![Archäologische Notizen Zu Fortifikatorischen Lösungen Bei Frühbyzantinischen Befestigten Anlagen in Serbien](https://data.docslib.org/img/3a60ab92a6e30910dab9bd827208bcff-1.webp)
Arheološki vestnik 66, 2015, str. 173–203 173 Archäologische Notizen zu fortifikatorischen Lösungen bei frühbyzantinischen befestigten Anlagen in Serbien Arheološka opažanja o fortifikacijskih rešitvah pri zgodnje­ bizantinskih utrjenih postojankah na območju današnje Srbije Mihailo MILINKOVIĆ Izvleček Članek prikazuje nekatera arheološka opažanja o sistemu gradnje in rešitvah, uporabljenih pri izgradnji zgodnjebizantinskih utrjenih naselbin 6. in začetka 7. st. na območju današnje Srbije (severni Ilirik). Po kratki zgodovini raziskav in interpretacij so analizirani glavni principi zgodnjebizantinskih fortifikacij z balkanskega območja. Arheološka izkopavanja so dokazala, da lahko večino aglomeracij interpretiramo kot utrjena ruralna naselja, nekatera z mogočimi dodatnimi funkcijami v povezavi z rudarstvom, metalurgijo, trgovanjem. Predstavljene so zakonitosti izbire lokacije, obrambnega sistema – izgradnja obzidij, jarkov, vhodov, stolpov ipd. Ključne besede: Srbija, Ilirik, zgodnjebizantinsko obdobje, utrdbe, obzidja, stolpi, vrata Abstract [Archaeological notes on the fortification solutions of Early Byzantine forts in Serbia] The article presents some ar- chaeological notes about solutions applied in Early Byzantine fortified settlements (6th cent. – beginning of the 7th cent.) in modern Serbia (Northern Illyricum). After a short history of investigation and interpretation, the main principles of Early Byzantine fortifications located in the Balkans are considered. Most of the ‘Early Byzantine fortifications’ have been shown after excavation to be fortified rural settlements, with possible additional functions like mining, metallurgy, or trade at some of them. The choice of location for building a fortified settlement is analyzed, as well as the ditches, the wall layout, the manner of wall construction, the different forms of gates, towers, etc. Keywords: Serbia, Illyricum, Early Byzantine period, fortifications, walls, towers, gates Es mag auf den ersten Blick sonderbar erscheinen, oder Refugien, wie gestaltete sich die Verbreitung dass ausgerechnet jene Aspekte einer speziellen dieser Anlagen, was war ihre wirtschaftliche Siedlungsgruppe, die im Vergleich zu den anderen Grundlage, wie die soziologische und ethnische besonders augenscheinlich waren – die Bestandteile Zusammensetzung der Einwohner? Andererseits ihrer Befestigungen wie Türme, Mauern oder Tore – wurde den Kirchenüberresten innerhalb oder in im bisherigen frühgeschichtlichen Schrifttum keine unmittelbarer Nähe der Befestigungen etwas mehr allzu große Achtung gefunden haben. Vielleicht ist Interesse geschenkt, was durch den forschungsge- das durch die Forschungsgeschichte dieser Fundorte schichtlichen Diskurs bedingt war. verursacht, da vorerst ihre Gesamtinterpretation An dieser Stelle werden Bemerkungen zu den im Fokus stand: waren es Städte, Dörfer, Kastelle einzelnen Bestandteilen der frühbyzantinischen 174 Mihailo MILINKOVIĆ Abb. 1: Caričin Grad (Iustiniana Prima?). Situationsplan (nach Stamenković 2013, Abb. 22). Sl. 1: Caričin Grad (Iustiniana Prima?). Situacijski načrt. Archäologische Notizen zu fortifikatorischen Lösungen bei frühbyzantinischen befestigten Anlagen in Serbien 175 Abb. 2: Zlata-Kale. Luftaufnahme (Geoportal des Landesinstituts für Geodäsie, Serbien). Sl. 2: Zlata – Kale. Posnetek iz zraka. Fortifikationen im heutigen Serbien vorgelegt, zu- um 1980, als in der Umgebung der Stadt Novi Pazar sammen mit einigen bisher unpublizierten Daten. (Südwestserbien, Gebiet des mittelalterlichen Ras) Die Notizen beruhen bei diesem Anlass – dem Befestigungsüberreste in Höhenlagen, durch Probe- Dank an Slavko Ciglenečki für sein wirksames grabungen erschlossen wurden. Diese Befestigungen lebenslanges Forschen – auf archäologischen Fun- hatten einen durch ihre Position vorbestimmten, den. Angaben aus schriftlichen Quellen werden unregelmäßigen Grundriss, daher wurde zuerst dabei – falls überhaupt – weniger in Betracht ge- angenommen, dass sie vorgeschichtlich oder mittel- zogen. Eine detaillierte, auf allen Quellengattungen alterlich sein könnten. Durch spätere Sondierungen, beruhende Gesamtbearbeitung des oströmischen seltener flächendeckende Ausgrabungen, erwies es Befestigungswesens im Illyricum oder auf der ganzen sich, dass die ungefähr 20 fortifizierten Anlagen Balkanhalbinsel steht noch bevor. Den Grenzen um Novi Pazar hauptsächlich „frühbyzantinische und dem realen Machtbereich des Oströmischen Befestigungen“ aus dem 6. Jahrhundert waren, Reiches entsprechend werden Fortifikationen aus einige mit einer Vorgängerphase aus dem 4., in dem heutigen Ost-Zentral-West-und Südserbien wenigen Fällen auch aus dem 3. Jahrhundert. Nur behandelt (Moesia I, Teile von Dacia Ripensis, eine kleine Anzahl der Wehranlagen hatte einen Dacia Mediterranea, Dardania, möglicherweise hoch – oder spätmittelalterlichen Nachfolgehori- auch Praevalitana und Dalmatia). Der zeitliche zont, die frühmittelalterlichen Benutzungsphasen Rahmen bezieht sich auf das 6. und den Anfang an einigen Befestigungen hier außer Acht lassend. des 7. Jahrhunderts. Somit bekam die frühbyzantinische Archäologie in Serbien eine wichtige Ergänzung im Forschungs- gebiet: neben Caričin Grad/Iustiniana Prima?, FORSCHUNGSGESCHICHTE UND wo die Ausgrabungen noch 1912 begannen, und CHARAKTER DER ANLAGEN neben der gut bekannten „justinianischen Erneu- erungsphase“ am Limes, vereinzelte Ausgrabun- Das Phänomen der „frühbyzantinischen Befes- gen wie die in Bregovina ausgenommen, kamen tigungen“ hat in Serbien und den umliegenden jetzt die vielen Höhenanlagen in den Fokus. Das Gebieten (Nordillyricum) keine lange Forschungs- führte unter anderem in Serbien dazu, dass durch geschichte. Deren intensivere Erkundung beginnt die archäologische Aufdeckung der kirchlichen 176 Mihailo MILINKOVIĆ Abb. 3: Jelica-Gradina. Situationsplan 2014 (Grabungsdokumentation der Philosophischen Fakultät in Belgrad, M. Milinković). Sl. 3: Jelica – Gradina. Situacijski načrt leta 2014. Überreste in den Anlagen mit der Zeit erste Ein- die Überreste von vorgeschichtlichen Befestigun- sichten in die Verbreitung des Christentums im gen in der Spätantike tatsächlich vorübergehend pagus gewonnen wurden. Dies ist vergleichbar mit als Refugien benutzt, mit spärlichen Funden und einigen Nachbarländern, in denen der Charakter Schichtenbildung, wie vielleicht die in Vučkovica- der Höhenanlagen aus dem 6. Jahrhundert auch Gradina (Westserbien),3 aber solche wurden bisher relativ spät erkannt wurde.1 nur selten festgestellt. Die Annahme des Schutzes Nach der Einsicht in die wirkliche chronologi- der Straßen durch Befestigungen im 6. Jahrhundert sche Zugehörigkeit der Befestigungen wurden im sollte überdacht werden, da zu erwarten wäre, weiteren Verlauf der Forschungen die Interpreta- dass sich das Straßen- oder Wegenetz dem neuen, tionsmodelle ohne Verzögerung umgeändert. Ein in die Höhenlagen versetzten Siedlungsmuster neuer Deutungsvorschlag wurde unterbreitet, nach anpasste. Obwohl es ein altes Dilemma ist, ob die welchem die Überreste in den schwer zugänglichen Befestigung / Siedlung der Straße vorangeht oder Höhenlagen von in Notzeiten benutzten „spätan- umgekehrt, scheint im besprochenen Falle doch die tiken Refugien“ stammen sollen. Diese Meinung Befestigung / befestigte Siedlung im Mittelpunkt ist stellenweise heute noch vertreten, wie auch die gestanden zu haben, wie aus der Folge hervorgeht. ansonsten für das 19. Jahrhundert typische Auf- In den letzten 35 Jahren sind merkliche Fort- fassung, dass die „Befestigungen“ zum Schutze des schritte bei der Erforschung der „spätantiken/ Straßennetzes dienten.2 In einigen Fällen wurden frühbyzantinischen Befestigungen“ in Serbien und in den umliegenden Gebieten – in Bulgarien, 1 Kirilov 2007, 331–332. 2 Stamenković 2013, 53. 3 Petrašinović, Ludajić 1986, 75–80. Archäologische Notizen zu fortifikatorischen Lösungen bei frühbyzantinischen befestigten Anlagen in Serbien 177 Abb. 4: Jelica-Gradina. Luftaufnahme, von Südwesten Abb. 5: Markova Mehana, Bulgarien. Grundriss der Befe- (Milinković 2010, Abb. 285). stigung (nach Dinčev 2006, Abb. 89). Sl. 4: Jelica – Gradina. Posnetek iz zraka, pogled z jugozahoda. Sl. 5: Markova Mehana v Bolgariji. Tloris utrdbe. Bosnien und Herzegowina, Dalmatien und Mazedo- Dorf und Kastell fließend machte,5 genügt schon nien gemacht worden, die eine neue Interpretation der Forschungsstand in den erwähnten Gebieten zulassen: in der Mehrzahl waren die erwähnten nicht, wie das die verfrühten und ungenügend ar- „Befestigungen“ Ansiedlungen ruralen Charakters, gumentierten Versuche von Ivan Mikulčić zeigen.6 also Dörfer, dessen Bewohner neben der Land- Mit Prospektion allein kann der Charakter einer wirtschaft sekundär auch anderen professionellen Befestigung oder einer befestigten Siedlung nicht Aktivitäten nachgehen konnten, wie Handwerk, erschlossen werden. Es gibt in Serbien jährlich an Handel, Bergbau, usw. Da die Argumentation dazu mehreren Orten Grabungen in den erwähnten bereits vorgelegt ist,4 wird sie hier nur in Auszügen Anlagen, von denen neben Sondierungen einige wiederholt. Die Anzahl der auf der Balkanhalbinsel systematisch sind (Caričin Grad, Jelica-Gradina, über Tausend gehenden und kontinuierlich stei- Maskare-Bedem, Brangovic-Jerinin Grad), wo- genden erfassten Befestigungen erlaubt hinsichtlich mit sich die Lage in den letzten Jahren erheblich der Zahlenstärke der oströmischen Armee keine verbessert hat. Nur mit solchen Methoden oder Vorstellungen von ständigen Garnisonen in den mit ausreichenden geophysischen Untersuchun- Wehranlagen. Das Fundrepertoire
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