Ilse Fischer (Hrsg.) Von der frei gewählten Volkskammer zum vereinten Deutschland Politik- und Alltagserfahrungen sozialdemokratischer Volkskammerabgeordneter Dokumentation einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 23./24. September 2010 in Berlin Von der frei gewählten Volkskammer zum vereinten Deutschland. Politik- und Alltagserfahrungen sozialdemokratischer Volkskammer- abgeordneter Ilse Fischer (Hrsg.) Von der frei gewählten Volkskammer zum vereinten Deutschland. Politik- und Alltagserfahrungen sozial demokratischer Volkskammer- abgeordneter Dokumentation einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 23./24. September 2010 in Berlin Eine Publikation der FES Herausgegeben von Ilse Fischer Archiv der sozialen Demokratie Kostenloser Bezug beim Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung E-Mail: [email protected] Die Publikation steht auch zum kostenlosen Download bereit: http://www.fes.de/cgi-bin/gbv.cgi?id=09846&ty=pdf © 2013 by Friedrich-Ebert Stiftung Bonn Lektorat: Dorothea Steffen, Berlin Redaktion: Ilse Fischer Organisation und Koordination: Andrea Löcher Gestaltung und Satz: just in print – Petra Strauch Umschlag: just in print – Petra Strauch Dr uck: bub Bonner Universitäts-Buchdruckerei ISBN 978-3-86498-477-8 5 Vorwort Im Herbst 1989 gründete sich die Sozialdemokratie in der DDR neu. Die Parteigründerinnen und -gründer stellten durch diesen mutigen Akt nicht nur den Herrschaftsanspruch der »Einheitspartei« SED in Frage. Von An- fang an sahen sie ihr vorrangiges Ziel in der Durchsetzung freier Wahlen und der Ablösung des SED-Regimes durch eine parlamentarische Demo- kratie. Viele Parteimitglieder der ersten Stunde, die in den folgenden Mona- ten die Sozialdemokratie in der DDR mit aufbauten, gehörten im Frühjahr 1990 als Abgeordnete der frei gewählten Volkskammer an. Dank intensiver programmatischer Vorarbeiten gelang es der SPD-Fraktion in der Volks- kammer, durch gesetzgeberische Initiativen eigene Akzente zu setzen und die Einheit so sozial zu gestalten, wie dies bei den politischen Mehrheitsver- hältnissen möglich war. Die 10. Volkskammer der DDR existierte nur ein halbes Jahr – von ihrer ersten Sitzung am 12. März 1990 bis zum 2. Oktober 1990, dem Vorabend der Deutschen Einheit. In dieser Zeit mussten nicht nur die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion und der Einigungsvertrag ratifiziert, sondern auch die strukturelle Demokratisierung der DDR umge- setzt werden. Die großen Herausforderungen und mitunter dramatischen Momente, mit denen sich dieses letzte Parlament der DDR konfrontiert sah, sind heute fast in Vergessenheit geraten. Zwanzig Jahre später, im September 2010 trafen sich in der Friedrich- Ebert-Stiftung in Berlin ehemalige Mitglieder der SPD-Volkskammerfrak- tion. Sie sprachen über ihre persönlichen Erwartungen und Hoffnungen in der Friedlichen Revolution, über die parlamentarische Arbeit in der Volks- kammer und zogen nach den Erfahrungen zweier Jahrzehnte eine kritische Bilanz des deutschen Einigungsprozesses. Verlauf und Ergebnisse dieser spannenden Diskussionen dokumentiert der vorliegende Band. Kurt Beck Vorstand der Friedrich-Ebert-Stiftung 7 Inhalt Einleitung: Von der frei gewählten Volkskammer zum vereinten Deutschland. Politik- und Alltagserfahrungen sozialdemokratischer Volkskammerabgeordneter . 9 Dokumentation 23. September 2010 Markus Meckel: Rückblick auf die Gründung der Sozialdemokra- tischen Partei in der DDR im Herbst 1989 . 45 Erstes Podium: Politisierungserfahrungen am Ende der DDR Diskussion . 52 Christina Fritsch, Frank Heltzig, Stephan Hilsberg, Hinrich Kuessner, Markus Meckel, Steffen Reiche, Bernd Voigtländer, Gunter Weißgerber. Moderation: Mike Schmeitzner Zweites Podium: Von der freien Volkskammerwahl bis zum Ende der DDR – Erfahrungen in der parlamentarischen Arbeit der SPD-Volkskammerfraktion Diskussion . 81 Martin Gutzeit, Hans-Joachim Hacker, Reinhard Höppner, Susanne Kschenka (Seils), Hans Misselwitz, Volker Schemmel, Richard Schröder, Rof Schwanitz. Moderation: Ilse Fischer Abendveranstaltung Ingrid Matthäus-Maier: Rückblick auf den Einigungsprozess . 117 Richard Schröder: Die SPD und die deutsche Einheit – Erwartungen, Ergebnisse, Wertungen . 123 Drittes Podium: Regierung und Opposition zugleich – ost- und westdeutsche SPD im Einigungsprozess Diskussion . 144 Herta Däubler-Gmelin, Reinhard Höppner, Ingrid Matthäus-Maier, Markus Meckel, Richard Schröder, Rolf Schwanitz. Moderation: Ulrich Mählert 8 24. September 2010 Viertes Podium: Erfahrungen beim Aufbau Ost auf Bundesebene, in den Ländern und Kommunen Diskussion: . 168 Konrad Elmer-Herzig, Hans-Joachim Hacker, Jes Albert Möller, Wilhelm Polte, Rolf Schwanitz. Moderation: Alfred Eichhorn Steffen Reiche: Zur Situation der SPD in Ostdeutschland . 199 Fünftes Podium: Neue soziale Perspektiven – Wohlfahrtsverbände und soziale Projekte nach der Einheit Diskussion . 209 Frank Heltzig, Susanne Kschenka (Seils), Hinrich Kuessner, Steffen Reiche. Moderation: Klemens Schrenk Sechstes Podium: 1989/90 in der kollektiven Erinnerung – Geschichts politik, konkurrierende Geschichtsbilder und die Rolle ostdeutscher Biografien Diskussion . 229 Thomas Krüger, Heike Christina Mätzing, Steffen Reiche, Stefan Wolle. Moderation: Bernd Faulenbach Wolfgang Thierse: Ostdeutschland und die Zukunft der sozialen Demokratie – Forderungen an die Politik . 248 Kurzbiografien der Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer . 262 Quellen- und Literaturverzeichnis . 279 Abbildungsnachweis . 288 9 Einleitung Von der frei gewählten Volkskammer zum vereinten Deutschland. Politik- und Alltagserfahrungen sozial- demokratischer Volkskammerabgeordneter Zur Dokumentation Am 23. und 24. September 2010 veranstaltete das Archiv der sozialen De- mokratie in der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin eine Tagung zum Thema »Von der frei gewählten Volkskammer zum vereinten Deutschland. Politik- und Alltagserfahrungen sozialdemokratischer Volkskammerabgeordneter«. Schon zehn Jahre zuvor, im September 2000, hatte Wolfgang Thierse in einer von der SPD-Bundestagsfraktion herausgegebenen Broschüre über die Ar- beit der SPD-Volkskammerfraktion festgestellt, dass es bis zu diesem Zeit- punkt keine intensivere Befassung mit dem ersten frei gewählten Parlament der DDR und seiner politischen Arbeit gegeben habe. Erst recht fehle eine »differenzierte Dokumentation und Aufarbeitung der persönlichen Erfah- rungen aus dieser Zeit«.1 Daran hatte sich auch nach weiteren zehn Jahren nichts Wesentliches geändert. Ziel der im September 2010 veranstalteten Tagung war es, nach zwei Jahr- zehnten deutscher Einheit in Gesprächen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, in Vorträgen und Diskussionen dieses kurze, aber spannungsreiche Kapitel deutscher Parlamentsgeschichte für ein politisch-historisch interessiertes Publikum noch einmal lebendig werden zu lassen. Nach einem Rückblick von Markus Meckel auf die Gründung der Sozialdemokratie in der DDR im Oktober 1989 standen in der ersten Gesprächsrunde die Politisierungserfah- rungen sozialdemokratischer Volkskammerabgeordneter in verschiedenen 1 »Die Handschrift der SPD muss erkennbar sein«. Die Fraktion der SPD in der Volkskam- mer der DDR. Hrsg.: SPD-Bundestagsfraktion, Berlin 2000, S. 7. Publikationen zu ein- zelnen Aspekten der Volkskammerarbeit: Gunnar Peters: Ungleiche Parlamente: 11. Bun- destag und 10. Volkskammer (1990), in: Totalitarismus und Demokratie. Zeitschrift für internationale Diktatur- und Freiheitsforschung, 6 (2009), H. 1, S. [69]–85; ders.: Verfas- sungsfragen in der 10. Volkskammer der DDR (1990), in: Deutschland-Archiv. Zeitschrift für das vereinigte Deutschland, 37. Jg. (2004), H. 5, S. 828–839 (eine Dissertation des Ver- fassers ist angekündigt); Hans Misselwitz / Richard Schröder (Hrsg.): Mandat für Deutsche Einheit. Die 10. Volkskammer zwischen DDR-Verfassung und Grundgesetz, Opladen 2000. 10 Von der frei gewählten Volkskammer zum vereinten Deutschland ostdeutschen Regionen im Mittelpunkt (Christina Fritsch, Frank Heltzig, Stephan Hilsberg, Hinrich Kuessner, Markus Meckel, Steffen Reiche, Bernd Voigtländer, Gunter Weißgerber, Moderation: Mike Schmeitzner). Die bei- den folgenden Podien befassten sich mit der Rolle der SPD-Fraktion in der Volkskammer und den gesetzgeberischen Aufgaben des letzten Parlaments der DDR. Dabei wurden kontroverse Debatten in der Fraktion und im Ple- num thematisiert, die Rolle der SPD in der Regierungskoalition diskutiert und Erfolge und Misserfolge bei der Durchsetzung sozialdemokratischer Vorstellungen im Einigungsprozess erörtert. In dem Podiumsgespräch am Nachmittag (Martin Gutzeit, Hans-Joachim Hacker, Reinhard Höppner, Susanne Kschenka [Seils], Hans Misselwitz, Volker Schemmel, Richard Schröder, Rolf Schwanitz, Moderation: Ilse Fischer) ging es darum, einen Eindruck von der Arbeitsatmosphäre in der Volkskammer, den allgemei- nen politischen Rahmenbedingungen und den inhaltlichen Schwerpunk- ten sozialdemokratischer Politik zu vermitteln. In der Abendveranstaltung zum Thema »SPD und deutsche Einheit« wurden im Anschluss an den ein- führenden Vortrag von Richard Schröder unterschiedliche Strategien der SPD in Ost- und Westdeutschland und die Doppelrolle der Partei als Regie- rungs- und Oppositionspartei diskutiert (Herta Däubler-Gmelin, Reinhard Höppner, Ingrid Matthäus-Maier, Markus Meckel, Richard Schröder, Rolf Schwanitz, Moderation: Ulrich Mählert). Am zweiten Tag der Konferenz wandte sich die Diskussion den Umbru- cherfahrungen seit 1990 zu. Ausgangspunkt waren die unterschiedlichen Politik- und Arbeitsfelder, in denen die ehemaligen Volkskammerabgeord- neten nach
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