Fluchtlinien Des Neorealismus

Fluchtlinien Des Neorealismus

Massimo Perinelli Fluchtlinien des Neorealismus Histoire | Band 6 Massimo Perinelli (Dr. phil.) lehrt US-amerikanische Geschichte und Film geschichte an der Universität zu Köln. Er arbeitet zur Geschichte der Geschlechter, des Rassismus, der Sexualität und der Tier- Mensch- Beziehung. Massimo Perinelli Fluchtlinien des Neorealismus Der organlose Körper der italienischen Nachkriegszeit, 1943-1949 Dissertation, Philosophische Fakultät, Universität zu Köln Bibliografi sche Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2009 transcript Verlag, Bielefeld This work is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 3.0 License. Umschlaggestaltung: Büro Bildwechsel / www.image-shift.net, Berlin Umschlagabbildung: Ladri di biciclette, 1949, British Film Archive Lektorat: Ulf Heidel, Berlin Satz & Layout: Büro Bildwechsel / www.image-shift.net, Berlin Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-1088-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected] Inhalt EINLEITUNG 11 FILME ALS QUELLE EINER MATERIELLEN GESCHLECHTERGESCHICHTE 31 Das Kino als Ort der Subjektbildung 33 Die Filme im Italien der Nachkriegszeit: der Neorealismus 43 PROGRAMMATIK 57 Heterotopie Italien 1943-49: der zerbombte Diskurs 58 Vom diskursiven zum maschinischen Körper, oder: »Was vermag ein Körper?« 70 DER FILM DER NACHKRIEGSZEIT 95 Filmische Ästhetik, geschlechtliche Logik und das Konzept der Krise im Kino des Faschismus 96 Vertikale vs. horizontale Blickführung 111 Der Sound 126 Masse / Menge / Individualität 134 Elemente der Komödie 143 DAS VERSCHWINDEN DER MÄNNER 147 Jungen: Ödipus interruptus 148 Väter: divenire-donna 156 African-Americans: die guten Indianer 169 Weiße Amerikaner: die (Cow)Boys 183 Nazis: schrecklich schön pervers 191 Faschisten: Italiener im Fieberwahn 202 Passive, verletzte und kranke Körper: der vergangene Körper des Helden 208 Der erotische Körper: offene Männlichkeit 226 FRAUEN IM ZENTRUM 233 Faschistinnen und Verräterinnen: sexuelle Kollaboration 240 Konsumgirls und Sexarbeiterinnen: die Schönen und die Guten 248 (Nicht-)Mütter: weibliches Begehren jenseits von Ehe und Familie 257 Mädchen: Exitpunkte für Fluchtlinien 264 Die Heldin: der organlose Körper 270 Diven und Anti-Diven: Italien ist eine Frau 275 DAS LEBEN AUF DEM TOTEN KÖRPER 289 RISO AMARO 295 Giuseppe De Santis 295 Silvana Mangano 297 Synopsis 298 Erde, Wasser, Reis: die Reterritorialisierung der Silvana 299 DIE RÜCKKEHR DER NATION 323 DER ORGANLOSE KÖRPER DER NACHKRIEGSZEIT 333 FILMOGRAPHIE 347 BIBLIOGRAPHIE 351 FILMINDEX 371 Danksagung Die historische Auseinandersetzung mit Philosophie, Film- und Medien- wissenschaften, Körper- und Geschlechtertheorien, italienischer Ge schichte und dem Neo realismus hat mich in Kontakt mit Menschen aus den unterschiedlichsten Disziplinen und an den verschiedensten Orten gebracht. Ihnen allen, die zum Gelingen meiner Dissertation und des vorliegenden Buches beigetragen haben, danke ich aus ganzem Herzen. Norbert Finzsch von der Universität zu Köln danke ich für die Betreuung der vorliegenden Arbeit, für seine wertvolle Unterstützung meiner Forschung und vor allem dafür, dass er mir über den langen und mitunter verschlungenen Weg meiner Promotion stets Vertrauen und Freundschaft entgegenbrachte. Ich danke Margit Szöllösi-Janze von der Universität zu Köln für ihr Inter- esse an meiner Arbeit, für ihre Betreuung und für die guten Diskussionen, die wir seit Jahren über den Komplex Film & Geschichte führen. Ich danke meinem Freund und Kollegen Olaf Stieglitz für seine Kritik und seine Unterstützung, die ich zu jeder möglichen und unmöglichen Zeit bekommen konnte, und für seine Ratschläge die mir immer weiter geholfen haben. Ich danke Maren Möhring für ihre Freundschaft und die akademische Zusammenarbeit, die schon vor 15 Jahren in Hamburg begann und sich in Köln fortgesetzt hat. Auf ihr wertvolles Wissen und ihre Erfahrung konnte ich stets bauen. Antje Dechert danke ich für den inhaltlichen und materiellen Austausch, den unsere oft parallelen Recherchen in den italienischen Archiven und unser gemeinsames Interesse an italienischen Filmen mit sich brachten. Mein Dank gilt auch Ruth Ben-Ghiat von der New York University. Un sere Diskussionen über den Neorealismus, die wir seit Jahren führen, waren inspirierend und immer hilfreich. Ich danke Rosi Braidotti, die mir erklärt hat, dass eine Fluchtlinie im Zickzack verläuft. Gudrun Löhrer schulde ich unendlich viel Dank dafür, dass sie mich und meine Arbeit durch die letzten »100 days of awfulness« getragen hat. Nicole Binz und Metin Genç haben einen äußerst genauen Blick auf mein dann doch noch nicht fertiges Manuskript geworfen, dafür danke ich ihnen. Ulf Heidel hat viel mehr als nur das Lektorat durchgeführt. Für seine professionelle Genauigkeit, Gelassenheit und freundschaftliche Unter- stützung zu jeder Tages- und Nachtzeit in den letzten hektischen 8 FLUCHTLINIEN DES NEOREALISMUS Momenten der Manuskriptbearbeitung und Drucklegung möchte ich mich ebenfalls ganz herzlich bedanken. Ich danke Sandy Kaltenborn und Pierre Maite von Bildwechsel für die wunderbare Gestaltung des Buches. Sarah Scheiner-Bobis hat mir gezeigt, wie man Ruhe, Zuversicht und Ausdauer beim Schreiben fi ndet. Ohne sie hätte ich es nicht geschafft. Ich danke dem Deutschen Historischen Institut in Rom und namentlich seinem Direktor Michael Matheus für die Gewährung eines mehrmona- tigen Stipendiums, das mir die notwendige Recherche in Italien ermög- lichte. Ich möchte mich auch bei Lutz Klinkhammer, dem maßgeblichen Experten für die Geschichte des italienischen Faschismus, für seine Betreuung am DHI und seine anregenden Hinweise bedanken. Dank gebührt auch den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zahlreicher Archive, die mich bei meiner endlosen Recherche nach Filmen und Text- quellen unterstützt haben. Hierzu gehören vor allem die Einrichtungen in Rom, das Archiv der Cineteca Nazionale der Scuola Nazionale di Cinema in Rom, das Istituto LUCE, außerdem die Biblioteca »Luigi Chiarini« des Centro Sperimentale di Cinematografi a in Rom, die Biblioteca Nazionale Centrale di Roma, die Biblioteca di Storia Moderna e Contemporanea in Rom, die Media- teca des Verbundes der Biblioteche di Roma, das Archivio di Stato di Roma, das Istituto Storico della Resistenza sowie das Archivio Audivisivio del Movi- mento Operaio e Democratico, ebenfalls in Rom. Und ich danke den vielen römischen Straßenhändlern, die plötzlich, wie aus dem Nichts, längst verschollen geglaubte Filme der Nachkriegszeit zum Verkauf anboten. Außerdem danke ich den Archivaren und Archivarinnen des Deutschen Filmmuseums Frankfurt am Main und des Pacifi c Film Archive an der Univer- sity of California, Berkeley. »Gebt mir einen Körper« ist die Formel für den philosophischen Umsturz Gilles Deleuze 11 Einleitung Dies ist eine historische Arbeit über Italien und italienische Filme in der Endphase des Zweiten Weltkriegs und der direkt darauf folgenden Pe riode. Sie ist von der These geleitet, dass die im Faschismus hegemo- nialen Diskurse von Volk, Führer und Vaterland, von Heldentum und Mutterschaft, von Arbeit und Krieg, von Staat und italianità ihre Wirkung in dieser Zeit eingebüßt hatten und für eine kurze Zeit eine diskursive Leerstelle entstand, in der außergewöhnliche und heterotopische Momente sozialer Vergesellschaftung auftauchen konnten. Diese Effekte, die aus dem Schweigen vormals hegemonialer Diskurse hervorgingen, wurden in den Filmen beziehungsweise als Filme der unmittelbaren italienischen Nachkriegszeit sichtbar. Untersuchungszeitraum Der Zeitraum ›unmittelbare Nachkriegszeit‹ ist indes nicht exakt zu bestimmen, da sich das Kriegsende in Italien, anders als in Deutschland, über zwei Jahre in die Länge zog, beginnend mit der alliierten Befreiung Siziliens und Süditaliens im September 1943 bis zur vollständigen Kapi- tulation der Wehrmacht in Norditalien Ende April 1945. Und auch die massiven Partisanenkämpfe ab 1944, durch die immer wieder Gebiete von den Deutschen befreit wurden, zwingen zu einer Unterscheidung zwischen dem Kriegsende und dem Ende des Faschismus. Noch schwieriger ist es, den Abschluss der ›unmittelbaren Nachkriegs- zeit‹ anzugeben. So wie die Reinstallation staatlicher Strukturen, der Wiederaufbau der Wirtschaft und nicht zuletzt die Heimkehr der männ- lichen Kriegsgefangenen sich allmählich vollzogen, verschwanden auch die Bedingungen und die von ihnen hervorgebrachten Ereignisse, an denen die vorliegende Arbeit so interessiert ist, nach und nach. Eine unscharfe Eingrenzung, welche dieser Text jedoch selbst notwendigerweise immer wieder überschreitet, würde daher die Jahre 1943 bis 1949 umfassen. Körpergeschichte Die vorliegende Arbeit versteht sich darüber hinaus als eine körper- historische Untersuchung, weil sie davon ausgeht, dass die gesellschaft- lichen Transformationen vor allem auf einer Mikroebene stattfanden, da die alten Makrostrukturen Italiens zerstört waren und die neuen, provisorischen Superstrukturen von außen stabilisiert wurden. Auf der Mikroebene der Individuen und ihres Alltags sind Körper als Einschrei- bungsfl ächen und Produkte von Diskursen die ersten und gleichsam wichtigsten Orte, an denen sich die Veränderungen

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