61Das Rückgrat Der Armee

61Das Rückgrat Der Armee

6 1 Schriftenreihe | Bibliothek am Guisanplatz | Bibliothek Schriftenreihe Das Rückgrat der Armee 61Die Unteroffiziere der Schweizer Armee und ihr Wirken von 1798 bis heute Herausgeber Bibliothek am Guisanplatz (BiG), Philippe Müller Redaktion Philippe Müller, Forschungsdienst/Spezialsammlungen Premedia Zentrum elektronische Medien, ZEM (80.112) Copyright Schriftenreihe der Bibliothek am Guisanplatz (alle Rechte vorbehalten), 2016 Bezugsadresse Bibliothek am Guisanplatz, Papiermühlestr. 21A, 3003 Bern, Internet: www.guisanplatz.ch )> Publikationen) ISBN 978-3-906969-70-1 ISSN 2296-4630 03.16 500 860377580 Das Rückgrat der Armee Die Unteroffiziere der Schweizer Armee und ihr Wirken von 1798 bis heute Geleitwort Es ist wichtig, dass versucht wird, eine Geschichte des schweizerischen Unterof- fizierskorps zu schreiben. Und dies nicht zuletzt, aber gewichtig, aus drei Grün- den. Erstens: viele Schweizerinnen und Schweizer haben manchmal positive, manchmal negative, aber immer lebhafte und starke Erinnerungen an die Un- teroffiziere der Schweizer Armee. Zum Zweiten fristet die Forschung zu den Un- teroffizieren in der Schweiz ein Mauerblümchendasein oder ist gar inexistent; im grossen Umfang befasste sich niemand mit der Thematik. Als dritter Grund muss hervorgehoben werden, dass international die Geschichte der Unteroffiziere im Moment vermehrt in den Fokus der Wissenschaft dringt. Auch der Herausgeber der Schriftenreihe greift auf einen persönlichen Bezug zu den Unteroffizieren der Schweizer Armee zurück, was nicht mehr selbstver- ständlich ist. Zum einen fühlte er sich vor allem als junger Rekrut den Launen der «Winkelträger» ausgesetzt, aber erinnert sich dann vor allem während der Wiederholungskurse gerne an angeregte Diskussionen mit den unmittelbar Vorgesetzten. Zum anderen verspürte er als späterer Gefreiter – und aufgrund von Personalmangel als sogenannter «Gschüfü», als Geschützführer einer Pan- zerhaubitze – in der Führerluke auch Macht und Verantwortung; gegenüber Untergebenen wie auch Zivilisten. Diese individuellen Erinnerungen reihen sich ein in die Wahrnehmungen eines Grossteils der Schweizer Bevölkerung. Es manifestieren sich somit wirkungsvolle Bilder: zum einen die starke Selbst- und Fremdwahrnehmung des Unteroffiziers innerhalb der Armee und zum anderen seine unmittelbare Wirkung auf die Bevölkerung. Die Wahrnehmung des Unteroffiziers in der schweizerischen Wissenschafts- landschaft, speziell der historischen, fällt nüchterner aus. Neben den stark beach- teten Offizieren – hier sei vor allem auf die Werke zum schweizerischen Offiziers- korps aus der Reihe «Der Schweizerische Generalstab» 1, herausgegeben vom Historischen Dienst der Armee, hingewiesen – gibt es weder eine funktionale Auseinandersetzung mit den Unteroffizieren noch prosopografische oder kollek- tivbiografische Studien. 1 Vgl. Rudolf Jaun, Das Schweizerische Generalstabskorps 1875 – 1945. Eine kollektiv-biographische Studie, Reihe: Historischer Dienst der Armee (Hg.), Der Schweizerische Generalstab (Bd. 8), Basel 1991. Vgl. Jérô- me Guisolan, Le corps des officiers de l’état-major général suisse pendant la guerre froide (1945 – 1966). Des citoyens au service de l’Etat? L’apport de la prosopographie, Reihe: Historischer Dienst der Armee (Hg.), Der Schweizerische Generalstab (Bd. 9), Baden 2003. 5 Schriftenreihe der Bibliothek am Guisanplatz | Nr. 61 International betrachtet fällt auf, dass, im Gegensatz zur Schweiz, der Unter- offizier zunehmend die Interessen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- ler auf sich lenkt. Gerade in der deutschen Militärgeschichte rücken die Korpo- rale, Wachtmeister, Feldwebel usw. in den engeren Blickwinkel der Forschung. Hier erwähnt seien als Beispiele Marco Siggs «Der Unterführer als Feldherr im Taschenformat» 2 zu den Unteroffizieren im Deutschen Kaiserreich, in der Wei- marer Republik und im Dritten Reich und Christian Thomas Müllers «Tausend Tage bei der ‹Asche›» 3 zu denjenigen in der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik. Der vorliegende Sammelband versucht also auch ein Desiderat in der schweizerischen historischen Landschaft anzugehen. Am Ende darf auch als Geleit die Frage gestellt werden: Wie wird man diesem grossen und gewichtigen Thema gerecht? Wie grenzt man ein? Pius Müller hat eine farbenfrohe Lösung gefunden: er stellt mit den Autorinnen und Auto- ren – stimmt, auch Frauen äussern sich zur Geschichte der Unteroffiziere – ein abwechslungsreiches Nebeneinander aus wissenschaftlichen Fakten und emoti- onalen Erinnerungen und Erfahrungen zusammen. Und eben diese Mischung macht doch auch den Unteroffizier aus: trockene Nüchternheit und emotionale Menschlichkeit. Ich danke dem Projektleiter Pius Müller und den zahlreichen Autorinnen und Autoren des vorliegenden Bandes, welche das Sammelsurium zu den Unteroffizie- ren in unserer Schriftenreihe der Bibliothek am Guisanplatz veröffentlichen wollten. Neben Jürg Stüssi-Lauterburg, der das Werk als Pate begleitete, danke ich vor allem auch meinem Stellvertreter Manuel Bigler, der den Verfasserinnen und Verfassern nicht nur in mancher Sitzung an meiner Stelle die Richtlinien der Schriftenreihe eingebläut, sondern auch mit seinem Team Informationen und Dokumentationen zukommen liess. Nicht zuletzt gebührt auch ein grosser Dank Nando Erne vom Grafik-Design Team des Zentrums elektronische Medien (ZEM), welcher es ver- stand, die unterschiedlichen Artikel in ein ansprechendes Layout zu passen. Ich wünsche allen Interessentinnen und Interessenten an der Geschichte des Schweizer Unteroffizierskorps grosses Lesevergnügen durch viele informative, sicher auch unbekannte, aber auch unterhaltende Fakten und Geschichten. Philippe Müller, lic. phil. Herausgeber der Schriftenreihe 2 Vgl. Marco Sigg, Der Unterführer als Feldherr im Taschenformat. Theorie und Praxis der Auftragstaktik im deutschen Heer 1869 bis 1945, Paderborn 2014. 3 Vgl. Thomas Müller, Tausend Tage bei der «Asche». Unteroffiziere in der NVA, Berlin 2003. 6 7 8 Vorwort Gestern und früher war alles besser. Trifft das auch für das Unteroffizierskorps zu? Mit grossem Interesse schauen wir zurück und stellen fest, dass es früher teils besser, teils schlechter, bestimmt aber anders war als heute. Die Persönlich- keiten in ihrer Vielfalt machten das Unteroffizierskorps aus, wie überall, wo Men- schen gemeinsam einer Sache dienen. Aber eines scheint gleich zu bleiben: Die junge Generation kann fachlich nur auf jenem Niveau sein, auf das sie durch die ältere Generation gehoben wird. Da dieses Buch die Geschichte des Unteroffi- zierskorps vorzüglich beschreibt, widme ich mich dem Heute und dem Morgen. Heute gehören wir Schweizerinnen und Schweizer dem privilegiertesten Teil der Erdbevölkerung an. Damit wir unser solides Fundament von Freiheit und Sicherheit, Kultur und Wohlstand weiterhin festigen können, müssen wir unser gelebtes Milizgedankengut sorgsam hegen und pflegen. Morgen wollen wir in Freiheit und Sicherheit leben. Darum benötigen wir auch künftig Bürger in Uniform, die bereit sind, freiwillig mehr zu leisten als der Durchschnitt. Dadurch werden sie zu Botschaftern für eine gute Sache. Diese Leistung gilt es zu honorieren. Mit der Weiterentwicklung der Armee schaffen wir für unser Unteroffizierskorps neue Rahmenbedingungen: Wir haben neu drei höhere Unteroffiziersfunktionen im Stab eines Truppenkörpers. Im Anhang des Reglements Führung und Stabsorganisation der Armee (FSO) sind alle Pflichten für Stabsangehörige inklusive der Unteroffiziere geregelt. Somit werden den Unteroffiziersfunktionen in den Stäben zum ersten Mal in dieser Klarheit Teilverantwortungsbereiche übertragen. Die Zentralpräsidenten der ausserdienstlichen Verbände stellten an die Regie- rungskonferenz der Militär, Zivilschutz- und Feuerwehr folgenden Antrag: Zu- sammen mit den neu brevetierten Leutnants, die in der Regel durch die Kantons- regierungen eingeladen werden, sollen in einem ersten Schritt auch die höheren Unteroffiziere und in einem zweiten Schritt auch die Wachtmeister eingeladen werden. Einige Kantonsregierungen haben dies bereits umgesetzt. Auf diesem eingeschlagenen Weg wollen wir weiter vorangehen. Für dieses gemeinsame Vorangehen wünsche ich uns viele stolze und engagierte Unterof- fiziere mit feu sacré. Unteroffiziere also, die den Mut und die Zivilcourage -auf bringen, unser Unteroffizierskorps mit Geschick, Weitsicht und Augenmass weiter zu entwickeln. Nur so können wir für das Gesamtsystem Armee einen Mehrwert schaffen. Die Entwicklung des Unteroffizierskorps soll kontinuierlich und unspektakulär erfolgen – Schritt für Schritt. Geprägt durch Bescheidenheit, 9 Schriftenreihe der Bibliothek am Guisanplatz | Nr. 61 Loyalität und Klugheit. Der Einbezug aller Beteiligten, insbesondere der Miliz, verspricht die nötige Durchschlagskraft und den nachhaltigen Erfolg. Der Blick über die Grenzen ist notwendig, denn wir wollen uns mit unserem Unteroffizierskorps dem internationalen Vergleich stellen. Aufgrund unseres Milizsystems und mit den künftigen Entwicklungsschritten ist unser Unteroffizierskorps nahezu einzigartig. Einzigartig deshalb, weil das Milizsystem ganz spezifisch erlaubt, bei jungen Leuten das zivile Wissen und Können abzuholen. Einzigartig auch deshalb, weil die militärische Kaderausbil- dung an renommierten zivilen Ausbildungsstätten anerkannt und an die zivile Ausbildung mit angerechnet wird. Ich kenne keine Streitkräfte, bei denen ein so gering ausgeprägtes Kastenden- ken besteht. Das wird sich aus deshalb nicht ändern, weil bei uns in Zukunft wiederum alle künftigen Kaderangehörigen

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