Trivium Revue franco-allemande de sciences humaines et sociales - Deutsch-französische Zeitschrift für Geistes- und Sozialwissenschaften 20 | 2015 Réflexivité et Système. Le débat sur l'ordre et l'auto-organisation dans les années 1970 Reflexivität und System. Die Debatte über Ordnung und Selbstorganisation in den 1970er Jahren Elena Esposito et Erich Hörl (dir.) Édition électronique URL : http://journals.openedition.org/trivium/5126 DOI : 10.4000/trivium.5126 ISSN : 1963-1820 Éditeur Les éditions de la Maison des sciences de l’Homme Référence électronique Elena Esposito et Erich Hörl (dir.), Trivium, 20 | 2015, « Réflexivité et Système. Le débat sur l'ordre et l'auto-organisation dans les années 1970 » [En ligne], mis en ligne le 16 juin 2015, consulté le 27 septembre 2020. URL : http://journals.openedition.org/trivium/5126 ; DOI : https://doi.org/10.4000/ trivium.5126 Ce document a été généré automatiquement le 27 septembre 2020. Les contenus des la revue Trivium sont mis à disposition selon les termes de la Licence Creative Commons Attribution - Pas d'Utilisation Commerciale - Pas de Modification 4.0 International. 1 De nombreux chercheurs francophones et germanophones ont participé dans les années 1970 à des discussions intenses et constructives sur les conséquences épistémologiques de la cybernétique. Les textes réunis dans ce dossier reflètent ce débat ; ils mettent l’accent sur les points d’intersection de problématiques qui sont devenus dans les années ultérieures, des axes importants de la recherche en sciences sociales et qui ont alimenté le travail théorique et conceptuel des sciences de l’homme et de la société. Pour quelles raisons cette collaboration si fructueuse à l’époque est-elle finalement tombée dans un oubli quasi complet ? La traduction de quelques contributions centrales des débats des années 1970 pourrait inciter à revenir, dans une perspective renouvelée, sur les discussions d’alors. Ce numéro a été réalisé avec le soutien de l'Agence Nationale de la Recherche (ANR), de la Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ainsi que de la DGLFLF. In den 1970er Jahren beteiligten sich zahlreiche französisch- und deutschsprachige Wissenschaftler an lebendigen und konstruktiven Diskussionen über die epistemologischen Folgen der Kybernetik. Die in diesem Heft zusammengestellten Texte geben ein Bild dieser Debatte wieder. Sie legen die Betonung auf die Schnittpunkte von Fragen und Problemen, die in den darauf folgenden Jahren zu Schwerpunkten der Forschung in den Sozialwissenschaften geworden und in die Theorie- und Begriffsarbeit der Geistes- und Kulturwissenschaften eingegangen sind. Welche Faktoren haben dazu geführt, dass die seinerzeit so produktive Zusammenarbeit schließlich fast vollständig in Vergessenheit geraten ist? Die Übersetzung von zentralen Beiträgen aus der damaligen Debatte soll dazu anregen, aus heutiger Sicht wieder an die früheren Diskussionen anzuschließen. Diese Ausgabe wurde publiziert mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Agence Nationale de la Recherche (ANR) sowie des franzözischen Ministeriums für Kultur (DGLFLF). Trivium, 20 | 2015 2 SOMMAIRE Introduction Einleitung Reflexivität und System. Die Debatte über Ordnung und Selbstorganisation in den 1970er Jahren Elena Esposito et Erich Hörl Réflexivité et système. Le débat sur l’ordre et l’auto-organisation dans les années 1970 Elena Esposito et Erich Hörl Textes traduits en français Cybernetique d’une theorie de la connaissance Heinz von Foerster L’âme et la machine Gotthard Günther Je vois quelque chose que tu ne vois pas Niklas Luhmann Textes traduits en allemand Das Order from noise-Prinzip, das nicht-direktive Lernen und der Traum Henri Atlan Ist eine Wissenschaft der Autonomie denkbar? Edgar Morin Auf dem Weg zu einer Wissenschaft der Autonomie? Jean-Pierre Dupuy Trivium, 20 | 2015 3 Introduction Einleitung Einleitung Trivium, 20 | 2015 4 Reflexivität und System. Die Debatte über Ordnung und Selbstorganisation in den 1970er Jahren Elena Esposito et Erich Hörl 1 Die in diesem Heft gesammelten Texte entstammen der französischen und deutschen Kybernetikdebatte der 1970er Jahre – einer Zeit, da Begriffe wie Programm, System, Speicher, Kontrolle, Maschine sich nicht oder nicht in erster Linie auf technische Fragen bezogen, sondern eine außergewöhnliche wissens- und theoriepolitische Reichweite hatten und zu Chiffren einer Infragestellung der überlieferten epistemologischen und ontologischen Überzeugungen avancierten. Auch in europäischen Gefilden (denjenigen, mit denen wir uns hier beschäftigen) folgte die Debatte der prinzipiellen Einstellung der Macy-Konferenzen1 und man fokussierte insbesondere die weitreichenden Folgen von zirkulärer Kausalität und Feedback- Mechanismen. In den New Yorker Treffen zwischen später legendär gewordenen Figuren wie Norbert Wiener, Claude Shannon, Warren McCulloch, John von Neumann, Gregory Bateson, Margaret Mead, Heinz von Foerster und vielen anderen waren die epistemologischen Einsätze der Ausbreitung der Kybernetik diskutiert worden – Fragen wie Autonomie, Gedächtnis, Zeit, Determinismus/Freiheit, Lernen und natürlich Komplexität. Auch in der europäischen Auseinandersetzung war das Bewusstsein allgegenwärtig, vor einem grundlegenden Wandel in der Bedeutung und den Konsequenzen von wissenschaftlicher Forschung zu stehen, und man versuchte, sich dafür auszurüsten. 2 Heute auf die Diskussionen jener Jahren zurückzukommen ist nicht allein deshalb interessant, weil wir nach vierzig Jahren und unter Bedingungen einer seither weitgehend umgestalteten, tief in den kybernetischen Naturzustand eingetretenen technisch-medialen Welt erneut von Maschinenintelligenz, lernenden Mechanismen, Web-Gedächtnis und sozialen Aspekten von Technologie reden.2 Die großen konzeptuellen Anstrengungen jener Jahre sind dabei längst in unserem Trivium, 20 | 2015 5 Epochenimaginären sedimentiert und die entsprechenden Ideen und Entwürfe werden nun verstärkt wieder aufgerufen zur Durcharbeitung unserer hochmediatisierten, um nicht zu sagen hyperkybernetisierten Kondition, ohne dass man deren Archäologie in ihren Details kennt und so kritischen Nutzen daraus ziehen könnte für die dringliche Aufgabe der Neubeschreibung. Im Rahmen des Projekts von Trivium ist die Diskussion neben ihrer Aktualität und neben ihrer Bedeutung für die Genese unserer theoretischen Einstellung insbesondere auch wegen einer eigentümlichen Konstellation der Beziehungen zwischen der französischen und der deutschen Wissenschaftskommunikation brisant, die in den gegenseitigen Übersetzungen reflektiert werden soll. Die hier präsentierten französischen und deutschen Texte beziehen sich nämlich auf dieselbe Diskussion, mit denselben Referenzautoren, denselben Problemen und denselben Begriffen. Wie wir später etwas detaillierter sehen werden, handeln alle von Fragen wie Autonomie, Selbstorganisation, Rekursivität, Paradoxien, Offenheit/Geschlossenheit, und beziehen sich alle auf Autoren wie Wiener, Varela, von Neumann, Shannon, Ashby. Außerdem nahmen viele der Verfasser an denselben Treffen teil – vor allem an den Kolloquien »L’Unité de l’homme« in der Abbaye de Royaumont 1972 und »L’auto-organisation: de la physique au politique« in Cerisy 1981. 3 In den folgenden Jahrzehnten hat die Forschung divergierende Wege eingeschlagen und die Kontakte sind anstatt intensiver nach und nach schwächer geworden, bis sie fast vollständig aus der Wahrnehmung der Wissenschaftler verschwanden. Wie viele der französischen Forscher im sozialphilosophischen Feld beziehen sich heute auf die Arbeit von Gotthard Günther oder Niklas Luhmann? Und wie viele deutsche Wissenschaftler setzen sich mit den Texten von Henri Atlan oder Jean-Pierre Dupuy auseinander? Die meisten Autoren in diesem Heft sind bisher nicht aus dem Deutschen ins Französische oder umgekehrt übersetzt worden. Ausnahmen stellen Edgar Morin und Niklas Luhmann dar, die so berühmt und einflussreich sind, dass einige Resonanz unvermeidlich ist. Aber die Rezeption Morins in Deutschland beruht in der Regel nicht auf den Verhandlungen zur Kybernetik, ja sie ist nahezu ausschließlich politisch- ökologisch motiviert, und noch ist die Theorie Luhmanns in der Französisch sprechenden Welt nicht wirklich bekannt geworden.3 4 Einen besonderen (und symptomatischen) Fall stellt Gotthard Günther dar. Die einzige verfügbare französische Übersetzung von Günthers Arbeiten4 ist fast ein halbes Jahrhundert nach dem deutschen Original mit einem vielsagenden Vorwort von Edgar Morin erschienen. Morin verweist dabei nicht nur auf die zentrale Rolle, die Günthers Überlegungen seit Anfang der 70er Jahre für die Entwicklung seiner eigenen »Paradigmatologie der Komplexität«5 spielten, sondern er bemerkt zudem, dass er einen grundlegenden Text wie Das Bewusstsein der Maschinen (1957) überhaupt erst in der jüngsten französischen Übersetzung »entdeckt« hätte – und dabei fand er, dass »die von ihm vorgeschlagene logische, epistemologische und paradigmatische Reform mehr denn je aktuell ist«.6 In seiner »Lektürenotiz« 7 über das Buch signalisiert Jean Luis Le Moigne die Parallelität von Günthers Argumenten mit der »Bachelardschen Triade ›Objekt-Subjekt-Reflexionsprozess‹«, gesteht aber auch ein »Schuldgefühl«: warum ist, so fragt er, die Rezeption eines Autors, der so inspirierend ist und der laufenden Debatte und zeitgenössischen Problemen so nahe steht, so spät und vergleichsweise marginal in Gang gekommen (wenn sie überhaupt in Gang gekommen ist)? Trivium, 20 | 2015 6 5 Diese Frage kann im Grunde für alle Autoren unserer Trivium-Nummer
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