo Nevado-Gebietes gefunden werden. Deshalb wurde die 4.254 a cal. B.P. Tephralage als Leithorizont eingestuft. Im Vergleich würde sie der Tephra III der undatierten Profile von AUER (1958) entsprechen (STERN 1990, HOHNER 2001).

Abb. 4: Gelbliche, ca. 10 cm mächtige Tephralage (zwischen Pfeilspitzen) des Mt. Burney- Vulkans im Torfprofil des GC-2-Archives. Diese Lage stellt mit 4.254 a cal. B.P. den tephrochronologischen Leithorizont im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado dar (Foto: M. Hohner).

Die Untersuchung der Auswirkungen der beschriebenen Vulkanausbrüche und ihrer Tephradeposition auf die Vegetationsdynamik des Magellanischen Regenwaldes ist ein wichtiger Bestandteil der vorliegenden Arbeit.

1.3.2 Paläobiologie charakteristischer Florenelemente

Die systematische Stellung der Gattung Nothofagus ist noch nicht zweifelsfrei geklärt. Obwohl eine nahe Verwandtschaft zur Gattung Fagus innerhalb der

Familie der Fagaceae (Ordnung Fagales) favorisiert wird (SITTE et al. 1998,

WEBERLING & SCHWANTES 1992), gibt es dennoch Vorbehalte bezüglich dieser Einleitung 13 taxonomischen Einteilung. So wird etwa über eine Verwandtschaft zu den

Betulaceae spekuliert (HILL & DETTMANN 1996). Die Sonderstellung der Gattung Nothofagus legt es nahe, eine eigenständige Familie der Nothofagaceae zu schaffen (FROHNE & JENSEN 1998; HILL & DETTMANN 1996). Die weltweit 45 Nothofagus-Arten sind auf die südliche Hemisphäre beschränkt und finden sich rezent in Südamerika, Neuseeland, Australien, Tasmanien,

Neukaledonien und Neuguinea (THENIUS 2000, FROHNE & JENSEN 1998). Dieses disjunkte Verbreitungsbild bestätigt das Zerfallen des einstigen Südkontinentes

Gondwana (THENIUS 2000). Der älteste Nachweis der Gattung Nothofagus in der westlichen Hemisphäre wurde auf der Insel “James Ross” an der Nordostküste der antarktischen Halbinsel erbracht. Das Alter dieser frühesten Nothofagus-Pollenkörner wird ins frühe Campan vor 83 Ma datiert (MARKGRAF et al. 1996). Aufgrund von Fossilfunden (Pollen, Blätter, Holzreste) ist die Region im Bereich der Südspitze Südamerikas und der antarktischen Halbinsel als Diversifikationszentrum der späten Kreidezeit anzusprechen (HILL & DETTMANN 1996). Die Ausbreitung nach Südamerika scheint in einem Zeitraum erfolgt zu sein, als Afrika bereits von Südamerika getrennt war, aber eine Migration im Bereich der Antarktis noch stattfand (THENIUS 2000). Die Möglichkeit zur Verbreitung zwischen Südamerika und der Antarktis erlischt mit der Bildung der Drake-Passage im oberen Oligozän (FAUPL 2000). Das Nordwärtsdriften Südamerikas um etwa zehn Breitengrade öffnete die Drake- Passage und verhinderte eine weitere Nothofagus-Junktion zwischen den beiden

Kontinenten (MARKGRAF et al. 1996). Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Gattung Nothofagus kontinuierlich bis zum Pliozän in der Antarktis vorgekommen ist (HILL & DETTMANN 1996). Die Nothofagus-Arten am Gran Campo Nevado sind demnach echte Gondwana- Elemente der paläoaustralischen Flora. Im Gegensatz dazu zeigen die Pflanzenarten Drimys winteri, Embothrium coccineum und Gunnera magellanica Verbreitungsmuster, die vom Nothofagus- Typ abweichen: Drimys winteri gehört zu den Winteraceae, einer sehr ursprünglichen Familie innerhalb der Angiospermae. Holzreste der Winteraceae lassen sich bereits in der Unter-Kreide, Pollenkörner aus der Ober-Kreide nachweisen (THENIUS 2000). Einleitung 14

Die Familie gehört damit zu den ältesten Bedecktsamern. Die Pollenkörner von Drimys winteri bestätigen dies durch ihre noch ursprüngliche Morphologie in Form von zusammengesetzten Tetraden. Das heutige Verbreitungsareal der Winteraceae ist disjunkt. Die immergrünen Gehölze finden sich rezent vor allem in tropischen bis subtropischen Gebieten. In Südamerika reicht ihr Areal von Mexiko bis nach Patagonien. Auch bei den Winteraceae liegt der fossile und rezente Verbreitungsschwerpunkt zwar in der südlichen Hemisphäre, allerdings nicht ausschließlich wie bei den eigentlichen Gondwana-Elementen (THENIUS 2000). Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt auch bei Embothrium coccineum vor. Die für den Magellanischen Regenwald charakteristische Art ist Mitglied der Familie der

Proteaceae (MOORE 1983). Embothrium coccineum steht somit in Verwandtschaft zu ca. 1500 Arten des australischen und afrikanischen

Kontinents (FROHNE & JENSEN 1998). Eine der bekanntesten Vertreterinnen dieser Familie ist die Kap-Protea (Protea repens) aus Südafrika (WYK et al. 1997). Über das Entfaltungszentrum der Proteaceae besteht noch keine Einigkeit. Es werden als potentielle Ausgangsregionen West-Gondwana, Nordostaustralien aber auch ein indomalaiisches Tropenzentrum diskutiert

(THENIUS 2000). Zum Verbreitungsmuster der Nothofagus-Arten bestehen zwei wesentliche Unterschiede:

1. Es sind fossile Proteaceen-Funde auf der Nordhalbkugel beschrieben

worden (THENIUS 2000). 2. Im Gegensatz zur Gattung Nothofagus leben in Afrika und auf Madagaskar Proteaceen-Arten. Südafrika repräsentiert nach Australien

sogar ein Diversitätszentrum (THENIUS 2000).

Das Vorkommen in Südamerika, Australien und vor allem in Südafrika könnte eine ältere Migration bedeuten. Somit stellen die Proteaceae eine sehr archaische Angiospermen-Familie dar, deren Verbreitungsgeschichte anders als bei der vergleichsweise jüngeren Gattung Nothofagus abgelaufen ist. Auch Gunnera magellanica besitzt eine verwandte Art in Südafrika: Gunnera perpensa (WYK et al. 1997). Allgemein kommt die Familie Gunneraceae (=Haloragidaceae) rezent mit über 40 Arten neben Südamerika und Südafrika Einleitung 15 auch in Australien, Neuseeland und im pazifischen Raum nördlich bis Hawaii vor

(HUXLEY et al. 1992). Dieses Verbreitungsmuster legt eine Migration über große Teile Gondwanas nahe, allerdings bevor es zur Ablösung von Afrika kam. Das Auseinanderdriften von Südamerika und Afrika setzte bereits in der Unterkreide (Hauterive bis Alb) ein und führte schließlich zur Öffnung des Südatlantiks. Ab dem Ende des Cenomans (95 Ma) war die vollständige

Trennung der beiden Kontinente abgeschlossen (FAUPL 2000). Damit muss die Disjunktion der südamerikanischen und afrikanischen Floren- bzw. Faunenelemente in einem Zeitraum zwischen etwa 130 Ma bis 100 Ma erfolgt sein. Ein mit den Gunneraceae vergleichbares Gondwana-Verbreitungsmuster findet sich auch im Tierreich. Die Fischfamilie der für patagonische Bäche und Flüsse typischen Galaxiidae lebt ebenfalls in Südafrika, Australien, Tasmanien, Neukaledonien, auf der Lord-Howe-Insel, in Neuseeland, auf den Chatham- Inseln, den Auckland-Inseln, den Campbell-Inseln und den Falkland-Inseln. Dabei wird angenommen, dass der chilenische Galaxiidae-Vertreter Brachygalaxias bullocki der nächste Verwandte der südafrikanischen Art

Galaxias zebratus ist (CAMBRAY 1998). Die Beispiele der vorgestellten Arten zeigen, dass die Vegetation im Untersuchungsgebiet zwar deutliche Zusammenhänge mit dem ehemaligen Südkontinent Gondwana aufweist, die einzelnen Gattungen bzw. Familien jedoch individuelle Ursprünge bzw. Muster der Migration durchlaufen haben.

1.4 Spät- und postglaziale Landschaftsgeschichte

Die Andenregion Patagoniens und Feuerlands war in den Kaltzeiten des Pleistozäns großflächigen Gletscherausdehnungen unterworfen. Die maximale Eisausdehnung im Pleistozän wird für den Zeitraum zwischen 1,138 und 0,994

Ma B.P. angenommen (MCCULLOCH et al. 1997). Die Andengletscher erreichten in diesem Initio-Stadium den Atlantischen Ozean im Küstengebiet zwischen Río Gallegos und dem nördlichen Feuerland. Im Rahmen der letzten Kaltzeit, der

Wisconsin-Kaltzeit in Amerika (KLOSTERMANN 1999, MCCULLOCH & DAVIES 2001), erfolgte die maximale Gletscherausdehnung in einem Zeitraum zwischen 21 und Einleitung 16

19 ka (MCCULLOCH et al. 1997). Die Eismassen drangen in der östlichen Magellanstraße bis zum Segunda Angostura vor. Die heutigen Fijorde wie Seno Skyring und Seno Otway waren mit nach Osten vordringenden Gletscherzungen ausgefüllt. Die Península Muñoz Gamero mit dem Untersuchungsgebiet lag unter dem Vereisungszentrum der südpatagonischen Kordillere (MCCULLOCH et al. 1997). Noch rezent besteht in Form des Gran Campo Nevado ein Eisakkumulationsgebiet dessen Gletscherzungen (z.B. Glaciar lengua, Glaciar de la galeria) die Landschaft aktiv gestalten (Abb. 5). So konnte HOHNER (2001) im Untersuchungsgebiet quartärgeologische Formen wie etwa Moränen, Erratikas, Rundhöcker, Gletscherschliffe und Frostmusterböden dokumentieren. Diese Formen sind während und seit der letzten Vergletscherung >11 14C ka

B.P. entstanden (HOHNER 2001).

Abb. 5: Der Galeria-Gletscher (Glaciar de la galeria) nördlich des El Camello ist ein Ausläufer des Gran Campo Nevado Eisfeldes. Die rezente Gletscherfront des Galeria-Gletschers ist ca. 5 km vom GC-Camp entfernt. Die Aufnahme wurde im Süd-Winter (August 2000) gemacht.

Den größten Eisrückzug nach der letzten maximalen Vergletscherung setzt

KILIAN (pers. comm. 2002) für den Zeitraum zwischen 18.000 und 14.200 a cal. B.P. an. In dieser Phase ist der überwiegende Teil des pleistozänen Eisvolumens der östlichen Andenregion geschmolzen. Von einem sehr schnellen Einleitung 17

14 Gletscherrückzug gehen auch MCCULLOCH et al. (1997) aus. Nach 14 C ka B.P. kam es zu einem rapiden Zerfall der Eiszungen.

Über die Zusammensetzung der pleistozänen Fauna und ihre Rolle als ökologische Primär- bzw. Sekundärkonsumenten ist auf der Península Muñoz Gamero bisher nichts bekannt. Einen Anhaltspunkt über das Artenspektrum erlauben jedoch eine Reihe von Höhlen in Patagonien - allen voran Cueva del

Milodon und Cueva Fells (MARKGRAF 1985, MCCULLOCH et al. 1997). Unter den späteiszeitlichen Säugetieren fallen ein Faultier (Mylodon darwinii), eine Pferdeart (Onohippidium saldiasi), zwei Cameliden-Arten und eine große Raubkatze (Panthera spp.) auf. Ebenfalls lassen sich neben dem Guanako

(Lama guanicoe) verschiedene Arten der Rodentia nachweisen (THENIUS 1980,

MCCULLOCH et al. 1997). All diese Formen der pleistozänen Tierwelt in Südpatagonien sprechen für eine waldlose, steppenartige Landschaft

(MARKGRAF 1985). Es ist nicht bekannt, in wie weit sich obiges Faunenspektrum auch auf das Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado im Spätglazial übertragen lässt. Da die primäre Nahrungsgrundlage der angesprochenen, pleistozänen Mammalia sicherlich aus Gramineen sowie anderer Krautartiger bestand (MARKGRAF 1985), ist die Existenz dieser Weidegänger im Untersuchungsgebiet nur vorstellbar, wenn ausreichend Gras- bzw. Krautvegetation vorhanden gewesen ist. Eine systematische Prospektion von geeigneten Archiven für pleistozäne Faunenreste wäre ein lohnendes Vorhaben im südwestlichen Patagonien.

Nach pollenanalytischen Untersuchungen von Mylodon-Exkrementen (MARKGRAF 1985) korreliert das Aussterben dieser großen Weidegänger mit dem Übergang von der spätglazialen Steppenlandschaft zur frühholozänen Waldvegetation. Inwieweit ein potentieller Bejagungsdruck durch Paläoindianer das Aussterben zahlreicher, pleistozäner Arten beschleunigt hat, bleibt ein Diskussions- gegenstand (MARKGRAF 1985, MCCULLOCH et al. 1997).

Ob im südlichen Südamerika eine spätglaziale Klimafluktuation stattgefunden hat, die zeitlich mit der Jüngeren Dryas verknüpft werden kann, wird noch sehr kontrovers diskutiert (HOGANSON & ASHWORTH 1992, ASHWORTH & HOGANSON

1993, HEUSSER 1993a, 1995a, 1998, HEUSSER et al. 2000, MARKGRAF 1993a, Einleitung 18

MARKGRAF et al. 1996, BENNETT et al. 2000, MCCULLOCH & DAVIES 2001, PENDALL et al. 2001). Für die Existenz der Jüngeren Dryas in Patagonien und Feuerland spricht sich besonders HEUSSER (1993a, 1995a, 1998, HEUSSER et al. 2000) aus. Er vertritt die Hypothese, dass die spätglazialen Klimafluktuationen Europas weitgehend synchron auch im südlichen Südamerika abgelaufen sind. Als Indiz für das Auftreten der Jüngeren Dryas im Zeitraum zwischen 11.000 – 10.000 14C a B.P. wird die Expansion von Grassteppe gewertet (HEUSSER et al. 2000). Nach einem wärmeren, trockneren Abschnitt nach 12 14C ka B.P. mit Heidevegetation kam es ab 11 14C ka B.P. zu diesem Vegetationswechsel, der als ein Indikator für ein kühleres, feuchteres Klima während der Jüngeren Dryas betrachtet wird

(HEUSSER et al. 2000). Zahlreiche Autoren, die paläoökologische Untersuchungen in Patagonien und Feuerland durchgeführt haben, zweifeln jedoch an der Existenz der Jüngeren

Dryas im südlichen Südamerika (HOGANSON & ASHWORTH 1992, ASHWORTH &

HOGANSON 1993, MARKGRAF 1993a, MARKGRAF et al. 1996, BENNETT et al. 2000,

MCCULLOCH & DAVIES 2001, PENDALL et al. 2001) Die für das Ende des Spätglazial analysierte Vegetationsdynamik wird nicht in Zusammenhang mit einer Abkühlung zwischen 11 – 10 14C ka B.P. gebracht, sondern als Indikator für ein wechselndes Niederschlagsregime interpretiert

(MARKGRAF et al. 1996, MCCULLOCH & DAVIES 2001). Die Ursache dafür wird in einer südwärts Verlagerung der niederschlagsbringenden Westwinddrift gesehen (McCulloch & Davies 2001).

Während die Mehrzahl der vegetationsgeschichtlichen Analysen in Südpatagonien und auf Feuerland im Bereich des saisonal laubabwerfenden

Nothofagus pumilio-Waldes durchgeführt wurden (HEUSSER 1993a, 1993b,

1995a, 1995b, 1998, MARKGRAF 1993a, 1993b), liegen für das superhumide Verbreitungsgebiet des Magellanischen Regenwaldes bisher vergleichsweise wenige Untersuchungen zur spätglazialen und holozänen Vegetationsgeschichte vor (AUER 1958, HEUSSER 1995a, 2000, MCCULLOCH & DAVIES 2001). Am Nordufer der Isla Clarence (53°50´S) im Süden der Magellanstraße am gegenüberliegenden Ufer der Península Brunswick hat AUER (1958) palynologische Untersuchungen durchgeführt. Besonders sein Profil 40 aus Einleitung 19 einem Juncanae-Moor erbrachte ein für die Rekonstruktion der Vegetationsgeschichte des Magellanischen Regenwaldes wichtiges Pollendiagramm (T 41, Abb. 56). Allerdings sind die Interpretations- und Aussagemöglichkeiten dieses Pollendiagramms von der Isla Clarence beschränkt, da keine Radiokarbondatierungen vorliegen und der Probenabstand 10 cm beträgt. Eine weitere Untersuchungsstelle für die Rekonstruktion der Vegetationsgeschichte des Magellanischen Regenwaldes stellt Puerto del Hambre an der Ostküste der Península Brunswick dar. Es liegen mehrere radiokarbondatierte Pollendiagramme aus diesem Moorarchiv vor (HEUSSER

1995a, 2000, MCCULLOCH & DAVIES). Der Nachteil dieses Untersuchungs- gebietes besteht darin, dass sich Puerto del Hambre bereits im rezenten Übergangsbereich zwischen Magellanischem Regenwald und sommergrünem Nothofagus-Wald befindet. Die Pollendiagramme geben demnach nicht die Situation im Verbreitungsschwerpunkt des Magellanischen Regenwaldes wieder.

Als Synthese aus den Erkenntnissen des Pollendiagramms T 41 von der Isla

Clarence (AUER 1958) und den Pollendiagrammen von Puerto del Hambre

(HEUSSER 1995a, 2000, MCCULLOCH & DAVIES) ergibt sich ein dreiteiliges Schema der spät- und postglazialen Entwicklung zum rezenten Magellanischen Regenwald:

1. Im Spätglazial dominieren die Pollentypen von Ericaceen, Gramineen und Gunnera spp.. Die Pollenanteile von Nothofagus spp. sind noch deutlich unter 50 %. Es kann eine waldfreie Landschaft mit verschiedenen Pionierspezies rekonstruiert werden. Der Magellanische Regenwald als Waldformation ist noch nicht vorhanden.

2. Ab ca. 10 14C ka B.P. beginnt im frühen Holozän der Anstieg von Nothofagus-Pollenkörnern. Die beginnende Entwicklung zum Magellanischen Regenwald ist durch das nachfolgende Auftreten von Indikatorarten wie Drimys winteri und Embothrium coccineum angezeigt. Die Pollenfrequenzen von Nothofagus spp. erreichen ab ca. 8 14C ka B.P. Einleitung 20

stabile Werte von über 50%. In diesem zweiten Abschnitt findet die Entwicklung und Reifung des Magellanischen Regenwaldes statt.

3. In der zweiten Hälfte des Holozäns ab ca. 4 14C ka B.P. treten Schwankungen in den Pollenfrequenzen der Ericaceen, von Gunnera spp. und Nothofagus spp. auf. Der Magellanische Regenwald bleibt als Waldformation bestehen.

Es ist im Rahmen obiger Synthese zu beachten, dass Puerto del Hambre an der Ostküste der Península Brunswick und der Norden der Isla Clarence ca. 60 km voneinander entfernt sind (Abb. 8). Diese beiden Untersuchungsgebiete liegen in einem Umkreis von rund 130 km südöstlich des Untersuchungsgebietes Gran Campo Nevado.

1.5 Klima

Patagonien und insbesondere die Region der Magellanstraße sind bekannt für “extreme” Wetterverhältnisse. Als “Screaming Fifties” gingen die Stürme der südhemisphärischen Westwinddrift mit ihrem Verbreitungszentrum um den 50°

Breitengrad in die Seefahrtsgeschichte ein (FUCHS 1992). So sind vor allem zwei klimatische Größen außergewöhnlich: Wind und Niederschlag.

Sowohl die Windstärke als auch das Niederschlagsaufkommen nehmen von Westen nach Osten sehr stark ab. Die jährlichen Niederschlagsmengen fallen von 6.000-8.000 mm auf der westlichen Seite der Anden bis auf 1.300 mm an den Ostflanken der Gebirgskette und noch weiter im Osten regnen in Punta

Arenas nur noch 430 mm (SCHNEIDER et al. 2002). Aufgrund dieses Luv-Lee- Effektes stellt die Kordillere Patagoniens, die sich von Norden nach Süden erstreckt, eine der markantesten Klimascheiden der Erde dar (ENDLICHER 1991,

SCHNEIDER et al. 2002). Die Stauwirkung der Andenkette auf die südhemisphärischen Westwindsysteme führt zur Abregnung der über dem pazifischen Ozean aufgenommenen Wassermassen. Dabei fallen südlich von 38°S ganzjährig große Niederschlagsmengen, so dass dort keine Einleitung 21

Trockenphasen auftreten wie etwa im Süd-Winter Mittelchiles (VAN GEEL et al. 2000). Für das Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado gehen

SCHNEIDER et al. (2002) von 7.000 mm/a aus. Großflächige Bereiche im

Magellanischen Regenwald mit Staunässe (VEBLEN et al. 1996) sind u.a. direkte Auswirkungen dieses superhumiden Klimafaktors. Im Rahmen ihrer 661 Tage währenden meteorologischen Messungen (Zeitraum: Oktober 1999 – März

2002) im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado berichten SCHNEIDER et al. (2002): „Individual events with more than 50 mm of precipitation within 3 hours period were measured on 34 days. These rain storms are generally associated with strong westerly air flow with a mean wind speed of 12,4 m/s and a mean maximum wind speed of 27,1 m/s.“

Die Stärke der Westwinddrift liegt in Temperatur- und Druckgradienten begründet, die sich über dem pazifischen Ozean zwischen den Subtropen und der Antarktis aufbauen (ENDLICHER 1991, SCHNEIDER et al. 2002). Höhere Windgeschwindigkeiten und eine intensivere Zyklogenese sind die Folgen. Jahreszeitlich beschreibt die südhemisphärische Westwinddrift eine von Süden (Süd-Sommer) nach Norden (Süd-Winter) gerichtete Pendelbewegung vor der

Südküste Chiles (VAN GEEL et al. 2000). Dieses wirkt sich gleichzeitig auf die saisonale Niederschlagsverteilung im Untersuchungsgebiet aus, die im Süd-

Sommer (=Winterhalbjahr) höhere Werte erreicht (SCHNEIDER et al. 2002).

Es wird spekuliert, dass sich der Verbreitungsschwerpunkt der Westwinddrift im

Spätglazial und Holozän weiträumig verlagert haben könnte (HEUSSER 1989,

MARKGRAF 1989, MCCULLOCH & DAVIES 2001). Allerdings besteht Uneinigkeit darüber, ob die Sturmtiefs in der Wisconsin-Kaltzeit sich in Richtung Äquator oder weiter nach Süden verschoben haben. Während MARKGRAF (1989) die Hypothese einer polwärts Verlagerung der Westwindsysteme favorisiert, vertritt

HEUSSER (1989) die Vorstellung von einer nordwärts Drift in der letzten Kaltzeit.

VAN GEEL et al. (2000) spekulieren, dass die heutige Position relativ jungen Ursprungs ist: “The present mode of atmospheric circulation, with the Southern Westerlies producing a precipitation maximum at 50°S, seems to have been established relatively recently, that is, in the late Holocene.” Einleitung 22

Als Reaktion auf die starken Windverhältnisse bringt die Vegetation vielerorts bizzare Wuchsformen hervor. Speziell die Wachstumsachse solitär stehender Nothofagus-Exemplare (Abb. 6) verkrümmt sich mit der vorherrschenden Windrichtung aus Westen.

Abb. 6: Ein ca. 5 m hohes Nothofagus betuloides-„Hude“-Exemplar mit ausgeprägter Windfahne am Skyring-Fjord. Die vorherschende Windrichtung aus Westen hat zur besonderen Form dieses Baumes geführt.

Es ist aber nicht der Wind alleine, der diese Wuchsphänomene verursacht.

WALTER erklärt (1986): “Allerdings hat es sich gezeigt, dass die Windverformung an den Meeresküsten nicht auf eine direkte Windwirkung, sondern vielmehr auf eine Salzwirkung zurückzuführen ist.” Dabei verursacht das aerosole Meersalz (Seaspray) eine Schädigung der Luv-Seite der Bäume. Das ins Blattgewebe eindringende Salz führt zu Sukkulenzerscheinungen und kann zum Absterben der Zellen führen (WALTER 1986). Äste und Blätter auf der Lee-Seite, also im Salzschatten, sind physiologisch weniger stark beeinträchtigt. Ferner sind Bäume mit besonders bizzarer Windfahnenform meist “Hude”-Exemplare, die in ihrer Jugend durch Kahlschlag freigestellt wurden.

Nicht nur am Gran Campo Nevado, sondern im gesamten südwestlichen Patagonien ist die jahreszeitliche Temperaturverteilung relativ gleichförmig ohne ausgeprägte Saisonalität. Die Jahresdurchschnitttemperatur betrug im Einleitung 23

Untersuchungsgebiet 5,8°C, wobei der Tiefstwert bei –6,5°C und der Höchstwert bei +16,7°C lagen (Wetterstation Gran Campo im Zeitraum von Oktober 1999 –

September 2001, SCHNEIDER et al. 2002). Dabei lag kein Monatsmittel unter dem

Gefrierpunkt. Ähnliches gilt für Punta Arenas im Osten. ENDLICHER beschreibt (1991): “Die mittäglichen Hochsommermaxima liegen bei 13°C, die nächtlichen Winterminima bei 2°C. Die Tagesamplitude beträgt im Sommer 6°C, im Winter dagegen kaum noch die Hälfte.”

Die mittlere Strahlungintensität der Sonne beträgt im Untersuchungsgebiet 80 2 W/m (SCHNEIDER et al. 2002). Im Bereich von 50°S ist von einem süd- sommerlichen Maximum auszugehen, das fast 6mal höher ist als im Süd-Winter

(HÄCKEL 1999). Dabei sind der Strahlungshöchstwert (21. Dezember) und - tiefstwert (21. Juni) kalendarisch genau umgekehrt zu den Verhältnissen auf der Nordhalbkugel.

1.6 Rezente Vegetation

1.6.1 Der Magellanische Regenwald

Der Magellanische Regenwald bzw. Feuchtwald (Abb. 7) stellt das südlichste Waldökosystem auf der Erde dar. Seine Verbreitung reicht von 47° 30´S in

Patagonien bis an die Südküste Feuerlands, 56° S (VEBLEN et al. 1996). Im Rahmen einer zonalen Gliederung nach naturräumlichen Aspekten gehört der

Magellanische Regenwald in die Ökozone der Feuchten Mittelbreiten (SCHULTZ 2002). Unabhängig von taxonomischen Beziehungen bestehen demnach ökologische Parallelen zu ozeanisch geprägten Laubwaldgebieten etwa in West- und Mitteleuropa, in Westkanada, Tasmanien oder der Südinsel Neuseelands (u.a.). Verbindendes Element all dieser Gebiete der Feuchten Mittelbreiten ist ihre Exposition im Wirkungsbereich zyklonaler Westwinddriften (SCHULTZ 2002). Einleitung 24

Abb. 7: Der immergrüne Magellanische Regenwald im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado (52°48´S, 72°55´W). Im Hintergrund ragt der schneebedeckte El Camello (1150 m) auf. In der unteren Bildhälfte verzahnt ein baumfreies Niedermoor mit dem Waldrand. Die Aufnahme entstand im Süd-Winter (August 2000).

Floristisch gehören die Pflanzenarten des Magellanischen Regenwaldes zum

Florenreich der Antarktis (WALTER 1986, SITTE et al. 1998). Auch in diesem Einteilungsprinzip lassen sich direkte Verbindungen zur Südinsel Neuseelands ziehen: Zahlreiche verwandte Taxae leben sowohl in Südchile als auch im südlichen Neuseeland (Gunnera, Azorella, u.a.) (WALTER 1986). Darüber hinaus bestehen pflanzensystematische Beziehungen zu den Florenreichen der Capensis und Australis. Die Ursache hierfür ist in gemeinsamen Verbreitungszentren im Bereich des ehemaligen Gondwana-Kontinentes zu suchen (WALTER 1986, SITTE et al. 1998). Vergleichbar zu den Laubwäldern auf der Südinsel Neuseelands oder in Tasmanien spielt auch in Südchile die Gattung Nothofagus eine ökologische Schlüsselrolle. So wird die Waldmatrix im Magellanischen Regenwald von der Südbuchenart Nothofagus betuloides gebildet. Sie ist die dominierende und mancherorts sogar monotypische Baumart. Die immergrüne Art vollzieht im Einleitung 25

Gegensatz zu anderen Nothofagus-Vertretern keinen saisonalen Laubabwurf — Nothofagus betuloides behält auch im Winter ihre Blätter. Grundsätzlich sind neben Nothofagus betuloides die Baumarten Drimys winteri, Maytenus magellanica und Desfontainia spinosa charakteristisch für das

Waldökosystem. VEBLEN et al. (1996) beschreiben diesen immergrünen Regenwald: „In coastal Magellanic rain forests, N. betuloides typically forms a fifteen-to-twenty-meter-tall canopy 5 to 8 m above an often dense stratum of Drimys winteri.“ Die Waldränder und Lichtungen werden von Arten wie Embothrium coccineum, Berberis illicifolia und Fuchsia magellanica geformt. Alle diese genannten Spezies des Magellanischen Regenwaldes lassen sich pflanzensoziologisch in der Formation Nothofagus betuloides-Drimys winteri vereinen (GAJARDO 1995). An Standorten mit großer Staunässe findet sich die Baumart Pilgerodendron uviferum aus der Familie der Zypressengewächse. Eine zweite Südbuchenart, Nothofagus antarctica, bildet als Pioniergehölz die

Baumgrenze (MOORE 1983, VEBLEN et al. 1996). Im Untersuchungsgebiet befindet sich dieser Krummholzbereich über der Waldgrenze bei ca. 400 m N.N.

(STICKLING 2002). Die saisonal laubabwerfende Südbuchenart N. antarctica ist ferner auf ungünstigen Standorten mit hoher Staunässe oder geringer

Bodenbildung als Strauchvegetation anzutreffen (MOORE 1983, VEBLEN et al. 1996).

Weiterführend nimmt MOORE (1983) für den Magellanischen Regenwald eine Unterscheidung in zwei verschiedene Waldformen mit einer Dominanz von Nothofagus betuloides vor:

a. Nothofagus betuloides-Wald Es handelt sich um nahezu monotypische Bestände in denen N. betuloides die dominante Baumart darstellt. Im Untersuchungsgebiet des Gran Campo

Nevado wird diese Waldform von STICKLING (2002) unter der Bezeichnung „old-growth“-Bestände geführt. Kennzeichnend für den Standort dieser gereiften N. betuloides-Altbestände ist ein küstenfernes Auftreten auf

flachgründigen Böden, die nicht übermäßig Wasser akkumulieren (MOORE

1983, STICKLING 2002). Im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado Einleitung 26

hat STICKLING (2002) diese „old-groth“-Bestände am Hang des Cerro de los Trece Condores sowie auf der äußersten Moräne am Lago Lengua angetroffen. Stickling (2002) liefert eine anschauliche Beschreibung dieser Nothofagus betuloides-Waldform: „Die Nothofagus-Altbestände zeichnet ein klassischer stockwerkartiger Habitus aus. In der oberen Baumschicht dominieren die alten Individuen von Nothofagus betuloides. Die Bäume erreichen eine Höhe von 25-30 m und bilden mit ihren Kronen ein dichtes Laubdach. Die Stammdurchmesser dieser „Alten“ erreichen 1 m; geschätztes Alter ist 250 Jahre und mehr. Die Stämme stehen im Durchschnitt in einem Abstand von 10 m und lassen somit viel Raum für die unteren Stockwerke. Die zweite Etage wird gebildet von jüngeren Nothofagus betuloides und großen Drimys winteri mit Höhen bis zu 15 m.“ Als begleitende Pflanzenarten der Strauch- und Krautschicht finden sich in den Nothofagus betuloides-Altbeständen N. antarctica, Pilgerodendron uviferum, Pernettya mucronata, Empetrum rubrum, Berberis buxifolia, B. ilicifolia, Desfontainia spinosa, Chiliotrichum diffusum, Ribes magellanica,

Gunnera magellanica und Senecio acanthifolius (MOORE 1983, STICKLING 2002). Die Stämme alter, großer N. betuloides-Exemplare sind oftmals mit

dichtem Bewuchs aus Lebetanthus myrsinites überzogen (STICKLING 2002).

Unter den Pteridophyta wird von MOORE (1983) Blechnum magellanicum in der Strauchschicht und Blechnum penna-marina in der Krautschicht hervorgehoben.

b. Nothofagus betuloides-Drimys-Wald Im Unterschied zum Nothofagus betuloides-Wald unterscheidet sich der Nothofagus betuloides-Drimys-Wald durch eine Kodominanz von Drimys

winteri. STICKLING (2002) weist daraufhin, „dass D. winteri anscheinend mit Vorliebe im „Schutz“ eines schon bestehenden N. betuloides-Bestandes wächst und in der Strauchschicht darauf wartet, Lücken zu schließen, die z.B. durch Windwurf entstehen, um dann sehr schnell empor zu schießen und Baumhöhe zu erreichen.“ Als weitere Baumspezies finden sich Maytenus magellanica und Embothrium

coccineum auf besser drainierten Standorten (MOORE 1983). Ferner hat dieser immergrüne Mischwald seine Verbreitung in küstennahen Bereichen. Einleitung 27

Im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado konnte STICKLING (2002) diese Form des Magellanischen Regenwaldes als „Auwald entlang des Rio Lengua“ und als „Rinnenvegetation auf dem Sedimentkörper“ beschreiben. Als charakteristische Begleitflora der Strauchschicht treten Pernettya mucronata, Desfontainia spinosa, Berberis ilicifolia, B. buxifolia und Chiliotrichum diffusum auf (Moore 1983, Stickling 2002). In der Krautschicht

dominiert die Pionierpflanze Gunnera magellanica (STICKLING 2002). Als Vertreter der Pteridophyta finden sich Arten der Gattung Hymanophyllum (Moore 1983).

Als besonderes Charakteristikum hebt MOORE (1983) eine sehr eingeschränkte Zersetzung der Streuschicht hervor: „Because of edaphic and microclimatic factors, as well as the poverty of the soil microfauna, the decomposition of remains is slow and there is frequently a deep covering of at most partially decomposed tree-trunks on the forest floor.“ Diese auffällige Ansammlung von totem organischen Material wird von

STICKLING (2002) für die Nothofagus betuloides-Drimys winteri-Bestände des Untersuchungsgebietes Gran Campo Nevado bestätigt.

Daneben unterscheidet MOORE (1983) unter dem Begriff des „immergrünen Waldes“ noch zwei weitere Formen:

c. Pilgerodendron-Wald In Bereichen mit zunehmend anmoorigem Untergrund geht der küstennahe Nothofagus betuloides-Drimys-Wald in einen Wald über, der von Pilgerodendron uviferum bestimmt wird. Auf der eigentlichen Mooroberfläche bilden Exemplare von P. uviferum meist nur Strauchform aus. Jedoch können

Reinbestände von P. uviferum auch Höhen von 6 – 10 m erreichen (MOORE

1983). Im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado hat STICKLING (2002) P. uviferum vor allem in der Begleitvegetation von wasserführenden Rinnen sowie auf Moorstandorten gefunden. So formt Pilgerodendron uviferum die Bauminseln auf den ansonsten waldfreien Mooroberflächen.

STICKLING (2002) beschreibt diese Vegetationsform wie folgt: „Die Bauminseln sind aus wenigen Arten zusammengesetzt. An Bäumen finden sich hauptsächlich Nothofagus betuloides und Pilgerodendron uviferum, Einleitung 28

vereinzelt auch Drimys winteri; Nothofagus antarctica tritt nur sehr sporadisch auf. Stark vertreten sind Lebetanthus myrsinites und Empetrum rubrum; außerdem stehen in der Strauchschicht Berberis buxifolia, B. ilicifolia, Desfontainia spinosa, Pernettya mucronata und Chiliotrichum diffusum. Vertreter der Krautschicht sind Senecio acanthifolius, Luzuriaga marginata und Marsippospermum grandiflorum.“ Aus seinen Studien im

Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado schlägt STICKLING (2002) vor, neben der Bezeichnung „Pilgerodendron-Wald“ auch die Form „Nothofagus betuloides Pilgerodendron uviferum-Bestand“ zu führen.

d. Maytenus-Drimys-Wald Diese Form des immergrünen Waldes in Fuego-Patagonien, bestehend aus Drimys winteri, Maytenus magellanica und Embothrium coccineum, ist im

Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado nicht anzutreffen (STICKLING 2002).

Nach MOORE (1983) ist der Maytenus-Drimys-Wald weitgehend ausgestorben. Die ehemalige Verbreitung ist nicht restlos geklärt. Es wird spekuliert, dass sich diese immergrüne Waldform auf Gebiete im Osten, bereits an der Grenze zur patagonischen Steppe erstreckte. Der hohe Bedarf an Feuerholz und Holzkohle hat den Maytenus-Drimys-Wald bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf wenige Restvorkommen dezimiert

(MOORE 1983).

In Bezug auf die floristische Artenvielfalt ist der immergrüne Magellanische Regenwald deutlich ärmer als vergleichbare Regenwaldformen im mittleren und nördlichen Patagonien. Im Vergleich zu den sechs Baumarten Nothofagus betuloides, N. antarctica, Drimys winteri, Embothrium coccineum, Maytenus magellanica und Pilgerodendron uviferum des immergrünen Magellanischen Regenwaldes finden sich im sommergrünen Nothofagus pumilio-Wald acht, im Patagonischen Regenwald 17 und im Valdivianischen Regenwald 29 Baumarten

(VEBLEN et al. 1996). Einleitung 29

Als beispielhafter Ausschnitt der Fauna des Magellanischen Regenwaldes sollen eigene Beobachtungen aus dem Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado vom August 2000 erwähnt werden: Nordwestlich des Galeria-Gletschers, auf dem Weg zur Galeria-Wetterstation wurde als Primärkonsument ein Huemul-Hirsch (Hippocamelus bisulcus) gesichtet. Im gleichen Gebiet konnte auch die Fährte eines Puma (Felis concolor) entdeckt werden. Diese Großkatze stellt ein Schlussglied innerhalb der Nahrungskette am Gran Campo Nevado dar. Ein weiterer Sekundärkonsument an der Spitze der Nahrungspyramide ist der Kondor (Cathartes aura). Diese Neuweltgeier kreisten mehrmals über dem GC-2-Moor und den GC-Hütten. Direkt vor der GC-Küchenhütte wurde ein Andenfuchs (Canis culpaeus) beobachtet. Daneben wurden aus der Ordnung der Rodentia mehrere Exemplare angetroffen, die u.a. wahrscheinlich zu den Wühlern (Cricetidae) gehören. Ferner sind vor dem Hintergrund palynologischer Interpretationen die Kolibris (Trochilidae) zu erwähnen. Diese wenige Zentimeter großen Vögel bestäuben

Fuchsia magellanica (MOORE 1983). Es handelt sich damit um eine Form der Epizoochorie. Da die Pollenkörner von Fuchsia magellanica nicht anemochor- freifliegend verbreitet werden, ist ein quantitativer Bezug zum vorhandenen Fuchsien-Bestand nicht möglich. Bei der Kolibri-Spezies, die im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado Fuchsia magellanica bestäubt, handelt es sich entweder um Sephanoides sephanoides oder um S. galeritus

(VENEGAS 1983, HARRIS 1998).

1.6.2 Benachbarte Naturräume

A. Das Magellanische Moorland im Westen An seiner westlichen Verbreitungsgrenze dünnt der Baumbestand des immergrünen Magellanischen Regenwaldes aus, um mit dem Magellanischen Moorland (Abb. 8) mosaikartig zu verzahnen. Nur noch in windgeschützten und gut drainierten Hängen und Mulden sind lockere, buschförmige Bestände von

Baumarten wie Nothofagus betuloides (u.a.) anzutreffen (PISANO 1983). Das Magellanische Moorland an der Westküste Patagoniens hat eine Verbreitung Einleitung 30 vom Golfo de Peñas (48° S) bis ins südlichste Feuerland (55° S) (MOORE 1983). Hohe Niederschläge bis über 6.000 mm/a und die starken Westwinde sind vegetationsbestimmende klimatische Größen in diesem Lebensraum (PISANO 1983). Floristisch stellt das Magellanische Moorland ein Landschaftsmosaik aus

Bereichen mit Moor-, Polster-, Moos-, Gras- und Waldvegetation dar (PISANO 1983). Charakteristische Arten der Strauch- und Waldformationen sind Berberis ilicifolia, Chiliotrichum diffusum, Drimys winteri, Embothrium coccineum, Empetrum rubrum, Escallonia serrate, Nothofagus antarctica, N. betuloides,

Philesia magellanica und Pilgerodendron uvifera (MOORE 1983, PISANO 1983).

Abb. 8: Der Magellanische Regenwald im Kontext zu benachbarten Naturräumen und Untersuchungsgebieten, für die Pollendiagramme des immergrünen Regenwaldes vorliegen (verändert nach Moore 1983). 1: Patagonische Steppe, 2: Sommergrüner Nothofaguswald, 3: Immergrüner Magellanischer Regenwald, 4: Magellanisches Moorland, G: Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado, P: Puerto del Hambre (Heusser 1995a, Heusser et al. 2000, McCulloch & Davies 2001), C: Isla Clarence (Auer 1958).

Besonders aufgrund seiner spezifischen Moorvegetation besitzt das Magellanische Moorland eine einzigartige, ökologische Stellung im südlichsten Einleitung 31

Südamerika. PISANO (1983) unterscheidet zwischen sieben verschiedenen Grundformen der Moorgesellschaften: „Raised Sphagnum Bog“, „Syngenetic Sphagnum Bog“, „Raised Mixed-Moss Bog“, „Raised Liverwort Bog“, „Marsippospermum grandiflorum Raised Bog“, „Donatia fascicularis-Astelia pumila Cushion-plant Bog“ und „Bolax gummifera-Azorella selago Cushion-plant Bog.“ (Weitere Erläuterungen zum Thema Moore: Kap. 1.6.3).

B. Der sommergrüne Südbuchenwald im Osten Im Osten (Abb. 8), etwa entlang der 800 – 850 mm Isohyeten, wird der immergrüne Magellanische Regenwald von einem saisonal laubabwerfenden

Nothofagus-Wald (deciduous forest) abgelöst (MOORE 1983, MARKGRAF 1993b). Die dominierende Baumart in diesem östlich anschließenden Südbuchenwald ist Nothofagus pumilio, die vergleichsweise kühlere und trockenere Standorte als N. betuloides bevorzugt (VEBLEN et al.1996). Der Übergangsbereich zwischen den beiden Waldformen ist eine relativ breite Verzahnungszone, die als „mixed evergreen-deciduous forest“ (MOORE 1983) bzw. „evergreen transitional forest“

(YOUNG 1973) bezeichnet wird. VEBLEN et al. (1996) beschreiben diesen Übergangsbereich: „Throughout its (N. betuloides) latitudinal range it forms an association with N. pumilio that is transitional between wetter forests dominated by evergreen species and drier forest dominated by N. pumilio. (...) In the south (45° - 55° S), this association is transitional between westward (coastal) pure N. betuloides forests and eastward (interior) pure N. pumilio forests.“ Der laubabwerfende Südbuchenwald mit Nothofagus pumilio als Hauptbaumart weist in seiner Strauch- und Krautschicht Pflanzenarten wie Adenocaulon chilense, Asplenium dareoides, Berberis ilicifolia, Cardamine glacialis, Chrysosplenium macranthum, Gunnera magellanica, Maytenus disticha, Senecia acanthifolius, Blechnum penna-marina, Codonorchis lessonii, Dysopsis glechomoides, Lagenifera hariotii und Marcrachaenium gracile auf (Moore 1983). Das Artenspektrum unterscheidet sich damit deutlich vom immergrünen Magellanischen Regenwald. In Bereichen mit ungünstigen Standortbedingungen wie Staunässe oder geringer Bodenbildung kann die Art Nothofagus antarctica waldartige Bestände etablieren

(MOORE 1983). Auch als Strauchform findet sich N. antarctica in Sphagnum- Einleitung 32

Mooren oder entlang der Baumgrenze und bildet dort die Krummholzvegetation

(VEBLEN et al. 1996).

C. Die Patagonische Steppe Mit dem abnehmenden Niederschlagsgradienten von West nach Ost (Kap. 1.5, Abb. 8) geht der saisonal laubabwerfende Nothofagus pumilio-Wald etwa ab 400 mm Jahresniederschlag in die Patagonische Steppe über (MOORE 1983,

MARKGRAF 1993b). Die charakteristische Vegetation der Patagonischen Steppe ist weitgehend baumlos und besteht aus Grasland, Heiden und

Strauchformationen (MOORE 1983). Für die Graslandvegetation sind ist Gattung

Festuca aus der Familie der Gramineae von großer Bedeutung (MOORE 1983). Daneben existieren eine Reihe assoziierter Grasgattungen wie etwa Stipa und Poa. Innerhalb der Strauchvegetation dominieren die Gattungen Lepidophyllum und

Chiliotrichum (MOORE 1983). Typische Arten sind Lepidophyllum cupressiforme und Chiliotrichum diffusum. Für die Heiden innerhalb des Landschaftsmosaiks der Patagonischen Steppe ist die Ericaceen-Art Empetrum rubrum das bestandsbildende Florenelement. Oftmals assoziiert können neben E. rubrum Spezies wie Arjona patagonica, Armeria maritima, Festuca gracillima, Oxalis enneaphylla und Poa alopecurus vorkommen (MOORE 1983). Durch die Expansion von Weideland seit dem 19. Jahrhundert sowie aufgrund einer Kahlschlagsbewirtschaftung des Nothofagus pumilio-Waldes ist die potentiell natürliche Grenzzone zwischen Steppe und Südbuchenwälder deutlich nach Westen verschoben worden (MARKGRAF 1993b). Nach MOORE (1983) findet durch die Weidewirtschaft eine Ausbreitung von Empetrum-Heiden statt.

1.6.3 Moore und ihre torfbildenden Pflanzenarten

Im Verbreitungsgebiet des Magellanischen Regenwaldes findet eine enge Verzahnung mit Juncanae-Niedermooren statt. Schlecht drainierte Standorte mit hoher Staunässe wie etwa Mulden bzw. Senken können nicht von Nothofagus betuloides besiedelt werden und bilden deshalb offene Moorkomplexe aus. Einleitung 33

Diese waldlosen Flächen im Landschaftsmosaik des Magellanischen Regenwaldes haben im Untersuchungsgebiet Ausdehnungen von wenigen Hektar. Die Haupttorfbildner der Juncanae-Moore sind die Gattungen

Marsippospermum, Schoenus and Carex (PISANO 1983). Am Gran Campo Nevado wurden Moormächtigkeiten von bis zu 2 m nachgewiesen (Kap. 3.1.3). Allgemein ist Marsippospermum-Torf sehr kompakt und einheitlich aufgebaut

(AUER 1958). Somit sind die Voraussetzungen für eine gleichmäßige Stratifizierung von Pollenkörnern sehr günstig. Die Übergangszone zwischen diesen Juncanae-Mooren und den Waldrändern formen Ericaceen wie Empetrum rubrum und Pernettya mucronata.

Auf Felskuppen bzw. –höckern mit geringer Bodenbildung etablieren sich Polstermoore (Cushion bogs) aus den beiden Arten Astelia pumila and Donatia fascicularis (PISANO 1977, 1983). Als Torfbildner spielen diese Polstermoore im Untersuchungsgebiet keine Rolle. Im westlichen Fjordland können diese Donatia-Astelia-Polstermoore jedoch Torfmächtigkeiten von bis zu 4 m aufbauen

(AUER 1958). Zusammen mit den oben dargestellten Juncanae-Mooren sind die Donatia-Astelia-Polstermoore die wichtigsten ökologischen Einheiten des superhumiden Magellanischen Moorlandes (PISANO 1977, 1983).

Es lassen sich im südwestlichen Patagonien sowie in Feuerland zwei weitere Moortypen unterscheiden, die allerdings als Umweltarchive im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado nicht von Bedeutung sind: Sphagnum-Hochmoore besitzen ihre größte Ausdehnung im Verbreitungsgebiet des saisonal laubabwerfenden Nothofagus pumilio-Waldes (SCHWAAR 1976,

CASPERS 2002). Die Torfmoose der Gattung Sphagnum sind hier die Haupttorfbildner, wobei die Art klar dominiert

(SCHWAAR 1976). Pflanzensoziologisch unterscheidet SCHWAAR (1976) mindestens zwei Hochmoor-Pflanzengesellschaften: a. Carici magellanici – Shagnetum fimbriati und b. Pernettyo – Spagnetum.

Über die Verbreitung der Sphagnum-Hochmoore in Südchile berichtet CASPERS (2002): „Maßgeblich für die Bildung von Hochmooren ist ein Jahresniederschlag von mindestens 500 mm. Im Wesentlichen greift die Verbreitung der Sphagnum- Hochmoore nicht über das Areal der sommergrünen Laubwälder hinaus, nur auf Einleitung 34

Feuerland finden sich Sphagnum-Hochmoore auch im Randbereich der Steppe.“

In diesen Hochmooren werden Torfmächtigkeiten von bis zu 7 m erreicht (AUER 1958). Im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado konnten zwar vereinzelte Stellen mit Torfmoosen entdeckt werden, jedoch hatte die Gattung keine wesentliche Funktion im Aufbau von Mooren. Die Ursache für die westliche Verbreitungsgrenze der “klassischen” Sphagnum-Hochmoore ist unklar. In etwa verläuft der westliche Verbreitungsrand der größten Sphagnum- Hochmoorausdehnung entlang der 1.000 mm Isohyeten. Es kann deshalb spekuliert werden, ob Sphagnum-Arten mit steigendem Niederschlags- aufkommen zu konkurrenzschwach gegenüber anderen Moorarten werden. Die für Sphagnum-Moore typische Chemie mit niedrigen pH-Werten und zahlreichen organischen Säuren bzw. Chelatbildnern kann sich langfristig nicht etablieren, da eine dauernde Verdünnung des Moormilieus durch die großen Regenmengen stattfindet. Die chemische Konkurrenzabwehr von Sphagnum “ertrinkt” quasi im superhumiden Westen.

Abb. 9: Ausschnitt (Ø ca. 50 cm) eines montanen Polstermoors in der Sierra Martial bei Ushuaia, Feuerland. Hellgrün stellt sich Bolax gummifera dar; die dunkelgrünen Bereiche bestehen aus Saxifraga spp. Einleitung 35

Einen weiteren Moortyp stellen die submontanen bzw. montanen Polstermoore der Gattungen Bolax und Azorella dar (Abb. 9). Diese Moorgemeinschaften sind meist entlang sowie über der Baumgrenze in Höhenlagen zwischen 300-700 m anzutreffen (PISANO 1983). Die Grundstruktur dieser Moorpolster wird zumeist von Bolax gummifera aus der Familie der Umbelliferae gebildet.

1.7 Einfluß des Menschen

Einige der ältesten Hinweise auf eine menschliche Besiedlung Südamerikas stammen aus Nordpatagonien. In Mt. Verde wurde ein Mastodon-Schlachtplatz mit zahlreichen archäologischen Artefakten gefunden, deren Datierungen sich in einem Bereich um 12.500 a – 13.000 a B.P. bewegen (GORE 1997, MÜLLER-

BECK 1998). Gesicherte Funde, die auf das früheste Einwandern von Menschen ins südliche Patagonien und nach Feuerland schließen lassen, sind nicht älter als 11.000 Jahre (BORRERO & MC EWAN 1997). Dabei hat vor allem das Guanako (Lama guanicoe) aus der Familie der Camelidae eine zentrale Rolle als Nahrungsquelle für die ältesten Jäger- und Sammlerkulturen gespielt.

Die dem Gran Campo Nevado nächstgelegensten, archäologischen Fundstellen befinden auf der Isla Riesco sowie auf der gegenüberliegenden Festlandseite entlang des Kanals Fitzroy zwischen Seno Skyring und Otway (HYSLOP 1988,

BORRERO & MC EWAN 1997). Nach eigener Beobachtung existiert wenige Meter östlich der Fährstation am Nordufer des Fitzroy-Kanals ein Aufschluss mit einer Akkumulation von Muscheln und Knochenresten, die mit großer Wahrscheinlichkeit anthropogenen Ursprungs ist.

Der Archäologe JUNIUS BIRD vom American Museum of Natural History hat im Jahre 1934 den Kanal Garjado durchquert und ist somit in unmittelbarer Nähe zum Untersuchungsgebiet vorbeigefahren (HYSLOP 1988). Auf seiner Reise von Puerto Montt entlang der Westküste mit ihren zahlreichen Inseln bis in den Seno

Skyring ist BIRD 49 Menschen begegnet, die damals noch als Fischer, Jäger und Sammler lebten (Eden Harbor: 17, Saumárez Island: 12, Muñoz Gamero

Bay/Long Island: 20) (HYSLOP 1988). Diese indigenen Bewohner der westlichen Fjord- und Inselregion werden ethnographisch der Gruppe der Kawéskar bzw. Einleitung 36

Alakaluf zugeordnet (BORRERO 1997). Sie teilen das Schicksal aller Ureinwohner Südpatagoniens und Feuerlands — die Menschen und ihre Kultur sind im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts ausgestorben.

BIRDS Beobachtungen (HYSLOP 1988) gehören zu den wenigen und letzten Zeugnissen der Alakaluf-Gruppe, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Küstenregion der Península Muñoz Gamero in ihren einfachen Kanus aufgesucht hat. Von ethnobotanischem Interesse ist BIRDS Aufzeichnung

(HYSLOP 1988) von Saumárez Island, dass Kinder und Erwachsene die Samenkapseln von Fuchsien (Fuchsia magellanica) verzehren. Eine große

Bedeutung schreibt BIRD dem “Tepu”-Baum (Tepualia stipularis) zu, der selbst bei extremen Regenbedingungen noch zum Entfachen von Feuer geeignet ist. Die Nothofagus-Arten wurden zu Kanus verarbeitet — eine zentrale Voraussetzung für das Jagen und Fischen in den Fjorden. Allgemein haben fuego-patagonische Küstenkulturen des Holozäns in vielfältiger Weise

Meerestiere als Nahrungsquelle genutzt. BIRD berichtet von Muscheln (u.a. Mytilus chilensis), Seehunden, Ottern, Tümmlern und gelegentlich Walen

(HYSLOP 1988). Eine produzierende Wirtschaftsweise etablierte sich erst mit der Einwanderung europäischstämmiger Siedler in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Militärposten Fuerte Bulnes wurde 1843 im Südosten der Peninsula Brunswick eingerichtet und 1848 wurde Punta Arenas gegründet (MARTINIC 1997). Der Beginn der Schafzucht setzt in den Jahren 1877-78 im nordöstlichen Teil der

Magellanstraße ein (MARTINIC 1997). Dieser anthropogene Einfluß lässt sich auch pollenstratigrafisch nachweisen. In Kernen des östlichen und südöstlichen Feuerlands (La Mision, Haberton, Paso Garibaldi) nehmen in den jüngsten Proben die Baumpollenkörner deutlich ab (MARKGRAF 1993b). Gleichzeitig findet ein Anstieg der Steppenindikatoren sowie eine Zunahme von Holzkohlepartikeln statt. MARKGRAF (1993a, 1993b) führt die neuzeitliche Ausbreitung der Steppe nicht auf eine Niederschlagsabnahme, sondern auf die Bewirtschaftung durch Estancias zurück. Im Gegensatz zu den Verbreitungsgebieten des sommergrünen Nothofagus pumilio-Waldes erfolgten im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado keinerlei Ansätze, Forst- oder Landwirtschaft zu betreiben. Auch der Einfluß von Einleitung 37 indigenen Kulturen auf die Ökologie des Magellanischen Regenwaldes ist sicherlich äußerst gering. Nachdem BIRD die westliche Küstenregion 1934 prospektiert hat, vertritt er die Ansicht (HYSLOP 1988): “From Trinidad Gulf to the islands of Tierra del Fuego there was very little refuse and none of the middens seen were large. This may possibly be attributed to the large extent of territory, in which a small population could exist for a long time without leaving much evidence of occupation on any one spot.” Demnach ist nicht davon auszugehen, dass die fischende, jagende bzw. sammelnde Lebensweise dieser paläolithischen bzw. epipaläolithischen Gruppen signifikante Wirkungen auf Sukzessionsvorgänge der Vegetation am Gran Campo Nevado hinterlassen haben. Dagegen wird für die spätglaziale Besiedlung Feuerlands ein anthropogener Einfluß diskutiert, der sich als gezieltes Legen von Feuern durch Paläoindianer manifestiert haben könnte (MARKGRAF 1993a, MARKGRAF et al. 1996). Rezent ist am Gran Campo Nevado der Mensch in Form von vereinzelten “Wilderern” präsent. So wird die Population des Andenhirsches Huemul (Hippocamelus bisulcus) in unbekanntem Ausmaß bejagt.

Der Geowissenschaftler ROLF KILIAN von der Universität Trier hat in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts damit begonnen, die Region des Gran Campo Nevado zu prospektieren. Im Rahmen von paläoökosystemaren und umweltgeochemischen Fragestellungen ist damit begonnen worden,

Bohrungen in See- und Moorarchiven durchzuführen. KILIAN errichtete zwei einfache Hütten im Untersuchungsgebiet, die aber nur während Forschungskampagnen genutzt werden. Ansonsten kann die Region am Westufer des Canal Garjado als vollkommen unbewohnt gelten.

1.8 Botanische, palynologische Forschungsgeschichte

Mit wissenschaftlicher Motivation wurden die ersten Pflanzen im südlichen Patagonien bereits im 17. Jahrhundert (Februar-Mai, Dezember 1690) durch den britischen Schiffsarzt G. HANDISYD auf der Isla Isabel gesammelt (MOORE 1983). Aber erst Ende des 18. Jahrhunderts begann die detaillierte Beschreibung von

Arten der südlichsten Nothofagus-Wälder. Der englische Botaniker SIR JOSEPH Einleitung 38

BANKS (1743-1820) und der schwedische Linné-Schüler DANIEL CARL SOLANDER (1736-1782) konnten vom 14. bis 20. Januar 1769 zahlreiche Pflanzenarten entlang der “Bay of Good Success” (Bahia Buen Suceso) an der südöstlichen

Küste Feuerlands sammeln (JAHN 2000, MUSGRAVE et al. 1999, MOORE 1983).

Die beiden Naturforscher begleiteten JAMES COOK (1728-1779) auf seiner ersten Weltumsegelung (1768-1771) an Bord der “Endeavour”. Unter diesem gesammelten Pflanzenmaterial befanden sich u.a. Carpha alpina (als C. schoenoides), Pernettya mucronata (als Arbutus rigida) und Stellaria parviflora

(MUSGRAVE et al. 1999, MOORE 1983).

Mit der zweiten COOK-Expedition (1772-1775) gelangten auf dem Schiff

“Resolution” die deutschen Naturforscher JOHANN REINHOLD FORSTER (1729-

1798) und sein Sohn JOHANN GEORG FORSTER (1754-1794) nach Feuerland

(HOMANN 1995). Sie entdeckten vom 20. Dezember 1774 bis zum 3. Januar 1775 zahlreiche Arten, die charakteristisch für die Lebensräume des Magellanischen Regenwaldes sind. So wurden u.a. Astelia pumila (als Melanthium pumilum), Donatia fascicularis, Drimys winteri und Nothofagus antarctica durch die FORSTERS erstmalig wissenschaftlich bearbeitet (MOORE 1983). Für N. antarctica ist erwähnenswert, dass diese Südbuchenart noch

1789 von den FORSTERS als Fagus antarctica den eigentlichen Buchen zugeordnet wurde.

Auch CHARLES DARWIN (1809-1882) hatte Gelegenheit, an Bord der “H.M.S.

Beagle”, Patagonien und Feuerland (1832-1834) zu studieren (GIERTZ 1986,

DESMOND & MOORE 1994). In seinem 1839 erschienen Bericht “Journal of the Researches into the Geology and Natural History of the Various Countries visited by H.M.S. “ (DESMOND & MOORE 1994) hat DARWIN die ersten

Schilderungen von Nothofagus-Wäldern mit ihren Mooren hinterlassen (GIERTZ

1986). In Bezug auf die Südküste Feuerlands schreibt DARWIN (GIERTZ 1986): “Die bergigen Strecken sind mit Ausnahme der exponierten westlichen Küste vom Wasserrand aufwärts mit einem großen Walde bedeckt. Die Bäume gehen bis zu einer Bodenerhebung zwischen 1000 und 1500 Fuß hinauf, ihnen folgt dann ein Streifen von Torfland mit kleinen Alpenpflanzen; und diesen wieder folgt die Linie des ewigen Schnees. Es ist äußerst selten, einen Acker ebenen Landes in irgendeinem Teil des Feuerlandes zu finden. Ich erinnere mich nur einer kleinen flachen Stelle in der Nähe von Port Famine und einer anderen von Einleitung 39 etwas größerer Ausdehnung in der Nähe von Goeree Road. An beiden Orten, wie überall sonst, ist die Oberfläche von einer dicken Schicht morastigen Torfes bedeckt. Selbst innerhalb des Waldes wird der Boden durch eine Masse langsam faulender vegetablischer Substanz verborgen, welche, weil sie vom Wasser durchfeuchtet ist, dem Fuße nachgibt.”

CHARLES DARWIN hat bereits den von Westen nach Osten abnehmenden Niederschlagsgradienten und seine Wirkung auf die Vegetation beschrieben

(GIERTZ 1986): „Es ist wahrhaft überraschend, auf einem Raum von zwanzig Meilen einen derartigen Wechsel in der Landschaft zu finden. Wenn wir eine größere Entfernung nehmen, z.B. zwischen Port Famine und Gregory-Bucht, das sind ungefähr sechzig Meilen, so ist der Unterschied noch wunderbarer. Am ersten Ort haben wir abgerundete Bergrücken, mit undurchdringlichen Wäldern bedeckt, welche durch die endlose Aufeinanderfolge von Stürmen vom Regen durchschwemmt werden; während beim Kap Gregory ein klarer und heller blauer Himmel über den trockenen und unfruchtbaren Ebenen ausgespannt ist.“ Die erste Pollenanalyse im südlichsten Südamerika wurde von dem Schweden

LENNART VON POST (1884-1951) durchgeführt (MARKGRAF 1993b). Die untersuchten Proben stammten dabei aus einem Moor östlich des Lago Fagnano im südlichen Feuerland. Große Bedeutung für die vegetationsgeschichtliche Untersuchung von Patagonien und Feuerland haben die Arbeiten des Finnen

VAINÖ AUER. Für 110 Pollendiagramme hat er auf 13 Expeditionen Torf und

Seesedimente erbohrt (MARKGRAF 1993b). Obwohl AUER für den Großteil seiner Untersuchungen noch nicht auf Radiokarbon-Datierungen zurückgreifen konnte, gehören gerade seine frühen Arbeiten aus dem superhumiden Westen (AUER 1958) noch immer zu wichtigen Quellen der Vegetationsgeschichte des südlichen Südamerika. Ein Großteil der 14C-datierten Pollendiagramme aus dem südlichsten

Südamerika wurden in den letzten zwei Jahrzehnten von HEUSSER (1993a,

1993b, 1995a, 1995b, 1998, HEUSSER et al. 2000) und MARKGRAF (1985, 1993a, 1993b) vorgelegt. Material und Methodik 40

2. Material und Methodik

2.1 Auswahl geeigneter Archive

2.1.1 GC-2-Archiv

Das GC-2-Moor (Abb. 10, 12) liegt in einer Senke im nordöstlichen Einzugsgebiet des 1.120 m hohen Cerro de los Trece Condores. Es ist von mehreren Rundhöckern umgeben. Der Moorkomplex liegt 70 m ü. N.N.; am 9. August ergaben die Messung der GPS-Koordinaten (WGS 84) folgende Position: 52°48´37.2´´S, 72°55´45.7´´W. Das GC-2-Moor umfasst eine Gesamtfläche von 2 etwa 10.000 m (HERTEL 2001). Im Moor befindet sich eine flache Wasserlache, die von einem kleinen Bach gespeist wird, der am Cerro de los Trece Condores entspringt.

HERTEL (2001) liefert folgende Beschreibung des Einzugsgebietes: „Das Moor befindet sich an dem Hang des Berges Cerro de los Trece Condores. Allerdings gehört nicht der ganze Berghang, der in Richtung des Moores orientiert ist, zum Einzugsgebiet. Gründe hierfür sind zum einen, dass zwei weitere kleine Gipfel zwischen dem Gipfel und dem Moor liegen und zum anderen, dass sich viele Rundhöcker am Hang befinden, die von kleineren Moorflächen umgeben sind. Daher wird die Verbindung zwischen dem Hang und dem Moor weitgehend abgeschnitten. Der Bach, der vom Cerro de los Trece Condores herunterkommt, fließt weitgehend am Moor vorbei und nur ein kleiner Arm läuft durch das Moor. Das Einzugsgebiet besteht vorwiegend aus Gesteinen (Phyllit, Tonschiefer und Meta-Granodiorit) und Moorflächen. Ein Teil des Einzugsgebietes ist auch bewaldet.“

Beim GC-2-Archiv handelt es sich um ein Niedermoor, das sich auf Niveau des

Grundwasserspiegels befindet. Nach HERTEL (2001) beträgt der pH-Wert in den obersten 8 cm des GC-2-Archives 4,6 – 4,7. In den tieferen Bereichen variiert der pH-Wert zwischen 5 und 6. Mit einem Mittelwert von 86,7 % liegt der

Wassergehalt im Torf zwischen 78,4 – 93,5 % (HERTEL 2001). Material und Methodik 41

Am 8. und 9. August 2000 wurde das GC-2-Moor entlang der Nord-Süd- und West-Ost-Achse sondiert, um die tiefste Stelle zum Bohren zu ermitteln (Abb. 13).

Abb. 10: Das Untersuchungsgebiet Gran Campo Nevado (52°48´S, 72°55´W) am Canal Garjado mit den Umweltarchiven CH (Lago Chandler), GC-2 und GC-1a (bearbeitete Satellitenbildszene von Landsat-TM).

2.1.2 Beprobung des GC-2-Archivs

Mit einem russischen Kammerbohrer (LANG 1994) wurden an der tiefsten Stelle des GC-2-Moores (Abb. 12, 13) Torf- und Glazialsedimente bis in eine Tiefe von 270 cm erbohrt. Vor Ort fand die Zerlegung und Verpackung des Kernes in 2 cm

Abständen statt (mit Unterstützung von FRIEDMANN & HERTEL). Die Proben gelangten einzeln verpackt in Plastiktütchen zurück nach Deutschland. Nach der Ankunft in Deutschland wurden diese Proben tiefgekühlt bei –20° gelagert. Am 9. August 2000 konnte nur die obere Hälfte des Profils (GC-2-L1, 0-171 cm ) erbohrt werden. Am 10. August 2000 wurde noch der untere Bereich (GC-2-L2, 150-270 cm) entnommen (Abb. 14). Die beiden Teilkerne wurden überlappend Material und Methodik 42 beprobt und im Rahmen der späteren palynologischen Analyse anhand des synchronen Verlaufes der Pollenfrequenzen wieder zusammengefügt.

2.1.3 Weitere Archive

Eine Auswahl von Proben der Kerne GC-1a und Chandler wurden im Jahr 2000 von KILIAN & BIESTER zur Verfügung gestellt. Diese beiden Kerne stammen ebenfalls aus dem Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado (Abb. 10). Der GC-1a-Kern stammt aus dem GC-1-Moor und ist ein reiner Torfkern (pers. comm. BIESTER 2000, HOHNER 2001).

Der Chandler-Kern wurde im Lago Chandler von KILIAN zusammen mit Studenten erbohrt. Er setzt sich hauptsächlich aus Seesedimenten mit wechselnden organischen Anteilen zusammen (pers. comm. KILIAN 2000,

HOHNER 2001). Diese beiden Kerne wurden palynologisch nur stichprobenartig untersucht. Im Vorfeld der eigentlichen Auswertung des GC-2-Archives dienten der GC-1a- und Chandler-Kern dazu, erste Erfahrungen im Bestimmen der Pollenflora des Magellanischen Regenwaldes zu sammeln.

2.2 Aufbereitung der Proben

Jeweils 4 cm3 der holozänen Torfproben wurden nach der Standardmethode von

FAEGRI & IVERSEN (1989) zur Pollenanalyse vorbereitet (Abb. 11). Zur späteren Bestimmung der absoluten Konzentration der Pollenkörner wurden den Torfproben nach der Behandlung mit Kaliumhydroxid eine definierte Menge an

Lycopodium-Sporen (STOCKMARR 1971) in Form von Tabletten, die zuvor in HCL- Lösung aufgelöst wurden, zugeführt. Die exotischen Lycopodium-Sporen dienen beim Zählen als absoluter Referenzwert mit bekannter Konzentration (8.009 Sporen/cm3). Verbliebene Makroreste wie größere Aststücke oder Blattfragmente konnten durch Sieben entfernt werden. Für die nachfolgend beschrittene Acetolyse mussten die Proben von der wässrigen Lösung in Eisessig überführt werden. In der eigentlichen Acetolyse Material und Methodik 43 wurden verbliebene Gewebefragmente des Torfs, die zu einer Trübung beim Mikroskopieren geführt hätten, zerstört. Die Behandlung des Probenmaterials in Flußsäure (38-40%) hat verbliebene mineralische Bestandteile gelöst. Im Ultraschallbad erfolgte über einem Gaze-Netz (20 µm) die Endreinigung der Pollenkörner und Sporen. Jeweils nach allen der oben beschriebenen Schritte erfolgten mehrmalige Waschschritte mit H2O (undestilliert).

z.B. 4 ml Torf

Kochen in NaOH Blattreste

Lycopodium-Sporen

Acetolyse: Gemisch aus verholzte Reste Schwefelsäure + u.a. Essigsäureanhydrid

mineralische Flußsäure Reste

Ultraschall-Waschen Reste < 20 µm

Überführen in Glycerin Auszählen

Abb. 11: Schema der Behandlungsschritte im Rahmen der Pollenaufbereitung der holozänen

Torfproben aus dem GC-2-Archiv (verändert nach FAEGRI & IVERSEN 1989). Material und Methodik 44

Bei der Aufbereitung des spätglazialen Materials wurde auf die ersten der oben beschriebenen Schritte verzichtet. Dies war möglich, da nur wenige organische Reste in diesem glazialen Sediment vorhanden waren. So wurde 8 cm3 des Probenmaterials direkt in Flußsäure (38-40%) für 48 Stunden überführt. Nach gründlichem Waschen mit H2O erfolgte bei der Endreinigung im Ultraschallbad die Lösung von verklumpten Partikeln. Allgemein wurde versucht, die Anzahl der Behandlungsschritte bei den spätglazialen Proben gering zu halten, um den Verlust von Pollen- und Sporenmaterial möglichst zu reduzieren. Es war von relativ geringen Konzentrationen der Pollenkörner und Sporen auszugehen.

2.3 Archivierung und mikroskopische Analyse der Proben

Die Pollen- und Sporenproben wurden in Glycerin überführt und in Reagenzgläsern aus Glas aufbewahrt. Wichtig ist eine dunkle und möglichst kühle Aufbewahrung dieser Proben. Vor dem eigentlichen Zählen wurde ein geringes Volumen den Reagenzgläsern entnommen und auf einen Objektträger aufgebracht. Die Deckgläser hatten eine Größe von 24 x 32 mm. Die Längsseite (32 mm) eines Deckglases entspricht damit gleichzeitig der Länge einer unter dem Mikroskop ausgezählten Bahn. Das Bestimmen und Zählen der Pollenkörner und Sporen erfolgte mit dem Mikroskop Leitz-Ortholux. Dabei wurde mit 100-, 250-, 400- bzw. 1000-facher Vergrößerung gearbeitet. Zur besseren Differenzierung von Pollenstrukturen wurden Phasenkontrastobjektive eingesetzt. Zusätzlich wurden mit diesem Mikroskop sowohl herkömmliche Dias als auch digitale Fotos von den Pollenkörnern angefertigt.

Daneben wurde in Zusammenarbeit mit T. LITT vom Paläontologischen Institut der Universität Bonn ein erster Versuch unternommen, mittels konvokaler Laserscanningmikroskopie (CLSM) die Pollenkörner von Nothofagus antarctica, N. betuloides und N. pumilio auf Artebene zu unterscheiden. Material und Methodik 45

2.4 Sammeln von rezentem Vergleichspollenmaterial

Zur qualitativen Bestimmung der Pollenkörner aus den Moor- und Seearchiven wurde rezentes Pollenmaterial zum direkten Vergleich gesammelt. Im Parc National Tierra del Fuego im Süden Feuerlands (54°48´S, 68°18´W) konnten im Januar 2001 die Blüten der folgenden Arten gesammelt werden: Berberis buxifolia, Chilotrichum diffusum, Embothrium coccineum, Empetrum rubrum, Gunnera magellanica, Pernettya mucronata, Pernettya pumila, Ribes magellanica und Sennecio spp. Im Parc National Tierra del Fuego konnten weiterhin die ökologischen Standorte zahlreicher Arten des Magellanischen Regenwald sowie des sommergrünen Nothofagus pumilio-Wald studiert werden. Die gesammelten Blütenstände wurden wie im Kapitel 2.2 beschrieben aufbereitet. Auf eine Behandlung mit Flußsäure wurde jedoch verzichtet. Ferner wurde rezentes Pollenmaterial von Nothofagus pumilio, N. betuloides, N. antarctica und N. dombeyi von V. MARKGRAF zur Verfügung gestellt.

2.5 Identifikation der Pollen und Sporen

Die rezenten Vergleichspollen aus dem Parc National Tierra del Fuego konnten nur zur Identifikation eines Teils der Pollenflora herangezogen werden. Alle übrigen Typen, die nicht durch diese Sammlung repräsentiert waren, wurden anhand der Bestimmungsschlüssel von HEUSSER (1971) sowie MARKGRAF &

D´ANTONI (1978) analysiert. Grundsätzlich wurden nur die pollenmorphologisch eindeutig ansprechbaren, taxonomischen Ebenen berücksichtigt. In jedem Zweifelsfall wurde auf weitere Differenzierungen verzichtet.

2.6 Zählung der Pollenkörner und Sporen

Als Anhaltspunkt beim Zählen der Pollenkörner und Sporen wurden 500 Nothofagus-Pollenkörner gezählt. In Proben des Spätglazials bzw. unmittelbar über der Tephra des Mt. Burney gelang dies nicht, da die Konzentrationen zu gering waren. In diesen Fällen wurden Summen von 400 terrestrischen Material und Methodik 46

Pollenkörnern angestrebt. So konnten terrestrische Pollensummen zwischen ca. 400 und 900 Pollenkörnern erreicht werden. Die Quantität der Pollenkörner und Sporen der Hygro- und Hydrophyten lag oftmals um ein Vielfaches darüber. Die relativen Frequenzen der einzelnen Pollen- und Sporentypen wurden auf die Summe der terrestrischen Pollenkörner (AP + NAP) bezogen. Die hierbei berechneten Daten sind als Balkendiagramme in chronologischer Reihenfolge in der Vertikalachse dargestellt (Anhang 1, 2, 3). Die horizontale Anordnung erfolgte nach biologischen bzw. ökologischen Kriterien: Bäume (AP), Sträucher und Kräuter (NAP), Hygro- und Hydrophyten (Hyd-gro). Die relative Anzahl der Holzkohlepartikel sowie die Pollenkonzentration pro cm3 wurden in separaten Spalten dargestellt. Daneben wird das allgemeine Verhältnis der Baumpollen (AP) zu den Nichtbaumpollen (NAP) und Hygro- und Hydrophyten (Hyd-gro) nochmals zusammenfassend aufgezeigt. Pollentypen (Varia), die sehr selten vorkamen (z.B. nur ein Pollenkorn), werden nicht im Gesamtdiagramm präsentiert. Die bei der Aufbereitung (Kap. 2.2) zugegebenen Lycopodium-Sporen (8.009 Sporen/cm3) wurden parallel mitgezählt, um nachfolgend die absolute Pollenkonzentration bestimmen zu können. Die Anzahl der Lycopodium-Sporen hat aber keinen Einfluß auf die prozentualen Frequenzen der einzelnen Pollen- und Sporentypen. Hierfür gilt als relativer Bezugswert einzig die Summe der terrestrischen Pollen (AP + NAP).

2.7 Weitere Mikroreste

Fusarium-Konidien (Mycota), Gehäuse von Testaceen (GROSPIETSCH 1990) und weitere Überreste limnischer Mikroorganismen wurden beim Zählen der Pollenkörner und Sporen mitberücksichtigt (Abb. 48, 52). Diese Mikroreste können Hinweise auf paläolimnische Umweltbedingungen liefern.

Daneben wurden Holzkohlepartikel ab einer Größe von 30 µm aufgenommen. Holzkohlepartikel stellen potentielle Indizien für Brandereignisse dar. Material und Methodik 47

2.8 Datierung der Proben

Zur chronologischen Einordnung der Untersuchungsergebnisse wurden ausgewählte Proben des GC-2-Profils für AMS-14C-Datierungen (Accelerator Mass Spectrometry) an das Leibniz Labor für Altersbestimmung und Isotopenforschung der Universität Kiel bzw. an das Physikalische Institut der Universität Erlangen-Nürnberg geschickt.

Die Auswahl der sieben AMS-datierten Proben des GC-2-Archives erfolgte aufgrund folgender Überlegungen: Die Probe GC-2, 268 – 270 cm, ist die tiefste erbohrte Probe. Mit ihr sollte das Alter des GC-2-Archives ermittelt werden. Die Probe GC-2, 194 - 196 cm, bildet den Abschluss der glazilimnischen Sedimentation und wies das spätglaziale Pollenmaximum von Gunnera magellanica auf. Die Probe GC-2, 190 – 192 cm, markiert den Beginn des holozänen Nothofagus- Pollenanstieges. Die Probe GC-2, 164 – 166 cm, steht für den Beginn des holozänen Pollenmaximums von Drimys winteri. Die Probe GC-2, 132 – 134 cm, bildet das Ende dieses Drimys-Maximums. Die Probe GC-2, 40 – 42 cm, ist die erste Torfprobe stratigraphisch über der Tephralage der Mt. Burney-Eruption (4.254 a cal. B.P.). Die Probe GC-2, 30 – 32 cm, bildet den Abschluss der Primärsukzession von Gunnera magellanica chronologisch nach der Mt. Burney-Störung (4.254 a cal. B.P.).

Die AMS-14C-Analysen wurden von drei Proben durch das Leibniz Labor für Altersbestimmung und Isotopenforschung der Universität Kiel durchgeführt: GC- 2, 30-32 cm, 194-196 cm, 268-270 cm. Von weiteren vier Proben wurden AMS-14C-Analysen am Physikalischen Institut der Universität Erlangen-Nürnberg vorgenommen: GC-2, 40-42 cm, 132-134 cm, 164-166 cm, 190-192 cm. Material und Methodik 48

Die Angaben der AMS-Labore (pers. comm. GROOTES 2000, pers. comm.

MORGENROTH 2002) zur Aufbereitung und Datierung des Probenmaterials sollen in der folgenden Kurzusammenfassung dargestellt werden: Nach Reinigung des Probenmaterials von anorganischen Bestandteilen erfolgte eine Verbrennung zu Kohlendioxid, welches anschließend mit H2 an einem Eisenkatalysator zu Graphit reduziert wurde. Dieser so gewonnene elementare Kohlenstoff wurde zu einem Target für die eigentliche 14C-Messung weiterverarbeitet. In einer Cs-Sputterquelle wurden durch Beschuss mit Cäsium-Ionen negative Ionen des Probenmaterials erzeugt. Hiernach wurden die einfach negativ geladenen Ionen in einem Tandembeschleuniger durch eine positive Spannung beschleunigt und in der Tandemmitte durch teilweises Abstreifen der Hüllenelektronen umgeladen, so dass positiv geladene Kohlenstoffionen entstanden. Diese Ionen wurden von der Tandemmitte durch die positive Spannung wegbeschleunigt und nachfolgend in einem Analysiermagneten nach ihren Massen (12, 13, 14) aufgetrennt. Der Nachweis des 14C-Isotops erfolgte in einem Gasionisationsdetektor (dE-E Gaszähler). Der Ladungsstrom der Ionen der 13C- und 12C-Isotope wurde in Faradaycups gemessen. Die Menge der im Gasionisationsdetektor registrierten 14C-Ionen bildet im Verhältnis zu den Ionenströmen der Isotope 13C und 12C in den Faradaycups die Grundlage für die Datenaufnahme. Die Kalibrierung auf das Kalenderjahr der gewonnenen Radiokarbonjahre wurde mit dem Datensatz IntCal98 (STUIVER 1998) durchgeführt. Ergebnisse 49

3. Ergebnisse

3.1 Archiv GC-2

3.1.1 Rezente Vegetation des GC-2-Moores

Bei der Probennahme im Südwinter 2000 bestand die dominierende Vegetation des GC-2-Moores aus Juncanae (=Junciflorae) der Gattungen Marsippospermum und Schoenus. Häufig war ebenfalls die Liliacea Astelia pumila anzutreffen. In Bereichen geringer Torfmächtigkeit fanden sich Pilgerodendron uviferum, Nothofagus antarctica sowie N. betuloides. An den Rändern des GC-2-Archives mit einer günstigeren Drainagesituation erfolgte der Übergang zum Waldsaum durch Drimys winteri und Nothofagus betuloides.

Abb. 12: Das GC-2-Archiv ist ein Marsippospermum-Niedermoor auf 70 m N.N. . Das Kreuz am linken Bildrand markiert den Bohrpunkt für den GC-2-Kern. Im Vordergrund liegt eine Vegetationsinsel mit Nothofagus betuloides und N. antarctica. Die Aufnahme wurde im Südwinter (August 2000) gemacht. Ergebnisse 50

Moornah auf baumfreien Flächen mit besserer Drainage aber nahezu ohne Bodenbildung waren Polster aus Donatia fascicularis zusammen mit Astelia pumila verbreitet. Allgemein ist das GC-2-Moor als Marsippospermum grandiflorum-Astelia pumila- Niedermoor anzusprechen.

3.1.2 Sondierungsergebnisse

Die Sondierungsergebnisse im GC-2-Moor ergaben im Längsprofil von Nord nach Süd (S 52°48´37.2´´ -> S 52°48´39.4´´; W 72°55´44.9´´ -> 72°55´46.1´´) folgende Tiefen (Tab. 1):

0 m 5 m 15 m 25 m 35 m 45 m 55 m 65 m 70 m 55 cm 140 cm 192 cm 185 cm 122 cm 150,5 cm 156 cm 114 cm 0 cm

Tab. 1: Sondierungsergebnisse des GC-2-Längsprofils (Nord nach Süd).

Das Querprofil (Abb. 13) von West nach Ost (S 52°48´37.2´´ -> S 52°48´38.3´´; W 72°55´45.9´´ -> W 72°55´43.9´´) lieferte die Tiefen (Tab. 2):

0 m 10 m 20 m 30 m 40 m 50 m 169 cm 269 cm 183 cm 196 cm 170 cm 59 cm

Tab. 2: Sondierungsergebnisse des GC-2-Profils (West nach Ost) mit tiefster Stelle (269 cm).

Bei der Sondierung des Querprofils wurde die tiefste Stelle im GC-2-Archiv gefunden, die deshalb als Bohrpunkt für den GC-2-Kern ausgewählt wurde. Ergebnisse 51

West nach Ost 0 1020304050 0

50

100

150 Tiefe (cm)

200

250 GC-2-Bohrstelle: 52°48´37,2´´S, 72°55´45,7´´, 70 m N.N.

300

Abb. 13: Das Querprofil des GC-2-Archives von Westen nach Osten sondiert. Der schwarze Vertikalbalken markiert die Position der Bohrstelle für den GC-2-Kern.

3.1.3 Darstellung des GC-2-Kernes

Bei der Bergung des GC-2-Kernes am 9. und 10. August 2000 wurde vor Ort folgender visueller Befund aufgenommen:

GC-2, L-1 am 9. August 2000: 0 – 4,5 cm: Leicht zersetzter Torf von dunkelbrauner – schwarzbrauner Farbe 4,5 – 10 cm: Wenig zersetzter, faserreicher Torf mit Wurzelresten; mittelbraune Färbung. 10 – 15 cm: Etwas stärker zersetzter Torf mit Fasern und Wurzelresten; mittelbraune – dunkelbraune Farbe. 15 – 15,5 cm: Körnige Lage. 15,5 – 42 cm: Mäßig zersetzter Torf mit Makroresten wie Fasern und Wurzelresten; dunkelbraune Farbe. 42 – 50 cm: Körnige, ockerfarbene Tephralage. Ergebnisse 52

50 – 87 cm: Stark zersetzter Torf mit wenigen Makroresten; mittel – dunkelbraune Farbe. 87 – 131,5 cm: Stark zersetzter Torf mit Makroresten; dunkelbraune Farbe. 131,5–132,5 cm: Braungraue feinkörnige Lage. 132,5 – 171 cm: Stark zersetzter dunkelbrauner Torf mit Makroresten

GC-2, L-2 am 10. August 2000 150 – 194 cm: Stark zersetzter Torf mit wenigen Makroresten; dunkel– bis schwarzbraune Farbe. 194 – 206 cm: Graues, toniges Sediment; fein- bis grobkörnige Zusammensetzung. 206 – 210 cm: Grobkörnige, schwarzgraue Lage (Abb. 15). 210 – 223 cm: Mittelkörniges, graues Sediment. 223 – 270 cm: Hellgraues, feinkörniges, leicht toniges Sediment.

Der untere Abschnitt des GC-2-Archives (194 – 270 cm) besteht aus einem gräulichen, körnigen Sediment (Abb. 14). Anhand von Mikroresten (Kap. 3.1.6) konnte nachgewiesen werden, dass dieser spätglaziale Bereich glazilimnischen Ursprunges ist. In der Tiefe von 206 – 210 cm zeigte sich ein deutliches Band aus grobkörnigen Sedimenten von schwarzgrauer Farbe (Abb. 14, 15). Die anfängliche Interpretation, dass es sich um eine Tephradeposition handeln könnte, wurde durch die spätere Analysen (KILIAN pers. comm. 2002) nicht bestätigt. Möglicherweise handelt es sich bei diesem grobkörnigen, dunklen Band um ein Erosionsereignis. Es liegen jedoch zur Beantwortung dieser Frage keine weiteren sedimentologischen Erkenntnisse vor. Das frühe Holozän ist im GC-2-Kern (Abb. 14) durch das Ende der glazilimnischen Sedimentation und dem Beginn der Torfakkumulation um 11.224 a cal. B.P. gekennzeichnet (GC-2, 194 – 196 cm). Die oberen Bereiche des GC-2-Archivs (Abb. 14) werden von bräunlichen, stark bis leicht zersetzten Niedermoortorfen gebildet (194 cm- Oberfläche). Als Haupttorfbildner kommen vor allem Juncanae der Gattungen Marsippospermum und Schoenus in Betracht (es wurden jedoch keine detaillierten Makrorestuntersuchungen durchgeführt). Ergebnisse 53

Abb. 14: Schematisiertes Profil des erbohrten GC-2-Kernes mit Datierungsergebnissen und Sedimentformen. Die Teilkerne GC-2-L1 und-L2 überlappen zwischen 150 – 171 cm. Im holozänen Bereich aus Marsippospermumtorf (0 – 194 cm) finden sich neben der Mt. Burney- Tephralage (42 – 50 cm) zwei weitere körnige Lagen (15 – 15,5 cm, 131,5 – 132,5 cm). Zwischen 194 – 270 cm liegen glazilimnische Sedimente vor. Die Herkunft einer grobkörnigen, dunklen Lage (206 – 210 cm) ist unbekannt. Ergebnisse 54

In einer Tiefe von 42 – 50 cm befindet sich eine deutlich erkennbare Tephralage, die von HOHNER (2001) der 3.770 a B.P. bzw. 4.254 a cal. B.P. (MCCULLOCH &

DAVIES 2001) Mt. Burney-Eruption zugeschrieben wird. In 131,5 – 132,5 cm Tiefe wurde eine braungraue, feinkörnige Lage wahrgenommen, die ebenfalls vulkanischen Ursprungs sein könnte. Da diese Schicht stratigraphisch mit der datierten Probe GC-2, 132 – 134 cm, überlappt, kann von einem Alter um 7.288 14C a B.P. (8.130 a cal. B.P.) ausgegangen werden. Eine Zuordnung zu einem spezifischen Vulkanereignis ist unklar. Es könnte sich dabei um die von HOHNER (2001) beschriebenen Depositionen des Mt. Burney (7.920 a B.P.) oder des Hudson-Vulkans (6.700 a B.P.) handeln. Eine weitere körnige Lage wurde in 15 – 15,5 cm Tiefe beobachtet. Über ihren Ursprung können keine sicheren Aussagen gemacht werden, da keine Radiokarbondatierungen aus diesem Bereich vorliegen. Jedoch könnte es sich bei dieser dünnen Lage um die 2 ka B.P. Mt.Burney-Tephra (HOHNER 2001) handeln.

Abb. 15: Ausschnitt (200 – 250 cm) aus dem spätglazialen Abschnitt des GC-2-Kernes mit grauen, glazilimnischen Sedimenten. In der linken, jüngeren Hälfte ist die dunkle, grobkörnige Lage (206 – 210 cm) zu erkennen.

3.1.4 Datierungsergebnisse

Die tiefste Probe GC-2, 268 – 270 cm, des GC-2-Archives besitzt ein Alter von 14.122 a cal. B.P. (Tab. 3). Dieses markiert somit den Beginn der Sedimentation im Spätglazial. Ergebnisse 55

Kern Tiefe (cm) Radiokarbon- Alter, max. a cal. min. a cal. Referenz jahre a cal. B.P. 2 Sigma B.P. 2 Sigma B.P. GC2 30-32 2.618+/-32 2.800 2.828 2.786 Kiel GC2 40-42 3.382+/-44 3.674 3.855 3.524 Erlangen GC2 132-134 7.288+/-67 8.130 8.332 7.997 Erlangen GC2 164-166 9.024+/-80 10.247 10.450 9.944 Erlangen GC2 190-192 9.659+/-83 10.938 11.250 10.753 Erlangen GC2 194-196 9.740+/-42 11.224 11.276 11.166 Kiel GC2 268-270 12.017+/-203 14.122 15.431 13.528 Kiel

Tab. 3: Ergebnisse der AMS-14C-Datierungen der ausgewählten GC-2-Proben. Angegeben sind Radiokarbonjahre, kalibriertes Alters sowie die Maxima und Minima der 2 Sigma-Werte.

Die Relation der Radiokarbonjahre der datierten GC-2-Proben zu ihrer Tiefe (Abb. 16) weist einen nahezu linearen Verlauf auf, was für ein gleichmäßiges Wachstum des GC-2-Archives spricht. Einzig die Tephralage des Mt. Burney- Leithorizontes ist als Störung zu erkennen.

GC-2 Datierungsstratigraphie

14000

12000 12017

10000 9740 9659 9024 8000 7288

6000 Radiokarbonjahre a a 4000 3860 3860 3382 2618 2000

0 0 50 100 150 200 250 300 Tiefe (cm)

Abb. 16: Relation der Radiokarbonjahre der datierten GC-2-Proben zu ihrer Tiefe im GC-2-Archiv (a = 14C a der Mt. Burney-Tephra (43 – 50 cm) nach McCullouch & Davies (2001)) Ergebnisse 56

GC-2-Tiefenbereich Sedimentationsrate (a cal./cm) Sedimentationsrate (14C a/cm) 0-32 cm 87,5 81,8 32-42 cm 87,4 76,4 50-134 cm 46,1 40,8 134-166 cm 66,2 54,3 166-192 cm 26,6 24,4 192-196 cm 71,5 20,3 196-270 cm 39,2 30,8 Mittelwert 60,6 46,9 Standardabweichung 23,9 24,7

Tab. 4: Tiefenbereiche des GC-2-Profils mit ihren gemittelten Sedimentationsraten für kalibrierte Alter und Radiokarbonjahre sowie der GC-2-Gesamtmittelwert mit seiner Standardabweichung.

Das GC-2-Profil belegt eine mittlere Sedimentationsrate von 60,6 a/cm (Tab. 4). Da jede Probe 2 cm umfasst, würde dies ein gemitteltes Probenalter von 121,2 a ergeben. Das schnellste Wachstum des GC-2-Archives erfolgte mit 26,6 a/cm im frühen Holozän zwischen 10.247 – 10.938 a cal. B.P.; das langsamste Wachstum vollzog sich im jüngsten Abschnitt (0 – 2.800 a cal. B.P.) des GC-2- Profils mit 87,5 a/cm.

3.1.5 Pollen- und Sporentypen sowie ihre Produzenten

Es konnten 24 sicher unterscheidbare Typen von Pollenkörnern bestimmt werden. Daneben wurden allgemein die Sporen der Pteridophyta gezählt, ohne eine weitere Klassifizierung vorzunehmen. Nachfolgend angegeben sind die relativen Maxima des jeweiligen Pollentyps im Spektrum der gezählten Proben des GC-2-Kernes. Hierbei bilden die terrestrischen Pollen (AP+NAP) die Bezugssumme.

A. Bäume und Sträucher (AP)

Nothofagus spp. = N. betuloides und N. antarctica Die Arten der Gattung Nothofagus gehören zur Familie der Fagaceae. Eine pollenmorphologische Differenzierung der Nothofagus-Arten, N. betuloides, N. pumilio bzw. N. antarctica ist bisher nicht möglich. So ist es nur möglich, die Nothofagus-Pollenkörner im Untersuchungsgebiet dem Nothofagus dombeyi-Typ Ergebnisse 57 zuzuordnen. HEUSSER (1989) bestätigt die Schwierigkeit, verschiedene Nothofagus-Arten pollenanalytisch zu unterscheiden: “(...) distinction of species populations in the taxon is not warranted on the basis of pollen morphology (...). Identifikation is limited to Nothofagus dombeyi and Nothofagus obliqua types. The validity of using exine features (…) to distinguish the pollen species

(MARKGRAF & D´ANTONI 1978) is statistically unproven”. Auch VILLAGRÁN hält eine Differenzierung der Nothofagus-Pollen über das systematische Niveau N. dombeyi bzw. in den nördlichen Regionen Chiles N. obliqua mit lichtmikroskopischer Technik für nicht praktizierbar (pers. comm. 2000). In

Zusammenarbeit mit T. LITT vom Paläontologischen Institut der Universität Bonn wurden erste Versuche unternommen, die Pollen der einzelnen Nothofagus- Arten mittels konvokaler Laserscanningmikroskopie (CLSM) zu unterscheiden. Bisher liegt noch kein abschließendes Ergebnis vor, ob die Pollenkörner eindeutig auf Artniveau unterschieden werden können. Weitere Untersuchungen müssen deshalb folgen. Die Pollenmorphologie des im Magellanischen Regenwald vorkommenden Nothofagus dombeyi-Typs ist stephanoaperturat mit 5 bis 7 Aperturen (Abb. 17, 18). Die Pollenoberfläche intectat, mikroechinat. Die Größe ist relativ variabel: 19

– 36 x 29 – 41 µm (HEUSSER 1971, MARKGRAF & D´ANTONI 1978).

Abb. 17, 18: Pollenkörner von Nothofagus spp. Max. Ø 41 µm (GC-2-Archiv).

Die Probe GC-2, 22-24 cm weist mit 89,6 % den höchsten Nothofagus-Anteil auf. Rezent sind im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado die beiden

Südbuchenarten N. betuloides und N. antarctica vertreten (STICKLING 2002). N. betuloides ist die dominierende Baumart des Magellanischen Regenwaldes. Ergebnisse 58

Baumhöhen von bis zu 25 m werden erreicht (RODRIGUEZ et al. 1983). N. betuloides wirft auch im Winterhalbjahr die Blätter nicht ab; gehört also deshalb zu den immergrünen Nothofagus-Arten. Dagegen verhält sich N. antarctica laubabwerfend, so dass nur im Sommerhalbjahr eine Primärproduktion erfolgen kann. N. antarctica ist eine Pionierpflanze, die strauchförmig auf Sonderstandorten wie Mooren gedeiht aber an Waldrändern auch Wuchshöhen von 15 m bis 20 m erreicht (RODRIGUEZ et al. 1983). Im GC-2-Moor konnte N. antarctica auf flachgründigen Bodenschwellen angetroffen werden. Im Untersuchungsgebiet bildet N. antarctica die Baumgrenze.

Drimys winteri Die Pollenmorphologie von Drimys winteri kann als sehr ursprünglich beschrieben werden. Es handelt es sich um Tetraden aus vier monoporaten Einzelkörnern (Abb. 20, 21). Die Größe variiert zwischen 55 µm und 72 µm. Die Pollenoberfläche wechselt von psilat bis reticulat (Heusser 1971, Markgraf & D´Antoni 1978). Der höchste Pollenanteil von Drimys winteri konnte mit 7,6 % in Probe GC-2, 142-144 cm, gefunden werden.

Abb. 19: Drimys winteri in der Strauchschicht. Längsseite ca. 120 cm (Parc National Tierra del Fuego = PNTF). Ergebnisse 59

Abb. 20: D. winteri-Tetrade. Max. Ø 72 µm. Abb. 21: Nothofagus spp. mit D. winteri (GC-2).

Die immergrüne Baumart gehört zur Familie Winteraceae und kann bis zu 25 m hoch werden (RODRIGUEZ et al. 1983). In Waldlichtungen oder an Waldrändern bleibt Drimys winteri deutlich niederwüchsiger und buschförmiger (Abb. 19). Drimys winteri stellt eine Charakterart des Magellanischen Regenwaldes dar und ist deshalb namensgebend für die pflanzensoziologische Einheit des Nothofagus betuloides-Drimys winteri (GAJARDO 1995) gewesen. Rezent ist Drimys winteri im Untersuchungsgebiet häufig vertreten. Auch im Übergangsbereich von GC-2- Moor und Waldrand war die Art zu finden.

Embothrium coccineum

Abb. 22: Blüte von E. coccineum (PNTF). Abb. 23: Embothrium-Pollen, max. Ø 74 µm (GC-2). Ergebnisse 60

Embothrium coccineum (Abb. 22) ist eine Charakterart des Magellanischen Regenwaldes. Sie ist Mitglied der Familie Proteaceae und wird bis zu 12 m hoch

(MOORE 1983). Die bilateralen Pollenkörner von E. coccineum sind diporat (Abb. 23). Ihre Oberfläche ist mikroechinat. Die Länge der spindelförmigen Pollenkörner kann bis zu 74 µm betragen; die Breite variiert zwischen 41 – 43 µm (HEUSSER 1971,

MARKGRAF & D´ANTONI 1978). Mit 0,8 % zeigt sich der höchste Pollenanteil von Embothrium coccineum in der Probe GC-2, 84-86 cm.

Maytenus spp. Eine Bestimmung der tricolpaten Maytenus-Pollenkörner war nur auf Gattungsniveau möglich. Die Größe variiert zwischen 25-30 µm x 20-35 µm. Die Pollenoberfläche kann mit mikroreticulat bis perreticulat beschrieben werden

(HEUSSER 1971, MARKGRAF & D´ANTONI 1978). Der höchste Anteil der Gattung Maytenus beträgt 0,8 % in GC-2, 170-172 cm. Die Gattung Maytenus (Familie Celastraceae) umfasst im südwestlichen Patagonien mindestens zwei Arten: M. magellanica und M. disticha. Allerdings handelt es sich bei den gezählten Pollenkörnern vom Maytenus-Typ mit großer Wahrscheinlichkeit um die Art M. magellanica. Dieser Baum bzw. Busch kann bis zu 7 m hoch werden (MOORE 1983).

Pilgerodendron uviferum Dieser Vertreter der Gymnospermen ist Mitglied der Familie Cupressaceae

(MOORE 1983). Die Pollenkörner sind inaperturat mit unregelmäßiger, scabrater

Oberfläche; die Größe beträgt 36-38 µm (HEUSSER 1971). Leider bestanden bei diesem Pollentyp keinerlei Möglichkeiten zum Vergleich mit rezentem Material. Die Identifizierung ist unsicher, da Verwechslungsmöglichkeiten mit Pteridophyta-Sporen nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden konnten. Mit 1,4 % konnten in Probe GC-2, 178-180 cm, die meisten Pollenkörner von Pilgerodendron uviferum gefunden werden. Alte Exemplare von P. uviferum können Höhen bis zu 10 m erreichen. Am Rand des GC-2-Moores standen zahlreiche Exemplare mit Höhen von unter 4 m. Das Ergebnisse 61

Zypressengewächs gedeiht noch auf Böden mit hoher Staunässe. Auf der Oberfläche des GC-2-Moores fanden sich zahlreiche Schösslinge.

Vesiculate Podocarpaceae = Dacrydium fonckii und Podocarpus spp. Die Familie der Podocarpaceae wurde pollenmorphologisch nicht näher differenziert, da kein diagnostisches Vergleichsmaterial zur Verfügung stand. Die Gefahr einer Fehlbestimmung wäre jedoch bei detaillierteren Bestimmungsversuchen schwerwiegend gewesen, da als potentielle Kandidaten zwei unterschiedliche Gattungen in Frage kommen: Dacrydium mit der Art D. fonkii sowie die Gattung Podocarpus mit P. andinus, P. nubigenus und P. salignus (HEUSSER 1971, MOORE 1983). Die letztgenannten Podocarpus-Arten kommen allerdings nicht im Untersuchungsgebiet vor, sondern haben ihre Verbreitung im Patagonischen bzw. Valdivianischen Regenwald. Die südlichste Grenze von Podocarpus nubigenus liegt bei 51°S, von P. andinus bei 40°15´S und von P. salignus bei 42°S (HEUSSER 1971). Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die vesiculaten Pollenkörner dieser drei Arten durch Fernflug eingebracht worden sind. Deshalb wurde nur die generelle Kategorisierung “vesiculate Podocarpaceae” vorgenommen. Mit 0,6 % kamen die vesiculaten Pollenkörner (Abb. 24) am häufigsten in Probe GC-2, 8-10 cm vor.

Abb. 24: Vesiculates Pollenkorn der Podocarpaceae. Pollenlänge ca. 80 µm (GC-2). Ergebnisse 62

Sofern es sich bei diesem Pollentyp um ein Fernflug-Phänomen handelt, wäre keine ökologische Relevanz für das Untersuchungsgebiet gegeben. Allerdings ist es ebenso wahrscheinlich, dass Dacrydium fonkii der Produzent der vesiculaten Pollenkörner im GC-2-Profil ist. Diese Gymnospermen-Art ist im südwestlichen Patagonien verbreitet und findet sich vor allem auf Moorflächen. Es handelt sich bei Dacrydium fonkii um einen niedrigen Strauch, der nicht höher wird als 60 cm

(MOORE 1983).

B. Sträucher und Kräuter (NAP)

Gunnera magellanica und Nachweis der Gunnera-Nostoc-Symbiose Die Pollenkörner von G. magellanica sind überwiegend tricolpat (Abb. 26). Tetracolpate sind vereinzelt zu finden; können aber auch Anteile von bis zu 12,5 % (GC-2: 22-24 cm) von der Summe aller Gunnera-Pollenkörner erreichen. In zwei Proben fanden sich sogar Gunnera-Pollenkörner mit fünf Colpi (0,4 % in GC-2: 200-202 cm; 0,14 % in GC-2: 194-196 cm). Die Pollenoberfläche ist reticulat, heterobrochat. Die Pollengröße besitzt eine geringe Variationsbreite von 30-37 µm x 30-34 µm (HEUSSER 1971).

Abb. 25: Krautige Ausläufer von Gunnera magellanica. Längsseite ca. 20 cm (Botanischer Garten München). Ergebnisse 63

Den höchsten Pollenanteil von G. magellanica beinhaltet die Probe GC-2, 194- 196 cm, mit 94 % aller terrestrischen Pollenkörnern.

Abb. 26: Zwei Pollenkörner von Gunnera magellanica. Max. Ø 37 µm (rezent aus PNTF).

G. magellanica gehört zur Familie Gunneraceae (=Haloragaceae) (MOORE 1983,

HUXLEY et al. 1992, WEBERLING & SCHWANTES 1992). Die heliophytische Art ist ein Pionierbesiedler, der durch seine rasche, vegetative Vermehrung krautige Matten (Abb. 25) ausbildet. Besonders dicht waren im Untersuchungsgebiet die jüngsten Moränenzüge des Galeria-Gletschers mit G. magellanica bedeckt. Im Nationalpark Tierra del Fuego wurde die Art ebenfalls an sehr feuchten Standorten, teilweise auch in stehendem Wasser angetroffen. Von einer Reihe von Arten der Gattung Gunnera ist bekannt, dass sie eine

Symbiose mit Cyanobakterien der Gattung Nostoc eingehen (WERNER 1987,

SCHMIDT 1991). Die Nostoc-Prokaryoten befinden sich nicht interzellulär im Gunnera-Gewebe, sondern leben intrazellulär in spezifisch ausgebildeten Rhizomzellen — ein einmaliger Fall von Endocytobiose bei Angiospermen. Die Gunnera-Nostoc-Symbiose ist in der Lage, autark vom Nährstoffangebot des

Substrates atmosphärischen Stickstoff zu fixieren (SCHMIDT 1991). Um die Gunnera-Nostoc-Symbiose ebenfalls bei der Art Gunnera magellanica zu bestätigen, wurden Gunnera-Exemplare vom Gran Campo Nevado untersucht. Ergebnisse 64

In Querschnitten des Rhizoms befanden sich an den Blattachsen bereits makroskopisch sichtbare Gewebebereiche, die durch ihre dunkle Pigmentierung auffielen. Die mikroskopische Analyse dieser pigmentierten Bereiche zeigte dichte Ansammlungen von globulären Körperchen, die sich durch ihre Grünfärbung vom umgebenden Gunnera-Gewebe unterscheiden (Abb. 27). Nach den histologischen Erkenntnissen von Gunnera macrophylla

(SCHMIDT1991) stellen diese pigmentierten Gewebebereiche die Symbiosomen im intrazellulären Verbund mit spezifisch ausgebildeten Rhizomzellen dar. Dieser bei G. magellanica aus dem Untersuchungsgebiet des Gran Campo

Nevado gemachte Befund wurde von BAYER & FACHER (pers. comm. 2002) bestätigt.

Abb. 27: Nostoc-Symbiosomen. Max. Ø des grünen Symbiosomennestes ca. 400 µm (GC-2).

Gramineae (=Poaceae) Die artenreiche Familie der Süßgräser wurde nicht weiter untergliedert, da detaillierte Bestimmungen technisch nicht möglich waren (LANG 1994). Die Gattungen Stipa und Poa können u.a. als wahrscheinlich angenommen werden. Die monoporaten Pollenkörner (Abb. 28) mit erkennbarem Anulus der Familie Gramineae waren am häufigsten in Probe GC-2, 34-36 cm, mit 23,8 % vorhanden. Ergebnisse 65

Verallgemeinernd ist das Auftreten der Gramineae im Untersuchungsgebiet ein Indikator für die Öffnung der Landschaft und die damit verbundenen heliophytischen Bedingungen.

Abb. 28: Monoporates Pollenkorn der Familie Gramineae. Pollen-Ø ca. 45 µm (GC-2).

Empetrum spp. = E. rubrum und Lebetanthus myrsinites Die Pollenkörner sind Tetraden (Abb. 29), die deutlich massiver und “wulstiger” erscheinen als der Pernettya-Typ. Zwischen den einzelnen Tetraden bestehen deutliche Taillierungen. Die höchste Frequenz weist die Probe GC-2, 168-170 cm, mit 4,5 % auf. Diese Pollenkörner mit Durchmessern zwischen 15 µm und

46 µm (HEUSSER 1971, MARKGRAF & D´ANTONI 1978) wurden als Empetrum-Typ der Art E. rubrum zugeordnet. Diese bis zu 42 cm hohen Sträucher gehören zur

Familie der Empetraceae (MOORE 1983).

Abb. 29: Pollentetrade von E. rubrum. Max. Ø 46 µm (rezent PNTF). Ergebnisse 66

Empetrum rubrum wurde an Waldrändern sowie in Mooren gefunden — also in Lebensräumen mit günstigen Lichtverhältnissen. Es muss darauf hingewiesen werden, dass eine Verwechselungsmöglichkeit mit den Pollenkörnern von Lebetanthus myrsinites aus der Familie Epacridaceae besteht (HEUSSER 1971, MOORE 1983). Diese Kletterpflanze ist im Unterwuchs des Magellanischen Regenwaldes zu finden. L. myrsinites repräsentiert im Gegensatz zu Empetrum rubrum den Lebensraum des geschlossenen, schattigen Nothofagus betuloides-Drimys winteri-Waldes.

Pernettya spp. = P. mucronata + P. pumila + Gaultheria myrtilloides Die Pollenkörner vom Pernettya-Typ können der Familie Ericaceae zugeordnet werden. Hierunter fallen drei Arten aus zwei Gattungen: Gaultheria antarctica,

Pernettya pumila und P. mucronata (Abb. 30) (MOORE 1983). Die Pollenkörner dieser Spezies sind Tetraden (Abb. 31, 32) und unterscheiden sich vom Empetrum-Typ durch ihre globulärere Morphologie. Die Pollenwände erscheinen filigraner, die Gesamtgröße ist aber mit 30 µm – 48 µm vergleichbar zum

Empetrum-Typ (HEUSSER 1971). Die höchste Frequenz liegt mit 21,2 % in der Probe GC-2,176-178 cm, vor.

Abb. 30: P. mucronata mit Beeren Abb. 31: P. mucronata-Tetrade. (Gartenform). Max. Ø 48 µm (rezent PNTF). Ergebnisse 67

Abb. 32: P. pumila-Pollenkörner. Max. Ø 48 µm (rezent PNTF).

Die drei Arten Gaultheria antarctica, Pernettya pumila und P. mucronata sind

Anzeiger für offenes und zugleich feuchtes Gelände (MOORE 1983).

Compositae (=Asteraceae)

Die Familie der Compositae mit ihrer echinaten Pollenmorphologie (HEUSSER

1971, MARKGRAF & D´ANTONI 1978) ist sehr artenreich (MOORE 1983, FROHNE &

JENSEN 1998), so dass eine weiterführende taxonomische Differenzierung technisch nicht sinnvoll ist (LANG 1994). Die Pollenkörner der Compositae waren mit 17,9 % besonders zahlreich in der Probe GC-2, 184-186 cm, vertreten. Im Untersuchungsgebiet sind rezent u.a. die Gattungen Senecio (Abb. 33) und

Chilotrichum (Abb. 34) zu finden (STICKLING 2002). Die Suche nach einer ökologischen Indikatorfunktion ist problematisch, da die Familie der Compositae sehr formenreich ist.

Abb. 33: Senecio-Pollenkörner. Abb. 34: Chilotrichum-Pollenkörner. Pollen-Ø ca. 42 µm (rezent PNTF). Pollen-Ø ca.45 µm (rezent PNTF) Ergebnisse 68

Caryophyllaceae Die Pollenmorphologie der Caryophyllaceae ist charakteristisch periporat. Im Vergleich zu den Chenopodiaceae sind die Poren jedoch größer (+/- 5 µm) und von geringerer Zahl (< 30). Die Oberflächenstruktur ist meist tectat (HEUSSER 1971). Eine Bestimmung auf Gattungsniveau war nicht möglich, da rezente Vergleichspollen nicht zur Verfügung standen. Die Pollenkörner der Caryophyllaceae waren mit 15,5 % am häufigsten in Probe GC-2, 184-186 cm. Ihre ökologische Rolle ist unklar, da keine Erkenntnisse über Arten bzw. Gattungen vorliegen.

Berberis spp. Die Pollenkörner (Abb. 35) der Berberidaceae sind syncolpat, wobei die

Aperturen durch ihre Spiralform überlappend erscheinen (HEUSSER 1971,

MARKGRAF & D´ANTONI 1978). Eine sichere Ansprache auf Artniveau ist technisch zu unsicher. Mit 0,4 % waren die Pollen der Gattung Berberis am häufigsten in Probe GC-2, 226-228 cm, vorhanden.

Abb. 35: Pollenkörner von Berberis ilicifolia. Pollen-Ø ca. 60 µm (rezent PNTF).

Im Untersuchungsgebiet ist die Art Berberis ilicifolia häufig verbreitet. Als Strauch ist B. ilicifolia an Waldrändern vor allem an der Küste bzw. entlang von

Flussufern zu finden. Die bis maximal 7 m hohe Art (MOORE 1983) ist auch von Ergebnisse 69 ethnobotanischer Bedeutung, da ihre Zweige zu Pfeilschäften verarbeitet wurden (Information aus dem Salesianer Museum in Punta Arenas).

Chenopodiaceae Die Morphologie der Pollenkörner der Chenopodiaceae ist periporat. Im Gegensatz zu den Caryophyllaceae besitzen die Chenopodiaceae deutlich mehr Pori (40-80), welche jedoch einen kleineren Durchmesser (< 5 µm) aufweisen

(HEUSSER 1971, MARKGRAF & D´ANTONI 1978). Eine Bestimmung auf Niveau der Gattungen bzw. Arten war nicht durchführbar. Die Probe GC-2, 210-212 cm, beinhaltet mit 0,65 % die meisten Pollenkörner der Chenopodiaceae. Die Zuschreibung ökologischer Bedeutungen ist nicht möglich.

Ranunculaceae Die Pollenkörner sind tricolpat mit tectater Oberfläche (Abb. 36). Die Größe variiert mit 29-31 µm x 31-36 µm kaum (HEUSSER 1971). Mit 40,5 % besitzt die Probe GC-2, 152-154 cm, die meisten Ranunculaceen-Pollenkörner. Es liegt leider kein rezentes Pollenmaterial der Familie vor, so dass eine Bestimmung auf Gattungsniveau mit Unsicherheiten verbunden ist. Der Vergleich mit mitteleuropäischen Pollenkörnern der Gattung Caltha stimmt jedoch gut mit den untersuchten Ranunculaceae überein.

Abb. 36: Ranunculaceen-Pollenkorn. Abb. 37: Caltha sagittata. Längsseite Max. Ø 36 µm (GC-2). ca. 50 cm (Ushuaia, Foto: K. Frechen).

Im Bereich des Magellanischen Regenwaldes sind drei Caltha-Arten bekannt: C. sagittata (Abb. 37), C. appendiculata und C. dioneifolia (MOORE 1983). Eigene Beobachtungen aus dem Untersuchungsgebiet liegen nicht vor. Es ist jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Gattung am Gran Ergebnisse 70

Campo Nevado in feuchten, offenen Lichtungen und im Bereich von Mooren vorkommt.

Myrtaceae Die Pollenmorphologie der Myrtaceae ist tricolporat mit einer auffallend dreieckigen Grundform. Die Pollenkörner sind relativ klein mit maximalen

Durchmessern meist unter 30 µm (HEUSSER 1971, MARKGRAF & D´ANTONI 1978). Die Ansprache von Gattungen bzw. Arten war nicht möglich. Die Pollen der Myrtaceae sind mit 3,2 % in der Probe GC-2, 56-58 cm, am häufigsten vertreten. Die Familie der Myrtaceae repräsentiert u.a. die Gattungen Tepualia und

Myrteola mit strauchförmigen Arten (MOORE 1983). Hierbei ist Tepualia stipularis charakteristisch für Lichtungen und Waldränder des Magellanischen Regenwaldes.

Ribes magellanicum Die etwa 30 µm großen Pollenkörner (Abb. 38) von Ribes magellanicum sind periporat, unterscheiden sich jedoch von den Caryophyllaceae und Chenopodiaceae durch eine unregelmäßigere Verteilung der Pori.

Abb. 38: Pollenkörner von Ribes magellanicum. Ø ca. 30 µm (rezent PNTF). Ergebnisse 71

Auch die psilate Oberfläche lässt keine Verwechslung zu den genannten beiden

Familien zu. Die Pori sind mit 2-3 µm relativ klein (MARKGRAF & D´ANTONI 1978). Die Art Ribes magellanicum tritt mit 0,27 % in der Probe GC-2, 214-216 cm, am häufigsten auf. Die Art aus der Familie der Saxifragaceae ist ein bis zu 4 m hoher Busch

(MOORE 1983). Ribes magellanicum ist an Waldrändern und auch auf Lichtungen nicht selten. Die im Gegensatz zur Verbreitung sehr geringe Frequenz im Pollenspektrum des Untersuchungsgebietes, lässt eine Bestäubung durch Insekten vermuten.

Desfontainea spinosa

Die Art Desfontainea spinosa gehört zur Familie der Desfontainiaceae (MOORE 1983). Die Pollenkörner sind tricolporat, erscheinen aber nach der Aufarbeitung meist tricolpat. Die Aperturen machen einen “ausgefransten”, sich auflösenden Eindruck. Die Oberfläche ist perreticulat bzw. mikrorugulat; die Größe variiert zwischen 30-54 µm x 43-54 µm (HEUSSER 1971, MARKGRAF & D´ANTONI 1978). Die höchste Pollenkonzentration weist die Probe GC-2, 190-190 cm, mit 0,14 % auf. Desfontainea spinosa ist charakteristisch für das Ökosystem des Magellanischen

Regenwaldes (GAJARDO 1995). Die buschartige Pflanze erreicht Höhen von bis zu 3 m (MOORE 1983).

Fuchsia magellanica Der auch als Zierpflanze bekannte Strauch Fuchsia magellanica (Abb. 39) gehört zur Familie der Onagraceae (MOORE 1983). Die Pollenkörner sind tricolporat mit einer psilaten Oberfläche (Abb. 40); die Pollengröße beträgt 44-86 µm x 48-108

µm (HEUSSER 1971, MARKGRAF & D´ANTONI 1978). Im gesamten Profil des GC-2- Archives findet sich nur in der Probe 212-214 cm ein einziges Pollenkorn von F. magellanica.

Der Strauch kann Höhen von bis zu 4 m erreichen (MOORE 1983). Die Pflanze findet sich “heckenartig” an Waldrändern, etwa an Wasserläufen. Rezent ist Fuchsia magellanica in den Wäldern des Gran Campo Nevado verbreitet. Das weitgehende Fehlen in den Pollendiagrammen kann mit ihren großen und deshalb schwerfliegenden Pollenkörnern erklärt werden. In diesem Ergebnisse 72

Zusammenhang ist es von Interesse, dass die Bestäubung durch Kolibris erfolgt

(MOORE 1983).

Abb. 39: Fuchsia-Blüten (Pumalin). Abb. 40: F. magellanica-Pollenkorn. Max. Ø 108 µm (GC-2).

C. Hygro- und Hydrophyten (Hyd-gro)

Astelia pumila Die Pollenkörner von Astelia pumila sind monocolpat; der Gesamteindruck ist von elliptischer, eiförmiger Gestalt (Abb. 41). Die tectate, echinate Oberfläche zeichnet sich durch ihre charakteristischen dornenförmigen Skulpturelemente aus (HEUSSER 1971). Bei zunehmender Korrosion können die Pollenkörner von Astelia pumila im Bereich ihres langen Colpus aufbrechen und aufklappen. Ein einzelnes Pollenkorn erscheint dann in der Äquartorialansicht wie zwei dicht nebeneinander liegende Pollenkörner. Um durch obigen Effekt bedingte Zählfehler vorzubeugen, darf deshalb die Pollendichte eines Präparates nicht zu hoch sein. Die Pollen von Astelia pumila waren am häufigsten in der Probe GC- 2, 142-144 cm, mit 202 % (bezogen auf die Summe der terrestrischen Pollen) vertreten. Ergebnisse 73

Abb. 41: Zwei Pollenkörner von Astelia pumila. Max. Ø 40 µm (GC-2-Archiv)

Abb. 42: Astelia pumila (irisförmige Blätter) im Mosaik mit Donatia fascicularis (GC-Camp). Längsseite ca. 20 cm.

Astelia pumila gehört zur monocotylen Familie der Liliaceae (MOORE 1983). Das Liliengewächs wird bis etwa 5 cm groß und bildet dichte Matten in feuchtem, offenen Gelände (Abb. 42). Assoziiert mit Donatia fascicularis können aus diesen Astelia-Matten sogenannte Polster-Moore (Cushion bogs) hervorgehen, die Torfmächtigkeiten von maximal 4 m aber nicht überschreiten (AUER 1958). Diese Donatia-Astelia-Polstermoore stellen eine charakteristische Komponente Ergebnisse 74 des Magellanischen Moorlandes dar. Aber auch im Landschaftsmosaik des Magellanischen Regenwaldes kommen diese Polstermoore an feuchten, offenen Standorten sehr zahlreich vor. Unabhängig von der Donatia fascicularis- Verbreitung fanden sich ebenfalls zahlreiche Exemplare von Astelia pumila im Marsippospermum-Moor des GC-2.

Donatia fascicularis

Abb. 43: Donatia fascicularis-Rosetten. Längsseite ca. 5 cm (GC-Camp).

Abb. 44: Tricolporates Pollenkorn von D. fascicularis. Max. Ø 43 µm (GC-2). Ergebnisse 75

Die Pollenkörner (Abb. 44) von Donatia fascicularis sind tricolporat, jedoch sind die Pori sehr unauffällig und nur nach eingehender Untersuchung zu erkennen. Die Oberfläche ist tectat, psilat; die Größe variiert zwischen 31-43 µm x 24-31

µm (HEUSSER 1971). Bei fortgeschrittener Korrosion der Pollenoberfläche besteht eine gewisse Verwechselungsmöglichkeit mit Gunnera magellanica. In diesen Fällen ist eine Differenzierung anhand der Pori jedoch eindeutig. Die Probe GC- 2, 114-116 cm, weist mit 3,7 % die höchste Frequenz an Donatia fascicularis – Pollen auf. Die Polsterpflanze (Abb. 43) ist Mitglied der Familie und erreicht

Größen von bis zu 8 cm (MOORE 1983). Begleitet von Astelia pumila, bildet Donatia fascicularis die Vegetationsmatrix der für das superhumide Patagonien charakteristischen Polstermoore (siehe auch Astelia pumila).

Drosera uniflora Die großen Pollenkörner von Drosera uniflora (bis zu 77µm) sind cruciforme Tetraden (Abb. 45), die mit zahlreichen langen Echini (2 µm) besetzt sind

(HEUSSER 1971). Der höchste Prozentsatz beträgt 1 % in der Probe GC-2, 100- 102 cm. Drosera uniflora ist eine insectivore Pflanze aus der Familie der Droseraceae

(MOORE 1983). Ihr Lebensraum sind die offenen Moorflächen im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado.

Abb. 45: Nothofagus-Pollenkorn neben Drosera-Tetrade. Max. Ø 77 µm (GC-2). Ergebnisse 76

Myriophyllum quitense (=M. elatinoides) Die stephanoporaten Pollenkörner von Myriophyllum quitense fallen durch ihre 4 bis 5 sich deutlich nach außen wölbenden Pori auf. Die Oberfläche der 29-38 µm x 34-41 µm großen Myriophyllum-Pollenkörner ist tectat (HEUSSER 1971). Im GC- 2-Archiv ist Myriophyllum quitense nur im spätglazialen Abschnitt mit einem Pollenkorn vorhanden (Probe 218-220, 0,3%). Im Chandler-Kern (maximal mit 0,7% in CHK 1/1a, 6-8 cm) sowie im GC-1a (0,1% in Probe 109) liegen ebenfalls nur niedrige Frequenzen vor. Die Wasserpflanze gehört zu den Haloragaceae und steht somit in naher systematischer Verwandtschaft zur Gattung Gunnera (MOORE 1983, HUXLEY et al. 1992, WEBERLING & SCHWANTES 1992). Myriophyllum quitense lebt in Flüssen,

Seen und Teichen (MOORE 1983). Im Falle des GC-1a-Moores könnte die Art ein Anzeiger für das Vorhandensein eines offenen Wasserkörpers sein, wie etwa ein Moorauge oder eine länger andauernde Überschwemmung.

Juncanae = Cyperaceae und Juncaceae Die Familie der Binsengewächse, Juncaceae, sowie die Familie der Riedgräser, Cyperaceae, werden in die Überordnung Juncanae (= Junciflorae, Juncanae) zusammengefasst (SITTE et al. 1998). Detaillierte Unterscheidungen waren pollenmorphologisch nicht durchführbar. Die meist birnenförmige bzw. abgerundete Form der Pollenkörner wirkt “deformiert” bzw. “zerknüllt”. In der Praxis des Zählens wird auch von “Waschlappen”-förmiger Gestalt gesprochen. Vorhandene Pori sind oftmals nur undeutlich zu erkennen oder bilden scheinbar zerfranste Lacunae am breiteren Ende der Pollenkörner (z.B. Cyperaceae). Die

Größe ist sehr variabel und kann 50 µm deutlich überschreiten (HEUSSER 1971,

FAEGRI & IVERSEN 1993). Bezogen auf die Summe der terrestrischen Pollen bilden 835,9 % in der Probe GC-2, 178-180 cm, die maximale Pollenfrequenz. Zum Pollentyp der Juncanae gehören die Gattungen der Haupttorfbildner des GC-2-Moores: Marsippospermum (Juncaceae) und Schoenus (Cyperaceae). Diese Binsen und Riedgräser stellen auch rezent die dominierenden Bestandteile der lokalen Vegetation dar. Ergebnisse 77

Pteridophyta Die taxonomische Unschärfe ist bei der pollendiagnostischen Bestimmung der Farnpflanzen (Pteridophyta) sehr groß, da der Mangel an rezentem Vergleichsmaterial einer ganzen systematischen Abteilung mit mindestens zwei im Untersuchungsgebiet vorkommenden Klassen (Lycopodiopsida, Pteridopsida) sowie zahlreichen Familien, Gattungen und Arten gegenübersteht (MOORE 1983,

FROHNE & JENSEN 1998). Jeder Versuch, detaillierter differenzieren zu wollen, birgt ein unabschätzbares Risiko der Fehlbestimmung mit sich. Gerade bei den Pteridophyta gilt deshalb, um wissenschaftlich sicher zu arbeiten: “Weniger ist mehr”. Die Mehrzahl der Sporen waren alet, monolet bzw. trilet. Obwohl eine Unterteilung des Sporenspektrums wie dargestellt nicht sinnvoll ist, so kann doch die Anwesenheit folgender drei Familien angenommen werden: Gleicheniaceae, Lycopodiaceae und Polypodiaceae. Sporen (Abb. 46, 47) der Pteridophyta sind mit 230,9 % am häufigsten in der Probe GC-2, 184-186 cm, (bezogen auf die Summe der terrestrischen Pollen) zu finden. Mit der vorliegenden taxonomischen Unschärfe konkrete autökologische Aussagen treffen zu wollen, wäre unseriös. Einzig die relativen Veränderungen können von Interesse sein. Hierbei müssen die bestimmenden Faktoren wiederum spekulativ bleiben, da die betroffenen Familien und Arten ebenso unbekannt sind wie ihre Standortpräferenzen.

Abb. 46 u. 47: Zwei Pteridophyta-Sporen (GC-2-Archiv). Ergebnisse 78

3.1.6 Andere Mikroreste

Abb. 48: Testaceen-Schale. Länge ca. 100 µm (GC-2-Archiv).

Tiefe (cm)0123456789 150-152 % Testaceae zu AP+NAP 156-158

162-164 10247 a 168-170

174-176

180-182

186-188 10938 a 192-194 11224 a 198-200 + Cladocera 204-206 + Rotatoria 210-212

216-218

222-224

228-230

234-236

Abb 49: Relative Anteile von Testaceen-Schalen (bezogen auf AP + NAP) im Spätglazial des GC-2-Archives. Als weitere limnische Mikroreste liegen in diesem Abschnitt eine Cladocere und eine Rotatorie vor. Ergebnisse 79

Die Schalen von Testaceen (Abb. 48) konnten für alle drei Archive nachgewiesen werden (GC-2, GC-1a und Chandler). Es wurden die Gattungen

Arcella und Euglypha sicher angesprochen (BERGER et al. 1997). Das Fehlen der Difflugia könnte methodisch bedingt sein, da sich durch die Behandlung mit Flußsäure die Xenosomenschalen wahrscheinlich aufgelöst haben. Besonders häufig sind Testaceen im spätglazialen Abschnitt des GC-2-Kernes vertreten (Abb. 49), so dass dort von limnischen Umweltbedingungen auszugehen ist.

Abb. 50: Abdominalkrallen einer Cladocere mit Carapax-Rest. Längsseite des Ausschnittes ca. 150 µm (Probe GC-2, 198-200 cm).

Abb. 51: Hinterende einer Rotatorie mit Fuß. Gesamtlänge ca. 250 µm (Probe GC-2, 206-208 cm).

Unterstützt wird diese Annahme durch die Funde einer Cladocere (Abb. 50) in Probe GC-2, 198-200 cm, sowie einer Rotatorie (Abb. 51) in der GC-2-Probe, Ergebnisse 80

206-208 cm; ebenfalls konnte die Wasserpflanze Myriophyllum quitense in diesem Bereich nachgewiesen werden (GC-2, 218-220).

Konidien (Abb. 52) der Pilzgattung Fusarium (Mycota) konnten deutlich anhand ihrer sichelförmigen Gestalt (“Croissant-Form”) von Pollenkörnern bzw. Pteridophyta-Sporen unterschieden werden. Die Fusarium-Konidien weisen ein bis drei Querwände auf und sind 25-60 µm lang (BERGER et al. 1997). Mit 30,1 % sind die Konidien am häufigsten in der Probe GC-2, 128-130 cm, nachweisbar.

Abb. 52: Fusarium-Konidie mit drei Querwänden (max. Länge 60 µm). Nothofagus-Pollenkorn in der rechten Bildhälfte (GC-2).

Die Gattung gilt als kosmopolitisch (BERGER et al. 1997). Eine Artbestimmung der Fusarium-Pilze konnte jedoch nicht vorgenommen werden. Es ist deshalb unklar, wie die genauen Standortansprüche aussehen (z.B. pH-Präferenz, O2-Bedarf, aquatisch/semiaquatisch). Als sicher kann angenommen werden, dass Fusarium im GC-2-Torfsubstrat Mycele ausbildet und als Destruent, insbesondere als Cellulose-Zersetzer, auftritt. Die Konidien fungieren als asexuell gebildete

Verbreitungsstadien (BERGER et al. 1997).

Als weitere Form von Mikroresten konnten Holzkohlepartikel, die über 30 µm groß waren, gezählt werden. Es fallen dabei im GC-2-Profil zwei deutliche Bereiche mit Holzkohlepartikeln auf: Ergebnisse 81

1. Ein spätglazialer Abschnitt zwischen den GC-2-Tiefen 204 – 240 cm. Die Probe GC-2, 218 – 220 cm, besitzt mit 39,7 % die höchste Frequenz an Holzkohlepartikeln im gesamten Kern.

2. Ein Bereich in der zweiten, jüngeren Hälfte des Holozäns zwischen den GC-2-Tiefen 0 – 64 cm. Der Anstieg der Holzkohlepartikel beginnt zeitlich bereits vor der Tephralage des Mt. Burney (4.254 a cal. B.P.). Die höchste holozäne Frequenz wurde in der zweiten Probe nach der Tephradeposition gefunden: GC-2, 38 – 40 cm, mit 16,6 %.

3.1.7 Pollen- und Sporenstratigraphie des GC-2-Profils

Die palynologischen Ergebnisse des GC-2-Kernes wurden als Pollen- Prozentdiagramm (Anhang 1) wiedergegeben. Die Grundsummen der analysierten Proben bestehen aus den Pollentypen aller terrestrischen Pflanzen (AP+ NAP). Pollenkörner der Hygro- und Hydrophyten sowie Sporen sind nicht in dieser Grundsumme enthalten. Die Frequenzen dieser Hygro- und Hydrophyten (Hyd-gro) sowie sporenbildender Pflanzen wurden als „Externe“ in Bezug auf die Grundsumme der terrestrischen Pollentypen (AP + NAP) berechnet. So erklären sich auch vereinzelte Prozentwerte von > 100 % in dieser Gruppe (z.B. der Juncanae-Anteil von 427,9 % in Probe GC-2, 176-178 cm, resultiert aus 3.821 Juncanae-Pollenkörner bezogen auf die Summe 893 der terrestrischen Pollentypen). Diese Form der Kalkulation soll eine Überprägung der palynologischen Ergebnisse durch die lokale Ufer- bzw. Moorvegetation verhindern.

Aus der biostratigraphischen Verteilung der verschiedenen Pollentypen wurden drei Haupt-Pollenzonen, Pollen Assemblage Zonen (Anhang 1: PAZ-1 bis PAZ- 3), bestimmt, die wiederum in insgesamt acht Pollenteilzonen gegliedert wurden (z.B. PAZ-1a und PAZ-1b) (Tab. 5). Ergebnisse 82

Pollen Assemblage Zonen Charakteristische Pollentypen Tiefe (cm) GC-2-PAZ-1a Gunnera – Nothofagus – Gramineae 270-216 GC-2-PAZ-1b Gunnera – Gramineae 216-192 GC-2-PAZ-2a Nothofagus – Ericaceae – Compositae – Caryophyllaceae – 192-166 Juncanae – Pteridophyta GC-2-PAZ-2b Nothofagus – Drimys – Ranuculaceae – Astelia 166-136 GC-2-PAZ-2c Nothofagus – Ranunculaceae – Astelia – Donatia 136-64 GC-2-PAZ-2d Nothofagus – Ranunculaceae – Myrtaceae – Donatia 64-50 Mt. Burney-Tephra 42-50 GC-2-PAZ-3a Nothofagus – Gunnera – Gramineae 42-22 GC-2-PAZ-3b Nothofagus – Ranunculaceae – Empetrum – Astelia – Donatia 22-0

Tab. 5: Pollen Assemblage Zonen (PAZ) des GC-2-Kernes dargestellt mit drei Haupt- und acht Unterzonen sowie ihren Positionen im GC-2-Profil.

PAZ-1: Diese älteste Pollen Assemblage Zone (Anhang 1) entspricht dem im GC-2-Kern von Probe 270 – 192 cm darstellbaren Spätglazial. Der dominanteste Pollentyp stammt von der Pionierpflanze Gunnera magellanica (max. 94 % in GC-2, 194 – 196 cm). Pollenkörner von Nothofagus spp. sind ebenfalls biozonal prägend vorhanden (max. 54,3 % in GC-2, 214 – 215 cm). Eine artspezifische Zuordnung dieser Nothofagus-Pollenkörner war nicht möglich. Aufgrund des Fehlens von Indikatorpflanzen des Magellanischen Regenwaldes, wird jedoch von einem hohen Anteil der Pionierbaumart Nothofagus antarctica ausgegangen. Als weiterer Pollentyp mit kontinuierlicher Präsenz in PAZ-1 waren Gramineen nachweisbar (max. 23,2 % in GC-2, 238 – 240 cm). Die Frequenzen aller weiteren Pollentypen sind in PAZ-1 gering bzw. bestimmte Pollentypen wie Embothrium coccineum und Maytenus spp. waren nicht nachweisbar. Pollenkörner von Moorpflanzen (Juncanae, Astelia pumila, Donatia fascicularis, Drosera uniflora) treten nur in vergleichsweise geringen Spuren auf (z.B. A. pumila mit 0,4 % in GC-2, 222 – 224 cm). Die Wasserpflanze Myriophyllum quitense konnte in PAZ-1 nachgewiesen werden (GC-2, 218 – 220 cm). Dadurch wird in Zusammenhang mit dem Maximum der Testatceen der Befund bestätigt, dass es sich bei dem spätglazialen GC-2-Archiv um einen limnischen Standort gehandelt hat. In der PAZ-1 des GC-2 überwiegen insgesamt die Nichtbaumpollen. In der zweiten, jüngeren Hälfte nimmt der Nichtbaumpollenanteil durch einen Anstieg Ergebnisse 83 von Gunnera magellanica deutlich zu. So ist es sinnvoll, die PAZ-1 in zwei Pollenteilzonen zu unterteilen: PAZ-1a und PAZ-1b (Tab. 6).

Pollen Assemblage Zonen Tiefe (cm) datierte Proben cal. a B.P. Radiokarbonjahre GC-2-PAZ-1a 270-216 GC-2, 268-270 cm 14.122 12.017 +/-203 GC-2-PAZ-1b 216-192 GC-2, 194-196 cm 11.224 9.740 +/-42

Tab. 6: Spätglaziale PAZ-Teilzonen des GC-2-Profils mit radiokarbondatierten Proben.

In den ältesten Proben der PAZ-1a (GC-2, 270 – 240 cm) waren die Pollendichten zu gering, um eine quantitative Bestimmung durchführen zu können. Qualitativ waren die Pollenkörner von Gunnera magellanica, Nothofagus spp. und der Gramineen nachweisbar. Ab Probe GC-2, 238 – 240 cm, war eine quantitative Zählung von Pollenkörnern und Sporen bis zur rezenten Oberfläche des GC-2-Archives möglich. Innerhalb der Teilpollenzone PAZ-1a findet sich eine weitgehend gleichmäßige Verteilung von Gunnera- und Nothofagus- Pollenkörnern. Die Gramineen weisen ihre höchsten Frequenzen im Spätglazial auf (max. 23,2 % in GC-2, 238 – 240 cm). Aus diesen palynologischen Befunden kann für die PAZ-1a eine waldlose Landschaft mit Strauch- bzw. Baumgruppen aus Nothofagus antarctica sowie Flächen, die weitgehend von Gunnera magellanica, Gramineen und weinigen anderen Krautartigen besiedelt waren, rekonstruiert werden.

In PAZ-1b verschiebt sich das Pollenverhältnis signifikant zugunsten von Gunnera magellanica (Anhang 1, Abb. 53). Während die Gramineen weitgehend stabil auf niedrigem Niveau bleiben, steigen die Gunnera-Frequenzen an (26,8 – 94 %) und gleichzeitig nehmen die Nothofagus-Anteile ab (54,3 – 1,3 %). Es findet demnach in PAZ-1b eine deutliche Abnahme der Nothofagus- Strauchvegetation statt. Offenflächen, die von der Pionierpflanze Gunnera magellanica besiedelt werden, breiten sich aus. Ergebnisse 84

% Terrestrische Pollen 0 102030405060708090100

130-132 8130 a cal BP 134-136

138-140

142-144

146-148

150-152

154-156

158-160

162-164 10247 a cal BP 166-168

170-172

174-176

178-180

182-184

186-188 Tiefe (cm) 190-192 10938 a cal BP

194-196 11224 a 198-200 cal BP

202-204

206-208

210-212

214-216

218-220

222-224

226-228

230-232

234-236

238-240

Gunnera Gramineae

Abb. 53: GC-2-Pollenfrequenzen (% von AP+NAP) von Gunnera magellanica und Gramineen in PAZ-1a bis PAZ-2c. Ergebnisse 85

PAZ-2: Die Pollen Assemblage Zone PAZ-2 (Anhang 1) umfasst biostrati- graphisch das Ende der spätglazialen Vegetation und die Entwicklung sowie Reifung des Magellanischen Regenwaldes. Von 192 – 50 cm ist im GC-2-Kern das frühe und mittlere Holozän bis zum Ausbruch des Mt. Burney vor 4.254 a cal. B.P. archiviert. Die Verteilung der spezifischen Pollenfrequenzen legt eine Differenzierung in vier Pollenteilzonen nahe (Anhang 1: PAZ-2a, -2b, -2c, -2d) (Tab. 7).

Pollen Assemblage Zonen Tiefe (cm) datierte Proben cal. a B.P. Radiokarbonjahre GC-2-PAZ-2a 192-166 GC-2, 190-192 cm 10.938 9.659 +/-83 GC-2-PAZ-2b 166-136 GC-2, 164-166 cm 10.247 9.024 +/-80 GC-2-PAZ-2c 136-64 GC-2, 132-134 cm 8.130 7.288 +/-67 GC-2-PAZ-2d 64-50 

Tab. 7: Holozäne Teilzonen der PAZ-2 mit radiokarbondatierten Proben.

Die frühholozäne Pollenteilzone PAZ-2a zeigt sehr große Veränderungen in der Verteilung der einzelnen Pollenfrequenzen. Der Anteil der Pollenkörner von Gunnera magellanica verliert seine dominierende Position und sinkt von max. 94 % in PAZ-1b auf nur noch min. 4,1 % in PAZ-2a (Anhang 1, Abb. 53). Die palynologischen Indikatoren für einen Nothofagus-Bestand mit zahlreichen heliophytischen Florenelementen erleben einen deutlichen Anstieg in PAZ-2a. Die Nothofagus-Frequenzen steigen von min. 1,3 % in PAZ-1b auf max. 68,1 % in PAZ-2a an. Erste Pollenkörner von Drimys winteri und Embothrium coccineum treten auf. Mit diesen beiden Pollentypen kann der Entwicklungsbeginn des Magellanischen Regenwaldes rekonstruiert werden. Es wird im Verlauf der PAZ- 2a von einer Durchmischung von Nothofagus antarctica mit N. betuloides ausgegangen, die sich im zeitlichen Verlauf zugunsten von Nothofagus betuloides verschiebt. Die Maxima der Ericaceae (Empetrum rubrum max. 4,5 % und Pernetyya spp. max. 21,2 %), der Compositae und der Caryophyllaceae lassen eine Waldstruktur rekonstruieren, die noch eine günstige Belichtung der Krautschicht auf großer Fläche erlaubt. Die Juncanae (Cyperaceae und Juncaceae) als Torfbildner weisen in der PAZ- 2a ihre höchsten Pollenfrequenzen im gesamten GC-2-Kern auf (max. 835,9 % in GC-2, 178 – 180 cm). Die Sporen der Pteridophyta zeichnen nahezu synchron zu den Juncanae ein deutliches Maximum auf (max. 230,9 % in GC-2, 184 – 186 Ergebnisse 86 cm). Im Gegensatz dazu tritt in PAZ-2a die Hartpolster-Moorvegetation mit Astelia pumila und Donatia fascicularis aufgrund der geringen Pollenfrequenzen dieser beider Hygrophyten noch nicht in Erscheinung.

Die PAZ-2b fällt durch ein ausgeprägtes Maximum der Pollenkörner von Drimys winteri auf. Mit max. 7,6 %, besitzt D. winteri in dieser Pollenteilzone die höchsten Werte dieses Pollentyps vom gesamten GC-2-Kern. Die deutlich erhöhten Frequenzen von D. winteri umfassen eine Zeitspanne von 2.117 a (10.247 a cal. B.P. – 8.130 a cal. B.P.). Der Anstieg von D. winteri in PAZ-2b wird als Indikator für eine plenterartige Struktur des reifenden Magellanischen Regenwaldes rekonstruiert. So kann für die PAZ-2b festgestellt werden, dass sich ab spätestens 10 ka cal. B.P. der Magellanische Regenwald im Untersuchungsgebiet ausgebreitet hat. Die Pollenkörner der heliophytischen Krautvegetation nehmen nach ihren Maxima in PAZ-2a in der Pollenteilzone PAZ-2b wieder ab. Dagegen beschreibt der Pollentyp der Ranunculaceae sein holozänes Maximum in PAZ-2b (40,5 % in GC-2, 152 – 154 cm). In die PAZ-2b fällt im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado der Ausbreitungsbeginn von Hartpolster-Mooren bestehend aus Donatia fascicularis und Astelia pumila. Mit max. 202 % (GC-2, 142 – 144 cm) besitzt Astelia pumila ihr holozänes Maximum in der PAZ-2b. Als weitere charakteristische Moorpflanze beginnt die holozäne Pollenkurve von Drosera uniflora (Anhang 1).

Die PAZ-2c und PAZ-2d sind charakterisiert durch die hohe Dominanz von Nothofagus-Pollenkörnern. Über einen Zeitraum von 3.876 a (8.130 a cal. B.P. – 4.254 a cal. B.P.) gibt es keine Probe im GC-2-Kern mit Nothofagus-Anteilen von unter 66,4 %. Die vergleichsweise hohen Pollenfrequenzen von Drimys winteri sinken auf ihr holozänes Grundniveau zurück. Alle heliophytischen Ökotypen wie Compositae und Ericaceae besitzen in Relation zum beginnenden Holozän kontinuierlich niedrige Anteile. Die Ranunculaceae bleiben nach ihrem Maximum in PAZ-2b weiterhin auffällig. In PAZ-2d nehmen die Frequenzen der Ranunculaceae wieder zu (max. 14,9 % in GC-2, 54 – 56 cm). Auch die Pollenanteile der Myrtaceae steigen in PAZ-2d signifikant an (max. 3,2 % in GC- 2, 56 – 58 cm). Eine Abgrenzung der Pollenteilzone PAZ-2d von der PAZ-2c Ergebnisse 87 erscheint deshalb sinnvoll. Für beide Pollenteilzonen kann ein Magellanischer Regenwald rekonstruiert werden, der einen hohen ökologischen Reifungsgrad erreicht hat. Unter den Hygrophyten fällt die synchrone Abnahme der Juncanae und Pteridophyta auf. Einzig der GC-2-Bereich zwischen 106 – 112 cm innerhalb der PAZ-2c zeigt erhöhte Frequenzen der Cyperaceae und Juncaceae an (max. 125,1 % in GC-2, 110 – 112 cm). Die Hartpolster-Moorvegetation bestehend aus Astelia pumila und Donatia fascicularis ist kontinuierlich in den PAZ-2c und PAZ- 2d vorhanden. Die Pollenkörner von A. pumila nehmen nach ihrem Maximum in der PAZ-2b in den ältesten Proben der PAZ-2c deutlich ab (157,5 – min. 4 %). Die Anteile von Donatia fascicularis nehmen in der PAZ-2c dagegen zu und erreichen ihr holozänes Maximum (3,7 % in GC-2, 114 – 116 cm). Die fleischfressende Pflanzenart Drosera uniflora kann in zahlreichen Proben der PAZ-2c und PAZ-2d nachgewiesen werden.

PAZ-3: Der Wechsel der Pollen Assemblage Zone PAZ-2 zur PAZ-3 ist durch die Tephradeposition des Mt. Burney-Vulkanausbruchs (4.254 a cal. B.P.) gekennzeichnet (Anhang 1). Es lassen sich nach der Vulkanstörung zwei Pollenteilzonen unterscheiden (PAZ-3a, -3b) (Tab. 8).

Pollen Assemblage Zonen Tiefe (cm) datierte Proben cal. a B.P. Radiokarbonjahre Mt. Burney-Tephra 42-50 McCulloch & Davies 2001 4.254 3.860 +/-50 GC-2-PAZ-3a 42-22 GC-2, 40-42 cm 3.674 3.382 +/-44 GC-2-PAZ-3a 42-22 GC-2, 30-32 cm 2.800 2.618 +/-32 GC-2-PAZ-3b 22-0

Tab. 8: Die PAZ-3-Teilzonen und ihre zeitliche Einordnung anhand datierter Proben.

Unmittelbar über der Tephralage des Mt. Burney (4.254 a cal. B.P.) beginnt die Akkumulation von Pollenkörnern und Sporen erst nach einem Hiatus im Torfwachstum von 580 a (4.254 a – 3.674 a cal. B.P.). Der dominierende Pollentyp in der ersten GC-2-Torfprobe (GC-2, 40-42 cm) über der Tephralage stammt von der Pionierpflanze Gunnera magellanica (52,5 %) (Anhang 1, Abb. 54). Der Nothofagus-Anteil dagegen sinkt in dieser Probe am Beginn der PAZ-3a auf 33,3 % ab. Unmittelbar vor der Tephradeposition in PAZ-2d beträgt die Frequenz der Nothofagus-Pollenkörner noch 79,4 %. Im Verlauf der PAZ-3a Ergebnisse 88 nehmen die Nothofagus-Frequenzen wieder stetig zu und erreichen in der Probe GC-2, 22 –24 cm, mit 89,6 % einen dominierenden Anteil unter den terrestrischen Pollentypen. Dieser Verlauf der Nothofagus-Pollenkurve in PAZ- 3a (Anhang 1) wird als Prozess der Waldregeneration nach der Mt. Burney- Vulkanstörung rekonstruiert. Neben dem Anstieg der Gunnera-Pollenkörner in den ersten Torfproben über der Tephralage, steigen die Frequenzen der Gramineen ebenfalls an (Anhang 1, Abb. 54). Während Gunnera magellanica bereits in der ersten Torfprobe (GC-2, 40-42 cm) über der Tephralage ihren höchsten Wert nach dem Mt. Burney- Ausbruch (4.254 a cal. B.P.) einnimmt, erreichen die Gramineen-Anteile erst verzögert in der vierten Probe (GC-2, 34-36 cm) nach der Störung ihren maximalen Wert. Mit 23,8 % ist dies gleichzeitig das Gramineen-Maximum im Holozän des GC-2-Profils. Die unmittelbar über der Tephralage der Mt. Burney- Eruption (4.254 a cal. B.P.) ansteigenden Frequenzen von Gunnera magellanica und der Gramineen werden als Indikatoren für die Primärsukzession nach der Vulkanstörung rekonstruiert. Mit der Abnahme der Gunnera- und Gramineen- Anteile vermindern sich auch die Hinweise auf Vorgänge der Primärsukzession. In der Probe GC-2, 30-32 cm, sind die Pollenkörner von Gunnera magellanica auf 7,9 % und die der Gramineen auf 5,3 % gesunken. Das Ausklingen der Primärsukzession wurde in dieser Probe mit 2.800 a cal. B.P. datiert (Tab. 8). Dies entspricht einem Zeitraum von 1.454 a nach der Tephradeposition des Mt. Burney (4.254 a cal. B.P.) bzw. 874 a nach dem Wiedereinsetzen des Torfwachstums (3.674 a cal. B.P.), in dem sich Prozesse der Primärsukzession in PAZ-3a nachweisen lassen.

Die Pollenteilzone PAZ-3a zeichnet sich ferner durch einen deutlichen Rückgang der Myrtaceae und Ranunculaceae aus. Ebenfalls sinken die Pollenanteile von Empetrum rubrum und der Compositae (Anhang 1). Ergebnisse 89

% Terrestrische Pollen 0 102030405060

0-2 2-4cm 4-6cm 6-8cm 8-10cm 10-12cm 12-14cm 14-16 16-18 18-20 20-22 22-24 24-26 26-28 28-30 2800 a cal 30-32 BP 32-34 34-36 Tiefe (cm) 36-38 3674 a cal BP 38-40 40-42

Hiatus: 4254 a - 3674 a = 580 a Mt. Burney-Tephra 4254 a cal BP

50-52 52-54 54-56 56-58 58-60 60-62 62-64 64-66

Gramineae Gunnera

Abb. 54: Verlauf der Primärsukzession im GC-2-Profil nach der Mt. Burney-Störung (4.254 a cal. B.P.) und einem Hiatus (580 a), dargestellt anhand der Pollenfrequenzen von G. magellanica und Gramineen.

Unter den Hygrophyten erfahren die Juncanae nach der Tephradeposition einen Zuwachs ihrer Pollenanteile (max. 21,2 % in GC-2, 38 – 40 cm). Die Vegetation der Hartpolster-Moore dagegen geht signifikant zurück (Anhang 1). Astelia pumila besitzt in PAZ-3a nur noch Frequenzen von max. 2,4 % (GC-2, 28 – 30 cm). Synchron dazu verlieren auch die Anteile von Donatia fascicularis mit max. 0,2 % (GC-2, 34 – 36 cm) an Bedeutung. Drosera uniflora ist sogar nur noch in einer Probe (GC-2, 34 – 36 cm) nachweisbar. Aufgrund des deutlichen Ergebnisse 90

Rückgangs dieser hygrophytischen Ökotypen wird eine starke Schädigung speziell der Hartpolster-Moorvegetation rekonstruiert. Auffallend in der PAZ-3a (Anhang 1) ist ferner der Anstieg von Fusarium- Konidien (Mycota). Bereits in PAZ-2d treten diese Dauerstadien der Fusarium- Pilze vermehrt auf. In PAZ-3a konnten Fusarium-Konidien gehäuft (max. 25,1 % in GC-2, 24 – 26 cm) angetroffen werden. Erst in PAZ-3b erfolgt der Rückgang dieser Indikatoren für cellulosezersetzende Vorgänge. In der Pollenteilzone PAZ-3b erfolgt bei stabilen Nothofagus-Werten von über 68 % ein deutlicher Wiederanstieg der Pollenfrequenzen von Empetrum rubrum und der Ranuculaceae (Anhang 1). Ebenfalls kommt es zu einem Zuwachs der Anteile der Myrtaceae, Compositae sowie von Pernttya spp. und Drimys winteri. Der Pollentyp D. winteri weist mit 2,2 % (GC-2, 16 – 18 cm) sein Maximum der letzten 8 ka cal. B.P. auf. Für die Probe GC-2, 10 – 12 cm, wird ein leichter Anstieg von Gunnera magellanica auf 14 % verzeichnet (Anhang 1). In diesem Zusammenhang ist die Rekonstruktion von potentiellen Prozessen der Primärsukzession nach der 2 ka

B.P. Eruption des Mt. Burney (HOHNER 2001) möglich. Bei der Bohrung des GC- 2-Kernes am 9. August 2000 fiel eine grobkörnigere Lage in der Tiefe 15 – 15,5 cm auf (Abb. 14). Eine Datierungen dieses Bereiches der PAZ-3b wurde bisher nicht vorgenommen, so dass die 2 ka B.P. Tephralage des Mt. Burney noch nicht im GC-2-Archiv zweifelsfrei bestätigt werden konnte. Unter den Hygrophyten ist die erneute Zunahme von Astelia pumila und Donatia fascicularis auffallend. Mit 59,1 % (GC-2, 2 – 4 cm) erreicht A. pumila ihren höchsten Pollenanteil seit 8 ka cal. B.P. Auch die Pollenfrequenzen von Drosera uniflora weisen im jüngsten Abschnitt der PAZ-3b bis zu 0,6 % (GC-2, 4 – 6 cm) auf (Anhang 1). Für die PAZ-3b werden die gereiften Stadien einer Regenerationsukzession rekonstruiert, die initial von der Vulkanstörung vor 4.254 a cal. B.P. ausgelöst wurden und schließlich im rezenten Vegetationsbild münden.

Aufgrund ihres singulären Auftretens wurden die Pollenkörner von Fuchsia magellanica, Ribes magellanicum und Myriophyllum quitense in die Gruppe der Varia zusammengefasst. Zugunsten einer besseren Übersichtlichkeit sind diese drei Variatypen nicht im GC-2-Pollendiagramm (Anhang 1) dargestellt worden. Ergebnisse 91

Die Pollenkörner von Fuchsia magellanica und Ribes magellanicum erfahren ihre Verbreitung mittels Zoochorie. Im Gegensatz zu den anemochoren Pollentypen sind ihre Pollenfrequenzen nicht repräsentativ für die Häufigkeit der blühenden Pflanzen. Die Wasserpflanze Myriophyllum quitense war ausschließlich einmal in PAZ-1a zu finden und wurde deshalb zu den Varia gestellt.

3.1.8 Pollen- u. Sporenkonzentrationen im GC-2-Profil

Die Berechnung der Pollen- und Sporenkonzentrationen konnte mit Hilfe der quantitativ definierten Zugabe von exotischen Lycopodiumsporen durchgeführt werden (STOCKMARR 1971). Es wurden sowohl die Pollendichten für terrestrische Pollenkörner, als auch die Konzentrationen der lokalen Moorvegetation (Hygro- und Hydrophyten) bestimmt.

Pollen Assemblage Zonen x Terrestrische s Terrestrische x Lokale s Lokale Einheit GC-2-PAZ-1a, 270-216 cm 2,7 1,69 0,19 0,06 x 103/cm3 GC-2-PAZ-1b, 216-192 cm 12,47 15,85 1,32 1,75 x 103/cm3 GC-2-PAZ-2a , 192-166 cm 11,36 8,17 29,56 15,71 x 103/cm3 GC-2-PAZ-2b, 166-136 cm 27,2 15,88 42,13 23,66 x 103/cm3 GC-2-PAZ-2c, 136-64 cm 84,97 41,47 36,73 14,16 x 103/cm3 GC-2-PAZ-2d, 64-50 cm 62,74 23,83 22,86 11,24 x 103/cm3 GC-2-PAZ-3a, 42-22 cm 48,75 22,63 8,1 4,23 x 103/cm3 GC-2-PAZ-3b, 22-0 cm 114 59,23 40,36 23,97 x 103/cm3

Tab. 9: Mittelwerte (x) und Standardabweichungen (s) aus den Konzentrationsdaten der Pollen Assemblage Zonen (PAZ) des GC-2-Kernes.

Das Spätglazial im GC-2-Kern zeichnet sich allgemein durch niedrige Pollendichten aus (Anhang 1, Tab. 9). Bis zur Probe GC-2, 198 - 200 cm, sind niemals mehr als 6,4 x 103/cm3 terrestrische Pollenkörner (GC-2, 202 – 204 cm) in einer spätglazialen Probe vorhanden. Die maximalen Dichten für die lokalen Hygro- und Hydrophytenpollenkörner liegen mit max. 0,5 x 103/cm3 (GC-2, 200 – 202 cm, 202 – 204 cm) noch um eine Dekade tiefer. Ab der Probe GC-2, 198 - 200 cm, läßt sich ein deutlicher Anstieg der terrestrischen Pollenkonzentrationen verzeichnen (Anhang 1, Tab. 9). Die Probe GC-2, 192 – 194 cm, am Beginn des Holozäns beinhaltet bereits 44,5 x 103 Ergebnisse 92

Pollenkörner/cm3 (zwischen den mit 10.938 a cal. B.P. und 11.224 a cal. B.P. datierten Proben GC-2, 190 – 192 cm und GC-2, 194 – 196 cm).

In der Teilpollenzone PAZ-2a schwanken die Konzentrationen zwischen max. 31,1 x 103 Pollenkörner/cm3 (GC-2, 166 – 168 cm) und min. 2,6 x 103 Pollenkörner/cm3 (GC-2, 178 – 180 cm); die mittlere terrestrische Pollen- konzentration liegt in PAZ-2a bei 11,36 x 103 Pollenkörner/cm3 (Tab. 9). Die ansteigende Pollenkonzentration der lokalen Hygro- und Hydrophyten überholt in der PAZ-2a mit einem Mittelwert von 29,56 x 103 Pollenkörner/cm3 die Dichte der terrestrischen Pollenkörner (Tab. 9).

Die PAZ-2b besitzt einen Mittelwert der terrestrischen Pollenkonzentration von 27,2 x 103 Pollenkörner/cm3 (Tab. 9). Die Extremwerte schwanken zwischen max. 50,1 x 103 Pollenkörner/cm3 (GC-2, 160 – 162 cm; GC-2, 148 – 150 cm) und min. 12 x 103 Pollenkörner/cm3 (GC-2, 142 – 144 cm). Die Pollendichte der lokalen Moorvegetation liegt in PAZ-2b mit einer mittleren Konzentration von 42,13 x 103 Pollenkörner/cm3 über den terrestrischen Pollendichten (Tab. 9). In den ältesten Pollenteilzonen des Holozäns (PAZ-2a, -2b) finden sich demnach höhere Konzentrationen von lokalen Pollenkörnern und Sporen im Vergleich zu terrestrischen Pollenkörnern.

In PAZ-2c beträgt der Mittelwert der Pollendichten 84,79 x 103 Pollenkörner/cm3 (Tab. 9). Demnach wird die mittlere Konzentration der lokalen Moorvegetation, die nur 36,73 103 Pollenkörner/cm3 beträgt, in PAZ-2c von den terrestrischen Pollenkörnern überschritten. Bis zur Gegenwart von PAZ-3b hält dieser Trend von höheren terrestrischen Mittelwerten in Relation zu den mittleren lokalen Konzentrationen an. Das Maximum der Terrestrischen fand sich mit 157,9 x 103 Pollenkörner/cm3 in der Probe GC-2, 88 – 90 cm; das Minimum liegt bei 10,6 x 103 Pollenkörner/cm3 in der Probe GC-2, 136 – 138 cm.

Für die PAZ-2d gilt eine mittlere Pollendichte von 62,74 x 103 terrestrischen Pollenkörnern/cm3 gegenüber 22,86 x 103 lokalen Pollenkörnern/cm3 (Tab. 9). Die terrestrischen Werte schwanken in PAZ-2d zwischen max. 103,5 x 103 Ergebnisse 93

Pollenkörner/cm3 (GC-2, 62 – 64 cm) und min. 28,5 x 103 Pollenkörner/cm3 (GC- 2, 54 – 56 cm).

In der PAZ-3a unmittelbar nach der Tephradeposition des Mt. Burney (4.254 a cal. B.P.) findet ein deutlich stärkerer Rückgang der lokalen Konzentrationen gegenüber den terrestrischen Konzentrationen statt (Anhang 1, Tab. 9). So beträgt die mittlere terrestrische Pollendichte 48,75 x 103 Pollenkörner/cm3 gegenüber 8,1 x 103 Pollenkörner/cm3, dem Mittelwert der Konzentrationen der lokalen Pollen und Sporen. Der niedrigste Wert von 9,9 x 103 terrestrischen Pollenkörnern/cm3 tritt unmittelbar in der ersten Torfprobe chronologisch nach dem Vulkanereignis und dem Hiatus von 580 a auf (GC-2, 40 – 42 cm, 3674 a cal. B.P.). Gleiches gilt mit 2,2 x 103 Pollenkörnern/cm3 für die lokalen Pollendichten der Hygro- und Hydrophyten. Die höchste terrestrische Pollendichte in PAZ-3a wurde in Probe GC-2, 30 – 32 cm (2.800 a cal. B.P.) mit 79,6 x 103 Pollenkörner/cm3 beobachtet. Die lokalen Pollenkonzentrationen bleiben in PAZ-3a auf einem niedrigen Niveau von max. 16,7 x 103 Pollenkörner/cm3 (GC-2, 36 – 38 cm).

Im jüngsten Abschnitt des GC-2-Profils lassen sich die höchsten terrestrischen Pollendichten des gesamten Kernes verzeichnen. In der PAZ-3b liegt der Mittelwert der terrestrischen Pollenkonzentration bei 114 x 103 Pollenkörner/cm3 (Tab. 9). Das Maximum des GC-2-Kernes beträgt 207,9 x 103 Pollenkörner/cm3 in der Probe GC-2, 14 – 16 cm; die geringste terrestrische Pollenkonzentration der PAZ-3b fand sich in Probe GC-2, 0 – 2 cm mit 38,4 x 103 Pollenkörner/cm3. Mit einem Mittelwert von 40,36 x 103 Pollenkörner/cm3 bleiben die lokalen Pollendichten deutlich unter den terrestrischen Konzentrationen.

3.2 Andere Archive

Von den Kernen GC-1a (Anhang 2) und Chandler (Anhang 3) wurden nur vergleichsweise wenige Proben pollenanalytisch untersucht, da beide Archive für die Anfertigung eines Pollenstandarddiagramms nicht geeignet waren. Die Gründe hierfür sollen nachfolgend aufgezeigt werden. Es erfolgt deshalb nur Ergebnisse 94

eine kurze Übersicht über die palynologischen Ergebnisse der untersuchten Proben des GC-1a- und Chandler-Kernes. Diese beiden Kerne aus dem Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado dienten primär dazu, vor der eigentlichen Aufbereitung und Analyse des GC-2-Kernes erste Erfahrungen mit der Pollenflora des Magellanischen Regenwaldes zu sammeln.

Vergleich GC-2-Kern GC-1a-Kern Chandler-Kern älteste Datierung 14.122 a cal. B.P. 2.450 a cal. B.P. (GC- 12.535 a cal. B.P. (CHK 1/7, 85-86) (GC2-L2, 268-270 cm) 1a, 59) Tiefe 2,7 m 1,8 m (HOHNER 2001) 6,2 m (HOHNER 2001) Sedimente Torf, glazilimnisch Torf limnisch, glazilimnisch Höhenlage 70 m ü.N.N. 12 m ü. N.N. (HOHNER 45 m ü. N.N. (HOHNER 2001) 2001) Mt. Burney 4.254 a cal. Mt. Burney 2.000 a B.P. Mt. Burney 4.254 a cal. B.P. (HOHNER Tephralagen B.P. (HOHNER 2001) (HOHNER 2001) 2001), ? Mt. Burney 2.000 a B.P. ? Mt. Burney 2 ka B.P. ungestört kontinuierlich, Umlagerungen nach Mt. allochthoner Eintrag nach Mt. Burney Stratigraphie Hiatus nach Mt. Burney Burney 2.000 a B.P. 4.254 a cal. B.P. (HOHNER 2001) 4.254 a cal. B.P. Pollen- /Sporentypen 26 23 23 untersuchte Proben 122 25 10

Tab. 10: Vergleich der im Untersuchungsgebiet Gran Campo Nevado erprobten Kerne GC-2, GC-1a und Chandler anhand verschiedener Kriterien.

3.2.1 GC-1a

Mit seinen 23 Typen von Pollenkörnern und Sporen, entspricht das qualitative Pollenspektrum der untersuchten GC-1a-Proben (Anhang 2) weitgehend den Ergebnissen aus der Analyse des GC-2-Kernes (Anhang 1, Tab. 10). Im GC-1a konnten Fuchsia magellanica, Ribes magellanicum und Embothrium coccineum nicht dargestellt werden. Alle diese drei Pollentypen finden sich auch im GC-2- Kern nur vereinzelt und mit nur geringen Pollenfrequenzen. Bei Fuchsia magellanica und Ribes magellanicum kann das Fehlen im GC-1a bzw. die niedrigen Anteile im GC-2-Kern mit Zoochorie der Pollenkörner erklärt werden. Die Frequenzen der Pollentypen im GC-1a (Anhang 2) unterscheiden sich jedoch quantitativ von dem chronologisch entsprechenden Abschnitt im GC-2- Ergebnisse 95

Kern. Die beiden Profile lassen sich im Bereich 0 – 2.450 a cal. B.P. miteinander vergleichen. Ältere datierte Proben liegen aus dem GC-1a nicht vor (HOHNER 2001). So entspricht der GC-1a-Kern zeitlich in etwa dem GC-2-Abschnitt von 0 – 32 cm, da die Probe GC-2, 30 – 32 cm, mit 2.800 a cal. B.P. datiert werden konnte.

Auffallend sind die vergleichsweise hohen Frequenzen der Pollenkörner von Gunnera magellanica im GC-1a-Kern (Anhang 2): min. 6,5 % in GC-1a, 138 – 140 cm; max. 51,3 % in GC-1a, 104 – 106 cm. Im GC-2-Kern dieses chronologischen Bereiches liegt das Minimum bei 1,4 % (GC-2, 22 – 24 cm) und das Maximum bei nur 14 % (GC-2, 10 – 12 cm). Ferner beschreiben auch die Sporen der Pteridophyta einen bemerkenswert abweichenden Verlauf zwischen beiden Kernen. Im GC-1a-Kern weisen die Pteridophyta im Bereich von 104 – 122 cm Sporenanteile von über 50 % auf. Die Probe GC-1a, 110 - 112 cm, besitzt das Maximum aller untersuchten Proben dieses Kernes mit 392,1 %. In Relation dazu konnten im chronologisch vergleichbaren Abschnitt des GC-2- Kernes nur eine maximale Sporenfrequenz von 10,1 % in der Probe GC-2, 0 - 2 cm, festgestellt werden. Die deutlichen Abweichungen zwischen beiden palynologischen Archiven (Anhang 1, 2) können mit naturräumlichen Unterschieden erklärt werden. Das GC-1a-Archiv liegt unmittelbar nördlich des Schwemmfächers des Rio Lengua. So sind höhere Grundniveaus von Pionierpflanzen wie Gunnera magellanica im Einzugsgebiet dieses Schwemmfächers zu erwarten, da durch die hohe fluviatile Störungsdynamik in diesem Vegetationsbereich die Regenerationsniveaus auf niedrigem Niveau verbleiben.

Grundsätzlich ist der GC-1a-Kern mit 2.450 a cal. B.P. nicht alt genug (Tab. 10), um als Profil für ein Standardpollendiagramm zu fungieren. Ferner ist die stratigraphische Verteilung der Pollenfrequenzen von Gunnera magellanica ein Indiz dafür, dass in diesem Archiv mit sekundären Umlagerungen gerechnet werden muss. Nach HOHNER (2001) befindet sich im GC-1a-Profil eine Aschenlage eines Mt. Burney-Ausbruches vor 2 ka B.P. in der Tiefe 88 - 102 cm. Da sich das Maximum des Störungsindikators Gunnera magellanica mit 51,3 % (GC-1a, 104 - 106 cm) stratigraphisch unterhalb der Mt. Burney-Tephra (2 ka Ergebnisse 96

B.P.) befindet (Anhang 2), kann eine sekundäre Umlagerung rekonstruiert werden. Die nachgewiesene Tephralage im GC-1a (HOHNER 2001) hat ihren Ursprung demnach nicht in einer primären Deposition, sondern ist die Folge eines Erosions- bzw. Umlagerungsereignisses. So lässt der palynologische Befund folgende Rekonstruktion zu: Die Gunnera- Pollenkörner als Störungsindikatoren steigen nach dem Ausbruch des Mt.

Burney vor 2 ka B.P. (HOHNER 2001) auf maximale 51,3 % im GC-1a-Kern an. Aber erst nach dieser eigentlichen Störung findet eine Einschwemmung von erodiertem Material in den GC-1a statt. Ob die relativ geringfügige Zunahme von Gunnera magellanica im GC-2-Profil (14 % in GC-2, 10 – 12 cm) zeitlich synchron zu dem Gunnera-Maximum im GC-1a auftritt und damit ebenfalls eine

Reaktion auf die Mt. Burney-Eruption 2 ka B.P. (HOHNER 2001) darstellen würde, ist noch fraglich, da keine Datierung der Probe GC-2, 10 – 12 cm, vorliegt. Im ungestörten GC-2-Profil läßt sich jedoch eine grobkörnige Lage als potentielle Tephralage des Mt. Burney 2 ka B.P. in der GC-2-Tiefe von 15 – 15,5 cm beobachten (Abb. 14).

3.2.2 Lago Chandler

Das Chandler-Profil reicht mit 12.535 a cal. B.P. bis ins Spätglazial zurück. Die älteste Datierung (Tab. 10) des Chandler-Kernes (CHK 1/7, 85-86) ist 1.587 a jünger als die älteste datierte Probe im GC-2-Kern (14.122 a cal. B.P. in GC-2, 268 – 270 cm). Qualitativ stimmt das Pollen- bzw. Sporenspektrum des Chandler-Kernes (Anhang 3) weitgehend mit dem des GC-2-Kernes (Anhang 1) überein. Die 23 Pollen- bzw. Sporentypen des Chandler-Profils gibt es auch im GC-2-Archiv. Es finden sich in den Chandler-Proben jedoch keine Pollenkörner von Drosera uniflora, Fuchsia magellanica und Ribes magellanicum. Jedoch ist es problematisch, mit den palynologischen Ergebnissen des Chandler-Kernes vegetationsgeschichtliche Abläufe zu beschreiben. Einerseits sind mit nur zehn Proben zu wenige Analysen durchgeführt worden (Anhang 3, Tab. 10), andererseits ergeben sich in Bezug auf die Stratigraphie dieses Seearchivs Schwierigkeiten: Im mittleren Bereich des Chandler-Kernes (ca. 1,1 Ergebnisse 97 m – 3,9 m) weisen die radiokarbondatierten Proben auf einen Fremdeintrag von Bodenmaterial aus dem Einzugsbereich des Lago Chandler hin. Ab der Probe CHK 1/5a, 83 - 85 cm, wurden die nach oben in Richtung Oberfläche folgenden Proben (CHK 1/3b, 38 – 40 cm; CHK 1/1b, 44 – 46 cm) nicht erwartungsgemäß jünger, sondern älter datiert (HOHNER 2001). Demnach ist keine autochthone Sedimentation von anemochoren Pollenkörner gewährleistet, die in einem chronologisch linearen Zusammenhang stehen würden. Für ein Standardpollendiagramm ist der Lago Chandler deshalb nicht geeignet. Diskussion 98

4. Diskussion

Wie dargestellt (Kap. 3.), konnte für das Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado ein kontinuierlich ausgezähltes Standardpollendiagramm mit sieben Radiokarbondatierungen angefertigt werden.

Die Isla-Clarence-Pollendiagramme von AUER (1958) sind undatiert und nicht kontinuierlich ausgezählt worden. Die Pollendiagramme von Puerto del Hambre

(HEUSSER 1995a, HEUSSER et al. 2000, MCCULLOCH & DAVIES 2001) befinden sich bereits im Übergangsbereich zum sommergrünen Nothofagus pumilio-Wald. Deshalb handelt es sich bei der hier vorgestellten Untersuchung um das erste Pollenstandarddiagramm für den Magellanischen Regenwald (52°48´S,

72°55´W) aus seinem superhumiden Verbreitungsgebiet (7.000 mm/a SCHNEIDER et al. 2002). Nachfolgend sollen die ökologischen Besonderheiten diskutiert werden, die sich aus der pollenanalytischen Rekonstruktion der Vegetationsgeschichte des Magellanischen Regenwaldes ergeben. Ein Schwerpunkt muß dabei auf die Interpretation von vegetationsdynamischen Prozessen gelegt werden, wie sie im zeitlichen Verlauf des Spätgalzials, der holozänen Waldentwicklung sowie nach den Eruptionen des Mt. Burney-Vulkans nachgewiesen werden konnten.

4.1 Diversität der Pollenflora

Die Unterscheidung von 24 Pollentypen der Spermatophyta sowie die allgemeine Quantifizierung von Pteridophyten-Sporen und Konidien der Fusarium-Deuteromycetes (Anhang 1, 2, 3) kann nur ein relatives Bild der Biodiversität des eukaryotischen Pflanzenreiches im Untersuchungsgebiet geben.

Im Vergleich zu Pollen- und Sporenanalysen aus Mitteleuropa (LANG 1994,

FRIEDMANN 2000, JERZ & PETERS 2002) ist die Anzahl der unterscheidbaren Typen im Pollenspektrum des Magellanischen Regenwaldes jedoch auffällig niedrig. Diskussion 99

Allgemein weist der Magellanische Regenwald in Relation zu anderen Waldregionen Patagoniens eine eingeschränkte Diversität an Spermatophyta auf. Im direkten Vergleich (VEBLEN et al. 1996) mit dem Patagonischen bzw. Valdivianischen Regenwald im Norden sowie mit dem sommergrünen Nothofagus pumilio-Wald im Osten besitzt der Magellanische Regenwald die geringste Vielfalt an Baumarten (Abb. 55).

n 30

25

20

15

10

5

0 Valdivianischer RW Patagonischer RW Magellanischer RW temperierter Wald

Abb. 55: Vergleich zwischen der Anzahl der Baumarten (n) im Valdivianischen Regenwald (37°45´-43°20´S), Patagonischen Regenwald (43°20´-47°30´S), Magellanischen Regenwald

(47°30´S – 56°S) und sommergrünem Nothofagus pumilio-Wald (47°-55°S) (VEBLEN et al. 1996).

Die eingeschränkte Anzahl an Pollentypen kann aber auch in einem technischen Defizit gesucht werden. So besteht für die Flora des Magellanischen Regenwaldes noch keine pollenanalytische Forschungstradition wie sie etwa in

Europa seit Anfang des 20. Jahrhunderts kultiviert wird. AUER (1958) unterscheidet in seinen Diagrammen, die im superhumiden Verbreitungsbereich des Magellanischen Regenwaldes erprobt wurden, zwischen 10 und 18 verschiedenen Pollentypen (Isla Clarence, Diagramme T 39, T 41). Dabei hat

AUER noch versucht, die drei Nothofagus-Arten zu unterscheiden (Kap. 3.1.5). Besonders das Fehlen einer umfangreichen Pollenvergleichssammlung bedingt eine reduzierte, systematische Auflösung des Untersuchungsmaterials. Die Diskussion 100

Erfassung der rezenten Flora des Magellanischen Regenwaldes in Form einer Pollenvergleichssammlung steckt noch in den Anfängen (Kap. 2.4). Es ist zu erwarten, dass sich mit Hilfe eines umfangreicheren Pollenherbars die Anzahl der unterscheidbaren Pollentypen erhöhen lassen würde. Dies gilt insbesondere für die Familien der Cariophylaceae, Compositae und Ranuculaceae.

Im Vergleich zu mitteleuropäischen Pollendiagrammen kommt als weitere Ursache für die relativ reduzierte Zahl an fuego-patagonischen Pollentypen das vollständige Fehlen von Kulturzeigern hinzu. Der Magellanische Regenwald im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado ist ein Naturwald, der bisher keine Eingriffe von Forst- oder Landwirtschaft erfahren hat (Kap. 1.7). Die für bewirtschaftete Kulturlandschaften typischen Pollenspektren, die sich gerade durch ihre artenreiche synanthrope Flora (LANG 1994) charakterisieren, sind deshalb nur sehr eingeschränkt auf die Gegebenheiten des Magellanischen Regenwald übertragbar.

Zugleich ist der relativ eingeschränkte Umfang an Pollentypen aber auch die Voraussetzung für die technische Durchführbarkeit der vorliegenden Untersuchung. Bei einer größeren Diversität, wie sie etwa im Valdivianischen Regenwald zu finden ist, würde das Fehlen einer umfangreichen Pollenvergleichssammlung sicherlich schwerwiegendere Interpretationsprobleme verursachen, als es bei der vegetationsgeschichtlichen Bearbeitung des Magellanischen Regenwaldes der Fall ist.

4.2 Vegetationsdynamik im Spätglazial

Der älteste Abschnitt des GC-2-Kernes besteht von 14.122 a bis 11.224 a cal. B.P. aus glazilimnischen Sedimenten (270 cm - 194 cm). In diesem spätglazialen Segment lassen sich vor allem Pollenkörner von Gunnera magellanica sowie von Nothofagus spp. und Gramineen nachweisen. Für diesen Zeitabschnitt wird eine waldfreie Landschaft rekonstruiert, die bestimmt ist von Pionierpflanzen wie G. magellanica und einer Strauchvegetation aus N. antarctica. Diskussion 101

Herkunft Tiefe (cm) Radiokarbonjahre Alter, a cal BP GC2 190-192 9.659 +/-83 10.938 GC2 194-196 9.740 +/-42 11.224 Jüngere Dryas  10.000-11.000 11.590–12.680 Lang (1994) Stebich (1999) GC2 206-208   dunkles Sedimentband 208-210   GC2 268-270 12.017 +/-203 14.122 Vn Reclús nicht im GC2 12.693 +/-192 15.334 McCulloch & Davies (2001)

Tab. 11: Datierte GC-2-Proben und Position der dunklen Sedimentlage (206 – 210 cm) im Vergleich mit spätglazialen Ereignissen wie dem Vulkanausbruch des Reclús und der Jüngeren Dryas.

Der Anteil von Gramineen-Pollenkörnern am spätglazialen Spektrum mit min. 0,7 % bis max. 23,2 % lässt die Existenz von pleistozänen Weidegängern wie dem Riesenfaultier (Mylodon spp.) im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado unwahrscheinlich erscheinen. Ferner sind auch die Ericaceen-Frequenzen im spätglazialen Pollenspektrum des GC-2-Kernes gering, so dass größeren Herden pleistozäner Mammalia sicherlich die Nahrungsgrundlage gefehlt haben dürfte. Demnach lässt sich sowohl faunistisch als auch floristisch die waldfreie, spätglaziale Landschaft der Península Muñoz Gamero nur bedingt mit den pleistozänen Steppengebieten im Osten vergleichen. Als markantester Unterschied fällt am Gran Campo Nevado die Dominanz von Gunnera magellanica auf, die sich in paläoökosystemaren Untersuchungen etwa auf der

Península Brunswick (HEUSSER et al. 2000, MCCULLOCH & DAVIES 2001) nicht nachweisen lässt. Östlich der Andenkordillere, entlang des rezent abnehmenden Niederschlagsgradienten herrschten im Spätglazial Ericaceen und Gramineen vor (MARKGRAF et al. 1996). Es kann deshalb angenommen werden, dass bereits im Spätglazial des Gran Campo Nevado deutlich höhere Niederschlagsmengen aufgetreten sind, als in den benachbarten Regionen im Osten. So gestaltet sich der unmittelbare Vergleich der Paläoökosyteme entlang der West-Ost-Achse problematisch, da hier nicht nur rezent, sondern auch im Spätglazial grundsätzlich unterschiedliche Vegetationsformen in ihrer spezifischen Dynamik verglichen werden. Diskussion 102

Im jüngsten Bereich des Spätglazials (Anhang 1: PAZ 1 b) erfolgte im Untersuchungsgebiet eine signifikante Zunahme des Heliophyten G. magellanica sowie ein Absinken der Nothofagus-Frequenzen. Wie kann dieser auffällige Anstieg der Pollenkörner von Gunnera magellanica erklärt werden? Allgemein lässt die Zunahme des Mineralbodenheliophyten Gunnera magellanica auf eine Zunahme von offenen, unbesiedelten Pionierstandorten schließen (STICKLING 2002). Die Auflichtung sowie Zurückdrängung der Nothofagus antarctica-Strauchvegetation könnte eine mögliche Erklärung dafür sein. Als Ursachen für diese Auflichtung sollen folgende Szenarien diskutiert werden:

1. Es erfolgte ein Gletscherzuwachs im Untersuchungsgebiet. Im Umfeld der sich ausdehnenden Gletscherzungen (z.B. Lenguar-Gletscher, Abb. 2, 10) entstanden neue Moränen sowie großflächige Schotterbereiche, die eine massive Ausbreitung des Mineralbodenheliophyten Gunnera magellaniga begünstigten. Erst mit dem Stillstand des Eiszuwachses und der damit verbundenen Stabilisierung von Moränenzügen kann eine erneute Bestockung von Nothofagus antarctica auf großer Fläche erfolgen. Die Frage, wie es zu einer erneuten Ausdehnung der Gletscher des Gran Campo Nevado kommen konnte, wird nachfolgend noch diskutiert werden.

2. Als weitere Interpretationsmöglichkeit kann ein Verlandungsszenario aufgebaut werden: Der Gunnera-Anstieg ist nicht nur klimatisch bedingt, sondern könnte ein Hinweis für das Verlanden des GC-2 sein. Im Spätglazial war der GC-2 ein kleiner See bzw. Teich, was durch die Anwesenheit von Myriophyllum quitense sowie weiterer limnischer Mikroreste belegt werden konnte (Kap. 3.1.6). Ferner handelt es sich bei den Proben GC-2, 196-198 cm, 194-196 cm, 192-194 cm, um den letzten Bereich mit glazilimnischen Sedimenten (Abb. 14). Ein fluvialer, allochthoner Eintrag in den GC-2 könnte die Verlandung erklären. Ab einer niedrigen Wassertiefe war es Gunnera magellanica möglich, die offene Fläche zu besiedeln. Aus eigenen Beobachten in Feuerland ist Diskussion 103

bekannt, dass Gunnera magellanica auch in überfluteten Standorten existieren kann. Warum kommt in diesem letzten Abschnitt des verlandenden GC-2-Teiches nur Gunnera magellanica gehäuft vor, aber keine Juncanae, die die eigentlichen Hygrophyten darstellen? Die Ursache könnte in der anzunehmenden Oligotrophie des spätglazialen Gewässers liegen. Über eine autochthone Eutrophierung durch planktontische Primärproduktion ist im GC-2 bisher nichts bekannt. Es kann jedoch spekuliert werden, dass im Spätglazial die biogene Nährstoffanreicherung noch relativ gering war. Der Mangel an für Juncanae verfügbaren Nährstoffen, bedeutete für Gunnera magellanica wiederum einen Konkurrenzvorteil durch seine symbiontische Fähigkeit zur autonomen Stickstoffixierung (Kap. 3.1.5, 4.4.1). Vergleichbar mit der substratbildenden Rolle von Gunnera magellanica nach der Tephradeposition des Mt. Burney-Vulkanausbruchs, leitet diese Pionierpflanze auch im verlandenden GC-2 die Sukzession der Vegetation ein. Erst unmittelbar nach dem spätglazialen Gunnera- Maximum folgten deutliche Anstiege der Juncanae und Pteridophyta. Der Abfall der Nothofagus-Pollenkurve könnte in diesem Zusammenhang als Relationseffekt interpretiert werden (Anhang 1). Die Pollen von Gunnera magellanica und Nothofagus spp. sind die dominierenden Pollentypen im Spätglazial. Da als Bezugssumme alle terrestrischen Pollenkörner gelten, führt ein massiver Anstieg eines einziges Pollentypes (in diesem Falle von Gunnera magellanica) zu einer Relationsverschiebung der wenigen anderen Pollenfrequenzen. Allerdings erfolgt nur eine signifikante Abnahme der Nothofagus-Frequenzen; die Gramineen-Kurve bleibt relativ stabil (Anhang 1, Abb. 53). Dies spricht gegen einen solchen Effekt der Relationsverschiebung.

3. Ferner kann ein multikausales Szenario aus obigen Punkten 1. - 2. diskutiert werden. Der erneute Vorstoß von Gletschern des Gran Campo Nevado-Eisfeldes hat zu einem Rückgang der Buschvegetation geführt. Als Folge davon kam es zur verstärkten Erosion und Einspülung von Sedimenten. Die Verlandung des GC-2 wurde damit beschleunigt. Gunnera magellanica konnte sich nicht nur durch den Rückgang von Diskussion 104

Nothofagus antarctica-Beständen neue Standorte erobern, auch der niedrige Wasserspiegel des verlandenden GC-2 begünstigte eine Ausbreitung von G. magellanica und folglich einen verstärkten Eintrag von Gunnera-Pollenkörnern. Der Anstieg der Pollenkonzentrationen am Ende des Spätglazials könnte ebenfalls mit diesem Szenario der regionalen sowie auch lokalen Gunnera-Expansion erklärt werden.

4. Der Ausbruch eines Vulkanes würde ähnliche Veränderungen im Pollenspektrum, wie in der PAZ 1 b (Anhang 1) beschrieben, erwarten lassen. Jedoch konnten keine Hinweise auf eine Tephradeposition in den

Proben GC-2, 206 – 208 cm, 208 – 210 cm, gefunden werden (KILIAN pers. comm. 2002). Aus dem Spätglazial sind im südlichen Patagonien

Tephralagen des Reclús Vulkans bekannt (STERN 1990). MCCULLOCH &

DAVIES (2001) geben als Datum für einen Ausbruch des Reclús 15.334 a cal. B.P. an. Dies liegt demnach vor dem Beginn der Sedimentation im GC-2-Archiv. Die älteste Probe des GC-2, 268 – 270 cm, konnte mit 14.122 a cal. B.P. bestimmt werden. Der Ausbruch des Reclús kommt demnach als Störungsquelle im letzten Abschnitt des Spätglazials im Untersuchungsgebiet nicht in Betracht.

Als Ursache für den signifikanten Anstieg der Pionierpflanze Gunnera magellanica am Ende des Spätglazials kann nach obigen Erläuterungen ein erneuter Vorstoß der Gletscher des Gran Campo Nevado-Eisfeldes als sehr wahrscheinlich gelten. Eine Abkühlung, wie sie der Jüngeren Dryas entsprechen würde, muss deshalb in Betracht gezogen und diskutiert werden. Die Debatte, ob die Jüngere Dryas in Patagonien und damit auch in der Südhemisphäre stattgefunden hat, wird noch immer sehr kontrovers geführt

(HOGANSON & ASHWORTH 1992, ASHWORTH &HOGANSON 1993, HEUSSER 1993a,

1995a, 1998, HEUSSER et al. 2000, MARKGRAF 1993a, 1993b, MARKGRAF et al.

1996, BENNETT et al. 2000, MCCULLOCH & DAVIES 2001, PENDALL et al. 2001). Eine zweifelsfreie Aussage lässt sich bisher nicht erkennen. Der Nachweis bzw. das Fehlen der Jüngeren Dryas im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado, kann einerseits die Hypothese einer globalen spätglazialen Klimaschwankung oder andererseits das regionale Modell einer Klimafluktuation Diskussion 105 im Nordatlantikbereich stützen. Eine eindeutige Position zur Jüngeren Dryas- Frage hat deshalb weitreichende, überregionale Konsequenzen.

Grundsätzlich stellt sich bei dieser Diskussion die Frage, ob die Vegetationsdynamik in der PAZ 1b des GC-2-Archives (Anhang 1) absolutchronologisch überhaupt mit der Jüngeren Dryas korreliert werden kann. Aufgrund ihrer palynologischen Untersuchungen an jährlich geschichteten

Sedimenten des Meerfelder Maares setzt STEBICH (1999) die Jüngere Dryas für einen Zeitraum von 12.680 bis 11.590 a B.P. an; dies sind entsprechend 1.090 Warvenjahre. Diese absolutchronologische Altersangabe wurde aufgrund einer kalendarischen Warvenchronologie erstellt (STEBICH 1999) und kann deshalb mit kalibrierten Datierungen verglichen werden. Das spätglaziale Maximum an Pollenkörnern von Gunnera magellanica wurde in der Probe GC-2, 194 -196 cm, mit 94 % bestimmt (Anhang 1, Abb. 53). Die Datierung dieser Probe ergab ein Alter von 11.224 a cal. B.P.. Demnach tritt die stärkste Ausprägung des Gunnera-Pollen-Signals mit einer Verzögerung von 366 a in der End- bzw. Abschlussphase der nordhemisphärischen Jüngeren Dryas auf. Es ist jedoch zu beachten, dass es sich bei diesem Höchststand von Gunnera magellanica um den Scheitelpunkt handelt. Der Anstieg von G. magellanica bzw. das Absinken von Nothofagus spp.-Pollenkörnern beginnt bereits deutlich früher (Anhang 1). Ein erster Tiefstand der Nothofagus- Frequenzen bzw. der eindeutige Beginn des Anstiegs der G. magellanica- Pollenkörner findet sich in Probe GC-2, 210 - 212 cm. Es liegt aus diesem Bereich keine Radiokarbondatierung vor. Da diese Probe jedoch stratigraphisch um 14 cm tiefer liegt als die datierte Probe GC-2, 194-196, kann von einem Alter deutlich älter als 11.224 a cal. B.P. ausgegangen werden. So würde der Rückgang der Nothofagus-Pollenanteile sowie die Zunahme der G. magellanica-

Frequenzen in den von STEBICH (1999) absolutchronologisch angegebenen Zeitraum der Jüngeren Dryas fallen, 12.680 bis 11.590 a B.P. Das verspätete Maximum von Gunnera magellanica könnte mit einem vergleichbaren Langzeiteffekt erklärt werden, wie er ebenfalls nach der Tephra- Deposition der Mt. Burney-Eruption in der zweiten Hälfte des Holozäns zu beobachten ist (Kap. 3.1.7, Anhang 1). Das Sukzessionsniveau war im Spätglazial sicherlich noch niedriger als im Holozän, so dass Prozesse der Diskussion 106

Primärsukzession, wie sie durch G. magellanica repräsentiert sind, sehr viel andauernder waren. So ist der Tiefstand von Nothofagus spp. bzw. das spätglaziale Maximum von G. magellanica als bereits fortgeschrittene Phase nach einer potentiellen Störung zu werten. Wie nach der Tephradeposition des Mt. Burney (4.254 a cal. B.P.) dargestellt werden konnte (Kap. 3.1.7, 4.4.1), kann dieser Post-Störungsabschnitt deutlich über 1 ka betragen. Im Spätglazial ist sicherlich von noch längeren Regenerationszeiträumen auszugehen. Eine potentielle Klimaschwankung wäre deshalb in der Anfangsphase der absinkenden Nothofagus-Kurve zu suchen. Wie erläutert setzt die Abnahme der Strauchvegetation in den Proben GC-2, 210 - 212 cm, bis GC-2, 204 - 206 cm, ein (Anhang 1). Dieser spätglaziale Abschnitt entspricht den grobkörnigen, dunklen Ablagerungen der Proben GC-2, 208-210, 206-208 (Anhang 1, Abb. 14). Ursache dieses Sedimentwechsels könnte in einem verstärken allochthonen Eintrag liegen. Der Auslöser dieses Sedimenteintrages wäre in zunehmender Erosion als Folge der reduzierten Nothofagus-Strauchvegetation bzw. in fluvialen Prozessen zu suchen. Einen verstärkten allochthonen Sedimenteintrag im direkten Zusammenhang mit der Jüngeren Dryas bestätigt auch STEBICH (1999) anhand ihrer Untersuchungen des Meerfelder Maares in der Eifel. Die Ursache dafür wird ebenfalls in einer Auflichtung der Gehölzpopulationen gesucht.

HEUSSER et al. (1995a, 2000) sehen aufgrund ihrer pollenanalytischen Untersuchungen in Puerto del Hambre (Península Brunswick) einen deutlichen Beleg für das Auftreten der Jüngeren Dryas im Zeitraum zwischen 11.000 – 10.000 14C a B.P. Nach einem wärmeren, trockneren Abschnitt nach 12 14C ka B.P. mit Heidevegetation kam es ab 11 14C ka B.P. zu einer Expansion von

Grassteppe (HEUSSER et al. 2000). Dieser Wechsel soll ein Indikator für ein kühleres, feuchteres Klima während der Jüngeren Dryas darstellen. So postulieren HEUSSER et al. (2000) synchrone Klimaveränderungen in Puerto del Hambre und Europa: „Deglacial vegetation in subantarctic Puerto del Hambre developed as a series of phases forced in the main by climate changes that bear a parallel to the climatic sequence expressed by European chronozones.”

Demnach folgern HEUSSER et al. (2000) auch für Südpatagonien eine Abkühlung wie sie der Jüngeren Dryas entspricht: „The multi-phase process is tied in with multi-step deglaciation, involving recession of the ice during warming of Bølling- Diskussion 107

Allerød age and readvance during colling at the time of the Younger Dryas chronozone.” Die sich ausbreitende Grassteppe zwischen 11.000 – 10.000 14C a B.P. muss jedoch nicht zwingend als Signal für einen Temperaturrückgang interpretiert werden (MARKGRAF 1993a, 1993b, MARKGRAF et al. 1996, MCCULLOCH & DAVIES

2001). Die erhöhten Frequenzen der Gramineen-Pollenkörner erklärt MARKGRAF (1993a) mit der Zunahme von Bränden auf der Paläooberfläche von palynologisch untersuchten Mooren. Diese Feuer-Hypothese wird durch hohe Anteile von Holzkohlepartikeln am Übergang zwischen Spätglazial und Holozän in Moorarchiven wie Lapataia, Puerto Williams, Puerto del Hambre, Punta

Arenas und Torres del Paine bestätigt (MARKGRAF 1993a): „Analysis of charcoal in numerous peat sections from high southern latitudes suggest that these fires were common and regionally extensive, primarily during lateglacial and early

Holocene (...).“ So soll nach MARKGRAF (1993a) die Zunahme der Gräseranteile ein Störungssignal für Brände sein. Das Feuer wiederum findet seine Ursache in erhöhter Trockenheit, insbesondere in den Sommermonaten (MARKGRAF et al.

1996). Dieser Befund wird von MCCULLOCH & DAVIES (2001) bestätigt: „Between c. 10.300 and 8.550 14C yr BP (12.270-12.110 and 9.530 cal. yr BP) an extreme arid phase is recorded, which led to an increase in fires.“ Die Ursache für die Abnahme der Niederschläge am Übergang vom Spätglazial zum Holozän wird mit einem “rainshadow effect” erklärt, der durch deutliche Gletscherzuwächse im

Westen hervorgerufen sein soll (MCCULLOCH & DAVIES 2001). Allerdings muss hier die Frage gestellt werden: Warum hätten sich im letzten Abschnitt des Spätglazials die Gletscher wieder ausbreiten sollen? Oder noch konsequenter formuliert: Wenn es nicht die Jüngere Dryas gewesen sein soll, welche Erklärungsalternativen existieren noch?

Ein möglicher spätglazialer Vorstoß von Gletscherzungen im Untersuchungsgebiet muss nicht ausschließlich mit der Abkühlung des Klimas erklärt werden. Als weiterer Faktor, der zu einer Gletscherausbreitung geführt haben könnte, kann auch eine Zunahme der Niederschlagsmenge bei gleichbleibender Temperatur diskutiert werden. MCCULLOCH & DAVIES (2001) nehmen an, dass im Spätglazial eine Niederschlagserhöhung durch die möglicherweise nach Süden wandernde Westwinddrift stattgefunden hat. Diskussion 108

Demnach soll der Rückgang des Meereises an der antarktischen Küste eine polwärts Verlagerung der Polarfront bewirkt haben, in deren Folge es zu einer Verschiebung der Westwinddrift von Norden nach Süden gekommen ist

(MCCULLOCH & DAVIES 2001). Diese südwärts Wanderung der Westwinddrift hätte somit besonders im Gebiet der Andenkordillere Südpatagoniens zu einer Steigerung der Niederschläge geführt. Folge davon wäre eine erhöhte Schneeakkumulation im Bereich von Eisfeldern wie dem Gran Campo Nevado gewesen, die wiederum ein erneutes Wachstum der Gletscher ausgelöst hätte. Somit könnte also nicht nur eine erneute Abkühlung in Folge der Jüngeren Dryas, sondern ebenso die südwärts Drift der Westwinddrift mit ihrer erhöhten Niederschlagsfracht einen Vorstoß der Gletscher im Spätglazial verursacht haben. Das Signal der sich verändernden Vegetation wäre in beiden Fällen das Gleiche: eine Zunahme von Pionierpflanzen wie Gunnera magellanica auf den durch die vorrückenden Gletscherzungen aufgeworfenen Moränenflächen sowie auf glazifluvial entstandenen Schotterfeldern. So lässt sich alleine aus den pollenanalytischen Ergebnissen im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado keine eindeutige Aussage zugunsten der Jüngeren Dryas oder andererseits für eine spätglaziale Verschiebung der Westwinddrift nach Süden machen.

4.3 Sukzession und Reifung des Magellanischen Regenwaldes

Da es nicht möglich ist, die gezählten Nothofagus-Pollenkörner auf Artebene zu unterscheiden, muss der Entwicklungsbeginn des Magellanischen Regenwaldes indirekt rekonstruiert werden. Ausschließlich mit den Nothofagus-Anteilen im frühen Holozän lässt sich nicht bestimmen, ob es sich noch um einen Strauch- bzw. Baumbestand aus N. antarctica oder bereits um eine Waldformation aus N. betuloides handelt. Zwar ist die Hauptbaumart im Magellanischen Regenwald N. betuloides, jedoch existieren Begleitspezies wie Drimys winteri und Embothrium coccineum, die ebenfalls charakteristisch für dieses Waldökosystem sind. Der Nachweis von D. winteri und E. coccineum besitzt somit eine Indikatorfunktion für den Magellanischen Regenwald. Diskussion 109

Kern Tiefe (cm) Radiokarbonjahre Alter, a cal BP GC2 132-134 7.288 +/-67 8.130 GC2 164-166 9.024 +/-80 10.247 GC2 190-192 9.659 +/-83 10.938

Tab.12: Datierungen von Proben des GC-2-Kerns aus dem Zeitraum des frühen Holozäns.

Wann kann demnach der Beginn des Magellanischen Regenwaldes zweifelsfrei angesetzt werden? Die ersten Pollenkörner der beiden Begleitarten von N. betuloides treten bereits im frühen Holozän (Anhang 1: PAZ-2a) in Erscheinung. Aber erst 10.247 a cal. B.P. (9.024 14C a B.P., Tab. 12) lässt sich ein ausgeprägtes Maximum der Pollenkörner von Drimys winteri nachweisen (Anhang 1: PAZ-2b). So kann für diesen Zeitraum mit großer Sicherheit festgestellt werden, dass sich spätestens ab 10 ka cal. B.P. (9 14C ka B.P.) der Magellanische Regenwald im Untersuchungsgebiet großflächig ausgebreitet hat. Dieser zeitliche Rahmen für den Beginn der Waldentwicklung wird von

MARKGRAF et al. (1996) in Fuego-Patagonia bestätigt: „Development of Nothofagus forest began during early Holocene, by 9 ka along the west and south side of Tierra del Fuego and by 8 ka in the rainshadow of the southern

Andes.“ In dem Pollendiagramm Puerto del Hambre von MCCULLOCH & DAVIES (2001) finden sich die ersten Pollenkörner von Drimys winteri zusammen mit Embothrium coccineum um 10,7 ka cal. B.P. (9.480 14C ka B.P.). Im

Pollendiagramm Puerto del Hambre von HEUSSER (1995a) erscheinen Drimys winteri und Embothrium coccineum erst um 7.980 14C a B.P. Das Untersuchungsgebiet Puerto del Hambre befindet sich an der Ostküste der Península Brunswick, dem rezenten Übergangsbereich zwischen Magellanischem Regenwald und sommergrünem Nothofagus-Wald. Somit kann ab 10 – 9 ka cal. B.P. über ein Verbreitungsgebiet des Magellanischen Regenwaldes spekuliert werden, das sich von der Península Brunswick im Osten bis ins Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado auf der Península Muñoz Gamero erstreckte. Falls diese Annahme einer großflächigen Ausdehnung des Magellanischen Regenwaldes bereits im frühen Holozän zutrifft, stellt sich die Frage: Diskussion 110

Wo befanden sich die kaltzeitlichen Refugialgebiete von Nothofagus betuloides, Drimys winteri und Embothrium coccineum?

Nach MARKGRAF et al. (1993b, 1996) existierten lokale Refugialgebiete auch südlich 51°S als sogenannte Mikrohabitate: „Nothofagus was present in small amounts from the outset, suggesting that despite overall drier and colder conditions trees had survived glacial times in small numbers in suitable microhabitats.“ Es ist demnach anzunehmen, dass im südlichen Patagonien Nothofagus betuloides, Drimys winteri und Embothrium coccineum als einzelne Exemplare bzw. kleine Bestände in eisfreien Arealen die Kaltzeit überdauerten. Voraussetzung für diese Arten des Magellanischen Regenwaldes ist allerdings genug Feuchtigkeit. Die Refugialgebiete müssen also in Regionen mit mindestens 1.000 mm Jahresniederschlag gelegen haben, wenn man die rezente Verbreitung dieser Spezies berücksichtigt. Aus eigenen Beobachtungen im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado ist bekannt, dass der Magellanische Regenwald bis in die unmittelbare Nähe von Gletscherflanken heranwachsen kann. So lässt sich über Refugialgebiete spekulieren, die großflächig verstreut als Mikrohabitate (MARKGRAF et al. 1996) in Periglazialbereichen mit ausreichender Feuchtigkeit existierten.

In welchem Zeitraum erfolgte die postglaziale Ausbreitung aus den Refugialgebieten? Wird der Rückgang von Gunnera magellanica in PAZ-2a (Anhang 1) als Signal für das Ende der glazialen Vergletscherung betrachtet, so stellt diese Phase auch den potentiellen Startpunkt für eine Wiederbesiedlung mit Baumarten und einer nachfolgenden Waldsukzession dar. Demnach liegt zwischen der Etablierung des Magellanischen Regenwaldes um 10.247 a cal. B.P. (GC-2, 164 – 166 cm) und dem Rückgang von G. magellanica um 10.938 a cal. B.P. (GC-2, 190 – 192 cm) ein Intervall von 691 a. Diese kurze Zeitspanne bestätigt die oben gemachten Spekulationen, dass die glazialen Refugialgebiete der Baumarten des Magellanischen Regenwaldes in relativer Nähe zu den vergletscherten Gebieten lagen.

Gibt es Hinweise auf synökologische Prozesse im Rahmen der Waldsukzession? Diskussion 111

Die deutlich erhöhten Frequenzen von Drimys winteri im frühen Holozän umfassen im GC-2-Profil (Anhang 1) eine Zeitspanne von 2.117 a (10.247 a cal. B.P. – 8.130 a cal. B.P.).

Bäume Sträucher und Kräuter Tiefe [cm] Nothofagus Drimys Embothrium Gunnera Gramineae Cario/Cheno Ericaceae Compositae Ranunculaceae 50 2 2 10 10 2 20 5 2 15 35 45 55 65 75 85 95 105 115 135 III 155 165 175 185 195 205 215 225 235 245 II 255 265 275 285 295 305 315 325 335 355 365 375 385 395 405 415 425 435 neuberechnet nach Auer (1958)

Abb. 56: Neubearbeiteter Ausschnitt aus dem Pollendiagramm T 41 von der Isla Clarence (53°50´S) (Auer 1958). Die Horizontalbalken stellen die Prozentanteile der jeweiligen Pollentypen relativ zur Summe der terrestrischen Pollenkörner (AP+NAP) dar. III = Tephralage des Mt. Burney (3.770 14C a B.P., 4.254 a cal. B.P.), II = Tephralage des Hudson (6.770 14C a B.P.).

Ein ebenfalls hohes Niveau von D. winteri findet sich im Pollendiagramm T 41

(Abb. 56) vom Nordufer der Isla Clarence (AUER 1958). Leider wurde dieses Diskussion 112

Profil nur alle 10 cm ausgezählt und nicht radiokarbondatiert, so dass ein direkter Vergleich unsicher bleibt. Jedoch findet sich auch hier das erste Maximum von D. winteri (T 41, 235 – 275 cm) im Anschluss an das absinkende Gunnera- Maximum (T 41, 295 – 435) (Abb. 56).

Es wird deshalb diskutiert, dass es sich bei den vergleichsweise hohen Anteilen von D. winteri im frühen Holozän um einen Indikator für synökologische Prozesse handelt, die maßgeblich an der Reifung des Magellanischen Regenwaldes beteiligt sind. Dieser Anstieg von D. winteri kann als Hinweis für plenterartige Strukturen des reifenden Magellanischen Regenwaldes gewertet werden. Gleichzeitig zeigen die Vertreter einer potentiellen Krautschicht wie die Ranunculaceae ebenfalls signifikant erhöhte Pollenanteile in diesem Abschnitt des GC-2-Profils (Anhang 1: PAZ-2b). So hat sich einerseits bereits eine Grundstruktur des Magellanischen Regenwaldes entwickelt, andererseits existiert aber noch ein erhöhtes Lichtangebot in den unteren und mittleren Etagen des vertikalen Waldaufbaus.

In den Pollendiagrammen von Puerto del Hambre (HEUSSER 1995a, MCCULLOCH

& DAVIES 2001) fehlt das besprochene Maximum von D. winteri im frühen Holozän. Als mögliche Erklärung kommt in Betracht, dass sich dieses Untersuchungsgebiet im Osten der Península Brunswick bereits im rezenten Übergangsbereich zwischen Magellanischem Regenwald und sommergrünem Nothofagus-Wald befindet. Die Pollensignale von Indikatorpflanzen wie D. winteri und E. coccineum könnten am Rand des östlichen Verbreitungsgebietes schwächer ausfallen.

Das deutliche Maximum von Drimys winteri in PAZ-2b (Anhang 1) interpretiert

KILIAN (pers. comm. 2003) nicht als Sukzessionsstadium für den sich entwickelnden Magellanischen Regenwald, sondern als eine Form von Vegetationsdüngung, die durch Tephradepositionen zwischen 8 – 6.5 14C a B.P. ausgelöst worden seien. Bekräftigt wird diese Hypothese durch den Nachweis von Aschelagen im GC-2-Archiv, die in diesen Zeitrahmen passen (HOHNER Diskussion 113

2001). Die Herkunft dieser Lagen wird einem Ausbruch des Mt. Burney oder des

Hudson-Vulkans zugeschrieben (HOHNER 2001). Bei der Erbohrung des palynologisch untersuchten GC-2-Kernes wurde eine braungraue, feinkörnige Lage in 131,5 – 132,5 cm Tiefe beobachtet (Kap. 3.1.3, Abb. 14). Da diese Schicht stratigraphisch mit der datierten Probe GC-2, 132 – 134 cm, überlappt, kann von ein Alter um 7.288 14C a B.P. (8.130 a cal. B.P.) ausgegangen werden (Tab. 12). Eine Zuordnung zu einem spezifischen

Vulkanereignis ist jedoch unklar. Es könnte sich dabei um die von HOHNER (2001) beschriebenen Depositionen des Mt. Burney (7.920 14C a B.P.) oder des Hudson-Vulkans (6.700 14C a B.P.) handeln.

Das ausgeprägte Niveau mit relativ hohen Drimys-Frequenzen (166 – 136 cm, Anhang 1) befindet sich jedoch stratigraphisch unter der datierten Probe GC-2, 132 – 134 cm. Es ist demnach anzunehmen, dass die erhöhten Pollenanteile von Drimys winteri bereits vor der Deposition der diskutierten Aschelagen aufgetreten sind. Ein Düngungseffekt, wie er von KILIAN (pers. comm. 2003) diskutiert wird, wäre somit nicht für das holozäne Maximum von Drimys winteri verantwortlich gewesen.

4.4 Vegetationsdynamik nach der Vulkanstörung des Mt. Burney

In der oberen Hälfte des GC-2-Kernes (42 - 50 cm) findet sich eine acht Zentimeter mächtige Tephralage (Abb. 14), die der Eruption des Mt. Burney

4.254 a cal. B.P. (MCCULLOCH & DAVIES 2001, HOHNER 2001) zugeordnet werden kann (Tab. 13). Erst nach einem Hiatus von 580 a in dem kein Torfwachstum erfolgte, lassen sich ab 3674 a cal. B.P. erneut Pollenkörner nachweisen (Abb. 54). In diesem ersten Torfabschnitt nach der Tephradeposition kann im Pollenspektrum eine signifikante Dominanz des Mineralbodenheliophyten G. magellanica nachgewiesen werden (Anhang 1, Abb. 54). Mit geringer Verzögerung setzt ebenfalls ein Anstieg von Gramineen-Pollenkörnern ein. In den ersten Torfproben nach der Vulkanstörung ist die Nothofagus-Frequenz deutlich vermindert (Anhang 1). Diskussion 114

Kern Tiefe (cm) Radiokarbonjahre Alter, a cal BP GC2 30-32 2.618 +/-32 2.800 GC2 40-42 3.382 +/-44 3.674 Mt. Burney 42-50 3.860 +/-50 4.254 McCulloch & Davies (2001) Mt Burney 42-50 3.770  Hohner (2001)

Tab. 13: Datierte Proben des GC-2-Kernes stratigraphisch über der Mt. Burney-Tephra- lage (42 – 50 cm) sowie Altersangaben zur Mt. Burney-Eruption.

Der Hiatus von 580 a, der sich an die Tephralage der Mt. Burney-Eruption (4.254 a cal. B.P.) im GC-2-Kern anschließt, kann als ein Indiz für eine Störung des Moorsystems interpretiert werden. Die Bildung von Torf war für diesen Zeitraum unterbrochen, so dass keine Archivierung von Pollen und Sporen stattfand. Vorgänge der Primärsukzession und Regeneration, die unmittelbar nach der Tephradeposition einsetzten, wurden durch diesen Hiatus im Torfwachstum des GC-2-Archives nicht dokumentiert. Es gilt deshalb zu berücksichtigen, dass es sich im Fall des GC-2-Kerns bei den diskutierten Prozessen der Primärsukzession sowie Wald- und Moorregeneration nicht um initiale, sondern um bereits fortgeschrittene Stadien handelt.

4.4.1 Primärsukzession

Die hohen Pollenanteile von Gunnera magellanica im GC-2-Kern in den Torfproben nach der Mt. Burney-Eruption (4.254 a cal. B.P.) lassen auf eine zentrale Rolle dieser krautigen Pflanze bei Prozessen der Primärsukzession schließen. Bestätigt wird diese Annahme durch die ebenfalls hohen Werte von G. magellanica im Spätglazial des GC-2-Archives. Gunnera magellanica erreicht weiterhin im GC-1a-Kern im Rahmen einer Tephradeposition um 2 ka B.P. hohe Pollenanteile von bis zu 51,3 %.

AUERS Diagramm T 41 (Abb. 56) aus dem Bereich des Magellanischen Regenwaldes (Isla Clarence) zeigt in der zweiten Hälfte des Holozäns Gunnera- Spitzenwerte von über 10 % (T 41, 155 cm). Die Diagramme von Puerto del

Hambre auf der Península Brunswick (HEUSSER 1995a, MC CULLOCH & DAVIES Diskussion 115

2001) gehören zwar dem Übergangsbereich zwischen Magellanischem Regenwald und sommergrünem Nothofagus-Wald an, aber auch hier werden in der zweiten Hälfte des Holozäns deutliche Gunnera-Maxima beschrieben. Somit scheint die dominierende Beteiligung von Gunnera magellanica am Ablauf der Primärsukzession, charakteristisch für die Ökologie des Magellanischen Regenwaldes zu sein. Der Vergleich mit Pollendiagrammen aus dem Verbreitungsgebiet des sommergrünen Nothofagus pumilio-Waldes, die beständig niedrige Anteile von Gunnera magellanica im Holozän aufweisen, macht dies deutlich (HEUSSER 1993a, 1993b,1995a, 1998). Rezent besetzt Gunnera magellanica im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado die Nische eines Primärbesiedlers. Die jüngsten Moränenzüge, etwa am Galeria-Gletscher, werden in dichten Matten von Gunnera magellanica

überzogen. Nach VOGEL (1998) findet auf Tephralagen eine Erstbesiedlung durch diese Pionierpflanze statt. Durch die Eruption des Hudson Vulkans (45°55´S, 72°57´W) im Jahr 1991 konnte die Regeneration des nordpatagonischen Regenwaldes dokumentiert werden. Auf Flächen mit Tephradeposition von 30 - 70 cm Mächtigkeit hatte sich nach fünf Jahren besonders Gunnera magellanica ausgebreitet (VOGEL 1998).

Damit stellt sich die Frage, worauf der Erfolg von Gunnera magellanica im Rahmen initaler Regenerationsmechanismen basiert. Bereits 1873 konnte

REINCKE blaugrüne Algennester im peripheren Parenchymbereich des Rhizoms bei der Gattung Gunnera nachweisen (SCHMIDT 1991). Heute wird angenommen, dass alle Gunnera-Arten bestimmte Gewebezonen aufweisen, die Stickstoff- fixierende Cyanobakterien der Gattung Nostoc beherbergen (SCHMIDT 1991). Es handelt sich hierbei um eine Form der intrazellulären Symbiose (WERNER 1987). Die Nostoc-Cyanobakterien befinden sich als Symbiosomen im Cytoplasma spezifischer Rhizom-Zellen der Gunnera-Pflanze (SCHMIDT 1991). Eigene Untersuchungen konnten ebenfalls im Rhizom von Gunnera magellanica eine Konzentration von pigmentierten Symbiosomen darstellen (Abb. 27). Funktion dieser Endocytobiose ist die Verfügbarmachung athmosphärischen

Stickstoffs (N2). Mit Hilfe des Enzyms Nitrogenase ist die Gunnera-Nostoc- 2 Symbiose in der Lage, 72 g N/m /a zu fixieren (SCHMIDT 1991). Damit ist eine vom Nährstoffgehalt des Substrats weitgehend unabhängige Diskussion 116

Stickstoffversorgung erreicht. Gerade für Prozesse der Primärsukzession erhält diese Stickstoff-Autonomie eine zentrale Bedeutung. So betrachtet VOGEL (1998) im Rahmen der Regeneration nach Ausbruch des Hudson Vulkans den geringen Stickstoffgehalt der Tephra als begrenzenden Faktor für die Wiederbesiedlung. Da noch keine detaillierten Untersuchungen zum Stickstoffkreislauf im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado vorliegen, kann bisher über die Geschwindigkeit der Stickstoffremineralisierung aus absterbender Biomasse nur spekuliert werden. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die beteiligten Abbauprozesse deutlich verlangsamt ablaufen. Grundlage für diese Annahme sind die superhumiden Bedingungen am Gran Campo Nevado. FISCHER (1995) benennt als Ursachen für den unvollständigen Abbau von Biomasse: “1. ungünstiges Milieu, z.B. sehr niedriger pH-Wert, 2. Sauerstoffmangel, z. B. Wassersättigung.” Im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado ist davon auszugehen, dass große Flächen schlechtdrainierter Geländebereiche mit Bodenwasser gesättigt sind. Der Sauerstoffgehalt sowie der pH-Wert in diesen Bodensubstraten wird niedrig sein, so dass aerobe Abbauprozesse etwa durch cellulosezersetzende Pilze nur eingeschränkt ablaufen. Es kann diskutiert werden, dass am Gran Campo Nevado die Mobilisierung von pflanzenverfügbarem Stickstoff besonders nach Deposition einer Tephralage signifikant reduziert ist. Die Tephra selbst ist nicht nur arm an Stickstoff, auch die Abläufe der Rohhumuszersetzung und damit die Stickstoffremineralisierung werden durch das Störungssignal verlangsamt. Wie erläutert, stellt der Stickstoffgehalt für die Symbiose Gunnera-Nostoc jedoch keinen limitierenden Faktor dar. Demnach ist die Konkurrenzsituation nach einer Tephradeposition für die Ausbreitung von Gunnera magellanica sehr günstig. Diesem Heliophyten gelingt es, große Flächen, auf denen die Vegetation durch die Vulkaneruption zerstört wurde, durch vegetative Vermehrung zu besiedeln. Mit der Ausbreitung von Gunnera wird dem Ökosystem Stickstoff zugeführt und gleichzeitig die Substratfruchtbarkeit verbessert. Die Erstbesiedlung von Gunnera magellanica ist somit die Grundlage für weiterfolgende Sukzessionsschritte.

Der ebenfalls nach der Mt. Burney-Eruption zu verzeichnende Anstieg der Gramineen-Pollenkörner kann als Indikator für eine bessere Belichtung des Diskussion 117

Waldbodens diskutiert werden. Auflichtungen im Nothofagus-Wald, entstanden durch abgestorbene Bäume, wären mögliche Ursachen dafür. So könnte die leichte Verzögerung des Gramineen-Anstiegs nach dem Gunnera-Maximum die Abfolge zweier Sukzessionsschritte dokumentieren (Anhang 1, Abb. 54). Für

SZEICZ et al. (1998) sind Gramineen zusammen mit anderen Pollentypen ein Störungsindikator im nördlichen Patagonischen Regenwald. Allerdings wurde hierbei der Wald nicht in Folge eines Vulkanereignisses aufgelichtet, sondern durch anthropogen verursachte Waldbrände. Die Zunahme von Gramineen kann ebenfalls mit einer Steigerung von Erosionsprozessen in Zusammenhang gebracht werden. Nach der Eruption sind

Hangrutschungen vorstellbar (VOGEL 1998). Diese sekundären Material- bewegungen könnten auch noch nach dem eigentlichen Vulkanereignis zur Entstehung von aufgelichteten Flächen geführt haben. Die Pollenergebnisse des

GC-1a-Kerns (Anhang 2) sowie AUERS T41-Kern (Abb. 56) bestätigen derartige Vorgänge. In beiden Profilen findet sich eine ausgeprägte Tephralage stratigraphisch über dem Gunnera-Störungssignal. Die Primärsukzession begann demnach bereits vor dem Auftreten der Tephralage. Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich mit folgendem Szenario erklären:

1. Der Ausbruch des Mt. Burney führt 4.254 a cal. B.P. zum Fallout einer relativ geringmächtigen, aber sehr reaktiven Tephralage. Dieses Störungsereignis löst Prozesse der Primärsukzession aus, die sich pollenanalytisch mit dem Anstieg von Gunnera- und verzögert mit Gramineen-Pollenkörnern nachweisen lassen. Aufgrund des Hiatus im Torfwachstum ist der Start dieser Phase im GC-2-Kern nicht dokumentiert. Die Archivierung setzt 580 a später ein, nachdem G.

magellanica bereits ihr Maximum erreicht hat. In AUERS T41- Pollendiagramm (Abb. 56) ist der Anstieg von Gunnera magellanica und Gramineen ebenfalls zu verzeichnen (T 41, 135 – 175 cm). Über den GC- 1a-Kern liegen aus diesem Zeitraum noch keine Torfe vor.

2. Die Beeinträchtigung des Waldökosystems mit seiner zerstörten Krautschicht hat eine erhöhte Erosion zur Folge, die durch die superhumiden Klimabedingungen verstärkt wird. Es kommt zu einer Diskussion 118

sekundären Mobilisierung der Tephralage, die aus den Hangbereichen in tiefer gelegene Senken gespült wird. Diese erodierte Tephra ist nicht mehr reaktiv, bildet jedoch Lagen von mehreren Zentimetern Mächtigkeit auf den Mooroberflächen. Im Falle des GC-2-Archives setzt diese Umlagerung relativ früh ein. So kann spekuliert werden, dass die Einspülung der erodierten Tephra noch innerhalb des 580 Jahre langen Hiatus erfolgte. So würde die Tephralage des 4.254 a cal. B.P. Mt. Burney-Ausbruches, die im GC-2-Profil deutlich nachzuweisen ist, eigentlich eine Mischung aus primärer Tephradeposition und erodierter, eingespülter Tephra darstellen. Die Anwesenheit von Pollenkörnern in der Tephraschicht bestätigt diese Hypothese (GC-2, 44 – 46 cm; Anhang 1).

In AUERS T41-Kern (Abb. 56) könnte die Einspülung von erodierter Tephra erst nach dem Wiederbeginn des Torfwachstums erfolgt sein. Ob es einen kurzen oder gar keinen Hiatus im T41-Kern nach dem Niederschlag der primären Tephra gegeben hat, bleibt offen. Zumindest scheint es, dass das frühe Einsetzen der Primärsukzession hier archiviert wurde. Da die spätere Einbringung der lokal-erodierten Tephra keinen weiteren Anstieg von Gunnera magellanica mehr bewirkt hat, wird deutlich, dass die Pioniersukzession direkt durch die primäre, großflächige Deposition einer sehr reaktiven Tephra ausgelöst wurde. Im GC-2-Archiv verschmelzen diese beiden Ereignisse. Die eigentliche, primäre Tephra ist jedoch im T41-Kern nicht dokumentiert.

3. Der zweite Ausbruch des Mt. Burney 2 ka B.P. (HOHNER 2001) führte zu einer erneuten Störung der Gran Campo Nevado Region. Im GC-2-Profil (Anhang 1, Abb. 54) ist ein leichter, kurzzeitiger Anstieg von Gunnera- Pollenkörnern zu beobachten (14 % in GC-2, 10 – 12 cm). Im Rahmen der Bohrung des GC-2-Kernes wurde stratigraphisch unterhalb dieses leichten Gunnera-Anstieges in 15 – 15,5 cm Tiefe eine körnige Lage (Abb. 14) beobachtet, die eine potentielle Tephradeposition des 2 ka Mt. Burney-Ausbruches darstellen könnte. Eindeutiger ist das Störungssignal dagegen im GC-1a-Kern (Anhang 2). Hier erreichen die Pollenanteile von Gunnera magellanica einen hohen Wert von 51,3 % (GC-1a, 104 - 106 cm), allerdings stratigraphisch unterhalb der nachgewiesenen Tephralage Diskussion 119

(GC-1a, 88 – 102 cm). Auch hier ist deshalb von Umlagerungen auszugehen. Der schwankende Verlauf der Pollenkurven des GC-1a- Profils bestätigt diese Annahme (Anhang 2).

Trotz dieser Interpretationsversuche bleibt ungeklärt, warum die primäre Tephra in AUERS T41-Kern nach dem 4.254 a cal. B.P. Mt. Burney-Ausbruch nicht dokumentiert ist und auch der Nachweis der eigentlichen 2 ka B.P. Eruption im GC-1a nicht vorliegt. Es kann spekuliert werden, ob ein methodisches Problem die Ursache dafür ist. Die primäre Tephradepostion könnte eine sehr geringmächtige, dafür aber sehr reaktive Lage hinterlassen haben, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum dichten Paket der eingespülten, erodierten Tephra nur schwer nachweisbar ist. Bestätigt wird dies durch die dünne Lage im GC-2-Archiv in 15 – 15,5 cm Tiefe (Abb. 14), die wahrscheinlich die 2 ka B.P. Mt. Burney-Tephra repräsentiert. Im GC-1a-Kern würde dem selben Vulkanereignis eine 14 cm mächtige Lage (GC-1a, 88 - 102 cm) entsprechen (Anhang 2). Eine sekundäre Umlagerung der 2 ka B.P. Tephralage kann deshalb im GC-1a-Archiv als sehr wahrscheinlich gelten.

4.4.2 Störung des Waldökosystems

Die Abnahme der Nothofagus-Anteile (Anhang 1: PAZ-3a) im Post-Mt. Burney- Spektrum (4.254 a cal. B.P.) muss nicht großdimensionales Waldsterben implizieren. Die Störung könnte ebenso zu einer stark reduzierten Produktion von Baumpollen geführt haben — ohne dass die Mehrzahl der Bäume abgestorben wäre. Eine eindeutige Interpretation alleine mit Hilfe der Nothofagus-Anteile ist problematisch. Auch kann durch den Hiatus von 580 a nicht rekonstruiert werden, wie tief die Nothofagus-Frequenzen unmittelbar nach der Eruption gesunken waren. Die signifikanten Anstiege von Gunnera magellanica und der Gramineen (Anhang1: PAZ-3a) sind jedoch ein verlässliches Indiz für eine bessere Belichtung des Waldbodens. So müssen großflächige Auflichtungen im Nothofagus-Bestand erfolgt sein. Diskussion 120

Es stellt sich deshalb die Frage, in welcher Form das Magellanische Regenwald- Ökosystem am Gran Campo Nevado auf die Vulkanstörung reagiert hat. Da das Vulkanereignis mit seiner Tephradeposition zum Absterben von Waldvegetation geführt hat, muss der physiologische Toleranzbereich der betroffenen Pflanzenarten überschritten worden sein. Es sind deshalb zwei mögliche Szenarien vorstellbar:

1. Die Störung durch die Eruption des Mt. Burney 4.254 a cal. B.P. war von derart großem Ausmaß, dass ein partieller Ausfall des Waldökosystems einsetzte. Möglich wären etwa phytotoxische Reaktionen der Tephra, die das Absterben eines nicht kalkulierbaren Anteiles der Waldvegetation induziert haben könnten. So würde etwa die Zerstörung des Assimilationsgewebes sicherlich eine gravierende Beeinträchtigung für

den immergrünen Nothofagus-Bestand bedeutet haben. KILIAN (pers. comm. 2002) denkt an einen langfristigen, phytotoxischen Effekt durch die

Tephradeposition. Durch die Verwitterung von SO2-haltigen Tephravesikeln könnte noch über einen größeren Zeitraum nach der eigentlichen Eruption eine Säurebelastung aufgetreten sein.

2. Zahlreiche Baumindividuen des Magellanischen Regenwaldes am Gran Campo Nevado befanden sich bereits vor dem Vulkanausbruch im Grenzbereich ihrer physiologischen Toleranz. Die superhumiden Klimabedingungen im Untersuchungsgebiet bilden eine Faktoren- intensität, die auch für Nothofagus betuloides mit Sicherheit außerhalb des artspezifischen, ökologischen Optimums liegt. Grundsätzlich ist das Wachstum vieler Baumarten auf Böden mit Staunässe schlecht und

langfristig sogar unmöglich (LYR & HOFFMANN 1992). Besonders durch die geringe Gasdiffusion im wassergesättigten Substrat kommt es zu Sauerstoffmangel, der das Wurzelgewebe beeinträchtigt. Folge der reduzierten Wurzelaktivität ist eine Abnahme der Mineralstoffaufnahme

(LYR & HOFFMANN 1992). Um dennoch auf staunassen Böden unter superhumiden Klimabedingungen existieren zu können, müssen

spezialisierte Mechanismen der O2-Versorgung des Wurzelgewebes vorliegen. Zukünftig wäre es deshalb ein erfolgversprechendes Diskussion 121

Unternehmen, die Wurzelphysiologie der Gehölzarten des Magellanischen Regenwaldes detailliert zu untersuchen. Am Rande ihrer eigenen hygrischen Plastizität stößt N. betuolides aber nur noch auf geringe Konkurrenz anderer Baumarten und kann deshalb nahezu monotypisch den Waldaufbau bestimmen. Jede weitere Beeinträchtigung führt jedoch zu einem Überschreiten des physiologischen Toleranzbereiches. Dies wird besonders im Magellanischen Moorland deutlich. Aufgrund der Kombination aus Superhumidität, extrem schlecht drainierten Flächen und hoher Windexposition ist Nothofagus betuloides nicht mehr im Stande, einen großflächigen Waldbestand zu etablieren. Demnach lässt sich ein plausibles Szenario für das Mt. Burney-Ereignis entwerfen: Die physiologische Toleranzgrenze der Waldvegetation war bereits durch die superhumiden Klimabedingungen nahezu erreicht. Die weitere Störung durch die Vulkaneruption und relativ geringmächtige Tephradeposition hat die Plastizität des Nothofagus-Waldes überschritten. Konsequenz daraus war das Absterben einer unbekannten Quantität an Bäumen. So könnte schon die Ablagerung von Stäuben im Kronenraum und der dadurch reduzierte Lichtzutritt zum Assimilationsgewebe

(SCHWEINGRUBER 1993) die physiologische Toleranz von Nothofagus- Exemplaren auf extrem staunassen Böden überschritten haben.

Es ist ferner zu diskutieren, welchen Einfluß eine bereits geringfügige Störung auf das Mykorrhiza-System gehabt haben könnte. Aus Untersuchungen in den temperaten Wäldern Mittelsüdchiles sind zahlreiche Pilzarten der Basidiomyceten bekannt, die Ektomykorrhizen mit der Gattung Nothofagus bilden (PALFNER 2001). Darunter befinden sich 15 endemische Mykorrhizen. Studien aus dem Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado liegen noch nicht vor. Aufgrund der staunassen Böden und dem dadurch bedingten O2- Mangel im Wurzelraum ist jedoch mit einer hohen Sensibilität der Mykorrhiza zu rechnen. Auch in diesem Fall könnte eine relativ geringmächtige Deposition zu einer starken Beeinträchtigung des Systems geführt haben.

VOGEL (1998) weist darauf hin, dass nach dem Ausbruch des Hudson-Vulkans 1991 bei Ablagerungen der Aschen in Verbindung mit Wasser Schädigungen schon bei geringer Überdeckung gegeben waren. Es ist anzunehmen, dass die Diskussion 122

Kombination aus Tephradeposition und Wasser zu einer zusätzlichen

Verminderung der O2-Diffusion führt und somit vor allem Mykorrhiza und Wurzelgewebe zerstört werden. Die betroffenen Bäume können keine Nährstoffe aus dem Substrat mehr aufnehmen. Vergleichbares gilt für die Auflage mit Schnee. Der Luftabschluss und die schwere Auflage verstärkten nach dem

Hudson-Ausbruch die Auswirkungen der Asche (VOGEL 1998). Es ist deshalb nur bedingt möglich, die Mächtigkeit der Tephradeposition in Bezug auf ihre ökologische Auswirkung mit nicht superhumiden Waldsystemen zu vergleichen.

4.4.3 Regeneration des Waldökosystems

Der relativ stetige Anstieg von Nothofagus-Pollenkörnern, der sich nach dem Hiatus und mit dem Wiedereinsetzen des Torfwachstums im GC-2-Profil dokumentiert (Anhang 1), lässt zwei Interpretationsmöglichkeiten zu:

1. Nothofagus antarctica erhält einen Konkurrenzvorteil nach der Vulkanstörung. Die Pionierbaumart kann sich im Verbreitungsgebiet des geschädigten Magellanischen Regenwaldes stärker etablieren. Der Anstieg des Nothofagus-Anteils im Pollenspektrum würde demnach eine Zunahme der Primärsukzession anzeigen, jedoch keine Regeneration des Magellanischen Regenwaldes.

2. Nach der initialen Phase der Primärsukzession setzt starke Naturverjüngung von Nothofagus betuloides im aufgelichteten Altbestand ein, die sich in der stetigen Erholung des Nothofagus-Pollenanteils wiederspiegelt. Die bessere Belichtung des Waldbodens fördert nicht nur heliophytische Pionierarten, sondern auch die auskeimenden und unterständigen Generationen von Nothofagus betuloides. Nach dem Hudson-Ausbruch setzte im sommergrünen Nothofagus pumilio-Wald eine außergewöhnlich starke Naturverjüngung mit bis zu 500 Keimlingen 2 pro m ein (VOGEL 1998). Den südamerikanischen Nothofagus-Arten wird allgemein ein großes Potential zur Verjüngung nach Störungen Diskussion 123

zugeschrieben (VEBLEN et al. 1996). Jedoch beobachtete VOGEL (1998) bereits nach drei Jahren Symptome für Stickstoffmangel bei Zweidrittel der Jungpflanzen. Das Einsetzen einer großflächigen Waldverjüngung und der nachfolgenden Regeneration kann auch mit dem leichten Anstieg von Drimys winteri belegt werden (Anhang 1: PAZ-3b). Es laufen vergleichbare Prozesse wie in der ersten Hälfte des Holozäns (Anhang 1: PAZ-2b) ab, welche ebenfalls durch ein signifikantes Plateau von Drimys winteri charakterisiert sind. In diesem Abschnitt der Waldentwicklung dominieren plenterartige Stadien, die die Verbreitung von D. winteri begünstigen. Der Anstieg der Fusarium-Konidien (Kap. 3.1.6, Abb. 52) könnte ein weiteres Indiz für diese Hypothese sein. In dem sich stabilisierenden Regenwaldökosystem verbessern sich auch die Bedingungen für cellulosezersetzende, aerobe Pilze. Jedoch fehlt dieser Anstieg der Fusarium-Konidien in den vergleichbaren Waldstadien aus der ersten Hälfte des Holozäns. Es ist deshalb anzunehmen, dass sich nach dem Vulkanereignis (4.254 a cal. B.P.) ein relativ großes Depot an kaum zersetzter Biomasse angehäuft hat, das aber erst verzögert mit dem Wiedereinsetzen der Boden- und Waldregeneration abgebaut wurde.

Als Signal für die Regeneration des Waldökosystems sind auch die Verläufe von Ranunculaceae, Compositae, Myrtaceae und Ericaceae zu bewerten. Diese Pollentypen sind vor dem Vulkanereignis in stabilen Anteilen vertreten. Nach der Mt. Burney-Eruption (4.254 a cal. B.P.) verschwinden diese Gruppen bzw. weisen deutlich verminderte Frequenzen auf. Erst mit einer Verzögerung von über 1,5 ka erreichen die Ranunculaceae, Compositae, Myrtaceae und Ericaceae Anteile am Pollenspektrum (Anhang 1: PAZ-3b), die mit dem mittleren Holozän (Anhang 1: PAZ-2c, -2d) vergleichbar sind. Diese Pflanzenfamilien sind deshalb als charakteristische Bestandteile eines Magellanischen Regenwaldes zu interpretieren, der sich in einem gereiften Zustand befindet. Welche Position diese Typen im ökologischen Gesamtgefüge einnehmen, bleibt jedoch unbestimmt — zumal es sich nicht um ansprechbare Arten handelt. Diskussion 124

4.4.4 Störung und Regeneration der Moore

Nach dem Ausbruch des Mt. Burney (4.254 a cal. B.P.) findet eine Fraktionierung der Moorvegetation statt: Während die Juncanae zunehmen, verschwinden die Pollentypen von Astelia pumila, Donatia fascicularis und Drosera uniflora nahezu vollständig (Anhang 1). Es liegt nahe, dass es sich hierbei um zwei grundsätzlich verschiedene Vorgänge handelt. Die Juncanae der Gattungen Marsippospermum und Schoenus (Kap. 3.1.1) repräsentieren die torfbildende Vegetation des GC-2-Moores. Im Gegensatz dazu sind besonders Donatia fascicularis aber auch Astelia pumila typische Indikatoren für

Polstermoore (PISANO 1983) am Gran Campo Nevado. Die beiden Moortypen reagieren demnach auf das Vulkanereignis gegensätzlich. Nach dem Hiatus steigen die Pollenkörner der Juncanae leicht an (Anhang 1: PAZ-3a), was als ein Hinweis auf verbesserte Wachstums- bzw. Ausbreitungsbedingungen gedeutet wird. So könnten sich die interspezifischen Konkurrenzbedingungen zugunsten dieser hygrophytischen Pflanzengruppe verschoben haben. Ebenfalls kann eine Ausweitung des für Juncanae günstigen semiaquatischen Lebensraumes diskutiert werden, wie etwa die Auflichtung von Waldbereichen auf staunassem Substrat. Die Pollenkörner von Donatia fascicularis und Astelia pumila beginnen erst nach einem äußerst langen Zeitraum wieder anzusteigen (Anhang 1: PAZ-3b). Die Summe aus der Dauer des Hiatus nach dem Vulkanereignis und dem Intervall der datierten Proben GC-2, 40 - 42 cm bis 30 - 32 cm, (Tab. 13) beträgt mindestens 1.454 a. Jedoch markiert die Probe GC-2, 30 - 32 cm, noch nicht den Wiederanstieg der Donatia- und Astelia-Kurve, so dass mit einem weiteren Zeitintervall unbekannter Länge zu rechnen ist. Somit endet die Regeneration von Donatia fascicularis und Astelia pumila erst nach 1.454 + X a. Die Polstermoore aus Donatia fascicularis und Astelia pumila müssen demnach als ökologisch äußerst sensibel eingestuft werden. In welcher Form die Störung durch den Mt. Burney Ausbruch (4.254 a cal. B.P.) auf die Polstermoor- Vegetation gewirkt hat, ist vollkommen ungeklärt. Über phytotoxische Reaktionen kann nur spekuliert werden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang jedoch der geringe Einfluß der zweiten Mt. Burney Störung (2 Diskussion 125 ka B.P.). Nach einem geringfügigen Anstieg von Gunnera magellanica erfolgt die weitere Reetablierung von Astelia und Donatia. Der Vergleich der Ereignisse nach dem ersten Mt. Burney Ausbruch (4.254 a cal. B.P.) mit Abläufen aus der ersten Hälfte des Holozäns zeigt deutliche Parallelen. Astelia pumila und Donatia fascicularis etablieren sich relativ spät. Das erste Maximum von Astelia pumila kann ab ca. 10 ka cal. B.P. datiert werden (Anhang 1: PAZ-2b). Wiederum beginnt der Anstieg von Astelia pumila und stärker verzögert auch von Donatia fascicularis erst nach dem Abklingen eines Juncanae-Maximums (Anhang 1: PAZ-2a, -2b). Eine Konkurrenzsituation zwischen Juncanae und andererseits Astelia und Donatia ist fraglich. Vielmehr spiegelt sich in den gegenläufigen Pollenkurven die Entwicklung zweier, verschiedener Moorsysteme wieder. Im Gegensatz zu Juncanae-Mooren beansprucht die Entwicklung von Donatia-Astelia-Polstermooren sehr lange Zeiträume. Die Ursache hierfür muss in der spezifischen Autökologie dieser Pflanzengruppen gesucht werden. Drosera uniflora zeigt von allen untersuchten Pflanzentypen das geringste Regenerationspotential. Sogar noch deutlich verzögert zu dem späten Wiederanstieg von Astelia pumila und Donatia fascicularis erscheint erst Drosera uniflora (Anhang 1: PAZ-3b). Gleiches gilt für die erste Hälfte des Holozäns. Drosera uniflora ist demnach eine äußerst störungssensible Indikatorpflanze, die auf Moorstandorten wie dem GC-2 Sukzessionsstadien von fortgeschrittener Reifung charakterisiert. Der erneute Drosera-Anstieg in den obersten Torfproben des GC-2-Profils (Anhang 1: PAZ-3b) ist ein Hinweis für die abgeschlossene Stabilisierung bzw. Regeneration nach der Mt. Burney-Vulkanstörung.

4.5 Existieren Hinweise auf eine Verlagerung der Westwinddrift?

Als potentieller Hinweis aus dem Untersuchungsgebiet, der auf eine Verlagerung der Westwinddrift schließen lassen könnte, sind einzig die erhöhten Pollenfrequenzen der Pionierpflanze Gunnera magellanica am Ende des Spätglazials zu diskutieren (Anhang 1: PAZ-1b, Kap. 4.2). Die ansteigenden Gunnera-Frequenzen (Anhang 1, Abb. 53) mit ihrem Maximum um 11.224 a cal. B.P. (GC-2, 194 – 196 cm) werden als Indiz für eine Diskussion 126

Ausbreitung von vegetationslosen Moränen- und Schotterflächen interpretiert, wie sie im Umfeld von vorrückenden Gletscherzungen entstehen. Dabei bleiben die Ursachen für das Anwachsen der Gletscher jedoch unbekannt. Mit den ansteigenden Gunnera-Anteilen werden nur die Folgen des Eiszuwachses nachgewiesen. Die Erklärung für die Primärursachen bleibt Spekulation. So könnte einerseits eine Abkühlung, wie sie der Jüngeren Dryas entsprechen würde, am Ende des Spätglazials zur erneuten Ausdehnung der Gletscher des Gran Campo Nevado-Eisfeldes geführt haben. Als weiterer Klimafaktor, der einen Zuwachs von Gletschern auslösen würde, kommt auch ein Anstieg der Niederschlagsmenge in Betracht. So diskutieren MCCULLOCH &

DAVIES (2001), dass im Spätglazial eine Niederschlagserhöhung durch die möglicherweise nach Süden wandernde Westwinddrift stattgefunden habe. Der Rückgang von Meereis an der antarktischen Küste soll eine polwärts Verlagerung der Polarfront bewirkt haben, in deren Folge ein Shift der

Westwinddrift nach Süden aufgetreten ist (MCCULLOCH & DAVIES 2001). Dieser Shift in Richtung Süden hätte besonders im Gebiet der Andenkordillere Südpatagoniens zu einer Erhöhung der Niederschläge geführt. Sekundäreffekt davon wäre eine gesteigerte Schneeakkumulation auf Eisfeldern wie dem Gran

Campo Nevado gewesen. Nach dieser Hypothese von MCCULLOCH & DAVIES (2001) hätte eine südwärts Verlagerung der Westwinddrift im Spätglazial ein erneutes Wachstum der Gletscher ausgelöst. Eine zweifelsfreie Klärung, ob im Spätglazial eine Verlagerung der Westwinddrift oder eine Abkühlung das Vorrücken der Gletscher im Untersuchungsgebiet ausgelöst hat, lässt sich jedoch alleine mit den palynologischen Erkenntnissen nicht gewinnen. Der Nachweis von holozänen Niederschlagsschwankungen im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado ist problematisch, da der Naturraum bereits im superhumiden Verbreitungsgebiet des Magellanischen

Regenwaldes liegt. Selbst wenn sich die von SCHNEIDER et al. (2002) gemessene Niederschlagmenge von 7.000 mm/a halbieren würde, befände sich die Region des Gran Campo Nevado immer noch mit 3.500 mm/a im Verbreitungsgebiet des Magellanischen Regenwaldes. Die Untersuchung von Niederschlagsfluktuationen, wie sie eine Verlagerung der Westwinddrift verursachen würden, sind am Erfolg versprechendsten in den Diskussion 127

Übergangsbereichen zwischen Magellanischem Regenwald und saisonal laubabwerfendem Nothofagus-Wald (HEUSSER 1995a, 2000, MCCULLOCH &

DAVIES 2001) sowie zwischen dem sommergrünen Nothofagus-Wald und der

Patagonischen Steppe (HEUSSER 1993b, 1995a). Innerhalb dieser Übergangsbereiche können Niederschlagsschwankungen die Verschiebung von palynologisch unterscheidbaren Vegetationsformen verursachen.

4.6 Sind Waldbrände im Untersuchungsgebiet aufgetreten?

Im GC-2-Profil konnten zwei Bereiche mit einer Häufung von Holzkohlepartikeln beschrieben werden: Ein spätglazialer Abschnitt in der PAZ-1a (Anhang 1) sowie ein Bereich in der zweiten, jüngeren Hälfte des Holozäns (Anhang 1: PAZ-2d, - 3a).

Auch MARKGRAF (1993a) unterscheidet zwei Abschnitte mit deutlich erhöhten Holzkohleanteilen: „Analysis of charcoal in numerous peat sections from high southern latitudes suggest that these fires were common and regionally extensive, primarily during lateglacial and early Holocene (...).“ In den Moorarchiven von Lapataia, Puerto Williams, Puerto del Hambre, Punta Arenas und Torres del Paine existieren erhöhte Holzkohlefrequenzen im Zeitraum von 14 11 – 7 C ka B.P. (MARKGRAF 1993a). Der spätglaziale GC-2-Bereich mit vermehrten Holzkohlepartikeln befindet sich in 204 – 240 cm Tiefe (Anhang 1). Demnach ist dieser Abschnitt älter als 9.740 14C a B.P. (11.224 a cal. B.P. in GC-2, 194 – 196 cm). Somit fällt die spätglaziale Häufung von Holzkohlepartikeln im GC-2-Profil in einen vergleichbaren Zeitraum wie in Lapataia, Puerto Williams,

Puerto del Hambre, Punta Arenas und Torres del Paine (MARKGRAF 1993a). Die Ursache für die Holzkohledepositionen und die damit verbundenen

Brandereignisse liegt nach MARKGRAF et al. (1996) vor allem in einer zunehmenden Trockenheit nach 12.5 14C ka B.P. begründet: „(...) the high frequency and wide range of fire indicates that environmental conditions such as summer drought and frontal storm activity were conductive to fire.“ Auffallend im GC-2-Archiv ist, dass die Holzkohlefrequenzen vor dem Anstieg der Pollenanteile von Gunnera magellanica wieder abnehmen. So könnte eine Erhöhung der Niederschlagsmenge durch die Verlagerung der Westwinddrift Diskussion 128

(Kap. 4.5) als potentielle Ursache für die Abnahme von Brandereignissen in Betracht kommen. Jedoch ist bisher nicht geklärt, ob die diskutierten Brände überhaupt im Untersuchungsgebiet selbst stattfanden. Es kann auch über einen Ferntransport von Holzkohlepartikeln spekuliert werden. SCHNEIDER et al. (2002) beschreiben basierend auf ihren meteorologischen Messungen aus dem Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado, dass zwar die Hauptwindrichtung Westen ist, es dennoch vereinzelte Konstellationen mit Winden aus Nordost bis Südost gibt. Würden diese seltenen Windsituationen auch im Spätglazial in Erscheinung getreten sein, so könnten die im GC-2-Kern gefundenen Holzkohlepartikel ihren Ursprung in Steppenfeuern haben, die im südöstlichen Patagonien bzw. auf Feuerland gebrand haben. Für einen Ferntransport spricht auch der erhöhte Holzkohleanteil im GC-2-Kern im jüngsten Drittel des Holozäns (Anhang 1). Bereits in PAZ-2d, also noch vor der Tephradeposition um 3.770 14C a B.P. (4.254 a cal. B.P.), finden sich ansteigende Holzkohlefrequenzen. In PAZ-3a nach der Mt. Burney-Lage ist das holozäne Maximum mit 16,6 % anzutreffen (GC-2, 38 – 40 cm). Da die Probe GC-2, 40 – 42 cm, mit 3.382 14C ka B.P. (3.674 a cal. B.P.) datiert wurde (Tab. 13), kann von einem Alter dieses holozänen Holzkohlemaximums von etwa 3 14C ka B.P. ausgegangen werden.

In Puerto Williams, Puerto del Hambre und Torres del Paine fällt nach MARKGRAF (1993a) ein holozäner Abschnitt mit vermehrten Holzkohlepartikeln in den Zeitraum nach 2 14C ka B.P.. Jedoch weisen die Profile von Punta Arenas, Puerto del Hambre und Torres del Paine bereits davor, im Intervall zwischen 4 – 14 6 C ka B.P., erhöhte Anteile auf (MARKGRAF 1993a, HEUSSER 1995a). In Punta 14 Arenas liegt das Holzkohlemaximum zwischen 5 – 6 C ka B.P. (HEUSSER

1995a). In HEUSSERS (1995a) Profil von Puerto del Hambre finden sich Holzkohlepartikel von 10.940 14C a B.P. nahezu kontinuierlich bis zur Gegenwart. Zeitlich wäre somit ein Ferntransport von Holzkohlepartikeln von der Ostküste der Península Brunswick bis an die Westküste der Península Muñoz Gamero vorstellbar; dies entspricht einer Distanz von 120 km Luftlinie. Gerade in diesem Abschnitt des Holozäns mit vermehrten Holzkohlepartikeln sind im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado keinerlei Hinweise für eine zunehmende Trockenheit und damit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Diskussion 129

Bränden vorhanden. So zeigt der Magellanische Regenwald als Indikatorsystem für superhumide Klimaverhältnisse in PAZ-2d (Anhang 1) keine Beeinträchtigung. In PAZ-3a (Anhang 1) findet zwar die Störung durch den Vulkanausbruch des Mt. Burney statt, dennoch gibt es auch hier keine palynologischen Anzeichen für eine Trockenheitsphase. Autochthone Brände im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado müssen deshalb als sehr unwahrscheinlich gelten. Es wird somit die Erklärung eines Ferntransports von allochthonen Holzkohlepartikeln durch seltene Windlagen aus östlicher Richtung favorisiert.

4.7 Schlußfolgerungen

Allgemein wird die Langzeitdynamik des Magellanischen Regenwaldes von drei Faktoren bestimmt: a. Klimatischer Wandel b. Synökologische Sukzessionsprozesse c. Exogene vulkanische Störungen

Insbesondere lassen sich aus den pollenanalytischen Untersuchungen zur Rekonstruktion der spät- und postglazialen Vegetationsdynamik des Magellanischen Regenwaldes folgende zehn Schlußfolgerungen ziehen:

1.Ab 14.122 a cal. B.P. sind Teile des Untersuchungsgebietes eisfrei, so dass die Entwicklung des GC-2-Archives einsetzen konnte.

2.Noch vor 11.2 ka cal. B.P. erfolgte ein erneutes Anwachsen der Gletscher. Die Ursache hierfür wird entweder in einer Abkühlung, wie sie zeitlich der Jüngeren Dryas entspricht, oder in einer Verlagerung der niederschlagsbringenden Westfinddrift gesucht.

3.Die Refugialgebiete für die Arten des Magellanischen Regenwaldes bestanden aus Mikrohabitaten (MARKGRAF et al. 1996), die im benachbarten Periglazialbereich lokalisiert waren. Diskussion 130

4.Der Magellanische Regenwald als immergrüne Laubwaldformation der Immerfeuchten Mittelbreiten im südlichen Patagonien hat sich ab 10.2 ka cal. B.P. großflächig im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado ausgebreitet.

5.Die beginnende Waldentwicklung ist durch plenterartige Strukturen im vertikalen Bestandsaufbau gekennzeichnet.

6.Ein für den Standort des Untersuchungsgebietes des Gran Campo Nevado gereifter Sukzessionsgrad wird zwischen 8.1 – 4.3 ka cal. B.P. erreicht.

7.Die Tephradeposition durch den Mt. Burney-Vulkanausbruchs um 4.254 a cal. B.P. induziert Prozesse der Primärsukzession sowie der Wald- und Moorregeneration.

8.Eine maßgebliche Rolle bei Abläufen der Primärsukzession wird dem Mineralbodenheliophyten Gunnera magellanica zugeschrieben, da diese Pflanze aufgrund ihrer Symbiose mit Nostoc-Cyanobakterien unabhängig vom substratverfügbaren Stickstoff ist.

9.Nach dem Mt. Burney-Vulkanausbruch um 4.254 a cal. B.P., weist besonders die Hartpolster-Moorvegetation aus Donatia fascicularis und Astelia pumila eine hohe Störanfälligkeit auf. Die Regenerationszeit beträgt über 1 ka.

10.Die Depositionen von Holzkohlepartikeln im GC-2-Archiv stammen nicht von lokalen Waldbränden im Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado, sondern die Holzkohlepartikel gelangten über Ferntransport bei seltenen Ostwindlagen bis zur Península Muñoz Gamero.

Wie die obigen zehn Schlußfolgerungen zeigen, gelang es erstmalig, ein Pollenstandarddiagramm des Magellanischen Regenwaldes innerhalb seines superhumiden Verbreitungsgebietes zu erstellen. Dies bietet eine bedeutsame Grundlage für zukünftige paläoökosystemare Forschungsvorhaben im südwestlichen Patagonien. Diskussion 131

Die hier vorgelegte Analyse zur Langzeitdynamik des Magellanischen Regenwaldes könnte für zukünftige Leitbilder des Waldschutzes auch eine angewandte Bedeutung erlangen. Obwohl quantitative Übertragungen auf andere Naturräume nicht praktikabel sind, so sind doch modellhafte Aussagen über die relative Dynamik eines anthropogen unbeeinflussten Laubwaldökosytems vorstellbar. Kurzfassung, Summary, Vesión resumida 132

5.1 Kurzfassung

Mit dem Ziel, die Langzeitdynamik eines Naturwaldsystems zu untersuchen, wurde die Vegetationsgeschichte des Magellanischen Regenwaldes auf der Península Muñoz Gamero im Osten des Gran Campo Nevado pollenanalytisch rekonstruiert. Das Untersuchungsgebiet (52°48´S, 72°55´W) im südwestlichen Patagonien wurde niemals forst- oder landwirtschaftlich genutzt, so dass anthropogene Störungen auszuschließen sind. Der Magellanische Regenwald (47°30´S - 56°S) stellt das südlichste Waldökosystem der Erde dar. Im Expositionsbereich der südhemisphärischen Westwinddrift ist das Klima superhumid. Für das

Untersuchungsgebiet wird mit Niederschlägen von 7000 mm pro Jahr gerechnet (SCHNEIDER et al. 2002). Das Waldsystem wird geprägt von der Südbuchenart Nothofagus betuloides, die u.a. mit Baumarten wie Drimys winteri, Embothrium coccineum und Maytenus magellanica vergesellschaftet ist. Für die Pollenanalyse wurde als Archiv ein Marsippospermum-Niedermoor ausgewählt. Der erbohrte Kern (GC-2) besitzt eine Länge von 270 cm und weist an seiner Basis ein datiertes Alter von 14.122 a cal. B.P. auf. Die Erprobung und Analyse erfolgten kontinuierlich über den gesamten Kern in 2 cm großen Abschnitten. Es wurden 24 Pollentypen qualitativ und quantitativ nachgewiesen. Dabei konnte keine Unterscheidung von Nothofagus-Pollenkörner auf Artniveau durchgeführt werden. Ferner wurden die Sporen der Pteridophyta, Fusarium-Konidien sowie limnische Mikroreste wie Testaceen gezählt. Der älteste Abschnitt des GC-2-Kernes besteht von 14.122 a bis 11.224 a cal. B.P. aus glazilimnischen Sedimenten (270 cm - 194 cm). In diesem spätglazialen Segment ließen sich vor allem Pollenkörner von Gunnera magellanica sowie von Nothofagus spp. und Gramineen nachweisen. Für diesen Zeitabschnitt wird eine waldfreie Landschaft rekonstruiert, die von Pionierpflanzen wie G. magellanica und N. antarctica bestimmt ist. Im jüngsten Bereich des Spätglazials erfolgt eine signifikante Zunahme des Mineralbodenheliophyten G. magellanica sowie ein Absinken der Nothofagus-Frequenzen. Diese Vegetationsdynamik wird als Folge einer

Klimafluktuation diskutiert, die zeitlich mit der Endphase der Jüngeren Dryas (STEBICH 1999) oder mit einer südwärts Wanderung der Westwinddrift zusammenhängen könnte (MCCULLOCH &

DAVIES 2001). Das frühe Holozän ist im GC-2-Kern durch das Ende der glazilimnischen Sedimentation und dem Beginn der Torfakkumulation gekennzeichnet (11.224 a bis 10.938 a cal. B.P.). Synchron dazu treten die holozänen Maxima der Juncanae-Pollenkörner sowie der Pteridophyten-Sporen auf. Nach dem frühholozänen Abfall der Frequenzen von G. magellanica setzt die Dominanz von Nothofagus-Pollenkörnern ein, die bis 4.254 a cal. B.P. kontinuierlich anhält. Die Reifung des Ökosystems zum Magellanischen Regenwald ist durch das Einsetzen von Drimys winteri und Embothrium coccineum angezeigt. Die Pollenfrequenzen von Drimys winteri weisen ein deutliches Maximum im Zeitabschnitt von 10.247 a bis 8.130 a cal. B.P. auf. Dieses spezifische Pollensignal von über 2.000 a Länge wird als Hinweis auf synökologische Sukzessionsprozesse der holozänen Waldentwicklung interpretiert. Kurzfassung, Summary, Vesión resumida 133

Erst nach 10 ka cal. B.P. und deutlich verzögert zu dem Juncanae-Maximum erfolgt der Pollenanstieg der Moorpflanzen Astelia pumila, Donatia fascicularis und Drosera uniflora. Diese Vegetationsdynamik der Hygrophyten im ersten Drittel des Holozäns wird spezifischen Sukzessionsprozessen auf waldfreien Moorstandorten zugeschrieben. In der oberen Hälfte des GC-2-Kernes (42 cm - 50 cm) findet sich eine acht Zentimeter mächtige

Tephralage, die der Eruption des Mt. Burney 4.254 a cal. B.P. (MCCULLOCH & DAVIES 2001,

HOHNER 2001) zugeordnet werden kann. Erst nach einem Hiatus von 580 a in dem kein Torfwachstum erfolgte, lassen sich ab 3674 a cal. B.P. erneut Pollenkörner nachweisen. In diesem ersten Torfabschnitt nach der Tephradeposition kann im Pollenspektrum eine signifikante Dominanz des Mineralbodenheliophyten G. magellanica nachgewiesen werden. Mit geringer Verzögerung setzt ebenfalls ein Anstieg von Gramineen-Pollen ein. In den ersten Torfproben nach der Vulkanstörung ist die Nothofagus-Frequenz deutlich vermindert. Der Anstieg der Pionierpflanze G. magellanica wird als Indikator für Prozesse der Primärsukzession diskutiert, die durch die Tephradeposition ausgelöst wurden. Vergleichbar mit dem Anstieg von G. magellanica im jüngsten Abschnitt des Spätglazials kommt diesem Mineralbodenheliophyten auch nach der Mt. Burney-Eruption eine zentrale Funktion als Störungsindikator zu. Die besondere Rolle von G. magellanica bei Prozessen der Primärsukzession wird einer Unabhängigkeit von substratgebundenem Stickstoff zugeschrieben. Von zahlreichen Arten der Gattung Gunnera ist bekannt, dass Symbiosen mit Nostoc-Cyanobakterien ausgebildet werden (SCHMIDT 1991). So war es möglich diese Gunnera-Nostoc-Symbiosomen, die atmosphärischen Stickstoff fixieren können, ebenfalls bei Exemplaren von G. magellanica aus dem Untersuchungsgebiet des Gran Campo Nevado darzustellen. Nach der Tephradeposition erfolgt ein starker und langanhaltender Rückgang der Moorarten Astelia pumila, Donatia fascicularis und Drosera uniflora. Diese drei Arten werden als Indikatoren für fortgeschrittene Sukzessionsprozesse diskutiert, die sich erst nach einer Regenerationsphase von über 1000 a nach der Vulkanstörung wieder etablieren. Diese hohe ökologische Sensibilität dieser Moorpflanzen wird ebenfalls durch ihr relativ spätes Auftreten im ersten Drittel des Holozäns bestätigt. Als Schlussfolgerung gilt: Im Rahmen der spät- und postglazialen Analyse der Vegetationsgeschichte des Magellanischen Regenwaldes ergibt sich das Bild eines Naturwaldsystems dessen Langzeitdynamik vom klimatischen Wandel, von exogenen vulkanischen Störungen aber ebenso durch synökologische Sukzessionsprozesse bestimmt wird. Kurzfassung, Summary, Vesión resumida 134

5.2 Summary

With the aim to explore the long term dynamics of a natural forest system, the vegetation history of the Magellanic rain forest in the east of Gran Campo Nevado on the Muñoz Gamero penínsular was reconstructed through pollen analysis. The investigation area (52°48´S, 72°55´W) in south western Patagonia has never been exploited through forestry and agriculture, and has therefore had no anthropogenic disturbances. The Magellanic rain forest (47°30´S – 56°S) is the southern most forest ecosystem on earth. The climate is superhumid in the west wind area of the southern hemisphere. The expected precipitation in the exploration area lies at around 7000 mm per year (SCHNEIDER et al. 2002). The forest ecosystem is dominated by the southern beech Nothofagus betuloides which is accompanied by, amongst others, the Drimys winteri, Embothrium coccineum and Maytenus magellanica tree species. A Marsippospermum fen was selected as the archive for pollen analysis. The drilled core (GC-2) has a length of 270 cm and is dated to 14122 a cal. B.P at its deepest point. The samples were analysed continuously every 2 cm along the length of the core. 24 pollen types were identified. It was however unable to differentiate the Nothofagus pollen grains on a species level. Furthermore, the spores of the Pteridophyta, Fusarium-Konidien and the limnic testaceae were counted. The oldest segment of the GC-2 core consists of glacilimnic sediments (270 cm - 194 cm) from 14122 a to 11224 a cal. B.P. It was possible to identify the pollen grains of Gunnera magellanica as well as Nothofagus spp. and Gramineae in this late glacial segment. A forest free environment was reconstructed for this period which was dominated by pioneer such as G. magellanica und N. antartica. In the youngest segment of the late glacial, there was a significant increase of the heliophyt G. magellanica and a decrease in the Nothofagus frequencies. The vegetation dynamics are discussed as a result of climate fluctuations which are synchronous with the end of the Younger Dryas (STEBICH 1999) or could be a southern shift of the west wind system

(MCCULLOCH & DAVIES 2001). The early Holocene is marked in the GC-2 core by the end of the glacilimnic sedimentation and the start of the peat accumulation (11224 a to 10938 a cal. B.P.). The highest levels of Juncanae pollen grains and Pteridophyta spores are revealed at the same time frame in the Holocene. After the decrease of the G. magellanica frequencies in the early Holocene period, the dominance of the Nothofagus pollen grains begin and continue until 4254 a cal. B.P. The development of the Magellanic rain forest ecosystem is marked by the emergence of Drimys winterii and Embothrium coccineum. The Drimys winterii pollen frequencies have their highest levels between 10247 a to 8130 a cal. B.P.. This specific pollen signal over a length of 2 ka is interpreted as an indication of synecological processes in the Holocene forest succession. The rise in pollen of the Astelia pumila, Donatia fascicularis und Drosera uniflora hygrophytic plants appears only after 10 ka cal. B.P. and is significantly delayed in relation to the Juncanae peak. These dynamics of the Kurzfassung, Summary, Vesión resumida 135 hygrophytes indicate specific succession processes in forest free fens in the first third of the Holocene. An 8 cm rich tephra layer is visible in the top half of the GC-2 core (42 cm - 50 cm) which can be attributed to the eruption of Mt. Burney 4254 a cal. B.P. (MCCULLOCH & DAVIES 2001, HOHNER 2001). After a hiatus of 580 a without peat accumulation, pollen grains are evident again from 3674 a cal. B.P.. A significant dominance of G. magellanica can be observed in this first peat segment after the tephra deposition. The Gramineae pollen level starts to rise shortly after the Gunnera peak. The Nothofagus frequencies are significantly reduced in the first peat samples after the volcanic disturbance. The rise of the pioneer plant G. magellanica is interpreted as an indicator for processes of primary succession, which are induced by the tephra deposition. As with the rise of G. magellanica in the youngest late glacial period, this heliophyt also possesses the importance of a disturbance indicator after the Mt. Burney eruption. The particular role of G. magellanica in processes of primary succession can be attributed to the independence of soil related nitrogen. Several species of the genus Gunnera are known to share symbiosis with

Nostoc-Cyanobacteria (SCHMIDT 1991). It was thereby possible to identify these Gunnera-Nostoc- Symbiosoms, which are able to fix atmospheric nitrogen, even in Gunnera plants from the Gran Campo Nevada area. An intense and long term retreat of the hygrophyts Astelia pumila, Donatia fascicularis and Drosera uniflora takes place after the tephra deposition. These three species are interpreted as indicators for advanced succession processes which only reappear after a regeneration period of more than 1 ka after the volcanic disturbance. The high ecological sensitivity of these hygrophyts is also confirmed by their late emergence in the first third of the Holocene. In conclusion: Within the context of the late and post glacial analysis of the Magellanic rain forest vegetation history, a concept is created of a natural forest system whose long term dynamics are influenced by climatic change, exogenic volcanic disturbances and also synecological succession processes. Kurzfassung, Summary, Vesión resumida 136

5.3 Vesión resumida

Con el objeto de estudiar la dinámica de un sistema de bosque natural a lo largo del tiempo, se reconstruyó la historia de la vegetación forestal (bosques magallánicos) de la Península Muñoz Gamero al este del Gran Campo Nevado (52° 46`S, 72° 55`W) mediante un análisis del polen. El lugar investigado nunca se ha explotado forestal o agricolamente, por lo que se excluye cualquier perturbación antropogénica. El bosque magallánico (47°30`S -56°S) representa en los ecosistemas de bosque lo más austral del mundo. En los lugares del Hemisferio Sur expuestos a vientos provenientes del este, el clima es muy húmedo. A efectos de esta investigación, se consideraron precipitaciones mínimas de

7000 mm/año (SCHNEIDER et al. 2002). En estos bosques domina la especie Nothofagus betuloides, que va acompañada por especies arboreas como Drimys winteri, Embothrium coccineum y Maytenus magellanica. Para el análisis del polen se eligió una turbera de Marsippospermum. El núcleo extraído (GC-2) tiene una longitud de 270 cm, y su edad en la base data de 14122 a cal B.P.. Para el analisis se usaron cortes sucesivos del núcleo de 2 cm. Se encontraron 24 tipos de polen, los cuales se describen cualitativa y cuantitativamente. Mediante el análisis no fue posible identificar a nivel de especie los granos de polen de Nothofagus encontrados. Ademas se encontraron esporas de Pteridófitos, conidios de Fusarium y microrestos límnicos como los de Testáceas. El segmento mas antiguo del nucleo GC-2, que data de 14.122 a 11.224 a cal B.P., es de sedimentos limnoglaciares (270 cm – 194 cm). En este segmento se encontraron principalmente granos de polen de Gunnera magellanica, de especies de Nothofagus y de gramineas. Para este período de tiempo se reconstruyó un paisaje sin bosques, caracterizado por especies pioneras como G. magellanica y N. antartica. En el período mas reciente de la época glaciar tardía, hubo un aumento significativo de G. magellanica como especie heliófila de suelos minerales, asi como también una disminución en la frecuencia de Nothofagus. Esta dinámica de la vegetación se interpreta como consecuencia de una fluctuación climática, asociada ya sea al período de Dryas juvenil (STEBICH 1999) o al sistema frontal de vientos provenientes del oeste. El Holoceno temprano está caracterizado en el Nucleo GC-2 por el final de la sedimentación limnoglacial y el comienzo de la acumulación de turba (11.224 hasta aproximadamente 10.938 a cal B.P.). Al mismo tiempo, se encuentra la mayor cantidad holocénica de granos de polen de Juncanae asi como también de esporas de Pteridófitos. Tras la disminución en el Holoceno temprano de la frecuencia de granos de polen de G. magellanica, comienza el aumento de la frecuencia de granos de polen de Nothofagus, que perdura hasta el año 4.254 a B.P.. La evolución de este ecosistema hacía un bosque magallánico viene marcado por el establecimiento de Drimys winteri y Embothrium coccineum. La frecuencia de granos de polen de Drimys winteri es máxima en el período de tiempo de 10.247 a 8.130 años a cal. B.P.. Estos datos concretos de polen que se refieren a más de 2000 años, se interpretan como indicadores de procesos sinecológicos de sucesión de los bosques en el periodo Holoceno. Kurzfassung, Summary, Vesión resumida 137

Sólo después de 10 ka cal B.P. y claramente posterior al máximo de Juncanae, se observa el aumento de granos de polen de especies de turbera como Astelia pumila, Donatia fascicularis y Drosera uniflora. Esta dinámica de la vegetación higrófita en el primer tercio del Holoceno podría demostrar la existencia de procesos específicos de sucesión en estos paisajes de turberas sin bosque. En el segmento superior del núcleo GC-2 (42 cm-50 cm) hay una capa de 8 cm de espesor de Tefra que pertenece a la erupción del volcán Mt. Burney el año 4254 a cal B.P. (Mc CULLOCH & DAVIES 2001, HOHNER 2001). A partir del año 3674 a cal B.P., después de un período de 580 años en los cuales no hubo acumulación de turba, se encuentran nuevamente granos de polen. En este primer segmento de turba posterior al depósito de Tefra, se observa una dominancia significativa de la especie heliófila G. magellanica en el espectro de polen estudiado. Posteriormente se aprecia un aumento de granos de polen de gramíneas. En los depósitos de turba posteriores a la erupción del volcán, la frecuencia de Nothofagus disminuye claramente. El aumento de la especie pionera G. magellanica se interpreta como indicador de un proceso de sucesión primaria. El aumento de G. magellanica tanto en el período inicial de la época glacial tardía como el posterior a la erupción del volcán Mt. Burney muestra la función principal de esta especie como indicadora de distorsiones ecológicas. La dominancia de G. magellanica en los procesos de sucesión primaria se podría explicar por la independencia típica de esta especie con respecto a la absorción de nitrógeno del substrato. Se sabe que muchas especies del genero Gunnera tienen simbiosis con Cianobacterias del género Nostoc (SCHMIDT 1991). En la zona de estudio del Gran Campo Nevado también se encontraron los simbiontes responsables de la absorción de nitrógeno atmosférico. Después del depósito de Tefra se produjo un retroceso significativo, durante un largo período de tiempo, de las especies de turberas Astelia pumila, Donatia fascicularis y Drosera uniflora. Estas tres especies son indicadoras de un proceso de sucesión posterior, y su establecimiento ocurrió sólo tras un período de regeneración de 1000 años posterior a la erupción del volcán. Su aparición tardía, en el primer tercio del Holoceno, demuestra la alta sensibilidad ecológica de estas especies. Como conclusión, se puede señalar que el análisis de la historia del bosque magallánico y de la vegetación asociada a él, muestra un sistema natural en el que la dinámica a largo plazo está determinada por cambios climáticos, perturbaciones volcánicas, y también procesos de sucesión sinecológica. Literatur- und Quellenverzeichnis 138

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

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Mein besonderer Dank gilt meinen Betreuern Prof. Dr. Jan Behrmann und Prof. Dr. Arne Friedmann von der Universität Freiburg. Ihre Förderung und ihr Interesse haben in den letzten zwei Jahren und neun Monaten entscheidend zum Gelingen der vorliegenden Dissertationsschrift beigetragen.

Im Rahmen der technischen Durchführung meines Promotionsprojektes haben mir PD Dr. Rolf Kilian (Universität Trier) und Dr. Michael Peters (Universität München) große Unterstützung geleistet. Ohne die Logistik von PD Dr. Kilian wären die Untersuchungen auf der Península Muñoz Gamero nicht möglich gewesen. In Deutschland hat mich Dr. Peters bei der Pollenanalyse und Interpretation der Ergebnisse mit Rat und Tat gefördert.

Meiner Ehefrau Dr. Heike Fesq möchte ich für die kritische Durchsicht der verschiedenen Manuskripte und ihre allzeit motivierende Diskussionsbereitschaft sehr herzlich danken. In den Wirbelstürmen der „Screaming Fifties“ gab sie mir den Mut, weiter zu forschen – in Südamerika und in Deutschland.

Anita Peters war eine unersätzliche Hilfe bei der elektronischen Verarbeitung der Untersuchungsergebnisse. Pavel Kopal unterrichtete und unterstützte mich in der „Pollenalchimie“. Beiden gilt mein großer Dank.

PD Dr. Ehrentraud Bayer (Universität München) danke ich für die produktive Kooperation beim Nachweis der Gunnera-Nostoc-Symbiose. Ferner hat PD Dr. Bayer zusammen mit Karen Uslar die „Vesión resumida“ übersetzt. Das „Summary“ verdanke ich der guten Zusammenarbeit mit Karl-Erik Köstlin.

Für ihre wertvolle Hilfe möchte ich mich auch bei PD Dr. Harald Biester, Dr. Christoph Schneider, Dr. Andreas Vogel, Dr. Eva Facher, Miriam Hohner, Carola Hertel und Markus Stickling bedanken.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sei für ihre Förderung (Ki 456/6-1) besonders gedankt. Erklärung an Eides Statt

Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit „Pollenanalytische Untersuchungen zur Rekonstruktion der spät- und postglazialen Vegetationsdynamik des Magellanischen Regenwaldes, Südchile“ ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus anderen Quellen direkt oder indirekt übernommenen Daten und Konzepte sind unter Angabe der Quelle gekennzeichnet. Insbesondere habe ich hierfür nicht die entgeltliche Hilfe von Vermittlungs- bzw. Beratungsdiensten (Promotionsberater oder anderer Personen) in Anspruch genommen. Niemand hat von mir unmittelbar oder mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation stehen. Die Arbeit wurde bisher weder im In- noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.

Freiburg, den ______Anhang 1: Pollendiagramm des GC-2-Archives

Pollen-Diagram Patagonien Gc 2 Baumpollen Sträucher- und Kräuter-Pollen Hygro- und Hydrophyten P.-Konz. 10³/cm³ AP / NAP / Hyd-gro / NAP AP Stratigraphie Tiefe (cm) Alter a cal. B.P. Nothofagus Dacrydium Pilgerodendron Maytenus Embothrium Drimys Gunnera Gramineae Caryophyllaceae Pernettya Compositae Empetrum Ranunculaceae Myrtaceae Berberis Desfontainea Chenopodiaceae Pteridophyta Juncanae Fusarium Astelia Donatia Drosera Charcoal Terrestrial Local AP + NAP PAZ 50 2222 2 50 101010102 102 111 50 50 5 50 2 2 10 100 200 TSD 0-2 642 2-4 619 4-6 667 6-8 652 8-10 674 10-12 737 3b 12-14 636 14-16 675 16-18 628 663 MT 18-20 20-22 626 22-24 568 24-26 569 26-28 568 28-30 586 30-32 2800 606 32-34 701 3a 34-36 934 36-38 791 38-40 753 40-42 3.674 421 Te 44-46 4.254 364 50-52 631 52-54 658 54-56 757 56-58 693 2d 58-60 616 60-62 623 62-64 633 64-66 662 66-68 679 68-70 635 70-72 657 72-74 661 74-76 622 76-78 628 78-80 651 80-82 671 82-84 615 84-86 636 86-88 638 88-90 611 90-92 653 92-94 616 94-96 660 96-98 648 98-100 695 2c 100-102 667 102-104 642 104-106 648 106-108 643 108-110 637 110-112 622 112-114 614 114-116 620 116-118 615 118-120 623 MT 120-122 612 122-124 609 124-126 594 126-128 591 128-130 595 130-132 583 132-134 8.130 657 134-136 623 136-138 679 138-140 632 140-142 643 142-144 710 144-146 723 146-148 829 148-150 820 150-152 1039 2b 152-154 1068 154-156 864 156-158 673 158-160 809 160-162 713 162-164 647 164-166 10.247 653 166-168 917 168-170 882 170-172 975 172-174 737 174-176 842 176-178 893 178-180 359 2a 180-182 842 182-184 847 184-186 560 186-188 576 188-190 438 190-192 10.938 709 192-194 628 194-196 11.224 768 196-198 847 198-200 1235 200-202 936 202-204 770 1b 204-206 562 206-208 952 208-210 449 210-212 760 212-214 396 214-216 370 216-218 408 218-220 330 GL 220-222 410 222-224 670 224-226 581 226-228 462 228-230 690 1a 230-232 827 232-234 474 234-236 410 236-238 413 238-240 512 260-262 274 268-270 14.122 M. FESQ-MARTIN 2003

Die schwarzen Horizontalbalken stellen die Prozentanteile der jeweiligen Pollen- und Sporentypen relativ zur Summe der terrestrischen Pollenkörner dar. Diese setzt sich aus den Baumpollenkörnern (AP) plus den Sträucher- und Kräuterpollenkörnern (NAP) zusammen (Bezugssumme = AP + NAP).

MT = Marsippospermum-Torf, Te = Mt. Burney-Tephralage (42-50 cm; 4.254 a cal. B.P.), grüngelbe Balken = körnige Lagen (15-15,5 cm, 131,5-132,5 cm) unsicherer Herkunft, GL = Glazilimnisches Sediment (blau = grobkörnige Lage, 206 – 210 cm), PAZ = Pollen Assemblage Zonen, Local = Hygro- und Hydrophyten.

Ohne Varia: Fuchsia magellanica, Ribes magellanicum, Myriophyllum quitense.

14.03.2003 21:08 Anhang 2: Pollenfrequenzen des GC-1a-Kernes

Pollendiagramm Patagonien GC-1a Baumpollentypen Pollentypen der Sträucher- und Kräuter Hygro- und Hydrophyten AP / NAP / Hyd-gro / NAP AP Stratigraphie Tiefe (cm) Alter a cal. B.P. Nothofagus Dacrydium Pilgerodendron Maytenus Drymis Desfontainea Gunnera Gramineae Caryophyllaceae Pernettya Compositae Empetrum Ranunculaceae Myrtaceae Pteridophyta Cyp/Junc Astelia Donatia Mycota Holzkohle AP + NAP 50 22222 202 2 102 2 2 2 50 102 2 102 18-20 862,0 22 112 38-40 624,0 58-60 716,0 66 1.460 70-72 739,0 72-74 805,0 74-76 778,0 76-78 676,0 78-80 671,0 80-82 1.933 753,0 82-84 676,0 84-86 669,0 86-88 682,0 88-104 104-106 752,0 106-108 1105,0 108-110 2.200 924,0 110-112 394,0 112-114 486,0 114-116 512,0 116-118 2.450 485,0 120-122 625,0 134-136 681,0 138-140 756,0 ohne Varia:Berberis, Chenopodiaceae, Myriophyllum, Drosera

Die Horizontalbalken stellen die Prozentanteile der jeweiligen Pollen- und Sporentypen relativ zur Summe der terrestrischen Pollenkörner dar. Diese setzt sich aus den Baumpollen (AP) plus den Sträucher- und Kräuterpollen (NAP) zusammen (Bezugssumme = AP + NAP). Lücken bedeuten unbearbeitete Proben.

Die gestrichelte Linie markiert die Mt. Burney-Tephralage (2 ka B.P.).

Ohne Varia: Berberis spp., Chenopodiaceae, Myriophyllum quitense, Drosera uniflora.

10.03.2003 22:15 Anhang 3: Pollenfrequenzen des Chandler-Kernes

Baumpollentypen Pollentypen der Sträucher und Kräuter Hygro- und Hydrophyten AP / NAP / Hyd-gro / NAP AP Tiefe (cm) Tiefe B.P. a cal. Alter Nothofagus Dacrydium Pilgerodendron Maytenus Drymis Desfontainea Embothrium Gunnera Gramineae Caryophyllaceae Pernettya Compositae Empetrum Ranunculaceae Berberis Myrtaceae Chenopodiaceae Pteridophyta Cyp/Junc Astelia Donatia Myriophyllum Mycota Holzkohle AP + NAP 1a 50 222 5 22 5 5 2 5 2 5 2222 40 5 5 52 5 5 0-2cm 446 6-8cm 431 24-26 430 53-55 441 73-75 427

1b 6-8cm 433 24-26 452 44-46 4.087 48-50 395 68-70 427

Die Horizontalbalken stellen die Prozentanteile der jeweiligen Pollen- und Sporentypen relativ zur Summe der terrestrischen Pollenkörner dar. Diese setzt sich aus den Baumpollen (AP) plus den Sträucher- und Kräuterpollen (NAP) zusammen (Bezugssumme = AP + NAP). 1a, 1b sind Abschnitte des Chandlerkernes. Lücken bedeuten unbearbeitete Proben.

10.03.2003 22:06