Am 2. Mai 1933 wurden die Gewerkschaften verboten und die Gewerkschafter verhaftet, gefangen genommen, in KZs verschleppt, gefoltert und umgebracht. Nazis zerschlugen die Organisationen der Lohnabhängigen - die freien Gewerkschaften. Rollkommandos überfielen die Büros und raubten die Kassen sowie Mitgliederlisten. Nicht irgendwo – sondern in Pforzheim und dem Enzkreis. Das Ergebnis ist bekannt: Entrechtung, Entmündigung, Lohnstopp, Verlängerung der Arbeitszeit, Dienstverpflichtung für Frauen, Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie und am Ende Zerstörung, Untergang und Tod am 23. Februar 1945 in Pforzheim. Unsere Ausstellung zeigt auf 21 Tafeln bisher unveröffentlichte Fotos, präsentiert Dokumente der Nazis und beleuchtet das Engagement unserer Kolleginnen und Kollegen gegen die faschistische Gefahr. Susanne Nittel Wolf-Dietrich Glaser (DGB-Regionssekretärin) (stellv. DGB-KV Vorsitzender Pforzheim / Enzkreis) 4 Adolf Baier Adolf Baier ist Schlosser und Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands KPD sowie des Metallarbeiter-Verbandes in Pforzheim. 1933 ist er von März bis Mai ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Haft. Vor einer erneuten Festnahme flieht er im Juli 1933 nach Frankreich, organisiert von dort den Transport illegaler Flugschriften nach Nazi-Deutschland und wechselt selbst mehrmals über die Grenze, um den Aufbau antinazistischer Organisationen in Baden zu unterstützen. 1936 geht Adolf Baier nach Spanien und kämpft in den Internationalen Brigaden für die Verteidigung der Republik gegen den Militärputsch Francos. Er wird dreimal verwundet und kann nach dem Sieg der von Hitlerdeutschland unterstützten Putschisten über Frankreich nach Norwegen fliehen. In Schweden organisiert Adolf Baier Sabotageaktionen gegen Kriegstransporte der NS-Wehr- macht, wird deswegen 1941 verhaftet und sieht nach 3 ½ Jahren Zuchthaus erst im Oktober 1945 seine zerstörte Heimatstadt Pforzheim wieder. In Pforzheim hilft Adolf Baier mit beim Aufbau freier Gewerkschaften und ist der erste Vorsitzende der neugegründeten Industriegewerkschaft Metall. Sein Name steht unter dem ersten Tarifvertrag, der in Pforzheim nach zwölf Jahren Unterdrückung der Arbeiterbewegung abgeschlossen wird. 1952 siedelt Adolf Baier in die DDR über und wird Mitarbeiter des ZK der SED. Wegen Betätigung für die verbotene KPD wird er 1963 in der Bundesrepublik inhaftiert. Adolf Baier stirbt 1982 in Berlin. Karl Bauer ist Mitglied der Gewerkschaft und der SPD und ab 1924 Sekretär des Gaststätten-Angestelltenver- bandes u.a. in Heidelberg. Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 muss er den Lebensunterhalt für seine Familie als Versicherungsvertreter bestreiten. 1935 verhaftet die Gestapo den in Pforz- heim lebenden Karl Bauer mit dem Vorwurf, er habe “hochverräterische Druckschriften aus dem Ausland” eingeführt und weiterverbreitet. Unter den Papieren, die die Gestapo bei ihm findet, ist auch die Zeitung des “Internationalen Verbandes der Hotel-, Restaurant- und Kaffeehausan- gestellten”, der zum Sturz der Hitlerdiktatur aufruft. Sein Adressbuch beweist der Gestapo, dass er plante, eine SPD-Widerstandsgruppe aufzubauen. Am 16. März 1936 verurteilt ihn das OLG Karlsruhe zu 22 Monaten Gefängnis. Nach der Entlassung werden Bauer und seine Frau ständig von der Gestapo beschattet. Nach dem Attentatsversuch auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 verschleppen ihn die Nazis ins Konzen- trationslager Dachau. Nach der Befreiung ist Bauer bis 1948 Bürgermeister in Heidelberg, später Vorsitzender der Gewerk- schaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Baden-Württemberg. Nikolaus Bernhard tritt 1900 der Gewerkschaft und der SPD bei. Von 1906 bis 1914 ist er Geschäftsführer des Maurer- später Bauarbeiterverbandes in Heilbronn, Pforzheim und Straßburg. 1909 ist er Streikführer des Streiks der Maurer und Bauarbeiter in Pforzheim. 1911 und 1912 ist er Stadtverordneter und Vorsit- zender der SPD in Pforzheim. Nach der Kriegsteilnahme wird er erst Sekretär, dann bis 1927 zweiter Vorsitzender und bis 1933 erster Vorsitzender des Bauarbeiterverbandes beziehungsweise des Bauge- werbebundes in Hamburg bzw. Berlin. Bis 1933 ist er auch Mitglied im Bundesvorstand des ADGB, von 1930 bis 1932 und noch einmal 1933 wird er in den Reichstag gewählt. 1933 wird er kurzzeitig inhaftiert und ist mehrmals von Hausdurchsuchungen und Vorladungen der Gestapo betroffen. Im Herbst 1939 sperren ihn die Nazis ins KZ Sachsenhausen. Im Rahmen der “Aktion Gitter“ nach dem Attentatsversuch auf Hitler am 20. Juli 1944 wird er 1944 erneut im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Nach der Befreiung ist Bernhard Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bau in Großberlin und bis 1948 dritter Vorsitzender des FDGB (Freier Deutscher Gewerkschafts-Bund), dann tritt er aus Protest gegen die Politik der SED aus der Partei und dem FDGB aus und geht nach Westberlin. Hans Brammer ist ab 1924 Mitglied im Holzarbeiter-Verband und engagiert bei der SPD. 1931 geht er mit vielen jün- geren SPD-Mitgliedern zur neugegründeten Sozialistischen Arbeiter-Partei (SAP). Vor den Reichsprä- sidentenwahlen im April 1932 warnen die Linksparteien: „Hitler heißt Krieg, Not, Hunger und Elend für das ganze deutsche Volk !“ - auch bei der Demonstration von SAP und KPD am 16. Juli 1932 in Pforzheim. Im Juni 1933 verteilen Brammer und andere SAP-Mitglieder die illegale Schrift „Fanal“ mit dem Titel „Durch Rüstung zum Krieg!“. 1934 steht auf Zetteln, die sie heimlich in Briefkästen stecken: „Hitler bedeutet Krieg!“ Die SAP hilft auch Verfolgten zur Flucht nach Frankreich mit Unterstützung des Pfarrers Honecker in Schwann. Im Mai 1938 wird er verhaftet, das OLG Stuttgart verurteilt ihn am 14. März 1939 zu 3 1/2 Jah- ren Gefängnis wegen “Vorbereitung zum Hochverrat”, die er in den Zuchthäusern Ludwigsburg und Brandenburg absitzen muss. Im Mai 1941 entlassen, wird er 1943 als “wehrunwürdig” zum Strafbataillon 999 eingezogen. 1947 wird er aus englischer Kriegsgefangenschaft in Ägypten entlassen. Er arbeitet bei der AOK, wird Mitglied der Gewerkschaft ÖTV (heute Verdi), ist Mitbegründer der Baugenossenschaft Huchenfeld und Gemeinderat in Huchenfeld. Reinhard Dathe tritt 1919 dem DMV (Deutscher Metallarbeiter-Verband) bei. In Pforzheim arbeitet er bei Lutz & Weiss. 1919 wird er zum Gewerkschaftssekretär gewählt und engagiert sich bei den Naturfreunden. Am 2. Mai 1933 besetzen 50 z.T. bewaffnete SA-Männer das Haus des DMV in der Emma-Jäger- Straße, Dathe und sein Kollege Pöhler können angesichts des Kräfteverhältnisses keinen Wider- stand leisten. Wie Pöhler und Rapp vom ADGB (Allgemeiner Deutscher Gewerkschafts-Bund) erhält Dathe am 31.7.1933 seine Entlassungspapiere. Nach 1945 ist Reinhard Dathe beim Aufbau der freien Gewerkschaften beteiligt. Josef Dörflinger ist ab 1924 in der SPD organisiert, 1928 wählen ihn seine Kollegen zum Betriebsrat. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und der Eisernen Front, einem Bündnis republikanischer Parteien und Organisationen zur Verteidigung der Demokratie: „Für die Brandfa- ckeln rechts sollen Wassereimer links bereitstehen“, so in der SPD-Zeitung „Freie Presse“. Nach dem Verbot der SPD im Juni 1933 arbeitet er in der illegalen SAP (Sozialistische Arbeiter- Partei) mit. Die Gestapo verhaftet ihn 1938, das OLG Stuttgart verurteilt ihn im Prozess gegen insgesamt zehn SAP-Mitglieder aus Pforzheim wegen “Vorbereitung zum Hochverrat“ zu zwei Jahren Gefängnis. Hedwig Fecht geborene Herrmann ist wie ihr Bruder Richard wahrscheinlich in Pforzheim geboren, seit 1925 ist sie mit Karl Fecht verheiratet, das Ehepaar hat keine Kinder. Ihr familiäres Umfeld ist linksrepublika- nisch geprägt durch Mitgliedschaften bei den Naturfreunden, im Radfahrverein „Solidarität“, bei SPD bzw. KPD und in der Gewerkschaft. Die Nazis stecken sie am 5.4.1934 für vier Monate in Untersuchungshaft, Vorwurf ist der Verdacht der illegalen Weiterführung der inzwischen verbotenen RGO (Revolutionäre Gewerk- schafts-Opposition, Gewerkschaft der KPD). Ihr Mann wird wegen illegaler Betätigung für die RGO zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. Karl Fecht arbeitet in Pforzheim als Schleifer bei den Firmen Fahrner und Seitter, 1909 wird er Mitglied des DMV (Deutscher Metallarbeiter-Verband), bis 1920 ist er bei der SPD, anschließend bei der KPD organisiert und mehrere Jahre KPD-Stadtverordneter. 1933/34 unterstützt er die inzwischen verbotene RGO (Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition, KPD-Gewerkschaft), wird verhaftet und 1935 zu 15 Monaten verurteilt, die er in den Gefängnis- sen in Karlsruhe und Mannheim absitzen muss. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. August 1944 ist er im Zuge der „Aktion Gitter“ ohne Anklage oder Urteil für über fünf Wochen im Konzentrationslager Dachau eingesperrt. Nach der Befreiung setzt ihn die US-Besatzungsbehörde als Bürgermeister in Niefern ein. Theodor Fink ist Mitglied der Gewerkschaftsjugend und des DMV (Deutscher Metallarbeiter-Verband), politisch ist er erst in der Jugendorganisation der SPD, ab 1932 in der Jugendorganisation der KPD organisiert. Gegen die faschistische Gefahr nimmt er an der Demonstration von SAP (Sozialistische Arbeiter-Partei) und KPD am 16.Juli 1932 in Pforzheim teil. Da er an Treffen von Hitler-Gegnern teilnimmt, sperren ihn die Nazis im März 1933 in „Schutz- haft“. 1934 sitzt er bis zum Prozess am 30.10.1934 für sechs Monate in Einzelhaft. Nach 20 Monaten im Gefängnis Mannheim steht er weiter unter Polizeiaufsicht. Otto Göckler ist Glasermeister und Mitglied im Holzarbeiter-Verband (heute Gewerkschaft Holz und Kunststoff) und in der KPD. Ab 1. Mai 1933 ist er bis Mai 1935
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