DENKMALPFLEGE IN DER STADT 1978-1984

Cat. Von Bernhard Furrer

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung Die Denkmalpflege in der Stadt Bern / Der Einsatzbereich der Denkmal¬ pflege / Einige Grundsätze der Denkmalpflege / Stufen der Intervention an Bauwerken / Allgemeine Tätigkeit 3

2. Kirchliche Bauten 15

3. Öffentliche Bauten Bundesbauten/ Staatsbauten / Bauten derBurgergemeindeundderZünfte / Kommunale Bauten / Gassen, Brücken, Brunnen und Denkmäler 25

4. Private Bauten Bürgerhäuser in der Altstadt / Landsitze / Wohnhäuser in den Aussen- quartieren / Gewerbliche Bauten 51

5. Inventare und Planungen 79

Übersichtskarte 83

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1. EINLEITUNG

Wie alle Verwaltungsstellen der Stadt Bern hat auch die Denkmalpflege im Rahmen des Verwaltungsberichts 1 Alle Verwaltungs- jährlich Rechenschaft über die Tätigkeit abzulegen ' berichte können im Stadt¬ archiv werden. Diese Berichte, die der Gemeinderat (Exekutive) dem eingesehen Stadtrat (Legislative) erstattet, haben sich in erster Linie den administrativen Belangen zuzuwenden. Die einzel¬ nen Objekte, um die sich die Denkmalpflege bemüht, können aus Platzgründen nur aufgezählt2, nicht aber et¬ was breiter dargestellt werden. 2 Diese systematische Für eine interessierte Öffentlichkeit, für die Politiker Erfassung aller wichtigen wird es dem aller Stufen und auch für Fachkollegen wären jedoch ein¬ Objekte später Interessierten leicht ermög¬ Berichte den verschiedensten gehendere nützlich. Von lichen, eine Übersicht zu Seiten wurde die Denkmalpflege denn auch ermuntert, erhalten. eine illustrierte Broschüre, welche die wichtigsten mit ih¬ rer Beratung und Hilfe realisierten Restaurierungen, Re¬ novationen und Umbauten enthält, herauszugeben3. Das Entgegenkommen der Redaktion der «Berner Zeit¬ 3 Die Denkmalpflege des schrift für Geschichte und Heimatkunde» und ein nam¬ Kantons Bern hat mit der solcher Be¬ hafter Beitrag der «Bernischen Denkmalpflege-Stiftung» Herausgabe richte vor längerer Zeit be¬ es dem Gemeinderat der Stadt Bern, dem ermöglichten gonnen: Hermann von Vorhaben zuzustimmen; wir möchten uns bei allen betei¬ Fischer, Denkmalpflege im ligten Stellen herzlich für die wertvolle Unterstützung be¬ Kanton Bern, 1962 und danken. 1963 sowie 1964-1967 Zeitschrift für Die Schrift der (Berner vorliegende zeigt unsere Arbeit von Geschichte und Heimat¬ Schaffung der stadtbernischen Denkmalpflege 1978 bis kunde, 1968 und 1969). 1984. Es ist vorgesehen, in Zukunft alle vier Jahre einen Bericht vorzulegen. Von einer jährlichen Publikation se¬ hen wir ab, da uns die finanzielle und zeitliche Belastung zu gross scheint. Allerdings zwingt uns der Vierjahres¬ rhythmus in Verbindung mit dem beschränkten Umfang der Hefte zu einer rigorosen Auswahl der vorgestellten Objekte, die in manchem Fall stellvertretend für eine ganze Anzahl ähnlicher Bauten stehen.

Die Denkmalpflege der Stadt Bern 4 Die Denkmalpflege des Die denkmalpflegerischen Belange wurden in der Stadt Kantons Bern wurde vom Grossen Rat 1959 geschaf¬ Bern wie in allen andern Gemeinden des Kantons - - fen - der Denkmalpfleger während Jahrzehnten von der kantonalen Denkmalpflege war vordem bereits neben- wahrgenommen4. Die Arbeitsüberlastung des Amtsin- amdich tätig gewesen. 5 Unterstützt wurde die habers, Hermann von Fischer, einerseits, die wachsen¬ Idee vor allem von H. von den Aufgaben in der Berner Altstadt als Folge eines effek¬ Fischer und Prof. Dr. P. tiveren Schutzes durch die neue Bauordnung anderer¬ Hofer sowie vom Berner Heimatschutz; auf politi¬ seits, führten zum Vorschlag, eine städtische Stelle zu scher Ebene vertrat Stadt¬ schaffen5. Nach langem Abwägen durch die politischen präsident Dr. R.Tschäppät Instanzen stimmte der Stadtrat dem Antrag des Gemein¬ den mit Über¬ Vorschlag derates, die Stelle eines städtischen Denkmalpflegers zu zeugung. schaffen, am 20. Oktober 1977 zu. Der für die Übernah¬ 6 Die Wahl erfolgte nach me des Amts angefragte Berichterstatter begann seine einer Übergangszeit, in Arbeit am 1. November 1978 und wurde auf den 1. Janu¬ welcher er die Übergabe seines Architekturbüros in ar 1980 gewählt6. die Wege leitete und die Die Denkmalpflege der Stadt Bern ist dem Stadtpräsi¬ städtische Denkmalpflege denten unterstellt; sie hat damit - im Sinne eines Inspek- in freiem Auftragverhältnis torates innerhalb der Verwaltung eine verhältnismässig betreute. - unabhängige Stellung. Ihre Aufgaben sind in einem de¬ 7 Vom Gemeinderat ge¬ taillierten Pflichtenheft7, das auch die Beziehungen zu 10. Dez. 1980. nehmigt am den übrigen Verwaltungsstellen der Stadt regelt, und 8 Art. 31 in den Ausführungsbestimmungen zur Gemeindeord¬ 9 Art. 5 bzw. Art. 4-8 nung8 festgelegt. Die gesetzlichen Bestimmungen für ihre Arbeit sind (verglichen mit denjenigen anderer Städte 10 Art. 75,86- 131 und 134. und Kantone) verhältnismässig offen; sie sind zu finden in Baugesetz und Bauverordnung des Kantons Bern9 und 11 Was auf den ersten in der der Stadt Bern10. Ein eigentliches Blick als grosser Mangel er¬ Bauordnung ' ' scheint, kann sich in der Denkmalpflegegesetz kennt der Kanton Bern nicht täglichen Arbeit als Vorteil Der städtische Denkmalpfleger steht selbstverständlich erweisen: Im Gegensatz zu nicht im luftleeren Raum. Obwohl er die Betreuung scharfen gesetzlichen Be¬ sämtlicher Bauten auf Gemeindegebiet Einschluss stimmungen zwingen die (unter allgemein gehaltenen Be¬ beispielsweise der kantonseigenen Objekte) zu gewährlei¬ stimmungen von Baugesetz sten und zu verantworten hat, ist doch der kantonale und Bauverordnung alle Denkmalpfleger stets zum kollegialen Gespräch über an¬ Partner zu Gesprächen und stehende Probleme bereit. Dieser hat zudem freundli¬ flexiblen Lösungen. cherweise auch alle von ihm in der Stadt angefangenen 12 An grösseren Objekten Restaurierungen zu einem guten Ende geführt12. Auch sind das Rat¬ zu nennen: die sich mit den Grundlagen unserer Arbeit befassenden haus des Ausseren Standes, die Altbauten der Waldau Stellen von Kanton, Burgergemeinde und Stadt leisten und das Amthaus. wesentliche Hilfe 13. Für die Vorbereitung wichtiger Ent¬ scheide sowie für die Beratung der Beitragsgeschäfte steht 13 Besonders zu erwäh¬ dem seit 1982 die Gemeinderat ein¬ nen sind die Inventarisa- Denkmalpfleger vom tionsstelle der «Kunstdenk¬ gesetzte «Denkmalpflege-Kommission der Stadt Bern» mäler des Kantons Bern», zur Seite u. Die breite Abstützung der oft heiklen Erwä¬ das Staatsarchiv der Bern, gungen auf rein fachlicher Ebene hat sich als ausseror¬ Archäologische Dienst des dentlich wertvoll erwiesen. Kantons Bern, die Burger¬ bibliothek Bern und das Im Vergleich mit andern Städten sind die Mittel, die Stadtarchiv Bern. der stadtbernischen Denkmalpflege zur Verfügung stehen, gering. Sie verfügt über zwei Beamtenstellen - 14 Die Mitglieder sind 1984): Althaus, ausser dem Denkmalpfleger arbeiten gegenwärtig Herr (Ende J. Architekt ETH/SIA; Beat Strasser, Architekt HTL, und Frau Johanna Strü- Chr. Anliker, Innenarchi¬ bin, lie. phil., Kunsthistorikerin, je halbtagsweise mit. Die tekt SWB; H.von Fischer, administrative Betreuung besorgt (ebenfalls halbtagswei¬ kant. Denkmalpfleger; Dr. P. se) Frau Monika Lüthi. Die vier Beschäftigten sind mit¬ Ludwig, Fürsprecher; R.Rast, Raumplaner samt Bibliothek, Archiv, Plan-, Foto- und Diasammlung BSP; Dr. J.Schweizer, in zwei kleinen Räumen des Erlacherhofs untergebracht. Kunsthistoriker. Der städ¬ Der jährliche Beitragskredit beträgt Fr. 150000.- 15. Wei¬ tische Denkmalpfleger ist tere Fr. 40000.- stehen für die Ausarbeitung von Bauauf¬ von Amtes wegen Kom¬ nahmen, Inventaren usw. zur Verfügung. Die fachlichen missionspräsident. und finanziellen Möglichkeiten reichen kaum aus, um 15 Der stadtbernische eine vertiefte und kontinuierliche Betreu¬ einigermassen Budgetkredit ist vergleichs¬ ung des stadtbernischen Baukulturgutes zu gewährleisten. weise klein. Er ist seit 1979 Bei der Beurteilung der bescheidenen Mittel ist allerdings infolge der Bauteuerung zu berücksichtigen, dass noch vor wenigen Jahren keine real um 20% zurückgegan¬ In manchen Fällen stadtische existierte. gen. Denkmalpflege helfen zusätzlich die kanto¬ nale Kunstaltertümer- Kommission und die Der Einsatzbereich der Denkmalpflege SEVA-Lotterie mit Beiträ¬ gen. Die eidgenössische Denkmalpflege dagegen sahen Politische Instanzen in der städtischen Denkmal¬ hat in der Stadt Bern seit pflege bei der Stellenschaffung eine Institution zur Be¬ 1979 in keinem Fall Beiträ¬ wahrung der Altstadt16. Zweifellos ist für Bern und die ge an neu angefangene Re¬ Berner die Erhaltung und Pflege der Altstadt und ihrer staurierungen zugesichert. Fassaden von der Spätgotik bis zu Barock und Klassizis¬ 16 Der Titel eines «Alt- mus von besonderer Bedeutung". Wir stecken aber den stadtpflegers» war einige Rahmen unseres Interesses wesentlich weiter, was auch Zeit in Diskussion. dem sich allmählich wandelnden öffentlichen Bewusst¬ sein entspricht. 17 Die Berner haben ihre Unser Einsatzgebiet umfasst neben der Altstadt auch Liebe und ihr Engagement für die Altstadt seit der be¬ alle Aussenquartiere. Bern hat eine grosse Anzahl ausseror¬ eindruckenden Kundge¬ schöner des aufzu¬ dentlich Quartiere 19.Jahrhunderts bung vom 6. März 1954 weisen, die noch in weiten Teilen intakt sind. Während auf dem Münsterplatz, die die grossflächige Sicherung dieser ausgezeichneten zur Rettung der «Ischi- Wohnquartiere für die Zukunft vorwiegend Aufgabe der Häuser» (heute «Burger¬ häuser») an der Gerechtig- ist18, kann die mit ihren Stadtplanung Denkmalpflege keits- und Inventaren Grundlagen liefern und bei wichtigen Einzel- und auch zur Neufassung und Schlüsselobjekten häufig einen entscheidenden Bei¬ der Bauordnung 1955 ge¬ trag zur Erhaltung der Quartierstruktur leisten. Undank¬ führt hatte, immer wieder Beweis bar, aber unerlässlich ist auch die Kleinarbeit - die Bera¬ unter gestellt. bei Umbauten und Renovationen, welche bis in die tung 18 Gegenwärtig ist die für das Erscheinungsbild eines Baus so wichtigen Details Revision des Bauklassenplans geht, über den Kreis der «klassischen Aussenquartiere» (der das Mass der Nutzung, die Geschosszahl hinaus engagiert sich die Denkmalpflege auch in den regelt) im Gang; die neuen ländlichen Gebieten innerhalb der Gemarchen der ehe¬ Geschosszahlen haben sich maligen, seit 1918 zu Bern gehörenden Einwohnerge¬ gemäss politischem Auf¬ meinde trag «in der Regel an den Bümpliz ". bestehenden Bauten zu In unserer Arbeit stecken wir den Rahmen zur Festle¬ orientieren». Die Denk¬ gung der uns interessierenden Bauten auch bezüglich so¬ hat diese Re¬ malpflege für zialer Struktur und Nutzung weit. Die intensive Beschäfti¬ vision bereit¬ Grundlagen der und auch die Bereitschaft der gestellt. gung Denkmalpflege - Öffentlichkeit zu finanziellen Opfern - ist für wichtige 19 Durch Volksbeschlüs¬ kirchliche und herrschaftliche Bauten früherer Zeiten in se sind diese Gebiete einer der Mehrzahl der Fälle selbstverständlich geworden. Dis¬ weiteren Uberbauung kussionen entstehen höchstens über Methoden, Umfang einstweilen entzogen; im Gebiet Brünnen ist das und Kosten von Restaurierungen. Wir versuchen ver¬ weitere Vorgehen noch mehrt, die bescheidenere Architektur in unsere Überle¬ offen. gungen und in die Anstrengungen zur Erhaltung mitein- zubeziehen. Wer lediglich die Architektur der Reichen 20 Innerhalb der Stadt und Einflussreichen wird das Bild einer gelang im Landsitz «Baum¬ erhält, Epoche garten» an der Bottigen- verfälschen. Der beispielsweise steht für die strasse die Erhaltung von patrizische Bauweise im bernischen Dixhuitième, für kul¬ Bauernhaus und (versetz¬ tivierten Lebensstil, Feste, Kutschen. Die Kenntnis die¬ tem) Speicher erst nach ser Prachtentfaltung führt leicht zu einer nostalgischen jahrelangen Bemühungen, während das Schlössh Wit- Vorstellung einer «guten alten Zeit», wenn sie nicht vor tigkofen mit dem Landwirt¬ dem Hintergrund der einfachen Stadt- und Bauernhäu¬ schaftsbetrieb noch heute ser relativiert wird. Ahnliches ist zu sagen zum Verhält¬ eine Einheit bildet. nis von Campagne und Lehenshaus20, von Fabrikanten¬ und herrschaftlichen 21 Die einzige intakte villa Fabrik21, von Mehrfamilien¬ Gesamtanlage Berns er¬ häusern und Arbeiterquartieren22. Die Denkmalpflege halten in der ehemaligen muss sich bemühen, die ganze Breite des baulichen Aus¬ Spinneret Felsenau mit Fa¬ drucks einer Zeit in charakteristischen Beispielen zu er¬ brik, Siedlung mit Arbei¬ halten23. Die der sozialen Struktur selber, die terwohnungen, Einfami¬ Erhaltung lienhaussiedlung der Fach- Beibehaltung der angestammten Bevölkerungsschicht und Vorarbeiter sowie also, an der die Denkmalpflege interessiert ist, kann sie Direktorenhaus. höchstens fördern, nicht aber durchsetzen - dafür wären andere Instrumente (etwa in Planung, Steuer- und Bo¬ 22 Für Bern exempla¬ risch der Vergleich zwi¬ denrecht) notwendig. schen den Bauten der er¬ Wir ziehen neben den geographischen und sozialen sten Berner Baugesellscha.fi an auch unsere zeitlichen Grenzen weit. Wir fassen die bauliche der Bundesgasse mit dem Entwicklung heute wie seit Jahrhunderten als kontinuier¬ gleichzeitig entstandenen, lichen Vorgang auf: Neue Gebäude entstehen teilweise teilweise von denselben Stelle als Bau¬ Persönlichkeiten mitge¬ an der älterer, nicht wertvoll betrachteter tragenen Quartierhof in der ten. Wir sehen unsere Aufgabe darin, aus jeder Epoche Lorraine. die für Bern charakteristischen und qualitativ guten Bau¬ ten, Baugruppen und Ensembles, durch welche die Epo¬ che in genügender Breite repräsentiert wird, zu erhalten und zu pflegen. Aus der skizzierten Kontinuität folgt für 23 Diese Forderung ist unsere Arbeit viererlei: bereits für die Zeit vor etwa 1850 mehr schwer - einmal die Auffassung, dass die wesentlichen Bauten nur zu erfüllen, und auch im Be¬ aller Epochen Interesse, Schutz und Pflege verdienen stand der 2. Hälfte des bis hin zu jenen unserer eigenen Generation24, 19. Jahrhunderts klaffen - dann auch, dass die Denkmalpflege an einem Bauwerk grosse Lücken. die verschiedenen sich mit hochstehenden Beiträgen manifestierenden Zeiten gleichermassen ernst nehmen 24 Bisweilen sind Bauten der Zeit nament¬ muss25, jüngsten lich vor Veränderungsan¬ - weiter die Einsicht, dass die Denkmalpflege sich gele¬ sprüchen ihrer eigenen gentlich der heiklen (und undankbaren) Aufgabe stel¬ Schöpfer zu bewahren len muss, zwischen der Qualität (im weitesten Sinn) 25 Die vielbeschworene des Altbaus und derjenigen des an seine Stelle treten¬ Stilreinheit kann in dieser den Neubaus mitzuentscheiden Betrachtungsweise kein - und schliesslich, dass sie sogar vital an der Qualität Ziel sein. heutiger Architektur, an der Güte der sich in unserer Zeit bildenden «Jahrringe», der künftigen Baudenkmä¬ 26 Jüngstes Beispiel für die öffentliche Diskussion ler, interessiert sein muss26. zu diesem Thema ist der Abstimmungskampf zur Restaurierung und Ergän¬ Einige Grundsätze der Denkmalpflege zung der Bauten des Klö- sterliareals im Frühjahr 1984. Für die denkmalpflegerische Arbeit gibt es kaum allge¬ mein anerkannte, einfach anzuwendende Regeln27, ver¬ 27 Die wichtigste Basis gleichbar etwa den «Regeln der Baukunst», die in Nor¬ sind die «Charta von Vene¬ men festgehalten sind. Die Auffassungen unterliegen ei¬ dig», erarbeitet von der ICOMOS 1964, nem steten Wandel, und zudem sind die imjahr Anwendungsfäl¬ die bis heute trotz verschie¬ le sehr verschieden - selten sind zwei Objekte direkt ver¬ dener Vorstösse unverän¬ gleichbar. Immerhin haben sich gewisse Grundsätze ge¬ dert geblieben ist, und die festigt, von denen im folgenden einige skizziert werden. Deklaration von Amsterdam erarbeitet Wenn wir uns vorerst dem einzelnen Haus zuwenden, von 1975, unter Aufsicht des Europarates. dann scheint uns der Grundsatz entscheidend, dass jedes Zur schweizerischen Ent¬ Gebäude als unteilbares Ganzes aufzufassen sei. So sind Aus¬ wicklung vgl. Albert kernungen28, bei denen hinter der (aufwendig gestütz¬ Knoepfli: Schweizerische ten) Fassade ein neues Haus entsteht, abzulehnen und Denkmalpflege, Geschich¬ te und Zürich höchstens als äusserste Ausnahme Doktrinen, dort zu akzeptieren, 1972. wo ein übergeordneter städtebaulicher Zusammenhang anders nicht gehalten werden könnte29. Als Beispiel mag 28 Auch «Aushöhlun¬ das «Wiedemarhaus», 24, dienen: Wichtiger gen». als die Erhaltung von Fassade, Dachform und einzelnen Ausstattungsteilen war die Identifikation und städtebau¬ 29 In Bern sind seit 1978 in der untern Altstadt kei¬ liche der Mitte der Neuengasse am Kreu¬ Markierung ne, in der obern nur noch zungspunkt des Ryffligässchens mit der nur zweigeschos¬ zwei Auskernungsobjekte sigen Front als Gegenüber von Brunnen und lauben- bewilligt worden. 30 Für Wand- und Dek- losem Haus auf der andern Strassenseite. Als minimale kenmalereien gilt der Anforderung versuchen wir bei einem wertvollen Gebäu¬ Grundsatz, dass einer Ab¬ de die innere Struktur (Böden und tragende Wände), das lösung und Verpflanzung die Fassaden Einschluss der Hoffassa¬ höchstens dann zuge¬ Treppenhaus, (mit stimmt werden kann, wenn den) und das Dach zu erhalten. Dieser Grundsatz erlaubt sonst das Werk zerstört es meistens, die wertvollen Ausstattungsteile unter Ein¬ würde, beispielsweise schluss. von künstlerischem Schmuck, der häufig erst in wenn eine Mauer, die ein der Bauphase entdeckt wird30, in die Räume zu integrie¬ Wandgemälde trägt, abge¬ brochen werden muss. ren oder wenigstens verdeckt späteren Generationen zu überliefern. Auf die Stufen der Intervention an Bauwer¬ 31 Eine Ausnahme bil¬ ken kommen wir später zu sprechen. den hier Denkmäler im ei¬ Jedes Baudenkmal benötigt einen dauernden Unter¬ gentlichen Sinn des Wor¬ das tes, deren Funktion vorab halt, der in der Regel dann gewährleistet ist, wenn im Symbol oder in ihrer Gebäude benutzt wird31 Die Denkmalpflege muss sich städtebaulichen Stellung häufig mit der adäquaten Nutzung befassen. Der Gebrauch zu sehen ist, so beispiels¬ muss, soll er der historischen Substanz nicht Schaden zu¬ weise der oder dem Gebäude und seiner das Wasserschloss am fügen, Disposition angepasst Thunplatz. sein. Wir werden in der Regel versuchen, die ange¬ stammten Funktionen beizubehalten; ein Wohnhaus 32 Diese Tatsache wirkt wird meist die heute für das Wohnen üblichen Komfort¬ sich in Bern vor allem in aufnehmen bei einer denjenigen Bauten in der ansprüche können, Umwandlung oberen Altstadt aus, die zum Hotel oder zum Bürohaus aber seinen Wert als Bau¬ noch Wohnungen enthal¬ denkmal einbüssen32. ten. Die Erhaltung von Einzelobjekten allein wird zuneh¬ 33 Die Versetzung von mend als ungenügend empfunden. Auch hervorragende Gebäuden ausserhalb ihrer Bauten verlieren in der Isolation, inmitten von artfrem¬ angestammten Umgebung, den Bauten ihren Wert, werden zum Kuriosum degra¬ die «Translokation», ist nur diert33 In den Bemühungen um die Erhaltung von guten im äussersten Notfall ange¬ bracht. In Bern wurde bei¬ Zeugen der Bauweise früherer Epochen wird daher die spielsweise der «Henzi- Erhaltung von ganzen Baugruppen, von Ensembles, immer Stock» vom Giessereiweg wichtiger. Nur in der Gruppe können sich zudem der für 30 an den Melchenbühlweg den optischen Eindruck entscheidende Gebäudezwi¬ 136a verpflanzt, während schenraum mit seiner mit Hecken, Bäu¬ der ehemalige Stadtwerk- - Ausstattung, hof(Sulgeneckstrasse 1) men, Weganlagen - und der Strassenraum - mit Vorgär¬ zerlegt auf den Wiederauf¬ ten und Einfriedungen - in ihrer räumlich-gestalteri¬ bau wartet. Die bisher ein¬ schen Wirkung halten. Als Ensembles können sowohl be¬ Translokation eines zige scheidene Gebäudegruppen von zwei, drei Häusern, stadtbernischen Hauses in das Freilichtmuseum Bal¬ aber auch ganze Quartierteile bezeichnet werden. lenberg betrifft die Schmit- Es scheint uns heute wichtig, das einzelne Baudenkmal te Bümpliz (Bümplizstrasse oder eine Gruppe von Baudenkmälern als Bestandteil einer sie ist leider 138); unsorg¬ weiteren Umgebung zu sehen. Sie können die Nachbarbau¬ fältig (beispielsweise mit früher nie vorhandenem ten in ihrer Wirkung positiv steigern und, umgekehrt, Gehrschild) wiederaufge¬ von ihnen in gutem wie in schlechtem Sinn beeinflusst baut worden. werden. Zum «Eigenwert» eines Baus tritt demnach als

8 gleichgewichtiges Element der «Situationswert»34. Diese 34 Die beiden Betrach¬ Auffassung führt folgerichtig zu einem verstärkten Inter¬ tungsweisen werden in allen stadtbernischen esse der Denkmalpflege für Veränderungen in der Nach¬ Inventaren von wertvollen barschaft erhaltenswerten von Bauten; daher werden von Gebäuden angewendet. ihr unter Umständen auch Baumassnahmen begleitet und verantwortet, die streng genommen nicht der Pflege 35 Die Dimension des alter Bauten, sondern der Pflege des sich wandelnden «Greifbaren», die Materia¬ unterscheidet das Stadtbildes zuzurechnen sind. lität, Denkmal von anderen Ge¬ schichtserfahrungen, bei¬ spielsweise von Erinne¬ Stufen der Intervention an Bauwerken rung, Schriftstück oder Bild, die in gewissem Sinn immer Übersetzung, Um¬ In den Denkmälern sind die der vielfältigen Spuren setzung sind. menschlichen Geschichte für uns alle nachweisbar und präsent35. Als Originale halten sie die Geschichte in un¬ 36 Ein sandsteinernes serem täglichen Leben gegenwärtig, als Originale sind sie Gurtgesimse beispielsweise kann auch in rudimentä¬ späteren Generationen überliefern. Eine heute zu ge¬ rem Zustand Beleg für Pro¬ schaffene Kopie - und mag sie sich noch so genau an das filierung oder Oberflä¬ originale Kunstwerk oder Bauwerk halten - kann dieses chenbearbeitung sein, nie ersetzen. Nun unterliegt aber jedes materielle Werk kann aber vielleicht seine bautechnische als einer Alterung, einem Verschleiss, welcher sich Funktion wegen Wasserabweiser und seine verschlechternder allem ständig Umweltbedingungen vor optische Wirkung als ar¬ das Äussere von Bauwerken bedroht. Im Spannungsfeld chitektonisches Gliede¬ einer möglichst weitgehenden Erhaltung des Originals rungselement nicht mehr und der Spurensicherung einerseits, der Sicherung des erfüllen. statischen Bestands und der «Lesbarkeit» des Werkes an¬ 37 Die im dererseits36 sich die ihren In¬ Sprachge¬ bewegt Denkmalpflege mit brauch für diese Interven¬ terventionen37. Die Denkmalpflege wird in der Regel tionen üblichen Begriffe versuchen, möglichst wenig in den originalen Bestand überschneiden sich und einzugreifen und die Notwendigkeit eines nächsten Ein¬ werden auch von Land zu griffs lange hinauszuzögern. Dieses Verhalten will die Land anders verwendet. Vgl. «Schutz und Pflege schonen; es ist nicht zuletzt in der Tatsache be¬ Originale von Baudenkmälern in der gründet, dass die originale Substanz einer Epoche nicht Bundesrepublik Deutsch¬ vermehrbar ist, sondern laufend unwiderruflich ab¬ land», Handbuch hrsg. nimmt. von August Gebessler, Stuttgart 1980. Die schonendste (und für den Eigentümer billigste) kontinu¬ Verhaltensweise dem Denkmal gegenüber ist der 38 Auch «Instandhal¬ ierliche Unterhalt des Bauwerks38. Dabei werden auch vom tung». technischen Standpunkt aus nach Möglichkeit die vor¬ handenen Materialien und Techniken beibehalten. Un¬ 39 Ein verstopfter «Kä¬ ter dem Begriff des «Unterhalts» verstehen wir sowohl die nel» kann innert weniger Jahre bedeutende, kaum von Bauteilen (wie das Entfernen von Reinigung mehr reparable Durch- Schmutz und Laub aus Dachrinnen39), wie auch die Er¬ feuchtungs- und Fäulnis¬ neuerung von Schutzmassnahmen (wie den Farbanstrich schäden verursachen. 40 Wir haben im letzten auf Fenstern40). Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass Jahr einerseits Fenster aus alle Bauwerke - also auch unlängst restaurierte Baudenk¬ dem 19.Jahrhundert repa¬ mäler oder Neubauten einen laufenden Unterhalt er¬ riert sowie neu gestrichen - und sie damit für eine wei¬ fordern. Ein richtig unterhaltenes Bauwerk wird nie ver¬ tere Generation hergerich¬ lottert oder baufällig aussehen und daher auch nie nach tet, andererseits aber auch erfolgter Radikalkur in verdächtig «neuem Glanz er¬ verfaulte Fenster, die 1956 strahlen», sondern Würde und Schönheit des alternden, neu montiert, aber seither nicht unterhalten worden aber gepflegten Baus ausstrahlen. waren, ersetzen müssen. Wie mit dem regelmässigen Unterhalt will die Denk¬ «Neu» ist beileibe nicht im¬ malpflege auch mit der Konservierung das Baudenkmal in mer «besser». seiner Substanz erhalten. Der Begriff umschreibt den Vorgang einer zusätzlichen technischen Massnahme zur 41 Der Begriff darf nicht über die grundsätzliche blossen Sicherung des Bestands41, auch in Fällen, in de¬ Vergänglichkeit jedes Bau- nen der Bestand nur noch als Fragment erhalten ist. Sol- und Kunstwerks hinweg¬ chermassen konservierte Baudenkmäler oder einzelne täuschen. Konservie¬ Die Bauteile davon bewahren sowohl die originalen Spuren bringt rung genau genom¬ ihrer und wie auch den Ein¬ men lediglich eine Ver¬ Entstehung Bearbeitung langsamung des Zerfalls. druck von Zeitablauf und Alterung und damit von Ge¬ schichte42. Die reine Konservierung wird für Werke der 42 Der Begriff des..Al¬ bildenden Kunst - und damit auch für baukünstlerische terswerts» eines Denkmals Werke wie Malereien auf Putz oder Holz wird in Zukunft zweifellos Bauplastiken, - heute an Wichtigkeit gewinnen. allgemein anerkannt; Ergänzungen werden, wenn überhaupt, nur mit äusserster Zurückhaltung ange¬ 43 Die Methoden und bracht. Auch bei handwerklich gearbeiteten Bauteilen Materialien für die Kon¬ gewinnt die Konservierung gegenüber dem Ersatz von servierung sowie deren An¬ Werkstücken an wendung sind unter Bau¬ Bedeutung43. stellenbedingungen aller¬ Die Reparatur eines Bauteils44 muss dann vorgenom¬ dings bedeutend schwieri¬ men werden, wenn wegen vernachlässigten Unterhalts ger zu kontrollieren als im ein Schaden bereits eingetreten ist. Es ist dabei anzustre¬ Atelier des Restaurators. ben, nur die tatsächlich schadhaften Einzelteile zu erset¬ Es fehlen zudem häufig das spezifisch ausgebildete zen - Konstruktionsholz einer Riegwand beispiels¬ Bauhandwerker weise muss nicht vollständig ausgewechselt werden, wenn einzelne Pfosten und Streben angefault sind. Im weitern 44 Auch «Instandset¬ sollten Materialien und Techniken angewendet werden, zung» oder «Instandstel¬ lung». die den instandzustellenden Bauteilen entsprechen und auch ihrerseits reparierfähig sind. So wird sich der heute 45 In der stets etwas in Altbauten verbreitete Ersatz von Holzbalkendecken weichen, nachgebenden Konstruktion alter Bauten durch Betonböden auf lange Sicht verheerend auswir¬ führt ein absolut starrer ken45, und neu entwickelte Materialien, vor allem auf Betonboden zu Zwängun¬ dem Gebiet der Kunststoffe, werden spätere Reparatur¬ und eine gen Rissen; späte¬ möglichkeiten einschränken oder gar verunmöglichen46. re Veränderung oder gar einer Restaurierung die umfassende des der Ersatz einer solchen Mit wird Pflege Betonplatte wird schwer¬ ganzen Bauwerks unternommen. Die damit verbundene wiegende Folgen haben. Instandstellung erfolgt erst nach gründlicher Auiärbei-

10 tung der Schrift- und Bildquellen und wird auch sorgfäl¬ 46 Als Beispiel sei die tige Untersuchungen am Bau mit einschliessen47. Eine Applikation von Kunst¬ stoffanstrichen Restaurierung will die geschichtlichen und gestalteri¬ genannt, welche später die Anwen¬ schen des Bauwerks erhalten und Werte erlebbar dung von Kalk- oder Mi¬ machen. Sie versucht, komplexe Epochenfolgen zu erfas¬ neralfarbe ausschliesst. sen und in sorgsamer Abwägung zu zeigen, und befasst sich auch mit der Frage der Wiederherstellung oder Wie- 47 Die genaue Kenntnis der und eine älterer Zustände. Eine kann Quellenlage derfreilegung Restaurierung sorgfältige Bauuntersu¬ nur dann erfolgreich durchgeführt werden, wenn in allen chung sollten für jeden Sparten zuverlässige und spezialisierte Fachleute zur Eingriff an einem Bau¬ Verfügung stehen; die Denkmalpflege ist daher an der denkmal selbstverständlich sein. Dieser Anspruch Aus- und Weiterbildung guter Handwerker interessiert. kann mit den uns in Bern 19. Die im und frühen 20.Jahrhundert verbreiteten, zur Verfügung stehenden oft unbekümmerten «Verbesserungen» an Denkmälern Mitteln nur für die wich¬ («. der Gotik eine veränderte, stilgemässere Gestaltung tigsten Vertreter von Bau¬ der verschiedenen geben .»), die ebenfalls unter dem Namen «Restaurie¬ ten Quartiere. Epochen und sind dem rung» durchgeführt wurden, unter Schlagwort sozialen Ansprüche eini- «Konservieren statt Restaurieren» zu Recht bekämpft germassen erfüllt werden. worden. Noch heute ist es oft notwendig, der Erhaltung von originalem Bestand gegenüber einer Kopie, gegen¬ über einer gefälligen Neuinterpretation oder einer Hypo¬ these zum Durchbruch zu verhelfen. Jedenfalls sind Er¬ gänzungen zum Original als solche unauffällig erkennbar zu halten und technisch so auszuführen, dass bei späteren Restaurierungen auf den heutigen Entscheid zurückge¬ kommen werden kann48. 48 Die Reversibilität von Unter einer Renovalion verstehen wir die umfassende restauratorischen Mass¬ nahmen ist als Grundsatz Erneuerung eines Bauwerks in seiner vorgefundenen ausserordentlich wichtig, Sie Form. wird in der Regel ohne vorangehende, gründ¬ in der Praxis aber im ein¬ liche Untersuchung von Quellen und Bauwerk vorge¬ zelnen oft schwierig durch¬ nommen, was bei sekundären Objekten, vor allem wenn zuführen. sie ein vergleichsweise geringes Alter haben, durchaus vertretbar sein mag. Der hohe Perfektionsanspruch von Bauherren und Handwerkern führt indessen oft zum ge¬ 49 Als Beispiele seien er¬ dankenlosen Auswechseln brauchbarer Bauteile, Aus¬ wähnt das Ausspitzen und druck auch der heutigen Wegwerfmentalität49. Dieses Ersetzen von wohl ange¬ sowohl ästhe¬ Re-novieren, das «Wieder-neu-Machen», ist einerseits fi¬ witterten, tisch wie technisch aber nanziell absurd und beraubt andererseits das alte Bau¬ ihre Funktion noch durch¬ werk seiner Glaubwürdigkeit. Die Denkmalpflege wird in aus erfüllenden Sandstein¬ solchen Fällen dafür plädieren, dass «weniger mehr» sei. partien oder die üble Sitte, Der Anspruch unserer Zeit auf vermeintlich pflegefreie jeden Fassadenverputz, der Risse aufweist, wie für Fenster und Türen einige Materialien, Kunststoffprofile abzuschlagen und durch oder eingefärbte Kunstharzverputze, führt bei Renova¬ einen neuen Kunststoffver¬ tionen darüber hinaus zur eigentlichen Fälschung, die putz zu ersetzen.

11 50 Wenn beispielsweise auch der Laie, wenn vielleicht auch unbewusst, wahr¬ in einem Altbau der ab¬ nimmt. struse Anspruch nach völli¬ Die Sanierung im engeren Wortsinn greift grundlegend ger Rissfreiheit der Wände das eines Bauwerks versucht technische gestellt wird, führt dies zur in Gefüge ein, Verkleidung der leicht ge¬ Unzulänglichkeiten zu beseitigen und dem Bau eine wölbten oder schrägen möglichst lange Lebensdauer zu verschaffen. Eine Sanie¬ Wände mit Hunderten von rung umfasst das ganze Gebäude, vom Fundament bis Quadratmetern an Gips¬ First. Die bei der Pla¬ platten. Das Resultat sind zur globalere Betrachtungsweise steril-gerade Wände, die nung führt bei Sanierungen meist zu generellen, den Ein¬ anschliessend mit irgendei¬ zelfall nicht berücksichtigenden Lösungen, die wohl für nem Kunststoff-Kloster¬ die Bauunternehmer quantitativ bessere Voraussetzun¬ auf putz gemütlich ge¬ schaffen, die spezifischen Qualitäten des Altbaus trimmt werden. gen aber übergehen und vernichten50. In diesen Zusammen¬ hang gehört auch die heute verbreitete, gedankenlose Anwendung von Normen und Normvorstellungen. Durch die lückenlose Durchsetzung sämtlicher Normen 51 Man denke nur an ge¬ kann buchstäblich jeder Altbau ruiniert werden51. Bei steigerte Belastungsnor¬ Altbauten müssen die für den Normal-Neubaufall ge¬ Schallschutz- men, an und schaffenen und dort sinnvollen Vorschriften reflektiert Brandschutznormen, an Forderungen nach Liften und mit gesundem Menschenverstand angewendet wer¬ und stufenlosen Zugängen den. ab Strassenniveau, an Nor¬ In den meisten Fällen geht mit grösseren finanziellen men über Treppenbreite Anstrengungen zur Erhaltung eines Gebäudes auch das und Geländerausbildung, Bedürfnis nach des an Vorschriften über Fen¬ grundlegenden Verbesserungen sterflächen und Raumhö¬ Komforts oder des Raumangebots einher. Mit Ergänzun¬ hen. gen im Innern oder am Äussern werden solche Forderun¬ gen erfüllt. Dabei kann bereits der Einbau einer moder¬ nen Küche und eines Badezimmers in den bestehenden Altbaugrundriss Probleme bieten. Die Ansprüche wach¬ sen von seiten vorab institutioneller Hauseigentümer (oft neben den Bedürfnissen der Mieter vorbei) teilweise ins 52 In der Berner Altstadt Unermessliche52. Die Denkmalpflege wird versuchen existiert eine 1 Vi -Zimmer- mitzuhelfen, brauchbare, gebräuchlichen Komfortan¬ Wohnung mit Bad, separa¬ sprüchen genügende Grundrisse unter Beibehaltung der tem Duschraum und sepa¬ Grundstruktur des Hauses zu schaffen. Neben inneren ratem WC Umbauten sind unter Umständen auch äussere Anbau¬ ten möglich. Ergänzungen sollen als solche erkennbar sein und unsere Zeit ausdrücken; sie sollen jedoch Spra¬ che und Duktus des Vorhandenen reflektieren und wei¬ terführen.

12 A llgemeine Tätigkeit

53 Zusammen mit den Wenn im folgenden einige Beispiele für die Arbeit der zahlreichen Sitzungen und stadtbernischen Denkmalpflege besprochen werden, Besprechungen führen die kann es sich dabei aus Platzgründen nur um die Spitze häufigen, jedoch unerlässli- des Eisberges handeln. Im Rahmen dieser Einleitung chen Augenscheine zur Ge¬ möchten wir daher auch versuchen, als Gesamtüberblick fahr einer Zersplitterung der Kräfte, verbunden mit einige allgemeine Angaben über unsere zu Tätigkeit ge¬ notwendigerweise raschen ben. Entscheiden (und auch zur Die Denkmalpflege begleitet jährlich etwa 120 bedeuten¬ notorisch schlechten Er¬ dere Objekte bei Planung, Bauuntersuchung, Restaurie¬ reichbarkeit der Mitarbei¬ ter der Denkmalpflege). rung und Renovation; in dieser Zahl sind die überaus zahlreichen Einzelberatungen nicht eingeschlossen. Alle diese Baubegleitungen können nicht vom Schreibtisch aus durchgeführt werden, sondern erfordern meistens die 54 Der seit einigen Jah¬ Präsenz des Denkmalpflegers und seiner Mitarbeiter auf ren gut ausgebaute Presse¬ dienst der Stadt Bern ist der Baustelle So sind in jedem J.'ihr 600-700 Augenscheine uns bei grösseren Orientie¬ im Gemeindegebiet notwendig53. ganzen rungen eine willkommene Von grosser Wichtigkeit scheint uns die Information und Hilfe. auch die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Anliegen der Denkmalpflege zu sein. Glücklicherweise stossen unsere 55 Gegen die Aufnahme Themen auf ein grosses Interesse der Medien, die immer hatte sich Opposition ge¬ bildet der wieder bereit sind, über wichtige wegen «zu späten Restaurierungen, Reaktion der Behörden auf Schutzplanungen oder Inventare in vertiefter Form zu die Auskernungen in der berichten54. Der Diskussion mit einzelnen Bevölkerungs¬ oberen Altstadt mit der oder Berufsgruppen dienen auch Vorträge und Führun¬ Bauordnungs-Revision 1979», allem aber gen mit anschliessender Aussprache; trotz dem beträcht¬ vor we¬ gen grundsätzlicher Beden¬ lichen Zeitaufwand nehmen wir jedes Jahr an 15-20 sol¬ ken gegen die Aufnahme chen Anlässen teil. von Städten oder Stadt¬ Auch gegen aussen hat die Denkmalpflege gelegentlich teilen in das für Einzel¬ zu wirken. So hatte sie 1982/83 die Kandidatur der monumente geschaffene Verzeichnis. Schweiz betreffend die Aufnahme der Altstadt von Bern in das UNESCO-Verzeichnis der Weltkulturgüter vorzu¬ bereiten und von der Sache her zu stützen bis zur Auf¬ 56 Nur wenige Flachma¬ nahme im Dezember 198355. Sie hatte die Stadt Bern ler können heute noch die auch an verschiedenen internationalen Kongressen zu verschiedenen Maserie- vertreten. rungen und Marmorierun¬ gen ausführen, nur wenige Die Aus- und ist in verschiedener Weiterbildung für uns Gipser einen Stuckstab zie¬ Hinsicht ein wichtiges Thema. Die an Denkmälern be¬ hen. Auch die fachgerechte schäftigten Handwerker sind gelegentlich durch alte Konstruktion von massi¬ Parkettböden in alten Techniken überfordert56 - meist ist es möglich, mit älte¬ ven Mustern oder die richtige ren Handwerkern, welche in ihrer Lehrzeit noch in tradi¬ Verleimung unversperrter tionellen Ausführungsmethoden unterrichtet worden Täferfüllungen werden zu¬ sind, die angestrebten Resultate zu erreichen. Wir ver- nehmend zum Problem.

13 57 Früher Kunstgewer¬ suchen, die Weitergabe dieses spezifischen Berufskön¬ beschule der Stadt Bern. nens innerhalb der Betriebe an jüngere Handwerker zu fördern und auch die Pflege alter Techniken in der Be¬ 58 Die Fachklasse unter Restaura¬ Leitung von Dr. U. Schiessl rufslehre anzuregen. Für die Ausbildung von kann als schweizerische toren besteht glücklicherweise seit einigen Jahren an der Pionierleistung gelten. Die Schule für Gestaltung57 die «Fachklasse für Restaurie¬ Bernische Denkmalpflege- und Konservierung». Die Fachklasse hilft nicht nur Stiftung unterstützt die rung Klasse. entscheidend mit, den Nachwuchs bei den Restauratoren zu sichern, sondern kann im Rahmen von Praktika der 59 Wesentliche Kontakt- Denkmalpflege auch wichtige Hilfe bei Sondierungen und Diskussionsmöglich¬ und Vorabklärungen leisten58. Auch der Weiterbildung keiten bieten die alljährli¬ der Architekten und ihrer Mitarbeiter widmen wir chen Exkursionen der Eid¬ unsere genössischen Kommission Aufmerksamkeit: Mit gezielten Führungen für ganze Ar¬ für Denkmalpflege. chitekturbüros, mit spezifischen Vorträgen und Diskus¬ sionen in Fachverbänden und mit Besichtigungen vor Be¬ 60 zahlreichen Ver¬ Die ginn von Restaurierungsvorhaben versuchen wir, zur anstaltungen von Herstel¬ ler- oder Verarbeiterfir¬ Sensibilisierung dieser wichtigen Partner beizutragen. men sind meist sehr pro¬ Im argen liegen dagegen die Weiterbildungsmöglichkei¬ duktbezogen. Ein allzu ten für die Mitarbeiter der Denkmalpflege selber. Weder grosses Engagement der an den Universitäten noch an den technischen Hochschu¬ Denkmalpflege bei solchen len werden Programme angeboten59. Auf eher zufällige Veranstaltungen könnte leicht ihre Unabhängigkeit Art wird die Weiterbildung daher an Tagungen60 oder in gefährden. direktem Kontakt mit Kollegen betrieben.

14 2. KIRCHLICHE BAUTEN

Wir beginnen das Kapitel mit dem Wahrzeichen 61 Gemäss Ausschei¬ Berns, dem Münster. Seine bauliche Betreuung ist aus dungsvertrag von 1875 hat historischen Gründen auf recht komplizierte Art die Einwohnergemeinde gere¬ Bern den baulichen Unter¬ gelt61 Während die in Zusammenhang mit der Benut¬ halt der vier Stadtkirchen zung stehenden Anliegen durch die Münster-Kirchge¬ («Kirche zum Heiligen meinde behandelt werden, befassen sich die Organe der Geist, französische Kirche, Gesamtkirchgemeinde mit der Ausstattung unter Ein- Münsterkirche, Nydeck- kirche») zu wäh¬ schluss und Fenstern sowie mit den Fragen tragen, von Orgeln rend die Kirchgemeinde der Sicherheit. Der Münsterbauverein62 kümmert sich die Inneneinrichtung und um die Sandsteinarbeiten und alle direkt damit verbun¬ Ausstattung inklusive Fen¬ denen Probleme, die Einwohnergemeinde um den Un¬ ster zu unterhalten und zu hat. terhalt der übrigen Partien des Rohbaus (Dächer, Holz¬ erneuern werk usw.). Diese vielfältige Betreuung hat den Vorteil, 62 Dem 1887 gegründe¬ dass die Verantwortlichen den ihnen Bereich zugeteilten ten Verein gehören heute überblicken können, birgt jedoch die Gefahr mangelnder Einwohnergemeinde, Ge¬ Koordination in sich. Innerhalb des Münsterbauvereins samtkirchgemeinde, Bur¬ ist daher 1983 das Münsterbaukollegium, das seit Jahrzehn¬ gergemeinde und die Zunft zu Ober-Gerwern an. Der ten nicht mehr bestellt wor¬ zusammengetreten war, neu Verein wird durch die den63. Das Baukollegium führt die Oberaufsicht über SEVA unterstützt. Der den Münsterbauleiter und die Bauhütte. Es koordiniert Vereinszweck bestand ur¬ aus fachlicher Sicht alle am und im Münster auszufüh¬ sprünglich im Ausbau des renden Arbeiten. Münsterturms, nach Ab¬ schluss dieser Arbeiten in der südlichen Hochwand des Münsterchores hatte An der Wiederherstellung Dr. Hans Gugger die Spuren einer archivalisch belegten, schadhafter Bauteile und vorreformatorischen Orgel festgestellt. Als der langge¬ Kunstwerke am Münster. hegte Wunsch der Münsterkirchgemeinde nach einer Chororgel verwirklicht werden sollte, lag daher die Errich¬ 63 Das Baukollegium be¬ steht den Herren tung einer Schwalbennestorgel nahe, die sich in Lage, aus H.von Fischer (Vorsitz), Grösse und den vorhandenen Disposition aus Spuren Prof. Dr. L. Mojon und herleiten liess64. Das zierliche Instrument, dessen Pro¬ B. Furrer. An den Sitzun¬ spekt mit Flügeltüren abgedeckt und geschützt werden gen nehmen auch der kann, ist auf einem Konsolkorb mit hoher Brüstung auf¬ Münsterbauleiter T. Inder¬ mühle und sein Stellvertre¬ gestellt. Es bereichert sowohl den Kirchenraum optisch ter teil. wie musikalisch die im intimeren Rahmen des Chorrau¬ mes stattfindenden Gottesdienste. 64 Entwurf der Orgel Nachdem die bereits 1965 begonnene Herstellung von B.Edskes (Wohlen AG), Kopien der Figuren des Münsterhauptportals abge¬ Ausführung Orgelbau schlossen ist und die Originale im Bernischen Histori¬ Metzler (Dietikon). Lit. Hans Die neue schen worden ist den Gugger: Museum ausgestellt sind65, mit Chororgel im Berner Mün¬ Vorarbeiten zur Restaurierung des Hauptportals selber ster, in «Musik und Gottes¬ und der zahlreichen mit dem Portal verbundenen Relief- dienst», Heft 1, 1984.

15 65 Lit. Katrin Tremp- figuren begonnen worden. Die detaillierten Untersu¬ Utz und andere: Das Jüng¬ chungen betreffen einerseits den Stein (Zustand, Zerfall, ste Das Berner Gericht, Konservierungsmöglichkeiten, Ergänzungen), anderer¬ Münster und sein Haupt¬ seits die verschiedenen Por¬ portal, Bern 1982. polychromen Fassungen von tal und Figuren (Farbschicht- und Pigmentuntersuchun¬ 66 An den Abklärungen gen, Maltechniken) sowie die Wandmalereien66. Die sind beteiligt die Restaura¬ ausgearbeiteten Programme sehen eine Fertigstellung des toren S. Nussli und Arn und der beiden Seitenportale der Jahr¬ AG, Lyssachen, das Insti¬ Hauptportals vor tut für Denkmalpflege der hundertfeier 1991 vor. ETH (Dr. A.Arnold) so¬ Die Westfront des Turmvierecks dagegen wird die Mün¬ wie die Münsterbauhütte. sterbauhütte bis zur Jahrtausendwende beschäftigen. Die erschreckend stark fortgeschrittene Zerstörung sogar des Mauergrundes bei den während der letzten Renovation kurz vor 1900 eingebauten Steine ist auf Umwelteinflüsse (Wetterseite, Schadstoffkonzentration), auf die teilweise schlechte Qualität der verwendeten Steine und auf hand¬ werkliche Mängel zurückzuführen.

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Münster Hauptportal, l'ym- panon: Ritter vom Heiligen Grab. Zustand 1984 mit Frei¬ legungen. ti

¦:% I: Triumphbogen und Chor des Münsters mit der neuen Schwalbennestorgel, 1985.

16 Die Heiuggeistkirche ( 44) gilt als Haupt- 67 Neuerliche Siche¬ schöpfüng des protestantischen Kirchenbaus in der rungsarbeiten an den Va¬ Schweiz. Sie ist in einem und sen werden 1984-86 ausge¬ hochkomplexen Planungs- führt. Bauvorgang, in welchem dem jungen Architekten Al¬ brecht Stürler sowie Werkmeister Niklaus Schiltknecht die Hauptverdienste zukommen, von 1726-29 entstan¬ den. Der Aussenbau mit den ruhigen Längsfassaden und den beherrschenden Portalfronten an den Schmalseiten wird dominiert durch den eleganten Turm unter «wel¬ scher Haube» und schlankem Spitzhelm, der unmittelbar 68 Die Netzrippengewöl¬ hinter der selbständigen Südfront das Satteldach durch- be der Emporen sind als frühes für die Wie¬ stösst. Fassaden und Turm der Kirche wurden 1952-62 Beispiel derbelebung bzw. der nie renoviert67. Im Innern ist die durchgreifend ursprüng¬ ganz erloschenen Tradi¬ lich geplante emporenlose Freisäulenhalle überlagert mit tion gotischer Formen be¬ dem Konzept eines Emporensaals68. Der Raum beein¬ merkenswert. druckt als Predigtsaal mit der im Mittelpunkt stehenden 69 Lit. Paul Hofer und Kanzel und dein Altar69. Bernhard Furrer: Die Das Innere der Heiliggeistkirche wurde 1980/81 re¬ Heiliggeistkirche, Schwei¬ stauriert und teilweise umgestaltet. Während die Sand- zerischer Kunstführer, steinteile trotz ihrer starken Patinierung unangetastet Bern 1982 (mit ausführ¬ lichem Literaturverzeich¬ blieben, mussten die Stuckdecken, welche durch Feuchtig¬ nis). keit, Risse und starke Verschmutzung gelitten hatten, re¬ stauriert werden. Die Régence-Stukkaturen der Mulden¬ decken, 1728/29 durch den Wessobrunner Josef Anton Feuchtmayer ausgeführt, gelten als bedeutendstes Stuk¬ katurwerk des frühen 18.Jahrhunderts in bernischem Umkreis. Die Arbeiten bedingten ein umfangreiches Ge¬ rüst, was zu einer längeren Schliessung der Kirche führ¬ te. Nach Farbschicht- und Pigmentuntersuchungen70 70 Stratigraphien und wurden die Stukkaturen sorgfältig von mehreren jünge¬ Farbstellungspläne, ausge¬ führt durch H.A. Fischer ren, verfälschenden Anstrichen befreit, die Deckenmul¬ AG, Pigmentuntersuchun¬ den wurden Kondensat thermisch zur Vermeidung von gen durch Dr. B.Mühle- isoliert und grössere Schäden am Stuck ausgebessert. Die thaler. Stukkaturen konnten hierauf neu gefasst werden - die heutigen Farbtöne entsprechen dem originalen Bestand. 71 Musikalisch warfen Nach jahrelangen Vorarbeiten und vollendeter Re¬ vor allem die störanfällige elektropneumatische Trak- staurierung der Stukkaturen konnte auch eine neue Orgel tur und das Fehlen eines Das alte 1933 eingebaut werden. Instrument von genügte Rückpositivs Probleme weder in musikalischer noch in gestalterischer Hin¬ auf, während gestalterisch sicht71 Aufgrund zahlreicher Entwürfe für Dispositionen die breite, aber flach-unge- und Prospekte konnte die zuerst fast unlösbar scheinende stalte Front der Pfeifen mit darüberliegendem hässli- Aufgabe mit einer klaren des Instruments ent¬ Aufteilung chem Gitter die Wirkung sprechend den architektonischen Gegebenheiten gemei¬ von Kirchenraum und stert werden, wobei aus verschiedenen Gründen auf eine Kanzel störte.

17 72 Lit. Hans Gugger: Rekonstruktion des Gehäuses von Alois Mooser (1804) Die bernischen Orgeln, verzichtet wurde72. Der neue Prospekt ist in der Ausge¬ Bern S. 85 ff. 1978, staltung der Schnitzereien und in der Behandlung des Ei¬ 73 Orgelbaukommission chenholzes dem Kanzelaufsatz angepasst73. unter Leitung von Pfr. Parallel zu diesen bedeutenden Eingriffen konnte eine H. Sulser. Entwurf der Or¬ ganze Anzahl kleinerer, für den Kirchenraum aber wich¬ B. Edskes gel (Wohlen tiger Postulate verwirklicht werden. Die Erneuerung der AG), Orgelbau Metzler Fenster bot Gelegenheit, die 1933 eingesetzten gelblich¬ (Dietikon), Prospekt J. Brühlmann (Muri AG). braunen Gläser durch Normalglas, das auf der Innensei¬ te leicht gehämmert ist, zu ersetzen; der Gewinn an Hel¬ ligkeit und Klarheit in der Kirche ist beträchtlich. Mit dem Abbruch des Mooserschen Orgelprospekts war 1933 auch der Volutenbaldachin über dem Schalldeckel der Kanzel entfernt worden. Die im Dachstuhl aufgefundenen Fragmente wurden zusammengebaut; aufgrund von Innenansicht der Heiliggeist- Zeichnungen wurde der Baldachin ergänzt und wieder kirche gegen Norden mit Kan¬ aufgesetzt. Damit ist heute die Dreiheit von Altar, Kan¬ zel, Abendmahltisch und Orgel zel und wieder intakt und erlebbar. In die Restau¬ sowie der neu geßasslen Stuck¬ Orgel decke. rierung wurden auch die Familienwappen miteinbe-

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Die Französischi-: Kirche ( 8) ist als Bestandteil des Dominikanerklosters von 1269 bis gegen 1290 gebaut worden. Sic zeigt die traditionelle Raumdis- position einer Bettelordenskirche und hat vor allem den ausgezeichneten Hallenlettner bewahrt. Die Kirche wur¬ de kurz vor 1500 mit einem hervorragenden Freskenzy¬ klus eines «Nelkenmeisters» ausgestattet. Unmittelbar nach der Reformation wurde der Chor vermauert und in der Folge für verschiedenste Zwecke verwendet. Seit 1623 dient die Kirche den französisch sprechenden Prote¬ stanten Berns74. Der abgetrennte Chor wurde 1913/14 74 Lit. Luc Mojon: Die von Münsterbaumeister Karl InderMühle wieder kirch¬ Französische Kirche, Kunstdenkmäler des Kan¬ lichen Zwecken zugeführt. Während die Gewölbe erhal¬ tons Bern V, Basel 1969. ten blieben, wurden die Fassaden in freier Art rekonstru¬ iert. Der Chorraum blieb jedoch von der Kirche abge¬ 75 Interessant die dama¬ trennt und wurde zusätzlich in der Höhe unterteilt75. ligen Auseinandersetzun¬ Seit Jahrzehnten sind Bestrebungen vorhanden, die im gen zwischen Architekt und den der Chorbogen errichtete Mauer abzubrechen und den Chor «Organen schweizerischen und kan¬ in seiner vollen Höhe wieder mit dem Langhaus zu ver¬ tonalen Kunst- und Alter¬ binden. Eine von der evangelisch-reformierten Gesamt¬ tümerpflege», welche sich kirchgemeinde einberufene Kommission76 studierte an¬ für eine genaue Rekon¬ hand von mehreren Projekten, von Modellstudien und struktion einsetzten. die Aufstel¬ von Vergleichsbeispielen Möglichkeiten zur 76 Leitung durch den lung und Ergänzung der grossen Orgel und ihres Pro¬ Präsidenten des Kleinen spektes von Franz Josef Remigius Bossart (1828) nach Kirchenrates, Herrn der Öffnung der Chorwand. Die ursprüngliche Absicht, S. Eggler. die Orgel auf eine neue Empore an der Westwand des Langhauses zu stellen, wurde aufgegeben, da das bereits 1753/54 verkürzte Schiff durch die erneute optische Ver¬ kürzung in seiner Wirkung stark beeinträchtigt würde.

19 77 Die Orgel weist eine Die Orgel soll nun an ihrem angestammten Platz auf dem 1932 eingebaute elektro- Lettner verbleiben, auf die ursprüngliche Höhe abge¬ pneumatische Traktur auf, senkt und mit einem Rückpositiv ergänzt werden. Das deren häufige Pannen Schwellwerk soll in einem Gehäuse auf kaum mehr repariert wer¬ rückwärtig neuen den können. der Höhe des (wieder freizulegenden) Triumphbogens untergebracht werden. Voraussetzung für diese in Anbe¬ tracht des äusserst schlechten Zustandes der bestehenden Orgel77 dringenden Arbeiten ist, dass für die heute im abgetrennten Chor untergebrachten Räume der französi¬ schen Kirchgemeinde Ersatz geschaffen werden kann - entsprechende Verhandlungen mit der Einwohnerge¬ meinde laufen seit längerer Zeit.

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Innenmodell des Langhauses der Französischen Kirche gegen Osten mit Lettner, Orgel und geöffnetem Chorbogen.

Zeughaus fort! Schulen dort/ lautete eine Parole der sieb¬ ziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Und tatsächlich entstanden nördlich der Nägeligasse nach dem Abbruch 78 Aus der Schupplischu- des Zeughauses 1876 Schulen: westlich die «Schuppli- lc hat sich die Neue Mäd¬ schule», östlich die «Lerberschule» und dazwischen die chenschule entwickelt, aus der Lerberschule das Freie Zionskapelle (Nägeligasse 4) mit ihrer Sonntagsschu¬ Gymnasium; dieses ist in le78 Die Kapelle der Evangelisch-methodistischen Kirche einen Neubau an der Neu¬ wurde 1877 durch Rudolf Ischer errichtet. Den Kapellen¬ brückstrasse umgesiedelt, raum ordnete der Architekt über vier Wohnungen im und das Schulhaus dient seit 1975 nach einem Um¬ «Plainpied» im 1. Stock an; den Westteil des Gebäudes bau der städtischen Sani¬ nimmt die grosszügige Treppenanlage ein, welche am tätspolizei. Äussern durch zwei Fassadentürme markant betont ist.

20 Die Fassaden des später aufgestockten Gebäudes79 79 Aufstockung und Um¬ mussten 1981/82 einer tiefgreifenden Renovation unter¬ bau 1922-26 durch Archi¬ tekt F. Trachsel. zogen werden. Sie können als Beispiel für die in Bern jahrzehntelang von den grossen Steinhauerfirmen durch¬ geführten Renovationen gelten: Die gesamte Oberfläche wurde «auf den gesunden Grund» zurückgehauen, defek¬ te Teile in Naturstein, an exponierten Stellen in zement¬ gebundenem Kunststein ersetzt. Dabei konnten in die¬ sem Fall die für die spröde neuromanische Architektur wichtigen Einzelformen und Oberflächenbearbeitungen beibehalten werden. Das Äussere des Gebäudes präsen¬ tiert sich seit der Renovation faktisch in einem Neubau¬ zustand, die gesamte Epidermis des Bauwerks ist ausge¬ wechselt. Die bleiverglasten Fenster wurden beigehalten und auf der Innenseite mit einer zusätzlichen Isoliervcrgla- sung versehen. Bei dieser Massnahme stand nicht der Schulz der Gläser, sondern die Verbesserung dei Wär¬ 80 Die sprossenlosen me- und Schallisolation im Vordergrund. Im Gegensatz Fenster des Erdgeschosses waren bereits einige Jahre zu einer äusseren Zusatzverglasung blieb der Aspekt der früher eingebaut worden. Fenster unverändert80.

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ff^ M lim rrrf. .rm. ¦rrffl rrrr I Südfiont der Zionskapelle nach der Renovation.

21 Die Marienkirche (Wylerstrasse 26) ist die erste ka¬ p tholische Quartierkirche Berns. Ihr Architekt, Fernand Dumas aus Romont, erstellte sie 1931/32 in Anlehnung an frühchristliche Bauten in streng kubischen, auf die Grundelemente reduzierten Formen. Die gewandelten Bedürfnisse der Benutzer bedingten hier und dort bauliche Veränderungen, die unter Wah¬ Marienkirche: Ansicht von rung der architektonischen Grundgedanken und mit dem Südosten, Zustand 1983. nötigen Takt durchaus vorgenommen und in die Ge¬ samtanlage integriert werden können. So wurden bei der 81 Leider ist der Ersatz des Pfarrhauses 1964 auf Erneuerung der Dächer, bei der Anlage von zusätzlichen wenig rücksichtsvolle Art Parkplätzen und der Gestaltung eines Teils des grossen ausgeführt worden. Der Hofs verschiedene Anregungen der Denkmalpflege be¬ Abbruch der durchgehen¬ rücksichtigt. Es ist zu hoffen, dass bei den in Diskussion den ist für die Einfriedung stehenden Ausbauten der Gemeinderäume im Ostteil der Wirkung der Gesamtanla¬ ebenfalls sein ge ebenfalls sehr nachtei- Anlage zurückhaltende Lösungen möglich Hg- werden81

Die ungenügenden Beleuchtungsverhältnisse in der Friedenskirche (Friedensstrasse 7) konnten unter Beibe¬ haltung der originalen Leuchten verbessert werden. Ge¬ genwärtig sind Studien für die Erweiterung der Kirchge¬ meinderäume im Gang.

Bei der Markuskirche (Teilstrasse 31) waren die gros¬ sen, mit Klarglas versehenen Südfenster stets Ursache von unangenehmen Blendungen. In intensiver Auseinan¬ dersetzung mit dem Raum und vor allem den Kunstwer¬ ken des Chorbereichs, dem thronenden Christus von Walter Clénin und den Glasgemälden von Robert Schär, 82 Kommission unter entwickelte Glasmaler Emil Reich seine zurückhaltenden Leitung von U. Aeschli¬ und doch grosszügigen Entwürfe, die nach seinem uner¬ Binggeli, Aus¬ mann undj. warteten Tod aufgrund der Cartons und der weit gedie¬ führung durch Reich & wurden82. Co. Bern, 1983/84. henen Detailstudien ausgeführt

Das Krematorium (Weyermannsstrasse 1) ist von den Architekten O. Lutstorf und H. Mathis 1907/08 gebaut worden. Die strenge, plansymmetrische Anlage mit der in das Geviert der Urnenhallen einspringenden Haupt¬ kapelle ist eines der wichtigsten Werke der renommierten Architekten83. Der vorgesehenen Verbreiterung der klei¬ wären wesentliche Bestandteile Krematorium: Innenansicht der nen Kapelle zum Opfer kleinen Kapelle nach dem Um¬ gefallen. Ein nun ausgeführter Vorschlag der Denkmal¬ bau. pflege respektiert die Grundzüge der Komposition

22 (Symmetrien, Raumproportionen) und namentlich die 83 Bauherrschaft Berni¬ natürliche Belichtung. Dagegen entspricht die Detailge¬ sche Genossenschaft für Architek¬ staltung nur teilweise den Vorstellungen der Denkmal¬ Feuerbestattung. ten Limbach, Bolliger & pflege83 Partner. Ausführung 1984.

Die christkatholische Kirchgemeinde hat die Fortset¬ 84 Die von K.E.Müller der zung der Renovation ihrer Kirche St. Peter und Paul (F>bauer ¬ brücke), später von Kan¬ in Die ei¬ ( 2) Angriff genommen. aufgrund tonsbaumeister F. Salvis¬ nes internationalen Wettbewerbs von den Architekten berg geleitete Bauausfüh¬ Deperthes und Marchai aus Reims entworfene und rung brachte grosse Pro¬ 1859-64 ausgeführte Kirche84 ist eines der Hauptwerke bleme gestalterischer, bau¬ technischer und finanziel¬ der Neugotik in der Schweiz; in den Einzelformen sind ler Art. deutliche Bezüge zur Romanik spürbar85. Gegenwärtig wird als weitere Etappe die Nordseite der 85 Lit. Hermann von Kirche restauriert. Die bautechnischen Schäden, die sich Fischer: Denkmalpflege im im Bereich der früheren Renovationsetappen (Südseite Kanton Bern 1964 bis 1967. S. 54ff. André Meyer: Neugotik und Neuromanik in der Schweiz, Zürich 1973.

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Ansicht der christkatholischen Kirche St. Peter und Paul von Norden, 1982. Gut sichtbar die Überreste des Rautenmu¬ sters, das durch hell- und schwarzengobierte Ziegel ent¬ stand.

23 86 Architekten Spörri und Turm) aus der Verwendung von zementgebunde¬ und Valentin AG. nem Kunststein ergeben haben, sind analysiert und die notwendigen Lehren gezogen worden. Die Arbeiten86 werden noch längere Zeit dauern und in unserem näch¬ sten Bericht eingehender dargestellt.

Das Landhaus «La Prairie» (Sulgeneckstrasse 7) ist wohl 1734 erbaut worden. Der zweigeschossige Putzbau ist um 1800 mit einer auf drei Seiten umlaufenden Laube auf toskanischen Säulen versehen worden; Kernbau und Laube sind unter dem weitausladenden Walmdach ver¬ bunden. Das seit 1927 dem römisch-katholischen Kultus¬ verein gehörende Haus sollte für den Bau eines grossen Kirchgemeindezentrums abgebrochen werden. In einem ausführlichen Gutachten nahm die Denkmalpflege an¬ fangs 1981 Stellung zum Wert des Gebäudes. Nach in¬ tensiv geführtem Abstimmungskampf wurde der Neu¬ baukredit im März von den Katholiken der Gesamtkirch¬ niiBRii gemeinde Bern abgelehnt. Die «Prairie» wird seither pro¬ __ visorisch genutzt - es ist zu hoffen, dass die notwendige Landhau s «La Prairie». 1 » Instandsetzung des Baus in nächster Zeit durchgeführt sieht von Süden. 1985. werden kann.

24 3. ÖFFENTLICHE BAUTEN

In diesem Kapitel sind die von der städtischen Denk¬ 87 Die Zuständigkeit für malpflege besonders intensiv bearbeiteten Bauten der öf¬ die denkmalpflegerische der Bauten des fentlichen Hand kurz vorgestellt in der Reihenfolge Bun¬ Betreuung Bundes und seiner Regie¬ desbauten87, Staatsbauten, Bauten der Burgergemeinde betriebe im Gebiet der Ein- und der Zünfte sowie kommunale Bauten. Am Schluss wohnergemeinde Bern war des Kapitels folgen Gassen, Brücken, Brunnen und lange Zeit nicht eindeutig Denkmäler. geregelt. Der Sekretär der Eidgenössischen Kommis¬ sion für Denkmalpflege Das Hauptgebäude der ALKOHOLVERWALTUNG (Läng- (EKD) betreute nament¬ gassstrasse 31) ist ein wichtiges Beispiel des Berner Ju¬ lich das Parlamentsgebäu¬ gendstils. Der 1900 gesamtschweizerisch ausgeschriebene de, die Bundeshäuser so¬ wie das Bundesarchiv. Wettbewerb erbrachte in den ersten Rängen ausschliess¬ Grundsätzlich sind EKD. lich Entwürfe mit historistischen Fassaden. Der strengen, Denkmalpflege des Kan¬ mit dei Ausführung (1903/04) beauftragte Berner Ernst tons Bern (vertreten durch Hünerwadel behielt in der Gesamtform seinen schlossar¬ die städtische Denkmal¬ tigen Entwurf bei88. In der Binnengestaltung, in der Ein- pflege) und Denkmalpflege der Stadt Bern zellorm und im Detail weicht die Neurenaissance des gemeinsam verantwortlich. Zur Ver¬ des Wettbewerbs den geschwungenen Formen Jugend- meidung einer Zersplitte¬ rung der Kräfte ist nun vereinbart worden, dass für Arbeiten, die eine Bau¬ bewilligung benötigen bzw. in zeitlichem oder sachlichem Zusammen¬ hang mit solchen Arbeiten stehen, die städtische Denkmalpflege, für die übrigen Arbeiten der Sekretär der EKD als « Anlaufstelle bezeichnet werden. 88 Der Wettbewerb war von den Neuenburger Ar¬ iiUu chitekten Prince & F= Béguin unter dem sinnigen Motto fff! «Schnaps» gewonnen wor¬ ymm den (Erbauer auch des n Dienstgebäudes SBB, Mittelstrasse 43, 1902), Hünerwadel warder 3. Preis ex aequo zuer¬ kannt worden.

Der Hauptsitz der Eidgenössi¬ schen Alkoholverwaltung von Südosten.

25 *-S

Alkoholverwaltung: Die restau¬ Stils, der sich auch im Eisenwerk, in Fussbodenmosaiken rierten Malereien an der Vogel- und in bunten, bleiverglasten Fenstern zeigt. Die stark diele. angegriffenen Sandsteinteile der Strassenfassaden " konn¬ ten 1983/84 auf zurückhaltende Art instand gestellt wer¬ den: Sie wurden mit drucklosem Wasser und weichen Bürsten gereinigt, die meisten Partien konnten nach ei¬ 89 Die Alkoholverwal¬ ner Verfestigung mit Kieselsäureester beibehalten wer¬ tung ist eines der wenigen den, und lediglich Fensterbänke und Gurten mussten Bundesgebäude, welche durch den Steinhauer ersetzt werden. Erfreulicherweise den Gitterzaun der Einfrie¬ konnten die früher überstrichenen Malereien der Vogel¬ dung bewahrt haben. dielen freigelegt, konserviert und (soweit nötig) ergänzt 90 Restauratoren werden90. Die Schmal- und Hofseiten werden in den H.A. Fischer AG. nächsten Jahren in gleicher Weise instand gestellt91

91 Die vorhandenen Das Ausbaupläne für die Alko¬ Gebäude der Schweizerischen Nationalbank holverwaltung, die eine ( 1), erbaut 1909/10 von Eduard Joos als ost- Konzentration der Räume seitiger Abschluss des Bundesplatzes in robusten, neu¬ und eine Freigabe von barocken Formen, ist in den siebziger Jahren im Innern Wohnliegenschaften vorse¬ wie an den Fassaden erneuert worden. hen, gehen selbstverständ¬ durchgreifend lich von der Erhaltung des Eine letzte Etappe bot Gelegenheit, die Eingangshalle, Hauptbaus aus. die Korridore, den Bankausschuss-Saal sowie einige Bü¬ ros auf der Westseite von früheren Zutaten zu befreien92. 92 Architekt F. Biffiger Die vom heutigen Betrieb her notwendigen Einbauten im Büro ARB, Innenarchi¬ tekten R. und T. Hauss- konnten zurückhaltend und in feingliedriger Detaillie¬ rung gelöst werden93.

93 Die Hoffässade wird Im südwestlichen Salon des der Schweizerischen Na¬ 1985 noch eine Begrü¬ tionalbank gehörenden Hotel Bellevue ( nung, die den trostlosen Hof beleben wird, erhal¬ 5) wurden Fresken aus der Bauzeit entdeckt. Die unbe¬ ten. schwert-heitere Darstellung von Putten in romantischer

26 Landschaft von Otto Haberer (1912/13) wurde sorgfältig 94 Restauratoren freigelegt und konserviert; die Fehlstellen wurden, fin¬ H.A. Fischer AG. den aufmerksamen Betrachter knapp ersichtlich, er¬ gänzt94.

Das ehemalige Eidgenössische Telegrafengebäude 95 Die Erneuerung des (Speichergasse 6) ist von Doser und Füchslin 1891-93 Reliefs von Luigi Zanini wird der erbaut worden. Das Gebäude beherrscht die Kreuzung (1942-1945) von Eidgenössischen Kommis¬ von Genfergasse und Speichergasse mit dem wirkungs¬ sion für Denkmalpflege vollen, eingestellten Portalrisaliten; trotz grossen Aufbau¬ ohne Mitwirkung der städ¬ ten und einem wenig geglückten Erweiterungsbau von tischen Denkmalpflege be¬ 1940-4395 hat das monumentale Gebäude seinen Stellen¬ gleitet. wert behalten. Nachdem schrittweise das Innere des Ge¬ bäudes entsprechend den Vorstellungen des Betriebs mo¬ dernisiert worden war, wurden die Sicherheitsvorrich¬ tungen im Eingangsbereich verbessert; insbesondere wurden eine (etwas massige) Sicherheitsloge und auto¬ matische Türen eingebaut. Bei dieser Gelegenheit konn¬ ten die Eingangshalle restauriert werden, die Marmorie¬ R rung instand gestellt, die Böden freigelegt und die Be¬ leuchtungskörper in Anlehnung an die verlorenen, ur¬ sprünglichen Modelle neu gebaut werden. Es ist vorgese¬ hen, auch das Haupttreppenhaus gelegentlich instand zu stellen. Speichergasse 6. Eingangshalle Durchblick Der Staat Bern hat eine grosse Anzahl von Gebäuden in mit zum Treppen¬ haus. der Stadt zu unterhalten. Nach Abschluss einer ersten Serie von Instandsetzungen, die eine Wende von der Neubaumentalität zur konsequenten Nutzung alter Bau¬ ten signalisierte96, sind zahlreiche Projekte für Restau¬ rierungen in Gang gekommen. Hier beschrieben werden nur diejenigen, die ganz oder weitgehend abgeschlossen sind97. 96 Vor allem Rettung, Renovation und vorzügli¬ Der Neubau des Hauptgebäudes der Universität che Ergänzung des Amt¬ (Hochschulstrasse 4) ist von den bernischen Behörden als hauses sowie Umstruk¬ turierung der Waldau (bei¬ Ausdruck der gefestigten, 1834 gegründeten Institution de vom kant. Denkmalpfle¬ der Hochschule verstanden worden. Es wurde 1900-03 ger begleitet). nach gesamtschweizerischem Wettbewerb von Alfred Hodler und Eduard Joos erbaut. Das im Grundriss 97 In Projektierung oder U-förmige Gebäude folgt dem für Repräsentationsbau¬ Ausführung namentlich Zeit verbreiteten französischen Loryspital, Zeughaus. ten jener Typus einer Seminar Muesmatt, Staats¬ Schlossanlage. Es wird dominiert durch den von einer ge¬ archiv, Diessbachhaus, waltigen Kuppel überragten Mittelrisalit, von dem die Tscharnerhaus.

27 98 Aufmörtelungen Seitentrakte in leichtem Winkel zurückweichen und da¬ (auch in epoxidgebunde- mit die Flucht der Grossen Schanze und ihrer Uberbau- nem Material) sind nicht aufnehmen. Die Fassaden dieses Baukomple¬ unproblematisch, und ihre ung grossen sehr schlechtem Sie erfolgreiche Anwendung xes waren in Zustand. wurden unter ist abhängig von einer aus¬ möglichster Schonung des Originalbestandes repariert. gezeichneten Abstimmung Nach gründlicher Reinigung und Verfestigung wurde des Materials und sorgfäl¬ Stein für Stein die adäquate Methode festgelegt: Beibe¬ tiger Verarbeitung. kleinere Flicke in EP-Mörtel98, Ersatz Hauptprobleme sind die haltung, grösserer Rissbildung infolge hygri- durch vorgefertigte Stücke in epoxidharzgebundenem schen Quellens und die Kunststein oder Ersatz in Naturstein. Entsprechend dem ungünstige Patinierung Erstzustand wurden gewisse Partien im Farbton eines einzelner verwendeter hellen Savonnière-Steines gefasst. Das gesamte Blech¬ Systeme (Verschmutzung, Vergilbung). Die Entwick¬ werk der Kuppel war in weitem Ausmass korrodiert; es lung dieser Reparatur- wurde genau entsprechend den Originalen in Kupfer-Ti¬ methode ist noch nicht ab¬ tan-Zink nachgebaut. Das Dach ist mit Naturschiefer geschlossen. eingedeckt. .Soweit möglich sind die Fenster wieder mit

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Hauptfront gegen Süden des Universitäts-Hauptgebäudes; Zustand 1985.

28 den ursprünglichen Profilierungen versehen. Die Farbge¬ 99 Die Umgestaltung der bung der Fassaden wurde entsprechend dem Befund fest¬ Hauptfront war damals als Sehritt einer voll¬ gelegt. Nachdem die Hauptfront fertiggestellt ist, werden erster ständigen Neugestaltung die in interessanterwei¬ Seitenflügel Etappen ausgeführt; der Aula verstanden wor¬ se ist hier schon in der Erstellungszeit gespart und der den. Sandstein schrittweise durch Zementstein ersetzt wor¬ den. 100 Nach der Reinigung wurde das in Keim-A- Im Innern konnte im das Decken¬ Treppenhaus grosse Technik ausgeführte Bild gemälde von Otto Haberer, das Allegorien der Fakultä¬ mit stark verdünntem Silan ten darstellt, endlich konserviert werden. Starke Regen¬ behandelt und cine Col¬ wassereinbrüche hatten dem Gemälde Schäden zugefügt, letta aufgebracht. Ein dar¬ auf Glasvlies die an mehreren Stellen Ergänzungen nötig mach¬ appliziertes nun wurde als Schutz Noch hatte eine gegen ten. vor wenigen Jahren der Kanton Feuchtigkeit mit einer Übertünchung vorgesehen Die Aula der Universität PMMA-Emulsion behan¬ ist mit ihren dreiseitig umlaufenden korinthischen Zwil¬ delt. Davor wurden Gips¬ platten gestellt. lingssäulen, die eine Muldendecke tragen, einer der ge¬ schlossensten Innenräume der Zeit Die Qualität dieses Raumes ausser acht lassend, wurde 1934 die Rednerseite der Aula umgestaltet: Die Wandgliederung wurde weg- geschlagen, Walter Clénin schuf sein monumentales Bild ..Wissenschaft und Volk», eine schwerfällige Rednertri¬ büne aus schwarzgrünem Marmor wurde davor errich¬ tet. Die Diskrepanz zwischen Raum und Bild war augen¬ fällig99. Bei der Renovation verlangte nun die Universi¬ tät die Herrichtung der Aula zu einem vollwertigen Hör¬ saal mit 400 Plätzen. Das erste Projekt - ein amphithea- terförmiger Saal mit dem Redner an der inneren Längs¬ wand - hätte den Raum völlig verstümmelt und wurde daher von der Denkmalpflege abgelehnt. Die ausgeführte Lösung geht von der vorhandenen Raumschale aus, die auf der Stirnseite vor dem geschützten100 und abgedeckten

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^/VVPP., Die Aula der Universität, links im Zustand 1934, oben nach der Wiederherstellung der In nengliederungen.

29 101 Die Abdeckung des Wandbild Clénins wieder ergänzt und als Ganzes sorgfäl¬ Clénin-Wandbildes verur¬ tig restauriert und in der differenzierten Farbigkeit wie¬ sachte, nicht zuletzt wegen derhergestellt ist101 Zur Aufnahme der minimalen Zahl des nicht in allen Teilen ge¬ ist als schickten Vorgehens der von Sitzplätzen eine neue Galerie Stahlfachwerk Bauherrschaft, einen er¬ eingebaut, die ebenso wie die übrigen Zutaten, wie Red¬ heblichen politischen Wir¬ nertribüne, Bestuhlung, Beleuchtung, unsere Zeit wie¬ bel. Ein eingehendes Gut¬ derspiegelt l02. achten von Prof. Dr. h.c. A. Knöpfli bestätigte im wesentlichen die getroffe¬ Das Anatomische Institut (Bühlstrasse 26) wurde nen Entscheide. 1896/97 als Ersatz für die Alte Anatomie an der Hodler- strasse 7 von 1835/36 gebaut103. Schrittweise werden seit 102 Architekten: Atelier 1983 die Fassaden des Gebäudes instand gestellt, wobei für Architektur und Pla¬ auch hier fallweise verschiedene Methoden nung. (Verfesti¬ gung, Naturstein und Kunststein) angewendet wer¬ 103 Architekt war das den 104. Verschiedene Verunstaltungen werden rück¬ Hochbauamt des Kantons gängig gemacht, beispielsweise hässliche An- und Auf¬ Bern unter dem damaligen Kantonsbaumeister Franz bauten entfernt. Im Innern werden mehrere Haupträu¬ Stempkowski. me in ihrer ehemaligen Farbgebung wiederhergestellt.

104 Architekten Fuchs Die von Otto Rudolf Salvisberg 1929-31 erbauten In und Guggisberg. STlTUTSGEBÄUDE(Baltzerstrasse 1-5, Bühlstrasse 20, Mues- 105 Architekt A. Ha¬ mattstrasse 19) werden in mehreren Etappen instand ge¬ dorn. Lit. Otto Rudolf stellt. Die mit Sorgfalt vorbereitete und durchgeführte Salvisberg, 1882-1940 - Sanierung der Sichtbetonfassaden machte deutlich, wie Die andere Moderne, heikel eine Angleichung von Flicken auf altem Sichtbeton Zürich 1985. bezüglich Oberflächenstruktur und Farbe (in trockenem und nassem Zustand) ist. Als nächstes wird nun das Inne¬ re der einzelnen Institute überholt: in den fertiggestellten Gebäudeteilen konnten zahlreiche wichtige Elemente der ^V Architekturkonzeption Salvisbergs105 wieder freigelegt und zur Geltung gebracht werden (differenzierte Farbig¬ «_ keit, Bodenbeläge, Labormöbel, Beleuchtung).

Das Berner Kunstmuseum (Hodlerstrasse 12) wurde 1876-78 von Eugen Stettler in einem etwas spröden, in Grundaufbau und Detaillierung gekonnt gemeisterten »!%l Klassizismus gebaut. Unter der Aufsicht des kantonalen m a t -E, •'.-Ì Hochbauamtes ist 1981-83 das Museum unter weitge¬ hendem Abbruch des bestehenden Ost-Anbaus erweitert worden106. Bei dieser Gelegenheit konnte die Eingangs¬ halle von der später eingebauten Glaskonstruktion für die Institutsgebäude: Labor mit Kasse befreit und restauriert werden. Die altem Bodenbelag und Rippen¬ Treppenhalle decke sowie weiterverwendeten des Anbaus von 1932-36 wurde zwar beibehalten, jedoch Lubortischen und Kapelle. in den Materialien und Farben «neutralisiert». Grosse

30 Sorgen bereitet heute der desolate Zustand der Fassaden 106 Architekten: Atelier und Dächer, deren Sanierung bei der Bauetappe 1981-83 5. Lit. R. Zaugg: Für das Kunstwerk. Zürich 1983. ausgeklammert worden war. Eine baldige Inangriffnah¬ me dieser Arbeiten, verbunden mit einer Instandstellung der ist äusserst Innenräume, dringend. -t'S

Die Burgergemeinde Bern ist verdienstvollerweise immer wieder bereit, im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Bei¬ trag auch an die Erhaltung von wichtigen Bauten zu leisten. Nach dem Erwerb der Ischihäuser an der Ge¬ rechtigkeitsgasse/Junkerngasse und deren Umbau und Renovation107 - beides Marksteine in den Bestrebungen Kunstmuseum : Eingangshalle zum Schutz der Berner Altstadt - haben die bürgerlichen nach der Restaurierung. Links der neue Windfang. Instanzen wiederholt ihr grosses Engagement für die Er¬ haltung und sinnvolle Belebung alter Häuser bewie- 107 Lit. H. von Fischer und andere: Die Burger¬ häuser in der Berner Alt¬ Das Mayhaus mit dem Erker (Münstergasse 62) ist stadt, Bern 1977. 1514/15 unter Zusammenschluss zweier Wohnhäuser für den Diplomaten und Handelsherrn Bartlome May ge¬ 108 Ein wesentlicher Bei¬ baut worden. Die grosszügige Disposition der Räume ist, trag der Burgergemeinde wahrscheinlich kaum verändert, erhalten. Während auf ist auch die 1985 angelau¬ fene Renovation der Villa der Hofseite ein mächtiger Treppenturm die Fassade be¬ Kocher (Schlösslistrasse 5) herrscht, verdeckt ein oktogonaler Erker die Nahtstelle und ihr Umbau zu einem der beiden älteren Häuser auf der Gassenseite. Der Er¬ «Haus der Universität», ker, dessen in Riegwerk aufgesetztes drittes Oberge- die im nächsten Bericht zu schoss 1895 durch ein hohes, schwer wirkendes Sand- behandeln sind. steingeschoss mit Spitzhelm ersetzt worden war, zerfiel in den letzten Jahrzehnten zusehends - der private Hausei¬ gentümer verfügte nicht über die Mittel für eine Restau¬ rierung. Nach intensiven Bemühungen der Denkmalpfle¬ ge gelang der Verkauf der Liegenschaft an die Burgerge¬ meinde und damit die Sicherstellung des langfristigen Unterhalts. Der Erker wurde 1983-85 erneuert109. Der Zustand der einzelnen, offenbar bereits mehrfach zu¬ rückgearbeiteten Sandsteinteile war so katastrophal, dass 109 Architekt B. Dähler. nur ein Abbau des ganzen Erkers und seine Wiederauf¬ Steinmetz- und Bildhauer¬ in Frage kam richtung - nur einige wenige Originalstük- arbeiten durch die Mün¬ ke konnten dabei wiederverwendet werden. Aufgrund sterbauhütte. der Mehrheitsmeinung der eingesetzten Expertenkom¬ mission "° entschied der Kleine Burgerrat, die Form des 110 Expertengruppe: H. Fischer (Vorsitz), Erkers nach 1895 beizubehalten und einer Wieder¬ von von B. Furrer, Prof. Dr. P. Ho¬ herstellung des hölzernen dritten Obergeschosses, dessen fer, Prof. Dr. A.A. Schmid, Umrisse am Bau belegt sind, abzusehen. Um eine erneute Dr. J. Schweizer.

31 Ill Die Burgergemeinde Uberbelastung des Erkerkorbes durch das hohe und plant die Herausgabe einer schwere dritte Obergeschoss aus Stein zu verhindern, Schrift nach Abschluss der wurden massive Hilfskonstruktionen in Stahl nötig. Die Arbeiten am ganzen Haus. Sandsteinteile wurden mit den späteren Veränderungen (beispielsweise den vergrösserten Fenstern), die Neben¬ bauteile wie Blechwerk und Fenster genau nach dem be¬ legten Bestand von 1895 rekonstruiert. Die Instandset¬ zung des Gebäudes und der Fassaden soll als nächstes in An¬ griff genommen werden; der Burgerversammlung soll ein entsprechender Kredit 1986 vorgelegt werden1" ", 5 1 iwr« g_ "1 TT1 Bl £V£er rf« Mayhauses: zweites und drittes. 1895 aufgesetztes Geschoss. nach der Rekonstruk¬ tion 1985.

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Erker des Mayhauses: Netzrip¬ I I pen des Erkerkorbes und erstes Geschoss von Osten, mit wie¬ derverwendeten Sandsteinteilen und beibehaltener Vergrösserung «MM der Fenster, nach der Rekon¬ w struktion 1985. ü Das Mayhaus mit dem Erker *an von Westen, Zustand 1985 _

32 Das 1906-08 von den Architekten Lindt und Hoff¬ 112 Bildhauer U.Bride- mann erbaute Casino ( 25) ist ein wichtiger vaux. Beitrag der Burgergemeinde an das kulturelle Leben der 113 Architekt P.Rahm; Stadt Bern. In einem langfristigen Programm wird der Casino-Kommission unter mächtige Bau saniert. Als erste Etappe wurden 1979/80 dem Vorsitz von Fürspre¬ das Dach und die in direktem Zusammenhang damit ste¬ cher R. von Fischer. Eine henden Sandsteinteile renoviert; dabei wurden die Bild¬ Publikation zum 75jähri- Bestehen des Casinos hauerarbeiten durch ersetzt"2. Leider konnten gen Kopien ist in Vorbereitung. die fehlenden, für die Gesamterscheinung des Baus wich¬ tigen Dachvasen auf den Vordachwölbungen der Fassa¬ dentürme aus Kostengründen nicht aufgesetzt werden. Seit 1984 wird nun der Konzertbereich umgebaut. Das östliche Haupttreppenhaus konnte vom Schicksal seines ä westlichen Pendants, vom Einbau eines Lifts im Trep¬ penhaus, bewahrt werden. Erfreulicherweise konnte für \ den Einbau des Pausenbuffets eine moderne und den¬ «, noch gut in die bestehende Innenarchitektur integrierte p..;^-; ->¦ Form gefunden werden. Nach grossen Anstrengungen sollte es gelingen, die in den sechziger Jahren für den ver¬ //. h ^ U ' i steckten Einbau von Lüftungskanälen abgeschlagenen "., Stukkaturen des Foyers und der Treppenhäuser genau -Q/ WU< nach den vorhandenen Belegen zu rekonstruieren "3. i * Casino Südßront: Sandstein¬ Die Wohnhäuser 42 / Postgas¬ kopie der Muse am Westturm se 35 unterzog die Burgergemeinde einer schonenden Restaurierung"4. Während Gerechtigkeitsgasse 42 ein herrschaftliches Haus aus dem Frühwerk von Albrecht Stürler ist (erbaut 1732-34), handelt es sich beim nörd¬ 35 lich anschliessenden Bau um zwei im 114 Architekt B. Furrer, 17.Jahrhundert zusammengelegte, schmale Handwer¬ Baukommission unter dem kerhäuser. Diese unterschiedliche Ausgangslage wurde Vorsitz von S. Burkhard. im unterschiedlichen Zuschnitt der Wohnungen beibe¬ Der Berichterstatter hatte sich bei seiner Wahl halten. Unter der vorhandenen zum vollständiger Wahrung Denkmalpfleger ausbedun¬ der fa¬ Grundrissstrukturen und Ausstattung gelang es, gen, diese bereits weitge¬ milienfreundliche Wohnungen mit bescheidenem, aber diehene Arbeit abschlies- neuzeitlichem Komfort zu erstellen"5. In den Dachvolu¬ sen zu können. men wurden zusätzlich moderne Wohnungen eingebaut, 115 Die Mietzinse sind im Keller und im Hof die Lokalitäten der bürgerlichen berechnet worden auf der Schützengesellschaft, der «Reismusketen-Schützengesell¬ Basis der alten Zinse zu¬ schaft», eingerichtet. züglich aller wertvermeh¬ render Aufwendungen. Die werterhaltenden Das von Erasmus Ritter aus mehreren älteren Häusern Kosten (aufgelaufener 1762-64 zum Stadtpalais umgebaute Haus Herrengasse Unterhalt) dagegen über¬ 23 wurde 1983 instand gestellt und mit modernen Ein- nahm die Eigentümerin.

33 richtungen versehen. Alle südseitigen Zimmer sowie die nordwärts gelegenen Essräume blieben mit ihrer Ausstat¬ tung erhalten und wurden sorgfältig instand gestellt, ebenso das Treppenhaus und die Korridoranlagen"6. Die herrschaftlichen Wohnungen haben nach diesem Eingriff nichts von ihrem Charme und ihrer Grosszügig- keit eingebüsst. Die beiden letzten Beispiele zeigen, dass : Rauchzimmer mit einer zurückhaltenden, sorgsam geplanten und auf im Erdgeschoss um 1690 nach das Gebäude abgestimmten Restaurierung und Moder¬ der Restaurierung der Täfier. nisierung die Verbindung von alten Intérieurs in ihrer originalen Form mit heutigen, nicht übertriebenen Kom¬ 116 Architekt A. Furrer. fortansprüchen durchaus gelingen kann.

Auch die bürgerlichen Gesellschaßten und Zünfte achten in der Regel bei Umbauten auf alte, erhaltenswerte Bautei¬ le. So ist von der Gesellschaft zu Kaufleuten ihr li Zunfthaus ( 29) 1980/81 umgebaut worden. Das Gebäude wurde 1718-22 von Niklaus Schiltknecht erbaut - es ist das Hauptwerk der bernischen Bürger¬ hausarchitektur des angehenden Hochbarock. Besonders bemerkenswert ist das raffinierte System der vor die Fas¬ Gesellschaftsbaus zu Kaufleu- sadenfläche geschichteten Gliederungselemen¬ len: dasfreigelegte Treppenhau gesetzten, von 1718-22 und der Holz- te. Die Kirschbaumvertäferungen und das ausgezeichne¬ Auflau von 1981. te Mobiliar machen den Gesellschaftssaal zu einem der bedeutendsten bernischen Innenräume des 18.Jahrhun¬ derts. Die Gesellschaft liess sich von mehreren Architek¬ ten Vorschläge für den Umbau vorlegen. Das ausgeführ¬ 117 Architekt P. Rahm, te Projekt"7 verzichtete auf den Einbau eines Lifts und kunsthistorische Beratung beschränkte sich im Hauptbau auf den Ausbau des Dach¬ U. Bellwald. volumens; zudem wurden verschiedene Räume restau¬ riert. Das stark verbaute Treppenhaus wurde freigelegt und mit einfachen Mitteln verglast, so dass die architek¬ tonische Wirkung wieder sichtbar ist. Zur Erschliessung der oberen Geschosse und zur Schaffung einer Terrasse wurde der Treppenhaustrakt mit einer formal an moder¬ nen Vorbildern orientierten, gedeckten Holzkonstruktion aufgestockt.

Das Zunfthaus zu Metzgern (Kramgasse 45) ist vom Sprüngli-Schüler Rudolf August Ernst 1769/70 gebaut worden. Unter Wahrung der Schaufensteranlage in den Lauben von Münster- und Kramgasse wurde 1982 ein moderner Laden eingebaut - eines der zahlreichen Bei¬ spiele für die Tauglichkeit älterer Schaufenster bei neuen

34 Ansprüchen. Kurz daraufbaute die Zunft dann die bei¬ 118 Leider sind die reiz¬ den Dachstockvolumen zu Wohnungen um; in Zusam¬ vollen Malereien im geräu¬ anläss¬ menhang damit konnten Teile des Intérieurs im dritten migen Treppenhaus lich der Renovation teilwei¬ Stock auf der Seite in die Münstergasse Neuorganisation se überstrichen worden. der Wohnung miteinbezogen werden "8. Dem Begehren nach einem Lifteinbau, dessen Schacht den Hof verklei¬ 119 Entscheid des Regie¬ nert und in seiner Wirkung gestört hätte, wurde seitens rungsrates vom 6. Novem¬ ber 1984. der Stadt, gestützt auf die Bauordnung, nicht entspro¬ chen; der Regierungsrat hat diesen Entscheid von erheb¬ licher Tragweite bestätigt "9.

Die kommunalen Bauten nehmen in der Arbeit eines 120 Die von 1971-84 als kommunalen Denkmalpflegers selbstverständlich einen Baudirektorin der Stadt Bern wirkende Ruth Gei- breiten Raum ein. Die Stadt Bern hat sich sehr lange Zeit ser-Im Obersteg hat we¬ die Baudenkmäler zuwenig um ihr gehörenden geküm¬ sentlichen Anteil an dieser mert. Eine Wende brachten die in der damaligen Zeit vermehrten Pflege der im aufsehenerregenden Entscheide zur Restaurierung bezie¬ Eigentum der Einwohner¬ hungsweise Wiederherstellung der Fassaden von Erla¬ gemeinde stehenden Bau¬ denkmäler. cherhof und Kornhaus sowie für die Restaurierung des Fellerstocks und wenige Jahre danach für den Wiederauf¬ 121 Lit. Hier baut die bau der Brandruine des Alten Schlosses Bümpliz'20. Seit Stadt Bern, herausgegeben jener Zeit konnten einige weitere Baudenkmäler im Ei¬ vom Hochbauamt der Stadt Bern, Bern 1984. gentum der Stadt instand gestellt werden '21.

An erster Stelle sei eines der Wahrzeichen der Stadt, 122 Lit. Paul Hofer: Die der Zytglogge, erwähnt l22.Dieses nach dem kleinen, Kunstdenkmäler der Stadt Basel 1952. Ueli heute verbauten Bubenbergtörli älteste erhaltene Bau¬ Bern, /, Bellwald: Der Zytglogge in werk Berns war das Haupttor der zweiten Stadtbefesti¬ Bern. Schweizerischer gung gegen Westen von 1218-20, ein zur Stadtseite hin Kunstführer, Bern 1983. offener Turm, der gegenüber der inneren Ringmauer vorgesetzt war. Nach Aufstockung und späterer Eindek- kung wird der inzwischen nicht mehr fortifikatorischen Zwecken dienende Turm nach dem Stadtbrand 1405 auf der Ostseite vermauert, und es wird eine erste Uhr einge¬ baut. Der Zytglogge wird nun mehr und mehr zum Wahrzeichen, zu einer Art symbolischem Zentrum der Stadt. Nach Umbauten im 15.Jahrhundert und der Neu¬ konstruktion des Uhrwerks durch Kaspar Brunner 1527-30 wird der Turm langezeit nicht mehr wesentlich verändert. Erst 1770/71 wird der Zytglogge dem inzwi¬ schen vom Barock geprägten Stadtbild angepasst: Unter Leitung von Niklaus Hebler und Ludwig Emanuel Ze¬ hender wird dem trutzigen Bau ein elegantes Kleid vor¬ geblendet. Der Zytglogge ist noch heute Denkmal der

35 123 Lit. Baudirektion der Stadtgeschichte und seiner selbst und zugleich Gravita¬ Stadt Bern (Hrsg.), Zyt¬ tionspunkt der Stadt Bern. Ein Bericht glogge. zum Die des Zytglogge 1981-83 die eine Abschluss der Restaurie¬ Restaurierung - der wichtigsten Aufgaben der städtischen Denkmalpflege rung 1981-83, Bern 1983. in der Berichtsperiode war - muss hier nicht ausführlich 124 Beibehalten wurden dargestellt werden, da in unbernischer Eile eine zusam¬ auch die damaligen bau¬ menfassende Publikation 123 bereits zur Eröffnung vorlag. technischen Verfahren: Die Arbeiten Turm hatten einmal Ziel, die Die vorgeblendeten Stuck¬ am zum gra¬ gesimse oder die in Haken vierenden Bauschäden, die zuvor stets mehr übertüncht hängenden Lisenenplatten als wirklich repariert worden waren, zu beheben; vor al¬ wurden zum Unwillen ver¬ lem waren die besorgniserregenden Risse der Mauer¬ schiedener Kreise nicht in schale zu verfüllen und der durch umfangreiche Aussä¬ Sandstein ersetzt, was zu instabil Dachstuhl Dann einer Pressepolemik unter gungen gewordene zu ergänzen. dem Schlagwort «Der Zyt¬ sollten auch die über lange Zeit am Turm vorgenomme¬ glogge aus Plastik und nen Verunstaltungen rückgängig gemacht und die Bau¬ Leim» führte. geschichte genauer erforscht und dokumentiert werden. Für das Äussere entschieden wir uns, die barocke Neuge¬ staltung von 1770/71 als Richtlinie zu nehmen124 und die teilweise entstellenden Veränderungen (namentlich der Renovation 1929/30) rückgängig zu machen. Dieses Konzept wurde jedoch nicht starr angewendet - so wur¬ den die entdeckten Planetenfiguren in ihrer Fassung aus dem Anfang des 18.Jahrhunderts in das Programm der astronomischen Uhr integriert, und auch das 1929 ent¬ standene Fresko «Der Beginn der Zeit» von Victor Sur¬ bek an der Westfront blieb unangetastet. Dagegen konn¬ ten die differenzierte Farbigkeit (der Turm war 1770/71 vollständig mit Ölfarbe gestrichen worden) wiederherge-

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Zytglogge: die astronomische Uhr mit den Planetenfiguren.

Nebenstehendes Bild.Der Zyt¬ glogge von Osten nach der Re¬ staurierung 1981-83. mtr-m

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® l>* ir S i m. 3 * rw?win fSiS! 3t tfïS»iiii ilr & I a stellt, die Fassungen von Zifferblättern, Figurenspiel und astronomischer Uhr entsprechend dem Befund erneuert und zahlreiche wichtige Einzelheiten wie die Lukarnen- vasen, die Reliefs an der Ostfront oder die Profile des Treppentürmchens rekonstruiert werden. Das Innere des Turms wurde entrümpelt. Nach langen Diskussionen konnte die von den Architekten vorgeschlagene Aushöh¬ lung des Turmschaftes verhindert werden - die bestehen¬ den Bodenfragmente sind im Turm verblieben (und er¬ gänzt), die Blockstufentreppen weiterverwendet und die Turmwärterstube erhalten. Die neuen Elemente (Um- wehrung des Gegengewichtsschachtes, Sicherungen, Be¬ leuchtung) sind mit heutigen gestalterischen Mitteln rea¬ lisiert. Der Zytglogge muss übrigens keine «Nutzung» als Zytglogge: Zustand vor der Re¬ staurierung, Aufnahme um Begegnungsort, Carnotzet und dergleichen aufnehmen; 1940. er wirkt vielmehr als Monument an sich, macht seine vielschichtige Geschichte spürbar und ist dabei wohltu¬ end leer. Das Uhrwerk und die astronomische Uhr wurden sorgfaltig restauriert. Dabei konnten die beiden Spielwer¬ ke wieder an ihren ursprünglichen Standort in der Rah¬ menkonstruktion des Hauptwerkes eingesetzt werden. An der astronomischen Uhr wurde ausser den erwähnten Planetenfiguren auch die Bemalung des Mauerverputzes freigelegt; damit konnte das Planisphärium rekonstruiert 125 Architekten: Arbeits¬ fehlerhafte gemeinschaft Suter und werden. Die Teilung der Tierkreisscheibe Partner sowie U. Bellwald. wurde korrigiert. Nach der Restaurierung des Zytglog¬ Uhrwerke und astronomi¬ ge125 und der bereits zuvor durch den Kanton abgeschlos¬ sche Uhr Ing. M. Marti. senen Renovation mit Umbau des Käfigturms wartet von H. Begleitausschuss von den erhaltenen der Stadt der Turm Fischer, B. Furrer, Prof. Haupttoren einzig Dr. P.Hofer, U. Laedrach, bei der Untertorbrücke, die heutige «», auf Dr. J. Schweizer. eine Restaurierung. .LL S.

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Das Uhrwerk von Kaspar Brunner von 1527-30 im Zyt¬ glogge, nach der Restaurierung.

38 Das Alte Schlachthaus (Rathausgasse 22) wurde als 126 In der ungefähr Ersatz für das aus dem 15.Jahrhundert stammende gleichzeitig umgebauten Schaal zwischen Rathaus¬ «Schindthaus» 1768-70 von Ludwig Emanuel Zehender und Kramgasse wurde das gebaut, ein eleganter, eingeschossiger Bau mit Mansart- Fleisch verkauft. Die dach, der die sonst geschlossene Strassenseite durch die Schaal wurde 1938 für den Eckstellung zum Metzgergässchen, die niedrige Firsthö¬ Neubau des Konservato¬ he und das kräftig-bewegte Dach gliedert126. Nach der riums abgebrochen. Der Begriff Schaal wird seither der Schlächterei in das Schlachthaus Engehal¬ Verlegung fälschlicherweise auch für 1875 1915 de wurde das Gebäude bis nur noch zeitweilig das Alte Schlachthaus ver¬ als Schlachtort benützt, und seither diente es vor allem wendet. als Remise 127. Das Innere des Gebäudes wurde 1981/82 in Verbin¬ 127 Das Projekt für ein viergeschossiges «Gemein¬ mit der stadtabwärts anschliessenden, ebenfalls der dung dehaus der Stadt Bern» von Stadt gehörenden Liegenschaft zu kulturellen Mehr¬ Architekt M. Steffen 1921 zweckräumen ausgebaut128. Der grosse Raum des seheiterte glücklicherweise. Haupthauses mit seinem gewerblich-ungeschlachten 128 Architekt K. Gossen¬ Charakter blieb erhalten, auf geschickte, teilweise ironi¬ reiter, Mitarbeiterin sche Art sind die neuen Elemente unaufdringlich als sol¬ M. Rausser. che sichtbar eingefügt: Unterspannungen anstelle älte¬ rer, eine flexible Nutzung verunmöglichender Pfosten, Brandmaueröffnungen zum Nebenhaus und dazugehöri¬ ge, mobile Treppen, Verschlüsse der Fassadenöffnun¬ gen, Windfang usw. Auch die technischen Einrichtungen sind sorgfältig geplant worden; obwohl alle Leitungen und Apparate sichtbar sind, ordnen sie sich dem Raum unter. Seine Wirkung, die vor allem von seiner urtümli¬ chen Kraft herrührt, ist ungeschmälert geblieben. Der sehr flexibel nutzbare Raum mit rund 200 Plätzen wird

1 ~1 3! fin Alte-, Schlachthaus: Fassade zur 7* Rathausgasse, Zustand 1985.

•4 Hauptraum des Alten Schlacht¬ hauses nach Restaurierung und m S Y Umbau.

39 129 Das Alte Schlacht¬ seither für Theater129, Konzerte, Filmvorführungen und haus war einer der Aus- Lesungen gebraucht. Im Dachgeschoss finden Anlässe in des Stadt¬ weich-Spielorte intimerem Rahmen statt. Im Nachbarhaus, das auf drei theaters während des Um¬ Geschossen dem Schlachthaus die baus des Theatergebäudes. mit verbunden ist, sind Nebenräume wie Toiletten, Heizung, Garderoben unter¬ 130 Interessant hier die gebracht 13°. Wie überall in der untern Altstadt sind über verglaste «Passage» im mi- dem ersten Stock Wohnungen eingebaut. In den Keller¬ nuskulen Hof, ferner ein gewölben befinden sich die «Berner Galerie» sowie ein gutes Beispiel für einen PTT-konformen Umbau Übungslokal für Musiker. einer alten Briefkastenan- lage (in Zusammenarbeit Das Brunnenhaus (Brunnmattstrasse 10) ist mit der mit der Kreispostdirektion erdrückenden Silhouette des Kinderspital-Hochhauses und dem Bauinspektorat die rücksichtslose einzelner hat die Denkmalpflege Symbol für Umkrempelung «Gestaltungsrichtlinien» Berner Quartiere. Das bescheidene, über Sockel einge¬ für den Umbau bestehen¬ schossige Rieggebäude unter Krüppelwalmdach wurde der Briefkastenanlagen 1585 erbaut und 1730 nach einem Brand stark umgebaut; ausgearbeitet). ein Sturzgefälle eines Stadtbacharmes betrieb die Quell¬ wasserpumpe, die Trinkwasser für die Versorgung der Stadt lieferte131. Das arg verwahrloste Gebäude, das mehrmals Strassenverbreiterungen hätte Platz machen sollen, wurde 1980/81 restauriert, und es wurden ein Kindergarten sowie im Dachstock eine Zweizimmerwoh¬ nung eingerichtet132. Besondere Probleme bot der Sockel welche der Grundfeuchte U aus Sandsteinquadern, wegen völlig verrottet waren. Die schlimmsten Partien der Westseite, die sich auch stark gesenkt hatte, mussten ab¬ gebrochen, neu fundiert und aufgebaut werden, während Brunnenhaus: Ansicht von Sü¬ die Südfront lediglich gereinigt und örtlich geflickt wur¬ den. Zustand 1985. de. Das kleine Haus ist nach dem freundlich-einfachen Innenausbau, der auf geschickte Art Sockel- und Haupt- geschoss verbindet, und nach der jeden Perfektionismus 131 Die heute noch vor¬ vermeidenden Restaurierung des Äussern133 zu einem handene Pumpenanlage den Kindern entsprechenden, gemütlichen Zuhause ge¬ stammt von 1881 ; sie wurde durch die Lehrwerkstätten worden; gleichzeitig ist eine massstäbliche Orientierungs¬ und die Firma Giroud (Öl¬ hilfe im Quartier erhalten geblieben. ten) im Zuge der Gebäu¬ derestaurierung überholt. Zahlreiche Schulhäuser der Stadt sind in den letzten Ver¬ 132 Architekten: Atelier Jahren instand gestellt worden. Ein interessanter für Architektur und Pla¬ gleich zwischen ähnlichen und doch in manchem grund¬ nung. verschiedenen Verhaltensweisen ist bei den zwei folgen¬ den, in unmittelbarer Nachbarschaft stehenden Bauten 133 Aus dem Bericht des Der Bümpliz Architekten: «Wir wollen möglich. Stock der alten Dorfschule 1834 steht nicht perfektionieren, was (Bümplizstrasse 92), erbaut, mit den übrigen nie perfekt war.» historischen Gebäuden der näheren Umgebung in

40 enger Beziehung: Feilerstock134, Altes Schloss135, Neues 134 Vor dem Abbruch Schloss136. Der Stock wurde 1979/80 saniert und für bewahrt, restauriert und als Schulhaus neue wie Tagesheim, Bibliothek, Kleinklas¬ umgebaut Nutzungen 1974-76. sen und Erwachsenenbildung umgebaut137. Das beste¬ hende Gebäude wurde unter möglichster Schonung des 135 Restaurierung und Baubestandes unter Einschluss von Lauben und Aussen- Erweiterung 1978-80. treppen erhalten und sorgfältig restauriert. Die Neben¬ 136 Die Aussenrestaurie- räume sind an der Rückseite des Gebäudes angefügt. Der rung 1984/85 wird im näch¬ mit Holz glatt verschalte Neubaukörper anstelle von älte¬ sten Bericht behandelt. ren Anbauten ist mit einem verglasten Gang, der die seit¬ lichen Lauben verbindet, als «Nahtstelle» an den Altbau 137 Architektin M. Raus¬ Lit. Archithese 1-81. geschoben. Die unkonventionelle Lösung befriedigt als ser, Konzept, wirkt in der Ausführung jedoch etwas gross v-r und schwer. 4_ Das Dorfschulhaus Bümpliz selber (Bümplizstrasse ^tTu. 94), ist 1882-84 gebaut worden, es entspricht dem da¬ mals üblichen, mit zweibündigen Schultypus Mitteltrep¬ Stock des alten Dorfschulhauses penhaus und von den Podesten her erschlossenem, rück¬ Bümpliz: Ansicht der Rückseite wärtigem Abortturm. Das Schulhaus wurde 1984/85 er¬ mit Anbau von 1979/80. neuert und aussen isoliert138. Gleichzeitig wurden die Treppe und der Abortanbau ersetzt zur besseren Belich¬ tung der Erschliessungszone, zur Verbesserung der Inva- und weiterer Räume. Der lidengängigkeit zur Schaffung _l IIIH Cln neue, in sichtbarem Kalksandstein errichtete Anbau kon¬ trastiert in seinem etwas groben, an Gewerbearchitektur ra erinnernden Gehabe stark mit den sorgfältig gegliederten Fassaden des Hauptbaus. Das Abtrennen der beiden Bauteile wird durch die Übernahme des Quergiebels in der Pergola des Neubaus und im Innern durch eine fein- Dorfischulhaus Bümpliz: An¬ sicht der Rückseite mit Anbau gliedrige Die im Innern wie am Detaillierung gemildert. von 1984/85. Äussern sorgfältige Renovation des Altbaus zeigt die Grenzen der Aussenisolation bestehender Bauten: Die oberen, isolierten Geschosse stehen gegenüber dem un¬ 138 Architekten Somazzi isolierten Sockelgeschoss deutlich vor '39. und Häfliger, Mitarbeiterin J. Strasser. Im Rahmen eines Sanierungsprogramms, das die Prio¬ 139 Die Isolation des Sok- die der Gebäudehülle ins¬ ritäten für Instandstellung von kels war wenig sinnvoll und gesamt 37 Schulhäusern umfasst, ist die Instandstellung wegen der Sandsteingliede¬ der Fassaden und Dächer von vier Schulhäusern in Aus¬ rung praktisch unmöglich, führung. Im Sinne einer Optimierung von Kosten, Dau¬ eine Innenisolation mit Rücksicht aufdie vorhan¬ und Wiederherstellung der erhaftigkeit ursprünglichen denen Täfer ausgeschlossen Form wurden umfangreiche Vergleiche angestellt. Die (und auch bauphysikalisch Sanierungsmethoden umfassen sowohl Reparaturen in problematisch).

41 140 Als erste Flappe wer¬ traditioneller Steinhauerarbeit wie auch Aulmörtelungen den Zeichen¬ ausgeführt: (Kalk-Trass-Mörtel) und Verfestigungen140. Die Resul¬ klassen Grabenpromenade tate sollen im nächsten Bericht dargestellt werden. 3 / kleines und grosses Matteschulhaus / Gewerbe¬ schule Seftigenstrasse 14. Anstelle der an die Schützenmatte verlegten Reitschule wurde das Stadttheater ( 20) 1901-03 von René von Wurstemberger nach einem gesamtschwei¬ 141 Die Situation des zerischen Wettbewerb erbaut. Hinter der sich zum Platz Stadttheaters in peripherer öffnenden, dreiachsigen Front, einem wichtigen städte¬ Lage, an der Hangkante baulichen Akzent am südseitigen Kornhausbrücken¬ der Aarehalbinsel, ent¬ staffelt sich der in die Tiefe die funk¬ spricht der seit jeher ge¬ kopf, Baukörper - wählten Stellung der öffent¬ tionelle Dreiteilung mit Foyer- und Treppentrakt, Zu¬ lichen Bauten Berns. schauerraum und Bühnenhaus ist deutlich ablesbar141. Die in den Risaliten aufwendig gestaltete und mit rei¬ chem bildhauerischem Schmuck versehene, neubarocke Fassade ist im Gleichtakt der Längsfronten beruhigt. Das Das Stadttheater von Südosten, lange vernachlässigte Theater142 wurde 1980-84 gründ¬ Zustand 1903. lich saniert143, wobei vor allem die gesamte bühnen-

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-vi technische Ausrüstung144 und die Sicherheitseinrichtun¬ 142 Die Gruppe «Insula» hatte 1963 ein gen ersetzt. Im Zuschauerbereich bot sich Gelegenheit, we¬ «Projekt für ein Kultur- und Gemein¬ sentliche, im Lauf der Jahrzehnte Ver¬ vorgenommene schaftszentrum auf dem machen. So im Zu¬ unstaltungen rückgängig zu wurden Predigerareal» vorgeschla¬ schauerraum die Bodenbeläge und die Tapeten (mit gen, das Abbruch und Neu¬ «changeant»-Streifen) rekonstruiert, die Bestuhlung in bau des «in mancherlei Weiterentwicklung der originalen, längst verschwunde¬ Hinsicht veralteten Thea¬ ters» vorsah. nen Sessel ersetzt, die zahllosen, an den Brüstungen montierten Scheinwerfer in den Raum integriert. Die 143 Architekten Spörri & Vergoldungen145 und das Deckengemälde von Ernest Valentin AG. Biéler wurden lediglich gereinigt und, wo mechanische 144 Hinter- oder Beschädigungen vorhanden waren, retuschiert. Im Mangels Seitenbühnen Einbau von konnte die Festlichkeit der Räume wieder¬ Foyerbereich Doppelstockpodien, Erwei¬ gewonnen werden: Die unter Klebeteppichen versteckten terung des Orchestergra¬ Mosaikböden wurden freigelegt, die Wand- und Türglie¬ bens durch Parkettpodium. die Farben in Übernahme derungen ergänzt, weitgehender Treppenhalle im 1. Stock der durch Sondierungen belegten, differenzierten Anstri¬ des Stadttheaters, Zustand che wiederhergestellt, Beleuchtungskörper nachgebaut 1984.

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43 145 Seinerzeit als «Blatt¬ sowie die Garderoben nach alten Zeichnungen rekonstru¬ messing», vor Oxidation ge¬ iert. Die Einheitlichkeit und Kraft der noch vorhandenen schützt durch einen Natur¬ Ausstattung verlangte in diesem Fall gebieterisch eine harzlack, ausgeführt. möglichst weitgehende Rückführung auf den Zustand von 146 An einigen Stellen 1903 146. Mit der von der Denkmalpflege geforderten Bei¬ wurde aus Kostengründen behaltung der Treppenhausbilder von Karl Walser von auf eine Wiederherstellung 1941 und 1943 wurde dieser Grundsatz zugunsten der gut des Zustan¬ ursprünglichen in den Raum zurückhaltenden Kunstwerke des verzichtet (z.B. Leuch¬ integrierten, ter im Treppenaufgang). durchbrochen147. Die neuen Zutaten wie Kassenhaus, mobile und stationäre Buffetanlagen, Windfänge oder der 147 Gutachten von Dr. Lift im nordöstlichen Treppenhaus wurden vom Architek¬ W. 1984. Rotzler, April ten in deutlicher, aber unaufdringlicher Unterscheidung zu den originalen Ausstattungsteilen gestaltet. Die reichen Sandsteinfassaden boten wegen der stark verwitterten, unter \\ dem knappen Vordach kaum geschützten Profile und ^^ Bildhauerarbeiten besondere Probleme. Von der Bau¬ herrschaft war ursprünglich ein vollständiger Ersatz des plastischen Schmucks vorgesehen gewesen. Oberhalb des $3 Dachgesimses mussten tatsächlich zahlreiche Werkstücke in Naturstein ersetzt werden, die besonders exponierten, freistehenden Masken wurden in Kunststein gegossen. Die acht mächtigen Vasen aus Sankt-Margrethen-Sand- stein dagegen, die durch und durch aufgerissen waren, ^ wurden gereinigt, verfestigt, mit Epoxidharz verfüllt und iM* nach Aufmörtelung von einzelnen Fehlstellen hydropho- >jL- biert. Auch in den unteren Fassadenteilen gelang es, ei¬ nen wesentlichen Anteil der Sandsteinteile zu erhalten. Insbesondere wurden die Teile wie die Re¬ Stadttheater: Requisitenrehefi vor skulptierten der Sanierung sowie nach Reini¬ quisitenreliefs der Ostfront grossteils lediglich gereinigt, gung, «Nachzeichnung» und «nachgezeichnet» und damit wieder lesbar gemacht und Verfestigung. verfestigt. Die ganze Fassade ist hydrophobiert wor¬ den 148. Besondere Probleme gaben die Flickstücke und Er¬ gänzungen an bestehenden, mit Grünspan patinierten Kupferblechen: Das heute verwendete Kupfer nimmt 148 Verfestigung mit kaum mehr Grünspan an. Mit einer besonderen Behand¬ Wacker OH. Hydropho¬ lung wurde versucht, Ergänzungen anzugleichen, wäh¬ bierung mit Wacker 290 S rend zusammenhängende Stücke unbehandelt an Ostfront und Seitenrisa¬ grössere, lit Südost; aufgrund von blieben149. Obwohl das Hauptziel der Stadttheatersanie¬ Fleckenbildung übrige Fas¬ rung (und der hauptsächliche Teil der Investition) der saden mit Wacker 190. Mit technischen und betrieblichen Verbesserung galt, kann der Bauherrschaft wurde heute festgestellt werden, dass durch die Wiederherstel¬ festgelegt, dass die Hydro¬ der des phobierung alle 4-5 Jahre lung ursprünglichen Qualitäten Innenraums und kontrolliert und nötigenfalls die Fassadenrestaurierung das Stadttheater wieder zum ergänzt wird. charmanten, festlichen Kulturzentrum geworden ist. Die

44 sich streng am Zustand von 1903 orientierende, im Ver¬ 149 Die fehlende Grün¬ gleich zu andern Städten zurückhaltende und unprä¬ färbung ist auf eine leicht differierende Zusammen¬ tentiöse Restaurierung hat sich bewährt. setzung der Bleche und auf andere Umweltbedingun¬ Zum Abschluss des Kapitels «öffentliche Bauten» wen¬ gen zurückzuführen. Zur den wir uns noch den Gassen, Brücken, Brunnen und Angleichung wurden ver¬ wendet: Denkmälern zu. Die Gassen und Strassen beschäftigen die Brünierung mit Schwe¬ Sie ha¬ - Denkmalpflege im Rahmen der Stadtbildpflege. felleber in Wasser ben fortwährend zunehmenden Ansprüchen zu genügen, - Patinierung mit Hirsch¬ werden von Autos, aufgemalten Markierungen, Ver¬ hornsalz und Salmiaksalz kehrstafeln und Reklamen optisch beeinträchtigt. Gerade in Wasser. in der Altstadt gelingt es zuweilen, in kleinen Schritten die Gestaltung der Gassen zu verbessern. Von den zahl¬ losen Einzelmassnahmen sollen zwei Bereiche herausge¬ griffen werden. In der Postgasse wurde 1981/82 die Pfla¬ sterung, die in den letzten Jahrzehnten immer mehr un¬ ter Asphalt verschwunden war, erneuert ' '" Dabei wurde die offene in alten beibehal¬ Regenrinne ihrem Verlauf _Se ten, und auch die noch teilweise vorhandenen, offenen SS*^*P

45 152 Zu Geschichte und Die Untertorbrücke geht in ihrem heutigen Bestand Konstruktion der Berner teilweise auf den Neubau von 1461-89 zurück, als die alte Aarebrücken vergleiche Holzbrücke durch eine dreijochige, über Jahrhunderte Bernhard Furrer und andere: Übergänge; Berner stark befestigte Steinkonstruktion ersetzt wurde. Die Aarebrücken - Geschichte Brücke wurde 1760-64 entfestigt - Zinnenmauer und und Gegenwart, Bern 1984. Wehrgang, Pfeilertore und Brückenkapelle verschwan¬ den. Die Brückenenden wurden mit barocken Toren ver¬ 153 Ingenieur U. Emch. sehen, die ihrerseits im 19.Jahrhundert abgerissen wur¬ 154 Leider wurde für den den. Nur die eigentliche Brückenkonstruktion ist heute landseitigen Pfeiler durch erhalten, und nur der ehemalige Torturm, die heutige den Unternehmer anderes «Felsenburg», erinnert an die einstige Bedeutung der Steinmaterial verwendet, so Brücke als Stadt der dass sich die beiden Pfeiler einziger Zugang zur rechtsufrigen farblich deutlich unterschei¬ Gebiete152. Die Brücke, eine der ältesten erhaltenen den. Die Versetzarbeiten Flussübergänge der Schweiz, musste 1979-81 umfassend mit stark zementhaltigem saniert werden, da das von der Fahrbahn her eindringen¬ Mörtel dichten die Pfeiler de Wasser und die Erschütterungen durch den motori¬ ab, so dass vermehrte Schä¬ sierten Verkehr bedeutende Schäden verursacht hat¬ den an den nun übermässig wasserhaltigen, alten Qua¬ ten153. Der zu Beginn diskutierte Einbau einer neuen dern (auf der Abbildung als Brückenkonstruktion in die alte Schale wurde aufgegeben dunkle Partien ersichtlich) zugunsten einer auch statischen Instandstellung der zu erwarten sind. Brücke: In den Pfeilern und den Bogen wurden zahlrei¬ che Werkstücke in Sand- und Tuffstein ersetzt und kraft¬ schlüssig eingebaut154 ; ihre Oberflächen wurden entspre¬ chend den beobachteten Spuren mit Randschlag verse¬ Untertorbrücke von der Ober- hen und roh gespitzert. Die Fahrbahn wurde ausgekof¬ wasserseite aus, 1984. fert, und zur Reduktion der Erschütterungen wurden

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46 zwei Betonplatten mit dazwischenliegenden Schwin¬ 1 55 Der Schwerverkehr gungsdämpfern eingebaut; über der Wasserisolation konnte nur teilweise umge¬ leitet werden, da die Stadt¬ wurde die Brücke wieder gepflastert und der ehemalige mühle aufdie Zufahrt über des Der Steinplattenbelag Gehsteigs wiederhergestellt. die Untertorbrücke ange¬ bedeutende, denkmalpflegerisch nicht unbedenkliche Ein¬ wiesen ist. griff durch den Einbau der Betonplatten schien uns ver¬ tretbar, da nur dadurch die Brücke langfristig gesichert 156 Die charakteristische Ausbildung der hohen, werden kann155 und die Einbauten notfalls wieder ent¬ überkragenden Randsteine fernt werden können. Die Untertorbrücke hat trotz der konnte trotz dem notwendi¬ Sanierung Aussehen und Wirkungsweise weitgehend bei¬ gen Einbau von Entwässe¬ behalten. rungsrosten beibehalten werden.

Die Nydeggbrücke, die erste Hochbrücke Berns von 157 Bei den Untersu¬ 1840-44, war ebenfalls seit Jahren durchnässt, was zu be¬ chungen konnten wir auch deutenden Frostschäden an Bogen und Flankenmauern aufdie Hilfe von Dr. führte. Es wurde daher 1983 eine durchgehende Wasser¬ F. Bächtiger zählen. isolation der Fahrbahn die Repara¬ unter eingebaut"6 - 158 Das von Restaurator tur der Schäden an der Brücke selber kann erst nach der H.A. Fischer angewendete mehrere Jahre dauernden Durchtrocknung des Brücken¬ System arbeitet mit Biladur körpers in Angriff genommen werden. (Zweikomponenten-Poly¬ urethanlack, der abbeizbar bleibt) und garantiert einen Eine Renovation der dieser 1895- Kornhausbrücke, Langzeitschutz gegen ein¬ 1898 gebauten, eleganten Konstruktion in Verbindung dringendes Wasser. von Stein und Stahl, erfolgte 1982-84. Da keine Farbspu¬ ren des ersten Anstrichs gefunden werden konnten, er¬ laubten wir uns, die Eisenkonstruktion nicht silbergrau wie vordem, sondern in einem grünen Farbton zu strei¬ chen.

Die Berner Figurenbrunnen können dank dem Legat des Schuhmachermeisters Heinrich Philipp Lösch (1826- 96) ohne direkte Auslagen für die Stadt gepflegt werden. Zum Abschluss der sich über Jahre erstreckenden Neu¬ fassung der Figuren und Brunnstöcke wurden der MoSES- brunnen und der Läuferbrunnen neu gefasst. Durch die sorglältigen Sondierungen157 konnten ältere Fassungen, die differenziertere und auch sinnvollere Farben zeigten, wieder rekonstruiert werden. Dabei kann nicht überse¬ i hen werden, dass das nach umfangreichen Versuchen bei allen Figurenbrunnen angewendete Farbsystem158 eine stark glänzende, speckige Oberfläche ergibt, die jahr¬ zehntelang ihren Glanz behält - trotz korrekter Farbtöne kann der Eindruck einer mit Ol- oder Mineralfarbe ge¬ Läufierbrunnen: Ansicht nach strichenen Figur nicht erreicht werden. Für die beiden der Neufassung der Figur 1984.

47 159 Beim Läuferbrunnen letzten zu fassenden Figurenbrunnen blieben wir den¬ applizierten wir versuchs¬ noch der früher mit Sorgfalt gewählten Methode treu159. weise einen matten Über¬ der im Laufe der Zeit zug, den machten parallel zur Patinierung ab¬ Für Zeughausgassbrunnen dagegen wir wittern wird. einen Versuch einer farbigen Fassung mit Mineralfar¬ be160. Die Untersuchung der noch vorhandenen Farbreste 160 Restaurator U. Bell¬ ergab unter der in kräftigen Bunttönen gehaltenen Bema¬ wald. lung von 1899 eine elegante Fassung in Grautönen und Gold, wohl von 1661, erneuert 1723/24. Diese ältere Form wurde 1983 unter Erhaltung der originalen Frag¬ mente rekonstruiert.

An den zumeist im letzten Jahrzehnt versetzten Berner Standbildern sind in der Berichtsperiode keine bedeuten¬ den Arbeiten ausgeführt worden. Dagegen ist die drin¬ gend notwendige Restaurierung des Wasserschlosses am Thunplatz, der ehemaligen Fassade der Bibliotheks¬ galerie von Niklaus Sprüngli, 1984 begonnen worden. Über diese ausserordentlich heikle Aufgabe wird im nächsten Bericht Rechenschaft abzulegen sein.

Abgeschlossen sind die Sicherungsarbeiten an der der Stadt Bern gehörenden Grasburg (Gemeinde Wahlern). Die Kenntnis ihrer Vergangenheit ist bisher vor allem durch Friedrich Burri erarbeitet worden161. Die Burg 161 Lit. Friedrich Burri: konnte nun während der Sanierung vermessen und doku¬ Die einstige Reichsfeste mentiert werden; gleichzeitig wurden am Objekt genaue¬ Grasburg, Bern 1935 (Se¬ re baugeschichtliche Beobachtungen gesammelt. Die an¬ paratum des Archivs des Historischen Vereins des sehnliche Doppelburg entstand im 13.Jahrhundert in Kantons Bern, XXXIII. etwa drei verhältnismässig kurz aufeinanderfolgenden Heft 1, 1935.) Etappen. Die Vorburg bestand aus dem Turm, erschlossen durch Aussentreppe und Hocheingang auf dem dritten 162 Auswertung und Boden, und einem nördlich anschliessenden, dreistöcki¬ Weiterführung der von Kunstdenkmälerinventari- gen Wohnhaus. Der westlich gelegene Haupthof ist kaum sation und Archäologi¬ erforscht; er enthielt mehrere Nutzbauten und eine Ka¬ schem Dienst des Kantons pelle. Im Rahmen einer Notgrabung hielten die Archäo¬ Bern Arbeiten geleisteten logen wichtige Aufschlüsse über ältere Anlagen im Hof¬ dürften längere Zeit in An¬ bereich die bis unbekannt waren162. spruch nehmen, allerdings fest, anhin völlig ohne dass alle bauhistori¬ Auch geringe Terrainveränderungen oder örtliche Grä¬ schen Fragen beantwortet ben sollten im ganzen Burgbereich künftig vermieden werden könnten. Es ist vor¬ werden, da der relevante Bestand bereits direkt unter der gesehen, die Geschichte der Grasnarbe einsetzt. Die Hauptburg steht auf einem Fels¬ Grasburg in geeigneter Weise neu zusammenzu¬ sporn, dreiseitig von Steilabfällen, auf der vierten durch stellen. einen Graben mit Fallbrücke geschützt. An die beiden

48 südlich gelegenen Wohnhäuser schloss sich der Bergfried 163 Die Arbeiten an der an. Die Grasburg wurde nach verschiedenen Herr¬ unter Bundesschutz stehen¬ den Ruine wurden durch schaftswechseln Gemeine Herrschaft von Bern und Frei¬ Beiträge der Standortge¬ burg von 1423-1798. Die Vogtei wurde bereits 1573 nach meinde Wahlern und des .Schwarzenburg verlegt und die Burg kurz darauf aufge¬ Kantons Bern unterstützt; geben. Die Ruine ist seit 1894 Eigentum der Stadt Bern. der Bund verweigerte eine Die von der Stadt Bern 1983/84 ausgeführten Arbei¬ Subventionierung. ten 16î hatten zum Ziel, die in ihrem Bestand aufs schwer¬ 164 Ingenieure Steiner ste gefährdete Ruine zu sichern und auch die Sicherheit unti Buschor, Burgdorf'. für die Besucher, namentlich für die zahlreichen Schul¬ 165 An der nördlichen klassen, zu verbessern 164. Die völlig ausgewitterten Teile Ringmauer sind die grund¬ der Mauerflächen wurden ergänzt, absturzgefährdete sätzlich diskutierten Partien abgetragen und rekonstruiert, die offenen Qua¬ Mauerkronen abdeckungen derlügen mit Kalkmörtel geschlossen165. Durch umfang¬ sowie verschiedene Fugen- reiche Drainagen sind die Fundamentzonen weitgehend mörtclmischungen zu Ver¬ suchszwecken entwässert worden; der Fundamentfels musste teilweise angebracht worden; sie werden laufend gestützt werden Bei früheren Sanierungen166 waren die beobachtet. Mauerkronen durch Betonplatten abgedeckt worden. Situationsplan der Grasburg; Die Alkalisalze des Zementes waren im Lauf der Jahre rechts Vorburg, links Haupt¬ durch Regenwasser in den Sandstein gebracht worden burg.

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49 166 1902-07 an der Vor¬ und hatten dort grosse Schäden verursacht. Nach ver¬ burg und 1928-31 an der schiedenen Versuchen entschlossen wir uns, eine neuarti¬ Hauptburg. ge Abdeckung auszuführen167. Die alten Betonplatten 167 Prof. Dr. G. Morsch wurden entfernt, der bei früheren Renovationen zumeist hatte uns auf einfache Gras¬ nur mit Schutt gefüllte obere Teil des Mauerkerns ausge¬ abdeckungen aufmerksam hoben und satt ausgemauert (Felsbrocken mit Kalkmör¬ dieses in gemacht - tel). Auf einen Kalkmörtelgrund wurde eine wasserdichte Deutschland angewendete Folie Darüber wurde eine leicht System wurde in der Folge aufgebracht. armierte, weiterentwickelt und für die wannenförmige Platte aus verlängertem Kalkmörtel ein¬ harten klimatischen Bedin¬ gebaut und diese belegt mit «Grasziegeln», Rasenstük- gungen des voralpinen Be¬ ken, wie sie im Sportplatzbau verwendet werden. Diese reichs tauglich gemacht. dicke Vegetationsschicht nimmt einen grossen Teil des 168 Die freiwillige Feuer¬ Regenwassers auf und gibt es langsam wieder an die Luft wehr der Stadt Bern hat ab. Die Grasabdeckungen haben den letzten, sehr harten den zukünftigen Unterhalt Winter heil überstanden l68. der Mauerkronen über¬ nommen (Abholzen von Xr Wildwuchs, allfällige Nach¬ r saat).

3s ,'3» **_<_ -» f-m »».»• «SBI'm «»-<•& »S•E_£2_i *i 1^.". *r fx »*:>¦ ïs«e Grasburg: schematischer Schnitt ai durch die Mauerkronen-Abdek- kung. _zty Die Vorburg der Grasburg von Westen, 1985.

50 4. PRIVATE BAUTEN

Wir beginnen dieses Kapitel mit den Bürgerhäusern in der Altstadt und beschreiben dann einige Arbeiten an Landsitzen und an Wohnhäusern in den Aussenquartie- ren. Am Schluss des Kapitels wenden wir uns noch ge¬ werblichen Bauten zu. Aus Platzgründen müssen wir uns jeweils auf wenige Beispiele beschränken, die stellvertre¬ tend für ähnliche Interventionen stehen. Der Einfluss der Denkmalpflege auf private Bauvorha¬ ben ist verhältnismässig gering. Entscheidend ist nach wie vor die Bereitschaft einer Bauherrschaft, ihrer kul¬ turellen Verpflichtung dem Bauwerk und damit letztlich der Öffentlichkeit gegenüber nachzukommen169. Die 169 FJntsprechend der Denkmalpflege wird im Gespräch versuchen, bei den Be¬ entscheidenden Rolle, wel¬ teiligten das Scnsoriuiii für die kulturellen Werte zu för¬ che sie für das Gelingen denkmalpflegeriseher Ar¬ dern oder zu wecken. Es gibt in dieser Hinsicht zum - beiten spielen, nennen wir selten Fälle. So Glück höchst - hoffnungslose beispiels¬ bei jedem aufgeführten Bau weise jenen Privatmann, der in seinem prächtigen Alt- sowohl die Bauherrsehaft stadthaus die Sandsteineinfassungen der Fenster durch wie auch die Architekten. Beton ersetzen, das Treppenhaus mit Kunststoffverputz überziehen und Holzunterzüge in Plastic-Imitation ein¬ setzen liess. Solche Verschandelungen passieren häufig in kleinen Schritten, unbemerkt; wir können in solchen Fäl¬ len nur hoffen, der Verlust an unwiederbringlich verlore¬ ner Originalsubstanz sei nicht zu gross und zusammen mit einem Nachfolger seien die Verunstaltungen und Faux-vieux-Zutaten teilweise rückgängig zu machen. Wir haben unsere Altstadtbeispiele so geordnet, dass sie einem kleinen Spaziergang von der Matte zum Bahn¬ hof entsprechen. Bei jedem Objekt machen wir auf eines der vielen Details aufmerksam, die in der Summe das Gelingen einer Renovation bestimmen. Die wichtigsten Parallelfälle von ähnlich gelagerten Restaurierungen fin¬ den sich in den Annotationen. In der Matte ist seit jeher eine in bescheidenen Verhält¬ nissen lebende die einen Bevölkerung ansässig, jedoch 170 Bauherrin gemein¬ starken gesellschaftlichen Zusammenhang hat. Die sehr nützige Baugenossenschaft; einfachen, niedrigen Häuser und die zur hin gelege¬ Architekt Karl InderMühle. nen Gewerbebauten spiegeln diese soziale Struktur wi¬ 171 Bauherren Baugesell¬ sie beim Ersatz der Häuserzeilen der Bad¬ der. Wurde an schaft Aarehof und Merz & 170 171 gasse 1916-32 und an der Gerberngasse 1955-58 re¬ Cie; Architekten Arnold spektiert, dabei aber die Massstäblichkeit des Stadtbildes Itten und Hans Roos.

51 172 Es gibt einen erstaun¬ aufs schwerste beeinträchtigt, so droht heute die Gefahr lich hohen Anteil an Zweit¬ von der andern Seite: Die Bauten werden zwar in mehr in der Berner wohnungen oder weniger weitgehendem Mass erhalten, die Bewoh¬ Altstadt. nerschaft aber wird wegen der teuren, mit allem Komfort 173 Bauherren und Ar¬ ausgestatteten Wohnungen verdrängt. Die neu zugezoge¬ chitekten J.-P. und T.De- nen Bewohner nehmen kaum mehr am Quartierleben coppet. Vergleichbare Re¬ teil172, das Leben in den öffentlichen Einrichtungen wie novationen: Gerberngasse Schulen, Läden stirbt ab. Diese ist in der 5 und 40, Schifflaube Entwicklung 36/38. ganzen Altstadt feststellbar - in der Matte ist sie beson¬ ders ausgeprägt.

Das Haus Gerberngasse 44 ist Beispiel für eine bau¬ ¦1 lich einfache Renovation173. Das Gebäude geht, gleich wie das Nachbarhaus, auf das 16.Jahrhundert zurück und bewahrt in der Mittelzone einen gewaltigen Koch¬ ¦ i Uli Hl rauchfang. Während die ersten Pläne nur die Beibehal¬ tung der fassadenanstossenden Räume, im Mittelteil des Hauses dagegen eine Auskernung vorsahen, ist nun das Haus als Ganzes erhalten worden. Die zur Erschliessung der geschossweise getrennten Wohnungen und aus feuer¬ I* polizeilichen Gründen notwendige neue Treppe hat auf derselben Fläche wie die alte Platz gefunden. Zur Belich¬ mm tung einer Dachwohnung wurden Lukarnen aufgesetzt. Die gesamte, einfache Innenausstattung (Wand-und bu I Deckentäfer) ist erhalten. Die gassenseitige Riegfassade li war im 19. Jahrhundert flächig verputzt worden. Sie wur¬ J de freigelegt, und entsprechend den vorhandenen Bele¬ L_ gen am Bau wurde das Konstruktionsholz mittelgrau ge¬ fasst. Auf der Rückseite wurde anstelle eines baupolizei¬ lich möglichen eingeschossigen Flachdachbaus ein klei¬ ner, vom Hauptgebäude gelöster Annexbau unter Sattel¬ dach realisiert. Detail: Das Dach wurde, entsprechend der Gerberngasse 44: Gassenfassa¬ Bauordnung, mit alten Biberschwanzziegeln eingedeckt: de, oben vor der Renovation, un¬ die hier angewendete, für Renovationen unübliche Ein¬ ten nach Freüegung der Rieg¬ konstruktion und mit neuen fachdeckung ermöglichte eine Beibehaltung der Dach¬ Dachaufibauten. konstruktion (Gewichtsersparnis) und entspricht dem Charakter des einfachen Hauses besser als eine Doppel¬ 174 Aufbau: Sparren - deckung'74 Untersicht - Dampfsperre - Wärmeisolation - Unter¬ Das kleine Haus Langmauerweg 1 fasst den Läufer¬ dach Biber¬ - Lattung - platz auf seiner Westseite. Der einfache, eingeschossige schwanzziegel in Einfach¬ Gewerbebau Satteldach enthielt auch eine kleine deckung, mit vollflächigem unter Unterzug aus gewellten Wohnung, die um die Jahrhundertwende um einen Gang Kunststoffbahnen. auf der Platzseite erweitert wurde. Das Haus wurde 1982

52 mit Hilfe der Stadt vom Verein

Das Bürgerhaus Gerechtigkeitsgasse 78 zeigt eine für Bern charakteristische Disposition; es hat auch eine typi¬ sche Baugeschichte, typisch bis in unsere Tage. Hinter dem schmalen, bloss zweiachsigen, jedoch tiefen Haupt¬ gebäude des 16.Jahrhunderts liegt der «Schnägg», der Wendeltreppenturm, der halb in die Hoffront inkorpo¬ riert ist, halb frei im kleinen Hofraum steht. Vom Podest dieses Treppenturms ausgehend, verbindet eine schmale, hölzerne Galerie das Hauptgebäude mit dem bescheide¬ nen, gegenüber dem Hauptgebäude niedrigeren Hofge¬ bäude (hier einem Neubau des 19.Jahrhunderts), einem Holzbau, der nebst dem Abort (direkt über dem Eh-Gra- ben) eine Kammer enthält. Die Gassenfront erhielt im 18.Jahrhundert eine elegante Hausteinfassade. Die ge¬ samte Innenausstattung an Täfern und Parkettböden wurde im 19. und frühen 20.Jahrhundert erneuert. Kurz nach dem 2. Weltkrieg wurden das Erdgeschoss ausgeräumt, der Hof eingeschossig überdeckt, eine neue Treppe gradläufig ins 1. Geschoss geführt und die Keller¬ gewölbe durch Betonböden ersetzt. Das Haus wurde Ende der siebziger Jahre an ein Unternehmerkonsortium verkauft. Das Projekt sah eine Umkrempelung der Dis¬ position vor (Auskernung des Treppenturms, dessen «ge¬ mütlich runde» Aussenschale als Küche hätte dienen sol¬ len - Treppe und Lift im Innern des Hauptgebäudes und

53 176 Bauherr P. Krüger; damit faktisch Auskernung des Gebäudes). Nach langen Architekten Krattinger und Diskussionen mit der Denkmalpflege und einem erneu¬ Meyer; Ausführung Bro- ten Besitzerwechsel wurde im 1982/83 ausgeführten Pro¬ velli und Caremi. Ver¬ die die andere Hofseite gleichbare Sanierungen: jekt176 Verbindungsgalerie auf Gerechtigkeitsgasse 49 und verlegt, und damit konnte die bestehende Treppe erhal¬ 57, Junkerngasse 15. ten blieben (sie wurde im Erdgeschoss in gleicher Grun¬ drissform wieder aufgebaut). Die grossen Gassenzimmer bleiben unverändert bis auf die Rückwand, welche zur Belichtung des dahinterliegenden Essplatzes teilweise ge¬ öffnet wurde; zudem mussten (aus Gründen des Stan¬ 177 Das Rieggebäude dards neue Cheminées eingebaut werden. Das bau¬ enthält pro Geschoss ein Schlafzimmer und das Bad, fällige Hofgebäude wurde abgebrochen und nach den während in der neuen Ver¬ Vorstellungen der Architekten neu aufgebaut177. So ent¬ bindungsgalerie die Küche standen insgesamt vier Kleinwohnungen luxuriösen Zu¬ ist. untergebracht schnitts. Im Erdgeschoss ist ein einem Pariser Stil um 1900 nachempfundenes Café eingerichtet. Die weitge¬ hende Erhaltung der Disposition der Gassenzimmer er¬ Die Westbrandmauer im laubte es zumindest, die während der Bauzeit entdeckten 1. Stock des Hauses Gerechtig¬ Bauteile in keitsgasse 78, Aufideckungszu- mit vernünftigem Aufwand zu erhalten und stand. die Wohnungen zu integrieren. Im 1. Stock stiessen wir

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54 auf eine kaum mehr kenntliche, vorreformatorische Ma¬ 178 Frucht- und Pflan¬ lerei. Unter Preisgabe einer jüngeren Dekorationsmale¬ zengehänge in Grautönen aus dem 18.Jahrhundert. rei oberhalb eines früheren, mannshohen Täfers178 wur¬ de die mit Zinnen bewehrte Bollenquadermauer mit dar- überliegendem E(Saddelwerk» aus der Zeit kurz vor 1500 restauriert. Abgetrennt von einem Pollenfries ist oben eine Kreuzigung mit kniendem Johannes dargestellt. Die vorhandenen Partien wurden gereinigt und konserviert, 179 Restauratoren Lücken im Bestand (erkennbar) ergänzt179. Der Raum H.A. Fischer AG. wird von einer Bohlendecke, die wohl zur gleichen Bau¬ phase wie die Malereien gehört, abgeschlossen. Die Dek- ke im 2. Stock ist jünger. Nach Aufgabe der traditionellen Konstruktion mit Konsolen und Streifbalken wurden im späten 18. Jahrhundert die Balkenköpfe direkt in die Brandmauern eingelassen, und es wurde eine holzsichtig belassene Kassettendecke eingebaut; diese ist im 19. Jahrhundert mit einer Gipsdecke unterzogen worden. Die Westbrandmauer im 1. Stock des Hauses Gerechtig¬ Die Kassettendecke ist, repariert und ergänzt, heute wie¬ keitsgasse 78 mit Malereien der sichtbar. An den beiden Brandmauern kamen vier kurz vor 1500, nach ihrer verschiedene, allesamt zur älteren Deckenkonstruktion Restaurierung 1982/83.

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55 180 Über der heute sicht¬ gehörende Malereien zum Vorschein180. Unter Doku¬ baren Malerei befanden mentation und Belassung eines «Zeugnisfragments» re¬ sich eine weisse Tünchung staurierten wir die älteste Fassung, eine Grisaille-Malerei mit schwarzen Rechteck- den im Rahmungen sowie zwei um 1590, vergleichbar mit Grisaillen Berner Volutenmalereien, die älte¬ Münster. Sie war in ausgezeichnetem Zustand und konn¬ re um 1660 in Rottönen, te nach einer Reinigung und Fixierung praktisch retu¬ die jüngere um 1720 in schefrei gezeigt werden. Ergänzungen waren notwendig Ockertönen. an den Einfassungen, Pollenfriesen und «Pfauenaugen», den Verzierungen an den Ecken der (abgeschlagenen) Konsolsteine. Im gesamten gesehen hat der radikale Um¬ bau die lebhafte Baugeschichte des Hauses nicht kontinu¬ ierlich weitergeführt, sondern gewissermassen abge¬ schlossen und unter Einbezug einiger bedeutsamer Frag¬ mente neu eröffnet. Detail: Die vordem mit Ölfarbe ge¬ strichene Fassade wurde entgegen den Empfehlungen der Denkmalpflege mechanisch «abgeschält» und zurückge¬ n* arbeitet «auf gesunden Grund». Lediglich der sparsam verwendete plastische Schmuck wurde mit Lauge vorn Anstrich befreit. Die Fassade präsentiert sich heute «in Gerechtigkeitsgasse 78: Ost¬ neuem Glanz», faktisch in einem Neubauzustand. brandmauer 2. Stock, Grisaille- Malerei um 1590, nach ihrer Das Doppelhaus Gerechtigkeitsgasse 53 und 55 wur¬ Restaurierung 1982/83. de aus zwei Einzelliegenschaften bereits im ^.Jahrhun¬ 181 Bauherrschaft Société dert zusammengeschlossen. Die Grundrissdisposition der Immobilière Alpes et Häuser ist ähnlich wie die oben beschriebene und voll¬ Centre Architekt SA; J.-P. ständig erhalten. Die beiden Fassaden stammen aus dem Schwaar. Vergleichbare 18. Nr. 53 ist als Umbau 1729 belegt Renovationen: Herrengas¬ Jahrhundert: von se 4, Junkerngasse 16 und und zeigt das differenzierte Fassadensystem des späten 45, Münstergasse 36, Ho¬ bernischen Louis-XIV; Nr. 55 ist in ihrer lapidaren Aus¬ telgasse 6. formung in die Zeit um 1700 zu datieren. In der Pla¬ nungsphase der Renovation 1983/84m konnte der ur¬ 182 Die unkonventionelle Einbau der Sanitärräume Raumaufteilung wird von sprünglich vorgesehene neuen den Mietern sehr geschätzt. in die Gassenzimmer vermieden werden; Küchen und Bäder sind in die Hofzimmer eingebaut, so dass die gut ausgestatteten, grosszügigen Gassenzimmer durchwegs intakt blieben 182. Die Denkmalpflege verzichtete bewusst auf Sondierungen und Freilegungen älterer Zustände - _Lqjff allfällig verborgene Malereien, ältere Täfer usw. sind durch die heute sichtbaren Ausstattungen geschützt, und spätere Generationen sind uns sicher für Bauteile frühe¬ rer Epochen dankbar, die in unserer überaus gründlichen Zeit nicht in worden sind. So blieben die Gerechtigkeitsgasse 53: Wohn¬ Kur genommen raum nach der Renovation vorhandenen Täfer, die einfachen Stukkaturen, sämtli¬ 1983/84. che Cheminées und ein grosser Teil der Parkettböden er-

56 halten. Im 3. Stock wurde der einfache Festsaal, der durch frühere Benutzer gelitten hatte, mit einfachen Gri- saillen-Bändern, einer grau gefassten Bohlendecke mit Deckleisten auf konsolengetragenem Streiibalken und Tonplattenboden wiederhergestellt. Das repräsentative Doppelhaus hat mit der Renovation auf sinnvolle, aus den Gegebenheiten entwickelte Art eine neue Wohnqua¬ lität gewonnen und dabei seine aus der Baugeschichte entstandene Unverwechselbarkeit beibehalten. Detail: Im \ Treppenhaus der Nr. 55 wurden durch die Fachklasse für Konservierung und Restaurierung Fragmente von vier Malschichten (einfache Scheinarchitekturen und Orna¬ mente in Grisaille) festgestellt, welche die Haupttüren Gerechtigkeitsgasse 53: Trep¬ eingefasst hatten, wegen starker Störungen und der um penhaus nach der Renovation 1930 der Türlichter aber nicht erfolgten Verbreiterung mit künstlerischer Gestaltung gezeigt werden konnten. Sie wurden dokumentiert und von Marie Bärtschi (Acryl auf überdeckt. Die Idee einer farblichen Ausgestaltung des Kupjei und Mess ing). halböffentlichen Treppenhauses wurde jedoch aufgenom¬ men, und nach einem kleinen Wettbewerb wurde eine 183 Ausgeführt in Nr. 55 moderne, künstlerische Gestaltung beider Treppenhäu¬ durch R. Gfcller-Corthésy, in Nr. 53 durch Frau ser ausgeführt183. M. Bärtschi. An der Junkf.rngasse sind zahlreiche Umbauten und Renovationen durchgeführt worden. Die exklusive Lage führt zu überaus hohen Komfortansprüchen, die zumeist mit wesentlichen Verlusten an historischer Substanz im Gebäudeinnern verbunden sind. Die Gebäude werden häufig" in einen Rohbauzustand versetzt, ältere Ausstat¬ tungsteile können nur in Fragmenten erhalten werden. Ausnahmen (wie Junkerngasse 19 oder 16) bestätigen die Regel.

Das einfache Bürgerhaus Postgasse 22 zeigt eine Al¬ ternative zu diesen radikalen Veränderungen. Das Haus weist einen Kern aus dem 16. Jahrhundert auf. Um 1820 erhielt die Gassenfront eine neue, klassizistische Hau¬ steinfassade. Die zur Schütte orientierte Rückseite ist in Riegwerk erbaut; ihre reizvolle Stufung zeichnet die Ge¬ 184 Bauherrin Frau schichte der sich allmählich gegen den Aarehang ver¬ M.König; Architekt schiebenden Bauflucht nach. Die langjährige Besitzerin B.Jordi. Vergleichbare Re¬ liess das verwohnte Haus, das beidseits des Treppenhau¬ novationen: Rathausgasse 20, 32, 64 (mit Brettpila- ses ein Zimmer mit Nebenraum auf¬ nur gefangenem stertäfer im 2. Stock), wies, 1983/84 renovieren184. Nach intensiven Gesprä¬ Brunngasse 27, Kramgasse chen gelang es, das bestehende hölzerne Treppenhaus zu 57, Münstergasse 37.

57 185 Die Untersieht der erhalten185, von den Podesten einen schmalen Durch¬ ist Treppenstufen aus gang, der Vorder- und Hinterhaus verbindet, abzutren¬ feuerpolizeilichen Gründen nen und so auf jedem Stock eine Zweizimmerwohnung mit Gipskartonplatten ver¬ kleidet, die neuen Ab¬ einzurichten. So konnten Küchen und Duschen in den schlüsse entsprechend den innenliegenden Nebenräumen realisiert und damit die Normen konstruiert. Baustruktur des in der Mittelzone nur 2,85 m breiten Hauses vollständig übernommen werden. Erhalten blie¬ 186 Restaurator U. Bell¬ ben in den Haupträumen auch die Wandtäfer und Ofen. wald. Die Malschicht wur¬ Die Deckentäfer wurden aus Kostengründen mit einem de nach einer sorgfältigen des Reinigung provisorisch fi¬ Langriementäfer verdeckt. Im Nordzimmer 3.Stok- xiert, das Holz anschlies¬ kes musste eine stark verwurmte und verfaulte Bretter¬ send vergast und auf eine decke abgebrochen werden. Dabei wurde eine Malerei Stärke 4 von etwa mm zu¬ des frühen 17.Jahrhunderts entdeckt. Sie zeigt auf rückgehobelt. Diese dünne den zwischen den Balken Me¬ Schicht wurde auf einen durchlaufenden Brettern neuen Träger (Tavapan- daillons auf marmoriertem Grund, in denen Männerbü¬ platten in der Breite der al¬ sten eingesetzt sind: König, Feldherr und Schultheiss ten Bretter) aufgebracht. zwischen Türken - Allegorien nach Jost Ammanns «anti¬ Die wieder montierte Decke ken und neuzeitlichen Helden». Die in desolatem Zu¬ wurde im Bau zurückhal¬ tend retuschiert. Die heikle stand angetroffene Decke ist restauriert und gibt dem 186. Restaurierung ist ausge¬ Raum eine kräftige Bereicherung Die Gesamtrenova¬ zeichnet gelungen. tion belegt, dass in der Altstadt noch zurückhaltende Er- «

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58 neuerungen möglich sind, welche zu tragbaren Zinsen Wohnungen mit neuzeitlichem Komfort anbieten und gleichzeitig auch den von den Mietern geschätzten Al¬ terswert beibehalten. Detail: Im Erdgeschoss wurde ein Atelier eingerichtet. Anstelle eines grossflächigen Schau¬ m^pM fensters wurden die bestehenden Einzelfenster mit einer s. Öffnung im Hausgang kombiniert. Zusammen mit der früher durch eine Gipsdecke versteckten, grau gefassten Postgasse 22: Decke im Nord¬ zimmer des 2. Stocks, Fundzu¬ Holzdecke ergibt sich eine attraktive, dem Bau entspre¬ stand; gegenüberliegende Seite chende Laubensituation. Decke nach der Restaurierung 1984. Für die stille Hintergassc von bemerkenswertem Reichtum ist das Haus Postgasse 60. Sein Kern stammt aus spätgotischer Zeit; das Gebäude war damals dreige¬ schossig und entwickelte sich in der Tiefe nur bis zur heu¬ tigen Nordmauer des Treppenhauses187. Dieser Bau 187 Interessant ist der Kernbau gehörende wurde, möglicherweise nur bis zum 1. Stock, um 1600 zum Keller: Neben dem weitge¬ eine Zimmertiefe erweitert. Um 1720 wurde das Ge¬ um spannten Gewölbe des bäude aufgestockt und eine neue Fassade in einfachen Hauptkellers liegt an der hochbarocken Formen vorgebaut; ob ein vordem offener östlichen Brandmauer ein Hof damals überbaut wurde, ist nicht mit Sicherheit fest¬ ebenfalls gewölbter Durch¬ aufdie Tiefe stellbar. Das 19. und frühe gang ganze späte 20.Jahrhundert fügten des Hauses, mit eigenem auf der Nordseite ein Agglomérat von Anbauten hinzu. Zugang von der Gasse: ein Die Eigentümer führten in den Jahren 1982-84 einen (öffentlicher?) Weg zum Umbau durch, bei welchem die Grundrissdisposition und Aarehang und zur nördli¬ chen damit auch wesentliche Teile der Ausstattung erhalten Stadtbefestigung? werden konnten18'''. In der Planungsphase mussten in 188 Bauherrschaft Unter¬ harten Verhandlungen erste Projektideen, so beispiels¬ stützungskasse des berni¬ weise für einen Ersatz der barocken, quer zur Brandmau¬ schen Staatspersonalver¬ P. Elne- er verlaufenden Treppenanlage durch eine neue Wendel¬ bandes; Architekt Um¬ oder den Einbau einer der gaard. Vergleichbare treppe unterirdischen, von bauten: Junkerngasse 5 und Postgasshalde her zugänglichen Einstellhalle korrigiert 7, Postgasse 56/58. werden. Angesichts des prekären statischen Zustandes stimmte die Denkmalpflege dagegen einer tiefgreifenden Rohbausanierung (teilweise neue Tragwände, Verstär¬ kung der meisten Geschossdecken) und auch zusätzlichen die im Rah¬ Belichtungsmöglichkeiten für Dachwohnung 189 Ausserdem: Malerei¬ men der Bauordnung zu. Die neuen Küchen und Bäder fragmente im Treppen¬ sowie ein Lift wurden unmittelbar beim Treppenhaus, haus, Saal mit (herabge¬ zum Teil in einen bestehenden Lichtschacht eingebaut. setzter) Bohlendecke und rekonstruierten Malereien Von der Ausstattung seien nur zwei besonders wichtige 2. Hälfte 16. Jahrhundert erwähnt189. 1. Stock eine Räume Im der Nordseite wurde (vgl. Gerechtigkeitsgasse für Bern ausserordentliche Decke freigelegt: vier reich 78), Cheminée und Eichen- profilierte, in die Wende des 16. und 17.Jahrhunderts zu täfer nach 1720.

59 datierende Balken auf Sandsteinkonsolen überspannen den Raum, in engen Abständen sind darauf Balken von geringer, quadratnaher Dimension angeordnet, die ih¬ rerseits einen Bretterbelag tragen. Diese «Burgunderdek- ke» ist reich bemalt mit Eichenlaub und Lorbeerblättern auf den Sekundärbalken, zwischen denen zarte Wolken¬ Postgasse 60: Decke um 1600 bilder sichtbar sind. Der Betrachter fühlt sich unter einer im 1. Stock mit Malereien um Art Gartenlaube, und es ist naheliegend anzunehmen, 1700, Zustand 1984. dass der seitlich dazu liegende Korridor ebenerdig oder über eine Treppe auf eine Art Plattform hinausführte, die nach Ausweis des Brennerplanes 1757 von einer drei¬ seitigen offenen Laube umgeben war - ein grosszügig- luftiges Konzept. Unter späteren Verkleidungen kam im 3. Stock auf der Schütteseite ein prachtvoller barocker Festsaal zum Vorschein. Die Unterseiten der acht den Raum gliedernden Deckenbalken und die Riegbalken der schmalseitigen Wände sind mit in der Mitte gebunde¬ Lorbeerstäben bemalt. Die Schiebbodenbretter zei¬ Festsaat im 3. Stock des Hauses nen Postgasse 60, Zustand nach der gen symmetrisch angeordnete, wellenförmig verlaufende Wiederherstellung. Akanthusranken: die sind in der Mitte mit Spangen,

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60 Früchten und Blättern oder Voluten gehalten und laufen in Greifen- oder Hundeköpfe aus. Die schwarz-braun r~^?r konturierten, hellgrauen Ranken mit weissen Lichtern sind mit grossartigem Schwung auf die dunkelgrünen £ÖÜCt> Felder gesetzt. Die Malerei in Leimfarbe musste gerei¬ p^S Ä nigt und fixiert werden - es waren nur geringe Retuschen -« EL« nötig. Dagegen wurden der linke Teil der Rückwand und 60: bemalte Decke des Teile des Frieses der Längswände ergänzt190. Trotz sei¬ Postgasse Festsaals im 3. Stock um sieben ner bescheidenen Ausmasse von auf viereinhalb 1680/1700. Zustand 1984 Metern ist der Saal mit seiner zwischen 1680 und 1700 zu datierenden Raumausstattung einer der bedeutendsten 190 Restaurator ausgemalten Prunkräume in einem Berner Bürgerhaus. W. Ochsner. Unter Berücksichtigung der schwierigen Ausgangslage bezüglich Gebäudezustand und geforderter Nutzung ist der Umbau des Hauses, auch wenn er in seinen Eingrif¬ fen und Einbauten (und damit in den Investitionen) sehr weit ging, ein gelungenes Beispiel für den Einbau einet vielfältigen Nutzung in ein Altstadthaus. Detail: Die alten Beschläge im Haus (Bänder, Schlösser, Türklopfer, Fen¬ ster-Stangenverschlüsse) waren zu einem grossen Teil be¬ reits bei früheren Renovationen verschwunden. Durch eine sofortige Demontage der noch wiederverwendbaren Teile unmittelbar nach Baubeginn wurde vermieden, dass sich Diebe ans Werk machen konnten: Zunehmend werden aus Renovationsbaustellen alte Stücke brutal her¬ ausgesagt oder -gehauen, die dann in Antiquariaten lan¬ den - ein Zeugnis für das verquere Verhältnis unserer Zeit zu alten Dingen. Die alten Beschläge sind wiederver¬ wendet: Bänder, Schloss und Klopfer an der prächtigen Louis-XIV-Haustüre, die Zimmertürbeschläge an den (wenigen) wiedereingebauten Türen, die Fensterstangen in den neuen Doppelverglasungsfenstern in den mit alter Ausstattung versehenen Zimmern.

Das Haus Kramgasse 67 reicht, wie auch das westlich anschliessende Pendant, ins 16.Jahrhundert zurück. Beim Neubau der Hoffässaden 1690 wurden die rück¬ wärtigen Wendelsteine mit offen auslaufenden Holztrep¬ pen zur geräumigen Laube unter dem mächtigen, beide Häuser überspannenden Vorscherm geführt. Die Gas¬ senfronten sind kurz vor 1750 neu aufgeführt worden 191 Das 1980 das östliche Haus sah Umbauprojekt von für 191 Lit. Paul Hofer: praktisch eine Auskernung des Gebäudes unter Beibehal¬ Kunstdenkmäler, a.a.O. tung von aussenliegender Wendeltreppe und Fassaden S. 262 f.

61 192 Bauherr K. Herzog; vor. Durch die Intervention der Denkmalpflege gelang Architekt R. Emmenegger. es, die Gassenzimmer mit ihrer Ausstattung an Täfern, Umbauten: Vergleichbare Cheminées, Kachelöfen und Eichentüren zu erhalten. Keller Kramgasse 69, Rat¬ den Einbau des Liftes mochte die Bauherrschaft hausgasse 66, Speicher¬ Auf gasse 13. nicht verzichten; er bedingte die Verlegung des Hauszu¬ 192 ganges durch den Keller. Der Umbau 1981/82 brachte 193 Instandstellung von im hinteren Bereich des Hauses grosse bautechnische Ofenkörpern, Reparatur Aufwendungen (Ausweitung des Kellers mit Unterfan¬ der Täfer, neue Parkettbö¬ den, neue Stuckdecken (lei¬ gung des Treppenturms und Lifteinbau in der Mitte des der im 1. Stock weggelas¬ Hauses), die zusammen mit dem sehr gepflegten Aus¬ sen, so dass die rohe Bal¬ baustandard zu hohen Anlagekosten (und Mieten) führ¬ sichtbar Auffri¬ kenlage ist), te. Die Instandstellung der Gassenzimmer und ihrer Aus¬ schen der Hartholztüren. stattung wurde sehr sorgfältig durchgeführt193. Der Um¬ bau macht die Grenzen sichtbar, die für bautechnische und strukturelle Eingriffe aus finanziellen und denkmal- pflegerischen Gründen zu ziehen sind. Detail: Im Haus sind die beiden schönen Kachelöfen von G. Hermann (1. Stock) und P.Gnehm (2. Stock) verblieben. Sie sind heute nicht mehr heizbar, bilden in den Räumen jedoch einen bestimmenden Akzent. Häufig gelingt es bei Reno¬ vationen, die Kachelöfen auch in ihrer ursprünglichen 67: Gassenzimrner Kramgasse Funktion erhalten. im 2. Stock, Zustand 1982. zu

An der Münstergasse 57 wurde eines der wenigen noch bestehenden Holzhäuser Berns instand gestellt. Nach den grossen Stadtbränden und unter zunehmen¬ dem Einfluss französischer Kultur waren die meisten Bauten der Stadt mit Sandsteinfassaden versehen wor¬ den. Der hier besprochene Bau war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verputzt worden, die damals verein¬ 194 Bauherrschaft heitlichten Drillingsfenster waren mit Holzgewänden L. Herzog's Söhne; Archi¬ versehen. Unter dieser einen Sandsteinbau vortäuschen¬ tekt R. Ver¬ Emmenegger. den Haut sich ein höchst interessanter Fassaden¬ gleichbare Renovationen: verbarg Rathausgasse 28, 80. aufbau in Rieg, der genau entsprechend den Befunden anlässlich der Sanierung 1982/83194 wiederhergestellt 195 Vermessen, abgebaut wurde. Das ursprünglich dreigeschossige Haus aus dem und Wiederverwen¬ unter 16. Jahrhundert zeigt über der Laube einen fünflichtigen dung aller brauchbaren die ein Dril¬ Originalteile aufgerichtet, Fensterzug über ganze Frontbreite, darüber ist die Fassade mit ihren lingsfenster. Eine Aufstockung des 17.Jahrhunderts ist neuen geschroppten Holz¬ als gedrücktes Geschoss, aber unter Übernahme der Fen¬ teilen zu steif, und auch die steranordnung ausgeführt195. Diese Wohnobergeschosse der Farbgebung Riegbal¬ sind die und der ken wird erst durch die Pa- ausgemauert; Verputzart Begleitstriche tinierung an Lebendigkeit Gefache sind nach aufgefundenen Fragmenten rekon¬ gewinnen. struiert. Das Haus wird abgeschlossen durch einen

62 eigentlichen Estrichstock, einer Ständerkonstruktion mit eingenuteten Bohlenbrettern, die lediglich gereinigt und konserviert wurden. Der eigenartig hohe und schwer wir¬ kende Aufbau ist über lange Zeit zusammen mit den zier¬ lichen Hauptgeschossen offen sichtbar gewesen - und ist TT es nun erneut. Im Innern des Hauses, das in denkbar schlechtem Zustand war196, wurden eine neue Treppe eingebaut, ein grosser Teil der Balkenlagen ausgewech¬ (DI selt und neue Sanitärräume eingebaut. Im 1. Stock wurde El eine Spruchtafel an der Riegbrandmauer freigelegt und konserviert, die auf eine Benützung als Schankraum hin¬ weist197: «Komd dir zue/haus ein/werder gast stel/im auf/als/was du hest yst/er freündlich-und wol/zu/ mut/ nimt/er/mit/käs/und/brod vergut yst/er aber Münstergasse 57: Gassen¬ ein unflad geboren so/ist cäs und brod an/im verlo¬ fassade nach Restaurierung 1982/83. ren 1658 Wir gangen glich aus oder-yn Bin wele gottes sägen syn - ewig und/bis/an/das/end God-unser aler unrat wend MDCLVIII iar.» Die Wiederherstel¬ 196 Sogar die Brandmau¬ lung grundsätzlich differierender älterer Zustände in ei¬ ern drohten einzustürzen; konnte die nem einheitlichen Gassenbild ist heikel. Im vorliegenden glücklicherweise Sanierung gleichzeitig mit Fall ist es durchaus Schluss möglich, zum zu kommen, Nr. 55 durchgeführt wer¬ die sich den Nachbarhäusern anpassende Gestaltung des den 19.Jahrhunderts wäre vorzuziehen gewesen. Wir glau¬ ben aber, dass die Kraft Berns als Stadtanlage, ihre «Ein¬ 197 Restaurator U. Bell¬ wald heit im Ganzen» genüge, um eine grosse «Vielfalt im Ein¬ zelnen» aufzunehmen, und dass die bauliche Entwick¬ 198 Gemäss den Bestim¬ lung, vereinfacht gesagt, von der Holzstadt zur Stein¬ mungen der Bauordnung stadt, anhand einiger Beispiele gezeigt werden könne. ist «die Zusammenlegung von höchstens zwei Gebäu¬ Detail: Die beiden schmalen Häuser, gleichzeitig reno¬ den und deren Erschlies¬ sollten gemäss ersten viert, Vorstellungen zusammenge¬ sung durch ein einziges legt und durch ein gemeinsames Treppenhaus rittlings Treppenhaus zulässig, der Brandmauer erschlossen werden198. Wir sind über¬ wenn eines der Gebäude an der Marche zeugt, dass die nun realisierte Lösung mit zwei weiterhin gemessen schmäler als 5,00 m ist und unabhängigen Häusern mit eigener Haustüre und eige¬ nur eine Wohnung pro Ge¬ ner Treppe richtig sei, da sie die Kleinstruktur der Rie¬ schoss aufweist». menparzellen respektiert und die Übereinstimmung von Fassaden und Grundriss gewährleistet.

In der Berner Altstadt ist ein starker Druck für den Ausbau von Dachräumen (Estrichen) zu Wohnräumen festzustellen. In manchen Fällen ist eine Benutzung auch der letzten Winkel eines Hauses nicht sinnvoll wegen der beschränkten Belichtungsmöglichkeiten, der nach dem Ausbau fehlenden Abstellräume für die Wohnungen der

63 199 Bauherrschaft Staat übrigen Geschosse und wegen der häufig nicht kosten¬ Bern, vertreten durch das deckend möglichen Vermietung. Bei anders gelagerten Architekt Hochbauamt; Voraussetzungen können dagegen reizvolle und auch K. Gossenreiter. Vergleich¬ entstehen. So wurden bare Ausbauten nur des grosszügige Wohnmöglichkeiten Estrichs: Junkerngasse 51, beispielsweise im Zuge einer dringend notwendigen Münstergasse 1 unti 39, Dachsanierung 1983/84199 im Haus Münstergasse 32 Postgasse42, Kramgasse45. zwei Wohnungen eingebaut, nachdem die Baubewilli¬ gungsbehörde eine als Bibliothek und Bespre¬ 200 Gemäss Art. 90 der Nutzung Bauordnung dürfen in der chungsräume für die die unteren Geschosse belegende unteren Altstadt über dem Verwaltung abgelehnt hatte200. Nach langem und inten¬ zweiten Vollgesehoss nur sivem Suchen nach einer verträglichen Lösung wurden oder dem Wohnungen die bestehenden Lukarnen an ihrem teilweise ungewöhn¬ Wohnen dienende Räume das belichtenden Standort beibehal¬ eingerichtet werden. lichen, Kehlgebälk ten und dadurch einerseits die lebendige Aussenansicht des Daches erhalten, andererseits auch die Entstehung des Hauses aus zwei Vorgängerbauten, die kurz nach 1800 hinter vereinheitlichter Fassade zusammengelegt worden sind, erkennbar gemacht. Im Innern sind durch eine weitgehende, phantasievoll ausgenutzte Übernahme der alten Bauteile und durch den selbstverständlich wir¬ kenden Einsatz von gestrichenen Eisenteilen für neue Einbauten (Konsolidierungen, Treppen, Küche) kon¬ struktiv und auch räumlich klare Verhältnisse entstan¬ Munstergasse 32: Dachwoh¬ den. Detail: nung Ost. Die «normale» Belichtung der Dachwohnun¬ gen mit Lukarnen war ungenügend. Sie wurde je nach örtlicher Situation ergänzt durch kleine, im Detail fein durchgearbeitete Blechgauben, bescheiden dimensionier¬ te Dachflächenfenster, einen kleinen Firstreiter auf einem Querfirst und Kniestockfenster. Zusätzliche Möglichkei¬ ten sind durch Glasziegel mit darunterliegender Isolier- verglasung gegeben. Derartige kleinteilige, nicht nach bestimmten Denkschemen, sondern nach den Gegeben¬ heiten des Daches angeordnete Belichtungsöffnungen sind für die Wirkung der Dachlandschaft von entschei¬ dender Bedeutung.

In der oberen Altstadt von Bern, im Gebiet zwi¬ schen Zytglogge und Bahnhof, sei, so lautet die weitver¬ breitete Meinung, ausser Warenhäusern hinter Sand¬ steinkulissen nichts mehr zu finden. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Zwar ist mit der Entwicklung dieses Teils der Altstadt zur eigentlichen City tatsächlich ein Teil der Bauten ausgekernt oder hinter rekonstruierten Fassaden neu gebaut worden. Die Einbrüche sind vor

64 allem im Gebiet der Spital- und und für die Zeit etwa von 1960 bis 1980 gravierend. Früher dagegen sind zahlreiche Geschäftshäuser in diesem Gebiet als Neubauten mit neuen, der Nutzung entsprechenden und vielfach eigenständigen, qualitativ hochstehenden Fassa¬ 8 den gebaut worden201 haben also den Nutzungswandel j% t auch mit einem Wandel des architektonischen Ausdrucks ms ta ig ; verbunden. Im Rahmen einer umfassenden Inventarisie¬ iï Di! rung konnte 1984 immerhin festgestellt werden, dass rund zwei Fünftel der Gebäude der oberen Altstadt in ih¬ «ÄuIiftJBi rer Gesamtheit als «wertvoll» einzustufen sind, während bei einem weiteren Fünftel sich diese Einstufung auf die Fassade zu beschränken hat. An zwei Beispielen zeigen Spitalgasse 38: Gassenjassade sich die im Bereich wir im folgenden, wie Denkmalpflege nach der Renovation 1980/81. der oberen Altstadt einschalten kann. 201 In der Marktgasse Der Gebäudekomplex Spitalgasse 38 gehört zu der beispielsweise Kaiserhaus (Nr. 37 West, 1902-04), Gruppe von fünf Etagenwohnhäusern, welche Abraham Kaufhaus vier Jahreszeiten eine dem auf¬ Wild 1738-40 für private Gesellschaft auf (Nr. 37 Ost, 1909), Ciolina gegebenen Bauplatz des Oberen Spitals baute. An das die (Nr. 51, 1933), heutiger Jel- Herrschaftsräume enthaltende Hauptgebäude schliessen moli(Nr. 10, 1912), ehema¬ sich in einem Winkelbau das Treppenhaus und der da- liges Christen-Haus (Nr. 28, 1906!). hinterliegende Wirtschaftstrakt an. Den schmalen, sich weit in die Tiefe entwickelnden Hof schloss das Kutscher¬ 202 Lit. Paul Hofer: haus ab202. Dieser Hof hatte wegen seiner Bäume und Kunstdenkmälcr, a.a.O., der darauf pfeifenden «Vögeli», liebevoll beschrieben von S. 440 ff. der damaligen Eigentümerin, Frau Elisabeth de Meuron- 203 Das Projekt ent¬ von Tscharner, in Bern eine gewisse Berühmtheit erhal¬ sprach den Massvorschrif¬ ten. Ein erstes Projekt sah 1978 den Abbruch aller Ge¬ ten für die obere Altstadt, bäude und einen Neubau hinter der alten Gassenfassade nach Auffassung der Denk¬ aber nicht den gegenüber dem Altbestand um ein Geschoss höher, malpflege vor, Schutzvorsch ri ften. 25 m tief und unter zweigeschossiger Überbauung der ganzen Hoffläche203. Gemeinsame Gespräche204 führten 204 Denkmalpflege, zur realisierten Lösung, deren erste Etappe 1980/81, die Stadtplanungsamt, Berner zweite 1984/86 ausgeführt wird205. Das Hauptgebäude Heimatschutz, E(Bern bleibt mit der Bauherr- wurde dabei des früher grün» unter Preisgabe (bereits ausge¬ schaft. räumten) Erdgeschosses, des Kellers und des 1. Oberge¬ schosses renoviert, Raumeinteilung und Ausstattung der 205 Bauherrschaft Erben¬ oberen Geschosse blieben erhalten. Im Dach wurden gemeinschaft de Meuron, Wohnungen eingebaut. Während das Treppenhaus re¬ vertreten durch von Graf¬ noviert wird, wurde der Wirtschaftstrakt abgebrochen fenried AG; Architekten Trachsel, Steiner & Part¬ und durch einen Neubau ähnlichen Volumens ersetzt. ner. Vergleichbare Reno¬ Im Hofbereich entsteht ein mächtiges, mehrgeschossiges vationen: Marktgasse 59, Bürogebäude. Die verschiedenen alten und neuen Bauten Speichergasse Î3.

65 206 Gemäss Richtplan werden durch eine Passage verbunden206, welche an «Passagen» sind in Bern nur niedrigen Bauten und offenen Hofteilen, in welchen auch noch an vereinzelten, ge¬ Bäume gepflanzt werden, vorbeiführen. Detail: Die Er¬ nau definierten Stellen Pas¬ namentlich Täfern, sagen möglich. haltung von Ausstattungsteilen, von bringt dann Probleme, wenn die Räume zu sehr hohen 207 Risse entstehen bei Mieten an Firmen abgegeben werden, die naturgemäss natürlichen Baustoffen vor keine Beziehung zu alten Bauteilen haben. Bereits bei ge¬ allem bei Austrocknung Rissen und die alten durch die heute dauernd ringfügigen wird reklamiert, Teile stark beheizte und damit werden oft mit steril-gesichtslosen Verkleidungen verse¬ sehr trockene Raumluft. hen207 Dagegen finden sich immer wieder Mieter (und Vermieter), welche aus echter Freude an alten Intérieurs auch die damit zusammenhängenden Imperfektionen gerne in Kauf nehmen.

208 Bauherrschaft Genos¬ Dass in der oberen Altstadt nicht nur Grosskomplexe senschaft Burgunderhaus; mit Büro- und Ladennutzung zu behandeln sind, zeigen Architekten: Atelier 5. Ver¬ verschiedene Renovationen in den Nebengassen. So ist gleichbare Renovationen: das die des entstandene Aarbergergassc 16 und 18. um Mitte 19.Jahrhunderts Handwerkerhaus Speichergasse 15 1983/84 renoviert 209 Die heikle Frage zu¬ worden208, nachdem wenige Jahre zuvor eine Zusam¬ sätzlicher Belichtungsöff¬ menlegung mit der Nr. 13 vermieden werden konnte. Die wurde hier mit ei¬ nungen Gassenfassade wurde abgelaugt und der Sandsteinqua¬ nem Quergiebel gegen den Hof gelöst. Die merkwürdi¬ derverband repariert; die seit der Bauzeit verputzte Rieg¬ gen Verglasungen in Dach¬ front gegen den Hof wurde von aussen isoliert und die traufe und Vogeldiele auf Holzgliederung der Fassade (Fenstereinfassungen, Li- der Strassenseite blieben senenbretter) auf dem gestrichenen Verputz ergänzt. Die bestehen; nach Konstruk¬ tion und Detailformen dürf¬ Treppe ist erhalten. Die kleinen Wohnungen wurden un¬ ten sie kurz vor 1900 ent¬ ter Erhaltung der noch wiederverwendbaren, einfachen standen sein. Ausstattungsteile saniert und mit bescheidenem Komfort versehen. Das Dachvolumen ist als Wohnung ausge¬ baut209. Im Erdgeschoss ist das bestehende Restaurant «Diana» unter Wahrung des Grundcharakters (und da¬ mit der Kundschaft) zum «Burgunder» umgestaltet wor¬ den. Detail: Die konsequente Weiterverwendung alter Bauteile hindert nicht, dass neue Funktionen mit heutigen formalen Mitteln erfüllt werden. Im Restaurant beispiels¬ weise blieb das alte Brusttäfer erhalten und wurde gestri¬ Il chen. Boden, Gipsdecke, Mobiliar und Beleuchtung sind modern und geben doch mit den alten Ausstattungsteilen ein Ganzes. Interessant ist auch die neue Front des Restau¬ ..!- rants, welche die Empfehlung der Denkmalpflege zur Kleinmassstäblichkeit auf geschickte Art mit den Lüf¬ Speichergasse 15: Restaurant «Burgunder» nach dem Umbau tungsanforderungen und dem Bedürfnis der Gäste nach 1983/84. Sichtschutz zu einem überzeugenden Entwurf verbindet.

66 Der Bericht über unsere Tätigkeit in der Altstadt wäre unvollständig, wenn nicht wenigstens zwei Beispiele für die zahlreichen Fassadenrenovationen erwähnt würden, bei denen das Gebäudeinnere nicht verändert wurde.

Die Fassaden der Liegenschaften Ju.nkerngasse 63 210 Bauherrschaft Staat und Münstergasse 1 sind im späten 17. Jahrhundert und Bern: Architekten E. Raus¬ und P. im 19. Jahrhundert umgebaut und den damaligen Archi¬ ser Clémençon. tekturströmungen angepasst worden. Seit Ende des 211 Hier wird der Unter¬ 19.Jahrhunderts sind mehrere Farbschichten aufge¬ schied zur an Berner Sand¬ steinbauten früher üblichen bracht worden. Die Restaurierung 1984210 hat die Fassa¬ Renovationsmethode, dem den gesichert und trotzdem in ihrer Geschichtlichkeit und «Zurückarbeiten auf gesun¬ ihrem Alter weiterbestehen lassen2". Die dicken Farb¬ den Grund», deutlich. schichten wurden abgelaugt. Zerstörte Steinpartien wie Fensterbänke wurden in Naturstein ersetzt, kleinere 212 Mörtel im Fassaden- tcil mit und klei¬ Fehlstellen mit Flickmörtel212 aufmodelliert und stein- Sumpfkalk nem Anteil an Trasszc- hauergerecht überarbeitet; ältere Mörtelflicke wurden ment, im Laubenteil «Mi- beibehalten, sofern sie technisch intakt waren - sie wur¬ neros». den farblich eingestimmt. Die bereits früher aufgemalte 213 welche die verbin¬ Vogeldiclendekora- Fugenteilung, Umbauphasen optisch tionen haben in Bern Tra¬ det, wurde wieder angebracht. Die neuen Fenster sind dition. In den letzten Jah¬ mit grosser Sorgfalt gebaut worden, mit genau übernom¬ ren sind etliche ältere Male¬ menen Profilen, Sprossenbild und den alten handge¬ reien unter jüngeren Uber- schmiedeten Beschlägen. Die alte Strassenleuchte wurde malungen gefunden wor¬ den und moderne instand und elektrifiziert wieder in Betrieb einige gestellt ge¬ Beispiele dazugekommen. nommen. Durch die einfach-geometrische Neubemalung der Vogeldiele wurde auf feine Art die Bedeutung der 214 Bauherren M. und Ecksituation unterstrichen213. W. Brunner; Bauleitung Ed. Steck & Cie. Restaurie¬ einer bemalten Fassa¬ das rung Das Brunnerhaus, Hotelgasse 1, von Karl Inder- de auch beim Haus Ge¬ Mühle 1905-07 unter Einbezug zweier älterer Liegen¬ rechtigkeitsgasse 43 (Hof). schaften erbaut wurde, ist der bedeutendste Profanbau der Neugotik in Bern. Seine Fassaden sind während der 215 Damals wurden auch einige neue Steine einge¬ Bauzeit von Ernst Linck mit expressiven Malereien ge¬ setzt, die heute zu Schalen¬ schmückt worden. Die Fassaden und Dachuntersichten bildung neigen. sind 1981/82 sorgfältig restauriert worden214. Die stark absandenden Steinoberflächen wurden zurückhaltend 216 Restaurator H.A.Fi¬ scher AG. Der Venner war (trocken) gereinigt und mit Kieselsäureester verfestigt; in Keimscher Mineralfarbe lediglich einige wenige Werkstücke im unteren Bereich in B-Technik gemalt wor¬ mussten ersetzt werden. Die mächtige Figur des Banner¬ den. Konservierung mit Wacker Retuschen trägers (Venner mit dem Banner des 16.Jahrhunderts) OH, mit Siliconfärbe. Die Male¬ bereits 1929 selber über¬ an der Westfront, vom Künstler rei wurde in ihrem verblass- arbeitet215, wurde konserviert, und Fehlstellen wurden ten Zustand erhalten und retuschiert216. Die bemalten Dachuntersichten waren in nicht «aufgefrischt».

67 217 Alle Arbeiten in katastrophalem Zustand, der nur durch die während Acryl mit abschliessendem Jahrzehnten einwirkenden Abgase erklärt werden kann, Schutzüberzug. die von der stark befahrenen Hotelgasse vor deren Sper¬ 218 Ergänzungen in Epo¬ rung für den Durchgangsverkehr herrührten. Die Jagd¬ xidharzmörtel, Fassung in szenen, eines der vielen Beispiele für die unglaublich fri¬ Acryl. schen und kräftigen Malereien an Berner «Vogeldielen», mussten im Bereich des Walms bis auf wenige erhaltene Reste rekonstruiert werden, während die übrigen Partien erhalten und retuschiert sind217. Am malerischen Ein¬ gangsportal von Peter Hensch, dessen 1929 erneuerte Fassung stark abblätterte, wurden Sandsteinergänzun¬ -__< gen vorgenommen und der Stein neu gefasst218. Die ur¬ sprünglich ornamental verzierten Laubengewölbe wur¬ den nicht in die Arbeiten einbezogen - sie können später $ einmal freigelegt werden. V Um die Stadt Bern entstand bis zum 18.Jahrhundert ein Geflecht von kleineren und grösseren Herrensitzen und Schlössern. Diese reizvollen Landsitze zumeist Holelgasse 1 : Ausschnitt aus waren dem Venner von Ernst Linck. mit einem vom «Lächema» bewirtschafteten Bauerngut Zustand 1982. verbunden. Viele von ihnen sind von der sich ausbreiten¬ den Stadt des späten 19. und 20.Jahrhunderts überrollt 219 Ausser den im folgen¬ worden und leben heute nur noch in Schriftstücken, alten den aufgeführten Restau¬ Plänen und Ansichten fort. Andere sind, von neuen rierungen sind grössere Ar¬ Uberbauungen arg bedrängt, erhalten geblieben. Im¬ beiten am Hopfgut (Brunn¬ merhin es aber auch eine stattliche Anzahl mattstrasse 50) und am Sitz gibt von Alter Aargauerstalden 2 zu Landsitzen, die den Charme von Haus und Umgebung erwähnen. bewahrt haben219.

Die Baugruppe des Schlössli Wittigkofen (Melchen- bühlweg 137) ist nach 1577 in zahlreichen Bauphasen entstanden220. Das Lusthaus in der Nordostecke der An¬ lage, ein turmartiger, dreistöckiger Putzbau unter stei¬ lem Krüppelwalmdach, ist nach einem Brand 1581 ge¬ 220 Lit. Kunstführer baut und später durch eine Holzlaubenkonstruktion mit durch die Schweiz, 3, dem Abortturm und dem Hauptbau verbunden worden; S. 227ff. Ueli Bellwald: Sa¬ es enthält im 1. Stock den ausgezeichneten Festsaal von nierung und Renovation 1724. Der des «Laubentraktes» ist Schloss Wittigkofen und gesamte Baukomplex Nebengebäude, 1982, Xero¬ 1983/84 im Rahmen eines Gesamtprogramms restauriert graphien. worden221. Während Parterre und Keller nur unterge¬ ordnete Änderungen erfuhren und auf den problemati¬ 221 Bauherrschaft Herr schen Dachausbau verzichtet ist und Frau E. und S. Zahn- glücklicherweise wurde, von Wurstemberger; Archi¬ im 1. und 2. Stock eine Wohnung für die Eigentümer ein¬ tekt U. Bellwald. gerichtet worden. Dazu musste die Erschliessung völlig

68 V '*¦_».

Malerei an der Dachuntersicht des Hauses Hotelgasse 1 (Seite Kramgasse), nach Restaurie¬ rung.

verändert werden - eine neue, gewendelte Treppe fand im ehemaligen Abortturm Platz Die Laube wurde auch im 2. Stock als wohnungsinterner Raum verglast. Die völlig intakte Raumausstattung von 1582 im Wohnzim¬ mer222, der sogenannten Bibliothek, konnte auf glückli¬ che und ausnehmend zurückhaltende Art in die neue Wohnung integriert werden. Auch in den übrigen Räu¬ 222 Die originale Ausstat¬ men ist die Verbindung von alten Bestandteilen mit heu¬ tung umfasst die Wand- und tigen Bauelementen gelungen. An der durch die Laube bemalung -vertäferung mit Sitzbank und Schrank, geschützten massiven Südostfassade kamen interessante, die Decke, den Bretter¬ für die Baugeschichte bedeutsame Malereifragmente des boden sowie die Butzenver- 16. und 17.Jahrhunderts zum Vorschein, die sorgfältig glasung.

Schlössli Wittigkofen: Blick von Nordwesten mit Lusthaus-, Zwischenbau und ehemaligem Abortturm, 1984.

«Bibliothek» im Lusthaus des Schlössiis Wittigkofen mit origi¬ naler Ausstattung des 16. Jahr¬ hunderts

69 223 Restauratoren freigelegt und konserviert wurden223 und wertvolle Auf¬ U.Bellwald und K.Beck. schlüsse für die übrigen Fassaden zuliessen. Diese wur¬ den neu verputzt, und gemäss den Belegen sind verzahn¬ te Eckquader aufgemalt. Die Fensterläden sind entspre¬ chend Befund mit kräftigen weissen Doppelspickeln auf lindengrünem Grund bemalt. Der Laubentrakt ist heute in seinem Bestand gesichert; er ist auf verträgliche Art genutzt und strahlt wieder eine stille Würde aus.

224 Lit. Charlotte König: Der «Rosenberg» (Laubeggstrasse 29) ist Teil des ehe¬ Eine bernische Campagne maligen grossen Gutes «auf dem Stalden». Das 1761 er¬ der Bern - Rosenberg, baute Haus hohem das 1984. zweistöckige unter Mansartdach, auf drei Seiten von einer Laube umgeben ist, wurde 1905 225 Bauherrschaft Jürg auf raffinierte Art mit dem nördlich in geringer Distanz Stuker AG, Architekt stehenden Lehenshaus verbunden224. Die gründliche G. Thormann. 225 Renovation von 1982/83 setzte das Äussere des Kom¬ behutsam wobei der in weiten Feilen ver¬ 226 Die ehemaligen Fen¬ plexes instand, ster- und Türöffnungen faulte Dachstuhl ersetzt wurde. Im Innern blieben we¬ sind beibehalten, im Innern sentliche Teile des Ausbaus erhalten. Das ehemalige Le¬ jedoch verkleidet worden. henshaus dagegen wurde ausgeräumt und eine Ausstel¬ lungshalle eingebaut226. Die neue Nutzung ist auch am Äussern an neuen Gittern und anderen Sicherungen ab¬ lesbar. Leider soll nach der erfolgreichen Restaurierung der untere Teil des südwärts gelegenen Gartens mit ei¬ "Ti nem Wohnblock überbaut und damit die Situation stark 3'J beeinträchtigt werden. Wir nennen nur wenige Beispiele von Renovationen an Wohnhäusern in den Aussenquartieren, obwohl gerade hier Herrenhaus Rosenberg: Ansicht eine eigentliche Welle von Erneuerungen anstelle von Garten, 1985. links das vom Abbruchen festzustellen ist Okonomiegebäude: (der allerdings paradoxerwei¬ se nicht selten wichtige Aussenteile und Innenausstattun¬ gen zum Opfer fallen). Für die beiden sogenannten «Scherz-Häuser», Ai.tenbergstrassf. 98 und 102, wurde 1980 ein Abbruchgesuch eingereicht; an ihrer Stelle sollte ein Wohnblock errichtet werden. Es gelang der Denk¬ malpflege, den Eigentümern Interessenten zu vermitteln, welche die Häuser zum Landwert des Neubaus (inkl. 227 Fenster und Türen Planungskosten) erwarben und 1981/82 renovierten. Das waren samt und sonders Haus Nr. 98, ein bescheidener Riegbau von drei Ge¬ zerschlagen, verschiedent¬ schossen unter Satteldach, wurde 1869/70 erbaut. Es war lich Brände und die gelegt der in Van- Parkettböden herausgeris¬ zum Zeitpunkt Eigentumsübertragung von sen worden (teilweise zur dalen verursachtem ruinösem Zustand227. Der Rohbau Wiederverwendung). und das Äussere des Gebäudes wurden 1981 renoviert,

70 der Innenausbau fast vollständig neu eingebaut228. Das 228 Bauherrschaft Herr Haus Nr. 102 ist wesentlich älter - bereits der Sickinger- und Frau B. Sitter-Liver; Architekt H. Rothen. plan zeigt ein kleines giebelständiges Haus direkt an der Strasse, und es ist wahrscheinlich, dass der Kern des Hauses aus dem 16.Jahrhundert stammt229. Im Laufe 229 Nach Auskunft der der Zeit wurden verschiedene Anbauten erstellt, um die alten Pläne ist eine Ver¬ Mitte des 19. Jahrhunderts erhielt das Haus die aareseiti- wendung als Winzerhaus denkbar. ge Ründi und die seitlichen Lauben. 1886 wurde die Front mit einem historistischen, wohl einem Musterbuch entnommenen Sgraffito verziert; ob die Jahreszahl 1683 auf die Vorlage hinweist oder in Zusammenhang mit dem Haus selber steht, ist nicht geklärt. Das ebenfalls stark zerstörte Gebäude wurde inwendig weitgehend um¬ gebaut230; ein hinterer Anbau übernimmt die Tonnen¬ 230 Bauherrschaft form der Ründi. Die Lauben sind in den Wohnbereich und Architekt Herr und Frau F. einbezogen - ihre Form soll den Übergang von der voll¬ und M.Oswald-Branden¬ ständig beibehaltenen Front zur modernen Rückseite burg.

eV *» *V I Altenbergslrasse 102: Zustand vor der Renovation 1981.

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I Altenbergstrasse 102 nach der ¦ Renovation 1981; rechts im Hintergrund Haus Nr. 98.

71 231 Leider wurden die markieren. Jene wurde im Bereich des Erdgeschosses neu Ecklisenen durch ein Verse¬ aufgeführt231, wobei der hässliche Ladeneinbau von hen des Unternehmers weg¬ 1930, der auch der neuen Nutzung entgegenstand, elimi¬ gelassen. niert wurde. Das Sgraffito war von der Riegwand gelöst 232 Restaurator H.A. Fi¬ und drohte abzustürzen; es wurde zurückfixiert, ergänzt scher AG. Eine frühere und farblich eingestimmt232. Die Erhaltung der char¬ Überarbeitung, vermutlich manten Hausgruppe hat das Quartier vor einer weiteren mit Emulsionsfarbe, hatte bewahrt und ein die Diffusionsfahigkeit stark Verfremdung gleichzeitig Signal für an¬ vermindert. Vorgehen: dere Renovationen in der Umgebung gesetzt. Reinigung, Fixierung mit Acryllösung, Sicherung der Die Villa Seftigenstrasse 6 ist 1894 an der Stelle des ausgebrochenen Ränder Landsitzes Beaumont für den Käsehändler N. Bürki er¬ mit Kalkmörtel, Sicherung der Mörtelschicht durch richtet worden. Der massige Baukörper unter Walm¬ Kunstharzinjektionen über dach, der hoch über der Strasse thront, ist durch allseiti¬ den Riegeln, Hintergiessen ge Risalitbildungen und die farbliche Differenzierung mit Kalk, Ergänzungen in von Sichtmauerwerk und Sandsteingliederungen ge¬ Sgraffitotechnik. Farbein¬ schickt strukturiert. Der Christian stimmung in Siliconfärbe. Architekt, Trachsel, erwarb von seinem Auftraggeber den untern Teil der Be¬ 233 Die Stimmbürger der sitzung (heute Seftigenstrasse 2) und baute sich dort eine Stadt Bern haben 1984 ei¬ eigene Villa233. Die beiden herrschaftlichen Häuser und Kauf dieser Villa nem zuge¬ die dazugehörigen Parkanlagen konnten nach stimmt. langen Verhandlungen mit dem «Uberbauungsplan Seftigen- 234 Bauherrschaft Herr strasse-Schwarzenburgstrasse-Bürkiweg» unter Schutz und Frau M. und S. Meyer- gestellt werden. Die Villa Seftigenstrasse 6 ist 1983/84 re¬ Architekt Buchmüller; stauriert und umgebaut worden234. Dabei wurden die U. Bellwald. charakteristischen Details (beispielsweise die Schieferein¬ deckung und die Blechvasen des Daches) erhalten und frühere Verunstaltungen wie die Geländer der südöstlich vorgelagerten Terrasse, welche wieder die ursprüngliche Balustrade erhielt, rückgängig gemacht. Im Dach wur¬ w den unter Respektierung der vorhandenen Belichtungs- öffnungen die bestehenden Dienstenzimmer zu einer selbständigen Wohnung ausgebaut, während die Erdge¬ schosswohnung mit ihrer Ausstattung (Parkettböden, Presskartonverkleidungen, Holzwerk, Kachelöfen) re¬ vm stauriert wurde. Das stattliche Haus nimmt seit der sorg¬ fältigen Restaurierung wieder den ihm gebührenden Platz im Villenensemble der Seftigenstrasse ein.

Imt-QWltB Eine der hervorragenden Villen des Kirchenfeldquar- tiers ist die exponiert in einer Strassengabelung gelegene warn Besitzung an der Elfenstrasse 19. Die von René von Sefiigenstrasse 6: Ansicht von Wurstemberger 1905 erbaute Neurokokovilla unter aus¬ Südosten. ladendem Mansartdach beherrscht mit ihrem markanten

72 Eckturm die Situation. Der zweistöckige Hauptbaukör¬ 235 Bauherrschaft Erben¬ per zeigt drei von Ecklisenen gefasste Fensterachsen - die gemeinschaft Hodler; Ar¬ chitekt R. Emmenegger. Mittelachse ist gegen Westen durch den von Volutenkon¬ solen getragenen Balkon, gegen Norden durch den Mit¬ 236 In ähnlichem Sinn telrisaliten mit grossem Eisen-Glas-Vordach betont. Der wurden auch die Liegen¬ auf polygonalem Grundriss errichtete Eckturm unter ge¬ schaften Thunstrasse 59 schweifter Haube dominiert das Gebäude. Im Zuge einer und Alpenstrasse 30 reno¬ viert. 1983 durchgeführten Aussenrenovation235 konnten die wesentlichen Elemente der aufwendigen Architektur er¬ 237 Die (aufwendige) In¬ halten werden236. So blieben die Amboladen, die charak¬ standstellung der Einfrie¬ teristischen Blechgräte sowie die Dachzier erhalten. Die dung (Mauer und Gitter) ist auf einen späteren Zeit¬ Lukarnen wurden steinfarbig behandelt und mit den ur¬ punkt verschoben worden. sprünglichen Verzierungen versehen, die Fassaden zu¬ rückhaltend instand gesetzt und auch das weitausladen¬ de, elegante Vordach über dem Eingang restauriert237. Die heute leider weitgehend mit Büros belegte Villa hat durch die bis in die Details gepflegte Renovation ihren als Be¬ baukünstlerischen Wert Einzelgebäude und ihre Die Villa Elfienstrasse 19 nach deutung im Quartierbild wieder erlangt. der Aussenrestaurierung 1983.

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73 ' fS\ Das aus drei Einheiten bestehende Mietshaus Laupen¬ strasse 53-57, an der Einmündung der Zieglerstrasse, wurde nach Plänen von Paul Lindt 1902 errichtet. Der differenziert verputzte Bau unter walmlosem Mansart- dach ist durch die Treppenhaus- und Loggienrisalite un¬ Reiche ca —»tP ter geschweiften Riegquergiebeln gegliedert. Ju¬ gendstilornamente an Eingangsfronten und -portalen so¬ wie den die fort¬ Laupenstrasse 53-57: Ansicht in Treppenhäusern zeigen für Bern von Nordwesten, Zustand schrittliche Gesinnung des Architekten. Das westliche 1980. Haus sollte 1978/79 unter Eliminierung der Gliederungs¬ elemente «modernisiert» werden. Im Gespräch mit Ei¬ gentümer und Architekt konnte die Erhaltung von Gurt¬ gesimsen und Einfassungen erreicht werden. Auch das differenzierte Putzbild (unten ziegelroter Rillenputz, 238 Leider war der Neu¬ oben heller Abrieb) wurde übernommen. Von der Aus¬ bau der Gartenmauer nicht stattung konnten ebenfalls wesentliche Teile, vorab im mehr verhindern. zu Bereich des Treppenhauses und der Südzimmer, über¬ 239 Nr. 53: Bauherren nommen werden238. Die im Laufe der Jahre ebenfalls re¬ und Architekten Lyoth und novierten Nachbarhäuser sind dem guten Beispiel ge¬ Gutjahr / Nr. 55: Bauherr folgt239 - die Gruppe bildet wieder den effektvollen Auf¬ Architekt H.Spühler; takt der Laupenstrasse, die mit den drei klassizistischen E. Schweyer / Nr. 57: Bau¬ eines besten herr F. Balzli; Architekt Villen der Villette der Ensembles von Bern H. Sohm. bildet.

Zum Schluss sei noch ein Renovationsvorhaben aufge¬ führt, das vergleichsweise einfache und junge Architektur betrifft. Die Siedlung Hohliebi (Freiburgstrasse 459- 489) wurde mit Hilfe von Bund und Kanton 1946/47 von Architekt Walter Schwaar gebaut. Sie umfasst 58 zu Dreier- und Vierergruppen zusammengebaute Einfami¬ lienhäuser, die durch Staffelung in Grundriss und Schnitt Hohhebi: Ostansicht Siedlung geschickt der schwierigen Nordhanglage angepasst sind. Zustand einer Häusergruppe, Bei der 1984/85 Reno¬ 1985. durchgeführten, durchgreifenden vation240 gelang es, den Gesamtcharakter und die wichti¬ gen Baudetails weitgehend zu erhalten. Die Grundstruk¬ tur mit gemauerten Haustrennwänden und dazwischen¬ liegender Holzkonstruktion241 bleibt sichtbar. Schwierig¬ keiten ergaben sich auch hier mit den Nachisolationen im 240 Bauherrschaft Ein¬ Bereich der Aussenwände, die teilweise mit Aussenisola- wohnergemeinde Bern; Ar¬ tion ausgeführt sind - ästhetisch wurden dadurch An¬ chitekt P. Vicini. schlüsse an andere Bauteile, Fensterdetails und Sockel¬ Im betrachtet ist es 241 Auf der Westseite be¬ ausbildungen problematisch. ganzen reits frühzeitig mit Eternit¬ bei der Siedlung Hohliebi gelungen, den Charme der ein¬ schindeln verrandet. fachen Häuser und ihrer Aussenräume zu erhalten.

74 Bei den Gewerbebauten beginnen wir mit einem der zahl¬ reichen Bauten, bei denen über einem oder mehreren ge¬ werblich genutzten Geschossen Wohnungen eingebaut sind. Nach zwei verheerenden Eingriffen ist der Breiten¬ rainplatz nur noch an seinen Längsseiten richtig gefasst. Wesentlicher Bestandteil der Platzbegrenzung ist das Ge¬ bäude Moserstrasse 52, das von Architekt Friedrich Marbach 1910/11 gebaut worden ist. Es enthielt im Erd¬ geschoss die Poststelle für das Beundenfeld; später war hier jahrzehntelang eine Druckerei untergebracht. 1979 übernahm der Schweizerische Coiffeurmeister-Verband die Liegenschaft und liess sie 1982/83 zum «Coiffeur- 242 Architekt O.Fiech- haus» umbauen242. Dabei wurden die äusseren Teile ter sorgialtig wiederhergestellt und namentlich die Dekora¬ 243 Sie 1957 bei tionen der zum Platz gerichteten Eckfassade rekonstru¬ waren Erneuerung des Verputzes iert243. Im Treppenhaus konnte nach langen Diskussio¬ nicht wieder angebracht nen der kurz nach Bauvollendung eingebaute Lift erhal¬ worden. Die Rekonstruk¬ ten werden244. In den Wohnungen blieben Stukkaturen, tion beruht auf den Bauaus¬ Holzwerk, Bodenbeläge und auch die charakteristischen führungsplänen. Malereien der bestehen. Das markante Gebäude Loggien 244 Die hässlichen neuen prägt seit der Renovation den Platz und leitet würdig in Schachttürfronten sind auf¬ das ausserordentlich intakte Strassenbild der Kasernen- grund der SUVA-Vor- strasse über. schriften entstanden.

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Das Coijfieurhaus an der Moser¬ strasse 52, oben Zustand 1979, links nach der Restaurierung 1982/83.

75 245 Bauherrschaft Braue¬ In der Nacht vom 4. Januar 1981 brannte der Saal des rei Felsenau AG (Gebrüder Restaurants «Bierhübeli» (Neubrückstrasse 43) aus. Es Architekt Hemmann); war 1912/13 im Vorfeld der Landesausstellung durch R. Künzli. Lit. Der Bund, 22. und 23.Juli 1981. Eduard von Mühlenen erbaut worden und hatte bereits damals den freistehenden Saalbau erhalten, der im In¬ 246 Nach einer Säube¬ nern einen eindrücklichen Raum mit ausgezeichneter rung der verkohlten Stücke Stukkierung aufwies. Obwohl vorerst ein Abbruch des wurden die notwendigen, Saalbaus worden konn¬ umfangreichen Ergänzun¬ brandgeschädigten erwogen war, gen neu gezogen oder bei te dank dem ausgezeichneten Kontakt der Beteiligten245 ornamentalen und figürli¬ eine Beibehaltung des für das Quartierleben wichtigen chen Partien in Silicon- Saals und eine Rekonstruktion seiner Innenausstattung Kautschuk-Negativen realisiert werden. Dabei wurden der Wand- und Decken¬ nachgegossen. stuck weitgehend neu gefertigt246, die umlaufenden Brusttäfer ergänzt und entsprechend Befund neu gefasst, ein neuer Parkettboden eingebaut, und die Deckenleuch¬ ter, die bereits vor Jahrzehnten entfernt worden waren, Der Saal des Restaurant «Bier- konnten in Anlehnung an Modelle der Bauzeit neu ge¬ hübeh» nach der Rekonstruktion baut werden. Der schöne Saal erfreut sich wieder einer 1981. wachsenden Beliebtheit.

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V \ 76 Die Rvit -Fabrik, Sandrainstrasse 3, wurde als mecha¬ 247 In sozialgeschichtli¬ nische Strickerei 1890 gebaut. Der tlreigeschossige Sicht¬ cher Sicht wichtig vor allem die F'.ntwicklung der Wohl¬ backsteinbau mit grossen Stichbogenfenstern und Ziegel¬ fahrtseinrichtungen wie satteldach wurde verschiedentlich 1899 ausgebaut und Kantine, Krippe. Erho¬ gegen Osten, 1905 gegen Westen verlängert. Von den lungsgarten. wenigen frühen Industriebauten Berns ist die heute ver¬ schiedenen Betrieben dienende Fabrik ein sowohl baulich 248 Bauherrsehaft F^in- Ar¬ wie auch bedeutsames wohnergemeinde Bern; sozialgeschichtlich Beispiel247. chitekt H. Hostettler. Nachdem jahrelang mit einem Abbruch der «hässlichen, dem Wohnquartier Sandrain abträglichen» Bauten ge¬ 249 Die vorgelagerten rechnet worden war, steht heute fest, dass die Anlage er¬ Fïachdachbauten waren mit halten wird. Als erste Etappe der Renovation wurde 1983 einige Jahre zuvor gro¬ ben Eternitdachrändern das im Ostteil Äussere instand gestellt248. Besonderer versehen worden. Wert wurde auf die Beibehaltung der feinmassstäblichen Anschlussdetails gelegt249. Die allen Fenster, die mit beidseitig m das Gussprofil eingekitteten Gläsern eine Die Ryff-Fabrik um 1910; im l 'ordergrund der neu frühe Form von Isolierglas bilden, konnten saniert wei ange¬ pflanzte Erholungsgarten und den. Die Jugendstilelemente des Westanbaus an Trep¬ der (heute zugeschüttete) Aare- penaufgang und Veranden wurden sorgfaltig renoviert. arm zum Marzilibad.

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M r 77 Zum Schluss des Kapitels sei festgehalten, dass natür¬ lich auch in Bern jedes Jahr etliche Gebäude abgebrochen werden. Wie bereits in der Einleitung dargestellt, sehen wir darin bis zu einem gewissen Grad einen selbstver¬ ständlichen und richtigen Vorgang in einer lebendigen Gesellschaft. Verantwortbar sind Abbruche jedoch nur dann, wenn nicht kultur- oder kunstgeschichtlich wichti¬ ge Quartierteile, Ensembles oder Einzelbauten betroffen sind und wenn die neuen Bauten zumindest das Niveau der architektonischen Gestaltung der Altbauten errei¬ chen. Auch aus übergeordneten Gründen oder weil eine Situation sich im Lauf der Jahrzehnte «überlebt» hat, sind Abbruche möglich. An wichtigen Verlusten der letz¬ ten Jahre, die allerdings teilweise durch gute Neubauten aufgewogen werden, seien genannt: ehemaliger Stadt¬ werkhof (Sulgeneckstrasse 1), Villa Haaf (Sulgeneck- strasse 8), Friedeckweg 24-28/Monbijoustrasse 68, Er- lachstrasse 12 und 14, Länggassstrasse 15, Mattenhof¬ strasse 10, Werkgasse 30-34.

78 5. INVENTARE UND PLANUNGEN

Die genaue Kenntnis der Gesamtheit des Baubestan¬ des erst erlaubt es der Denkmalpflege, ihre bescheidenen Mittel richtig einzusetzen, das heisst Schwerpunkte zu setzen und dennoch auch das «Fussvolk», die Breite der Bauten, nicht aus den Augen zu verlieren. Die Vertie¬ fung dieser Kenntnis wäre beinahe unbeschränkt mög¬ lich. Wir sind der Ansicht, es könne nicht Aufgabe der praktischen Denkmalpflege sein, die wissenschaftliche Aufarbeitung von Bauten zu leisten - dazu sind die Kunstdenkmäler-Inventarisation und der Archäologische 250 In den Grundsätzen ist diese Arbeitsteilung ab¬ Dienst eingerichtet250. hat die Hingegen Denkmalpflege gesprochen (angewendet die Grundlagen soweit bereitzustellen, dass eine erste Be¬ z.B. auf der Grasburg oder urteilung rasch möglich ist und zusammen mit Sondie¬ bei Beurteilungen in Alt- rungen am Bau eine korrekte Instand- oder Wiederher¬ stadthäusern). Aus Mangel Fachstellen sind die der Bauten werden kann. die¬ an stellung sichergestellt Mit Kunstdenkmälerinventari- sie ser Zielsetzung erarbeiten wir unsere Inventare; wer¬ sation und der Archäologi¬ den jeweils in enger Zusammenarbeit mit der Denkmal¬ sche Dienst jedoch nicht in pflege von externen Fachleuten aufgestellt. der Lage, systematische Im Bereich der Altstadt ist 1978-80 im Auftrag der Hi¬ Bauuntersuchungen in Kommission der Stadt Bern der monumenten-archäologi- storisch-antiquarischen schem Sinn, Querverglei¬ Kellerplan der Berner Altstadt aufgenommen worden, che oder Quellenarbeiten der einen zusammenhängenden Grundriss der Altstadt durchzuführen. auf Kellerniveau mit dazugehörenden Schnitten, basie¬ 251 Lit. Paul Hofer und rend auf vermessenen Aufnahmen und Inventarblättern, andere: Der Kellerplan der bringt251 In enger Zusammenarbeit mit der Aufnahme¬ Berner Altstadt, Berner gruppe liess die Denkmalpflege gleichzeitig ein Inventar Zeitschrift für Geschichte der schützenswerten Altstadtkeller ausarbeiten252. Dieses In¬ und Heimatkunde 1982. ventar bezeichnet die besonders wertvollen und damit 252 Vom Gemeinderat schutzwürdigen ferner die Anlagen von Anlagen, guter genehmigt am 31. März Qualität, die als erhaltenswürdig eingestuft sind, sowie 1982. Ausgearbeitet von die durchschnittlichen Anlagen ohne besonderen Wert. B. Gassner und Frau Nach den Füssen nun der Hut: Im Auftrag der Denk¬ J. Mathez. malpflege sind die Dächer der Altstadt vermessen und durch 253 Aufnahmen Prof. einen Diplomanden des geographischen Instituts der M.Zurbuchen, Inventari¬ Universität inventarisiert worden253. Das Inventar, wel¬ sierung durch H. Rohner, ches von Haus zu Haus aufgenommen wurde, gibt Aus¬ unter der Leitung von Prof. kunft über Bedachungsmaterialien, Kamine, Dachauf¬ Dr. G. Grosjean und der Denkmalpflege. bauten wie Lukarnen oder Schlepper, Dachterrassen und Dachnutzungen. Während die technischen Pläne und das 254 Eine zusammenfas¬ Inventar fertiggestellt sind, ist die eigentliche Kartierung sende Publikation ist 1986 der Dachlandschaft noch in Gang254. in dieser Zeitschrift geplant.

79 Die obere Altstadt von Bern ist in der Bauordnung von 1979 weniger strengen Schutzvorschriften als die untere Altstadt unterstellt worden, da hier etliche Bauten bereits früher abgebrochen oder verstümmelt worden sind. Durch das Inventar der wertvollen Gebäude und Gebäudegruppen in der oberen Altstadt können aber die wichtigen Bauten be¬ zeichnet und damit ganz oder teilweise den strengeren Schutzbestimmungen für die untere Altstadt unterstellt werden255. Dieses ist 1984/ 255 Gestützt auf Art. 97 arbeitsaufwendige Inventar der Bauordnung. 1985 erstellt worden256. Rund zwei Fünftel der Gebäude sind in ihrer Gesamtheit als «wertvoll» eingestuft, wobei 256 Erlassen durch den selbstverständlich auch Bauten unseres Jahrhunderts in Gemeinderat mit Beschluss dieser Kategorie figurieren. Das Inventar zeigt, dass es vom 14. August 1985. Bear¬ auch des beiter J.-P. Müller und Dr. oberhalb Zytglogge durchaus noch etwas zu S. Rutishauser. schützen gibt Auch die sogenannten Quartierinventare, welche als 257 Gestützt auf Art. 75 «Hinweisinventare» Verwaltungsanweisenden Charakter der Bauordnung. haben, werden Schritt für Schritt erstellt257. Als erstes das Inventar 258 Genehmigung durch wurde Lorraine bearbeitet, eine Arbeit für ein den Gemeinderat am Quartier also, das unter einem enormen Investitions¬ 10. November 1982. Bear¬ druck zu leiden hat258. Das Aufnahmesystem wurde un¬ beiter R. Rast und Frau ter Berücksichtigung der zahlreichen in der Schweiz vor¬ A.M.Biland. Lit. Bernhard handenen Inventare wobei als Furrer: Die Berner Aussen¬ entwickelt, Hauptkriterien quartiere - Schutz und Ent¬ eine gute «Eindringtiefe» bei Einzelbauten, eine starke wicklung, in: Unsere Berücksichtigung von Gruppen- und Situationswert, eine Kunstdenkmäler, Nr. 2, leichte Lesbarkeit auch von Laien sowie klare, auf die 1982. kantonale Gesetzgebung abgestimmte Einstufungskate¬ 259 Der Plan hat damit gorien galten. Das Inventar Lorraine bildete in der Folge eine langfristige Wirkung: die Grundlage für die Schutzplanung Lorraine, welche als ei¬ Bei Handänderungen sind gentümerverbindliches Instrument eine klare Basis für nicht mehr Spekulationen das Verhalten alten Bauten bil¬ sinnvoll. zukünftige gegenüber det 259. Ein weites Gebiet wurde mit dem Inventar Bümpliz 260 Genehmigung durch West erfasst260. Es hat uns gezeigt, dass das Aufnahmesy¬ den Gemeinderat am stem ohne weiteres auch auf ländliche Gebiete übertra¬ 28. März 1984. Bearbeiter gen werden kann. Das Inventar wurde auf die Land¬ B. Hegi und HJ. Meyer. schafts- und Landwirtschaftsplanung und auf den Zonen¬ plan Bümpliz West II (Riedbach) abgestimmt. Gegen¬ wärtig wird das Inventar Kirchenfeld-Brunnadern erarbeitet, das sich auf einen ersten Entwurf der Quartierkommis¬ sion Kirchenfeld aus dem Jahr 1979 stützen kann. Da für die Erarbeitung eines Inventars (unter Ein- schluss von Koordination, Vernehmlassungen und Ge¬ nehmigung) mit einem Zeitaufwand von mindestens ei¬ nem Jahr zu rechnen ist, werden erst in mehreren Jahren

80 alle Quartiere erfasst sein. Zur Vorbereitung der laufen¬ den Revision des Bauklassenplans und als amtsinternes Arbeitsinstrument wurde 1984 deshalb ein Plan der denk- malpflegerischen Interessegebiete in Begehungen von Haus zu Haus aufgenommen. Ohne differenzierende Wertungen, ohne genauere Untersuchungen am Objekt oder Quel¬ lenstudien weist der flächendeckende Plan diejenigen Häuser (zumeist zusammengefasst zu Gebieten) aus, um deren Schicksal sich die Denkmalpflege kümmert. Die Anliegen der Denkmalpflege sind überall dort nur mit grossen Schwierigkeiten zu realisieren, wo die plane¬ rischen Grundlagen neue Baufluchten, grössere Uber- bauungsziffern oder eine Vermehrung der Geschosszah¬ len zulassen261. Daher investiert die Denkmalpflege ei¬ 261 Viele Baulinienpläne nen recht grossen Anteil ihrer Kapazität in die Mitarbeit der Stadt Bern sind kurz nach 1900 bei Planungsfragen, welche die Basis für unseren Einsatz festgelegt wor¬ den; sie sind heute veraltet. (oder denjenigen unserer Nachfolger) in den nächsten Der Bauklassenplan datiert Jahrzehnten bilden werden. von 1955 und spiegelt den Die bereits erwähnte Schutzplanung Lorraine ist ein Son¬ Geist der Wachstums¬ derfall. Der Schutz der wertvollen Bauten des Quartiers euphorie wider. ist in diesem Plan mit Sonderbauvorschriften hauptsäch¬ licher, ja beinahe einziger Inhalt. Der Plan hat sich in der direkten Anwendung wie auch in seinen indirekten Aus¬ wirkungen bewährt262. Der administrative Aufwand für 262 Beschluss des Stadt¬ Ausarbeitung, Auflage und Bereinigung in Einsprache- rates vom 24. Februar 1983; durch die und Genehmigungsverhandlungen eines solchen Werks Genehmigung kantonale Baudirektion am ist jedoch sehr gross, und es wird deshalb vermehrt ver¬ 27. September 1984. sucht werden, in den Plänen möglichst alle relevanten In¬ halte zu behandeln und damit für Landeigentümer wie Verwaltung einen rationelleren Arbeits- und Entschei¬ dungsablauf zu erreichen. Dieses Ziel ist bei den weiteren Uberbauungsplänen mit Sonderbauvorschriften, welche unter anderem auch denkmalpflegerische Zielsetzungen enthalten und auf Initiativen der Denkmalpflege zurückgehen, erreicht worden. Der Uberbauungsplan «Seftigenstrasse-Schwarzen- burgstrasse-Bürkiweg» sichert einerseits die ausserordent¬ lich wertvollen Villen von Architekt Christian Trachsel, entstanden kurz vor 1900, den prachtvollen Baumbe¬ stand der Parks sowie die Stützmauern, andererseits gibt er aber auch Möglichkeiten für Neubauten am Rand des Perimeters, wo insgesamt um 20 neue Wohnungen ent¬ stehen werden. Die aus unserer Sicht ausgewogene Lö¬ sung ist dank der guten Zusammenarbeit mit den Grund-

81 263 Volksabstimmung eigentümern möglich geworden und ist auch durch eine vom 20. Mai 1984. überzeugende Zustimmung des Stimmbürgers honoriert worden263. 264 Volksabstimmung Im ähnlichen Sinn ist der die Erhal¬ vom 20. Mai 1984. Uberbauungsplan für tung des Baumgartens konzipiert264. Er stellt den Landsitz Baumgarten an der Bolligenstrasse unter Einschluss von Park und Hostet sowie der Nebengebäude (Dependenz- gebäude, Ofenhaus sowie Bauernhaus und Speicher) un¬ ter Schutz. Auch der Landsitz Feldegg, der östlich an- schliesst, ist geschützt. Die beiden Herrenhäuser bestim¬ men zusammen mit der mächtigen Sandsteinmauer den Charakter der Bolligenstrasse, einer der wichtigen alten Ausfallachsen Berns. In Ergänzung von bereits realisier¬ ten Mehrfamilienhausüberbauungen ermöglicht der Uber¬ bauungsplan eine weitere Wohnsiedlung, welche auf in¬ teressante Weise mit einem dreiseitig geschlossenen Hof den Aussenraum bestimmt. Eine ganze Reihe von weitern Überbauungsplänen sind in Arbeit; sie betreffen weitere Landsitze, aber auch Fabrikareale und Wohnsiedlungen. Die wichtigste plane¬ rische Arbeit jedoch wird die Revision des Bauklassenplans und die damit zusammenhängende Teilrevision der Bauordnung sein, die unter der Leitung des Stadtpla¬ nungsamtes gegenwärtig vorbereitet werden. Ein berei¬ nigter Entwurf soll 1986 vorliegen.

Nachweise: Fotographien: Dr. A.Arnold, J.Bay, U.Bellwald. H.A.Fischer AG, G. Howald, U. Lauterburg, Ch. Moser, H. Rausser, M.Tschirren, Denkmalpflege der Stadt Bern (B. Furrer, B. Strasser) Kartographie: J.-M. Herrmann, Ueberstorf Adresse des Verfassers: Bernhard Furrer, Denkmalpfleger der Stadt Bern, Erlacherhof, Junkerngasse 47, 3011 Bern

82 Übersicht der im Bericht behandelten Bauten m

Sp&ichatgasfgas„15» • <#* Langmauerweg 1 wV/#c* Untenorbrucke ¦ Franzosische Kirche * ' 1-fT ^ ' ' m / • "-W. Zvtqloggt# II* '..'¦¦-, Nydeggbrücke i._ »wuywEiEj.L.Ee Hotelgassr 1 *•. J *V« *P Schweizerische Maticnalba1 ¦ • Casr.o. !>• \ Gerberngasse m

~r i:/£>P Altstadt von Bern 25 000

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V\ P- '- Siedlung • Hohliebi

Bern mit Aussenquartieren On 500 m

Reproduziert mit Bewilligung des Bundesamtes Kartographie fur Landestopographie vom 31 7 1985 JM. Herrmann Ueberstorf

Herausgeber Staatsarchiv des Kantons Bern und Verlag Burgerbibliothek Bern Stadtarchiv Bern Stadt- und Universitätsbibliothek Bern Historischer Verein des Kantons Bern Bernisches Historisches Museum Kommission Prof. Hans A. Michel, Stadt- und Universitätsbibliothek, Vorsitz für die Herausgabe Dr. Georg Germann, Historisches Museum Dr. Hans Haeberli, Burgerbibliothek Dr. Guido Schmezer, Stadtarchiv Dr. Karl F. Wälchli, Staatsarchiv Redaktion J. Harald Wäber, Staatsarchiv Geschäftsstelle Stadt- und Universitätsbibliothek, Münstergasse 61, 3000 Bern 7 Postcheckkonto 30-12189-7

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