Universalmuseum Joanneum Presse Universalmuseum Joanneum [email protected] Mariahilferstraße 4, 8020 Graz, Austria Telefon +43-316/8017-9211 www.museum-joanneum.at Bertl & Adele Zwei Grazer Kinder im Holocaust Museum für Geschichte, Sackstraße 16, 8010 Graz Eröffnung: 25. Jänner, 19 Uhr Laufzeit: 26.01.2018–27.12.2020 Eine Ausstellung von Ruth Kaufmann, Luka Girardi und Thomas Szammer Gestaltung: Uwe Kohlhammer Information: +43-316/8017-9810, www.museumfürgeschichte.at Ab 26. Jänner zeigt die Ausstellung Bertl & Adele im Grazer Museum für Geschichte den Holocaust am Beispiel zweier Grazer Kinder: Bertl, den seine Flucht durch drei Kontinente führte und der überlebte, sowie Adele, die mit ihrer Familie zuerst nach Frankreich flüchten konnte, schließlich aber doch in Auschwitz ermordet wurde. Die Ausstellung widmet sich dem jüdischen Leben in der Steiermark damals und heute und zeichnet kulissenhaft die tragische Geschichte der beiden Grazer Kinder nach. Darüber hinaus werden erstmals persönliche Objekte von Adele Kurzweil gezeigt, die 1990 vom französischen Historiker Pascal Caïla gefunden wurden. Bertl & Adele. Zwei Grazer Kinder im Holocaust ist eine Übernahme vom „HAUS DER NAMEN. Holocaust- und Toleranzzentrum Österreich“ und das erste längerfristige Ausstellungsangebot des Universalmuseums Joanneum zum Thema Nationalsozialismus. Die Jahre der NS-Herrschaft bedeuteten auch in der Steiermark Terror, Verfolgung und die Ermordung Tausender Menschen. Die Ausstellung Bertl & Adele. Zwei Grazer Kinder im Holocaust führt vor Augen, welche Folgen fehlende Toleranz haben kann – und versteht sich gleichzeitig als Mahnmal sowie Appell an das gegenseitige Verstehen, Brückenbauen und Aufeinander-Zugehen. Die Ausstellung Inhaltlich ist die Schau in drei Teile gegliedert, die einander bedingen: Der erste Teil, für den Luka Girardi (Vizepräsident „HAUS DER NAMEN. Holocaust- und Toleranzzentrum Österreich“) verantwortlich ist, zeigt eine kurze Darstellung der Jüdinnen und Juden in der Steiermark im Mittelalter sowie das jüdische Leben in der Steiermark vom Ende des 18. Jahrhunderts bis 1938. Im Zentrum stehen dabei die zwei Grazer Rabbiner dieser Zeit: Samuel Mühsam (1837–1907) und David Herzog (1869-1946). Während die Zeit von Rabbiner Mühsam von Aufschwung, Selbstsicherheit und Hoffnung geprägt war, erlebte Rabbiner Herzog hingegen den erstarkenden Antisemitismus und die Tragödie des Holocaust. Der zweite Teil der Ausstellung wurde von Ruth Kaufmann, die dem „HAUS DER NAMEN. Holocaust- und Toleranzzentrum Österreich“ als Präsidentin vorsteht, konzipiert und widmet sich der Geschichte der zwei Grazer Kinder Adele Kurzweil und Bertl Kaufmann. Bertl, den seine Emigration durch drei Kontinente führte, überlebte. Adeles Traum, in Amerika Modezeichnerin zu werden, sollte sich nicht erfüllen. Sie wurde in Auschwitz ermordet. Die Ausstellung folgt dem Seite 2 Leben der beiden Grazer Kinder, wobei erstmals persönliche Objekte von Adele Kurzweil gezeigt werden, die der französische Historiker Pascal Caïla im Jahr 1990 in Auvillar, dem letzten Wohnort der Familie Kurzweil vor der Deportation, gefunden hat: ein mit Objekten gefüllter Koffer der Familie, Geburtsschein und Reisepass von Adele Kurzweil, ein Malkasten und zwei Zeichnungen Adeles sowie ihr Stammbuch aus der Zeit von 1937 bis 1940. Im dritten Teil spannt der Kulturanthropologe Thomas Szammer den Bogen vom Weiterleben nach dem Holocaust bis ins Heute. Vorurteilen, Antisemitismus und Rassismus wird hier ein moderner, weltoffener Kulturbegriff entgegengesetzt. So endet Bertl & Adele mit einem wichtigen Bildungsauftrag für Kinder und Erwachsene: Erziehung zu Empathie und Toleranz. Erinnerung an die Schrecken von damals Das „HAUS DER NAMEN. Holocaust- und Toleranzzentrum Österreich“ hat sich zur Aufgabe gemacht, mit didaktischen Mitteln, entsprechendem Design und einem personalisierten Zugang in der Ausstellung pädagogisch wertvolle Aufarbeitung zu leisten. Während des Holocausts wurden sechs Millionen jüdische Kinder, Frauen und Männer ermordet, um das jüdische Leben und die Erinnerung daran auszulöschen. Mit der Ausstellung Bertl & Adele soll zum einen der zahlreichen Opfer der Schoah gedacht werden. Zum anderen wird über die Gräueltaten der Nationalsozialisten aufgeklärt, werden historische Fakten vermittelt. Nicht zuletzt soll die Schau auch dazu beitragen, Vorurteile abzubauen – und zu Toleranz, gegen Antisemitismus und Rassismus aufrufen. Die Erinnerung an die Schrecken von damals kann uns heute mahnend vor Augen führen, welche Folgen eine ausgrenzende Ideologie haben kann. Adele Kurzweil Adele Kurzweil wurde am 31. Jänner 1925 als Tochter von Gisela und Bruno Kurzweil in Graz geboren. Nach dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland flüchtete die österreichisch- jüdische Familie Kurzweil 1938 über die Schweiz nach Paris. Der Rechtsanwalt Bruno Kurzweil wurde nach Kriegsbeginn als „feindlicher Ausländer“ vorübergehend in einem Lager interniert, während Gisela Kurzweil zunächst in Paris verblieb und die Tochter Adele in ein Kinderheim in Montmorency gebracht wurde. Nach der Freilassung des Vaters und dem Vormarsch der deutschen Truppen in Richtung Paris im Juni 1940 flüchtete die Familie nach Montauban, von wo aus sie versuchte, nach Übersee zu gelangen. Vom nordöstlich von Paris gelegenen Sammel- und Durchgangslager Drancy wurden ca. 65.000 hauptsächlich französische Jüdinnen und Juden mit der Eisenbahn nach Auschwitz und in andere Vernichtungslager deportiert. Die Familie Kurzweil wurde am 2. September 1942 in Drancy interniert, am 9. September nach Auschwitz transportiert und vermutlich sofort nach der Ankunft ermordet. Der letzte Wohnort der Familie Kurzweil in Frankreich war der Ort Auvillar. Nach ihrer Deportation wurde dort der Besitz der Familie in einem Magazin im Gemeindeamt eingelagert. Gut 50 Jahre später, im Jahr 1990, entdeckte der damalige Geschichtestudent Pascal Caïla die Koffer und Gegenstände, er inventarisierte und filmte sie. Hanna Papanek, Professorin für Anthropologie an der Harvard-Universität, wurde im Zuge eigener Recherchen zum Exil österreichischer und deutscher Regimegegner auf die Bestände aufmerksam. Sie bemühte sich um einen Schüleraustausch zwischen Graz und Montauban, der Anfang der 2000er-Jahre unter Beteiligung Grazer Zeithistoriker stattfand und das Wissen und die Erinnerung an Adele Kurzweil zurück nach Graz brachte. Seite 3 Bertl Kaufmann Als Sohn jüdischer Eltern wurde Bertl (Berthold) Kaufmann am 27. November 1924 in Graz geboren, wo er später das Pestalozzigymnasium besuchte. Vater Hugo Kaufmann kämpfte im Ersten Weltkrieg. Er wurde hoch dekoriert, am 9. November 1938 wurde er inhaftiert und nach Dachau deportiert. 1939 immigrierte Berthold Kaufmann mit Vater, Mutter, Schwester und Großmutter väterlicherseits nach Zypern, 1941 weiter nach Israel. Da die Einwanderung nicht mehr möglich war, blieb die Familie weiterhin auf der Flucht und immigrierte 1941 nach Ostafrika (heutiges Tansania). 1943 trat Bertl Kaufmann freiwillig der englischen Armee in Nairobi bei. Nach seiner Zeit als Sergeant kehrte er 1949 nach Graz zurück. Hier übte er den Beruf des Kaufmanns aus und lebte zusammen mit seiner Frau Rebecca und den beiden Kindern Ruth und Albert. Bertl Kaufmann starb am 7. Februar 2016 und wurde am jüdischen Friedhof in Graz begraben. Außer der engsten Familie – Vater, Mutter und Schwester – wurde die gesamte Großfamilie im Holocaust ermordet..
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