Richard Wagner. Fotografie von Franz Hanfstaengl, München, 1871 [Portr.A. Wagner, Richard (8)]. Martin Geck: Die Bildnisse Richard Wagners, Nr. 22 A. Richard Wagner Die Münchner Zeit (1864–1865) Ausstellung in der Bayerischen Staatsbibliothek vom 15. März bis 28. Mai 2013 Erstveröffentlichung von Briefen Cosima und Hans von Bülows zu Tristan und Isolde Herausgegeben von der Bayerischen Staatsbibliothek Autorinnen: Dr. Sabine Kurth und Dr. Ingrid Rückert Redaktion: Dr. Reiner Nägele König Ludwig II., 1864 [Portr.A. Ludwig II., König von Bayern (2)]. Inhalt Vorwort .................................................... 7 Biografischer Rundgang ........................................ 11 1. Wege nach München .................................... 13 2. Berufung nach München .................................. 20 3. Tristan und Isolde: Vorbereitungen .......................... 26 Exkurs: Richard Wagners Quelle in einer alten Handschrift ....... 30 4. Tristan und Isolde: Uraufführung ........................... 49 5. Hans von Bülow ........................................ 53 6. Abschied aus München . 64 7. Huldigungsmarsch ...................................... 71 8. Der fliegende Holländer .................................. 73 Ausblick . 78 Fußnoten . 79 Erstveröffentlichung von Briefen zu Tristan und Isolde ................ 103 Cosima von Bülows Briefe an Malvina Schnorr von Carolsfeld ....... 105 Hans von Bülow an Ferdinand Praeger ......................... 128 Liste der Exponate ............................................ 135 Zeittafel .................................................... 148 Literaturverzeichnis .......................................... 157 Vorwort Am 22. Mai 2013 wird der 200. Geburtstag des Komponisten Richard Wagner (1813–1883) gefeiert. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts steht Wagner als Dich- ter, Musikdramatiker, Schriftsteller, Theatertheoretiker, als politisch und weltan- schaulich kontroverse Persönlichkeit in ununterbrochener Diskussion – in der sich von geradezu ideologischer Gefolgschaft bis zur pauschalen Ablehnung jede Facette finden lässt. Mit dem unerwartet frühen Regierungsantritt des achtzehnjährigen Kronprinzen Ludwig (1845–1886) im März 1864 und der sogleich erfolgten Berufung Richard Wagners (Anfang Mai 1864) wird das etablierte Münchner Musikleben auf eine schwere Probe gestellt. Wagner ist bestrebt, mithilfe eines ihm aus früherer Zeit vertrauten und befreundeten Personenkreises ein umfassendes Kunstprogramm in München zu verwirklichen, das in der Uraufführung von Tristan und Isolde unter der Leitung Hans von Bülows (1830–1894) kulminiert und seine Strahlkraft bis heute bewahrt hat. Die unmittelbare Nähe zum Monarchen, die rasche Berufung externer Kräfte, die schier unerschöpflichen finanziellen Mittel, die Ludwig II. für Wagner und seine Projekte freigibt, und die Versuche politischer Einflussnahme von Seiten Wagners verursachen Widerstände und mehrere Presseskandale, die schließ- lich Anfang Dezember 1865 zur Bitte Ludwigs II. führen, Wagner möge Bayern auf einige Monate verlassen. Die in diesem Buch dokumentierte Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek wagt es, diese oft erzählte Geschichte von Wagners »Münchner Zeit« (1864 bis 1865) wieder aufzugreifen, anhand des im Hause vorhandenen Quellenmaterials eigene Schwerpunkte zu setzen und neu erworbene oder weitgehend unbeachtete Quellen in diesem Zusammenhang erstmals zu würdigen und zu präsentieren. Der thematische Schwerpunkt liegt dabei auf den Vorbereitungen zur Urauffüh- rung von Wagners Tristan und Isolde und den drei daran hauptsächlich beteiligten Künstlern: dem Ehepaar Malvina (1825–1904) und Ludwig Schnorr von Carolsfeld (1836–1865) als ersten Interpreten der Titelpartien und dem unermüdlich tätigen Dirigenten Hans von Bülow, den Ludwig II. auf Drängen Wagners 1864 als »Vor- spieler des Königs« in seine Dienste gestellt hatte. Weit über die Einstudierung und Dirigate des Tristan und Wagners Ausweisung hinaus ist Bülow der Garant für den gelungenen Aufbau der »Königlichen Musikschule«, der Etablierung musterhaf- ter Opernaufführungen (darunter 1868 der Uraufführung von Wagners Oper Die Meistersinger von Nürnberg) und der Erneuerung des Repertoires am Königlichen Hof- und Nationaltheater in München. 7 Seit 1857 verfügt die Bayerische Staatsbibliothek über eine eigene Musikabtei- lung, deren erster Leiter, Julius Joseph Maier (1821–1889), Wagners Münchner Aufenthalt unmittelbar miterlebte. Einige von Wagners veröffentlichten Werken fanden bereits früh Eingang in die Bestände, während bis heute Musikhandschrif- ten Wagners dort nur sporadisch überliefert sind. Vielmehr bestimmt auch hier das Umfeld, bestimmen die Quellen des Münchner Musiklebens im 19. Jahrhundert das Bild; diese finden sich in den großen Nachlässen – zum Beispiel von Franz Lachner (1803–1890) und Joseph Gabriel Rheinberger (1839–1901) – und der Mu- siksammlung unserer Bibliothek. Herausragend in diesem Zusammenhang sind vor allem der Nachlass des Wagner-Schülers und bedeutenden Dirigenten Felix Mottl (1856–1911) zu nennen sowie das Historische Aufführungsmaterial der Bay- erischen Staatsoper, das unter anderem Partituren und Stimmenmaterial zu fünf Uraufführungen Wagnerscher Musikdramen im Hof- und Nationaltheater enthält. Der Schwerpunkt an autographen Quellen liegt jedoch in der Handschriftenab- teilung mit den umfangreichen Brief- und Dokumentensammlungen des Refera- tes für Nachlässe und Autographen. Die Erwerbung von Dokumenten zu Richard Wagner und seinem Umfeld reicht ins frühe 20. Jahrhundert zurück und wird bis in die Gegenwart kontinuierlich weiterverfolgt. Einschlägige Quellen finden sich unter zahlreichen Handschriftensignaturen, als Teil von Nachlässen ebenso wie als Einzelautographen. Angesichts der Preisentwicklung konzentriert sich die Erwer- bung vorrangig auf hochkarätige Einzelstücke mit Bezug zu München, wie im Jahr 2011 Wagners Brief an den Musikmeister Siebenkäs (1826–1888) aus München zur Aufführung des Huldigungsmarsches vom 6. Oktober 1864. Ein umfangreiches Konvolut von ausführlichen Briefen Wagners an seine Mainzer Freundin Mathilde Maier (1834–1910) beleuchtet exemplarisch die Lebensumstände des Komponisten in den 1860er Jahren. Quellen zu Richard Wagner und seiner Zeit kamen vielfach auch im Zusammen- hang mit Nachlässen anderer Personen in den Besitz der Bayerischen Staatsbiblio- thek. So sind aufschlussreiche Fotografien etwa im Nachlass des Sängers und Kon- servatoriumsdirektors Franz Hauser (1794–1870) enthalten. Ergänzend zu Briefen und Dokumenten König Ludwigs II. sind Notizen aus der Sicht der bayerischen Verwaltung in den Tagebüchern von Franz Seraph von Pfistermeister 1820( –1912) überliefert, dem königlichen Kabinettssekretär von Maximilian II. (1811–1864) und Ludwig II. Oft gehen Quellen in Nachlässen weit über die Münchner Zeit hinaus, etwa in den Papieren des Hofsekretärs Ludwig von Bürkel (1841–1903), des Dirigenten und Münchner Generalmusikdirektors Hermann Levi (1839–1900), des Musikkriti- kers Willy Krienitz (1882–1954), des Musikschriftstellers und Leiters des Richard- Wagner-Vereins Hans von Wolzogen (1848–1938), der Solorepetitorin Evelyn Faltis (1887–1937) oder der Tochter Hans von Bülows, verheiratete Blandine Gräfin von Gravina (1863–1941). In nachlassähnlichen Sammlungen finden sich wichtige Wagner-Bezüge in drei Konvoluten mit Briefen Cosima von Bülows (1837–1930) vor und nach der Ehe- 8 schließung mit dem Komponisten, in Schriftstücken von Persönlichkeiten aus deren Umkreis, bei den Materialien aus dem Nachlass des amerikanischen Komponisten Theodore Spiering (1871–1925) und in den Heften des Dirigenten und Komponis- ten Oscar von Pander (1883–1968). Ohne das Wirken Hans von Bülows freilich wäre Richard Wagners vielfältiges Münchner Arbeitsprogramm nicht denkbar gewesen. Ebenso wie Wagner kor- respondierte Bülow mit einem weiten Kreis von Kollegen. In den offenherzigen Briefen an seinen engen Freund, den Pianisten und Komponisten Joachim Raff (1822–1882), überliefert in den »Raffiana« der Handschriftenabteilung, äußert sich Bülow über musikalische, gesellschaftliche und politische Themen. Eine wesentlich distanziertere Haltung nimmt Bülow in den Briefen an den Komponisten und in London tätigen Musikkorrespondenten Ferdinand Praeger (1815–1891) ein, die in einigen Schreiben wichtige, bisher völlig unbekannte Aussagen zum Thema des Wagnerschen Aufenthaltes in München enthalten. Davon werden drei auf Tristan und Isolde und Wagners Ausweisung aus München bezogene Briefe erstmals in diesem Buch vollständig veröffentlicht. Die wichtigste Korrespondenz im Besitz unserer Bibliothek aus dem engsten per- sönlichen Umkreis in Wagners Münchner Zeit sind die im Jahr 2000 erworbenen Briefe Cosima von Bülows an ihre Freundin, die Sängerin und erste Isolde Malvina Schnorr von Carolsfeld. 16 der insgesamt 39 Briefe der Jahre 1865 bis 1866 werden hier erstmals vollständig ediert. Sie zeigen, wie rasch Cosima die Rolle einer Assis- tentin und Agentin für Richard Wagner übernahm und ihre zentrale Position zwi- schen König, Komponist, Dirigent und weiteren Verhandlungspartnern behauptete. Gleichzeitig mit den Vorbereitungen der Ausstellung wurden für die »Digitalen Sammlungen« der Bayerischen Staatsbibliothek der Bestand an Musikhandschrif- ten, Erst- und Frühausgaben der musikalischen Werke Richard Wagners sowie einige einschlägige Briefwechsel aus der Abteilung Handschriften und Alte Dru- cke digitalisiert. Unter dem Projekttitel »Wagner, Richard: Notendrucke, Musik- handschriften und Briefmanuskripte der BSB« stehen
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