Joachim Ritter Und Die Ritter-Schule Zur Einführung / Mark Schweda

Joachim Ritter Und Die Ritter-Schule Zur Einführung / Mark Schweda

B KULTURWISSENSCHAFTEN BA PHILOSOPHIE; WELTANSCHAUUNG Personale Informationsmittel Joachim RITTER; Ritter-Schule EINFÜHRUNG 15-4 Joachim Ritter und die Ritter-Schule zur Einführung / Mark Schweda. - Hamburg : Junius, 2015. - 221 S. ; 17 cm. - (Zur Einfüh- rung). - ISBN 978-3-88506-708-5 : EUR 14.90 [#4404] Nachdem Mark Schweda, der Verfasser des vorliegenden Buches, zunächst eine substantielle Dissertation über den Philosophen Joachim Ritter vorge- legt hat, präsentiert er nun auf engerem Raum eine Einführung, die zweifel- los mehr zur Popularisierung des Ritterschen Denkansatzes beitragen kann als das vorherige Buch. 1 Insofern ist es sehr erfreulich, daß sich Mark Schweda der Mühe unterzogen hat, Joachim Ritter und wichtige Vertreter seiner Schule im Rahmen der Art von Einführungen vorzustellen, wie sie seit Jahren in bewährter Form im Junius-Verlag erscheinen. Für das näch- ste Jahr ist weiterhin die Publikation einer Tagung von 2014 über Ritter zu erwarten, die in Marbach stattfand und über die historische Rekonstruktion hinaus die Aktualität Ritterschen Philosophierens in den Blick nehmen soll.2 In dem vorliegenden Band ist der Abschnitt über Ritter selbst im Vergleich zur Dissertation Schwedas mit 60 Seiten recht knapp gehalten, so daß er in diesem Buch hier auch ausführlicher auf eine breiteres Spektrum von Ritter- Schülern eingehen kann als in seiner Studie Entzweiung und Kompensa- tion , wo er sich neben der gründlichen Darstellung des Denkens von Ritter darauf konzentrierte, Odo Marquard, Hermann Lübbe und Robert Spae- 1 Entzweiung und Kompensation : Joachim Ritters philosophische Theorie der modernen Welt / Mark Schweda. - Orig.- Ausg.- Freiburg im Breisgau [u.a.] : Alber, 2013. - 495 S. ; 22 cm. - (Symposion ; 135). - Zugl. geringfügig überarb. Fassung. von: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 2011. - ISBN 978-3-495-48614-6 : EUR 49.00 [#3481]. - Rez.: IFB 14-3 http://ifb.bsz-bw.de/bsz383474620rez-1.pdf - Schweda war auch an der Herausgabe des folgenden relevanten Bandes beteiligt: Vorle- sungen zur philosophischen Ästhetik / Joachim Ritter. Hrsg. von Ulrich von Bü- low und Mark Schweda. - Göttingen : Wallstein-Verlag, 2010. - 203 S. ; 23 cm. - (Marbacher Schriften ; N.F. 6). - ISBN 978-3-8353-0744-5 : EUR 19.90 [#1524]. - Rez.: IFB 10-4 http://ifb.bsz-bw.de/bsz329485482rez-1.pdf - In diesem Band ist auch ein aufschlußreiches Interview mit Robert Spaemann enthalten. 2 Entzweite Modern e : zur Aktualität Joachim Ritters und seiner Schüler / hrsg. von Ulrich von Bülow und Mark Schweda. - Göttingen : Wallstein-Verlag, 2016. mann 3 näher vorzustellen. Immerhin 18 Mitglieder von Ritters Collegium Philosophicum gelangten schließlich auf Professuren, was eine sehr beacht- liche Zahl ist. Im vorliegenden Band nun erweitert Schweda den Blick auch auf Günter Rohrmoser und Bernard Willms, die als Repräsentanten der Ritter'schen Rechten gelten, auf eine Ritter'sche Linke, die durch Jürgen Seifert und Hans Jürgen Sandkühler repräsentiert wird. Eine Ritter'sche Mitte schließ- lich wird mit Lübbe, Marquard 4 und Spaemann sowie schließlich auch mit Böckenförde und Kriele verbunden. Wie wenig stichhaltig eine solche Sor- tierung von philosophischen Schülern nach oberflächlichen politischen Ka- tegorien wie rechts-links-Mitte ist, muß nicht eigens betont werden. Es ist aber auch daran zu erinnern, daß etwa Hermann Lübbe von sogenannten Antifaschisten nicht zuletzt wegen seines Engagements für den Bund Frei- heit der Wissenschaft selbst öfters als Rechtsradikaler denunziert wurde.5 Manche Schüler Ritters entwickelten einen deutlich entschiedeneren Zugriff zum Politischen als Ritter selbst. Was etwa den konservativen Hegelianer Rohrmoser (1927 - 2008) betrifft, so intervenierte dieser bereits in den 1970er Jahren vielfach in den Diskussionen um den Marxismus und die Kri- tische Theorie und betätigte sich später als wortmächtiger Diagnostiker der Krise der Bundesrepublik Deutschland. Allerdings hat sich Rohrmoser selbst nicht als „rechts“, sondern als konservativ betrachtet, wohl weil er selbst als protestantischer Christ damit seine Differenz zu einer nicht-christlichen Rechten markieren wollte. Rohrmoser war auch insofern ein Außenseiter, als er nicht an einer der bekannten Universitäten einen Lehrstuhl bekam, sondern nur mit Hilfe Hans Filbingers in dem bei Stuttgart gelegenen Ho- henheim, wo er jedoch bis zuletzt gut besuchte Vorträge hielt (S. 83, 91). Ob man Bernard Willms (1931 - 1991) in erster Linie als Rechten betrachten kann, ist auch trotz einschlägigen Engagements etwas fraglich, denn er war eher ein entschieden nationaler Denker, der eine Form des Nationalismus als Selbstbehauptung (zwischen den Blöcken des Kalten Krieges) vertrat und der linke und recht Elemente integrierte. Das mußte er auch tun, weil 3 Zu Spaemann siehe auch Über Gott und die Welt : eine Autobiographie in Ge- sprächen / Robert Spaemann. - Stuttgart : Klett-Cotta, 2012. - 350 S. ; 21 cm. - ISBN 978-3-608-94737-3 : EUR 24.95 [#2635]. - Rez.: IFB 12-2 http://ifb.bsz- bw.de/bsz357435605rez-1.pdf 4 Siehe zuletzt Zukunft braucht Herkunft : philosophische Essays / Odo Mar- quard. Mit einem Nachw. von Franz Josef Wetz. - Stuttgart : Reclam, 2015. - 343 S. ; 16 cm. - ISBN 978-3-15-011006-5 : EUR 19.95. 5 Zu Lübbe siehe auch Hermann Lübbe : pragmatische Vernunft nach der Aufklä- rung / Hanns-Gregor Nissing (Hrsg.). - Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesell- schaft, [Abt. Verlag]. - 176 S. ; 23 cm. - S. 145 - 174 Bibliographie Hermann Lübbe 1951 - 2009. - ISBN 978-3-534-22167-7 : EUR 39.90, EUR 24.90 (für Mitgl.) [#0900]. - Rez.: IFB 09-1/2 http://ifb.bsz-bw.de/bsz308901819rez-1.pdf . - Vgl. auch Protest der Professoren : der "Bund Freiheit der Wissenschaft" in den 1970er Jahren / Nikolai Wehrs. - Göttingen : Wallstein-Verlag, 2014. - 539 S. : Ill. ; 23 cm. - (Geschichte der Gegenwart ; 9). - Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 2012. - ISBN 978-3-8353-1400-9 : EUR 44.00 [#3605]. - Rez.: IFB 14-4 http://ifb.bsz-bw.de/bsz404875564rez-1.pdf ihm diese Differenzen nachrangig erschienen angesichts der damaligen Aufgabe einer Überwindung der Teilung Deutschlands. Für Willms war die Nation unabhängig von dieser konkreten Lage in den 1980er Jahren sicher- lich eine überwertige Idee, worin auch eine idealistische Grundstruktur sei- nes Denkens liegt.6 Schweda sieht in Willms' entschieden nationaler Positi- on etwas Beunruhigendes, auch wenn er durchaus versucht, Willms im Lichte der Wiedervereinigung Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Insge- samt nimmt er ihn als Teil eines „beunruhigenden“ Erbes der Ritter-Schule wahr, was aber – unabhängig von spezifischen politischen Stellungnahmen – vielleicht gar nicht so schlecht ist. Denn ein beunruhigendes Denken ist heute nötiger denn je, da es genügend beruhigende und besänftigende Denker gibt, die vor den wirklich wichtigen Fragen ausweichen – einschließ- lich der Frage nach den Möglichkeiten der staatlichen Selbstbehauptung und der Rolle des Staates im 21. Jahrhundert überhaupt.7 Willms hat dies natürlich sehr klar gesehen, weshalb er sich auch immer entschieden gegen die Vermischung von Philosophie mit Erbaulichkeit wandte. Das zeigt auch sein jüngst aus dem Nachlaß publizierter Text Heidegger und der Antifa- schismus , der die Bedingung der „Beunruhigung“ zweifellos erfüllt.8 Im üb- rigen wird man berücksichtigen müssen, daß die „beunruhigenden“ Elemen- te von Willms Denken wohl weniger von Ritter als von Carl Schmitt und Tho- mas Hobbes herrühren, mit denen sich Willms intensiv auseinandersetzte (S. 97). 9 Neben der „rechten“ Ritter-Schülerschaft, der Schweda das Etikett der „Ver- söhnung durch Religion und Nation“ verpaßt, gab es auch eine „linke“ Rit- ter-Schülerschaft, die hier unter dem analogen Etikett der „Versöhnung durch Emanzipation“ figuriert. Als deren Repräsentanten gelten hier der eher sozialdemokratisch und dann neulinks engagierte Jürgen Seifert sowie der ehemalige Marquard-Assistent Hans Jörg Sandkühler, der offensichtlich ein Parteigänger des orthodoxen DDR-Kommunismus war, sich aber paral- lel zum Verschwinden der DDR vom Marxismus löste und dann der Philo- sophie Cassirers zuwandte, schließlich sich zum Philosophen der Men- schenrechte mauserte (S. 113 - 114). Sandkühler ging ursprünglich von 6 Vgl. auch Die Kategorie öffentlicher Güter als Grundlage von Staatstheorie und Staatswissenschaft / von Hartmuth Becker. - Berlin : Duncker und Humblot 2002. - 224 S. ; 24 cm. - (Volkswirtschaftliche Schriften ; 523). - Zugl.: Potsdam, Univ., Diss., 2001. - ISBN 3-428-10768-3 : EUR 76.00, S. 87. 7 Siehe zu diesem Komplex auch Den Staat denken : der Leviathan im Zeichen der Krise / Rüdiger Voigt. - 2. Aufl. - Baden-Baden : Nomos-Verlagsgesellschaft, 2009. - 368 S. ; 23 cm. - (Staatsverständnisse ; 12). - ISBN 978-3-8329-3909-0 : EUR 44.00 [#0277]. - Rez.: IFB 10-1 http://ifb.bsz-bw.de/bsz303091665rez-1.pdf 8 Heidegger und der Antifaschismus / Bernard Willms. Hrsg. von Till Kinzel. - Wien : Karolinger, 2015. - ISBN 978-3-8541-8165-1 : EUR 19.90. 9 Siehe auch die Willms gewidmete folgende Arbeit: Der Beutewert des Staates : Carl Schmitt und der Pluralismus / Thor v. Waldstein. - Graz : Ares-Verlag, 2008. - 215 S. ; 24 cm. - Zugl.: Bochum, Univ., Diss., 1989 u.d.T.: Waldstein, Thor von: Die Pluralismuskritik in der Staatslehre von Carl Schmitt. - ISBN 978-3-902475-33- 6 : EUR 19.90 [#0086]. - Rez. in IFB 09-1/2 http://swbplus.bsz- bw.de/bsz277818435rez1.htm Schelling aus, ging dann aber zu marxistischen Fragestellungen im engeren Sinne über, die etwa die Frage nach der Rolle des handelnden Individuums im Marxismus

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