Deutschsprachige Gegenwartsliteratur Band 1 Herausgegeben von Carsten Gansel und Hermann Korte V&R unipress Rhetorik der Erinnerung – Literatur und Gedächtnis in den ›geschlossenen Gesellschaften‹ des Real-Sozialismus zwischen 1945 und 1989 V&R unipress Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 10: 3-89971-348-6 ISBN 13: 978-3-89971-348-0 © 2009, V&R unipress in Göttingen / www.vr-unipress.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Germany. Titelbild: Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Inhalt Inhalt CARSTEN GANSE L Rhetorik der Erinnerung – Zu Literatur und Gedächtnis in den ›geschlossenen Gesellschaften‹ des Real-Sozialismus zwischen 1945 und 1989 ........................... 9 I VOM ERINNERN UND VERGESSEN in DER Literatur IN DER DDR CARSTEN GANSE L Die »Grenzen des Sagbaren überschreiten« – Zu ›Formen der Erinnerung‹ in der Literatur in der DDR ............... 19 HEINRI ch KAULE N Bertolt Brechts Erziehung der Hirse und die kollektive Erinnerungspolitik in der DDR ...................... 39 JENS PRIWITZE R Die Gegenwart der Geschichte – Zur Erinnerung an NS-Vergangenheit, Generationenerfahrung und ästhetische Innovationen bei Franz Fühmann, Christa Wolf und Günter Kunert . 53 SWANT J E RE H FEL D Zwischen Erinnern und Vergessen – Franz Fühmanns Rezeption E. T. A. Hoffmanns als Rückeroberung eines mythischen Schreibantriebs . 83 MATT H IAS BRAU N Akten des Machtapparates als Quelle einer Gegenerinnerung – Das Engagement des Dichters Franz Fühmann für eine Anthologie junger Schriftsteller . 95 Ma ł g o r z a t a Du b r o w s KA ›Ungemeinsame Geschichte – erinnern und weiterleben‹ – Zu Günter Kunerts Gedächtnisorten ..................................... 117 5 Inhalt ar l e t t a sz M o r h u N Real-Sozialismus im Alltag. Zu Reiner Kunzes dokumentarischen Prosaskizzen Die wunderbaren Jahre ................................................... 127 ro M a n lu c k s c h e i t e R Erinnerungen an die Zukunft – Fritz Rudolf Fries’ Roman Die Verlegung des mittleren Reiches . 141 MI ch AEL BRAU N Das Gedächtnis des »Chronisten« – Christoph Heins Erzählungen von Erinnerung und Religion .......... 151 II SCHLAGLICHTER – Erinnerungsarbeit in der POlnischen, ungarischen UND RUMÄNISCHEN Literatur hu b e r t or ł o w s k I Erinnerungsarbeit. Als Akteur und Zeitzeuge im realen und imaginierten literarischen (Vermittlungs-)Feld VR Polen – DDR/BRD . 167 SAS ch A FEU ch ERT Verweigerte Erinnerung, dekretierte Archivierung: Die Chronik des Gettos Lodz/Litzmannstadt und ihre (polnische) Überlieferungsgeschichte . 183 WERNER NEL L Offene Räume – geschlossene Gesellschaften: Topografien, Landschaften und Karten in autobiografischen Texten von Cesław Miłosz, Rudolf Borchardt und Józef Wittlin . 193 PAWEL ZI M NIA K Auf der Suche nach einer »verlorenen« Provinz. Lyrische Erinnerungsarbeit deutscher Autoren schlesischer Herkunft .................................................... 219 6 Inhalt ce z a r y li p i ń s k I (Meta-)Textsorte Vorwort. Witold Gombrowiczs Metakritik des polnischen Nationalgedächtnisses in seinen Vorworten zu (polnischen) Trans-Atlantik-Ausgaben ................................................ 229 Mo n i k a he r n i K Mł o D z i a n o w s k a Zur Inszenierung von Gegen-Erinnerungen in Stanisław Barejas Film Miś (Der Bär) ............................... 259 an D r á s F. ba l o g H Literarische Öffentlichkeit und abgesperrte Strukturen. Über die Modalitäten der Erinnerung und Gedächtnisbildung in Südosteuropa . 275 LAURA LAZ A Unter dem Deckmantel der »zweiten, durchgesehenen Auflage«. Literarische Zensur im Rumänien der 1960er Jahre: Betrachtungen zu Georg Schergs Roman Da keiner Herr und keiner Knecht ....................................... 287 RÉ K A SÁNTA -JA K A bh ÁZ I Jenseits der Zensur. Die frühen Gedichte von Franz Hodjak . 303 III VOM STREIT UM DIE ERINNERUNG NACH 1989 STEFAN NEU H AU S »Kritik einer abstoßenden Welt«? Probleme des literarischen und des literaturkritischen Diskurses über die DDR in den 1990er-Jahren . 317 lo t h a r bl u h M Grenzüberschreitungen – Liminalität, Literatur und öffentlicher Diskurs am Beispiel der publizistischen Auseinandersetzungen um Christa Wolfs Was bleibt . 333 7 Inhalt Ma r k u s Jo c H Jurek Beckers Amanda herzlos im Literarischen Quartett (1992) . 343 ELISA B ET H HERR M AN N Individuelle Erinnerung als kollektive Identitätsstiftung nach dem Ende des Real-Sozialismus in Daniela Dahns Westwärts und nicht vergessen und Jana Hensels Zonenkindern ......................................... 369 IV GEGENERINNERUNGEN – EIN Werkstattbericht go t t F r i e D Me i n h o l D Erfahrung mit dem Katastrophalen – Nachdenken über Rekonstruktion und (Re-)Animation im Erinnern . 389 V ERINNERUNGEN AN EINSCHNITTE IN DER DDR in DEN 1950ER JAHREN – ZEITZEUGENGESPRÄCHE CARSTEN GANSEL Hoffnungen auf einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz – Gespräch mit Gustav Just ................................................ 425 CARSTEN GANSEL Erinnerungen an das Formalismusplenum in der DDR 1951 – Gespräch mit Hans Lauter . 433 8 Carsten Gansel Rhetorik der Erinnerung – Zu Literatur und Gedächtnis in den ›geschlossenen Gesellschaften‹ des Real-Sozialismus zwischen 1945 und 1989 Obwohl nach der Wende des Jahres 1989 und dem Vergehen des Real-Sozia lis- mus in den vergangenen fast zwei Jahrzehnten ein permanenter Streit, mitun- ter auch ein »Krieg« um die Erinnerung stattgefunden hat, sind Fragen zum Ge dächtnis der Literatur in der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR – wie auch den anderen Ländern des so genannten Real-Sozialismus – nur vereinzelt Gegenstand von Untersuchungen gewesen. Aus diesem Grund wurde auf einer Tagung im Mai 2006 an der Universität Gießen der Frage nachgegangen, auf welche Weise das Gedächtnis der Literatur insbeson de re in der DDR funktioniert hat. Die Tagung fand in Verbindung mit dem P.E.N.- Zentrum Deutschland statt und wurde durch den DAAD sowie den Sonder- forschungsbereich 423 »Erinnerungskulturen« der Universität Gießen unter- stützt. Die Beiträge der Tagung – sie erschienen als Band 29 in der Reihe »Formen der Erinnerung« des Gießener Sonderforschungsbereichs – bezogen sich auf vier Schwerpunkte.1 In einem ersten Komplex wurde unter Bezug auf literarische Texte die Spezifik des kollektiven Gedächtnisses in der DDR umrissen. In Verbindung damit ging es auch darum, den Zusammenhang von Kanonisierung und kollektivem Gedächtnis einsehbar zu machen. Ausgehend davon wurde zweitens in diachroner Perspektive versucht, solche »Einschnitte« in der DDR herauszuarbeiten, die sich in besonderer Weise in das kollektive Ge dächtnis eingebrannt haben und damit zum Gegenstand von Literatur wur- den. Schließlich fanden sich in einem dritten Komplex Beiträge, die belegen, dass und wa rum sich nach 1989 spezifische Erinnerungsgemeinschaften in Konkurrenz be fin den. Schließlich spielte viertens die Frage eine Rolle, wie ausgewählte In sti tutionen und Einrichtungen nach 1989 die DDR-Gesellschaft erinnern. Auch die Beiträge dieses Bandes – die meisten von ihnen wurden auf einer II. Tagung an der Universität Gießen im Juni 2007 diskutiert – zielen darauf, Besonderheiten der Ausprägung des kollektiven Gedächtnisses in totalitären 1 Siehe: Gansel, Carsten (Hrsg.): Gedächtnis und Literatur in den ›geschlossenen Ge- sellschaften‹ des Real-Sozialismus zwischen 1945 und 1989. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2007 (Formen der Erinnerung; Bd. 29). 9 Carsten Gansel bzw. autoritären politischen Systemen auf den Grund zu gehen. In den Auf- sätzen wird erneut offenbar, wie über das Zusammenspiel von narrativen, ikonischen und rituellen Formen das kollektive Gedächtnis in den sich als »Diktatur des Proletariats« verstehenden Gesellschaften geformt wurde. Um die Besonderheiten des Gedächtnisses der Literatur in den real-sozialistischen Staaten differenziert herauszustellen, hat es sich als produktiv erwiesen, in Literatur als ›Symbolsystem‹ sowie Literatur als ›Handlungs- bzw. Sozial sys- tem‹ zu unterscheiden. Das Gedächtnis des ›Symbolsystems‹ ist in den literari- schen Texten selbst manifestiert. Ob und in welcher Weise aber literarische Texte überhaupt die Chance haben, Eingang in das kollektive Gedächtnis zu finden, hängt maßgeblich von der Struktur des ›Handlungssystems Literatur‹ ab. Denn letztendlich sind es die Handlungsrollen von Produktion, Distribution, Rezep- tion wie Verarbeitung und die entsprechenden Institutionen, die entscheidend für die Ausformung des kollektiven Gedächtnisses in den Ländern des Real- Sozialismus waren (u. a. Verlage, Literaturkritik, Parteiapparat, Ministerium für Kultur, Geheimdienst, Schule). Die Beiträge gehen verstärkt von der in der kulturwissenschaftlichen For- schung formulierten Position aus, dass Literatur erstens ein Medium ist, über das in Form von narrativen Inszenierungen individuelle und generationen- spezi fi sche Erinnerungen für das kollektive
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