Rheinland-Pfalz regional

Rheinland-Pfalz regional:

Von Dr. Birgit Hübbers

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der kreisfreien Städte und Landkreise in Rheinland-Pfalz wird von ihren strukturellen Rahmenbedingungen geprägt. In der Aufsatzreihe „Rheinland-Pfalz regional“ werden die zwölf kreisfreien Städte und 24 Landkreise jeweils einer regionalstatis- tischen Analyse unterzogen. Als Basis dienen standortrelevante Daten und Indikatoren aus den Bereichen Bevölkerung, Wirtschaft, Tourismus und Arbeitsmarkt.

Dieser Beitrag befasst sich mit dem Westerwaldkreis, der zusammen mit den Landkreisen und den nördlichen Zipfel von Rheinland-Pfalz bildet. Er ist flächen- mäßig der viertgrößte und hinsichtlich der Bevölkerungszahl der drittgrößte Landkreis in Rheinland-Pfalz. Der Westerwaldkreis ist wirtschaftsstark, er steuert knapp fünf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt des Landes bei und von den Erwerbstätigen haben ebenfalls rund fünf Prozent ihren Arbeitsplatz dort.

Vom zum Westerwaldkreis Der Westerwald galt lange auch als ärm- 19. Jahrhun- dert: Viele liche Region. Schon vor dem 19. Jahrhundert Auswanderer Den Westerwald teilten sich über Jahrhun- trieben Existenznöte viele Bewohnerinnen nach Amerika derte wechselnde Gebietsherren. Daher und Bewohner zur Auswanderung, und im wird diese Region oft auch als ein Landstrich 19. Jahrhundert verhieß vor allem Amerika beschrieben, der lange Zeit als Grenzregion vielen Menschen aus dem Westerwald eine bessere Zukunft. Bis 1932 teilten sich drei ohne starke politische und kulturelle Zent- Kreise das Hauptgebiet des geografischen rierung verharrte und sich nicht geschlossen Westerwaldes. Eine Verwaltungsreform entwickeln konnte. Nach der folgenreichen infolge der Weltwirtschaftskrise führte französischen Revolution entstand eine neue dann zu nur noch zwei Kreisen – dem Ober- Ordnung: Mehrere Ämter des Großherzog- und Unterwesterwald. Sie schlossen sich tums verwalteten den Westerwald im Zuge der Kommunalreform 1974 zum im heutigen Kreisgebiet. Landkreise nach heutigen Westerwaldkreis mit preußischem Vorbild entstanden aber erst, als Sitz der Kreisverwaltung zusammen. nachdem das Gebiet 1866 dem Königreich Der Westerwaldkreis in seinen heutigen Preußen als Sieger des Deutschen Krieges Grenzen ist also ein relativ junger Landkreis; zufiel. er besteht noch keine 50 Jahre.

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Das Kreiswappen gibt Auskunft über die Eine Kanne verweist auf Verbandsgemein- wirtschaftlichen Schwerpunkte in der den im sogenannten „Kannenbäckerland“, Geschichte, die teilweise auch heute noch wo Töpferhandwerk und keramische Indus- ihre Bedeutung haben. Sieben Basaltsäu- trie beheimatet sind. Ein grüner Schrägbal- len symbolisieren Verbandsgemeinden, in ken steht für die ausgedehnten Wälder und denen Basalt oder Quarzit vorkommen. Wiesen des Westerwaldes.

T 1 Ausgewählte Kennzahlen für den Westerwaldkreis im Landkreis- und Landesvergleich

Landkreise Merkmal Jahr Einheit Westerwaldkreis Rheinland-Pfalz zusammen

Bevölkerung1 2011 Anzahl 197 731 2 970 742 3 999 117

Veränderung 2000-2011 % -2,0 -1,9 -0,9

2010-2030 % -8,2 -7,0 -5,8

Bevölkerungsdichte2 2011 Einwohner je km² 200 158 201

Anteil an der Gesamtbevölkerung

unter 20-Jährige 2011 % 20,2 19,2 18,8

20- bis 65-Jährige 2011 % 59,9 60,7 60,0

65-Jährige und Ältere 2011 % 19,8 20,6 20,8

Jugendquotient (unter 20-Jährige 2011 je 100 Personen 33,8 32,0 30,9 bezogen auf 20- bis 65-Jährige)

Altenquotient (65-Jährige und Ältere 2011 je 100 Personen 33,1 34,7 33,9 bezogen auf 20- bis 65-Jährige)

Natürlicher Saldo 2011 Anzahl -696 -10 736 -12 564

Wanderungssaldo 2011 Anzahl -152 1 391 7 847

Bruttoinlandsprodukt 2010 Mill. EUR 5 378 65 020 108 621

Veränderung 2008-2010 % 1,1 0,4 1,2

je Erwerbstätigen 2010 EUR 58 399 55 158 57 615

je Erwerbstätigenstunde 2010 EUR 42,67 40,49 42,09

Erwerbstätige am Arbeitsort 2010 1 000 92,1 1 178,8 1 885,3

Arbeitsplatzdichte3 2010 je 1 000 Einwohner 706 604 715

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte4 2012 Anzahl 60 665 760 444 1 265 596

Arbeitslosenquote5 JD 2012 % 3,9 4,5 5,3

Arbeitslosenquote (15 bis unter 25 Jahre) JD 2012 % 3,5 4,3 4,8

SGB-II-Quote6 2011 je 100 unter 65-Jährige 5,1 5,5 6,8

1 Stand 31.12.2011. – 2 Gebietsstand 31.12.2010. – 3 Je 1 000 Einwohner der Durchschnittsbevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren. – 4 Stand 30.06.2011. – 5 Zahl der Arbeitslosen bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen. – 6 Empfänger und Empfängerinnen von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld nach SGB II am 31.12.2011 je 100 der Bevölkerung unter 65 Jahren; Bevölkerungsstand 31.12.2010.

Quellen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder; Bundesagentur für Arbeit

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Westerwaldkreis

Verwaltungsstruktur und Bevölkerung

Der Westerwaldkreis besteht aus den Verbandsgemeinden Bad Marien- berg mit 18 Ortsgemeinden, (33), Höhr-Grenzhausen (4), Montabaur (25), Ransbach-Baumbach (11), (23), Selters (21), (21), (24) und (12). Er ist Teil der Planungs- region Mittelrhein-Westerwald. Auf einer Fläche von 989 Quadratkilometern leben in den 192 Gemeinden knapp 198 000 Menschen. Daraus ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von 200 Einwohnern je Quadratkilo- meter, die in etwa dem Bundesdurchschnitt von 204 Einwohnern je Quadratkilometer. Von den Verbandsgemeinden ist Montabaur mit einer Bevölkerung von 38 200 die einwoh- nerstärkste, während in der kleinsten Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen, die nur vier Ortsgemeinden zählt, 13 350 Menschen ansässig sind. Die größte Stadt im Westerwaldkreis ist Montabaur mit rund 12 400 Bürgerinnen und Bürgern.

Westerwaldkreis

Geografische Lage und Flächennutzung Der nördliche Nachbar des Westerwaldkreises ist der Landkreis Altenkirchen. Im Osten grenzt er an den nordrheinwestfälischen Kreis -Wittgenstein und an die hessischen Kreise - Dill-Kreis und Limburg-. Im Süden wird er durch den Rhein-Lahn-Kreis und das Gebiet der Stadt begrenzt und im Westen von den Landkreisen -Koblenz und Neuwied. Das Kreisgebiet erstreckt sich vom Rand des Mittelrheinischen Beckens und den Unterlahn- höhen über den Montabaurer Westerwald. Es reicht in den Rheinwesterwald, in die Vorder- westerwälder Hochfläche und geht in den Oberwesterwald hinein. Dort erreicht ein Ausläufer des Kreisgebietes das Limburger Becken. Im Norden erstreckt sich das Gebiet bis in den Hohen Westerwald, dessen höchste Erhebung die (657 m) ist. Der Westerwaldkreis ist flächenmäßig einer der größten Kreise in Rheinland-Pfalz; 43 Pro- zent sind bewaldet, 38 Prozent werden landwirtschaftlich genutzt und 16 Prozent dienen als Siedlungs- und Verkehrsfläche. Durch den Westerwaldkreis führen in -Süd-Richtung die Bundesautobahnen A 3 und nach Westen die A 48. Mit dem ICE-Bahnhof Montabaur ist die Region seit 2002 an das Schnellbahn- netz angeschlossen. Über diese Schienenverbindung erreichen Reisende in etwa 40 Minuten Köln und in einer halben Stunde den internationalen Flughafen .

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Bevölkerungsstarker Landkreis mit hohem Zuwachs in der Vergangenheit G 1 Bevölkerung 1990–2011

Ende 2011 lebten im Westerwaldkreis knapp Messzahl: 1990=100 198 000 Menschen. Damit zählt der Wes- 116 terwaldkreis zu den bevölkerungsstärksten 114

Landkreisen in Rheinland-Pfalz – nur Mayen- 112 110,9 Koblenz und -Bingen haben mehr Ein- 110 wohner. Während sich die Bevölkerung in 108 107,1 Mayen-Koblenz und Mainz-Bingen auf nur 106 84 bzw. 63 Ortsgemeinden und jeweils drei 106,4 verbandsfreie Gemeinden verteilt, gibt es 104 im Westerwaldkreis 192 Ortsgemeinden. In 102 Westerwaldkreis jeder Gemeinde lebten 2011 durchschnitt- 100 Landkreise lich etwa 1 000 Einwohner. Die Gemeinden Rheinland-Pfalz 98 in Mayen-Koblenz und in Mainz-Bingen 0 kommen auf durchschnittlich 2 400 bzw. 1990 1993 1996 1999 2002 2005 2008 2011 3 000 Einwohner (einschließlich der Bevöl- kerung in den verbandsfreien Gemeinden). Mit dieser Einwohnerentwicklung rangiert Die Siedlungsstruktur der meisten Kreise in der Kreis nach Alzey-Worms, Mainz-Bingen, Rheinland-Pfalz ist durch kleine Gemeinden und - unter den geprägt. Im Westerwaldkreis ist die hohe Landkreisen auf Platz fünf, dicht gefolgt vom Zahl an Ortsgemeinden aber auch auf die benachbarten Kreis Neuwied. Gebietsgröße zurückzuführen. Der Kreis Bei einer differenzierteren Betrachtung Bevölkerungs- umfasst 989 Quadratkilometer und über- rückgang dieses Zeitraums tritt aber zutage, dass seit 2005 trifft damit die Gebietsfläche von Mayen- die Einwohnerzahl nur bis 2004 gestiegen Koblenz um 172 Quadratkilometer und die ist. Danach gab es in jedem Jahr – wie im von Mainz-Bingen sogar um 383 Quadrat- Durchschnitt der Landkreise und im Land kilometer. insgesamt – Bevölkerungsrückgänge. Der Dichte Mit 200 Einwohnern je Quadratkilometer Rückgang seit 2005 war im Westerwald- Besiedlung ist der Westerwaldkreis deutlich dichter kreis mit –3 Prozent doppelt so hoch wie im besiedelt als die 24 Landkreise im Durch- Landesdurchschnitt. Durch die günstigere schnitt (158 Einwohner je Quadratkilome- demografische Entwicklung in den kreis- ter). In einer Rangliste der Bevölkerungs- freien Städten hat die Einwohnerzahl des dichte nimmt der Westerwaldkreis Platz Landes nur um 1,5 Prozent abgenommen. neun unter den Landkreisen ein. Werden die Verbandsgemeinden betrachtet, Großer Zuwachs in 1990 bis 2011 Seit 1990 hat sich der Westerwaldkreis so zeigt sich, dass die Einwohnerzahl zwi- drei Verbands- Bevölkerungs- schen 1990 und 2011 in drei der zehn Ver- gemeinden zuwachs um demografisch vergleichsweise gut ent- zehn Prozent wickelt: Ende 2011 war der Bevölkerungs- bandsgemeinden relativ stark gestiegen ist: stand um zehn Prozent höher als Ende 1990 In Selters, Ransbach-Baumbach und Wall- (Durchschnitt der Landkreise: +7,1 Prozent). merod lag der Zuwachs bei jeweils mehr als

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15 Prozent. Im Jahr 2011 lebte fast ein Viertel Aufbau der Bevölkerung 2011 G 2 der Bevölkerung des Westerwaldkreises in nach Alter und Geschlecht diesen drei Verbandsgemeinden. Alter je 10 000 Einwohner Geburts- Die demografische Entwicklung wird durch in Jahren jahr Männer Frauen Geborene und Gestorbene (natürliche Bilanz) 100 1911

sowie Zu- und Fortgezogene (Wanderungs- 90 1921 bilanz) bestimmt. 80 1931 Vergleichsweise Noch bis ins Jahr 2000 wurden im Wes- 70 1941 hohe Wande- rungsgewinne terwaldkreis mehr Kinder geboren als es 60 1951 und geringes Sterbefälle gab. Anders als im Landes- Geburtendefizit durchschnitt trug die natürliche Bilanz also 50 1961

bis 2000 zum Einwohnerzuwachs bei. Der 40 1971 deutlich größere Teil des Zuwachses kam 30 1981 aber aus Wanderungsbewegungen: Bis 2004 überwog in jedem Jahr der Zuzug und konnte 20 1991 sogar die Geburtendefizite ausgleichen, die 10 2001 ab 2001 auch im Westerwaldkreis die Regel wurden. Im Jahr 2005 war der Wanderungs- 200 150 100 50 0 50 100 150 200 überschuss nur noch minimal und glich das Westerwaldkreis Rheinland-Pfalz Geburtendefizit in diesem Jahr nicht mehr aus. Seit 2006 nimmt die Bevölkerung aus deutlich stärker zur Bevölkerungsabnahme zwei Gründen ab: Seitdem gibt es nicht nur beigetragen als im Durchschnitt der Land- Geburtendefizite, sondern auch Defizite in kreise (–9,4 bzw. –3,9 je 1 000 Einwohner). der Wanderungsbilanz. Die Zahl der Geburten ist von der Zahl der Geburtenrate Während der Westerwaldkreis im Vergleich über Landes- Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 durchschnitt mit der durchschnittlichen Entwicklung in und 45 Jahren und von der Geburtenrate den Landkreisen lange Zeit für die demogra- abhängig. Beide Bestimmungsgründe schaff- fischen Entwicklungskomponenten (Salden ten im Westerwaldkreis bislang gute Voraus- der Zu- und Fortzüge bzw. Geburten und setzungen für die demografische Entwick- Sterbefälle)1 günstigere Werte auswies, fällt lung: Der Anteil der Frauen im gebärfähigen der Vergleich ab 2008 nur noch in einer Hin- Alter lag 2011 mit rund 35 Prozent der weib- sicht günstiger aus: Das Geburtendefizit ist lichen Bevölkerung im Landesdurchschnitt immer noch kleiner als im Durchschnitt der und leicht über dem Durchschnitt der Land- Landkreise. Ungünstiger ist das Verhältnis von Zu- und Abwanderung: Es hat sich in kreise (34 Prozent). Die Geburtenrate ist den letzten Jahren deutlich verschlechtert. seit 2000 höher als die Rate für Rheinland- Zwischen 2008 und 2011 haben die Wan- Pfalz insgesamt und lag bis 2010 auch über derungsverluste des Westerwaldkreises dem Landkreisdurchschnitt. Im Jahr 2011 wurden im Westerwaldkreis 1,39 Kinder je 1 Im Durchschnitt der Landkreise war ein anhaltendes Geburtendefizit schon vor Frau geboren (Rheinland-Pfalz: 1,37; Durch- dem Jahr 2000 zu verkraften und der Wanderungsüberschuss bis 2004 in der Regel geringer als im Westerwaldkreis. schnitt der Landkreise: 1,39).

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Westerwald- Die Folgen der langfristigen natürlichen und Kennzahlen zur Alterstruktur kreis ist ein G 3 jugendlicher räumlichen Bevölkerungsbewegungen wer- der Bevölkerung 2011 Landkreis den in der aktuellen Bevölkerungspyramide sichtbar. Sie bildet die weibliche und männ- Quotient (je 100) liche Bevölkerung nach dem Alter ab. Westerwaldkreis 66,9 Landkreise 66,7 Höchster last- Im Westerwaldkreis sind die jüngeren Jahr- Gesamt- Bevölkerungs- quotient Rheinland-Pfalz 64,8 gänge durchgängig stärker besetzt als im anteil an unter Westerwaldkreis 33,1 20-Jährigen Landesdurchschnitt. Rund 20 Prozent der Landkreise 34,7

Bevölkerung waren 2011 jünger als 20 Jahre Alten- quotient Rheinland-Pfalz 33,9 (Rheinland-Pfalz und Durchschnitt der Westerwaldkreis 33,8 Landkreise: jeweils 19 Prozent). Landkreise 32,0 Jugend- Für die Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft quotient Rheinland-Pfalz 30,9 sind unter anderem die Relationen zwischen 0 20 40 60 80 100 den Altersgruppen von großer Bedeutung. dings etwas stärker aus als im Durchschnitt Sie drücken sich im Jugend- und im Alten- des Landes bzw. der Landkreise (–4,9 bzw. quotienten aus. Mit einem Anteil von 34 Pro- –5,3). Der Altenquotient hat in derselben zent unter 20-Jähriger an der Bevölkerung im Alter zwischen 20 und 65 Jahren über- Zeit um 5,7 Senioren je 100 der erwerbs- trifft der Jugendquotient im Westerwald- fähigen Bevölkerung zugenommen – ähnlich kreis den Landesdurchschnitt (31 Prozent) stark wie im Land (+5,3), aber schwächer und auch den Durchschnitt der Landkreise als in den Landkreisen (+6,1). Es scheint sich (32 Prozent). In dem niedrigen Landes- also ein allmählicher struktureller Wandel durchschnitt spiegelt sich wider, dass die zu vollziehen. kreisfreien Städte einen deutlich geringeren Die dritte regionalisierte Bevölkerungs- Künftiger Anteil von unter 20-Jährigen haben als die Bevölkerungs- projektion des Statistischen Landesamtes Landkreise, während der Anteil der 20- bis rückgang zeigt, dass der Jugendquotient im Wester- stärker als im 65-Jährigen größer ist. Der Altenquotient Landesdurch- waldkreis auch in Zukunft vergleichsweise im Westerwaldkreis 2011 entspricht mit 33 schnitt hoch sein wird.2 Bis 2030 sinkt der Wert Prozent dem Landesmittel und liegt knapp zwei Prozentpunkte unter dem Durchschnitt dieser Kennzahl aber auf 32 unter 20-Jäh- der Landkreise. rige je 100 der erwerbsfähigen Bevölkerung (Rheinland-Pfalz: 30, Landkreise: 31). Hoher Jugend- Der hohe Jugendquotient führt dazu, dass quotient erhöht Nach der mittleren Variante der Bevölke- Gesamtlast der Gesamtlastquotient (die Summe aus Alten- und Jugendquotient) trotz des nied- rungsvorausberechnung könnte die Bevöl- rigen Altenquotienten im Westerwaldkreis kerungszahl im Westerwaldkreis gegenüber höher ist als im Landesdurchschnitt. Der 2010, dem Basisjahr der Berechnungen, bis Rückgang beim Jugendquotienten zwischen 2030 um rund acht Prozent zurückgehen und 2001 und 2011 um 6,1 Jugendliche je 100 damit stärker sinken als im Land (Rheinland- der erwerbsfähigen Bevölkerung fiel aller- Pfalz: –5,8 Prozent). Bis 2060 ist von einem Rückgang der Einwohnerzahl um 24 Prozent 2 Vgl. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz: Rheinland-Pfalz 2060 – Dritte regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung (Basisjahr 2010). Bad Ems 2012. auszugehen (Rheinland-Pfalz: –20 Prozent).

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Die altersstrukturellen Entwicklungen wer- Die wirtschaftliche Entwicklung im Zeit- den dazu führen, dass 2060 die Bevölke- raum 2008 bis 2010 war sehr stark durch die rungsanteile in den drei Hauptaltersgrup- weltweite Finanzmarkt- und Wirtschafts- pen im Westerwaldkreis weitgehend den krise geprägt. Im Jahr 2009 ist das nominale landesdurchschnittlichen Anteilen entspre- Bruttoinlandsprodukt im Westerwaldkreis chen. Die Zahl der jungen Menschen unter gegenüber dem Vorjahr um drei Prozent 20 Jahren könnte sich um rund 41 Prozent geschrumpft. Der Rückgang fiel stärker aus verringern (Rheinland-Pfalz: –36 Prozent). als im Landesdurchschnitt (–2,7 Prozent), Bei den Personen im erwerbsfähigen Alter aber geringer als im Durchschnitt der Land- dürfte der Rückgang im Westerwaldkreis bei kreise (–3,5 Prozent). Im Jahr 2010 hat sich 37 Prozent liegen (Rheinland-Pfalz: –33 Pro- die Wirtschaft wieder deutlich erholt. Im zent). Die Zahl der Menschen über 65 Jahren Westerwaldkreis stieg das nominale Brut- könnte sich bis 2060 um 32 Prozent erhöhen toinlandsprodukt um 4,3 Prozent – ähnlich (Rheinland-Pfalz: +31 Prozent). wie die durchschnittlichen Vergleichswerte für Land und Kreise (jeweils +4,1 Prozent). Sowohl im Westerwaldkreis als auch im Lan- Westerwaldkreis liefert relativ hohen des- und im Landkreisdurchschnitt überstieg Beitrag zur Wertschöpfung im Land das nominale Bruttoinlandsprodukt 2010 wieder das Vorkriseniveau. Im Westerwald- Westerwaldkreis Der Westerwaldkreis zählt – gemessen an der an der Spitze kreis wurde damit das Vorkriseniveau um Höhe des nominalen Bruttoinlandsprodukts der Landkreise 1,1 Prozent überschritten, im Durchschnitt – zu den wirtschaftsstärksten Landkreisen in der Landkreise war der Zuwachs gegen- Rheinland-Pfalz.3 Im Jahr 2010 wurden hier über 2008 deutlich niedriger (+0,4 Prozent; nominal 5,4 Milliarden Euro erwirtschaftet. Rheinland-Pfalz: +1,2 Prozent). Das waren fünf Prozent des Bruttoinlands- produkts des Landes. Kein anderer Landkreis Im Zuge der Wirtschaftskrise musste vor in Rheinland-Pfalz erreichte einen höheren allem das verarbeitende Gewerbe kräftige Ein- Anteilswert; die bevölkerungsstärkeren bußen hinnehmen. Im Westerwaldkreis sank Kreise Mayen-Koblenz und Mainz kamen 2009 die nominale Bruttowertschöpfung in jeweils auf 4,6 Prozent. diesem Bereich um 14 Prozent (Rheinland- Pfalz und Durchschnitt der Landkreise: eben- Eine Darstellung der langfristigen Entwick- falls jeweils –14 Prozent). Im Jahr 2010 folgte lung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ein Aufschwung, der mit +2,8 Prozent für das ist für die kreisfreien Städte und Landkreise verarbeitende Gewerbe im Westerwaldkreis derzeit leider nicht möglich. Nach der Revi- aber nur sehr moderat ausfiel (Rheinland- sion der Volkswirtschaftlichen Gesamtrech- Pfalz: +9,4 Prozent; Landkreise: +8,5 Prozent). nungen liegen vorerst nur die Ergebnisse für Die Ursachen hierfür liegen in unterschiedli- die Jahre 2008, 2009 und 2010 vor. Folglich chen Branchenstrukturen des verarbeitenden lassen sich nur die kurzfristigen Entwick- Gewerbes. Im Westerwaldkreis hat z. B. der lungen und Strukturen aufzeigen. Maschinenbau eine höhere Bedeutung als im Landesdurchschnitt. Diese Branche wurde 3 Auf regionaler Ebene kann keine Preisbereinigung durchgeführt werden. Deshalb stärker von der Krise erfasst als andere im kann die Wirtschaftskraft der Kreise nur mit Hilfe der nominalen Wertschöpfung gemessen werden. Land bedeutende Wirtschaftszweige.

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Konjunkturprogramme haben im Bauge- werbe zu einer günstigeren Entwicklung G 4 Arbeitsproduktivität 2008–2010 beigetragen. Im Westerwaldkreis legte das Baugewerbe im Krisenjahr 2009 um 6,6 Pro- EUR je Arbeitsstunde1 der Erwerbstätigen

zent zu (Land: +6 Prozent; Landkreise: +8,6 45 41,72 41,1541,63 41,23 42,67 42,09 Prozent). Und auch 2010 stieg die nominale 39,86 39,61 40,49 Wertschöpfung in diesem Wirtschaftsbe- 40 reich noch einmal kräftig (Westerwaldkreis: 35 +7,1 Prozent; Land: +3,2 Prozent; Landkreise: 30

+4,5 Prozent). 25 Die Wertschöpfung im Dienstleistungsbe- 20 reich, der neben dem zusammengefassten 15

Bereich „Handel, Verkehr, Gastgewerbe, 10

Information und Kommunikation“ den Be- 5 reich „Finanz-, Versicherungs- und Unter- 0 nehmensdienstleister; Grundstücks- und 2008 2009 2010 Wohnungswesen“ sowie den öffentlichen Westerwaldkreis Landkreise Rheinland-Pfalz Bereich, sonstige Dienstleister, Erziehung 1 Standardarbeitsvolumen und Gesundheit umfasst, wurde insge- samt weniger von der Krise beeinflusst. Die Rheinland-Pfalz jedoch weniger geeignet. stärksten Veränderungen zeigten sich für Sowohl das Land als auch alle Landkreise den Bereich „Handel, Verkehr, Gastgewerbe, weisen hohe Auspendlerüberschüsse aus. Information und Kommunikation“ mit einem Auspendler tragen nicht zur Entstehung der Rückgang der Wertschöpfung um 2,6 Pro- Wirtschaftsleistung an ihrem Wohnort bei. zent im Jahr 2009, der aber durch einen Bei der Kennzahl Bruttoinlandsprodukt je Zuwachs um gut elf Prozent in 2010 mehr Erwerbstätigenstunde (Stundenproduktivi- als ausgeglichen wurde. tät) hat der Bezug auf das Standardarbeits- Arbeitspro- Regionalvergleiche der Wirtschaftskraft volumen4 den Vorteil, dass nicht nur die duktivität im Westerwaldkreis können nur mithilfe von Indikatoren vor- Pendlerbewegungen berücksichtigt werden, etwas höher als genommen werden, da die Kreise hin- sondern auch Teilzeitbeschäftigung und im Landesdurch- schnitt sichtlich Bevölkerung und Arbeitsvolumen marginale Beschäftigung und ebenso das unterschiedlich groß sind. Das nominale in der Regel höhere Stundenvolumen der Bruttoinlandsprodukt kann grundsätzlich Selbstständigen. auf die Zahl der Einwohner, auf die Zahl der Erwerbstätigen am Arbeitsort oder auf das Im Jahr 2010 wurden im Westerwaldkreis Arbeitsvolumen (Erwerbstätigenstunden) je Erwerbstätigenstunde 42,67 Euro nomi- bezogen werden. nales Inlandsprodukt erwirtschaftet. Damit lag die Arbeitsproduktivität deutlich über Der Bezug auf die Einwohnerzahl ist für dem Durchschnitt der Landkreise (40,49 Rheinland-Pfalz und für die Regionen in Euro je Erwerbstätigenstunde) und nahe 4 „Standard“ besagt, dass für Arbeitnehmer branchenübliche Werte und keine am Landesmittel (42,09 Euro je Erwerbs- unternehmensindividuellen Arbeitszeitvereinbarungen zur Berechnung heran- gezogen werden. tätigenstunde). Gründe für regionale Pro-

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G 5 Bruttowertschöpfung 2008 und 2010 nach Wirtschaftsbereichen

Anteile in %

0,7 0,9 1,5 1,5 100

90 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 33,3 33,6 80 35,5 34,5 Produzierendes Gewerbe 70

60 Handel, Verkehr, Gastgewerbe, 17,9 17,1 23,1 24,9 Information und Kommunikation 50

40 Finanz-, Versicherungs- und 22,5 22,9 Unternehmensdienstleister; 30 22,7 22,0 Grundstücks-, Wohnungswesen

20 Öffentliche und sonstige Dienstleister, 23,6 25,0 10 18,0 18,9 Erziehung, Gesundheit

0 2008 2010 2008 2010 Westerwaldkreis Rheinland-Pfalz

duktivitätsunterschiede sind Unterschiede Strukturen innerhalb der Wirtschafts- in der Branchen- und Unternehmensstruk- bereiche anders als im Land tur. Bei der Interpretation des Indikators Werden die Anteile der nominalen Wert- muss z. B. berücksichtigt werden, dass die schöpfung zunächst auf der Ebene der drei „Arbeitsproduktivität“ auch den Wert- Wirtschaftssektoren betrachtet, unter- schöpfungsbeitrag des eingesetzten Kapitals scheidet sich die Wirtschaftsstruktur des enthält. Bei unverändertem Arbeitseinsatz Westerwaldkreises nicht auffällig von der führt eine bessere Kapitalausstattung der des Landes oder des Durchschnitts der Arbeitsplätze zu einer höheren Wertschöp- Landkreise. Der Anteil des produzierenden fung und damit zu einer höheren Arbeitspro- Gewerbes beläuft sich nach der Wirtschafts- duktivität. Ein hohes Gewicht von kapitalin- krise nur noch auf ein Drittel der gesamten tensiven Wirtschaftszweigen erhöht somit Bruttowertschöpfung und entspricht den den Durchschnittswert für die Arbeitspro- Vergleichswerten für das Land und dem duktivität eines Wirtschaftsbereichs oder Landkreisdurchschnitt. Die Dienstleistungs- auch für die gesamte Wirtschaft einer bereiche kommen demzufolge auf einen Region. Da Ergebnisse zur Bruttowertschöp- Wertschöpfungsanteil von rund 66 Prozent (Rheinland-Pfalz: 65 Prozent; Durchschnitt fung regional nur für zusammengefasste, der Landkreise: 64 Prozent). teils sehr heterogene Wirtschaftszweige vorliegen, wird auf die Unterschiede nicht Innerhalb der beiden großen Wirtschafts- näher eingegangen. sektoren (produzierendes Gewerbe und

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Hohe Bedeutung Dienstleistungsbereich) zeigen sich allerdings ist das Gewicht des verarbeitenden Gewerbes des Bereichs „Handel, Verkehr, gemessen an der Verteilung der nomina- aufgrund der besseren Entwicklung des Bau- Gastgewerbe, len Bruttowertschöpfung des Jahres 2010 gewerbes gesunken. Information und Kommunikation“ deutliche strukturelle Unterschiede zum Land und zum Durchschnitt der Landkreise. Landwirtschaft in benachteiligter Region Im Dienstleistungssektor ist der Wertschöp- Der Anteil des primären Sektors „Land- und fungsanteil des Bereichs „Handel, Verkehr, Forstwirtschaft, Fischerei“ an der Wert- Gastgewerbe, Information und Kommu- schöpfung liegt heute mit weniger als einem nikation“ im Westerwaldkreis wesentlich Prozent unter dem Landesdurchschnitt und höher als im Landesdurchschnitt und im lässt nicht mehr erkennen, dass die Men- Durchschnitt der Landkreise. Im Wester- schen in der Region ihr Überleben lange Zeit waldkreis liegt der Anteil dieses Bereichs an mit Landwirtschaft (und Bergbau) sicherten. den Dienstleistungen bei 38 Prozent, im Lan- Auch der Name des Landkreises darf nicht des- und im Landkreisdurchschnitt beläuft darüber hinwegtäuschen, dass die Anteile, er sich jeweils nur auf 26 Prozent. Hierzu welche die Landwirtschafts- und Wald- trägt im Westerwaldkreis vor allem der Teil- flächen im Westerwaldkreis noch haben (38 bereich „Information und Kommunikation“ bzw. 43 Prozent) kaum vom Durchschnitt bei. Der Bereich „Öffentliche und sonstige des Landes (jeweils 42 Prozent) abweichen. Dienstleister, Erziehung, Gesundheit“ leis- tet dagegen mit lediglich 29 Prozent nur Aufgrund der geringen Produktivität der Futterbau und einen weit unterdurchschnittlichen Beitrag Weidevieh landwirtschaftlich genutzten Böden des bestimmen das zur nominalen Bruttowertschöpfung des Westerwaldes gilt die Region Westerwald Bild Dienstleistungssektors (Rheinland-Pfalz: als benachteiligtes Gebiet. Von der landwirt- 38 Prozent; Landkreise: 36 Prozent). Der Bei- schaftlich genutzten Fläche im Kreisgebiet trag des Bereichs „Finanz-, Versicherungs-, sind 74 Prozent Dauergrünland. Sie werden Unternehmensdienstleister, Grundstücks-, vorrangig mit Milchvieh- und Mutterkuh- Wohnungswesen“ zur Bruttowertschöpfung haltung genutzt. Einen ähnlich hohen Grün- im Dienstleistungssektor liegt im Wester- landanteil haben nur die Kreise Altenkirchen waldkreis nahe an den Durchschnittswerten und . Im Westerwaldkreis sind für das Land und die Landkreise. knapp zwei Drittel der Betriebe auf Futter- bau bzw. Weidevieh spezialisiert. Wertschöp- Innerhalb des produzierenden Gewerbes fungsanteil des zeigen sich im Westerwaldkreis ebenfalls Baugewerbes Urlaubsziel für Wanderer und vergleichs- strukturelle Unterschiede zum Land und weise hoch Naturliebhaber zum Durchschnitt der Landkreise. Der Wertschöpfungsanteil des Baugewerbes ist Der Westerwaldkreis ist Teil der Tourismus- mit 23 Prozent überdurchschnittlich hoch region Westerwald-Lahn, die außerdem den (Land: 14 Prozent, Landkreise: 18 Prozent). Landkreis Altenkirchen sowie die Höhen- Der Wertschöpfungsanteil des verarbeiten- regionen des Landkreises Neuwied und den Gewerbes liegt dagegen mit 66 Prozent weite Teile des Rhein-Lahn-Kreises umfasst. unter den Vergleichsanteilen (Land: 75 Pro- Der Kreis ist bekannt für seine Seenplatte zent; Durchschnitt der Landkreise: 72 Pro- und den Wiesensee. Zahlreiche Skigebiete zent). Im Vergleich der Jahre 2008 und 2010 laden zum Wintersport ein. Die 35 Kilome-

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Im Zehn-Jahres-Rückblick ist eine gute Ent- G 6 Gäste und Übernachtungen 2002–2012 wicklung der Gästezahlen im Westerwald- kreis erkennbar. Es zeigt sich ein nahezu Messzahl: 2002=100 130 kontinuierlich positiver Trend: Zwischen 2002 und 2012 sind die Gästezahlen um 24 125 Prozent gestiegen. Unter den Landkreisen 120 rangiert der Westerwaldkreis damit auf dem 115 neunten Platz. Der Anteil an ausländischen Gästen ist im Westerwaldkreis allerdings 110 sehr gering (2012: 7,8 Prozent; Landesdurch- 105 schnitt: 22 Prozent). Ähnlich geringe oder

100 noch niedrigere Anteile gibt es nur in sieben anderen Landkreisen. 95 Kürzere 90 Im Jahr 2012 wurden rund 702 800 Über- Aufenthalts- nachtungen registriert. Auch ihre Zahl hat dauer 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 sich gegenüber dem Vorjahr kaum verän- Gäste dert. Langfristig betrachtet ist die durch- Westerwaldkreis Rheinland-Pfalz Übernachtungen schnittliche Verweildauer seit 2002 – wie im Landesdurchschnitt – von 3,2 auf 2,7 Tage ter lange Westerwaldloipe ist die längste in zurückgegangen. Rheinland-Pfalz. Der Kreis wird durchzogen Bedenkt man, dass der Westerwaldkreis eine In Relation zu vom Westerwaldsteig – einem insgesamt den Einwohnern große Bevölkerungszahl hat, relativiert sich über 200 km langen Wanderweg durch unterdurch- das Gästeaufkommen. Im Jahr 2011 kamen schnittliches den Westerwald. Darüber hinaus lockt der Gäste aufkommen auf 100 Einwohner 134 Gäste, also erheblich Landkreis mit naturnahen Erlebnisparks weniger als im Landesdurchschnitt (205). und Parks, die die Zeit des Ton- und Basalt-

bergbaus nahe bringen. Museen, historische Arbeitsplatzdichte leicht unter Stadtkerne, die Burg Grenzau und die Abtei Landesdurchschnitt Marienberg stehen für kulturelle Angebote. Im Jahr 2010 hatten 92 100 Arbeitnehmerin- Positive Im Jahr 2012 besuchten knapp 264 700 Entwicklung nen und Arbeitnehmer (sozialversicherungs- der Gäste- Gäste den Kreis. Sie werden als Gästean- pflichtig Beschäftigte, Beamtinnen und zahlen künfte in den Beherbergungsbetrieben Beamte), Selbstständige oder auch mithel- registriert. In den Gemeinden mit Frem- fende Familienangehörige ihren Arbeitsort denverkehrsprädikat werden hierbei auch im Westerwaldkreis. Das waren 4,9 Prozent Privatquartiere und gewerbliche Kleinbe- aller Erwerbstätigen in Rheinland-Pfalz. triebe mit weniger als zehn Betten erfasst Wegen der Revision der Volkswirtschaft- (vor 2012 weniger als neun Betten). Nur lichen Gesamtrechnungen können auch bei Camper sind in dieser Zahl nicht enthalten. der Erwerbstätigkeit derzeit keine langfris- Die Zahl der Gäste in den Beherbergungs- tigen Entwicklungen dargestellt werden. betrieben ist gegenüber dem Vorjahr nahezu Momentan liegen lediglich die Ergebnisse gleich geblieben. für die Jahre 2008, 2009 und 2010 vor.

04 2013 Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz 365 Rheinland-Pfalz regional

Regionale Arbeitsmärkte lassen sich nur mit- und Kommunikation“ und „Finanz, Versiche- hilfe von Indikatoren vergleichen. Ein solcher rungs-, Unternehmensdienstleister, Grund- Indikator ist die sogenannte Arbeitsplatz- stücks-, Wohnungswesen“ gab es kaum Ab- dichte. Diese Kennzahl setzt die Erwerbs- weichungen zu den Vergleichswerten für das tätigen am Arbeitsort ins Verhältnis zur Land und die Landkreise. Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zwi-

schen 15 und 65 Jahren am Wohnort. Zwei Drittel der Erwerbstätigen sind Arbeitsplatz- Im Jahr 2010 belief sich die Arbeitsplatz- sozialversicherungspflichtig beschäftigt dichte über dem Durch- dichte im Westerwaldkreis auf 706 Erwerbs- 4,8 Prozent schnittswert Knapp zwei Drittel der Erwerbstätigen im tätige je 1 000 Einwohner im erwerbsfähigen der im Land der Landkreise Alter. Damit liegt der Kreis deutlich über dem Westerwaldkreis zählen zu den sozialver- sozialversiche- sicherungspflichtig Beschäftigten. Im Jahr rungspflichtig Durchschnitt der Landkreise (604 Erwerbs- Beschäftigten tätige), aber unter dem Landesdurchschnitt 2012 hatten rund 60 700 ihren Arbeitsort arbeiten im Westerwald (715 Erwerbstätige). im Kreisgebiet; das waren 4,8 Prozent der Beschäftigten in Rheinland-Pfalz. Überdurch- Von den Erwerbstätigen mit Arbeitsort im schnittlicher Teilzeitbeschäftigung hat bei den Beschäf- Anteil der Anteil an Westerwaldkreis waren 2010 noch 35 Pro- Teilzeitarbeit Erwerbstäti- zent im produzierenden Gewerbe beschäf- tigten im Westerwaldkreis eine geringere vergleichs- gen im pro- Bedeutung als im Land insgesamt. Im Jahr weise gering duzierenden tigt. Das ist ein überdurchschnittlicher An- Gewerbe teil; im Landesdurchschnitt waren es nur 26 2011 arbeiteten nur 17 Prozent in Teilzeit Prozent und im Durchschnitt der Landkreise (Rheinland-Pfalz: 21 Prozent). Aktuellere 29 Prozent. Werden die beiden wichtigsten Daten zum Beschäftigungsumfang wer- Wirtschaftszweige des produzierenden den derzeit seitens der Bundesagentur für Gewerbes betrachtet war der Erwerbs- Arbeit wegen methodischer Umstellungen tätigenanteil sowohl im verarbeitenden nicht veröffentlicht. Der vergleichsweise Gewerbe als auch im Baugewerbe höher kleinere Anteil im Westerwaldkreis dürfte (24 Prozent bzw. 9,6 Prozent) als im Lan- im Zusammenhang mit der größeren Be- desdurchschnitt (18 bzw. 6,4 Prozent) und deutung des produzierenden Gewerbes im Durchschnitt der Landkreise (20 bzw. 7,9 stehen, in dem die Teilzeitbeschäftigung Prozent). weniger als im Dienstleistungsbereich eine Rolle spielt. Verglichen mit dem Landes- In den Dienstleistungsbereichen arbeite- durchschnitt entfallen auf das produzie- ten 2010 im Westerwaldkreis 64 Prozent rende Gewerbe im Westerwaldkreis relativ der Erwerbstätigen (Rheinland-Pfalz: 72 mehr Beschäftigte. Ein weiterer Grund ergibt Prozent; Durchschnitt der Landkreise: 68 sich aus dem geringeren Frauenanteil unter Prozent). Mit lediglich 26 Prozent gibt es im den Beschäftigten insgesamt. Frauen gehen Westerwaldkreis nur relativ wenige Erwerbs- deutlich häufiger einer Teilzeitbeschäftigung tätige im Bereich „Öffentliche und sons- nach als Männer. tige Dienstleister, Erziehung, Gesundheit“ (Rheinland-Pfalz: 33 Prozent; Durchschnitt Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- der Landkreise: 31 Prozent). Bei den beiden mer bietet der Arbeitsmarkt daneben auch anderen großen Dienstleistungsbereichen atypische Beschäftigungsverhältnisse. Als „Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information Untergruppe der Erwerbstätigen werden die

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marginal Beschäftigten ausgewiesen. Im Jahr cherungspflichtige Beschäftigung hat im 2010 zählten im Westerwaldkreis zu dieser Westerwaldkreis seit 2002 um 5,7 Pro- Untergruppe 18 Prozent der Erwerbstätigen zent zugenommen, d. h. ähnlich stark wie (Rheinland-Pfalz: 17 Prozent; Landkreise: 19 im Landesdurchschnitt (+5,8 Prozent). Der Prozent). Hierbei handelt es sich vor allem Zuwachs ist geringer als im Durchschnitt der um sogenannte ausschließlich geringfügig Landkreise (+7,2 Prozent). Im Laufe der zehn Beschäftigte („400-Euro-Job“ oder „Mini- Jahre von 2003 bis 2012 war die Beschäf- job“) und solche in Arbeitsgelegenheiten tigung bis einschließlich 2005 rückläufig. („Ein-Euro-Jobs“). Dies zeigte sich im Westerwaldkreis auffälli- ger (–4,8 Prozent) als im Landesdurchschnitt Einer geringfügig entlohnten Beschäfti- und im Durchschnitt der Landkreise (–3,9 Pro- gung kann aber auch als Nebenjob paral- zent bzw. –3,5 Prozent). Im darauffolgenden lel zu einer sozialversicherungspflichtigen Zeitraum 2006 bis 2012 nahm die Beschäf- Beschäftigung nachgegangen werden. Er- tigung im Westerwaldkreis durchschnittlich werbstätige, die so ihr Einkommen aufbes- stark um elf Prozent zu (Rheinland-Pfalz: +10 sern, gehören größtenteils zu den sozial- Prozent; Durchschnitt der Landkreise: +11 versicherungspflichtig Beschäftigten und Prozent). nicht zu den marginal Beschäftigten, da sie nicht „ausschließlich“ geringfügig entlohnt Im Krisenjahr 2009 zeigte sich der Arbeits- Leicht über- durchschnitt- werden. markt für sozialversicherungspflichtige liche Beschäf- Beschäftigung im Westerwaldkreis gemes- tigungszunah- men durch Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit sen an der Veränderungsrate gegenüber dem Wirtschafts- fasst diese Beschäftigten mit Nebenjob mit Vorjahr (+0,4 Prozent) robuster als im Land aufschwung den ausschließlich geringfügig Beschäftig- insgesamt (–0,2 Prozent) oder im Durch- ten zur Gruppe der geringfügig entlohnten schnitt der Landkreise (unverändert). In der Beschäftigten zusammen. Im Jahr 2012 Erholungsphase 2010 bis 2012 entsprach der waren im Westerwaldkreis rund 21 600 Beschäftigungszuwachs im Westerwaldkreis Menschen geringfügig entlohnt. Das waren mit +5,4 Prozent genau dem Landesdurch- 5,6 Prozent der landesweit zu dieser Gruppe schnitt bei einem etwas höheren Wert für zählenden Arbeitnehmerinnen und Arbeit- die Landkreise (+6,0). nehmer. Auf die Nebenjobs entfielen rund Seit der Revision der Wirtschaftszweigsyste- 33 Prozent der geringfügig entlohnten matik liegen zur Entwicklung in Wirtschafts- Beschäftigungsverhältnisse; das entspricht bereichen nur Ergebnisse ab dem Jahr 2008 weitestgehend dem Landesdurchschnitt vor. Im Durchschnitt der Landkreise sind (34 Prozent). seither die weitaus meisten Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich entstanden. Im Gute Beschäftigungsentwicklung Westerwaldkreis hatte dagegen auch das produzierende Gewerbe einen beachtlichen Plus 5,7 Prozent Für die sozialversicherungspflichtig Beschäf- Anteil am Beschäftigungswachstum. Hier seit 2002 tigten lassen sich anhand der Stichtags- steht einem Zuwachs um mehr als 1 900 ergebnisse zum 30. Juni auch langfristige Arbeitsplätze, ein Plus von rund 1 400 im Entwicklungen aufzeigen. Die sozialversi- Dienstleistungsbereich gegenüber.

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Viele pendeln über die Kreisgrenzen Einpendler in den und Auspendler aus dem T 2 zur Arbeit Westerwaldkreis 2012

Zwischen dem Westerwaldkreis, den umlie- Einpendler1 Auspendler 2 Herkunftsgebiet Anteile Anteile genden Kreisen und Städten und auch über Zielgebiet Anzahl Anzahl die Landesgrenze hinweg gibt es einen regen in % in % Berufsverkehr. Bei den Berufspendlerinnen Insgesamt 17 159 100 28 697 100 und -pendlern liegen Arbeitsort und Wohn- darunter Rheinland-Pfalz 10 576 61,6 15 249 53,1 ort nicht in einem Kreis. Berufsauspendlerin- Koblenz, St. 1 089 6,3 4 951 17,3 nen und -pendler wohnen im Westerwald- Landkreis Altenkirchen 2 920 17,0 3 015 10,5 kreis und arbeiten an einem Ort in einem Landkreis Neuwied 2 368 13,8 2 665 9,3 anderen Kreis; Berufseinpendlerinnen und Rhein-Lahn-Kreis 1 720 10,0 1 865 6,5 Hessen 3 288 19,2 8 513 29,7 -pendler arbeiten im Westerwaldkreis und Frankfurt am Main, St. 118 0,7 1 274 4,4 wohnen außerhalb des Kreises. Informatio- Landkreis Limburg-Weilburg 1 692 9,9 3 975 13,9 nen über Berufspendlerinnen und -pendler Lahn-Dill-Kreis 936 5,5 1 522 5,3 gibt es nur für die sozialversicherungspflich- Nordrhein- Westfalen 1 886 11,0 3 431 12,0 tig Beschäftigten. Köln, St. 106 0,6 452 1,6 Landkreis Siegen-Wittgenstein 405 2,4 1 251 4,4 Auspendler- Im Jahr 2012 hatten rund 28 700 Einwoh- Rhein-Sieg-Kreis 355 2,1 396 1,4 überschuss von nerinnen und Einwohner des Westerwald- 1 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am 30. Juni 2012, die im Land- rund 11 200 kreis arbeiten, aber nicht wohnen. – 2 Sozialversicherungspflichtig Beschäf- sozialversiche- kreises ihren Arbeitsort in einem anderen tigte am 30. Juni 2012, die im Landkreis wohnen, aber zur Arbeit über die rungspflichtig Landkreisgrenze hinaus fahren (ohne Ausland). Beschäftigten Kreis oder sogar außerhalb des Landes. Etwa Quelle: Bundesagentur für Arbeit 17 200 Beschäftigte pendelten aus anderen Kreisen oder aus anderen Bundesländern Beschäftigte, die im Westerwaldkreis woh- 30 Prozent ein. Der Westerwaldkreis hat also einen der Auspendler nen, pendeln vor allem in die Stadt Koblenz, arbeiten Auspendlerüberschuss von 11 500 Beschäf- in den hessischen Landkreis Limburg-Weil- in Hessen tigten, was für Landkreise in Rheinland-Pfalz burg und den rheinlandpfälzischen Landkreis typisch ist. Die Pendlerverflechtungen des Altenkirchen aus. In jeder dieser Regionen Westerwaldkreises mit den umliegenden arbeiten mehr als zehn Prozent der Aus- Regionen haben sich seit 2001 verstärkt. pendler aus dem Westerwaldkreis.

Vergleiche mit anderen Regionen sind wegen Innerhalb der Landesgrenzen bewegen sich der Größenunterschiede nur mithilfe von insgesamt 53 Prozent der Auspendler des Verhältniszahlen aussagekräftig. Die Aus- Westerwaldkreises. Für ihre Arbeit verlassen pendlerquote für den Westerwaldkreis be- 30 Prozent der Auspendler den Landkreis mit läuft sich auf 40; das bedeutet, dass auf 100 Zielort in Hessen und zwölf Prozent fahren sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, zu Arbeitsorten in Nordrhein Westfalen. die im Kreis wohnen, 40 Auspendler kom- men. Bei der Einpendlerquote kommt der Von den Einpendlern kommen 62 Prozent Westerwaldkreis auf 28 Berufseinpendler aus Rheinland-Pfalz (jeweils über zehn Pro- je 100 Beschäftigte mit Arbeitsort im Kreis. zent aus den Kreisen Altenkirchen, Neuwied Im Vergleich der Landkreise liegt der Wes- und dem Rhein-Lahn-Kreis). Nur 19 Prozent terwaldkreis mit beiden Quoten im unteren der Einpendler stammen aus Hessen. Der Drittel. Auspendlerüberschuss in Richtung Hessen

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Im Jahr 2012 waren durchschnittlich 3,9 Pro- 1 G 7 Arbeitslosenquote 2002–2012 zent aller zivilen Erwerbspersonen im Kreis als arbeitslos registriert. Das waren deutlich in % 10 weniger als im rheinland-pfälzischen Durch- 9 schnitt (5,3 Prozent).

8 Kennzeichnend für die Arbeitsmarktlage und SGB II-Quote unter dem 7 die Wohlstandsverhältnisse ist auch die Zahl Landesdurch- der Leistungsberechtigten, die Grundsiche- schnitt 6 rung für Arbeitsuchende nach dem Sozial- 5 gesetzbuch II erhalten (sogenannte „Hartz 4 IV“ Leistungen). Hierbei handelt es sich um

3 erwerbsfähige Empfängerinnen und Emp- fänger von Arbeitslosengeld II bzw. bei nicht 2 Westerwaldkreis erwerbsfähigen Personen in der Bedarfsge- Rheinland-Pfalz 1 meinschaft von Sozialgeld. Die SGB II-Quote 0 bezieht diese Empfänger auf 100 Einwohner 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 unter 65 Jahren. Im Westerwaldkreis emp- 1 Zahl der Arbeitslosen bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen (Jahresdurchschnitt). fingen Ende Dezember 2011 – verglichen mit dem Landesdurchschnitt – relativ wenige (5 200 Berufspendler) ist somit höher als Einwohner „Hartz IV“. Mit 5,1 Prozent liegt in Richtung rheinlandpfälzischer Gebiete die SGB II-Quote unter der Landesquote (4 700). Elf Prozent pendeln aus Nordrhein- (6,8 Prozent). Die Quote im Kreis ist zudem Westfalen in den Westerwaldkreis ein. in den letzten beiden Jahren stärker gesun- ken als im Landesdurchschnitt. Die Spanne reicht bei den Landkreisen von 2,8 bis 8,8 Unterdurchschnittliche Arbeitslosigkeit Prozent; bei den kreisfreien Städten wird ein im Westerwaldkreis Höchstwert von 17 Prozent erreicht.

Arbeitslosen- Die Arbeitslosenquote, die den Anteil der quote unter dem Landes- Arbeitslosen an allen zivilen Erwerbsper- Gründungsintensität leicht unter durchschnitt sonen angibt, ist im Westerwaldkreis in Landesmittel den letzten zehn Jahren immer unter dem Voraussetzung für eine zukunftsträchtige Starker Rück- Landesdurchschnitt geblieben. Die Entwick- gang der wirtschaftliche Entwicklung sind neben lung der Arbeitslosenquote des Westerwald- Gründungs- qualifizierten Beschäftigten vor allem auch intensität kreises folgte dem Landestrend: Seit 2005 risikobereite Unternehmensgründer, die geht die Arbeitslosigkeit im Landkreis wie neue Verfahren einführen oder neue Pro- im Land zurück; lediglich im Krisenjahr 2009 dukte auf den Markt bringen. Zu Unterneh- gab es einen vorübergehenden Anstieg. Ein mensgründungen werden von nicht staat- wesentlicher Grund für den langfristigen lichen Organisationen Statistiken erstellt. Rückgang der Arbeitslosigkeit dürften die Die Zahl der Unternehmensgründungen Arbeitsmarktreformen sein, die 2003 ein- bezogen auf die Bevölkerung im erwerbs- setzten. fähigen Alter (Gründungsintensität) wird

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vom Zentrum für Europäische Wirtschafts- Im Vergleich zum Landesdurchschnitt liegt forschung (ZEW) im Rahmen des Mannhei- die Gründungsintensität im verarbeitenden mer Unternehmenspanels (MUP)5 ermittelt. Gewerbe im Westerwaldkreis höher und im Im Westerwaldkreis wurden im Durchschnitt Bereich der konsumnahen Dienstleistungen der Jahre 2007 bis 2010 bezogen auf 10 000 niedriger. Hintergrund hierfür und für den der erwerbsfähigen Bevölkerung jährlich 40 geringeren Rückgang im verarbeitenden Unternehmen gegründet. Die Gründungs- Gewerbe dürften regionalkulturelle Gege- intensität im Westerwaldkreis entspricht benheiten und traditionelle Wirtschafts- damit dem landesdurchschnittlichen Wert strukturen sein. Die höchsten Gründungs- wie schon im vorhergehenden Vierjahres- intensitäten errechnen sich für den Handel, zeitraum (2003 bis 2006) mit einem Wert unternehmensnahe Dienstleister und kon- von 45 Gründungen je 10 000 Personen im sumbezogene Dienstleister. Zu Letzteren erwerbsfähigen Alter. werden u. a. die Gastronomie, das Grund- stücks- und Wohnungswesen, Gesundheits- Gegenüber dem frühesten verfügbaren Zeit- und Sozialwesen und Tätigkeiten im Bereich raum 1995 bis 1998 ist der Rückgang im Reparaturen von Gebrauchsgütern gezählt. Westerwaldkreis um 27,3 Prozent auffällig (Landesdurchschnitt: –17,4 Prozent). Fazit Innovative Näher betrachtet sind von diesem ver- Branchen weniger gleichsweise starken Rückgang aber die Wirtschaftsgeografisch ist der Wester- betroffen Wirtschaftszweige, die als innovativ gelten, waldkreis in der Mitte zwischen den beiden weniger betroffen. Eine gesonderte Grup- bedeutenden Metropolregionen Rhein- pierung von Wirtschaftszweigen grenzt als und Rhein-Main günstig gelegen. Gute Ver- innovative Bereiche die Hochtechnologie, kehrsanbindungen sorgen dafür, dass der wissensorientierte Dienstleistungen sowie Kreis ein attraktiver Wohnstandort und da- die Informations- und Kommunikations- rüber hinaus auch interessant für Investoren technologie ab. In allen drei Bereichen liegen ist. die Gründungsintensitäten im Westerwald- Der Westerwaldkreis gehört hinsichtlich kreis leicht über dem Landesdurchschnitt. seiner wirtschaftlichen Entwicklung und des Der Rückgang der Gründungsintensität erreichten Standes zu den wirtschaftsstar- im Bereich der Hochtechnologie, die auch ken Regionen in Rheinland-Pfalz. Zweige des verarbeitenden Gewerbes um- fasst, sowie im Bereich der Informations- Die Lage des Landkreises in nicht allzu weiter und Kommunikationstechnologie war Entfernung vom Weltkulturerbe Mittelrhein- schwächer als im Landesdurchschnitt. tal, die eigenen landschaftlichen Gegeben- heiten und touristischen Angebote machen Bei den Unternehmensgründungen insge- den Westerwaldkreis auch für Reisende und samt unterscheidet das Panel zwischen Erholungssuchende interessant. Dies zeigen acht sogenannten Hauptbranchen, von stetig steigende Gästezählen. denen eine das verarbeitende Gewerbe ist.

5 Dem Panel liegt eine Kooperation mit Creditreform, der größten deutschen Die Bevölkerungsentwicklung in jüngerer Kreditauskunftei, zugrunde. Die dem Panel eigene Brancheneinteilung orientiert Zeit zeigt zwar, dass die starke langfristige sich an Zusammenfassungen verschiedener Gliederungsebenen der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 . Entwicklung in Zukunft nicht gehalten wer-

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den kann. Dennoch wird der Landkreis mit folgenden Jahren gut. Die Zahl der Berufs- seinen Einwohnerzahlen auch künftig nicht pendler hält sich im Vergleich zu anderen zu den „demografischen Problemregionen“ Kreisen in Grenzen, ebenso wie die Arbeits- gehören. Der Bevölkerungsrückgang wird losenquote und der Anteil der Empfängerin- vergleichsweise moderat ausfallen und der nen und Empfänger von sozialen Leistungen Anteil der jungen Bevölkerung wird im Ver- zur Grundsicherung für Arbeitsuchende hältnis zu den Erwerbsfähigen – trotz eines (Hartz IV) an der unter 65 Jahre alten Bevöl- Rückgangs – relativ hoch bleiben. kerung.

Die Beschäftigungsmöglichkeiten für die

sozialversicherungspflichtige Beschäfti- Dr. Birgit Hübbers ist Referentin im gung im Kreisgebiet entwickelten sich nach Referat „Analysen, Europa“. der Rezession im Krisenjahr 2009 in den

In der Reihe Rheinland-Pfalz regional sind bereits folgende Beiträge in den Statistischen Monatsheften erschienen: 6 6/2007 Landkreis 6 8/2010 Rhein-Hunsrück-Kreis 6 9/2007 Kreisfreie Stadt Trier 6 2/2011 Kreisfreie Stadt 6 5/2008 Landkreis 6 3/2011 Kreisfreie Stadt Koblenz 6 7/2008 Kreisfreie Stadt Mainz 6 5/2011 Eifelkreis Bitburg-Prüm 6 6/2009 Landkreis 6 10/2011 Kreisfreie Stadt 6 9/2009 Kreisfreie Stadt 6 4/2012 (Pfalz) am Rhein 6 5/2012 Landkreis Mainz-Bingen 6 5/2010 Kreisfreie Stadt Neustadt an der Weinstraße Diese Beiträge und unser umfangreiches Datenangebot auf regionaler Ebene finden Sie bei uns im Internet unter http://www.statistik.rlp.de/regionaldaten.

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