Die Halligen an der Westküste gelten vorerst als sicher Von den ehemals wohl 50 Halligen sind noch zehn vorhanden Die Behnshallig war in den Jahren 1885-1890 das letzte Opfer der Flut Zusammengestellt von Hanswerner Röhr Seit der letzten Eiszeit steigt der Höhe. Die genaue Anzahl der seit Meeresspiegel weltweit an. Als der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts Folge überflutete die Nordsee im bis heute verschwundenen Halligen späten Mittelalter weite Teile des ist nicht genau geklärt. Die Karten Landes. Nur die höher gelegenen aus der Zeit lassen viele Eilande Geestinseln Föhr, Amrum und Sylt unbenannt und insbesondere auch blieben bestehen. Die Reste der durch die Sturmflut im Jahre 1634 Marschinseln Pellworm und Nord- sind manche Gebiete von größe- strand konnten durch die nach den ren Inseln gelöst worden oder spä- Flutkatastrophen immer wieder ter ganz verschwunden. Friedrich erhöhten Deiche gehalten werden. Müller führt in seinem Werk „Das Ebbe und Flut, insbesondere aber Wasserwesen an der schleswig-hol- Sturmfluten haben zusätzlich in steinischen Nordseeküste“, 1917, einem jahrhundertelang währenden Band I, 29 Halligen namentlich auf Prozess immer wieder Landflächen und schreibt, „daß man nicht fehl von Inseln getrennt oder fortgeris- gehen wird, wenn man mindestens sen und andernorts als Sediment etwa 50 ehemalige Landteile des wieder aufgeschichtet. So wuchsen alten Nordfriesland annimmt, die die Halligen, wie man die nicht ein- den Halligcharakter besaßen“. Heu- gedeichten kleinen Inseln nennt, als te gibt es noch zehn Halligen im kleine Marschinseln im Meer in die nordfriesischen Wattenmeer, wenn Lage der Inseln und Halligen im Nord- friesischen Wattenmeer im Jahre 2006. man die um 1860 mit einem Lah- nungsdamm verbundene und später mit dem Festland verwachsene Hamburger Hallig mitzählt. Die Steuerlast richtete sich nach der Halligfläche Die Landfläche der gesamten Hal- ligen wurde von den Halligvorste- hern selbst vermessen und an die Regierung gemeldet. Nach dieser gemeldeten Halligfläche wurden dann die Steuern berechnet. Die gemeldeten Flächen schienen der Obrigkeit aber wesentlich zu gering und es wurde im Jahre 1789 eine amtliche Vermessung auf Kosten der Halligbewohner angeordnet, die Halligleute erhoben gegen diese Maßnahme Einspruch und hatten damit vorerst auch Erfolg. Zehn Jahre später, 1799, dann die erneute Ankündigung der Regierung zur Landvermessung und erneut legten Das Gebiet der Halligen um 1650 auf einer Karte von Johannes Mejer. die Halligbewohner Einspruch ein, BERICHTE UND GESCHICHTE AUS HUSUM UND UMGEBUNG 1 diesmal aber ohne Erfolg. Das nern das Leben auf den Halligen Ergebnis dieser 1804 durchgeführ- wesentlich erschwert wurde und Entstehung der Halligen ten Landmessung ergab einen er- ihnen immer mehr Lebensraum Die Inseln und Halligen sind im heblichen Unterschied zur bisher durch Abbruch der Uferkanten Verlauf der Jahrhunderte aus gemeldeten Größe von 1135 De- oder den gesamten Verlust ihres größeren, mehr zusammenhän- mat. Die Landmesser ermittelten Landes nahm. Die sogenannte genden Landmassen entstan- eine Halligfläche von insgesamt „Halligflut“ vom 3. zum 4. Februar den, die durch Sturmfluten aus- 6608 Demat. Nach dieser amtlich 1825, die bis dahin wohl höchste einandergerissen wurden, wie durchgeführten Messung mussten für die gesamte Nordseeküste. Die aus der Karte von Johannes dann auch die Steuerlasten entrich- Schäden sind von der Vorsteher- Mejer (s. Seite 1) erkennbar ist. tet werden. schaft der Halligen am 19. Februar So gehörten zum Beispiel die 1825 festgehalten worden. Von den heutigen Inseln Nordstrand und Diese erhöhte Steuerlast machte insgesamt 937 Bewohnern der Hal- Pellworm in früherer Zeit zu den Halligbewohner aufgrund von ligen ertranken 74. Hooge hatte 25 einer großen Insel oder bes- zunehmenden Überflutungen sehr Tote zu beklagen, Nordmarsch 13, ser Landmasse der damalig zer- zu schaffen, ist aus einer Eingabe Langeneß mit Butwehl 12, Südfall des Pellwormer Landschreibers alle 12 Bewohner, Gröde 10, Oland Bahnsen zu entnehmen: „Mehr als zwei und Norderoog einen Bewoh- zwanzig Mal sind die Halligen Lan- ner. geneß und Oland seit dem 3. No- vember 1824 gänzlich unter Wasser Die erste Hilfe für die Halligbe- gesetzt und mit Sand und Muscheln wohner setzte gleich am 5. Februar bedeckt. Die Halligen selbst und ein. Der von Hooge stammende vorzüglich Langeneß haben bedeu- Behrends und der Schiffskapitän tend Land verloren, welches von Brodersen, beide aus Husum, klüfteten Küste, die den Namen der See weggespült worden.“ brachten mit ihren Booten Lebens- Strand trug und deren größter mittel und frisches Wasser zu den Ort Rungholt war. Strand „Halligflut“ 1825 noch auf den Halligen lebenden wurde am 16. Januar 1362 in Hier sei nur an eine der vielen ver- Bewohnern. Ebenso starteten alle der zweiten Marcellusflut (Gro- heerenden Sturmfluten erinnert, die verfügbaren Schiffe von Föhr und ten Manndränke) zu einem mit dafür sorgten, dass den Bewoh- brachten Hilfe. Der Pellwormer großen Teil zerstört. In einer weiteren Sturmflut im Jahr 1634 zerbrach das verbliebene alte Nordstrand dann in die heutigen Inseln Nordstrand und Pellworm und die Hallig Nord- strandischmoor. Bei Niedrigwasser liegt das Watt zwischen einigen Inseln, Halligen und dem Festland frei. An vielen Orten werden ge- führte Wattwanderungen ange- boten. Sodring (Rest einer Zisterne) der untergegangenen Süderwarft der Hallig Habel, dahinter die heutige Hallig Habel. Sie ist mit 3,6 ha die kleinste Hallig im nord- friesischen Wattenmeer. 2 BERICHTE UND GESCHICHTE AUS HUSUM UND UMGEBUNG men wie die Anlage von Grüppeln zwecks Entwässerung und Verbes- serung des Halligbodens, Bau von Lahnungen, Halligfußsicherungen und Aufschüttung von Ringdeichen auf den Warften, bei denen wegen der vorhandenen Bausubstanz eine Erhöhung nicht in Frage kam, vor. Viele dieser Pläne kamen aber erst viel später zur Ausführung. Da die Halligufer noch nicht ge- sichert waren, wurde der Lebens- raum für die Bewohner durch das Abbrechen der Uferkanten immer kleiner. So z. B. auf der Hallig Abbruch-Ufer auf der Hallig Hooge, um 1910. (Foto: Sammlung H. v. Holdt) Nordstrandischmoor, wo vor der Flut von 1717 noch 142 Bewohner Landschreiber Bahnsen berichtete Nordfrieslands war nur nicht größer waren, 1753 war die Zahl auf 60 am 19. Februar 1825: „Auf sämt- als in den Jahren der schweren Flu- gesunken. Die Zahl der Bewohner lichen Halligen sind nur 21 Häuser ten von 1634 und 1717, weil man aller Halligen zusammen waren (von insgesamt 339) in so weit von zwischenzeitlich angefangen hatte, (nach Quedens): 1768 ca. 2000 den Wellen verschont geblieben, für die Sicherung des Lebensrau- Bewohner in ca. 500 Häusern; daß selbige bewohnt werden kön- mes durch Verbesserung des Deich- 1824: 937 Bewohner in 339 Häu- nen. Alle übrigen Wohnungen sind wesen zu sorgen. sern; 1890: 512 Bewohner in 123 theils ganz zusammen gestürzt, Häusern und 1924: 490 Bewohner theils zur Hälfte eingerissen, theils Sicherung der Halligen in 122 Häusern. gar nur noch einige Fächer davon Die Bewohnbarkeit der Halligen übrig geblieben.“ Die Kirchen von wurde nach der verheerenden Hal- Der Landgewinnung und zugleich Nordmarsch-Langeneß und Gröde ligflut 1825 von vielen in Frage der Beruhigung der Wattenströme wurden völlig zerstört. 234 Men- gestellt, so tauchte auch der Vor- diente ein erster, um 1860 errichte- schen verließen ihre Hallig nach schlag auf, die Halligen nur als ter Lahnungsdamm zur Hamburger dieser Flut, viele von ihnen für „salze Gräsung“ von den Inseln und Hallig. Zwanzig Jahre später, 1880, immer. dem Festland aus zu nutzen. Ei- wurden dann die ersten, vom preu- ne Gutachter-Kommission sprach ßischen Staat finanzierten Schutz- Der dänische König ordnete am sich aber eindeutig gegen derartige maßnahmen für die Halligen ge- 9. Februar 1825 die „Abhaltung Pläne aus, denn die Halligen müss- troffen, in dem die Halligkanten mit einer Kollekte und Haussammlung“ ten als Wellenbrecher und somit Granit und Basaltsteinen versehen an. 10000 Reichsbankthaler aus Schutz für das Festland erhalten wurden, wobei das Westufer der dieser Kollekte wurden den Ämtern bleiben. Die Halligvorsteher schlu- Hamburger Hallig in den Jahren Tondern, Bredstedt, Husum, der gen zur Sicherung eine Erhöhung 1880 bis 1883 den Anfang machte. Landschaft Eiderstedt und Stapel- und „verhältnismäßige Abda- Als nächste Hallig erhielt Oland holm zu Verfügung gestellt. Nach chung“ der Warften sowie einen „im Jahre 1896 eine 820 m lange Bekanntwerden des ganzen Aus- Wiederaufbau der Häuser „mit Steindecke und einen 4,6 km langen maßes dieser verheerenden Flut Ständern“ vor. Der damalige Deich- Damm zur Lütjenswarft in Fahre- gründete sich der „Husumer Hülfs- inspektor Krebs schlug Maßnah- toft“, wie Riecken in „Die Halligen verein“, der, wie weitere Sammlun- gen im In- und Ausland, halfen, die große Not der zurückgebliebe- nen und zum Teil zurückkehrenden Bewohner zu lindern. So kamen 30139 Mark Lübisch sowie Klei- dung, Bettzeug, Leinen und Natura- lien zusammen. Damit konnte man bei der Wiederherstellung von Wohnraum und Anschaffung von Vieh helfen. An der gesamten Nordseeküste waren 800 Tote zu beklagen. Die Zahl der Verluste an Bewohnern Die erhöhte und abgeflachte Westerwarft auf Hallig Hooge. (Aufn. 1954) BERICHTE UND GESCHICHTE AUS HUSUM UND UMGEBUNG 3 aufgeworfenen Erdhügeln. Bei „Landunter“, wenn die Nordsee Halligland überflutet, ragen nur noch diese „Warften“ aus dem Meer. Zum Schutz für die Bewoh- ner bei Sturmfluten wurde nach der großen Flut 1962 während des Sanierungsprogramms in den Jah-
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