Die Nakba – Flucht Und Vertreibung Der Palästinenser 1948

Die Nakba – Flucht Und Vertreibung Der Palästinenser 1948

Die Nakba FLUCHT UND VERTREIBUNG DER PALÄSTINENSER 1948 „… eine derart schmerzhafte Reise in die Vergangenheit ist der einzige Weg nach vorn, wenn wir eine bessere Zukunft für uns alle, Palästinenser wie Israelis, schaffen wollen.“ Ilan Pappe, israelischer Historiker Gestaltung: Philipp Rumpf & Sarah Veith Inhalt und Konzeption der Ausstellung: gefördert durch Flüchtlingskinder im Libanon e.V. www.lib-hilfe.de © Flüchtlingskinder im Libanon e.V. 1 VON DEN ERSTEN JÜDISCHEN EINWANDERERN BIS ZUR BALFOUR-ERKLÄRUNG 1917 Karte 1: DER ZIONISMUS ENTSTEHT Topographische Karte von Palästina LIBANON 01020304050 km Die Wurzeln des Palästina-Problems liegen im ausgehenden 19. Jahrhundert, als Palästina unter 0m Akko Safed SYRIEN Teil des Osmanischen Reiches war. Damals entwickelte sich in Europa der jüdische Natio- 0m - 200m 200m - 400m Haifa 400m - 800m nalismus, der so genannte Zionismus. Der Vater des politischen Zionismus war der öster- Nazareth reichisch-ungarische Jude Theodor Herzl. Auf dem ersten Zionistenkongress 1897 in Basel über 800m Stadt wurde die Idee des Zionismus nicht nur auf eine breite Grundlage gestellt, sondern es Jenin Beisan wurden bereits Institutionen ins Leben gerufen, die für die Einwanderung von Juden nach Palästina werben und sie organisieren sollten. Tulkarm Qalqilyah Nablus MITTELMEER Der Zionismus war u.a. eine Antwort auf den europäischen Antisemitismus (Dreyfuß-Affäre) und auf die Pogrome vor allem im zaristischen Russ- Jaffa land. Die Einwanderung von Juden nach Palästina erhielt schon frühzeitig einen systematischen, organisatorischen Rahmen. Wichtigste Institution Lydda JORDANIEN Ramleh Ramallah wurde der 1901 gegründete Jüdische Nationalfond, der für die Anwerbung von Juden in aller Welt, für den Ankauf von Land in Palästina, meist von Jericho arabischen Großgrundbesitzern, und für die Zuteilung des Bodens an die Einwanderer zuständig war. Die 1929 gegründete Jewish Agency wurde die Jerusalem politische Vertretung der Zionisten. Die Idee des Zionismus stieß zunächst nur bei einem kleinen Teil der Juden auf Zustimmung. So sahen die weitge- hend assimilierten, meist bürgerlichen Juden Westeuropas in ihm eine Gefahr für ihre eigene Assimilation, da die Zionisten nur Palästina als Heimat Majdal Bethlehem der Juden gelten ließen. Die verarmten und benachteiligten Juden Osteuropas andererseits glaubten an den Sieg der auch sie erlösenden progres- siven Werte der Französischen Revolution wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Für die strenggläubigen orthodoxen Juden war der Zionismus ohne- TOTES Hebron MEER hin Gotteslästerung, da die Rückkehr ins gelobte Land erst nach dem Kommen des verheißenen Messias am „Ende der Zeit“ geschehen durfte. Selbst Gaza von den auswanderungswilligen Juden Osteuropas gingen zwischen 1892 und 1920 nur ungefähr 60.000 Juden nach Palästina, während im gleichen Zeitraum 2 Millionen in die Vereinigten Staaten und nach Kanada emigrierten. Beersheba ÄGYPTEN Herzl notierte am 3. September 1897 in seinem Tagebuch: Der Mittlere Osten 1914 "Wenn ich den Baseler Kongress in einem Wort zusammenfassen wollte - was ich öffentlich so nicht tun würde - wäre es: In Basel gründete ich den Jüdischen Staat. Wenn ich das öffentlich erklärte, würde man als Antwort darüber lachen. In vielleicht fünf Jahren, bestimmt in fünfzig, wird jeder es erkennen." britisch unabhängig britischer Einfluss Quelle: französisch osmanisches Reich russischer Einfluss Monde Diplomatique, italienisch überarbeitet Quelle: PalestineRemembered.com, überarbeitet DIE JÜDISCHE EINWANDERUNG NACH PALÄSTINA BEGINNT Palästina vor und während der britischen Mandatszeit Karte 2: LIBANON Palästina 1878 Die Einwanderung von Juden nach Palästina erste jüdische Siedlung (Petach Tikva) 01020304050 erfolgte in mehreren Einwanderungswellen, km Akko Safed SYRIEN den sogenannten Alijas, zunächst vor allem Haifa aus Osteuropa. 1882, zur Zeit der ersten Alija Nazareth lebten im damaligen Palästina insgesamt ca. 450.000 Einwohner. Gut 5% von ihnen Beisan Jenin waren Juden. Besonders die Juden der zwei- Jaffa (I) Tulkarm ten Alija von 1904 bis 1914 (u.a. David Ben Gurion und Golda Meir) prägten die weitere Qalqilyah Nablus Entwicklung in Palästina und trugen we- MITTELMEER Jaffa Lydda JORDANIEN sentlich zur späteren Staatsgründung bei. Ramleh Ramallah Jericho Jerusalem Diese Juden waren von den revolutionären Umwälzungen in Russland Bethlehem sozialistisch geprägt und waren im übrigen alles andere als religiös. Ihr Le- Majdal bensstil in den neu gegründeten Kibbuzim wirkte auf die einheimische Be- völkerung äußerst befremdlich und ihre politischen Ziele, nämlich die Schaf- TOTES Hebron Gaza MEER fung eines jüdischen Staatswesens in Palästina, zunehmend bedrohlich. Bethlehem, Pilger zu Weihnachten (II) Tab. 1: Beersheba Bevölkerungsentwicklung in Palästina bis zur Staatsgründung Israels Jahr Araber / Palästinenser Juden Gesamtbevölkerung ÄGYPTEN Anzahl % Anzahl % Anzahl 1882 426.000 94,7 24.000 5,3 450.000 1918 689.000 92,1 59.000 7,9 748.000 1922 668.000 88,8 84.000 11,2 752.000 1931 859.000 83,2 175.000 16,8 1.033.000 1935 953.000 72,9 355.000 27,1 1.308.000 Grenze des späteren britischen Mandatsgebiets 1945 1.317.000 70,4 554.000 29,6 1.871.000 Siedlung Petach Tikva Ende 1946 1.238.000 67,1 608.000 32,9 1.846.000 palästinensisches Dorf 1948* 156.000 19,4 650.000 80,6 806.000 palästinensische Stadt *Diese Zahlen beziehen sich nur auf das Staatsgebiet Israels in den Grenzen der Waffenstillstandslinien von 1949, während die vorhergehenden Zahlen für das gesamte britische Mandatsgebiet Palästina zwi- gemischte Stadt Quelle: Institute for Palestine Studies, überarbeitet schen Mittelmeer und Jordantal gelten Dorfschule in Zakariya (III) DIE BALFOUR - ERKLÄRUNG VON 1917 Einen ersten erfolgreichen Schritt in Richtung eines eigenen Die Balfour-Erklärung, 2.11.1917 Staatswesens konnten die Zionisten 1917 mit der sogenannten „Lieber Lord Rothschild, Balfour-Erklärung verzeichnen. Die Engländer hatten die 400 Jahre ich freue mich, Ihnen im Namen der Regierung seiner Majestät die währende Vorherrschaft der Türken im Nahen Osten im Verlaufe folgende Sympathieerklärung für die jüdisch-zionistischen Bestre- des Ersten Weltkrieges beendet. Der damalige britische Außenmi- bungen mitteilen zu können, die dem Kabinett vorgelegt und von nister Balfour erklärte gegenüber den organisierten Zionisten diesem gebilligt wurde. Die Errichtung einer nationalen Heimstät- Englands in einem Brief die Bereitschaft der englischen Regierung, te in Palästina für das jüdische Volk wird von der Regierung seiner sie bei der Errichtung einer nationalen Heimstätte in Palästina zu Majestät mit Wohlwollen betrachtet. Sie wird ihr Bestes tun, um unterstützen. Zum damaligen Zeitpunkt lebten mehr als 600.000 das Erreichen dieses Ziels zu erleichtern, wobei unmissverständ- Araber und gut 55.000 Juden in Palästina, mehr als 90% waren lich zu betonen ist, dass nichts getan werden darf, was die Bürger- also Araber. rechte und religiösen Rechte in Palästina lebender nicht-jüdischer Gemeinschaften oder die Rechte und den politischen Status der Verschiedenste Motive veranlassten die Engländer zu diesem Schritt. Neben der grundsätzlichen Sympa- Juden irgendeines anderen Landes nachteilig betrifft. thie Balfours und des britischen Ministerpräsidenten Lloyd George für die zionistische Sache verband sich damit die Hoffnung, die amerikanische und die sowjetische Regierung durch Fürsprache der dortigen Zio- Ich bitte Sie, diese Erklärung der Zionistischen Föderation zur nisten zum Kriegseintritt bzw. -wiedereintritt gegen Deutschland und seine Verbündeten zu bewegen. Au- ßerdem wollte man sich gegenüber dem Chemiker Chaim Weizmann, Präsident der Zionistischen Föderati- Kenntnis zu geben“ on in England, erkenntlich zeigen, der durch seine Erfindung die britische Munitionsherstellung im Ersten Weltkrieg sichern geholfen hatte. Die Balfour-Erklärung war rechtlich, politisch und moralisch fragwürdig, Unterzeichnet vom damaligen britischen Außenminister Arthur James Balfour denn hier „versprach eine Nation feierlich einer anderen Nation das Land einer dritten“. © Flüchtlingskinder im Libanon e.V. 2 VOM ENDE DES 1. WELTKRIEGES BIS ZUM JAHR 1947 DIE BRITISCHE MANDATSZEIT Karte 3: JÜDISCH-ZIONISTISCHE EINWANDERUNG UNTER BRITISCHEM MANDAT Palästina 1920 LIBANON Zionistische Siedlungen zu Beginn des Britischen Mandats Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde England 1922 Mandatsmacht für Palästina. Der Mandatstext sicherte den Zionisten im westlich des Jordan gelegenen Mandatsge- Akko Safed SYRIEN Haifa biet das Recht auf eine nationale Heimstätte und unterstützte die weitere jüdische Ein- Nazareth wanderung. Eine Reihe gesetzlicher Regelungen, die ab 1920 der erste britische Hoch- kommissar für Palästina, Herbert Samuel, einführte, trieb die Entwicklung einer separaten Jenin Beisan wirtschaftlichen und sozialen Infrastruktur der jüdischen Gemeinschaft voran. Tulkarm Über die nationalen Rechte der weit überwiegend arabischen Einwohner sagte der Mandatstext nichts. Im Gefolge der Balfour-Erklärung und der Qalqilyah Nablus anschließenden Mandatsübernahme kam es zu einer deutlich steigenden Einwanderung von Juden nach Palästina. Diese wurde ab 1924 noch ver- Tel Aviv MITTELMEER Jaffa stärkt durch die damalige Einführung einer restriktiven Einwanderungsquote in den Vereinigten Staaten. Die dritte Alija (1919-1923) brachte wiede- Lydda JORDANIEN rum vor allem Juden aus Russland, die vierte Alija (1924-1931) Juden aus Polen nach Palästina. Viele flohen vor Verfolgung und ogromenP in ihren Hei- Ramleh Ramallah

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