FORSCHUNGEN ZUR KAISER- UND PAPSTGESCHICHTE DES MITTELALTERS BEIHEFTE ZU J. F. BÖHMER, REGESTA IMPERII 37 HERAUSGEGEBEN VON DER ÖSTERREICHISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN – REGESTA IMPERII – UND DER DEUTSCHEN KOMMISSION FÜR DIE BEARBEITUNG DER REGESTA IMPERII BEI DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER LITERATUR · MAINZ Kuriale Briefkultur im späteren Mittelalter Gestaltung – Überlieferung – Rezeption Herausgegeben von Tanja Broser, Andreas Fischer und Matthias Thumser 2015 BÖHLAU VERLAG KÖLN · WEIMAR · WIEN Das Vorhaben Regesta Imperii: „Beiheft-Reihe“ der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur wird im Rahmen des Akademienprogramms von der Bundesrepublik Deutschland und vom Land Hessen gefördert. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein und der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität Berlin e. V. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. ISBN 978-3-412-22498-1 © 2015 by Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz Alle Rechte einschließlich des Rechts zur Vervielfältigung, zur Einspeisung in elektronische Systeme sowie der Übersetzung vorbehalten. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne ausdrückliche Genehmigung der Akademie und des Verlages unzulässig und strafbar. Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier. Druck: betz-druck GmbH, Darmstadt Printed in Germany Inhalt Vorwort .......................................................................................................... 7 Matthias Thumser Kuriale Briefkultur. Konturen eines vernachlässigten Forschungsgebietes ......... 9 Giles Constable Letter-Collections in the Middle Ages ............................................................. 35 Gestaltung Werner Maleczek Litterae clausae der Päpste vom 12. bis zum frühen 14. Jahrhundert .................. 55 Tanja Broser Der päpstliche Briefstil im 13. Jahrhundert. Ein neuer methodischer Ansatz .... 129 Überlieferung: Die großen Briefsammlungen Jakob Frohmann Emmy Heller (1886–1956) und die Überlieferung der Briefsammlung des Thomas von Capua ................................................................................... 153 Peter Herde Authentische Urkunde oder Stilübung? Papsturkunden in der Briefsammlung des Richard von Pofi ............................................................... 179 Andreas Fischer Zur ursprünglichen Gestalt und frühen Verwendung der Briefsammlung Berards von Neapel ......................................................................................... 201 Fulvio Delle Donne Die Briefsammlung des Petrus de Vinea und die Probleme der Überlieferung von Dictamina .......................................................................... 223 6 Inhalt Überlieferung: Vielfalt der Formen Patrick Zutshi Changes in the Registration of Papal Letters under the Avignon Popes (1305–1378) ........................................................................... 237 Martin Bertram Von der decretalis epistola zur constitutio: Innozenz IV. und Alexander IV. ....... 263 Stefanie Hamm Die Überlieferung von Briefen Papst Innozenz’ III. in der Chronik des Richard von San Germano ........................................................................ 273 Rezeption Karl Borchardt Die nach Petrus de Vinea benannten Briefsammlungen und die römische Kurie. Beispiele einer frühen Rezeption ....................................... 301 Benoît Grévin Zur Benutzung der päpstlichen Briefsammlungen des 13. Jahrhunderts im Spätmittelalter. Das Beispiel der französischen Königskanzlei ..................... 313 Abkürzungen und Siglen ................................................................................. 335 Orts- und Personenregister .............................................................................. 337 Sachregister ..................................................................................................... 355 Vorwort Ein Brief errötet nicht – das wusste bereits Cicero, und auch mittelalterliche Autoren nutzten Briefe als Instrumente, um private Nachrichten ebenso wie auf die Öffent- lichkeit zielende Äußerungen an abwesende Adressaten zu vermitteln. In seiner Un- mittelbarkeit, seiner bisweilen drastischen Offenheit birgt ein Brief oft wertvolle In- formationen, die unser Bild vieler mittelalterlicher Ereignisse und Prozesse um ent- scheidende Facetten bereichern. Aufgrund der dialogischen Grundstruktur, welche die Erwartung eines Rezipienten zu erfüllen und eine Reaktion desselben hervorzuru- fen sucht, wirkt der Brief vertraut und fremd zugleich. Eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Briefes nahm die römische Kurie ein. Dass sich in ihrem Umfeld seit dem 12. Jahrhundert eine stilistisch hochstehende Briefkultur etablierte, lag vor allem an der stetig gestiegenen Bedeutung des Papsttums. Man bediente sich der Briefe, um zu koordinieren, vor allem aber, um raumgreifende Kontakte zu pflegen. Zugleich wurden die Briefe selbst zum Gegenstand von Ordnungsbemühungen der Kurie. In ihrem Umfeld entstanden Sammlungen, die oft kopiert und auch fernab des päpstlichen Hofes rezipiert wurden. Offenbar schrieb man ihnen einen formal und stilistisch vorbildhaften Charakter zu, der sich bis weit ins Spätmittelalter aus- wirkte. All dies gehört zu einer kurialen Briefkultur, die sich eben nicht nur in der Ausfertigung von Schreiben manifestiert. Vielmehr lassen sich hierfür drei zentrale wissenschaftliche Untersuchungsfelder bestimmen: die Gestaltung der Schreiben an der Kurie, ihre Überlieferung in Kompilationen verschiedener Art und ihre Rezepti- on in weiten Teilen Europas. Dieser Band vereinigt die überarbeiteten und teilweise erweiterten Beiträge einer Tagung, die am 21. und 22. Oktober 2011 unter der Leitung der drei Herausgeber an der Freien Universität Berlin stattfand. Der Aufsatz von Jakob Frohmann wurde nachträglich hinzugenommen. Die ungleichgewichtige Verteilung der Beiträge auf die drei Bereiche „Gestaltung“, „Überlieferung“ und „Rezeption“ spiegelt die Asym- metrie des gegenwärtigen Forschungsstandes wider. Während Fragen der Entstehung und stilistischen Ausgestaltung von Papstbriefen wie auch der Rezeption noch ziem- lich am Anfang stehen, ist über ihre Überlieferung in Briefsammlungen einiges mehr bekannt, wiewohl auch hier vieles offen ist und es bestimmte Forschungsstereotype zu überprüfen gilt. Der Band bietet somit tiefe Einblicke in den aktuellen Kenntnis- stand und legt zugleich die Forschungsdesiderate offen. Er soll durch die in ihm ver- sammelten Beiträge dazu anregen, Perspektiven zu eröffnen und Wege aufzuzeigen, auf denen die Erforschung der kurialen Briefkultur künftig fortschreiten kann. Vielen gilt es an dieser Stelle Dank auszusprechen. Das Center for International Cooperation und das Interdisziplinäre Zentrum „Mittelalter – Renaissance – Frühe Neuzeit“ der Freien Universität Berlin trugen maßgeblich zur Finanzierung der die- sem Band zugrundeliegenden Tagung bei. Stefanie Kirsch und Katharina Richter sorgten dabei für reibungslose Abläufe und unbürokratische Hilfestellung. Weiterhin 8 Vorwort leisteten die Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften und die Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität Berlin großzügige finanzielle Unterstützung des Drucks. Unser Dank schließt auch die Moderatoren Jochen Johrendt, Ralf Lützelschwab und Claudia Zey sowie die zahlreichen Gäste der Tagung ein. Sie alle bereicherten durch ihre Beiträge die Diskussion und die schriftlichen Versionen der Vorträge gleichermaßen. Dank gebührt nicht zuletzt Paul-Joachim Heinig, der frühzeitig sein Interesse an dem Band bekundet und die Publikation in der Reihe der ‚Regesta Imperii‘ nachdrücklich un- terstützt hat. Besonders verbunden fühlen wir uns einem Mann, der sich wie wenige andere im Laufe seiner langen wissenschaftlichen Tätigkeit um die Erforschung von Briefen und Briefsammlungen des Mittelalters verdient gemacht hat. Giles Constable nahm im Herbst 2011 den weiten Weg aus Princeton nach Berlin auf sich, um im Abend- vortrag zu Beginn der Tagung seinen Zuhörern den Stand der Forschung zu mittel- alterlichen Briefen und Briefsammlungen darzulegen. Dieser Band versteht sich auch als Würdigung seiner Arbeit. Berlin und Wien im Januar 2014 Tanja Broser Andreas Fischer Matthias Thumser Kuriale Briefkultur Konturen eines vernachlässigten Forschungsgebietes Matthias Thumser Vorbemerkung Dieser Beitrag setzt sich zum Ziel, die verschiedenen Aspekte und Teilbereiche eines Forschungsgebietes, dem die Wissenschaft bislang nicht die ihm zukommende Auf- merksamkeit entgegengebracht hat, zu umreißen. Die Gestaltung und der Entste- hungszusammenhang von Papstbriefen, ihre Überlieferung in Kompilationen ver- schiedenster Art und ihre Rezeption in den Kanzleien Europas dienen als übergeord- nete Kategorien. Dabei wird gewissermaßen ein Koordinatensystem errichtet, in dem die Aufsätze dieses Bandes ihren Platz finden. Da sie zum Teil recht spezielle The- men behandeln, erweist es sich als notwendig, ihre wesentlichen Erkenntnisse in den Gang der Darstellung einzubinden und auf diese Weise ihre Relevanz zu unterstrei- chen. Wenn der Beitrag ein gewisses Ungleichgewicht zugunsten der Überlieferung erkennen lässt, ist
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