Bemerkenswerte Pflanzenfunde in Vorarlberg (Österreich)»

Bemerkenswerte Pflanzenfunde in Vorarlberg (Österreich)»

Amann, G. (2014): «Bemerkenswerte Pflanzenfunde in Vorarlberg (Österreich)». inatura – Forschung online, Nr. 8: 15 S. Bemerkenswerte Pflanzenfunde Nr. 8 - 2014 in Vorarlberg (Österreich) Georg Amann1 1 Mag. Georg Amann Baling 2/3, A-6824 Schlins E-Mail: [email protected] Abstract Remarkable floristic records from Vorarlberg (Austria). For 6 attractive and rare indigenous plant species new records from Vorarlberg (Austria) are reported. Autochthonous popula­ tions of these species were until recently either unknown in the country (Anthericum liliago, Minuartia laricifolia, Viola thoma- siana), believed to be extinct (Erinus alpinus, Rosa agrestis, Viola pyrenaica) or their status of occurence was uncertain (Linnaea borealis). The elsewhere published but at that time undocumented observation of a small population of Cardamine kitaibellii was recently confirmed. Key Words: Flora of Vorarlberg, Austria; new records, confirmation of older records; rare plants; Anthericum liliago, Cardamine kitaibelii, Erinus alpinus, Linnaea borealis, Minuartia laricifolia, Rosa agrestis, Viola pyrenaica, Viola thomasiana Zusammenfassung schrofens nachgewiesen. Auch das chens (Linnaea borealis) am Alpenrand Schweiz-Veilchen (Viola thomasiana) im Kleinen Walsertal wurden offenbar Die Arbeit dokumentiert das Vor- wuchs in seiner unmittelbaren Um- immer wieder in Zweifel gezogen. kommen ausgewählter indigener gebung und an einem weiteren sub- Während diesem Hinweis noch nach- Pflanzen arten Vorarlbergs, die in die- alpinen Fundort im Verwall. Von den zugehen ist, können wir hier zwei ak- sem Bundesland autochthon bisher als verschollen betrachteten Arten tuelle Fundgebiete im Montafon (Sil- nicht bekannt waren (Anthericum lili­ wurde der Alpenbalsam (Erinus alpi­ vretta) in den Zentralalpen vorstellen. ago, Minuartia laricifolia, Viola thoma­ nus) vermutlich an einem historisch Schließlich konnte die ebenfalls vor siana), zuletzt als ausgestorben oder bereits bekannten Fundort im west- einigen Jahren bekannt gewordene verschollen betrachtet wurden (Erinus lichen Rätikon wiederentdeckt. Vom kleine Population der Kitaibel-Zahn- alpinus, Rosa agrestis, Viola pyrenaica) Pyrenäen-Veilchen (Viola pyrenaica) wurz (Cardamine kitaibelii) am Gamp- oder einen unklaren Status hatten konnten zusätzlich zu den wenigen berg im Walgau (Rätikon) bestätigt (Linnaea borealis). Zudem wird auch alten Nachweisen aus dem Lechquel- werden. Für jede Art werden die Fund- Cardamine kitaibelii vorgestellt, deren lengebirge nun aktuelle Neufunde orte angeführt sowie Angaben zu den Vorarlberger Erstfund an anderer Stel- im Rätikon und auch mehrfach im Standorten und zum Teil auch zu den le bereits veröffentlicht wurde. Dem Lechquellengebirge sowie im Arlberg- Populationsgrößen gemacht. Areal- Autor waren Vorkommen dieser Arten gebiet (Lechtaler Alpen) getätigt wer- kundliche Aspekte werden diskutiert. teils schon länger bekannt, sie wurden den, zudem überraschte ein Vorkom- Ergänzend werden die Pflanzen und aber nie wissenschaftlich dokumen- men im Montafoner Verwall in den deren Standorte in Bildern vorgestellt. tiert. Deswegen wurden die Fundorte silikatisch geprägten Zentralalpen. und weitere potenzielle Wuchsgebiete Die wärmeliebende Feldrose (Rosa im Jahr 2013 aufgesucht. agrestis) wurde an einem natürlichen Einleitung und Methodik Im Montafoner Verwall gelangen die lichten Waldstandort am Rheintal- drei Vorarlberger Neufunde: Die Trau- hang sowie in einer niedrig gelege- Im Laufe meiner Tätigkeit als Biologe ben-Graslilie (Anthericum liliago) und nen Alpweide im Walgau und in einer in Vorarlberg konnte ich in den letz- die Lärchennadel-Miere (Minuartia la­ Magerweide im äußeren Klostertal für ten 20 Jahren einige floristisch in- ricifolia) wurden im Bereich eines wär- das Bundesland aktuell bestätigt. Die teressante Funde tätigen, von de- megetönten subalpinen Amphibolit- historischen Angaben des Moosglöck- nen hier einige vorgestellt werden Eingegangen: 25.02.2014; Publiziert: 14.03.2014 1 sollen. Insbesondere im Rahmen nicht nur einige der schon länger be- auf ältere Funde bzw. Fundortangaben der Kartierung für die Vorarlberger kannten Fundorte oben genannter und den Status im Bundesland Waldkarte zwischen 1993 und 2000 Pflanzenarten auf, sondern ich ver- Vorarlberg auszuräumen. Taxonomie unter der Leitung von Univ.Prof. Dr. tiefte mich nach erfolgreichem Fund und Nomenklatur richten sich nach Georg Grabherr gelangen Funde von des besagten Veilchens in die Gattung der 3. Auflage der Exkursionsflora einigen durchwegs attraktiven indi- Viola und konnte bei zahlreichen von Österreich (FISCHER et al. 2008). genen Arten wie Cardamine kitaibelii Exkursionen nun auch Viola pyrenaica Belege wurden im Herbarium der (1993), Erinus alpinus (1993), Linnaea und V. thomasiana wieder bzw. neu für inatura Erlebnis Naturschau GmbH in borealis (1999, 2000) oder Anthericum Vorarlberg nachweisen. Im Rahmen Dornbirn (BREG) hinterlegt. liliago (1999). Schon seit einiger Zeit dieser Exkursionen konnte ich noch Es war mir nach Abschluss des hege ich den Wunsch, die Funde zu zwei weitere Arten, Minuartia larici­ Manuskriptes noch möglich, auch die veröffentlichen. Allein meine damals folia und Rosa agrestis, in die Liste mei- beiden neu erschienenen Ergänzungs- geringe Neigung, Funde ordentlich zu ner zu dokumentierenden Pflanzen bände zur grundlegenden Flora von dokumentieren, hätte es notwendig aufnehmen. Nordtirol, Osttirol und Vorarlberg gemacht, die oft abgelegenen Für die Auswahl und die Beschränkung (POLATSCHEK & NEUNER, 2013a und 2013b) Fundorte nochmals zu den richtigen auf die genannten Arten waren das in- heranzuziehen und gegebenenfalls Zeiten aufzusuchen. Auf Drängen digene Vorkommen, eine besondere neue Fundortangaben der bespro- meines Kollegen Christian Schröck Attraktivität und die unklare Situation chenen Arten in der Auswertung zu suchte ich zunächst den Fundort der ihres Status in Vorarlberg ausschlag- berücksichtigen. Kitaibel-Zahnwurz, der bei HOTTER et gebend. Mit Ausnahme von Cardamine al. (1997) zwar publiziert, aber von mir kitaibelii und Rosa agrestis wurden für nie belegt wurde, im Jahr 2013 erneut alle vorhin genannten Arten in den Trauben-Graslilie auf und konnte die Pflanze wieder an verschiedenen botanischen Quellen Anthericum liliago derselben Örtlichkeit feststellen und recht widersprüchliche Angaben ge- mit Fotos dokumentieren. Den letz- macht, sodass Aufklärungsbedarf be- Aktueller Fundort: 9026/2; Montafon/ ten Ausschlag gab schließlich eine stand. Verwall, Gemeinde Gaschurn, östlich Erwähnung meines Kollegen Heribert Für jede Pflanzenart werden die ak- Partenen, Ganiferschrofen; ca. 1550- Köckinger vom Neufund des Pyrenäen- tuellen Funde detailliert angeführt 1750 m, Südost-Exposition, im Amphi- Veilchens in der Steiermark. Er meinte (Florenquadrant, Fundort, Standort, bolit-Felshang sowie in darunter an- treffend, dass jahreszeitlich unge- Funddatum). Wenn nicht anders ver- schließendem Amphibolitschutt in wöhnliche Kartierzeiten in bestimm- merkt handelt es sich um eigene Funde. den Lawinaren; vid. 10. Juli 1999, fot. ten Lebensräumen auch unerwartete Es werden die Standortsbedingungen 10. Juli 2013 Funde zur Folge haben können. So beschrieben, die Bestandssituation Der aus dunklem Amphibolitgestein erinnerte ich mich nun auch wieder grob erfasst und die Vorkommen im gebildete Ganiferschrofen mit den an die duftenden Frühjahrsveilchen Rahmen der Gesamtverbreitung sowie darunter anschließenden Schutthal- in höheren Lagen, die mir damals in Bezug auf die Nachbarländer disku- den im Vorarlberger Verwall ist ein Bestimmungsprobleme bereiteten. tiert. Insbesondere wird auch versucht, lokalklimatisch begünstigter subalpi- Schließlich suchte ich im Jahr 2013 soweit möglich, Unklarheiten in Bezug ner Lebensraum mit weiteren bemer- kenswerten Pflanzenarten. So gedei- hen auf den Felsabhängen zahlreiche Individuen von Juniperus sabina, die Spaliere des kalkliebenden Rhamnus pumila und Arctostaphylos uva­ursi. Zur Blütezeit im Juli werden die Schro- fen von den ausladenden Blütentrau- ben des Pracht-Steinbrechs (Saxifraga cotyledon) geziert. Weitere Begleitar- ten sind etwa Primula hirsuta, Asple­ nium septentrionale, Silene rupestris, die westalpine Potentilla grandiflora, Minuartia gerardii und die für das Bun- Abb. 1 und 2: Anthericum liliago, Partenen, Ganiferschrofen, 14. Juli 2013 inatura – Forschung online 8 (2014) 2 Fundorte waren bereits bei DALLA- TORRE & SARNTHEIN (1906-13) publiziert. MURR (1923a) erwähnt aber Vorkom- men in Tirol zwischen Innsbruck und Obladis südlich Landeck (Oberinntal). Bis in jüngste Zeit wurde seither An­ thericum liliago für Vorarlberg in der botanischen Literatur immer wieder angegeben, obwohl gesicherte Nach- weise fehlten (z.B. JANCHEN, 1956-1960; GRABHERR & POLATSCHEK, 1986; FISCHER et al., 2008). Im aktuellen Fundortkata- log bei POLATSCHEK (2001, 2013b) fehlen Angaben für Vorarlberg. In Tirol sind hingegen zwei Verbreitungszentren zu erkennen, einerseits im Bereich Abb. 3: Grasiger Lawinenhang mit Abb. 4: Amphibolitschrofen mit Bestän- des Silltales südlich Innsbruck bis zum kleinem Bestand von Anthericum liliago den von Anthericum liliago, Partenen, Brennerpass, andererseits im Oberinn- unter Amphibolitfelshang, Partenen, Ganiferschrofen, 14. Juli 2013 tal südlich Landeck bis zum Reschen- Ganiferschrofen, 14. Juli 2013 pass mit Vorkommen bis 1800 m. Das unserem Fundort am nächsten liegen- desland neu entdeckte M. laricifolia Autochthone Vorkommen werden de, etwa 12 km entfernte Vorkommen (s. unten). Dazu kommen typische

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