N r 11 September 2004 ► ►► swissjazzorama ja zzl etter

Das Schweizer Jazzmuseum

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Welches ist denn der echte Jazz? Derjenige von Armstrong und Bechet - oder derjenige von Parker und Gillespie? Vor mehr als fünfzig Jahren erhitzten solche Fragen die Gemüter vieler Fans, und der Hot Club de mit

seinem EDITORIAL heute schon fast legendären Präsiden­ ten Hugues Panassié glaubte, zur Vertei­ digung des Echten die Definition des Jazz neu formulieren zu müssen. Nun, die Jazzgeschichte zeigt Panas­ sié klar als den Jazz-Promoter, der sich mit einzigartigem Elan für die Anerken­ nung des Jazz als Kunstform eingesetzt hat. Und zwar als Europäer. Bei einer solchen Leistung, die wir anhand der informativen Dokumentation von Chris­ tian Senn auf Seite 3 würdigen, ist man geneigt, über die damaligen Meinungs­ verschiedenheiten hinwegzusehen. Dass wir heute weit davon entfernt sind, unsere Definition des Jazz eng zu fassen, zeigt schon ein kurzer Gang durch unser Archiv. Natürlich lässt sich der Jazz unter mancherlei Gesichts­ punkten, z.B. alt-neu, schwarz-weiss usw. klassieren (siehe auch den mit einer einfachen Gleichung überschriebenen Artikel von Albert Stolz auf Seite 7). Doch Toleranz gehört auf alle Fälle zu unseren Grundsätzen. Das dürfte auch einer der Gründe Drei ganz Grosse in Ascona geehrt sein, weshalb derTages-Anzeiger in einer Vorstellung der attraktivsten Orte der Region Zürich am 22. Juli 2004 Uster als InAscona kann man herrliche Ferientage Rahmen eines internationalen Festivals Hochburg des Jazz bezeichnet hat. geniessen. Das weiss jedes Kind. Unter präsentiert hat. Auch w ir stellten die drei Jazzfans spricht sich aber auch mehr und grossen Musiker ins Zentrum. Ebenso Herzlich mehr herum, dass dort im Sommer wollen w ir mit zwei Artikeln in die­ während zehn Tagen Jazz vom Feinsten sem Jazzletter (Seiten 2 und 7) den drei geboten wird. «Tributes to Fats Waller, in Ascona Geehrten unsere Referenz Coleman Hawkins and Count Basie» erweisen. Als A utor des Beitrages über hiess das Leitmotiv des 20. JazzAscona Fats Waller konnten wir Mike Goetz, Festivals, das mit grossem Erfolg vom 25. den hervorragenden Stride-Pianisten der Dos SwissJazzOrama CREDIT Juni bis 4. Juli 2004 durchgeführt wurde. Schweizer Jazzszene, gewinnen. Das freut wird unterstützt durch SUISSE Auf Seite 4 berichten wir, wie sich das uns besonders. SwissJazzOrama zum ersten Mal im STADT USTER KANTON ZÜRICH

Inhalt: I Drei ganz Grosse in Ascona geehrt 2 Fats Waller 3 Hugues Panassié 4 SwissJazzOrama in Ascona 5 Jazzclub Chur / Young Lions'Swiss Jazz Festival 2004 6 N otre page en français 7 Bean + Count + Fats 8 In Memoriam jeden Zweifel erhabene Intonation - wo­ Fats Waller - Gigant zwischen mit er sich von einigen Jazz-Sängern, die den Stühlen und Stilen sich Fats’ Singerei meilenweit überlegen fühlen, deutlich unterscheidet... - Die Bandmusiker, die W aller um sich versam­ FatsW aller-das ist Fats Waller, der Pianist, der Komponist, der Bandleader, melte, konnten ihrem Leader - nach all­ der Sänger, der Organist, der populäre Unterhalter und Spassvogel, der gemeiner Überzeugung der Jazzkritik, mit gargantuöse Esser und Trinker, und vieles mehr. Fats Waller, das ist auch der der ich hier für einmal einig gehe - fast Widersprüchliche. Gegensätzlich, zwischen Kunst und Kommerz, zwischen alle nicht das Wasser reichen, auch wenn Fis und Fass, zwischen schwarzen und weissen Tasten, zwischen Dur und auf den unzähligen Einspielungen gele­ Moll, zwischen Jazz und Klassik. Auf einen kurzen Nenner gebracht: Fats gentlich ein paar fähigere Sidemen wie W a lle r-d e r überragende Musiker; oder mit den Worten seines Lehrers und etwa Herman Autrey oder Bill Coleman Vorbildes James P. Johnson: «Es gibt kleine Leute, die Musik im Leib haben, zu hören sind. - O ft kritisiert wurde aber an Fats war alles Musik, und ihr wisst, wie gross er war.» W aller zudem für seine Bandaufnahmen von sogenannt «billigen» Titeln. Einige Fats Waller, eigentlich Thomas Wright «The Lion» - manchmal als etwas verein­ dieser Kompositionen sind tatsächlich Waller, wurde als Sohn eines Pastors und fachend wahrgenommen wird. «Ein Pia­ eher dürftig, aber in der wallerschen In­ einer Organistin am 21.5.1904 in New nist soll so spielen, dass es voll und reich terpretation erwachen diese wenigstens York geboren, er verstarb an Bord eines klingt, und er soll auch alle 88 Tasten des für drei Minuten zum Leben. Zuges in Kansas City am 15.12.1943. In Klaviers benutzen», sagte Fats selber. ...w o m it ich mich zum Schluss noch den knapp vier Jahrzehnten zwischen Und deshalb ist es auch nicht verwun­ dem Komponisten Waller zuwende: Wal­ diesen Eckdaten schuf Fats ein Werk, das derlich, dass Fats Waller der orchestrale ler war m it einem riesigen melodischen seinesgleichen sucht und seinem Schöp­ Pianist des Jazz ist, m it einer starken Einfallsreichtum gesegnet und ein sagen­ fer einen Platz unter den grossen Jazzpia­ linken Hand, die ausserhalb der Musik haft produktiver Komponist und «schnel­ nisten, Jazzkomponisten, Jazzorganisten wohl einen Waffenschein benötigen ler Schaffer». Er schuf - meist zusammen und Jazzsängern gesichert hat. Legionen würde... Unübertroffen ist Fats Waller mit dem Texter Andy Razaf - über 400 von Pianisten beziehen sich musikalisch in Sachen «Drive» und lässiger Locker­ Titel (die genaue Zahl w ird sich wohl nie auf ihn oder haben ihn in den höchsten heit, die er bis zu den horrendesten feststellen lassen), von denen er vermut­ Tönen gelobt - allen voran die Stride- Tempi beibehalten konnte. Und unter lich einige in einer knappen Viertelstunde pianisten vom Beginn weg bis zu den Musikern ruft sein konstantes, «relaxtes» aus dem Armel schüttelte. So ist es auch heutigen Vertretern des Stils, aber auch Tempo immer wieder Bewunderung nicht verwunderlich, dass Fats gelegent­ Count Basie, Mary Lou Williams, Art hervor. Am besten kommen Wallers lich Songs gegen ein paar Hamburger, ein Tatum, Jaki Byard und viele andere mehr. pianistische Fähigkeiten auf seinen relativ paar Gläser Schnapps oder auch 50 Für mich am wichtigsten ist - trotz wenigen Soloaufnahmen zur Geltung, Dollar verkaufte - und noch heute glau­ seiner anderen Fähigkeiten - der Pianist etwa in «Georgia on my mind» oder in ben viele Musiker, dass einige erfolgreiche Fats Waller. Sein brillantes, unbändig «Handful of keys». Kompositionen, die ursprünglich von swingendes Stride-Piano ist der Inbegriff Auch als Organist steht der «orchest­ W aller stammen, unter falscher Urheber­ dieses Stils, auch wenn es im Vergleich zu rale Fats» im Vordergrund. Waller, der schaft ein kleines Vermögen eingespielt den persönlichen Stilen der anderen schon als Jugendlicher in Kinos, Cabarets haben. W ie dem auch sei: Fats kompo­ beiden der Grossen Drei - James P. und und Theatern Orgel gespielt hatte, ist bis nierte einige der schönsten Piano-Klassi­ heute der einzige einigermas- ker wie etwa «Viper's Drag», «Alligator sen wichtige Kirchenorganist Crawl», «W ild Cat Blues» (der in der des Jazz geblieben. Er selber stark vereinfachten Fassung von Monty sagte, dass er der Orgel mehr Sunshine/Chris Barber zum Jazz-Hit Farben entlocken könne als wurde) oder «Handful of Keys». Und von dem Piano. Meisterhaft und Waller stammen auch einige der zeitlose­ ein Muss für alle Nicht-Orgel- sten Titel des Jazzrepertoires, die von Fans:«Messin' around with the Musikern über alle Stile hinweg immer Blues» von 1927. wieder gespielt werden: «Black and Etwas weniger unumstrit­ blue», «Ain’t misbehavin’», «Keepin’ out ten ist Wallers Bedeutung als of mischief now», «Squeeze me» und Bandleader und Sänger. M it sei­ «Honeysuckle Rose». nem Sextett feierte er ab Mitte Fats Waller bleibt bis heute ein unbän­ der Dreissigerjahre grosse Er­ dig swingender Botschafter der guten folge und konnte in diesem Laune, der aber neben seiner populären Rahmen auch sein komödian­ Seite immerauch ein ernsthafter Musiker tisches Talent, das sich speziell war. Und es wird wohl auch diese zu in seinen Vocals ausdrückte, seiner Zeit weniger gewürdigte, seriöse ausleben. Waller wollte m it sei­ Seite sein, an die man sich auch in 50 nem Singen keine Ansprüche oder 100 Jahren noch erinnern wird. erheben. Doch zeigt sich auch Mike Goetz hier der Könner, etwa durch seine jazzig lockere Phrasie­ rung oder seine immer über © 2004 Mike Goetz Hugues Panassié - Ein Leben für den Jazz

Die 418 Seiten starke Broschüre über den grossen Jazzförderer Hugues Panassié,Gründer des berühmten «», ist keineswegs eine elegant gestaltete Drucksache. Mit all ihren Zeugnissen über Panassiés Leben und Wirken ist sie aber für alle, die sich ernsthaft für die Jazzge­ schichte interessieren, von ausserordentlich hohem Wert. Hätte sich das SwissJazzOrama nicht am Jazz Ascona Festival präsentiert, was sich in jeder Beziehung gelohnt hat, könnten wir nun die wertvolle Trou­ vaille nicht in unserem Archiv einreihen. Christian Senn, der Autor des Wer­ kes, besuchte unseren Stand am 3. Juli 2004 im Collegio Papio und übergab uns ein Exemplar mit einer persönlichen Widmung. Etwa zehn Jahre sind es her, seit er durch das sorgfältige Zusammenstellen all des Materials zum Thema «Panassié» den Unvergleichlichen ehrte. Dass uns Christian Senn sein zweitletztes Exemplar geschenkt hat, wissen wir sehr zu schätzen.

ersten Musikunterricht nahm. Schon mit zwei Stücken («Seefeld-Stomp» und 16 Jahren schloss er m it vielen französi­ «Angie's Blues»), die Hugues Panassié schen Jazzmusikern Bekanntschaft. Mit als Klarinettist mit Musikern aus Zürich 17 Jahren lernte er den amerikanischen (darunter Harry Pfister, Tenorsaxophon, Klarinettisten Milton «Mezz» Mesirow und Gene Favre, Bass) aufgenommen hat. (später Mezzrow) kennen. Das war der Zu Hause stellten w ir erfreut fest, dass Beginn einer Freundschaft fürs Leben, die die Rarität bereits in unserem Schellack- sich prägend auf Panassiés musikalische Archiv eingereiht ist! Präferenzen auswirkte. Der Schriftsteller Die Panassié-Sessions Christian Senn weist auf alle Bücher hin, In einem chronologisch geordneten Teil, die Panassié geschrieben hat. Es handelt der die Jahre 1928 bis 1939 reflektiert, sich um 23 Titel, die zwischen 1934 und weist Christian Senn auf eine Fülle von 1975 erschienen sind. Davon stehen 19 in Inseraten, Konzertplakaten und Konzert­ unseren Bücherregalen, eingeschlossen programmen usw. hin. In kurzen Texten «Dictionnaire du Jazz», ein W erk, das beschreibt er die wichtigsten Ereignisse Panassié zusammen m it seiner Lebens­ dieser Jahre. Höhepunkt des Jahres 1932: partnerin Madeleine Gautier verfasst hat. Die Gründung des H ot Club de France. Hier alles erwähnen zu wollen, was Pa­ Sieht man diese Seiten durch, gerät man nassié als Buchautor, Herausgeber oder W er war H . P. ? regelrecht ins Staunen darüber, wie viel Redaktor von Jazz-Zeitschriften geschaf­ Christian Senn nennt Hugues Panassié in Jazzprominenz der H ot Club de France fen hat, würde den Rahmen dieses Be­ seinem V orw ort «Pionier des Jazz in in den Dreissigerjahren auf die Bühnen richtes bei weitem sprengen. Nebem Europa der Dreissiger- und Vierzigerjah­ von gebracht hat. Namen, denen dem «Bulletin du H ot Club de France» re». Damit deutet er schon sehr viel an. man immer wieder begegnet: Bill Cole­ sei hier lediglich auf die berühmten Titel Ein Amerikaner, George Wein, bringt man, Benny Carter und selbstverständ­ «Jazz Hot» und «La Revue du Jazz» es mit seinem Urteil auf den Punkt: lich Django Reinhardt und Stéphane hingewiesen. «Monsieur Panassié und sein H ot Club Grappelly. Während eines Aufenthaltes de France haben im Jazz als erste eine in New York vom O ktober 1938 bis Be Bop echte Form amerikanischer Kunst er­ Februar 1939 organisierte Hugues Pa­ Zu einem umfassenden Bericht über kannt und sind damit den Amerikanern nassié eine Reihe historisch wichtiger Hugues Panassié gehört auch das Kapitel zuvorgekommen». Plattenaufnahmen mit dem Trompeter «Be Bop». A uf Seite 147 seiner Broschü­ Hugues Panassié kam am 27. Februar , m it Sidney Bechet und re hat Christian Senn den Abdruck eines 1912 in Paris als Sohn eines sehr musik­ seinem Freund . Damit ausserordentlich interessanten Zeitungs­ beflissenen Vaters zur Welt. Er war ein festigte er seinen Ruf als Promoter des artikels vom 19. O ktober 1950 eingesetzt. grosser Freund von Wagner-Opern, jazzstiles, den man damals im Gegensatz Daraus geht hervor, die Generalver­ erfreute sich aber, als Hugues noch ein zum eher kommerziell orientierten sammlung des H ot Club de France habe Teenager war, auch an der Musik der Swing (hauptsächlich der weissen O r­ anfangs O ktober den echten Jazz (la vrai erfolgreichen Orchester Jack Hilton und chester) als Hot Jazz bezeichnete. musique de Jazz) neu definiert, und diese Paul Whitman. Das war zwar eine A rt Definition schliesse die Musik aus, die als von Musik, die Hugues Panassié später als Panassié in Zürich Be Bop bekannt sei. Den Club-Mitglie­ Pseudojazz bezeichnete,doch brachte sie Als w ir den langjährigen Präsidenten des dern sei es untersagt, die Verbreitung seine mindestens potentiell bereits vor­ H ot Clubs Neuchâtel-Peseux, Etienne dieser Musik zu fördern. Dass sich Panas­ handene «Jazz-Saite» so zum Schwingen, Perret, am 5. Juni in Cortaillod besuch­ sié mit dieser Haltung stark exponierte, dass ihm die Eltern ein Saxophon kauf­ ten, machte er uns auf eine ganz beson­ ist selbstverständlich. Waren doch Char- ten, mit dem er beim bekannten Tenor­ dere Schellack-Platte aufmerksam. Es saxofonisten Christian Wagner den handelt sich um Elite Special 4092 mit Schluss au f Seite 5 Isla Eckinger (links) und seine Swiss-Italian Connection, Gast: Harry Allen (rechts). Bild links: Eingang zu unserer Ausstellung. Ascona war eine Reise w ert Fotos: Walter Abry

Zehn Tage Ascona - ein voller Erfolg. Was mit einer Anfrage und einem Festival heisst neu: New Orleans & Clas­ Besuch von OK-Mitgliedern des Festivals Ascona begonnen hatte, weitete sics. So trafen w ir u.a. Warren Vaché, sich zu einer mehrwöchigen Vorarbeit aus. Der Aufwand hat sich gelohntem Harry Allen, Dado Moroni, Rhoda Scott, doppelten oder sogar dreifachen Sinn. Isla Eckinger, Nick Perrin, Sandro Schnee- beli, Daniel W oodtli, Daniel Schläppi und I. Die Ausstellung 2. Der Museumsladen Alfredo Farrario sowie Alessio Menconi. Aus dem grossen Fundus, den Jazzlieb­ In Ergänzung zur Ausstellung durften w ir Was auf alle Fälle blieb, war die haber unserem Archiv vermacht haben, einen Shop einrichten. LPs, Schellacks, bekannte Flaniermeile am Lago und die konnten w ir eine Ausstellung über Fats Bücher, Videos, Plakate etc. fanden reis­ intimen Piazze. Kein Ohrensausen von Waller, Count Basie und Coleman Haw­ send Absatz. Unsere einzigen Probleme übersteuerten Verstärkeranlagen, überall kins zusammenstellen. Es galt, Fotos he­ waren das Wechselgeld und der Mangel gute Gelati und Espressi. rauszusuchen, zu vergrössern und zu an Plastiksäcken. Zum guten Glück sind Eine engagierte, sympathische Veran­ rahmen. Texte wurden verfasst, Schall­ die SJO-Crewmitglieder Jacques Rohner staltungs-Crew aus Ascona führte auch plattenhüllen (Schellacks und LPs) w ur­ und Tony Bellwald Sprachkünstler. dieses Jahr m it viel Eifer, hoher Fachkom­ den für die Ausstellung vorbereitet. Das Das Gästebuch füllte sich m it promi­ petenz und Engagement dieses Festival Ausstellungs-Layout musste definiert, nenten Namen: Rhoda Scott setzte sich zum Erfolg. Stellwände bestellt und Hängesysteme sogar ans Pianola und liess eine Fats Die Crew des SwissJazzOramas konn­ organisiert werden. Waller-Nummer ertönen. - Wenn das te ebenfalls einiges zum Gelingen des Die Präsentation erfolgte im Collegio kein Erfolg ist auf der ganzen Linie! Anlasses beisteuern: W alter Abry, Tony Papio, dem Presse- und Musikzentrum Bellwald, James Conrad, Elena Kummer, des Festivals, wo täglich viele Festival­ 3. Zum Festival Madeleine Locher, Heidy Müller, Jacques besucher zu Gast waren. Erfreulicher­ Im Wissen, dass das Renommée des Fes­ Rohner, Fernand Schlumpf, Helmut weise bekamen w ir viele Komplimente tivals stark von den vergangenen 20 Schweiger, Irène Spieler, Ernesto Voegeli, für die professionelle Gestaltung - eine Jahren als New Orleans Festival geprägt Theo Zwicky und Marlyse Fanconi. motivierende Aktion für unser Museum wurde, waren w ir alle überrascht vom Irène Spieler in Uster. neuen Konzept von Nicolas Gilliet. Das

Tony Bellwald, Alessandro Zanoli (JazzAscona), Fernand Schlumpf, Luca Martinelli (JazzAsco- Irène Spieler und Fernand Schlumpf bei der na), Jacques Rohner, Nicolas Gilliet (JazzAscona). Schlussabrechnung. Jazzclub C hur- eine ausgewiesen gute Adresse

Der am 4. November 1977 gegründete sich intensive Kontakte zu zahlreichen Jazz Club Chur gehört in der Schweiz zu Musikern, Veranstaltern und Tournee- den grossen und führenden Veranstaltern Organisatoren. seiner Art. Er geniesst im In- und Ausland ein hohes Ansehen. Sein stets dem Jazz Übrigens, Andrea Eng/, der Präsident des und der improvisierten Musik verpflichte­ Jazz Clubs Chur, ist auch Präsident des tes Programm ist als gemässigt modern Vereins «Pro Jazz Schweiz». Er löste am 25. einzustufen, mit vereinzelten Abstechern M ärz dieses Jahres Christoph Degen ab, der zu den Anfängen wie auch zur Avantgar­ die Organisation seit 1996 m it Erfolg leitete. de. Die Zahl seiner Mitglieder umfasst Christoph Degen danken wir sehr herzlich heute gut 350 Personen. M it dem Versand für all seinen Einsatz im Dienste des Jazz; Andrea Engi, der neue Präsident von

seiner ausführlichen Vorschauen erreicht Andrea Engi wünschen wir ebenso herzlich «Pro Jazz Schweiz», der Dachorganisation SCHWEIZER JAZZCLUéS der Jazz Club Chur vor jedem Konzert alles Cute und viel Erfolg in seinem neuen des swissjazzorama, war bereits bei der um die 500 Adressen. Daraus ergeben Amt. Gründung des Jazz Clubs Chur dabei.

Die Jury selektionierte acht Bands für 4.Young Lions’ Swiss Jazz Festival 2004 den Wettbewerb «Montreux Jazz At The Swinging Pool» für junge Schweizer Die vierte Auflage dieses Festivals für Best Very Young Lions (Kategorie I): Gruppen. Auch dort waren die Leistun­ junge Schweizer Bands bot an zwei Rhythm Changes, Bern gen sehr gut bis begeisternd, und schliess­ Abenden im Jazz-Club «The Club» der lich hatte das überzeugende, sehr junge Hochschule für Musik und Theater, Ins­ Best Band (Kategorie 2): Christoph Siegrist Q uintet die Nase titut für Popularmusik.Waldmannstrasse Esprit du Rhythm, Otelfingen vorn. Robi Weber 12,8001 Zürich, sehr gut besuchte Kon­ zerte von überzeugender, teilweise sogar Best Soloists: sensationeller Qualität. Die insgesamt 10 Raffaele Lunardi, tenor sax Bands präsentierten am 29. und 30. April Marcel Thomi, piano ein breites Spektrum des aktuellen Jazz, Winterthur Schluss von Seite 3 vom feinsten Mainstream über Postbop und Funk bis zu Crossover. Best Songwriting: lie Parker, , Max Roach und an­ Aus dem sehr guten Niveau ragten in Nexus, Zürich dere Exponenten des neuen Jazz am Pa­ den zwei Kategorien (I: Musikerinnen riser Jazz Festival im Mai 1949 mit gros­ und Musiker ohne Musikstudium bis 25 Best Band Leader: sem Erfolg aufgetreten. Später,z.B. 1972 in Jahre, 2: Studierende an einer Musik­ Cy Trio, Zürich einem «offenen Brief an einen Leser», hochschule, bzw. jazzschule) die folgen­ äusserte sich H.P. um einiges moderater, den Bands heraus: Ausser Konkurrenz: als er erklärte, Be Bop sollte man nicht Christoph Siegrist Quintet einfach als Jazz, sondern als «neue Form des Jazz» bezeichnen.

Mit vielen Kompositionen geehrt Hugues Panassié verstarb im Dezember 1974 in im A lter von 62 Jah­ ren an einem Herzanfall. Auf die Bedeu­ tung von Hugues Panassié weisen sehr nachhaltig all die vielen Kompositionen hin, die ihm selbst, aber auch Madeleine Gautier oder dem H ot Club de France gewidmet wurden. Christian Senn hat sie alle, 23 Titel im Ganzen, zusammenge­ stellt, darunter der «Panassié Stomp» von Count Basie (1937), «Le Jazz Hot» von Jimmie Lunceford (1939) und «Made­ leine’s Garden» von M ilt Buckner (1971). Auch Christian Senns Broschüre wird einiges dazu beitragen, das Hugues Pa­ nassié, ein Franzose, der all seine Kraft in

Christoph Siegrist Quintet. Von links: Alessandro Ricciardi p, den Dienst des Jazz gestellt hat, unver­ Silvio Cadotsch tb, Christoph Siegrist tp, Raphael Bosshard b, Florian Hunkeler d. gesslich bleibt. JimmyT. Schmid

s L’intégralité de ce concert de mai l’air»... Par un sens de la forme également: Irène Schweizer/ 2003 à Ulrichsberg, enregistré à point symétries, inversions des figures, vagues Pierre Favre: nommé par la radio autrichienne, donne qui montent, qui descendent, roulent sur une idée riche, profonde, variée de ce elles-mêmes... Du punch le plus massif à Ulrichsberg qu’ils sont susceptibles de faire aujour­ la scintillation la plus délicate, on n’est d’hui. Pas vraiment de «ce qu’ils font»... au jamais dans le débraillé,toujours dans l’at­ CD Intakt 084 sens où leurs rencontres sont encore tention au son. Face à ce clavier exem­ relativement rares, et où elles ne présen­ plaire, la batterie de Pierre Favre s'em­ La pianiste Irène Schweizer et le batteur- tent pas un répertoire, un travail prémé­ brase et flambe joyeusement. Avec une percussionniste Pierre Favre sont deux dité. Le piano d’Irène Schweizer est un palette de cuivres frappés, frottés, tantôt inclassables libertaires, deux irréduc­ régal! Par la maîtrise du toucher, sur pétillant comme un feu de bois clair, tibles, deux inventeurs de fraîcheur musi­ toutes les dynamiques mises en oeuvre, tantôt soufflant comme une forge hale­ cale, deux francs-tireurs, dont la collabo­ du chuchotement au fortissimo; par la tante. Et qui phrase et chante autant que ration remonte à la fin des années 60 conscience rythmique ensuite, quelque le piano martèle le rythme! YvanAmar (notamment avec le contrebassiste Peter soit le tempo, avec un sens de la pulsation, Kowald, m ort l'an dernier, et à qui ils un placement des notes exemplaire, rendent un bel hommage). même quand elle joue complètement «en (Article paru dans le magazine français Jazzman)

l’aura compris, d’in­ Le CD de fluences coltranien- GILLES TORRENT Gilles Torrent nes» à la Mike Bre- SUNNY MURRAY cker!).Une autre cho­ BOBBY FEW se qui me touche en FRANÇOIS GALLIX que nous avons mentionné dans le jazz- cette affaire, c'est son letter no 10 vient de paraître. Nous côté cour des mira­ DESERT DE SEL publierons ci-dessous quelques extraits cles si souvent asso­ de critiques. cié à la quête spiritu­ elle. Je pense à ces Gilles Torrent; Désert de sel merveilleux vieux po- DORON Jazz DRJ 1017 chetrons que sont Bobby Few est Sunny Gilles Torrent, ts Murray. Qu’ils vivent Bobby Few, p et jouent me remplit François Gallix, b d’aise et me rassure. Sunny Murray, d (...)

Cet album, disons-le sans ambage a quel­ Claude Tabarini que chose de „spécial“ . Il ne s’agit pas de dans Viva la musica (AMR) n’importe quel disque de jazz avec ses qualités ou ses défauts. Il s'impos au milieu d’un désert (de sel? Je ne sais pas). J’ai tout d’abord été frappé par le côté que ce mélange étonnant de lyrisme et Brillant des mille feux d’une ambiguïté structuré de cette musique qui n'est de révolte». Il n’y a rien à ajouter! Disque majeure.Tout d’abord parce qu’il se place «free» que de nom. Evidemment, les so­ sans concessions à découvrir de toute d'emblée à un point névralgique de l’his­ listes improvisent de longs moments urgence ! toire de cette musique. Je veux parler de «librement», sans cadre harmonique Pierre Losego dans One MoreTme (ACMJ) la dernière période de John Coltrane, si (quoique...) ou rythmique (là, le swing occultée par les «écoles», et que per­ me manque), mais avec lyrisme et sans sonne n’ose aborder parce que trop complaisance. Les compositions sont IMPRESSUM dérangeante, bouleversant les assises de intéressantes et consistent souvent en SwissJazzOrama-Jazzletter ist eine Publikation des SwissJazzOrama l’être. Il s’agit ici de non moins qu’une une phrase modale répétée sur des tons für die Mitglieder von Pro Jazz Schweiz suite, comme un supplément apocryphe différents. (...). Christophe Passer écri­ (...) à «Expressions». Ensuite parce qu'il vait dans le Nouveau Quotidien après le Erscheint 2-3 x jährich Redaktion: Jimmy T.Schmid (WalterAbry) est le résultat d’une authentique ascèse. passage du même quartette en novem­ Mitarbeiter dieser Ausgabe: Mike Goetz, Quiconque est en quelque peu familier bre 1997 à Lausanne cette critique très Irène Spieler, Robi Weber, Ivan Amar, du milieu de la musique improvisée dans pertinante: «Gilles Torrent a développé Claude Tabarini, Pierre Losego, Albert Stolz Layout Walter Abry la cité de Calvin a pu voir, année après une maturité qui fait de lui l’un des plus Copyright SwissJazzOrama anné, les cheveux de Gilles Torrent blan­ fantastiques représentants d’une sorte Schweizer Jazzmuseum und -archiv chir en portant à bout de bras cette mu­ d’après-free-Jazz. Une musique libre, for­ Im Werk 8,8610 Uster,Telefon 01 94019 82 sique dont il a fini par être imprégné tement inspirée de la rage désespérée e-Mail: [email protected], www.jazzorama.ch Contact pour la Suisse romande: comme sans doutepeu de personnes au d’A lbert Ayler, mais qui a su se débaras- E-Mail: [email protected] monde (il ne s’agit pas ici, comme chacun ser des clichés du genre pour ne garder weissen Musiker blosse Kopisten, und Bean + Count + Fats = selbst eher kommerzielle weisse Musiker die wahren Könige des Swing und Bands übten einen gewissen Einfluss auf schwarze Jazzer aus. Andererseits ln der nachfolgenden kurzen Würdigung des Saxofonisten Coleman Haw­ sind diese Ausführungen aus der damali­ kins und der Pianisten und Bandleader Count Basie und Fats Waller anläss­ gen Situation heraus durchaus nachvoll­ lich ihres 100. Geburtstages wird nicht auf ihre persönlichen und musikali­ ziehbar: schen Biografien näher eingegangen, welche in jedem Jazzlexikon zu finden Die afroamerikanischen Jazzmusiker sind. Es soll vielmehr versucht werden, kurz das soziale, wirtschaftliche und und -musikerinnen machten die gleiche kulturelle Umfeld aufzuzeigen, in dem ihre Musik entstand und sich bittere Erfahrung wie später die Blues- entwickelte. und Rhythm-&-Bluesmusiker zur Zeit des Rock & Roll: Zum ersten Mal wurde Die swing craze Rhythm is our business die afroamerikanische Musik durch die Die swing craze oder das «Swingzeitalter» Die Monopole begannen in grossem von Weissen kontrollierte Musikindust­ begann Mitte der Dreissigerjahre. Doch Ausmass Swingmusik zu produzieren. rie massiv ausgebeutet. Diese Industrie bereits Ende der Zwanzigerjahre spielten Die soziale Funktion des Swing war der wusste (und weiss immer noch sehr schwarze Bands in Harlem (z.B. Fletcher Tanz und die Unterhaltung (was noch genau), dass selbst eine mittelmässige Henderson mit Coleman Hawkins am nichts über die Qualität der Musik auszu­ weisse Kopie beim Massenpublikum eine Saxofon), in der South Side von Chicago sagen braucht). Der Swing diente auch ungleich breitere Aufnahme fand als das oder in Kansas City (wo Count Basie der Systemerhaltung; er half mit, die schwarze Vorbild (falls dieses überhaupt einen Teil der Band von Benny Moten tiefen Spuren, welche die W irtschaftskri­ wahrgenommen wurde). Besonders übernahm) eine Musik, die man bereits se hinterlassen hatte, zu verdrängen. Der schlimm war die Lage im Film, worauf als Swing bezeichnen kann. Billie Holiday Swing spielte auch eine wichtige Rolle als auch Sonny Rollins hinweist: «Haben Sie bemerkte in ihrer Autobiografie zu Werbeträger am Radio. Kirk Douglas eine Karikatur von Bix Beider­ Recht: «Nehmen w ir beispielsweise die 52. Der weisse Klarinettist und Bandlea­ becke spielen sehen? Oder James Stewart Strasse in den späten Dreissigerjahren und der A rtie Shaw beklagte sich wie folgt Glenn Miller? Oder Steve Allen Benny Good­ frühen Vierzigern. Allgemein hielt man es für über die Standardisierung und Kommer­ m an? Einmal abgesehen davon, dass Miller, eine grosse Sache. «Swing Street» wurde sie zialisierung des Jazz zur Zeit des Swing: aber auch Goodman nicht die gleichen genannt. In jeder Kneipe war etwas los, alles «Wenn man aus der M usik eine reine Ware künstlerischen Schwergewichte wie ein Arm­ tanzte nach dieser «neuen» Musik. (...) macht, die man den Massen verkauft, so strong, Ellington oder Parker waren. Und Millionen hatten nie einen Schritt in die 131. verliert man viel (in künstlerischer Hinsicht, dennoch führe ich hier die einzigen Filme Strasse (in Harlem, A.S.) gemachtWären sie A.S.), verdient aber gleichzeitig viel Geld. Der auf, die Hollywood Jazzmusikern gewidmet jedoch nur einmal dorthin gegangen, hätten Swing ist ganz einfach zu einem Markenar­ hat, wie durch Zufall alles weisse Musi­ sie schon vor zwanzig Jahren Swing gehört.» tikel geworden.» ker...» Eine Count-Basie-, Coleman- Der Beginn der eigentlichen Swingära Das Stück Rhythm is our business von Hawkins-oder Fats-Waller-Story war zu fiel m it dem Ende der Grossen Depres­ Jimmie Lunceford unterstreicht den jener Zeit völlig undenkbar. Man ist noch sion und dem beginnenden Aufschwung extremen Warencharakter des Big-Band- weit entfernt von Filmen wie Round about (New Deal) zusammen. Während der Jazz jener Zeit, lautet doch ein Vers midnight oder Bird, w o schwarze Musiker Wirtschaftskrise vollzog sich in der Un- des Songtextes: «Rhythm is our business, die Hauptrollen spielen. terhaltungs- und Musikindustrie ein Kon­ rhythm is what we seil» ( 1934). So waren die schwarzen Meister des zentrationsprozess. Unter dem Druck Diese Tendenz hin zur Kommerziali­ damaligen Jazz nur die Dukes (Ellington), einiger von weissen Kapitaleignern kont­ sierung und Standardisierung des Jazz in die Counts (Basie) oder die Earls rollierter Trusts wurde der Jazz der der Swingära rief eine musikalische (Hines). Der King (of Swing) war jedoch kulturellen Aufnahmebereitschaft und «Untergrundbewegung» von grossmehr­ der weisse Klarinettist und Bandleader -möglichkeit eines weissen Massenpub­ heitlich schwarzen Improvisatoren her­ . Es war also nur likums angepasst. Es vollzog sich eine vor. Sie trafen sich nach getaner Brotar­ «logisch», dass 1938 seine Version von starke Bevorzugung der euroamerikani­ beit zu after hours sessions an Orten wie Basies One o clock jump, den dieser ein schen zuungunsten der afroamerikani­ dem Minton’s Playhouse oder dem Mon­ Jahr früher aufgenommen hatte, eine schen Elemente des Jazz: Vorherrschaft roes Uptown House. Diese Sessions Auflage von einer Million erzielte, ein des «gepflegten» Arrangements gegenü­ waren die Keimzellen des Be Bop. Neben Mehrfaches der Verkaufszahl von Basies ber Headarrangements, geringerer Stel­ «Stammgästen» wie Gillespie, Monk oder Original. Benny Goodman, der die gros­ lenwert der Improvisation,Vorherrschaft Clarke machten auch Jazzgrössen wie sen schwarzen Musiker bewunderte und des auf der europäischen Liedform beru­ Chu Berry, Coleman Hawkins und vor sie nach Möglichkeit förderte und in henden Popsongs (Tin Pan Alley) gegen­ allem Charlie Christian ihre gelegentliche seine Formationen integrierte, war ehr­ über dem Blues im Repertoire der O r­ Aufwartung. «Zu der Z e it, als sich die Weis­ lich genug, um einzugestehen: «Ohne Flet­ chester, «saubere» Intonation der Instru- sen dranmachten, den Swing zu kopieren, cher Henderson (schwarzer Pianist, Band­ mentalisten und Sängerinnen, «anständi­ hatte draussen in den Vororten schon längst leader und Arrangeur, der zeitweise für ge», für den weissen amerikanischen eine andere Art von Musik ihren Durchbruch Goodman arbeitete, A.S.) hätte ich wahr­ Mittelstand akzeptable Songtexte usw. gefunden. Zehn Jahre später, als sich die scheinlich ein ziemlich gutes Orchester gelei­ Erst mit dieser Anpassung der schwarzen weissen Jungs in der Stadt überlegten, wie sie tet, aber ich hätte völlig anders gespielt.» Musik an euroamerikanische ästhetische sich diese Musik aneignen konnten, wurde Auf die komplexen Beziehungen, die Wertvorstellungen fand der Swing eine das dann das Neueste.» Diese Ausführun­ damals zwischen weissen und schwarzen ähnlich massive Verbreitung wie später gen von Billie Holiday mögen etwas sehr Musikern herrschten, kann aus Platzgrün­ der Rock & Roll. streng klingen, waren doch nicht alle den nicht eingegangen werden. Begnügen w ir uns m it der (vielleicht Die Unterstützung, die afroamerikani­ grössen, dass sie in der Lage waren, eine etwas zu optimistischen) Einschätzung sche Musiker und Musikerinnen durch so grossartige Musik zu schaffen und des schwarzen Pianisten Billy Taylor: weisse Förderer wie etwa die amerikani­ auch durchzusetzen; eine Musik, die (Rassenprobleme) «betreffen die Welt der sche Linke (zu der in diesen Jahren auch heute noch von unschätzbarem W ert ist Musiker nicht wirklich. Für den Grossteil von der Produzent John Hammond zählte) und die beim Anhören immer noch ihnen läuft dies anders ab als in der übrigen erfuhren, konnte diese Diskriminierun­ Bewunderung und Begeisterung auslöst. Gesellschaft Ein Musiker will zuerst wissen, gen nicht wettmachen, obwohl sie w ert­ In der Tat; Basie, Hawkins und Waller wie ein anderer spielt; spielt er gut, so inter­ volle Arbeit für die Verbreitung des gehören zu den wahren Königen des essiert es ihn wenig, ob er nun Chinese oder schwarzen Jazz leisteten; man denke Swing: Die im Titel angeführte Glei­ Japaner ist. Aber die Schallplattenbosse, die bloss an die berühmten Konzerte From chung enthält heute glücklicherweise Klubbesitzer und gewisse Konzertveranstal­ Spirituals to swing. keine Unbekannten mehr! Albert Stolz ter sind Rassisten und engagieren keine Es spricht für die ausserordentliche Schwarzen.» Begabung der drei heute gefeierten Jazz­

«Nina’s Jazz and Blues» - Barney Kessel - Ein G itarrist Sidney Bechet wechselte er dann zum Sopran­ seit Juni 04 leider geschlossen. der Extraklasse saxophon und spielte in Dixielandmanier mit namhaften Musikern dieses Genres wie Henry Über die Musik, die sie verkaufte, wusste sie Am 6. Mai 2004 ist Barney Kessel, einer der Red Allen, Max Kaminsky, Hot Lips Page u.a. alles. Nina Keppler, die seit 28 Jahren an der bedeutendsten Jazzgitarristen, an den Folgen Doch vom kam er bald, ohne Kirchgasse im Zürcher Oberdorf einen von eines Hirntumors gestorben. Am 17. Oktober Umweg über den Be Bop, zum Freejazz. Die Jazzfans sehr geschätzten Plattenladen führte, 1923 wurde er in Muskogee, Oklahoma, gebo­ Entwicklung von Kaminsky zu Cecil Taylor, mit hat ihren beliebten Shop im Juni 2004 aufgege­ ren. Barney Kessel kommt das Verdienst zu, die dem er während vieler Jahre zusammenarbei­ ben. Das Geschäft mit den Tonträgern wurde stilistischen Neuerungen von Charlie Chris­ tete, weist klar auf die Originalität von Lacy’s immer schwieriger, und eine Wende war nicht tian aufgegriffen, ergänzt und zu einem neuen Musikerpersönlichkeit hin. Seit 1966 arbeitete abzusehen. Schade, «Nina's Jazz and Blues» Gitarrenstil weiterentwickelt zu haben. Be­ Steve Lacy in Europa, wo er verschiedene war nicht nur ein Plattenladen, sondern auch reits als Vierzehnjähriger spielte er zusammen anspruchsvolle Kompositionen aufführte: ein beliebterTreffpunkt für Jazz- und Bluesfans. mit schwarzen Musikern in Tanzkapellen. Er gelungene Mischungen aus geschriebener und Ihre Kunden, zu denen auch Jazzmusikerinnen wirkte in einer Reihe von bekannten Swing­ improvisierter Musik. Steve Lacy wird der (z.B. Irene Schweizer) und -musiker gehörten, bands mit, z.B. bei Artie Shaw, Benny Goodman Jazzwelt als kreativer Sucher nach neuen kannte sie gut. Sie wusste genau, was zu und Charlie Barnet. Der Durchbruch gelang Wegen in Erinnerung bleiben. empfehlen war. Nina hat das SwissJazzOrama ihm, als Oscar Peterson ihn nach Irving Ashby reichlich beschenkt: Nicht nur Dutzende von in sein Trio aufnahm. Später arbeitete Kessel Ray Charles - CDs und LPs, auch einige praktische Platten­ mit diversen Gruppen sowie als sogenannter gestelle, die uns beim Ausbau unseres Archives Studiomusiker und verfasste ein Lehrbuch Zwischen Jazz und Soul von grossem Nutzen sind. Nina, wir danken für Jazzgitarristen. Ein in allen Tempis kreati­ Ray Charles verstarb am 10. Juni 2004 im Alter Dir herzlich! J.T.S. ves, swingendes Spiel war ihm eines seiner von 73 Jahren in Beverly Hiils. Ray Charles wichtigsten musikalischen Anliegen. Robinson, wie er vollständig hiess, wurde am «Jazzstadt Zürich» kommt mit 23. September 1930 in Albany, Georgia, gebo­ etwas Verspätung nach Uster ren. Seine Jugendjahre waren von Armut und Steve Lacy - Glänzender einem Augenleiden geprägt, an dem er mit Im Frühjahr waren wir noch der Meinung, nach Improvisator und Komponist sechs Jahren erblindete, was in zwang, das einem Wechsel unserer Ausstellungen könnten wir Klavierspiel mit Hilfe der Braille-Schrift zu Am 4. Juni erlag Steve Lacy, ein bedeutender Sie auf den 18. September 2004 zu einer Vernis­ lernen. Bereits als Teenager spielte und sang er Exponent des modernen Jazz, der keine stilisti­ sage einladen. Leider mussten diese Arbeiten noch in Tanzlokalen und Nachtclubs, damals noch schen Grenzen kannte, einem Krebsleiden. zurückgestellt werden. Wir rechnen aber damit Nat King Cole imitierend. Dann fand er zu Der 69-jährige Steve Lacy wurde als Steven dass anfangs 2005 Ueli Staubs «Jazzstadt seinem besonderen Stil, einer A rt von Soul- Lakritz am 23. Juli 1934 in New York geboren. Zürich» unsere erfolgreiche Ausstellung «Jazz in Blues, der zum Hauptmerkmal seiner Musik Zuerst spielte er Klarinette. Inspiriert von der Schweiz» ablösen wird. wurde. Charles spielte auch bemerkenswerte Jazzaufnahmen ein, z.B. mit Milt Jackson. In den sechziger Jahren wurde er zum Showstar, in der Art eines Harry Belafonte.Sein Repertoire Originaf reichte vom Great American Songbook über die Beatles bis zu Stevie Wonder. Mit dem Guter Druck Hinschied von Ray Charles verliert die populä­ yjie«erschnifcej re amerikanische Musik einer ihrer ganz Gros­ aus gutem sen. Ernest Zwonicek - Unermüd­ Haus licher Einsatz für den Jazz Am 28. Mai 2004 verstarb das langjährige AGMJ-Mitglied Ernst Zwonicek im Alter von 85 Jahren in Genf. Schon vor dem zweiten Weltkrieg war Ernest Zwonicek für die Ver­ ■ DRUCKEREI Schnitzelbaron breitung des Jazz in Genf und in der ganzen Schweiz tätig. Dank seiner Beziehungen zu Jose verschiedenen New Yorker Produzenten war SIEBER AG im er nach Kriegsende für die Einfuhr von solch Restaürant Brunnentor renommierten Labels wie Commodore, Dial KEMPTNERSTRASSE 9 oder Blue Note zuständig. Ernest Zwonicek war eine hilfsbereite und liebenswürdige 8340 HINWIL Uster Persönlichkeit, völlig frei von Vorurteilen und TEL. 01 9 3 8 3 9 4 0 Tel: 01 940 36 56 offen auch für neuere Strömungen im Jazz. FAX 01 938 39 50 Sonntjags geschlossen Impressum auf Seite 6