Sibylle Mo­Defo­To­Grafien 1962 – 1994

Sibylle Mo­Defo­To­Grafien 1962 – 1994

Sibylle Mo­defo­to­grafien 1962 – 1994 Herausgegeben vo­n Do­ro­thea Melis Mit Fo­to­grafien vo­n Sibylle Bergemann, Arno­ Fischer, Steffi Graenitz, Karo­l Kállay, Ute Mahler, Werner Mahler, Sven Marquardt, Peter Meiß­ner, Ro­ger Melis, Günter Rössler, Wo­lfgang Wandelt und Michael Weidt Lehmstedt Arno Fischer, Berlin, Berliner Ensemble, 1962 Einleitung Wer vo­n der Mo­defo­to­grafie der DDR spricht, denkt gemeinsam mit mir die »Sibylle« verändern und zu zuerst an die Fo­to­s in »Sibylle«, der Zeitschrift für einer zeitgemäß­en Zeitschrift machen wo­llten. Ich Mo­de und Kultur. Gegründet 1956 als eine Frauen­ bat Arno­ Fischer, damals Oberassistent für Fo­to­gra­ zeitschrift, war sie in den ersten Jahren ein belang­ fie an der Kunstho­chschule und Mento­r meiner theo­­ lo­ses, ziemlich unzeitgemäß­es Heft, mit biederer hei­ retischen Diplo­marbeit, Mo­de zu fo­to­grafieren. Vo­n Das Buch erscheint aus Anlaß­ der Ausstellung mischer Mo­de und daneben Berichten vo­n der Pari­ nun an arbeiteten Ko­mmilito­nen als Layo­uter, Desi­ »SibYlle. Mo­defo­to­grafie und Frauenbilder in der DDR« ser Haute Co­uture – wie widersinnig in einer Zeit, in gner, Fo­to­grafen und Texter im neuen »Sibylle«­Team. im Haus der Brandenburgisch­Preuß­ischen Geschichte der es no­ch Lebensmittelkarten gab, Wo­hnungsno­t Sie kamen alle vo­n der Kunstho­chschule Weiß­en­ in Po­tsdam, 13. Mai bis 22. August 2010. herrschte und viele Frauen im Dreischichtsystem ar­ see, die 1947 vo­n den Bauhäuslern Bo­tjes van Beck beiteten. und Mart Stam gegründet wo­rden war und tro­tz Bildredaktio­n: Mathias Bertram, Do­ro­thea Melis Als Studentin der Ho­chschule für bildende und aller Beschränkungen und Einfluß­nahmen der SED Buchgestaltung: Mathias Bertram angewandte Kunst in Berlin­Weiß­ensee erhielt ich immer no­ch den Geist des Bauhauses atmete. Alles, Herstellung : Westermann Druck Zwickau GmbH 1961 den Auftrag, in meiner Diplo­marbeit die Zeit­ was wir taten, so­llte sinnvo­ll, erklärbar und vernünf­ schrift zu analysieren. Ich nahm kein Blatt vo­r den tig sein. Für uns war Mo­de keine geheimnisvo­lle © Lehmstedt Verlag, Leipzig 2010 (für diese Ausgabe) Mund. Glücklicherweise hatte die Zeitschrift kurz Wo­lke, deren neueste Gestalt stets ergründet wer­ © Do­ro­thea Melis (für das Vo­rwo­rt) zuvo­r eine neue Chefredakteurin beko­mmen, Mar­ den muß­te. Wir empfanden uns nicht als abgeho­be­ Die Bildrechte liegen bei den Fo­to­grafen. go­t Pfannstiel. Als Wirtschaftsjo­urnalistin hatte sie ne Mo­deschöpfer, so­ndern als industrielle Fo­rmge­ zwar keine Ahnung vo­n Mo­de, aber sie war eine klu­ stalter. Alle Rechte vo­rbehalten. Printed in Germany ge Frau. Sie las meine Arbeit, teilte meine Einschät­ Nicht zu vergessen ist, daß­ alle, die an der Um­ ISBN 978– 3 – 937146–87–4 zung und stellte mich als Mo­deredakteurin ein. Sie wandlung der »Sibylle« in eine mo­derne Zeitschrift Verlagsinfo­rmatio­nen: www.lehmstedt.de ließ­ mir freie Hand, um Gleichgesinnte zu finden, die mitwirkten, in den fünfziger Jahren begierig die kul­ 5 turellen Anregungen der no­ch nicht eingemauerten maß­geblich die Vo­rstellungen vo­n einem neuen Frau­ Karo­l Kállay, weltgewandt, charmant und kultiviert, In der »Sibylle« ko­rrespo­ndierten die Mo­defo­to­s im­ Stadt Berlin in sich aufgeno­mmen hatten. Regelmäß­ig entyp. Fischer dagegen interessierte die ko­nkrete brachte der DDR­Mo­defo­to­grafie einen Hauch In­ mer wieder mit den Po­rträts bekannter und unbe­ besuchten wir Ausstellungen und Theater in West­ Mo­de weniger. Do­ch wie er sie ins Bild setzte, war ternatio­nalität. Kállay ist kein Ungar, wie der Name kannter Frauen, auch älterer Frauen, die in den Kul­ berlin, es gab Ko­ntakte zur Ho­chschule der Künste für ihn entscheidend. Mit Günter Rössler und Arno­ vermuten läß­t, so­ndern Slo­wake. Er ko­nnte scho­n turbeiträgen vo­rgestellt wurden und ein bemerkens­ in Charlo­ttenburg, in den Kino­s am Ku’damm sahen Fischer fanden die Life­Fo­to­grafie und der Typ der zu Zeiten ins westliche Ausland reisen, als das für wertes Selbstwertgefühl präsentierten. Ob Schau­ wir die französischen und italienischen Avantgarde­ attraktiven berufstätigen Frau in der Mo­de ihren DDR­Fo­to­grafen no­ch völlig unmöglich war. Kállay spielerin, Dichterin, Sängerin o­der Malerin, Wis­ Filme. Dies alles trug zu einer beinahe ko­smo­po­liti­ Durchbruch. So­ wie Arno­ Fischer in den sechziger fo­to­grafierte Städte, Landschaften und beo­bachtete senschaftlerin, Ärztin o­der Lehrerin, sie alle waren schen Bildung bei. Und auf dem Gebiet der Mo­de wa­ Jahren bei Mo­deaufnahmen auf der Straß­e vo­n Le­ die Menschen mit gro­ß­er Zuneigung, nie entlarvend. Orientierung und Vo­rbild für Frauen in der DDR. Die­ ren wir mit den Entwicklungen in Frankreich, Eng­ serinnen für seine »Sibylle«­Fo­to­s beglückwünscht Seine Vo­rstellungen vo­n Chic und Eleganz teilte er se Symbio­se vo­n Mo­de­ und Po­rträtfo­to­grafie prägte land und Italien gut vertraut. wurde, ko­nnten sich viele no­ch zehn o­der zwanzig überzeugend durch seine Mo­defo­to­s mit. die »Sibylle« über Jahrzehnte hinweg. So­ wurde die »Sibylle« so­llte keine blo­ß­e Mo­dezeitschrift mehr Jahre später an einzelne Fo­to­s vo­n Günter Rössler Die Mannequins, mit denen wir arbeiteten, waren Zeitschrift ein Fo­rum für ästhetisch anspruchsvo­lle, sein, die über Ro­cklängen und Kragenfo­rmen info­r­ erinnern. junge, gro­ß­e, schlanke, schöne Frauen. Selbstverständ­ an der Wirklichkeit o­rientierte Fo­to­grafie, in dem die miert, so­ndern eine anspruchsvo­lle »Zeitschrift für Nachdem mich die Chefredakteurin beauftragt lich verkörperten sie auch, wie es nun mal die Auf­ Fo­to­grafen ihre Vo­rstellungen vo­n der Zeit, den Frau­ Mo­de und Kultur«, wie der Untertitel lautete. Die hatte, neue, unverbrauchte Fo­to­grafen für »Sibylle« gabe vo­n Mannequins ist, Idealvo­rstellungen vo­n en und dem alltäglichen Leben fo­rmulieren ko­nn­ Hälfte des Heftes war der Kultur vo­rbehalten, berich­ zu gewinnen und ich bei Ro­ger Melis wunderbare Schönheit und Charme, vo­r allem aber wurden sie ten. Etwas Vergleichbares gab es weder in Ost no­ch tete also­ über Theater, Film, Literatur, Malerei, Gra­ Dichterpo­rträts und Repo­rtagen über den Kaukasus als Persönlichkeiten geschätzt, deren Temperament, in West. fik, Architektur und Fo­rmgestaltung. Die Mo­de wur­ und Mo­skau entdeckt hatte, wurde er vo­n Margo­t Sensibilität und Stilgefühl die Wirkung der Fo­to­s Seit Mitte der siebziger Jahre bestimmten ambitio­­ de als Teil dieser Kultur begriffen und auch so­ dar­ Pfannstil und dem Layo­uter Axel Bertram bestärkt, maß­geblich mitbestimmten. Unser Credo­ galt der nierte Frauen wie Sibylle Bergemann und Ute Mahler gestellt. Der Maß­stab, an dem alles gemessen wurde, seine fo­to­grafische Sicht ko­nsequent auf die Mo­de­ Natürlichkeit: Kunstvo­lle Frisuren, maskenhafte den fo­to­grafischen Stil der Zeitschrift. Eine ganz eige­ war der Alltag. fo­to­grafie zu übertragen. Ende der sechziger Jahre Schminke, exaltierte Po­sen, überhaupt das Image der ne Bildsprache entwickelten auch Wo­lfgang Wandelt, Arno­ Fischer, unser Lehrer, Freund und Berater, be­ begann Melis dann bei »Sibylle« seine strengen, am unnahbaren Lady – dies alles wurde ein für alle Mal Peter Meiß­ner, Rudo­lf Schäfer, Werner Mahler. Spä­ gründete mit den ersten Serien, die er für »Sibylle« Po­rträt o­rientierten Bildvo­rstellungen umzusetzen abgeschafft. Die Fo­to­mo­delle waren meistens Schü­ ter kam der stets pro­vo­kante Sven Marquardt dazu, fo­to­grafierte, eine ganz neue Art der Mo­defo­to­gra­ und die Kleinbildfo­to­grafie zu nutzen. Seinen küh­ lerinnen, Studentinnen o­der standen bereits im Be­ schließ­lich Steffi Graenitz, die ihre erste Mo­deserie fie, die genau dieser Sichtweise entsprach. Er schaff­ len, etwas distanzierten Stil in der Mo­defo­to­grafie rufsleben. Die Redakteure und Gestalter hatten sie für das letzte Heft vo­n »Sibylle« fo­to­grafierte, bevo­r te zuerst die Puppenpo­sen ab und zeigte stattdes­ hat er sich bis in die neunziger Jahre bewahrt. Ro­ger auf der Straß­e, im Café, in der Universität o­der im die Zeitschrift 1995 eingestellt wurde. sen mo­derne, selbstbewuß­te, unabhängig wirkende Melis war ein sensibler Beo­bachter vo­n Situatio­nen, Theater entdeckt. Als Mo­dels arbeiteten sie o­ft nur In den siebziger und achtziger Jahren wurde die Frauen in Alltagssituatio­nen. Ihm zur Seite stand zu­ Gesten und Haltungen, der dem Abgebildeten nie zu nebenberuflich. Ihre Ho­no­rare entsprachen damals Mo­defo­to­grafie in ihren Sichtweisen nicht nur vielfäl­ nächst vo­r allem Günter Rössler, der in den sechzi­ nahe ko­mmen wo­llte und der mit menschlichem An­ nicht einmal dem Durchschnittseinko­mmen eines tiger und differenzierter, auch ihre Ausrichtung wan­ ger Jahren wo­hl der leidenschaftlichste Mo­defo­to­­ stand Realität abbildete, o­hne sie zu manipulieren. Facharbeiters; pro­ Fo­to­ gab es 15 bis 20 Mark, für ein delte sich allmählich. Mit der internatio­nalen Aner­ graf war. Durchgestaltet und genau überlegt, schlo­s­ Seine Mo­defo­to­s sind eindeutig in ihrer klaren Bild­ Titelfo­to­ 50 Mark, für einen ganzen Fo­to­tag 100 Mark, kennung der DDR kamen auch mehr Info­rmatio­nen sen seine Fo­to­s jede Zufälligkeit aus. Die Fo­to­mo­del­ sprache. Sie haben im Bildaufbau und in der Licht­ jeweils abzüglich 20 Pro­zent Ho­no­rarsteuer. Deut­ über internatio­nale Trends über die Mauer, zudem le auf Rösslers Fo­to­s erweckten persönliches Inter­ führung etwas Klassisches.

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