Weichenstellung in Krisenzeiten

Weichenstellung in Krisenzeiten

26 BZB Mai 14 Politik BLZK Weichenstellung in Krisenzeiten 9. Europatag der Bundeszahnärztekammer im Zeichen der Europawahl Unter dem Titel „Europawahl 2014 – Weichenstel- 2014 unter dem besonderen Vorzeichen der Schul- lung in Zeiten der Krise“ veranstaltete die Bundes- den- und Wirtschaftskrise, die weite Teile der Euro- zahnärztekammer am 9. April ihren 9. Europatag päischen Union erfasst hat, stehe. Dadurch sei in Berlin. Anlässlich der Ende Mai stattfindenden ein Erstarken europakritischer Kräfte im Europäi- Europawahl diskutierten Politiker aller deutschen schen Parlament zu erwarten. Engel nutzte die Bei- Parteien, die derzeit im Europäischen Parlament spiele der jüngst überarbeiteten Berufsanerken- vertreten sind, über allgemeine europapolitische nungsrichtlinie und der laufenden Revision des Fragen sowie aktuelle binnen- und gesundheits- EU-Rechtsrahmens für Medizinprodukte, um die politische Themen. gewachsene Bedeutung der Europäischen Union für den zahnärztlichen Berufsstand zu unterstrei- Rund 100 Teilnehmer waren der Einladung der chen. Dabei handele es sich um Vorgaben, die BZÄK in das Tieranatomische Theater der Berliner nicht mehr auf nationaler Ebene, sondern europa- Humboldt-Universität gefolgt und verfolgten in weit, das heißt auch im Europäischen Parlament, einem einmaligen wissenschaftshistorischen Am- entschieden werden. biente die spannende Diskussion zwischen Man- datsträgern aus dem Europäischen Parlament und Qualifikation ist Patientenschutz dem Deutschen Bundestag. Ziel der BZÄK war es Als aktuelles Thema griff Engel die Überlegungen zu erfahren, welche binnen- und gesundheitspoli- der Europäischen Kommission auf, das schwä- tischen Pläne die Parteien in den kommenden fünf chelnde Wirtschaftswachstum in Europa durch Jahren in Brüssel und Straßburg umsetzen wollen den Abbau von Regulierung im Bereich der regle- und welche Auswirkungen dies konkret für den mentierten Berufe zu stimulieren. In diesem Zu- zahnärztlichen Berufsstand hat. sammenhang erteilte er Gedankenspielen, die In seiner Begrüßung wies der Präsident der BZÄK, Selbstverwaltungsstrukturen der Freien Berufe zur Dr. Peter Engel, darauf hin, dass die Europawahl Disposition zu stellen, eine klare Absage. Mit Blick Fotos: BZÄK/axentis.de Im Tieranatomischen Theater der Berliner Humboldt-Universität fand der 9. Europatag der BZÄK statt. Politik BZB Mai 14 27 BLZK auf die anwesenden Politiker unterstrich er, dass diese bewährten Strukturen vom Berufsstand ge- tragen und finanziert werden. Sie basieren auf de- mokratischen Prinzipien und entlasten durch die Erfüllung ihrer Aufgaben unmittelbar die Staats- verwaltung. Der BZÄK-Präsident warb stattdessen für ein hohes Qualifikationsniveau der Zahnärzte in Europa. Dies sei der beste Patientenschutz. Nach einem Impulsvortrag der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesund- heit, Annette Widmann-Mauz, MdB, in dem sie die binnenmarkt- und gesundheitspolitischen Zie- le der Bundesregierung skizzierte, stellten sich die Politiker der Diskussion. Unter der Moderation des Hochkarätig besetzt war die Diskussionsrunde (v.l.): Moderator Thomas Grünert, Dr. Wolfgang Schmiedel, Präsident der Zahnärztekammer Berlin, Evelyne Gebhardt Gesundheitsjournalisten Thomas Grünert disku- (SPD), MdEP, Dr. Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen), MdB, Dr. Anja Weisgerber tierten Dr. Anja Weisgerber (CSU), MdB, Evelyne (CSU), MdB, Michael Theurer (FDP), MdEP, und Dr. Peter Engel, Präsident der BZÄK. Gebhardt (SPD), MdEP, Binnenmarktpolitische Sprecherin der S&D-Fraktion, Michael Theurer dung einer solchen Charta, mit der den Besonder- (FDP), MdEP, stellvertretender Vorsitzender der heiten und den Bedürfnissen der Freien Berufe bes- FDP-Delegation im Europäischen Parlament, Vor- ser Rechnung getragen werden könnte. Gebhard sitzender des Haushaltskontrollausschusses und betonte, dass es mit ihr keine Nivellierung im Be- Mitglied des Bundesvorstands, Dr. Harald Terpe reich der Qualität geben werde. (Bündnis 90/Die Grünen), MdB, Obmann im Ge- sundheitsausschuss, und Harald Weinberg (Die Absage an zentrales Zulassungssystem Linke), MdB, Gesundheitspolitischer Sprecher der Der Vertreter der FDP, der Europaabgeordnete Mi- Bundestagsfraktion. chael Theurer, unterstrich mit Blick auf die Revi- sion des Rechtsrahmens für Medizinprodukte die Klares Bekenntnis zu Freien Berufen Notwendigkeit, eine Balance zwischen Patienten- In einer bisweilen recht lebhaften Debatte wur- sicherheit und Produktinnovation zu etablieren. den Unterschiede, aber auch viele europapoliti- Er wies darauf hin, dass seine Partei im laufen- sche Gemeinsamkeiten der zur Wahl stehenden den Gesetzgebungsverfahren wesentliche Forde- Parteien deutlich. Oberstes gesundheitspolitisches rungen der europäischen und deutschen Zahn- Ziel aller Teilnehmer ist die Sicherstellung einer ärzteschaft erfolgreich eingebracht habe. Einem hohen Versorgungsqualität für die Patienten in zentralen Zulassungssystem für Hochrisikomedi- Europa. Alle Parteivertreter bekannten sich zu- zinprodukte, wie es etwa die SPD gefordert hatte, dem zu den Freien Berufen und der freiberuflichen erteilte er eine Absage. Dies sei mit enormen büro- Selbstverwaltung, die sich insbesondere bei den kratischen Hürden verbunden – und habe krimi- Heilberufen seit Jahren bewährt hätten. Dr. Harald nelle Aktivitäten wie das Inverkehrbringen man- Terpe, Bundestagsabgeordneter der Grünen, be- gelhafter Brustimplantate durch eine französische tonte dabei den engen Zusammenhang zwischen Firma vor einigen Jahren nicht verhindern kön- der Freiberuflichkeit und der Verantwortung für nen. Bessere Kontrollen der Hersteller nach der die Patienten. Die unterfränkische Bundestagsab- Markteinführung neuer Produkte seien ein prak- geordnete Dr. Anja Weisgerber, die bis zur Bundes- tikablerer Weg. tagswahl 2013 viele Jahre dem Europäischen Par- Einig waren sich die Abgeordneten bei der Frage lament angehört hatte, sprach sich für die Schaf- der Normung und Standardisierung von Gesund- fung einer Charta der Freien Berufe auf europäi- heitsdienstleistungen. Alle Diskussionsteilneh- scher Ebene aus und verwies in diesem Zusam- mer lehnten diese Pläne, die derzeit innerhalb menhang auf den vom europäischen Dachver- der Europäischen Kommission und innerhalb des band der Zahnärzte, dem Council of European europäischen Normungsinstitut CEN diskutiert Dentists (CED), verfassten Vorentwurf. Die baden- werden, ab. württembergische Europaabgeordnete Evelyne Dr. Alfred Büttner Gebhardt unterstützte ebenfalls die Verabschie- Leiter des Brüsseler Büros der BZÄK.

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