Hamburger Abendblatt Online 17. Juli 2010 Hamburgs neuer Bürgermeister? Von Andreas Dey und Peter Ulrich Meyer 17. Juli 2010, 06:30 Uhr Innensenator Christoph Ahlhaus stellt sich darauf ein, Ende August das Amt von Ole von Beust zu übernehmen "Ole von Beust muss Erster Bürgermeister von Hamburg bleiben!" Der Wunsch, den der CDU-nahe Wirtschaftsrat am Freitagmittag veröffentlichte, wird wohl ein Wunsch bleiben. Denn der Amtsinhaber hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits anders entschieden. Nach A- bendblatt-Informationen wird Ole von Beust der CDU-Spitze am Sonntag um 16 Uhr mittei- len, dass er das Bürgermeisteramt nach knapp neun Jahren niederlegt. Damit kommt er zwar der zweiten Forderung des Wirtschaftsrats, vieler Parteifreunde und politischer Gegner nach, klar zu erklären, wer bis zur Bürgerschaftswahl im Frühjahr 2012 die Regierung führt. Allerdings hatten sich zumindest die meisten CDU-Anhänger eine andere Entscheidung er- hofft - ihr Ole, wie Beust in CDU-Kreisen genannt wird, solle doch bitte noch lange Bürger- meister bleiben. Die Hoffnung war vergeblich, sie ruht jetzt einzig noch auf Beusts Neigung zu spontanen Bauchentscheidungen. "Wer weiß, vielleicht sieht er die Dinge am Sonntag doch ganz anders", sagt einer, der ihm nahesteht. Doch innerlich stellt sich nicht nur die CDU darauf ein, dass am 25. August in der Bürger- schaft ein neuer Senatschef vereidigt wird: Christoph Ahlhaus, bislang Innensenator. Wer ist der Mann, der als elfter Nachkriegs-Bürgermeister Hamburg regieren könnte? An Ahlhaus' Lebenslauf fallen zunächst drei Dinge auf: Während Ole von Beust ein wasch- echter Hamburger ist, ist Ahlhaus weder in Hamburg geboren (sondern in Heidelberg), noch hat er ein Großteil seines Leben hier verbracht. Eines von beiden Attributen trifft zwar auch auf SPD-Vorgänger wie Hans-Ulrich Klose (in Breslau geboren) und Ortwin Runde (stammt aus Elbing) oder Klaus von Dohnanyi (in Hamburg geboren, aber erst Jahrzehnte später zu- rückgekehrt) zu. Aber beides zusammen ist ungewöhnlich. Zweitens wäre Ahlhaus, der am 28. August 41 Jahre alt wird, nach Klose, der 1974 mit 37 Jahren ins Amt kam, der zweitjüngste Nachkriegsbürgermeister. Drittens verbindet Ahlhaus mit Klose, dass sie es von der Innenbehörde ins Rathaus ge- schafft haben. Bislang galt vor allem die Finanzbehörde als gutes Sprungbrett für höhere Aufgaben. Nicht nur daher war lange der damalige Finanzsenator und CDU-Chef Michael Freytag als natürlicher Beust-Nachfolger gehandelt worden. Doch seitdem der sich infolge der HSH- Nordbank-Krise und der dramatischen Haushaltslage im März von allen Ämtern zurückzog, steht Ahlhaus im Fokus. In einem kurzen CDU-internen Machtkampf hatte er sich gegen Fraktionschef Frank Schira durchgesetzt: Schira übernahm auch den Parteivorsitz, Ahlhaus sollte als Beust-Nachfolger bereitstehen. Andere mögliche Kandidaten wie die Senatoren Dietrich Wersich (Soziales) und Axel Gedaschko (Wirtschaft) schieden wegen fehlender Hausmacht aus dem Rennen aus. Die hatte Ahlhaus hingegen Stück für Stück ausgebaut. Schaut man auf die neun Jahre, die er in Hamburg ist, wäre das Bürgermeisteramt beinah die logische Folge seines Aufstiegs. 2001 organisierte der Bankkaufmann und Jurist den Wahlkampf der CDU - mündend im Machtwechsel. In seine Zeit als Landesgeschäftsführer der CDU bis 2006 fiel die Eroberung der absoluten Mehrheit 2004 und eines Bürgerschafts- mandats für Ahlhaus selbst. Es folgte 2006 die Beförderung vom innenpolitischen Sprecher der Fraktion zum Staatsrat der Innenbehörde. Dass er nach der Wahl 2008 den beliebten, aber parteilosen Innensenator Udo Nagel verdrängte, kam für viele überraschend. Aber aus der CDU, insbesondere aus dem mächtigen Kreisverband Hamburg-Nord, dessen Vorsit- zender Ahlhaus mittlerweile war, war der Druck groß, ein verdientes Parteimitglied im Senat zu platzieren. Auch dort wurde der Innensenator schnell ein Schwergewicht, und zwar nicht nur wegen seiner bulligen Gestalt. Ahlhaus gibt nach außen gern den politischen Hardliner, der als Er- gänzung zum liberalen Bürgermeister die konservative Flanke der CDU abdeckt. Poltern ist jedoch nicht seine Art, im direkten Gespräch ist er freundlich und oft hintersinnig-humorvoll. Es heißt, Ahlhaus könne zuhören und nehme Ratschläge an. Auch daher wird beim Koaliti- onspartner GAL gelobt, wie geräuschlos der Innensenator zusammen mit der grünen Innen- expertin Antje Möller und dem GAL-Justizsenator Till Steffen die schwarz-grüne Sollbruch- stelle Innen- und Justizpolitik managt. Dennoch musste der 40-Jährige in zwei Jahren als Innensenator viel Kritik einstecken. Die Opposition wirft ihm Kürzungen bei der Polizei vor, was vor allem angesichts der vielen Gewalttaten in jüngster Zeit zum Politikum wurde. Auch die regelmäßige Randale im Schanzenviertel hat er bislang nicht in den Griff bekommen. Hinzu kam Kritik wegen persönlicher Fehler: Mit Ehefrau Simone fuhr er unerlaubterweise mit dem Dienstwagen durch Paris und musste die Kosten nachträglich begleichen. Vehe- ment kritisiert wurde auch sein geplanter Umzug in eine Villa in den Elbvororten, der die Steuerzahler knapp eine Million Euro für Sicherheitsmaßnahmen kosten wird. Verglichen mit den Problemen, die er als Bürgermeister zu verantworten hätte - wie die Milli- arden-Lücke im Haushalt und die Elbphilharmonie - sind das zwar Peanuts. Aber Ahlhaus ist politisch gewieft und weiß, welche Sprengkraft Peanuts haben können. .
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