Swissjazzorama Ja Zzl Etter
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N r 11 September 2004 ► ►► swissjazzorama ja zzl etter Das Schweizer Jazzmuseum Liebe Leserinnen, liebe Leser Welches ist denn der echte Jazz? Derjenige von Armstrong und Bechet - oder derjenige von Parker und Gillespie? Vor mehr als fünfzig Jahren erhitzten solche Fragen die Gemüter vieler Fans, und der Hot Club de France mit seinem EDITORIAL heute schon fast legendären Präsiden ten Hugues Panassié glaubte, zur Vertei digung des Echten die Definition des Jazz neu formulieren zu müssen. Nun, die Jazzgeschichte zeigt Panas sié klar als den Jazz-Promoter, der sich mit einzigartigem Elan für die Anerken nung des Jazz als Kunstform eingesetzt hat. Und zwar als Europäer. Bei einer solchen Leistung, die wir anhand der informativen Dokumentation von Chris tian Senn auf Seite 3 würdigen, ist man geneigt, über die damaligen Meinungs verschiedenheiten hinwegzusehen. Dass wir heute weit davon entfernt sind, unsere Definition des Jazz eng zu fassen, zeigt schon ein kurzer Gang durch unser Archiv. Natürlich lässt sich der Jazz unter mancherlei Gesichts punkten, z.B. alt-neu, schwarz-weiss usw. klassieren (siehe auch den mit einer einfachen Gleichung überschriebenen Artikel von Albert Stolz auf Seite 7). Doch Toleranz gehört auf alle Fälle zu unseren Grundsätzen. Das dürfte auch einer der Gründe Drei ganz Grosse in Ascona geehrt sein, weshalb derTages-Anzeiger in einer Vorstellung der attraktivsten Orte der Region Zürich am 22. Juli 2004 Uster als InAscona kann man herrliche Ferientage Rahmen eines internationalen Festivals Hochburg des Jazz bezeichnet hat. geniessen. Das weiss jedes Kind. Unter präsentiert hat. Auch w ir stellten die drei Jazzfans spricht sich aber auch mehr und grossen Musiker ins Zentrum. Ebenso Herzlich mehr herum, dass dort im Sommer wollen w ir mit zwei Artikeln in die während zehn Tagen Jazz vom Feinsten sem Jazzletter (Seiten 2 und 7) den drei geboten wird. «Tributes to Fats Waller, in Ascona Geehrten unsere Referenz Coleman Hawkins and Count Basie» erweisen. Als A utor des Beitrages über hiess das Leitmotiv des 20. JazzAscona Fats Waller konnten wir Mike Goetz, Festivals, das mit grossem Erfolg vom 25. den hervorragenden Stride-Pianisten der Dos SwissJazzOrama CREDIT Juni bis 4. Juli 2004 durchgeführt wurde. Schweizer Jazzszene, gewinnen. Das freut wird unterstützt durch SUISSE Auf Seite 4 berichten wir, wie sich das uns besonders. SwissJazzOrama zum ersten Mal im STADT USTER KANTON ZÜRICH Inhalt: I Drei ganz Grosse in Ascona geehrt 2 Fats Waller 3 Hugues Panassié 4 SwissJazzOrama in Ascona 5 Jazzclub Chur / Young Lions'Swiss Jazz Festival 2004 6 N otre page en français 7 Bean + Count + Fats 8 In Memoriam jeden Zweifel erhabene Intonation - wo Fats Waller - Gigant zwischen mit er sich von einigen Jazz-Sängern, die den Stühlen und Stilen sich Fats’ Singerei meilenweit überlegen fühlen, deutlich unterscheidet... - Die Bandmusiker, die W aller um sich versam FatsW aller-das ist Fats Waller, der Pianist, der Komponist, der Bandleader, melte, konnten ihrem Leader - nach all der Sänger, der Organist, der populäre Unterhalter und Spassvogel, der gemeiner Überzeugung der Jazzkritik, mit gargantuöse Esser und Trinker, und vieles mehr. Fats Waller, das ist auch der der ich hier für einmal einig gehe - fast Widersprüchliche. Gegensätzlich, zwischen Kunst und Kommerz, zwischen alle nicht das Wasser reichen, auch wenn Fis und Fass, zwischen schwarzen und weissen Tasten, zwischen Dur und auf den unzähligen Einspielungen gele Moll, zwischen Jazz und Klassik. Auf einen kurzen Nenner gebracht: Fats gentlich ein paar fähigere Sidemen wie W a lle r-d e r überragende Musiker; oder mit den Worten seines Lehrers und etwa Herman Autrey oder Bill Coleman Vorbildes James P. Johnson: «Es gibt kleine Leute, die Musik im Leib haben, zu hören sind. - O ft kritisiert wurde aber an Fats war alles Musik, und ihr wisst, wie gross er war.» W aller zudem für seine Bandaufnahmen von sogenannt «billigen» Titeln. Einige Fats Waller, eigentlich Thomas Wright «The Lion» - manchmal als etwas verein dieser Kompositionen sind tatsächlich Waller, wurde als Sohn eines Pastors und fachend wahrgenommen wird. «Ein Pia eher dürftig, aber in der wallerschen In einer Organistin am 21.5.1904 in New nist soll so spielen, dass es voll und reich terpretation erwachen diese wenigstens York geboren, er verstarb an Bord eines klingt, und er soll auch alle 88 Tasten des für drei Minuten zum Leben. Zuges in Kansas City am 15.12.1943. In Klaviers benutzen», sagte Fats selber. ...w o m it ich mich zum Schluss noch den knapp vier Jahrzehnten zwischen Und deshalb ist es auch nicht verwun dem Komponisten Waller zuwende: Wal diesen Eckdaten schuf Fats ein Werk, das derlich, dass Fats Waller der orchestrale ler war m it einem riesigen melodischen seinesgleichen sucht und seinem Schöp Pianist des Jazz ist, m it einer starken Einfallsreichtum gesegnet und ein sagen fer einen Platz unter den grossen Jazzpia linken Hand, die ausserhalb der Musik haft produktiver Komponist und «schnel nisten, Jazzkomponisten, Jazzorganisten wohl einen Waffenschein benötigen ler Schaffer». Er schuf - meist zusammen und Jazzsängern gesichert hat. Legionen würde... Unübertroffen ist Fats Waller mit dem Texter Andy Razaf - über 400 von Pianisten beziehen sich musikalisch in Sachen «Drive» und lässiger Locker Titel (die genaue Zahl w ird sich wohl nie auf ihn oder haben ihn in den höchsten heit, die er bis zu den horrendesten feststellen lassen), von denen er vermut Tönen gelobt - allen voran die Stride- Tempi beibehalten konnte. Und unter lich einige in einer knappen Viertelstunde pianisten vom Beginn weg bis zu den Musikern ruft sein konstantes, «relaxtes» aus dem Armel schüttelte. So ist es auch heutigen Vertretern des Stils, aber auch Tempo immer wieder Bewunderung nicht verwunderlich, dass Fats gelegent Count Basie, Mary Lou Williams, Art hervor. Am besten kommen Wallers lich Songs gegen ein paar Hamburger, ein Tatum, Jaki Byard und viele andere mehr. pianistische Fähigkeiten auf seinen relativ paar Gläser Schnapps oder auch 50 Für mich am wichtigsten ist - trotz wenigen Soloaufnahmen zur Geltung, Dollar verkaufte - und noch heute glau seiner anderen Fähigkeiten - der Pianist etwa in «Georgia on my mind» oder in ben viele Musiker, dass einige erfolgreiche Fats Waller. Sein brillantes, unbändig «Handful of keys». Kompositionen, die ursprünglich von swingendes Stride-Piano ist der Inbegriff Auch als Organist steht der «orchest W aller stammen, unter falscher Urheber dieses Stils, auch wenn es im Vergleich zu rale Fats» im Vordergrund. Waller, der schaft ein kleines Vermögen eingespielt den persönlichen Stilen der anderen schon als Jugendlicher in Kinos, Cabarets haben. W ie dem auch sei: Fats kompo beiden der Grossen Drei - James P. und und Theatern Orgel gespielt hatte, ist bis nierte einige der schönsten Piano-Klassi heute der einzige einigermas- ker wie etwa «Viper's Drag», «Alligator sen wichtige Kirchenorganist Crawl», «W ild Cat Blues» (der in der des Jazz geblieben. Er selber stark vereinfachten Fassung von Monty sagte, dass er der Orgel mehr Sunshine/Chris Barber zum Jazz-Hit Farben entlocken könne als wurde) oder «Handful of Keys». Und von dem Piano. Meisterhaft und Waller stammen auch einige der zeitlose ein Muss für alle Nicht-Orgel- sten Titel des Jazzrepertoires, die von Fans:«Messin' around with the Musikern über alle Stile hinweg immer Blues» von 1927. wieder gespielt werden: «Black and Etwas weniger unumstrit blue», «Ain’t misbehavin’», «Keepin’ out ten ist Wallers Bedeutung als of mischief now», «Squeeze me» und Bandleader und Sänger. M it sei «Honeysuckle Rose». nem Sextett feierte er ab Mitte Fats Waller bleibt bis heute ein unbän der Dreissigerjahre grosse Er dig swingender Botschafter der guten folge und konnte in diesem Laune, der aber neben seiner populären Rahmen auch sein komödian Seite immerauch ein ernsthafter Musiker tisches Talent, das sich speziell war. Und es wird wohl auch diese zu in seinen Vocals ausdrückte, seiner Zeit weniger gewürdigte, seriöse ausleben. Waller wollte m it sei Seite sein, an die man sich auch in 50 nem Singen keine Ansprüche oder 100 Jahren noch erinnern wird. erheben. Doch zeigt sich auch Mike Goetz hier der Könner, etwa durch seine jazzig lockere Phrasie rung oder seine immer über © 2004 Mike Goetz Hugues Panassié - Ein Leben für den Jazz Die 418 Seiten starke Broschüre über den grossen Jazzförderer Hugues Panassié,Gründer des berühmten «Hot Club de France», ist keineswegs eine elegant gestaltete Drucksache. Mit all ihren Zeugnissen über Panassiés Leben und Wirken ist sie aber für alle, die sich ernsthaft für die Jazzge schichte interessieren, von ausserordentlich hohem Wert. Hätte sich das SwissJazzOrama nicht am Jazz Ascona Festival präsentiert, was sich in jeder Beziehung gelohnt hat, könnten wir nun die wertvolle Trou vaille nicht in unserem Archiv einreihen. Christian Senn, der Autor des Wer kes, besuchte unseren Stand am 3. Juli 2004 im Collegio Papio und übergab uns ein Exemplar mit einer persönlichen Widmung. Etwa zehn Jahre sind es her, seit er durch das sorgfältige Zusammenstellen all des Materials zum Thema «Panassié» den Unvergleichlichen ehrte. Dass uns Christian Senn sein zweitletztes Exemplar geschenkt hat, wissen wir sehr zu schätzen. ersten Musikunterricht nahm. Schon mit zwei Stücken («Seefeld-Stomp» und 16 Jahren schloss er m it vielen französi «Angie's Blues»), die Hugues Panassié schen Jazzmusikern Bekanntschaft. Mit als Klarinettist mit Musikern aus Zürich 17 Jahren lernte er den amerikanischen (darunter Harry Pfister, Tenorsaxophon, Klarinettisten Milton «Mezz» Mesirow und Gene Favre, Bass) aufgenommen hat. (später Mezzrow) kennen. Das war der Zu Hause stellten w ir erfreut fest, dass Beginn einer Freundschaft fürs Leben, die die Rarität bereits in unserem Schellack- sich prägend auf Panassiés musikalische Archiv eingereiht ist! Präferenzen auswirkte. Der Schriftsteller Die Panassié-Sessions Christian Senn weist auf alle Bücher hin, In einem chronologisch geordneten Teil, die Panassié geschrieben hat. Es handelt der die Jahre 1928 bis 1939 reflektiert, sich um 23 Titel, die zwischen 1934 und weist Christian Senn auf eine Fülle von 1975 erschienen sind.