Post-Rock, Chicago School, Jim O'Rourke. Über Materialbehandlung in der Avantgarde der populären Musik Magisterarbeit Universität Lüneburg, Juni 2006 Fakultät I – Bildungs-, Kultur- und Sozialwissenschaften (ehem. Fachbereich III – Angewandte Kulturwissenschaften) vorgelegt von: Tobias Ruderer (Matrikelnummer: 111517) Fasanenweg 5 21337 Lüneburg Tel. 04131-767561 [email protected] Erstgutachter: Dr. Rolf Großmann, Universität Lüneburg Zweitgutachter: Dr. Christian Bielefeldt, Universität Lüneburg Inhaltsverzeichnis Einleitung......................................................................................................................4 1. Theorie des musikalischen Materials.......................................................................8 1.1 Phänomenologische Besonderheiten der Vorstellung eines künstlerischen Materials.....8 1.2 Grundzüge von Adornos Materialtheorie.......................................................................11 1.2.a Materialveränderung als musikimmanenter Prozess...............................................11 1.2.b Der Zwang des Materials........................................................................................13 1.2.c Material und Gesellschaft.......................................................................................15 1.3 Kritik und Probleme des Materialbegriffs......................................................................18 1.4 Stil, Konstruktion, Technik.............................................................................................21 2. Material und Avantgarde in der Rockmusik ........................................................24 2.1 Das populäre Material....................................................................................................24 2.1.a Kulturindustrie........................................................................................................24 2.1.b Schema und Signal.................................................................................................27 2.1.c Funktion und Fetisch..............................................................................................30 2.1.d Kritische Rezeption Adornos..................................................................................31 2.1.e ‚Rock‘ vs. ‚Pop‘ ....................................................................................................35 2.2 Das Material der Rockmusik..........................................................................................39 2.2.a Materialorganisation...............................................................................................39 2.2.b Rock-Material und Gesellschaft.............................................................................42 2.2.c Maschinelle Verfahrensweisen als Materialtechnik................................................46 Zusammenfassung...................................................................................................................50 2.3 Konzepte von Fortschritt und Avantgarde......................................................................51 3. Konkretisierung und Untersuchung......................................................................55 3.1 Annäherungen.................................................................................................................55 3.1.a Post-Rock................................................................................................................55 3.1.b Chicago School ......................................................................................................57 3.1.c Jim O’Rourke..........................................................................................................57 3.2 Fallbeispiel: Tortoise, „Djed“ (1996).............................................................................59 3.2.a Protagonisten, Albumzusammenhang, Produktionsweise......................................59 2 3.2.b Struktur, Klangästhetik, Gestaltung / Interpretation...............................................61 Anknüpfung an Minimalismus................................................................................................67 Thematisierung der technischen Umgebung...........................................................................69 3.3 Werkbetrachtung: High Llamas: „Cold & Bouncy“ (1998)...........................................71 3.3.a Der Umgang mit der Popvergangenheit .................................................................71 3.3.b Kritik des Post-Rock...............................................................................................74 3.4 Werkbetrachtung: Loose Fur, „Elegant Transaction“ (2003).........................................77 3.4.a Analyse....................................................................................................................77 3.4.b Interpretation...........................................................................................................81 Rückkehr zur Song-Konvention..............................................................................................81 Eigenleben der Instrumentalbegleitung..................................................................................81 Destabilisierung von funktionalen Songabschnitten...............................................................82 3.5 Loose Fur, „Born Again In The USA“ (2006)................................................................82 3.5.a Der Rückschritt in die Begrenzung.........................................................................82 3.5.b Formale Gestaltung.................................................................................................84 3.5.c Interpretation...........................................................................................................85 Fazit.............................................................................................................................88 Um den Lesefluss zu verbessern wird in dieser Arbeit auf eine Differenzierung der geschlecht- lichen Form von Tätigkeitsbezeichnungen verzichtet. Die männliche Form (Künstler, Pro- duzent, Autor, Musiker) umfasst stellvertretend alle Geschlechter. 3 Einleitung ‚Post-Rock‘, vorerst als Bezeichnung für ein musikalisches Genre zu verstehen, hat bis zum heutigen Tage als eigenständiges Thema keine wissenschaftliche Beachtung gefunden. In den gelegentlichen, meist knapp gehaltenen beiläufigen Erwähnungen in Einzelbeiträgen zu wissenschaftlichen Sammelbänden wird neben dem Hinweis auf den hohen Status im pop- kulturellen Diskurs Mitte/Ende der 1990er Jahre auch mehr oder weniger kritisch die Existenz von Post-Rock als zeitgenössischer Musikform anerkannt.1 Nicht selten sind es die selben Autoren, die den Begriff und dazugehörige Musiker auch in nicht-akademischen, obgleich mitunter auch theoretisch ausgerichteten Publikationen verhandeln.2 Im Zentrum der Diskussi- on steht, auf den semantischen Gehalt des Begriffes bezogen, die Frage nach der Existenz einer aktualisierten, zeitgemäßeren Form beziehungsweise Ablösung von Rockmusik. Sowohl die nach wie vor umstrittene Aussagekraft des Begriffs als auch der – aufgrund dieser Unklar- heit – nur schlagwortartig geklärte Status seines musikalischen Inhalts legen eine wissen- schaftliche Behandlung des Phänomens nahe. Damit diese Behandlung nicht daran scheitert, dass sich ‚Post-Rock‘ als Genrebezeichnung als wertlos herausstellt, sind im Titel dieser Arbeit mit ‚Chicago School‘ (ein auf lokaler Herkunft beruhender Sammelbegriff für Musiker, die das Post-Rock-Phänomen entscheidend mitgeprägt haben) und der Nennung des Musikers Jim O'Rourke zwei weitere Anhaltspunkte gegeben. Auf diese stützt sich das musikwissenschaftliche Interesse, um Erscheinungen zu beschreiben, deren Relevanz für ein Verständnis künstlerischer Aspekte heutiger populärer Musik sich daraus ergibt, dass sie sich unter Umständen direkt oder indirekt als künstlerische Reaktion auf bzw. Verarbeitung von Entwicklungen der populären Musik in den 1990er Jah- ren, speziell der Rockmusik, interpretieren lassen. Der Rekurs auf den Begriff des Materials hat dabei mindestens zwei erkenntnisleitende Im- plikationen: Erstens soll damit allgemein darauf hingewiesen werden, dass die Analyse von musikalischen Einzelwerken und allgemeineren musikalischen Tendenzen im Untersuchungs- gebiet sich vorwiegend auf die das musikalische Werk bestimmenden Faktoren stützt. Häufig liegt vor allem im Bereich der Kulturwissenschaften (auch innerhalb des Teilgebietes Musik- wissenschaft) der Fokus des Interesses auf begleitenden Phänomenen. So werden beispiels- weise anhand eines Musikstiles wie Hip Hop oder anhand der Musikvideos von Madonna Ge- schlechter-Repräsentationen untersucht, oder die Schilderung der Punk-Rezeption in Deutsch- 1 Vgl. etwa: Behrens, Blumfeld mit Kante; Klopotek, Über sich selbst hinaus; Reynolds, Post-Rock. 2 Vgl. etwa: Büsser, Stereolab. Konstruktion von Indie-Stars; Klopotek, How They Do It (insb. Einleitung); so- wie diverse im Text zitierte Texte aus den Periodika Spex - Musik zur Zeit (später: Spex- Das Magazin für Popkultur) und testcard - Beiträge zur Popgeschichte. 4 land wird mit der Erforschung eines bestimmten gesellschaftlichen Diksurs-Umfelds ver- bunden. Über die Musik wird dabei meist nur wenig gesagt. In einem musikwissenschaftlichen Sinne enger auf den Gegenstand fokussiert gestalten sich Ansätze, die populäre Stile mit ihrer jeweiligen technischen Umgebung in Verbindung bringen. In der Aufzeichnung von Musikgeschichte als
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