Niedersächsischer Landtag - 17. Wahlperiode - 133. Plenarsitzung am 15. Juni 2017

Gerald Heere (GRÜNE) ...... 13405, 13407 Reinhold Hilbers (CDU) ...... 13433, 13436 Dirk Toepffer (CDU) ...... 13407 Petra Joumaah (CDU) ...... 13435, 13436 Beschluss ...... 13407 Kai Seefried (CDU) ...... 13436 Astrid Vockert (CDU) ...... 13437 Persönliche Bemerkung: (Die Antworten zu den Anfragen 2 bis 54, die nicht in der Uwe Schünemann (CDU) ...... 13408 133. Sitzung des Landtages am 15. Juni 2017 behandelt und daher zu Protokoll gegeben wurden, sind in der Tagesordnungspunkt 30: Drucksache 17/8300 abgedruckt.)

Erste Beratung: Tagesordnungspunkt 33: Artensterben aufhalten - Insekten schützen -

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bünd- Erste Beratung: nis 90/Die Grünen - Drs. 17/8218 ...... 13409 Für eine starke Europäische Säule sozialer Rech- Axel Brammer (SPD) ...... 13409, 13419 te - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Hans-Joachim Janßen (GRÜNE) Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/8211 ...... 13438 ...... 13410, 13412, 13413, 13416, 13422 Petra Emmerich-Kopatsch (SPD) ...... 13438 Frank Oesterhelweg (CDU) ...... 13412, 13417 Gudrun Pieper (CDU)...... 13439 Hermann Grupe (FDP) ...... 13412, 13419 Regina Asendorf (GRÜNE) ...... 13441 Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens (CDU) Horst Kortlang (FDP) ...... 13442 ...... 13413, 13416, 13421, 13422 Cornelia Rundt, Ministerin für Soziales, Ge- Dr. Gero Hocker (FDP) ...... 13416 sundheit und Gleichstellung ...... 13443 , Minister für Umwelt, Energie Ausschussüberweisung ...... 13444 und Klimaschutz ...... 13417, 13420 Anette Meyer zu Strohen (CDU) ...... 13420 Tagesordnungspunkt 34: Ausschussüberweisung ...... 13422

Erste Beratung: Tagesordnungspunkt 31: Hochschulpaktmittel auch für die niedersächsi-

schen Universitäten verstetigen - Antrag der Frak- 43. Übersicht über Beschlussempfehlungen der tion der CDU - Drs. 17/8214 ...... 13444 ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Jörg Hillmer (CDU) ...... 13444 Drs. 17/8240 - strittige und unstrittige Eingaben Dr. Silke Lesemann (SPD) ...... 13445, 13447 ...... 13422 (GRÜNE) ...... 13448, 13450 Beschluss ...... 13423 Christian Dürr (FDP) ...... 13450 Ausschussüberweisung ...... 13450 Tagesordnungspunkt 32:

Tagesordnungspunkt 35: Mündliche Anfragen - Drs. 17/8235 ...... 13423

Erste Beratung: Frage 1: Baustellen- und Verkehrskoordinator für die Met- Maßnahmen zur Stärkung der ärztlichen Versor- ropolregion Hamburg - Antrag der Fraktion der gung im ländlichen Raum ...... 13423 CDU - Drs. 17/8217 ...... 13451 Holger Ansmann (SPD) ...... 13423 Heiner Schönecke (CDU) Cornelia Rundt, Ministerin für Soziales, Ge- ...... 13451, sundheit und Gleichstellung ... 13424 bis 13437 13455, 13459 Dr. Christos Pantazis (SPD) ...... 13427 Gerd Ludwig Will (SPD)...... 13453, 13454 Gudrun Pieper (CDU) ...... 13428, 13434 Helmut Dammann-Tamke (CDU) ...... 13454 Burkhard Jasper (CDU) ...... 13428, 13434 Susanne Menge (GRÜNE) ...... 13454 Annette Schwarz (CDU) ...... 13429, 13434 Gabriela König (FDP)...... 13456 Dr. Max Matthiesen (CDU) ...... 13429, 13435 Olaf Lies, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Thomas Schremmer (GRÜNE) ...... 13430 Verkehr ...... 13457 Christian Meyer, Minister für Ernährung, Ausschussüberweisung ...... 13459 Landwirtschaft und Verbraucherschutz . 13430 Dr. Thela Wernstedt (SPD) ...... 13431, 13437 Christian Calderone (CDU) ...... 13432 Volker Meyer (CDU) ...... 13432, 13433

II Niedersächsischer Landtag - 17. Wahlperiode - 133. Plenarsitzung am 15. Juni 2017

Ich stelle fest: Es geht um nachgeordnete Behör- und nicht Sie, Herr Kollege. Sie dürfen sich gerne den. auch mit einer persönlichen Bemerkung zu Wort melden. Ich darf übrigens einmal aus dem Bericht des Lan- desrechnungshofes zitieren: Herr Heere, jetzt führt erst Herr Kollege Schüne- „Das Logistikzentrum Niedersachsen hat mann seine persönliche Bemerkung zu Ende. Bit- schon vor Abschluss der Prüfung durch den te! Landesrechnungshof Mängel bei der Verga- be von Sachverständigen- und Beratungs- Uwe Schünemann (CDU): leistungen erkannt und eigens abgestellt.“ Ich stelle fest: Das, was hier von Herrn Heere und Dann gibt es einen Beschluss des Unterausschus- von Herrn Tonne dargestellt worden ist, ist auf ses „Prüfung der Haushaltsrechnungen“. Dieser jeden Fall zurückzuweisen, weil das nichts mit den Beanstandungsvermerk ist mit Ihren Stimmen von Verstößen, die im Wirtschaftsministerium und in SPD und Grünen als erledigt erklärt worden. Es ist der Staatskanzlei erfolgt sind, zu tun hat. Hier geht unter Ihrer Regierung anschließend festgestellt es um nachgeordnete Behörden. Die Angelegen- worden, dass diese Vorwürfe längst erledigt sind. heit ist erledigt. Deshalb, meine Damen und Her- Das ist doch der Punkt. ren, müssen wir uns darum kümmern, wo Sie di- rekt Einfluss genommen haben, wo tatsächlich (Beifall bei der CDU und bei der FDP) SPD-nahe Agenturen Aufträge bekommen haben. Meine Damen und Herren, ich verwahre mich wirk- Das ist der Auftrag. Das hat gar nichts mit dem zu lich dagegen. Natürlich können Fehler gemacht tun, was Sie mir hier vorgeworfen haben. werden. Auch bei nachgeordneten Behörden muss (Beifall bei der CDU und bei der FDP) sofort darauf geachtet werden, dass das umge- setzt wird. Vizepräsident Karl-Heinz Klare: Aber worüber reden wir denn hier? - Das gleichzu- Vielen Dank, Herr Kollege Schünemann. Damit ist setzen, ist wirklich unerhört. Hier geht es darum, die persönliche Bemerkung jetzt abgeschlossen. dass die Staatssekretärin - - - (Gerd Ludwig Will [SPD]: Das ist doch Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt auf den keine persönliche Bemerkung! - Wei- tere Zurufe von der SPD - Anja Piel [GRÜNE]: Wir sind geduldig und war- Tagesordnungspunkt 30: ten auf die persönliche Erklärung! - Erste Beratung: Unruhe) Artensterben aufhalten - Insekten schützen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Vizepräsident Karl-Heinz Klare: Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/8218 Eine Sekunde! - Herr Kollege Siebels, das ist das erste Mal, dass Sie jetzt den Ablauf stören. Wenn Sie es noch einmal machen, erteile ich Ihnen einen Zur Einbringung hat der Kollege Axel Brammer für Ordnungsruf. Wir haben dafür zu sorgen, dass die die SPD-Fraktion das Wort. Ordnung in diesem Parlament eingehalten wird. Axel Brammer (SPD): (Gerd Ludwig Will [SPD]: Die Ge- schäftsordnung muss eingehalten Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen werden!) und Kollegen! Mit unserem Antrag „Artensterben aufhalten - Insekten schützen“ versuchen wir, im Das kann ruhig mit Zwischenrufen laufen, keine letzten Moment dazu beizutragen, dass eine Ent- Frage. Wenn aber die Ordnung gestört wird und wicklung umgekehrt wird, die uns wahrscheinlich in der Redner nicht mehr reden kann, dann wird ein eine ökologische Katastrophe führen wird. Ordnungsruf erteilt. Der Nächste, der die Ordnung stört, bekommt diesen Ordnungsruf. Sie können es In den letzten 25 Jahren sind die Vorkommen un- ausprobieren. serer Insekten um ca. 80 % zurückgegangen. Das hat Folgen. Sie haben jetzt das Wort, Herr Schünemann, (Unruhe) (Zuruf von der SPD)

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Vizepräsident Karl-Heinz Klare: Ganz wichtig ist: Das schaffen alle Akteure nur gemeinsam: Politik, Wirtschaft, Landwirtschaft, Herr Kollege Brammer, es ist besser, wenn wir Imker, Naturschutzverbände wie NABU, Angler, noch ein bisschen warten. - Herr Brammer, Sie BUND und Jägerschaft, aber auch alle Bürgerin- können jetzt fortfahren. nen und Bürger in ihren eigenen Gärten. Klar ist auch: Das bekommen wir nicht zum Nulltarif. Axel Brammer (SPD): Wir haben in unserem Antrag umfassend darge- Mit dem Rückgang der Insekten als Bestäuber von legt, welche Maßnahmen aus unserer Sicht erfor- Pflanzen gerät unsere Nahrungskette in Gefahr. derlich sein könnten. Dabei dürfte klar sein: Einige Wir erleben einen Rückgang der Prädatoren. Ins- Maßnahmen werden auch schmerzhafte Einschnit- besondere unsere heimischen Vogelarten sind te sein. Deshalb ist es gut, wenn alle Betroffenen davon sehr stark betroffen. Sie benötigen insbe- gemeinsam zu Lösungen kommen, die dann auch sondere in der Brut- und Setzzeit erhebliche Men- von allen getragen werden. Das ist allemal besser, gen an Insekten, um ihre Küken satt zu bekom- als am Ende dringend notwendige Beschlüsse men. Das geht aber weiter: Insekten im Larvensta- fassen zu müssen, ohne dass die Betroffenen in dium gehören zur Nahrungsgrundlage von Lurchen einem ausreichenden Maße beteiligt waren. Des- und Fischen in unseren Gewässern. Das bedeutet, halb laden wir Sie ein, liebe Kolleginnen und Kol- die Nahrungsketten sowohl an Land als auch im legen auch auf der rechten Seite des Hauses, Wasser geraten aus dem Gleichgewicht. gemeinsam mit uns und allen anderen Akteuren Wir haben in unserem Antrag ausführlich be- nach dringend erforderlichen Lösungen zu suchen. schrieben, dass hier dringendes Handeln geboten Ich fürchte, dass unsere Chancen, etwas im Sinne ist. unserer Zukunft auf den Weg zu bringen, immer (Beifall bei der SPD und bei den kleiner werden. Deshalb muss umgehend etwas GRÜNEN) passieren. Um erfolgreich zu sein, brauchen wir eine breite Öffentlichkeitsarbeit. Wir brauchen die Meine Damen und Herren, wir sind allerdings auch Bereitschaft aller Beteiligten, dieses Problem an- froh, dass sich die Landesregierung bei diesem zugehen. Thema schon auf den Weg gemacht hat. Dazu gehört die Förderung für die Anlage von Grünflä- Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Planet, auf chen genauso wie die Förderung unserer Landwir- dem wir leben, ist einmalig. Wenn die Menschheit te und Imker im Rahmen gemeinsamer Agrar- und diesen Planeten zerstört, gibt es keine zweite Umweltprogramme. Genauso zu begrüßen ist die Chance. Deshalb noch einmal: Es wäre gut, wenn Forschung bezüglich des Einsatzes von Blühpflan- wir das gemeinsam hinbekommen. Wir laden Sie zen in Biogasanlagen sowie die Einsetzung von auf jeden Fall herzlich dazu ein. Expertenteams, um die sich abzeichnenden Prob- Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. leme anzugehen. Letztendlich könnte die Erarbei- tung von Handlungszielen im Rahmen der nieder- (Beifall bei der SPD und bei den sächsischen Naturschutzstrategie erheblich helfen. GRÜNEN)

Für diese Bemühungen zunächst einmal ein aus- Vizepräsident Karl-Heinz Klare: drückliches Dankeschön an die Landesregierung Vielen Dank, Herr Brammer. - Jetzt hat sich Hans- und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Joachim Janßen für die Fraktion Bündnis 90/Die Umweltministeriums! Sie sind da schon sehr gut Grünen gemeldet. Herr Janßen, bitte schön! unterwegs.

(Beifall bei der SPD und bei den Hans-Joachim Janßen (GRÜNE): GRÜNEN) Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass der Rückgang von Bienen dramati- Zur Wahrheit gehört aber auch: Dies alles ist ein sche Ausmaße angenommen hat, ist mittlerweile Tropfen auf dem heißen Stein. Hier muss natürlich weithin bekannt. Andere Insektenarten wie Wild- noch sehr viel mehr passieren. Das Artensterben bienen, Hummeln, Schwebfliegen oder Schmetter- ist nicht allein ein niedersächsisches Problem. Das linge sterben stiller. In den letzten 20 Jahren hat müssen wir national und in der Folge auch interna- die Insektenmasse - wie eben auch schon gesagt - tional angehen. um 80 % abgenommen. Wenn sich dieser Trend

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fortsetzt, sterben viele Arten in weniger als zehn Ursächlich für den Schwund der Insekten sind vor Jahren aus. Dieses Drama ist in der Öffentlichkeit allem drei Faktoren: die abnehmende Pflanzenar- weit weniger bekannt als das der Honigbiene. tenvielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen und im Siedlungsbereich, der Einsatz von Pestiziden, die Aber wir alle haben wahrscheinlich schon gemerkt, Insekten kurz- oder langfristig töten, und weit ver- dass Begegnungen mit Insekten aller Art - auch breitete Lichtverschmutzung. Statt Winkelstein- die eher unangenehmen wie verklebte Autoschei- Cotoneaster-Kulturen oder - für Insekten noch ben, Stiche am Badesee oder Fliegen im Wohn- schlechter - Kiesvorgärten mit Rollrasen und au- zimmer - in den letzten Jahren deutlich abgenom- tomatischem Rasenmäher, der diesen Rollrasen men haben. Für die Nahrungskette heimischer fingernagelkurz hält, Ökosysteme ist das genauso ein Desaster wie für die Umweltdienstleistungen, die wir ansonsten ( [GRÜNE]: Damit kostenlos von Insekten erhalten. Insekten sind die auch gar nichts mehr blüht!) Nahrungsbasis für viele Fische, Reptilien, Amphi- bien, Fledermäuse und vor allem für Vögel. Gera- brauchen wir gerade auch im besiedelten Bereich, de die Zahl der Vögel des Offenlandes nimmt in den Dörfern und Städten, möglichst vielfältige, ebenfalls massiv ab - auch mangels Insekten als blütenreiche Grünflächen. Nahrungsgrundlage bei der Jungenaufzucht. Uns (Beifall bei den GRÜNEN und bei der droht ein stummer Frühling in zweifacher Hinsicht, SPD) nämlich ohne Summen und ohne Zwitschern. Über das Landschaftswerte-Programm der Lan- Insekten, meine Damen und Herren, sind für einen desregierung bestehen hier bereits Fördermöglich- funktionierenden Humusaufbau und damit für ei- keiten. Diese wollen wir ausbauen und attraktiver nen gesunden Boden wichtig. Insekten bestäuben gestalten. Die rot-grüne Landesregierung fördert 80 % unserer Nutzpflanzen. Wenn diese Nützlinge den Erhalt von Grünland - und das ist gut so. jetzt immer weniger werden, drohen massive Schäden in der Landwirtschaft und in der Nah- (Zustimmung bei den GRÜNEN) rungsmittelproduktion. Wir werden es in Deutsch- Es gibt Zuschläge für artenreiche Grünlandflächen. land schlechterdings nicht so machen können wie Trotzdem ist der Anteil solcher artenreichen Grün- in Teilen Chinas, wo die Bestäubung mittlerweile ländereien nicht ausreichend. Das mesophile mit der Hand erfolgt. Grünland schwindet weiter. Wir werden hier nach- (Miriam Staudte [GRÜNE]: Abartig ist bessern und flächendeckend attraktive Zuschläge das!) in der Agrarförderung anbieten müssen. Darüber hinaus ist es wichtig, bei allen Planungen die In- Meine Damen und Herren, die rot-grüne Landes- sektenfauna zu berücksichtigen. Das gilt für Aus- regierung tut bereits viel für den Insektenschutz. gleichs- und Ersatzmaßnahmen genauso wie für Sie fördert das Anlegen von Blühstreifen. Die die Sicherung des Biotopverbundsystems und Blühstreifenflächen haben sich von 2012 bis 2016 gleichermaßen für die Anlage von Hecken, Streu- fast verdoppelt. Wir haben die erhöhte Förderung obstwiesen oder Wegerandstreifen. für den Ökolandbau, und für die Anlage von Blüh- flächen in Siedlungsgebieten können Zuschüsse Wegerandstreifen müssen im Übrigen gegen beantragt werden. Das Umweltministerium hat Überpflügen gesichert und illegal überpflügte außerdem eine Arbeitsgruppe mit Expertinnen und Randstreifen der Natur zurückgegeben werden. Experten zum Thema Insektensterben eingesetzt, Das sind keine kleinen Flächen. Hochrechnungen um Wissen zu bündeln und Maßnahmenpakete zu für Niedersachsen kommen auf ungefähr entwickeln. 10 000 ha, die auf diese Art und Weise illegal unter den Pflug genommen wurden. (Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Miriam Staudte [GRÜNE]: Sehr Ein erhebliches Problem stellt der Einsatz von gut!) Pestiziden dar. Dazu gehört auch die Saatgutbeize Die Landesregierung ist auf einem guten Weg. Das mit Neonicotinoiden. Angesichts der Nachweise wollen wir mit diesem Antrag nachdrücklich unter- von deren Schadwirkung wäre der erste Schritt ein stützen. komplettes Verbot dieser Stoffgruppe, so wie das z. B. die EFSA, die Europäische Behörde für Le- (Beifall bei den GRÜNEN und bei der bensmittelsicherheit, fordert. Aber selbst das wird SPD) nicht ausreichend sein. Bei der Zulassung von

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Wirkstoffen ist eine umfassende Prüfung der Toxi- nicht so im Fokus der Öffentlichkeit stehen wie zität auf Insekten erforderlich, und zwar unter rea- z. B. Bienen. Bei Bienen ist es auffällig, die hat len Bedingungen und nicht nur im Laborversuch. natürlich jeder im Fokus. Aber z. B. Springkäfer oder Schnellkäfer wird kaum jemand so schnell Vizepräsident Karl-Heinz Klare: auffinden. Von daher glaube ich, dass wir da noch Herr Janßen, darf ich Sie kurz unterbrechen? mehr finden werden. (Zustimmung bei den GRÜNEN) Hans-Joachim Janßen (GRÜNE): Gerne. Noch ein kurzer Satz zu den Leuchtmitteln: Wir haben allein in Deutschland 9 Millionen Straßenla- Vizepräsident Karl-Heinz Klare: ternen - auf neun Einwohner kommt eine. Sie wir- ken wie Staubsauger. Hier sind Umrüstungen drin- Das ist partnerschaftliches Arbeiten. Herr Oester- gend erforderlich - am besten auf warmweiße helweg, bitte schön! LEDs; die sind am verträglichsten. Frank Oesterhelweg (CDU): Meine Damen und Herren, wir sind am Ende des Das finde ich hervorragend. Er wusste offensicht- Plenums. - Nein, am Ende des Plenums starten wir lich, dass ich eine Frage stellen wollte. - Herr Kol- in die Sommerpause. Wir sind noch nicht am Ende lege, was sagen Sie zu den Ausführungen vieler des Plenums; das dauert noch eine Weile. Imker auch in verantwortlichen Positionen, dass (Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Nicht, sie sich gar nicht für ein absolutes Verbot der Ne- dass gleich alle weglaufen!) onicotinoide aussprechen, weil das dazu führen würde, dass der Rapsanbau in vielen Bereichen Aber es ist noch nicht zu spät, heimische Blühmi- vollkommen eingestellt werden müsste, was wie- schungen im Garten oder auf brachliegenden Flä- derum auch der Imkerei schaden würde? chen anzusiedeln. Als Unterstützung haben wir Ihnen heute etwas mitgebracht: Wildblumensaat- Vizepräsident Karl-Heinz Klare: gut. Ich würde mich freuen, wenn Sie es verwen- Herr Janßen, Sie haben das Wort. Bitte schön! den können. Vielen Dank. Hans-Joachim Janßen (GRÜNE): (Beifall bei den GRÜNEN und bei der Ich glaube, dass wir dahin kommen müssen, unse- SPD - Der Redner verteilt das Wild- re Kulturpflanzen auch dann anbaufähig zu halten, blumensaatgut an Abgeordnete) wenn wir sie nicht mit giftigen Mitteln behandeln, die dazu führen, dass die Insektenfauna weiträu- Vizepräsident Karl-Heinz Klare: mig darunter leidet. Dafür gibt es zahlreiche Stu- dien. Ich würde dabei bleiben zu sagen: Nicotinoi- Jetzt wird verteilt, Herr Dr. Deneke-Jöhrens. Dann de gehören nicht ins Saatgut. Sie stellen eine Ge- hat Herr Grupe das Wort zu einer Kurzintervention. fahr dar, deren Potenzial wir bislang überhaupt - Herr Grupe, eine Sekunde! - Ich darf an Herrn noch nicht abschließend erkennen können. Als Janßen die Bitte richten: Hier wird abgeliefert, Vorsorgemaßnahme sollte man auf jeden Fall da- dann geben wir das weiter. rauf verzichten. (Heiterkeit - Hans-Joachim Janßen (Beifall bei den GRÜNEN und bei der [GRÜNE]: Wir haben schon Abneh- SPD - Miriam Staudte [GRÜNE]: Sehr mer gefunden!) richtig!) - Ach so. Das habe ich mir gedacht. Was wir brauchen, ist eine umfassendere Prüfung Das Wort hat jetzt Herr Grupe zu einer Kurzinter- von Insektiziden - das hatte ich gerade schon ge- vention. Bitte schön, Herr Grupe! sagt -, insbesondere auch im Hinblick auf die Langzeitfolgen. Das gilt insbesondere auch für solche Mittel, die bereits zugelassen sind. Ich gehe Hermann Grupe (FDP): davon aus, dass wir auch bei zugelassenen Mit- Vielen Dank, Herr Präsident, und vielen Dank, Herr teln, wenn wir sie intensiv nachprüfen, durchaus Janßen, dass Sie wieder zurückgekommen sind. Wirkstoffe finden werden, die Insektengruppen (Heiterkeit) zum Teil massiv schädigen - Insektengruppen, die

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Sie haben ja dankenswerterweise neben dem all- lösen können, weil es sehr vielfältige Ursachen gemeinen Bauern-Bashing auch angeführt, dass hat. Sie liegen zum Teil in der Landwirtschaft, sie Rollrasen in Hausgärten und gut gepflegte Gärten liegen zum Teil in der Gestaltung der Privatgärten. nicht gerade förderlich sind. Würden Sie dann In weiten Bereichen fehlen letztendlich Strukturen, auch zur Kenntnis nehmen, dass es mittlerweile die für Insekten förderlich sind. Genau dieses verstärkt vielfältige Kooperationen zwischen Land- Problem wollen wir mit allen Akteuren gemeinsam wirten und Imkern gibt? - Darin sind wir uns viel- versuchen zu lösen. Dabei ist jede Unterstützung leicht einig. gut. (Miriam Staudte [GRÜNE]: Und wer (Zustimmung bei den GRÜNEN und hat das angeregt? Dank Herrn Meyer! bei der SPD) - Weitere Zurufe von den GRÜNEN) Vizepräsident Karl-Heinz Klare: - Ich weiß gar nicht, warum da solch eine Aufre- gung entsteht. Vielen Dank. - Herr Dr. Hans-Joachim Deneke- Jöhrens für die CDU-Fraktion, bitte schön! (Anja Piel [GRÜNE]: Wir geben Ihnen nur recht!) Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens (CDU): Landwirte versuchen in vielfältiger Weise, Insekten Sehen Sie, Herr Präsident, jetzt ist meine Zeit doch zu fördern. Dabei stoßen wir aber gerade in der gekommen. Bevölkerung zum Teil auf Unverständnis, weil un- Herr Brammer, Herr Janßen, Ihre Einlassungen sere Feldwege auch Wanderwege sind. Ich jeden- heute waren deutlich versöhnlicher als früher. Be- falls werde mittlerweile gefragt, ob wir da nicht mal sonders Sie, Herr Brammer, haben das Gemein- ein bisschen für Ordnung sorgen könnten. same betont. Sie haben gesagt, dass man ge- Vielleicht sollten wir uns ein bisschen mehr darauf meinsam vorgehen muss. Das hat mir ganz gut konzentrieren, diejenigen, die da positiv wirken, zu gefallen. Das unterscheidet sich aber doch sehr unterstützen, anstatt sie immer nur an den Pranger von dem, Herr Janßen, was Sie eben zum Teil zu stellen. ausgeführt haben - auch wenn Sie das gerade noch relativiert haben. Vielen Dank. Aber wenn man Ihren Antrag liest, dann liest man (Zustimmung bei der FDP und bei der vom Sterben, wohin man auch sieht. Und Schuld CDU) hat die Landwirtschaft. Damit haben Sie mich so ziemlich auf die Zinne gebracht. Man fragt sich Vizepräsident Karl-Heinz Klare: wirklich, wer sich das immer ausdenkt. In jedem Herr Janßen, wollen Sie antworten, oder stimmen Plenum wird ein anderes Katastrophenszenario Sie gleich so zu? - Ja. Bitte! dargestellt, und jeden Monat geht die Welt an einer anderen Katastrophe, an einer anderen Ursache Hans-Joachim Janßen (GRÜNE): zugrunde. Wenn wir dieses Thema, wie Sie es ausgeführt haben, ein bisschen sachlicher disku- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr tieren könnten, wäre ich sehr, sehr dankbar. Grupe, da sind wir gar nicht weit auseinander. Sie haben meiner Rede sicherlich auch nicht entnom- (Zuruf von Miriam Staudte [GRÜNE]) men, dass ich irgendeine Gruppe an den Pranger Schon im ersten Satz des Antrags - das müssen gestellt habe. Sie zugestehen, Frau Staudte - kommen das Bie- Wir haben ja gerade für solche Kooperationen nensterben, das „stille Sterben“ und die bösen gesorgt. Es gibt natürlich auch andere Kooperatio- Neonicotinoide vor. Da fehlt nur noch Glyphosat - nen. Aber auch seitens des Landwirtschaftsminis- das ist Ihr anderes Hauptkampffeld. teriums wird gerade eine Vertragsvariante hinsicht- (Anja Piel [GRÜNE]: Ich würde das lich der Blühstreifen angeboten, wo Landwirte und schon ein bisschen ernster nehmen!) Imker eng zusammenarbeiten. Wenn man das tut, gibt es einen Zusatzbonus. - Ich nehme das sehr ernst, Frau Piel. Sie zielen immer auf die eine Berufsgruppe. Ich glaube, es ist der richtige Weg, zu versuchen, gemeinsame Lösungen zu finden. Dieses Problem (Anja Piel [GRÜNE]: Ich ziele auf werden wir nur mit einer Bündelung aller Kräfte niemanden! - Gegenruf von Dr. Gero

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Hocker [FDP]: Christian! - Anja Piel bei Ihnen und bei der SPD müssten da doch das [GRÜNE]: Da wäre ich vorsichtig!) Weinen kriegen! Ich nenne nur das Stichwort „Massenerhaltungsgesetz“. Auf gut Deutsch - Ihr Hauptkampffeld sind jedes Mal wieder die Ne- Stichwort „Energieerzeugung“; ich habe es schon onicotinoide. Die sind in Ihrer Logik gleichzusetzen einmal gesagt -: Wo Pusteblume reinkommt, mit Agent Orange. Warum es die Neonicotinoide kommt auch nur Pusteblume raus. - Mais können sind - das hat der Kollege Oesterhelweg nachge- Sie nur durch ähnlich wüchsige Pflanzen ersetzen. fragt -, wissen Sie selber nicht. Ich vermute, weil Die bringen Ihnen dann in der Monokultur andere sich „Nikotin“ jeder merken kann, das ist ja irgend- Probleme. Wenn es keine Ersatzpflanzen gibt, wie schädlich. dann können Sie den Ausgleich, wie von Herrn Sie wissen genau, dass es eine Falschanwendung Janßen vorgestellt, nur durch Förderung ermögli- unter extremen Witterungsbedingungen gegeben chen. hat. Sie führte zur Vergiftung von Bienen. Als Aber, meine Damen und Herren, wenn wir über Maisbeizmittel waren die Neonicotinoide damit aus Förderung reden, dann sind wir bei einem anderen dem Rennen und verbrannt, obwohl gegen eine Thema: Hier geht es um die Förderung von Ihnen Anwendung als Rapsbeize nun wirklich nichts genehmen Verhältnissen. Das ist dann der Bio- spricht. landbau - das haben Sie auch ausgeführt. Aber Jürgen Frühling, Vorsitzender des Landesverban- Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die Förde- des Hannoverscher Imker, spricht sich ausdrück- rung dann auch 1 : 1 bei der Zielgruppe ankommt? lich für den Einsatz dieser Mittel im Raps aus. Er Diese gut gemeinten Ökoprämien führen einzig weiß nämlich, dass die Bienen nicht mit den Mitteln und allein zu steigenden Pachtpreisen. Dann muss in Kontakt kommen. Er weiß auch, dass die Alter- auch der letzte noch wohlmeinende Verpächter native der Einsatz von Kontaktmitteln im Pflanzen- aus der Nachbarschaft merken, wie teuer man den bestand wäre. Da halten sich die Bienen auf. Weil Boden verkaufen kann. Und dann, Herr Meyer: Sie unnötige Schlachten um diese Begrifflichkeiten Ade Agrarstrukturgesetz! - Dann werden Ihre Sub- führen, ventionsstrategien die Bodenpreise versauen. Denn dem Pächter ist das egal; der sieht nur, was (Anja Piel [GRÜNE]: Schlachten?) der Nachbar obendrauf kriegt, und dann fordert er verlieren die Bienen letztendlich ihr Leben. Das ist das auch. die Wahrheit. Jetzt komme ich zu einem anderen Punkt. Sie (Beifall bei der CDU und bei der FDP) vermissen die Schwalben.

Egal, bei welchem Thema - immer wieder wird Herr Janßen, möchten Sie eine Frage stellen? Das auch das andere Stereotyp genannt: Mais muss dürfen Sie gern. raus aus den Biogasanlagen! - Meine Damen und Herren, wer hat es denn gemacht? Sie haben es (Hans-Joachim Janßen [GRÜNE] sig- doch gemacht! Ein mit Millionen gefördertes Bio- nalisiert, eine Kurzintervention ma- energiedorf Jühnde im Kreis Göttingen! Das ist die chen zu wollen) Wahrheit! - Okay.

(Zustimmung bei der CDU und bei der Ich frage Sie: Warum vermissen Sie diese Schwal- FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Und ben nicht auch einmal zur Abwechslung in den wer hat die Einschränkungen nicht Städten? Sie vermissen die Schwalben in den mittragen wollen?) Dörfern, dort, wo früher die Fliegen unterwegs Das ist das Vorbild für Niedersachsens Energie- waren. Wo waren diese Fliegen unterwegs? Auf wende! den Misthaufen in unseren Dörfern. Dafür mitgefeiert wird auch Herr Wenzel. Wenn Sie (Ingrid Klopp [CDU]: Genau!) jetzt den Aufwuchs aus Randstreifen und Blühstrei- Das konnte ich am Sonntag bei der Tour de Flur fen in die Biogasanlagen bringen wollen und das des Landvolkes in Dasselsbruch wieder einmal als Lösung präsentieren, dann vergessen Sie bitte erfahren. Auf jedem Haufen, den eine Kuh hinter- die Naturwissenschaften nicht ganz! Die Ingenieu- lässt, finden Sie Fliegen, übrigens auch auf kon- re, die Techniker und vielleicht auch die Ärzte, die ventionell gemachten Haufen. mal einen Chemie- oder Physikkurs belegt haben,

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(Heiterkeit und Beifall bei der CDU Stattdessen zeigen Sie immer wieder mit dem und bei der FDP) Finger auf die Landwirtschaft. Und - das frage ich Sie abschließend - wo bleiben die Wespen? In den Jede Pfütze ist von Insekten belebt. Und was ma- alten Scheunen und Häuserwänden, in den alten chen wir? - Jede Nahrungsquelle für Hautflügler - Dächern - dort sitzen sie. Verträgt sich das mit egal ob Güllebehälter, ob Silomiete, ob Misthau- unserer Bauordnung oder der KfW-Förderung? fen, ob Hühnertrockenkothaufen - ist eine potenzi- Frau Ministerin Rundt, machen Sie was! Pas- elle Immissionsquelle, und sie gehört, behördlich sivhäuser fördern das Artensterben. Das geht doch verordnet, abgedeckt. Und wehe, wenn man das nicht. Das müssen Sie ändern! Weg mit der Ener- nicht tut, dann kommen die Kontrolleure und ahn- giesparverordnung, her mit Löchern in der Wand, den das. meine Damen und Herren! Das gehört auch in Ihre (Anja Piel [GRÜNE]: Wir lernen hier Anträge, das ist übrigens auch passend für Debat- wirklich etwas! - Miriam Staudte ten auf Parteitagen der Grünen. [GRÜNE]: Fliegen sind nicht die einzi- (Beifall bei der CDU und bei der FDP) gen Insekten!) Und ich sage Ihnen Meine Damen und Herren, Pfützen und Wasserlö- cher finden sie heute ebenfalls nicht mehr in unse- (Glocke des Präsidenten) ren gepflegten Gärten und Grünflächen. Früher - Ich bin gleich fertig -: Hätten Sie früher in meiner gab es das, heute herrscht Ordnung! Aber diesmal Heimat den Steckrübenäquator A 2 von Norden sind die Landwirte wirklich nicht schuld. überschritten, hätten Sie Weizen- und Rübenfelder Was wäre, wenn beim Bäcker auf dem Kuchen, gesehen. Zweigliedrige Fruchtfolge, soweit das beim Schlachter auf der Wurst oder im Restaurant Auge reichte. Das war die Standardfruchtfolge. oder Eiscafé um die Ecke die Fliegen und die Und heute gibt es die fünffeldrige Fruchtfolge: Rü- Wespen sitzen würden, wie ich es noch von früher ben, Weizen, Mais, Kartoffeln, Gerste, Legumino- kenne. Herr Meyers Hygienebarometer würde sen und dazu noch 5 % verordnete Cross-Com- anschlagen, und das tiefrot, meine Damen und pliance-Fläche: Blühstreifen, soweit das Auge Herren. Das ist doch die Wahrheit! reicht. Damit reißen Sie doch niemanden mehr vom Hocker. Das alles haben wir doch schon ge- Meine Damen und Herren, dank Meyers Bienen im macht. Garten des Landwirtschaftsministeriums haben wir jetzt in der Stadt erzeugten Bienenhonig. Denke Ich bin dafür: Wir führen eine vernünftige, statt ich an diesen Bienenhonig, frage ich mich natürlich einer in Wahrheit bereits vergifteten Debatte, in der auch, ob das alles so richtig ist. In der am höchs- die Schuldigen und Verlierer schon von vornherein ten belasteten Luft Niedersachsens, mitten zwi- feststehen. Dann können wir zu diesem wichtigen schen Waterloosäule und Marienstraße, schickt Thema vielleicht doch noch einen guten Beitrag Herr Meyer seine Bienen Honig anschaffen. Geht leisten. das noch? Vielen Dank. (Helge Limburg [GRÜNE]: Mir (Beifall bei der CDU und bei der FDP) schmeckt er gut, Herr Kollege! - Anja Piel [GRÜNE]: Der schickt die nicht, Vizepräsident Karl-Heinz Klare: die fliegen von allein!) Vielen Dank, Herr Dr. Deneke-Jöhrens. - Ich habe Dort dürfen zwar keine Autos ohne Plakette fahren, noch eine Bitte um Aufklärung: Wenn Sie vielleicht Atmen ist gefährlich, meine Damen und Herren, „konventionell gemachter Haufen“ näher erläutern aber Nahrungsmittelerzeugung ist kein Problem. könnten! Wo ist da der Tierschutz? Das sind die Probleme, um die Sie sich kümmern müssen! (Heiterkeit - Hermann Grupe [FDP]: Dazu muss er nichts mehr sagen!) (Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Haben die Ich finde, das ist ein wenig kompliziert. Bienen denn genug Auslauf? - Ottmar Herr Janßen, Sie haben das Wort für eine Kurzin- von Holtz [GRÜNE]: Das ist Massen- tervention. Vielleicht näheren wir uns jetzt den tierhaltung!) Begrifflichkeiten an. Aber Sie haben das Wort und

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können natürlich sagen, was Sie wollen. Bitte Wir haben von Neonicotinoiden auf Rapssaatgut schön! gesprochen. Sie sind an das Saatgut geklebt. Dies wird in den Boden ausgebracht, und eine Biene Hans-Joachim Janßen (GRÜNE): hat überhaupt gar keine Möglichkeit, mit diesen Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Stoffen in Verbindung zu kommen. Denn wenn die Herren! Herr Dr. Deneke-Jöhrens, ich hatte mich Biene den Raps befliegt, ist der Raps 1 bis 2 m eigentlich wegen der Ausführungen zu den Ne- hoch. onicotinoide gemeldet. Dazu habe ich auf die Vielleicht haben Sie mal ein Rapssaatkorn gese- Schnelle kurz noch einen Bericht von Spiegel On- hen: Es ist ungefähr 1 mm groß. Das heißt, allein line herausgesucht. Der ist schon etwas älter, und von der Masse her findet dort kein Transport in die zwar vom 16. Juni 2016. Dort wird berichtet: Bereiche statt, in denen sich eine Biene wiederum „Forscher aus Mainz, Frankfurt und Re- in einem Fortpflanzungsorgan der Pflanze aufhält. gensburg berichten nun davon, wie genau Von daher besteht dort überhaupt kein Risiko. Das die Giftstoffe den Tieren schaden.“ Risiko für die Biene besteht dann, wenn die Ne- onicotinoide, die Wirkstoffe, ersetzt werden, wenn Das möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. man in einen Pflanzenbestand fährt und dort eine „Sie haben entdeckt, dass sogenannte Ne- Anwendung durchführt. Dann ist man mit diesem onicotinoide selbst in geringen Konzentrati- Mittel oberirdisch tätig. Das könnte eventuell zur onen den im Futtersaft von Ammenbienen Vernichtung von Bienen oder auch anderen Haut- enthaltenen Botenstoff Acetylcholin vermin- flüglern führen. Da ist das Risiko. dern. Das Signalmolekül ist jedoch für die (Beifall bei der CDU und bei der FDP) Larvenaufzucht von Honigbienen wichtig. Fehlt es, sterben die Bienenlarven in Labor- Vizepräsident Karl-Heinz Klare: versuchen früher.“ Vielen Dank, Herr Dr. Deneke-Jöhrens. - Jetzt hat Meine Damen und Herren, davon zu sprechen, das Dr. Gero Hocker für die FDP-Fraktion das Wort. alles sei jetzt nur Theorie und nicht nachweisbar, Bitte schön! halte ich für völlig daneben. Man muss die Proble- me, die es tatsächlich gibt, auch zur Kenntnis Dr. Gero Hocker (FDP): nehmen. Auf dieser Basis kann man dann sachlich Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und darüber diskutieren. Da sind wir ohne Weiteres Herren! Ich will die fachliche Diskussion über kon- eng beieinander. Hauptsache ist, dass im Ergebnis ventionelle oder nicht konventionelle Haufener- tatsächlich Abhilfe geschaffen wird. Angesichts der zeugung nicht fortführen. Ich bin froh, dass wir uns im letzten Jahr bekannt gewordenen Informatio- dem Thema mit dem Antrag, der vorgelegt wurde, nen, halte ich das ernsthaft für ein erhebliches in der ihm gebotenen Seriosität nähern. Ich begrü- Problem, dessen Umweltfolgen wir bis jetzt noch ße es außerordentlich, dass wir, nachdem wir über gar nicht abschätzen können. die Abnahme der Bienenpopulation gesprochen haben, jetzt auch eine Diskussion über die Ent- Danke. wicklung der Insektenzahlen führen können. (Beifall bei den GRÜNEN) Ich will das ausdrücklich nicht ins Lächerliche zie- hen, weil es ja stimmt, dass Insekten als beson- Vizepräsident Karl-Heinz Klare: ders proteinreiche Nahrung für die verschiedens- Vielen Dank. - Sie möchten antworten, Herr Dr. ten Spezies eine ganz besondere Bedeutung für Deneke-Jöhrens? - Dann kommt Herr Dr. Hocker uns Menschen in Niedersachsen und auch für die nach Ihrer Antwort. Bitte schön! Landwirtschaft in Niedersachsen haben.

Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens (CDU): Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir akzeptieren es nicht, wenn Sie schon wieder Herr Janßen, ich denke, ich sage das zum zehnten einmal pauschal die Landwirtschaft an den Pran- Mal: Die Bienen, die gestorben sind, sind unmittel- ger stellen und als Prügelknaben der Nation defi- bar mit Stäuben, die auf Maissaatgut saßen, in nieren. Multiresistente Keime, Nitrat im Grundwas- Kontakt gekommen. Bei der Aussaat hat es starke ser, Algenplage in unseren Binnengewässern, Verwehungen gegeben. Das hat dazu geführt, Antibiotika im Grundwasser - immer soll es die dass Bienenvölker gestorben sind. Landwirtschaft sein, und das lassen wir Ihnen nicht

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so pauschal durchgehen, meine sehr verehrten (Martin Bäumer [CDU] und Jörg Hill- Damen und Herren. mer [CDU]: Nein!) (Beifall bei der FDP und Zustimmung - Anders konnte man das nicht verstehen. bei der CDU) Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob das Herr Kollege Janßen, wenn Sie sagen, dass das den Fragestellungen angemessen ist. Es kann ja gar nicht so gemeint ist, dass die Landwirtschaft sein, dass Sie an einzelnen Untersuchungen Zwei- nicht als Sündenbock ausgemacht wird, dann fel hegen. Das ist doch gar kein Problem, und dem schauen Sie einfach mal in Ihren eigenen Antrag. können wir nachgehen. Aber dass man das Thema Die Punkte 3 und 4 lesen sich doch sehr genau so, einfach ignoriert, halte ich für ein starkes Stück. dass Sie den vermeintlich Schuldigen schon ken- (Jörg Hillmer [CDU]: Wir haben nichts nen. Auf der einen Seite sprechen Sie von For- ignoriert!) schungsvorhaben, von Monitoring, von Untersu- chungen, die angestellt werden sollen, und auf der - Hören Sie doch mal zu, Herr Hillmer! anderen Seite scheinen Sie den Schuldigen in Wir haben verschiedene Untersuchungen. Es sind, Form unserer Landwirte und Bauern schon wieder wohl gemerkt, nicht sehr viele, weil in der Vergan- zu kennen. So funktioniert vielleicht Ihre Politik. genheit das Monitoring bei den Insekten nicht so Wissenschaftlich fundiertes Arbeiten funktioniert ausgeprägt war wie beispielsweise bei den Vögeln, hingegen so nicht! Da muss erst untersucht wer- bei denen man das schon sehr früh und sehr in- den, dann müssen aus der Untersuchung Schlüs- tensiv gemacht hat, weswegen die Vögel sehr viel se gezogen werden, und erst danach kann man besser im Fokus sind. Wir haben aber einige be- Handlungen ableiten und entsprechende Ent- merkenswerte Studien. Vor gut einem Jahr gab es scheidungen treffen. Sie gehen den Weg anders zu dem Thema im Bundestag eine Anhörung, und herum, und das ist unseriös. dort sind einige Wissenschaftler gehört worden. Es Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. gab auch einige Fachtagungen. Man sollte dieses Dort werden wir alles dafür tun, das wieder vom Thema durchaus sehr ernst nehmen. Kopf auf die Füße zu stellen. (Beifall bei den GRÜNEN) Vielen Dank. Vizepräsident Karl-Heinz Klare: (Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU) Herr Minister, ich möchte Sie kurz unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Vizepräsident Karl-Heinz Klare: Oesterhelweg? Vielen Dank, Herr Dr. Hocker. - Das Wort hat jetzt Stefan Wenzel, Minister für Umwelt, Energie und der Minister. Klimaschutz: (Axel Brammer [SPD] signalisiert, Gerne. dass auch er sich zu Wort gemeldet hat) Vizepräsident Karl-Heinz Klare: - Jetzt habe ich den Minister schon aufgerufen. Sie haben das Wort, Herr Oesterhelweg. Herr Brammer, Sie können auch noch nach dem Minister sprechen. Machen wir es so, dann geht es Frank Oesterhelweg (CDU): nicht hin und her. - Sie haben das Wort, Herr Mi- Vielen Dank, Herr Minister. - Ich greife das Wort nister. Bitte schön! „ignorieren“ auf. Vor dem Hintergrund der von uns in Wolfenbüttel in vielfältiger Weise unternomme- Stefan Wenzel, Minister für Umwelt, Energie und nen Aktivitäten - Blühstreifen, Pflanzung von spät Klimaschutz: blühenden Büschen und Bäumen - hatten wir auch Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle- hier im Hause Haushaltsanträge gestellt, um sol- ginnen und Kollegen! Interessant fand ich die Re- che Projekte auf den Weg zu bringen, die dann de von Ihnen, Herr Deneke-Jöhrens. Sie haben wiederum den Wildbienen und Bienen sowie vielen das Thema sehr auf die leichte Schulter genom- anderen Insekten über die blüharme Zeit im Spät- men und haben versucht, das Kapitel hier humoris- sommer helfen. Sie haben das, wenn ich das rich- tisch abzuhandeln. tig sehe, ignoriert. Warum?

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Stefan Wenzel, Minister für Umwelt, Energie und Die Handlungsebenen betreffen insbesondere das Klimaschutz: Monitoring, auch den Artenschutz. Die Insekten Vielen Dank, Herr Oesterhelweg, für diese Frage. müssen besser geschützt werden, als das bislang Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass Sie sich der Fall ist. Wir müssen die Ursachenanalyse wei- mit dem Thema ernsthaft befassen, auch in Form ter verfeinern, damit unsere Maßnahmen tatsäch- des Beitrags, den Sie eben geleistet haben. Ich lich zielgenau wirken. Wir müssen die Strukturviel- hatte aber Ihren Kollegen Deneke-Jöhrens ange- falt in den Lebensräumen insgesamt verbessern: sprochen, weil er hier eher den Eindruck erweckt ganz massiv verbessern im ländlichen Raum und hat, als meine er, das auf der humoristischen Seite im städtischen Bereich, meine Damen und Herren. abhandeln zu können. (Beifall bei den GRÜNEN) Blühstreifen stellen einen sehr wichtigen Aspekt Wir müssen die Agrarumweltmaßnahmen prüfen, dar. Ich selbst bin für einige Jahre Imker gewesen. insgesamt die Agrarsubventionen. Hunderte von Dann geht man mit anderen Augen durch die Millionen Euro werden in Niedersachsen als Sub- Landschaft, weil man immer schaut, wo gerade ventionen ausgezahlt. Wir müssen dafür Sorge Bienenfutterpflanzen stehen. Es kommt auch da- tragen, dass sie zielgenau helfen, wenn es um die rauf an, dass nicht nur mal im Frühling und mal im Erhaltung unserer Umwelt geht. Herbst eine da ist, sondern man braucht auch den Last, but not least spielen die Pflanzenschutzmittel ganzen Sommer über Futterpflanzen. Deswegen und die Zulassungen eine ganz zentrale Rolle. Wir können Blühstreifen, gerade auch zu Zeiten, in müssen sehr genau prüfen, an welcher Stelle wir denen sonst in der Natur nicht so viel blüht, eine die Zulassungsverfahren verschärfen müssen, gute Hilfe sein. Darauf komme ich gleich noch zu beispielsweise bei systemischen oder subletalen sprechen, weil die Strukturvielfalt in unserer Land- Wirkungen. Wir müssen auch prüfen, ob wir Mittel schaft natürlich ein ganz wesentlicher Punkt ist. vom Markt nehmen müssen. Wir müssen alles dafür tun, um die Strukturvielfalt in unserer Landschaft zu verbessern. Wir brauchen auch Vorsorge, weil wir nicht so lange forschen dürfen, bis Populationen zusam- (Beifall bei den GRÜNEN) mengebrochen sind. Das hätte nämlich dramati- Herr Deneke-Jöhrens, Sie hatten auch gesagt: sche Folgen, nicht nur für die Natur, sondern auch Immer geht es auf dieselbe Berufsgruppe! - Nein! für den Menschen und seine Nahrungsgrundlage. In deren wohlverstandenen Interesse geht es um Deswegen bitte ich Sie dringend - auch die CDU; die Landwirte; denn ohne Blüten gibt es keine Im- aber ich sehe ja, bei Ihnen gibt es einige, die sich ker. Auch sie sind Landwirte. Und ohne Blüten und ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen, wäh- Bestäubung - im Apfelbaum z. B. - gibt es keine rend andere das noch humoristisch nehmen - und Apfelbauern. Das ganze Alte Land wäre dann ernsthaft, das Thema auf die Hörner zu nehmen. sozusagen seiner wirtschaftlichen Grundlage be- raubt. Schauen wir uns das im Weltmaßstab an! Ich danke Ihnen fürs Zuhören. 35 % unserer Nahrungsmittelproduktion hängen (Beifall bei den GRÜNEN und Zu- von der Bestäubungsleistung von Insekten ab. stimmung bei der SPD) Auch die Fruchtbarkeit unserer Böden, auf die Landwirte existenziell angewiesen sind, würde es Vizepräsident Karl-Heinz Klare: nicht ohne Bodenlebewesen geben. Wollten Sie eine Zwischenfrage stellen? - Kurzin- Deswegen werbe ich sehr dafür, Herr Deneke- terventionen gibt es nicht, aber Sie haben zusätzli- Jöhrens, dass gerade auch die Landwirte erken- che Redezeit beantragt. nen, welche Bedrohung besteht, auch für Ihren Jetzt kommt in der Reihenfolge der Wortmeldun- ureigenen Berufsstand. Deswegen wollen wir mit gen zuerst Herr Brammer dran. den Landwirten nach Lösungen suchen. (Zuruf von der CDU: Eine Frage!) Wir haben uns aber auch für sehr genaue Bera- tungen mit den Insektenforschern und den Wis- - Eine Frage kann nicht mehr gestellt werden, weil senschaftlern zusammengesetzt, die in den Berei- der Minister nicht mehr am Redepult steht. chen Insekten und Vögel forschen. Dabei ergaben Aber jetzt haben Sie, Herr Brammer, das Wort. sich sehr interessante Erkenntnisse. Wir werden Dann spricht Herr Grupe, und dann Herr Dr. Dene- Ihnen das im Ausschuss genauer vortragen. ke-Jöhrens. Sie haben noch einige Zeit zur Verfü-

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gung. Herr Grupe, Sie haben zwei Minuten, und (Zustimmung bei der SPD und bei den Herr Dr. Deneke-Jöhrens, Sie erhalten dann zwei GRÜNEN) Minuten zusätzliche Redezeit. - Bitte schön! Am Ende müssen wir eine Verbesserung des Na- turhaushaltes hinbekommen. Das ist das Ziel. Und Axel Brammer (SPD): dabei sind alle gefordert. Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich hatte gedacht, ich hätte hier das letzte Wort, aber das klappt Ich freue mich auch auf alle. Bei uns vor Ort läuft nicht. das gut. Es ist besser, mit allen Betroffenen zu- sammenzukommen. Wir können über die Ängste Vizepräsident Karl-Heinz Klare: der Einzelnen dann reden, kommen zu Lösungen, die am Ende von allen mitgetragen werden. Das ist Da irrt man sich manchmal, ja. unser Ziel. Dafür müssen wir arbeiten. Aber - bitte (Jens Nacke [CDU]: Das hat der Mi- schön - hören Sie mit den Äußerungen auf, bei nister vorhin auch gedacht! Das klappt denen sich die Landwirtschaft immer gleich ange- nicht immer!) griffen fühlt. Darum geht es nicht. Vielen Dank. Axel Brammer (SPD): (Beifall bei der SPD und bei den Eben. GRÜNEN) Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet. Ich habe vorhin ausdrücklich gesagt, mir geht es letzt- Vizepräsident Karl-Heinz Klare: lich darum, dass alle Betroffenen hier etwas ge- Herr Grupe, Sie haben das Wort. meinsam erarbeiten. Es hat sich im Laufe der De- batte jetzt wieder herauskristallisiert, dass sich Hermann Grupe (FDP): wieder welche beschuldigt fühlen. Darum geht es nicht - zunächst jedenfalls nicht. Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, Sie haben eben u. a. gesagt, man müsse mehr Ursa- (Heiterkeit) chenanalyse betreiben. Das begrüßen wir sehr Wir müssen ein Ziel haben. und unterstreichen es.

(Zuruf von der CDU) Ich möchte in dem Zusammenhang noch einmal auf das Thema Neonikotinoide kurz zu sprechen - Sie müssen das nicht verstehen. Ich erkläre kommen. Ihnen das noch einmal. Der Kollege Deneke-Jöhrens hat schon gesagt, es Ich gehe heute durch Naturbestandteile, die ich vor gab ein Riesenproblem beim Maissaatgut. Die 30 Jahren irgendwann einmal kennengelernt habe. Inkrustierung war miserabel. Da gab es Stäube, Da hat sich etwas verändert. Dann gucke ich mir wodurch es massive Schädigungen bei den Bie- das an, mache mir meine Gedanken darüber. Na- nen gegeben hat. Das hatte man dann in kurzer türlich gibt es Ursachen. Aber das bedeutet noch Frist im Griff und hat das Problem - sage ich mal - lange nicht, dass wir grundsätzlich auf irgendje- zu 98 % gelöst. manden mit dem Finger zeigen und sagen: Du bist es gewesen. - Es geht darum, dass wir gemeinsam Jetzt reden wir über Neonicotinoide auch beim an einem Tisch sitzen, miteinander reden und uns Rapssaatgut und beim Rübensaatgut. Da muss fragen, wie wir eigentlich Lösungen finden. man sich überlegen - das sollen die Wissenschaft- ler erklären; ich kann das letztlich nicht beurtei- (Beifall bei der SPD und Zustimmung len -, ob, wenn es denn gut inkrustiert ist und - wie bei den GRÜNEN) gesagt wurde - die Bienen damit nicht in Berüh- rung kommen, das nicht der bessere Weg gegen- Es geht hier auch nicht darum, dass immer gleich über Spritzungen sein kann, die wir sonst in der wieder kommt „Die Landwirtschaft will das ökono- Folge natürlich gegen Schädlingen gezielt durch- misch regeln“ oder was auch immer. führen müssen. Ich habe das vorhin deutlich gemacht: Wir haben Ich will, dass man das Kind nicht mit dem Bade 80 % unserer Insekten verloren. Das ist das The- ausschüttet, indem man mit einem Begriff, den ma, an dem wir alle gemeinsam arbeiten müssen. man stigmatisiert, in der Summe vielleicht doch

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mehr Schaden anrichtet, als man an Nutzen erzie- bote von Mittelanwendungen geht. Ich bitte die len kann. Landwirtschaft, an diesen Fragen mitzuarbeiten. Sehr geehrter Herr Minister, humoristisch nehmen Wir haben seit 30 Jahren die Diskussion um den wir das Ganze überhaupt nicht, sondern wir versu- integrierten Landbau. „Integrierter Landbau“ heißt, chen sehr intensiv - ich habe es eben schon ange- man setzt ein Pestizid, ein Insektizid oder Herbizid deutet -, die Dinge miteinander zu verbinden. Das nur dann ein, wenn es wirklich notwendig ist. Bewusstsein ist dafür sicherlich auch geschärft. Ein Beispiel: Wenn Sie Grippe haben, dann neh- Das ist gut und richtig so. men Sie vielleicht ein Mittel gegen die Erklärung. Jetzt möchte ich manche bitten, vielleicht einmal Aber Sie nehmen nicht jeden Tag vorsorglich ein aus dem städtischen Umfeld herauszukommen - Grippemittel für den Fall, dass Sie Grippe kriegen da muss man auch etwas tun, wie Sie gesagt ha- könnten. ben - und einmal aufs Land zu kommen. Ich glau- (Jörg Hillmer [CDU]: Was ist das denn be, ganz so dramatisch, wie es manchmal be- für ein Bild?) schrieben wird, ist die Situation nicht. In der Landwirtschaft ist es manchmal ein bisschen Als ich neulich mit dem Schlepper hinten auf den anders. Wenn ich sehe, was sozusagen aus Vor- Hof gekommen bin, badeten dort 40 Schwalben. sorgegründen immer alles gespritzt wird oder Meine Frau und ich bauen uns gerade ein ehema- überall eine Anwendung vorgenommen wird, ohne liges Wirtschaftsgebäude aus, in dem bisher die dass man überhaupt ein Schadbild hat, dann geht Schwalben genistet haben. Es ist uns nicht gelun- man hier eindeutig über das hinaus, was integrier- gen, sie von dort zu vertreiben. Wir müssen das ter Landbau meint. Da liegt meines Erachtens Ganze etwas hinauszögern; denn das ist ihr ange- auch ein Grund in der Anwendung. Das müssen stammter Platz. Die sind in unseren Gebäuden wir uns ganz genau angucken. überall vorhanden. (Zustimmung bei den GRÜNEN) (Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist nicht repräsentativ! Eine Schwalbe Vizepräsident Karl-Heinz Klare: macht noch keinen Sommer!) Herr Minister, Frau Meyer zu Strohen würde Ihnen Der Rotmilan schwebt auch überall, und die Fle- gern eine Zwischenfrage stellen. Das hat vorhin dermäuse, Herr Minister, fliegen einem abends so nicht ganz geklappt, aber jetzt kann es klappen. - um den Kopf, dass man manchmal denkt, man Einverstanden? müsste auf der Terrasse einen Sturzhelm aufset- zen. Stefan Wenzel, Minister für Umwelt, Energie und Das alles ist sehr positiv - dabei beschönige ich Klimaschutz: auch nichts -, wir arbeiten daran, und wir sind in Ja. dem Bewusstsein, dass wir diese Lebewesen för- dern und schonen müssen. Vizepräsident Karl-Heinz Klare: (Zustimmung bei der FDP) Bitte schön, Frau Kollegin Meyer zu Strohen!

Vizepräsident Karl-Heinz Klare: Anette Meyer zu Strohen (CDU): Vielen Dank. - Herr Minister Wenzel, bitte schön! Sehr geehrter Herr Minister, ich habe eine Frage. Wenn man dieses Thema sehr ernst nimmt, dann Stefan Wenzel, Minister für Umwelt, Energie und geht es in Niedersachsen um Tausende Hektar Klimaschutz: von Kompensationsflächen. Wenn ich sehe, wie die bewirtschaftet werden - mit langem Gras, ein- Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! maliger Mahd, keine Bodenbrüter mehr -, frage ich Sehr geehrter Herr Grupe, Ihre 98-prozentige Ent- Sie: Warum veranlassen Sie dann nicht, dass man lastung für Neonicotinoide kann ich so nicht unter- z. B. auch auf diesen Tausenden von Hektar mit stützen. Die Wissenschaftler sagen uns, man muss Blühstreifen und Blühflächen entsprechende Nah- eben auch systemische und subletale Wirkungen rungsgrundlagen anlegt? genauer untersuchen. Deswegen stehen diese Mittel nach wie vor ganz oben auf der Verdachts- Des Weiteren frage ich Sie, warum man z. B. über skala - auch dann, wenn es um vorsorgliche Ver- die Bauordnung - auch da könnten Sie Einfluss

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haben - nicht verhindert, dass es in Städten oder habe mich bestimmt nicht über das Thema lustig kleinen Gemeinden da, wo Gewerbe oder Wohn- gemacht. bebauung ist, gleißend hell ist. Ich kann abends Ich will Ihnen auch sagen, warum ich das sehr ohne Weiteres ohne Licht durch die Städte fahren. ernst nehme. Ich nehme das persönlich sehr ernst. Drittens. Sie wissen auch, dass das Thema Funk- Mein Vater hat auf seinen Eigentumsflächen auf wellen bei der Reduzierung von Insektenvorkom- men eine Rolle spielt. jedem Stück einen Hegebusch. Die habe ich ge- pflegt. Ich bin mittlerweile auch 30 Jahre dabei. Alle diese Sachen vermisse ich in dem Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Ich habe an jedem Gewässer Blühstreifen. Die habe ich - ob da gefördert wird oder nicht gefördert (Zustimmung bei der CDU) wird; unabhängig davon - seit - weiß ich nicht - 15 Jahren, die gehören dahin, und das halte ich für Vizepräsident Karl-Heinz Klare: richtig. Die werden auch in Ordnung gehalten. Jetzt antwortet der Minister. Es ist jetzt zwar keine Das, was mich aufregt, ist, dass ich die nicht so Fragestunde, aber es passt durchaus in den Rah- bewirtschaften kann, men. Bitte schön, Herr Minister Wenzel! (Anette Meyer zu Strohen [CDU]: Richtig!) Stefan Wenzel, Minister für Umwelt, Energie und wie es sinnvoll wäre. Einmal muss ich da eine Klimaschutz: Aussaat machen. Wenn die zu dünn ist, kriegt man Deswegen nur kurz. keine ordentlichen Bestände. Dann kommen die Frau Kollegin Meyer zu Strohen, wir greifen Ihre Pflanzen hoch, die nicht blühen, und ich kann nicht Prüfpunkte seitens des Ministeriums sicherlich umwandeln und umsetzen, wann ich das will. gern auf. Aber ich denke, dass sich auch der Aus- Wenn wir da endlich einmal auf einen vernünftigen schuss damit befassen wird. gemeinsamen Nenner kämen, dann wäre das eine gute Sache. Was die Kompensationsflächen angeht, sind diese in der Regel durch die jeweiligen Maßnahmen (Beifall der CDU und Zustimmung von festgelegt. Dort ist auch festgelegt, in welchem Christian Grascha [FDP]) Zustand die wofür vorzuhalten sind. Das alles kann Was uns hier stört, Herr Minister, ist, dass Sie man nicht einfach zentral oder von oben machen, immer wieder spalten und die Konventionellen an (Miriam Staudte [GRÜNE]: Da müs- den Pranger stellen. sen die Landkreise auch mal kontrol- Ihre Förderung zielt auf die 2 % ökologischer Land- lieren!) bau. Damit erreichen Sie nichts. Die 2 %, die das sondern das ist an die entsprechenden Projekte machen, die machen das gut. Wenn Sie dann die gebunden. Aber alles das sollte man im Ausschuss 2 % um 10 % erhöhen, dann haben Sie 2,2 %. Die beraten. Dagegen spricht nichts. machen das auch richtig und gut. Aber insgesamt bringt uns das leider nicht viel weiter. Sie müssen Vielen Dank fürs Zuhören. schon die große Masse mitnehmen. (Zustimmung bei den GRÜNEN) (Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP) Vizepräsident Karl-Heinz Klare:

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Dr. Deneke-Jöh- Vizepräsident Karl-Heinz Klare: rens, Sie haben zwei Minuten zusätzliche Rede- zeit. Vielen Dank, Herr Dr. Deneke-Jöhrens. - Es liegt eine Kurzintervention vor. Herr Janßen, Sie haben Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens (CDU): das Wort. Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehr- (Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Wir ten Damen und Herren! Herr Minister, nur damit können das auch über zusätzliche hier kein falscher Zungenschlag aufkommt: Lustig Redezeit machen!) gemacht habe ich mich - vielleicht - über Ihre vor- - Wir haben die Karte gesehen, und jetzt machen geschlagenen Maßnahmen und auch Ihre ver- wir es auch so. Bitte! Sie haben das Wort. meintlichen Erfolge, die Sie immer anführen. Ich

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Hans-Joachim Janßen (GRÜNE): (Zuruf von Anja Piel [GRÜNE]) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht - Ihr Weltbild, Frau Piel, kenne ich ja aus der mir eigentlich nur darum, dass gewisse Vorwürfe schulpolitischen Debatte. Das ist ein furchtbares. nicht so im Raum stehen bleiben. Deshalb habe Danach bin ich ein Bonzenkind. Das wissen wir ja. ich mich noch einmal zu Wort gemeldet. (Zustimmung bei der CDU - Wider- Die Förderung des ökologischen Landbaus hat spruch bei den GRÜNEN) natürlich in Teilbereichen die Nebenwirkung, dass es einen höheren Anteil von Beikrautpflanzen gibt. - Na, dann soll sie ruhig sein! Wenn Sie diese Ant- Die sind im Allgemeinen aufgrund der Erhöhung wort nicht vertragen können, dann seien Sie ruhig! der Strukturvielfalt von positiver Wirkung auch auf (Anja Piel [GRÜNE]: Wir sollen ruhig die Insekten. sein? Das ist ja der richtige Ton! Ein bisschen mehr Contenance!) Das ist kein Ausspielen des ökologischen Land- baus gegenüber dem konventionellen Landbau, Meine Einlassung in Sachen Förderung hat darauf sondern schlicht und ergreifend ein Hinweis darauf abgezielt, dass Sie den Pachtmarkt damit beein- gewesen, dass wir auch in diesem Bereich etwas flussen. Sie erreichen genau das Gegenteil von machen und das als Nebeneffekt u. a. auch den dem, was Sie wollen. Sie wollen ja die ökologisch Insekten zugutekommt. wirtschaftenden Betriebe, weil die nach Ihrer Auf- fassung nicht so wettbewerbsfähig sind, fördern Dass Sie daraus hier den Popanz aufbauen, dass und schützen. Wenn Sie die Förderung erhöhen, wir gegen die konventionellen Landwirte seien, erhöhen Sie auch die Pachten, und Sie erreichen (Zuruf von Annette Schwarz [CDU]) das Gegenteil. das erschließt sich mir überhaupt nicht. Das ist (Zustimmung bei der CDU und von einfach sehr weit hergeholt. Man muss doch ein- Hermann Grupe [FDP]) fach einmal die Realität zur Kenntnis nehmen wol- len, Vizepräsident Karl-Heinz Klare: (Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Vielen Dank. - Jetzt liegen keine weiteren Wort- Das machen wir jeden Tag!) meldungen vor. Wir kommen zur Ausschussüberweisung. wie die Situation sich tatsächlich darstellt. Dann ist es kein völlig unbegründeter Angriff, sondern Vorgesehen ist, den Antrag zur federführenden schlicht und ergreifend die Darstellung einer Situa- Beratung dem Ausschuss für Umwelt, Energie und tion, so, wie sie ist. Da sollten Sie nicht päpstlicher Klimaschutz und zur Mitberatung dem Ausschuss als der Papst reagieren. Da sollten Sie nicht völlig für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer so übersensibilisiert sein. abstimmen möchte, den bitte ich um ein Handzei- chen. - Es ist so beschlossen. (Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU) Wir gehen in die Mittagspause und treffen uns um 14 Uhr wieder. Vizepräsident Karl-Heinz Klare: (Unterbrechung der Sitzung von Vielen Dank. - Herr Dr. Deneke-Jöhrens, Sie 13.09 Uhr bis 14.00 Uhr) möchten gerne antworten. Bitte schön! Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann: Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens (CDU): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir treten in den Herr Janßen, ich glaube, so ganz unbegründet ist Nachmittagsteil der Sitzung ein. das, was ich ausgeführt habe, nicht. Sie haben die Ich rufe auf den Einlassung des Ministers zum integrierten Pflan- zenbau gehört. Da hat er gesagt: Leider ist es so, dass sehr viele Landwirte doch prophylaktisch Tagesordnungspunkt 31: spritzen und nicht gucken, ob die Maßnahme not- 43. Übersicht über Beschlussempfehlungen der wendig ist. - Er hat da wieder eine Unterstellung ständigen Ausschüsse zu Eingaben - gemacht, die genau in Ihr Weltbild und in sein Bild Drs. 17/8240 - strittige und unstrittige Eingaben von konventioneller Landwirtschaft passt.

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