Klassik Kompakt Eine Stunde mit Sibelius und Nielsen Sonntag, 21.05.17 — 18 Uhr Elbphilharmonie Hamburg, Großer Saal TELEMANN HANNU LINTU FESTIVAL Dirigent 24.11. BIS 03.12.2017 | HAMBURG AKADEMIE FÜR ALTE MUSIK BERLIN NDR BIGBAND NDR ELBPHILHARMONIE ORCHESTER DOROTHEE OBERLINGER MIRIWAYS PARISER QUARTETTE ORATORIUM BERNARD LABADIE BAROQUE MEETS JAZZ TAG DES GERICHTS JEAN RONDEAU OPER URBAN STRING FREIBURGER BAROCKORCHESTER ELBIPOLIS NDR CHOR LES TALENS LYRIQUES GIOVANNI ANTONINI CHRISTOPHE ROUSSET MORALISCHE KANTATEN HAMBURGER RATSMUSIK TELEMANN ET LA FRANCE JEAN SIBELIUS (1865 – 1957) ENSEMBLE RESONANZ SELIGES ERWÄGEN IL GIARDINO ARMONICO Tapiola Sinfonische Dichtung op. 112 Entstehung: 1926 | Uraufführung: New York, 26. Dezember 1926 | Dauer: ca. 18 Min. Ausführliche Informationen unter ndr.de/telemann-festival Largamente – Allegro moderato – Allegro – Allegro moderato CARL NIELSEN (1865 – 1931) Sinfonie Nr. 4 op. 29 „Das Unauslöschliche“ Entstehung: 1914 – 16 | Uraufführung: Kopenhagen, 1. Februar 1916 | Dauer: ca. 38 Min. I. Allegro – II. Poco allegretto – Gettyimages III. Poco adagio quasi andante – | IV. Allegro Ein Festival von NDR Das Alte Werk in Kooperation mit Elbphilharmonie Hamburg. Unterstützt von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und der Kulturbehörde Hamburg. Foto: Johner Images Keine Pause. Ende des Konzerts gegen 19 Uhr Hamburg JEAN SIBELIUS JEAN SIBELIUS Tapiola op. 112 Tapiola op. 112 wälder; wir hören die heulenden Winde, deren eisige Töne vom Nordpol selbst zu kommen scheinen. Durch „Im Bann der düsteren alles huschen die Geisterschatten von Göttern und seltsamen Wesen, die die nordische Mythologie be­ völkern; sie flüstern ihre Geheimnisse und tanzen ihre Kiefernwälder“ mystischen Tänze zwischen Zweigen und Bäumen.“ Naturgemäß setzte sich Sibelius mit seiner einsätzigen Da dehnen sich des Als Jean Sibelius 1926 sein Opus 112 an den Verlag Komposition über alle Lehrbuchdefinitionen und die Jean Sibelius (1923) Nordlands düstre Breitkopf & Härtel schickte, stieß er zunächst auf Rat­ von den Theoretikern erdachten Formmodelle hinweg, losigkeit: Wer oder was in aller Welt, so fragte man sich um in brillanter Instrumentation ein visionäres Werk ZITATE ZUM WERK Wälder in Leipzig, war Tapiola? Sibelius, der die Inspiration zu zu schaffen, das im Charakter eines musikalischen Uralt-geheimnisvoll dem gleichnamigen Werk „gänzlich in der Natur bzw. Kontinuums unterschiedliche Klangfelder aneinander­ Zuweilen hört man das weh- in etwas, das man in Worten nicht ausdrücken kann“ reiht. Dabei ist die Komposition, ungeachtet ihrer gro­ mütige, sich immer wieder in wilden Träumen; erhalten hatte, erklärte, Tapiola stehe für die unend­ ßen Tempovielfalt und der variantenreich verwendeten wiederholende Munkeln des Waldgeistes, zuweilen tanzen In ihnen wohnt der lich einsamen finnischen Wälder, die sich hunderte Instrumentenkombinationen, im Grunde mono the ma­ die Wichtelmännchen hitzig, von Kilometern weit über das Nordland erstrecken. tisch angelegt. Denn das zweitaktige Streicher t­­he ma, zuweilen wiederum schreit ein Wälder großer Gott, Der Titel leite sich aus dem finnischen Nationalepos welches gleich zu Beginn der langsamen Einleitung einsamer Wanderer in der Einöde seinen Lebensschmerz Waldgeister weben „Kalevala“ ab – von der Waldgottheit Tapio, jener ele­ exponiert wird, bildet die Grundlage einer Folge von gegen den Himmel. Ein schönes mentaren Naturgewalt des hohen Nordens, die in per­ sinfonischen Variationen, die sich hinsichtlich ihrer Werk, technisch der Sinfonie heimlich in dem sonifizierter Form als Urvater der Gnome, Trolle und musikalischen Charaktere – vom schwergewichtigen Nr. 7 nahe. Luftgeister mit seiner weitverzweigten Familie das Allegroteil über ein luftiges Holzbläserintermezzo hin Dunkel. Der finnische Komponist düstere Reich zwischen Unterholz und schwindeler­ zu einem huschenden Scherzo, in dem sich ein Dialog und Dirigent Leevi Madetoja Gedicht, das der „Tapiola“­ regenden Wipfeln beherrscht. Auf der Basis dieser zwischen Holzbläsern und Streichern ausbildet – deut­ nach der Uraufführung von „Tapiola“ Partitur vorangestellt ist Ausführungen entstand in einer der Leipziger Verlags­ lich voneinander absetzen. Gegen Ende dieses Pro­ redaktionen ein programmatisches Gedicht, welches zesses steigert sich die Musik mit Tremolandofigu ren in verkaufsfördernder Absicht nach Art „neudeutscher“ der Streicher in Ehrfurcht gebietendem Crescendo zu Auch wenn Sibelius nichts an- deres komponiert hätte, dieses Programmmusik der Partitur vorangestellt wurde einer naturalistische Züge annehmenden Sturmdar­ Werk wäre ausreichend, um ihm (siehe linke Spalte). stellung (nicht zufällig hatte Sibelius kurz vor „Tapiola“ einen Platz unter den Großmeis- die musikalische Untermalung zu Shakespeares Dra­ tern aller Zeiten zu garantieren. Der amerikanische Dirigent Walter Damrosch, der ma „Der Sturm“ geschrieben). Nach dem Abklingen Der Sibelius­Forscher Cecil Gray „Tapiola“ gemeinsam mit der New Yorker Sinfonischen der Naturgewalten endet das bis dahin durchgehend Gesellschaft in Auftrag gegeben hatte, scheint das in Moll gehaltene Werk in einem lange ausgehaltenen Wesen von Sibelius’ Werk sofort erfasst zu haben. Kurz H­Dur­Streicherakkord, der abschließend doch noch vor der erfolgreichen Premiere, die am 26. Dezember ein Gefühl von Ruhe und Vollendung vermittelt. 1926 in New York stattfand, schrieb er an den Kompo­ nisten: „Wir stehen ganz im Bann der düsteren Kiefern­ Harald Hodeige 4 5 CARL NIELSEN CARL NIELSEN Sinfonie Nr. 4 op. 29 „Das Unauslöschliche“ Sinfonie Nr. 4 op. 29 „Das Unauslöschliche“ Werk widerspiegeln. 1914 hatte Nielsen sein Amt als „Musik ist Leben“ Kapellmeister des Königlichen Theaters Kopenhagen nach diversen Streitigkeiten niedergelegt; die Ehe mit der Bildhauerin Anne Marie Brodersen drohte zu scheitern, da Nielsen es mit der Treue nicht allzu DAS UNAUSLÖSCHLICHE Die ersten Pläne zu seiner Vierten Sinfonie fasste genau nahm, und nicht zuletzt zeigte sich der Kom­ Carl Nielsen im Frühjahr 1914. An seine Frau Anne ponist durch die Geschehnisse des Ersten Weltkriegs Durch den Titel „Das Unaus- Marie schrieb er am 3. Mai: „Ich habe eine Idee zu erschüttert und beklagte, dass das Nationalgefühl löschliche“ hat der Komponist einer neu en Arbeit, die kein Programm hat, die aber allgemein zu einer Art „geistiger Syphilis“ geworden versucht, mit einem Worte das ausdrücken soll, was wir unter Lebensdrang oder sei, „die die Gehirne auffrisst und mit irrsinnigem CARL NIELSEN anzudeuten, was nur die Musik selbst völlig auszudrücken Lebensäußerun gen verstehen, also: alles was sich Hass aus den leeren Augenhöhlen grinst.“ imstande ist: den elementaren rührt, was Leben will, was man weder als böse noch Carl Nielsen wurde 1865 (im Willen zum Leben. Die Musik als gut, niedrig oder hoch, groß oder klein bezeich­ Der erste der vier unmittelbar ineinander übergehen­ gleichen Jahr wie Jean Sibelius) ist Leben und unauslöschlich wie nen kann, sondern wo man einfach nur sagen würde: den Sätze entfesselt zu Beginn die Gewalten des in Sortelung auf Fünen als Sohn dieses. Somit könnte das Wort, eines Anstreichers geboren. das der Komponist als Titel ,Das ist Leben‘. Ich muss ein Wort oder einen kurzen Chaos. Die Tonarten D und C stehen gegeneinander, Er lernte Violine und Trompete seines Werkes gebraucht hat, Titel finden, der das aussagt“. Fast zwei Jahre lang und ein regelrechtes Thema schält sich aus dem Ge­ und erhielt mit 14 Jahren eine überflüssig erscheinen; er hat arbeitete Nielsen an dem Werk. Mitte Januar 1916 schehen noch nicht heraus. Wenn sich der Sturm Stelle im Militärorchester in es indessen verwendet, um den Odense. Nach dem Violinstu­ streng musikalischen Charakter schließlich war es soweit: Nielsen hatte die Sinfonie beruhigt, erscheint ein in parallelen Terzen der Kla­ dium am Konservatorium in seiner Aufgabe zu unterstrei- vollendet. Bereits am 1. Februar dirigierte der Kom­ rinetten geführtes gesangliches Thema, das sich am Kopenhagen war er zunächst chen. Es soll demgemäß kein ponist die Uraufführung in Kopenhagen. Einen Titel Ende des Finales als das eigentliche Motto der Sin­ Geiger am Königlichen Thea­ Programm sein, sondern ein ter, trat aber auch schon mit Wegweiser durch das eigene hatte er auch gefunden: „Det Uudslukkelige“, fonie herauskristallisieren wird. Die Durchführung eigenen Kompositionen hervor. Gebiet der Musik. zu Deutsch: „Das Unauslöschliche“. ist vom Konflikt zwischen diesem Thema und den 1905 quittierte er seinen Dienst Energien des Satzanfangs geprägt. In der Reprise im Orchester und konzentrierte Carl Nielsens Vorwort zur Par­ sich fortan auf seine Arbeit als titur seiner Vierten Sinfonie Die Uraufführung war ein großer Erfolg: „Wer sich jedoch kommt das Thema nicht mehr vor, und die Komponist und Dirigent. Mit dieses Meisterwerk anhörte, muss sich darüber im Musik leitet über zum zweiten Satz, einem pastoralen Werken wie der Oper „Maske ra­ Klaren sein, dass hier ein Hauptwerk der dänischen Intermezzo von anrührender Schlichtheit, fast allein de“ oder der Dritten Sinfonie wurde er international be­ Musik aus der Taufe gehoben wurde“, hieß es in einer den Holzbläsern vorbehalten. „Wir sind im Kinder­ kannt. Neben Niels Wilhelm Kritik. Doch es gab nicht nur begeisterte Stimmen: land, wo alle gut und unschuldig sind“, bemerkt der Gade ist Nielsen bis heute der „Deine Musik ist die Hölle, und ich möchte nicht in Komponist. Doch der Frieden währt nicht lange. wohl berühmteste und bedeu­ tendste Komponist Dänemarks. die Hölle“, musste sich der Komponist
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