Perleberg 2018

Perleberg 2018

Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz Band 18 Im Auftrag des Vorstandes herausgegeben von Dr. Uwe Czubatynski Perleberg 2018 Homepages des Vereins: www.uwe-czubatynski.homepage.t-online.de/verein.html www.geschichtsverein-prignitz.de Abbildung auf dem Umschlag (vgl. Seite 164): Die Marienkrönung des Rossower Altars. Redaktion: Dr. Uwe Czubatynski, Burghof 10, 14776 Brandenburg Druck: Hohnholt GmbH, Bremen (www.hohnholt.com) Auflage: 250 Exemplare 3 Inhaltsverzeichnis Jürgen W. Schmidt Ein hochrangiger Diplomat aus der Prignitz – Botschafter Hans von Flotow (1862–1935) aus Felsenhagen bei Pritzwalk 6 Uwe Czubatynski Schürmann in Roddan. Werden und Vergehen einer bäuerlichen Familie 33 Dieter Hoffmann-Axthelm Wie der Backstein-Rundpfeiler in die Prignitz kam 47 Marie-Luise Körner Nachrichten aus den Klöstern Marienfließ und Heiligengrabe in der Zeitung der Jahre 1786 bis 1815 65 Dieter Hoffmann-Axthelm Die Perleberger Kolonie. Zur Lokalgeschichte eines Siedlungstypus 75 Bernd Michael Der Rossower Altar – das ehemalige gotische Hochaltarretabel des Havelberger Domes. Ein Kunstwerk in Geschichte und Forschung 99 Dieter Dehame Schweizer in der Prignitz – die Familie Stettler in Zernikow 165 JAHRESBERICHT der Studienstiftung Dr. Uwe Czubatynski für 2017 175 KASSENBERICHT des Vereins für 2017 181 TÄTIGKEITSBERICHT des Domstiftsarchivs Brandenburg für 2017 183 BIBLIOGRAPHIE zur Geschichte der Prignitz 193 Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz 18 (2018) 4 Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz 18 (2018) 5 Jürgen W. Schmidt Ein hochrangiger Diplomat aus der Prignitz – Botschafter Hans von Flotow (1862–1935) aus Felsenhagen bei Pritzwalk 1. Herkunft und Leben Hans v. Flotows Außer dem Eintrag im „Biographischen Handbuch des Deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945“ Bd. 1 (Paderborn, München, Wien, Zürich 2000)1 hat der Botschafter Hans von Flotow bislang keinerlei biographische Behandlung gefun- den. Der kurze Eintrag bei „Wikipedia“2 ist stark fehlerbehaftet, weil hier irrtüm- lich Angaben zu einem etwas jüngeren Namensvetter, dem Juristen und Unterneh- mer Dr. Hans v. Flotow (1881–1947), eingearbeitet sind. Offensichtlich entging den ungenannten Verfassern, dass es verschiedene Hans v. Flotow3 gegeben hat. Deshalb soll im vorliegenden Aufsatz der Versuch unternommen werden, den Le- benslauf jenes aus der Prignitz gebürtigen, hohen deutschen Diplomaten ausführ- lich auf Grundlage seiner Personalakten,4 aufbewahrt im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin und im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kultur- besitz in Berlin-Dahlem, zu schildern. Die weitverzweigte Familie v. Flotow5 zählt zum mecklenburgischen Uradel, als deren erstes Mitglied im Jahr 1241 ein „Godefridus de Vlotowe“ genannt wird. Man vermutet, dass dieses mecklenburgische Geschlecht ursprünglich von der Mit- telweser stammte, wo es gegen Ende des 12. Jahrhunderts auftaucht. Namhafte Mitglieder der Familie v. Flotow sind Ludwig Freiherr von Flotow (1867–1948), der vom 2. bis 11. November 1918 letzter Außenminister der k. u. k. Monarchie war, sowie der Komponist und Intendant des Hoftheaters in Schwerin Friedrich 1 Die Angaben zu Hans v. Flotow finden sich im Band 1 des Handbuches auf den Seiten 572–573. Ich zitiere das Handbuch im Weiteren als „BHB“. 2 Einsichtnahme am 2. 1. 2017. 3 Daneben gibt es noch einen dritten Hans (Freiherr) v. Flotow (1905–1957), der nach Vorkriegstä- tigkeit im Ausland (Paris, London) 1944 einige Monate als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bzw. Kulturreferent im Dienst des Auswärtigen Amtes stand (BHB Bd. 1, S. 573–574). 4 Ich habe sieben Personalakten des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes in Berlin (PA-AA) zu Hans von Flotow genutzt, und zwar im Bestand P1 die Aktenbände Nr. 3795 bis 3801. Wenn ich aus den Akten zitiere, wird deshalb meistens der spezielle Personalaktenband in einer Fußnote an- gegeben. Weiterhin nutzte ich im Anhang zur Darstellung seiner Aktivitäten in Italien 1913/1914 auch einige politische Akten aus dem PA-AA. Ergänzt werden die persönlichen Angaben zu Flo- tow durch dessen Personalakte aus dem Bereich des preußischen Innenministeriums (1. 4. 1891 bis 12. 10. 1893), aufbewahrt im Geheimen Staatsarchiv in Berlin (GStA) unter der Signatur HA I Rep. 77 Personalakten Nr. 651. 5 Zur Familiengeschichte der v. Flotow, insbesondere zu den genaueren Lebensdaten und Verwandt- schaftsbeziehungen benutzte ich zusätzlich zu den angegebenen Personalakten das adelsgeschicht- liche Werk von Hans Friedrich von Ehrenkrook (Hauptsachbearbeiter): Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A Band I, Glücksburg 1953, S. 62–77, im weiteren zitiert als „GHA“. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz 18 (2018) 6 von Flotow (1812–1883).6 Allerdings handelt es sich bei beiden nur um weitläufige Verwandte des künftigen Botschafters. Der spätere deutsche Botschafter in Italien Hans7 Ludwig Carl Theodor v. Flotow wurde als Sohn des früh verstorbenen8 Rittergutsbesitzers Ludwig von Flotow und dessen Gattin Anna geb. von Avemann am 10. September 1862 auf Gut Felsenha- gen im Kreis Ostprignitz geboren, wobei er erster und zugleich einziger Sohn des Ehepaares war.9 Er gehört zur II. Linie, 2. Ast und 1. Zweig (Altenhof) des weit- verbreiteten Geschlechts, wobei der 1. Zweig (Altenhof) mit Hans v. Flotow aus- starb. Hans v. Flotow besaß die preußische Staatsangehörigkeit und war von evan- gelischer Religion. Felsenhagen ist heute ein Ortsteil der Gemeinde Kümmernitztal im Amt Meyenburg (Landkreis Prignitz). Es ist ein interessanter Zufall, dass aus- gerechnet auf jenem Rittergut Felsenhagen wenige Jahrzehnte später eine weitere prominente Persönlichkeit ihre Kindheit und Jugend verbrachte. Es handelte sich um die als Gattin von Gustav Gründgens sowie als Film- und Theaterschauspiele- rin bekannt gewordene Marianne Hoppe (1909–2002), die zwar in Rostock gebo- ren wurde, aber in Felsenhagen aufwuchs, nachdem ihr Großvater Ernst Heinrich Georg Hoppe das vormals v. Flotowsche Rittergut 1882 kaufte.10 6 Das wohl bekannteste Werk jenes heute ziemlich vergessenen Komponisten ist die Arie „Ach so fromm, ach so traut…“ aus der 1847 uraufgeführten Oper „Martha oder der Markt zu Richmond“. Übrigens wurde Friedrich v. Flotow von seinem Vater für die diplomatische Laufbahn bestimmt, konnte dann aber wegen seines musikalischen Talents doch noch ab 1828 in Paris Musik studieren. 7 In allen Personalakten und auch im GHA S. 75 wird immer nur von „Hans von Flotow“ gespro- chen, und Flotow nannte sich selbst so in seinen selbstverfassten Lebensläufen und in den ausge- füllten Fragebögen. Trotzdem taucht Hans von Flotow bei manchen Verfassern von diplomatischen Memoiren (z. B. bei Reichskanzler v. Bülow, Botschafter Graf Monts, Staatssekretär Richard von Kühlmann) sowie beim umstrittenen Historiker Fritz Fischer seltsamerweise als „Johannes“ von Flotow auf, was ich indessen nur mit einem Irrtum der Verfasser erklären kann. 8 Wahrscheinlich wurde Gut Felsenhagen verpachtet, weil die Mutter es allein nicht bewirtschaften konnte und der einzige Sohn noch minderjährig war. Im Jahr von Hans von Flotows Abiturprüfung 1882 wurde das Gut schließlich an den bisherigen Pächter Hoppe verkauft, und Hans v. Flotow ver- lor so die direkte Verbindung zur heimatlichen Prignitz, wenngleich er sich zeitlebens oft nahebei, im unmittelbar an die Prignitz angrenzenden Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin aufhielt. Er hat sich nämlich häufig im Rittergut Altenhof aufgehalten. Wann das nur knapp 5 Kilometer nord- östlich von Meyenburg gelegene Rittergut Altenhof genau in seinen Besitz kam – sehr wahrschein- lich durch Erbschaft vom Vater noch vor seinem 18. Lebensjahr – ist mir unbekannt. Der 1. Zweig (Altenhof) des 2. Astes der II. Linie der Familie von Flotow trug jedenfalls seinen Namen nach je- nem Rittergut. Folglich war es schon einige Zeit in Familienbesitz. 9 Diese Formulierung vom „ersten und zugleich einzigen Sohn“ stammt aus einem eigenhändig ver- fassten Lebenslauf und impliziert, dass es noch Schwestern gegeben haben kann, was auch durch die Existenz einer später noch zu erwähnenden Nichte Margarete Ehlers bestätigt zu werden scheint. Indessen ist sowohl über die Eltern wie auch über die etwaigen Schwestern im ansonsten sehr exakten GHA S. 75 nichts erwähnt. Das kann darauf beruhen, dass von Hans v. Flotow kein schriftlicher Nachlass existiert und die erwähnte Familienlinie „Altenhof“ mit ihm ausstarb. 10 Siehe das etwas umständlich verfasste Buch von Petra Kohse: Marianne Hoppe – Eine Biografie. 2. Aufl. Berlin 2001, worin auf S. 17 angeben ist, dass Marianne Hoppes Großvater 1882 das etwa 700 Morgen große Rittergut Felsenhagen kaufte, nachdem er es vorher jahrelang in Pacht hatte. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz 18 (2018) 7 Hans von Flotow besuchte zuerst das Gymnasium in Wittstock und legte am 31. März 1882 an der Ritterakademie zu Brandenburg das Abitur ab. 1883 bis 1886 studierte er an den Universitäten Heidelberg (3 Semester) und Berlin (4 Semester) Rechts- und Staatswissenschaften. Wegen eines Lungenleidens war der junge Mann für den Militärdienst untauglich. Wie in Preußen nicht unüblich, trat der jun- ge Hans von Flotow am 10. Juni 1886 zuerst in den preußischen Justizdienst, spä- ter jedoch in den wesentlich größere Karrierechancen versprechenden preußischen Verwaltungsdienst, bevor er sich schließlich als künftiger Diplomat 1892 beim Auswärtigen Amt bewarb. Vorher bestand er am 4. Januar 1886 in Berlin die 1. Staatsprüfung (Referendarexamen), wurde am 10. Juni 1886 im

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