Informationsschrift des Feuerwehrgeschichts- und Museumsvereins Frankfurt am Main e.V. Sonderausgabe No. 1 Die Feuerwehr Frankfurt am Main und die jüdische Bevölkerung der Stadt 1933 – 1945 Eine Materialsammlung zum Thema und Versuch einer ersten Dokumentation im Rahmen des Projektes „Stadtteilhistoriker“ der Polytechnischen Gesellschaft zu Frankfurt am Main Inhalt Seite Inhaltsverzeichnis……………………………………………………………………………………………………… 2 Vorwort und Vorstellung des Verfassers…………………....……………………………………………………… 3 Kurze Geschichte des Frankfurter Judentums……………………………………………………………………. 4 Standortbestimmung 1933 – War die Frankfurter Feuerwehr „braun“?......................................................... 11 „Kain, wo ist dein Bruder Abel?“ – Jüdische Mitglieder der Frankfurter Feuerwehr..……………….………… 12 „Die Synagogen brennen!“ – Was tut die Feuerwehr?..................................................………………………. 17 Bittere Schokolade – Die „Jüdin Katz“ und die Feuerwehr als Politikum……………………………………….. 29 „Auch unsere Kirchen werden brennen“ – Zeilsheimer Feuerwehrmann ermöglicht Juden die Flucht…….. 32 Anhang (1) – Quellen- und Literaturhinweise….………………………………………………………………….. 34 Anhang (2) – Fundstellen und Hinweise („Fußnoten“)…………………………………………………………… 36 Anhang (3) – Bildnachweis………………………………………………………………………………………….. 38 Diese Arbeit wurde durch das Projekt „Stadtteil-Historiker“ unterstützt. Mit dem Projekt „Stadtteil-Historiker“ setzen sich die Stiftung Polytechnische Gesellschaft zu Frankfurt am Main und die Frankfurter Neue Presse für die Bewusstmachung der Frankfurter Geschichte und den Erhalt des kulturellen Erbes der Stadt ein.“ Die abgedruckten Beiträge stellen keine Meinungsäußerung des Herausgebers dar. Sie dienen lediglich der Unterrichtung und Meinungsbildung. 2 Vorwort und Vorstellung des Verfassers Die intensive Beschäftigung mit der Feuerwehrge- schichte führte mich bereits zuvor in nationale und inter- nationale Gremien, wie etwa die Internationale Arbeits- gemeinschaft für Brandschutz- und Feuerwehr- geschichte im CTIF1, der Arbeitsgemeinschaft der Feuerwehrmuseen (AGFM) und seit 2015 in den Arbeitskreis Brandschutzgeschichte des Landesfeu- erwehrverbandes Hessen. In diesen Gremien konnte ich mir das Rüstzeug weg von einem rein hobby- mäßigem Arbeiten hin zu einer semi-wissenschaft- lichen Arbeit erarbeiten und in Fachaufsätzen für Jahrbücher und Fachliteratur der Felderprobung unter- ziehen. Verehrter Leser, ich freue mich, dass mein Werk Ihr Zu einem besonderen Freund und Lehrmeister wurde Interesse erregt. Es gehört für mich zur Höflichkeit, dass mir in den genannten Arbeitsgruppen Herr Magister Rolf ich mich Ihnen zunächst einmal kurz vorstelle und Ihnen Schamberger, Leiter des Deutschen Feuerwehr- erkläre, wie es überhaupt zu dieser Ausarbeitung kam. museums in Fulda und Obmann der AGFM, der niemals auf wohlklingende Titel, sondern nur auf den Willen und Mein Name ist Ralf Keine und ich wurde am 25. März das Tun seiner Gegenüber schaut. Ihm möchte ich an 1963 im westfälischen Iserlohn geboren. Nach einer dieser Stelle einmal besonders für eine fast zwei Lehre als Heizungs- und Lüftungsbauer zog es mich Jahrzehnte währende Verbundenheit und unzählige zurück auf die Schulbank und ich besuchte die Berufs- Inspirationen und Hilfestellungen danken. aufbauschule für Technik und die FOS. Parallel dazu trat ich 1976 in die Jugendfeuerwehr und 1981 in die Rolf Schamberger war es auch, der unbewusst in mir Freiwillige Feuerwehr meiner Heimatstadt ein. die Keimzelle für das nun vorliegende Projekt anlegte. Als er vor einigen Jahren anlässlich einer Stolperstein- Bereits zu Schulzeiten entdeckte ich mein großes Inte- verlegung und einer Sonderausstellung im Deutschen resse für Geschichte, insbesondere für Technik- und Feuerwehrmuseum das Schicksal des Feuerwehrka- Sozialgeschichte sowie für die Ereignisse der schreck- meraden Ernst Frenkel recherchierte, der 1934 wegen lichen Kriege des 20. Jahrhunderts. Der in Feuerwehr- seiner jüdischen Abstammung aus der Feuerwehr historikerkreisen bekannte damalige stellvertretende ausgeschlossen, 1942 deportiert und im Warschauer Amtsleiter der Iserlohner Berufsfeuerwehr, Franz Ghetto ermordet wurde, kam in mir die Frage auf, was Theodor Spiegel, weckte in mir das Interesse für eigentlich aus den jüdischen Angehörigen der Frank- Feuerwehrgeschichte, die sich ja wiederum aus As- furter Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr nach 1933 pekten der Technik-, Sozial- und Zeitgeschichte zu- wurde. Das Forschungsstipendium der Polytechni- sammensetzt. schen Gesellschaft im Rahmen der „Stadtteil-Histori- ker“ ließ mich das Thema angehen. Schnell kam es Im Frühjahr 1985 wechselte ich zur Berufsfeuerwehr dann zu einer Themenerweiterung zu den anderen Frankfurt am Main, wo ich heute als Dienstgruppen- Berührungspunkten zwischen Frankfurter Feuerwehr leiter auf der Feuerwache 11 in Enkheim tätig bin. Es und jüdischer Bevölkerung. lag in der Natur der Sache, dass ich mich hier nicht nur der allgemeinen Feuerwehrgeschichte widmete, son- Die vorliegende Arbeit soll weder Nestbeschmutzung dern speziell eben auch der Frankfurter Feuerwehr- noch Reinwaschung sein, sondern ein offener und ehr- geschichte, die eine ganz besondere ist. Viele Entwick- licher Umgang mit der eigenen Geschichte. Noch zu lungen, die Feuerwehren auf der ganzen Welt z.T. bis wenige Behörden, Organisationen oder Vereine stellen zum heutigen Tage beeinflussen, nahmen von Frankfurt sich bisher der eigenen Geschichte dieser Zeit; was aus ihren Siegeszug auf. Namen Frankfurter Brand- oftmals dazu führt, dass das Thema von außen an sie direktoren wie Richard Schapler, Johannes Schänker, herangetragen wird und ihnen auf die Füße fällt. Die Ernst Achilles und Reinhard Ries sind in der Welt wohl- Frankfurter Feuerwehr mit ihrem Feuerwehrgeschichts- bekannt. Um die Geschichte zu würdigen, zu dokumen- und Museumsverein hat sich mit mir als ihren Vertreter tieren und darzustellen, wurde im Jahr 2009 durch dieses schwierigen Themas angenommen. Die nun vor- Professor Ries das Museum der Frankfurter Feuerwehr liegende Arbeit ist aber nur ein erster Versuch der ins Leben gerufen und als dessen Förderverein der Aufarbeitung. Für Hinweise und dokumentarisches Feuerwehrgeschichts- und Museumsverein Frankfurt Material bin ich jederzeit dankbar, denn weitere Über- am Main e.V. gegründet, dessen erster Diener ich mit arbeitungen und Ergänzungen dieser Ausarbeitung in Freuden bin. der Zukunft sind gewollt und geplant. 3 Kurze Geschichte des Frankfurter Judentums Abb. 1: Brand der Judengasse nach dem französischen Bombardement in der Nacht vom 13./14. Juli 1796. Rechts das Tor zum Ghetto, das nach dem Brand von 1711 in alter Form wiederaufgebaut worden war. Bis zur Machergreifung der Nationalsozialisten 3.000 Personen in der „Judengasse“ einer etwa 330 1933 war Frankfurt am Main die deutsche Großstadt Meter langen und durchschnittlich 3 Meter breiten mit dem größten Bevölkerungsanteil jüdischen Gasse. Drei Tore, die abends geschlossen wurden und Glaubens. Zahlreiche Namen von Wissenschaftlern, an Sonn- und Feiertagen geschlossen blieben, sperrten Kaufleuten, Mäzenen und Ehrenbürgern sind mit die Gasse ab und die Bewohner ein; bereits Mitte des der Geschichte der Stadt fest verbunden. Beispiel- 17. Jahrhunderts wurde der zuerst in Italien benutzte haft seien hier Theodor W. Adorno, Ludwig Börne, Begriff „Ghetto“ auch auf die Frankfurter Judengasse Henry und Emma Budge, Leopold Cassella, Paul angewendet. Ehrlich, Henriette Fürth, Leo Gans, Charles Hall- garten, Ludwig Landmann, Wilhelm Merton, die Der „Große Judenbrand“ Oppenheimers, Maximilian Reinganum, die Roth- schilds, Toni Sender, Leopold Sonnemann, Magda Im Januar 1711 wurde die Gasse bei dem so genann- Spiegel, Arthur von Weinberg oder Max Wertheimer ten „Großen Judenbrand“ (Anm.: es gab auch einen genannt. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. „Großen Christenbrand“) vollständig zerstört. Auf Be- Bereits im Frühjahr 1933 begannen die neuen fehl Kaiser Joseph I. ließ der Magistrat die Gasse wie- Machthaber, der jüdischen Bevölkerung Schritt für der aufbauen; der Ghettozwang blieb bestehen. Schritt und immer systematischer das Leben, und letztlich das Überleben, schwerer zu machen. Am Am Mittwoch, den 14. Januar 1711, bricht gegen 8 Uhr 19. Oktober 1941 begannen die Deportationen von abends in der Eckkammer des hoch geachteten Frankfurter Juden in Ghettos und Lager im Osten. Oberrabbiners Naphtali Cohen ein Brand aus. Das Bis zum 15. März 1945 sollte die systematische Feuer greift im Haus des Rabbiners, der eine wertvolle Vertreibung weitergehen; am Ende waren rund Sammlung jüdischer Literatur besitzt, schnell um sich. 12.600 Todesopfer zu beklagen. Die gesamte Judengasse (etwa 500 Häuser) brennt bis auf das Haus Rothschild nieder: „...die ganze Juden- Frankfurt am Main hatte bis 1933 den größten jüdi- Gasse aus dem Grund abgebrannt / daß nicht ein schen Bevölkerungsanteil unter den deutschen Stücklein Holtz überblieben / ausser das einige Hauß...“ Städten. Seit 1462 lebten die Frankfurter Juden in einer engen Gasse entlang der östlichen Stadtmauer zwi- In diesem Zusammenhang muss erklärt werden, dass schen der Bornheimer Pforte und dem jüdischen Fried- der rechtliche Freiraum der Juden in ihrem Viertel nicht hof an der Battonstraße. Anfangs lebten hier gut 100 unbeträchtlich ist. Sie genießen in ihrem umschlos- Personen, mit der Zeit wurde die Bebauung enger und senen Rechtbezirk, eben der Judengasse, eine weitge- höher. Anfang des 18. Jahrhunderts lebten bereits etwa hende Autonomie im Finanz-, Steuer-
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