Zur Situation Der Medien in Rumänien

Zur Situation Der Medien in Rumänien

43 ZUR SITUATION DER MEDIEN IN RUMÄNIEN Christiana Christova / Dirk Förger Dr. Christiana Chris- tova ist Assistentin EINLEITUNG des Medienpro - gramms Südost- europa der Konrad- Freie und unabhängige Medien stehen in einem wechselseiti - Adenauer-Stiftung gen Bedingungsverhältnis mit der Demokratisierung postdik - in Sofia/Bulgarien. tatorischer Staaten. Sie sind geradezu die „Würze der Demo - kratie” 1. Dabei müssen einerseits institutionell-formelle Vor - aussetzungen vorliegen, andererseits muss sich der journa- listische Beruf als „selbstregulierter Gestaltungsfreiraum” 2 auch als Anwalt der bürgerlichen Gesellschaft verstehen. In unserer Reihe über die Mediensituation in Südosteuropa bie - tet der folgende Artikel eine Übersicht über die Bedinungen in Rumänien. Dabei werden die wichtigsten formellen Voraus - Dr. Dirk Förger ist setzungen des Journalismus, die Besitzverhältnisse sowie Journalist und Lei - ethische Aspekte betrachtet. ter des Medienpro - gramms Südost- europa der Konrad- Sowohl westliche als auch rumänische Institutionen sind sich Adenauer-Stiftung einig, dass noch vieles als kritikwürdig empfunden werden mit Sitz in Sofia/ muss. Denn obwohl Rumänien 1991 eine demokratische Ver - Bulgarien. fassung eingeführt hat, wirkt die kommunistische Vergan - genheit nach. So heißt es in einer Analyse postkommunisti- scher Staaten: „Despite the countries’ different levels of de - velopment, population, GDP, incomes, etc., what they have in common is a tradition of undemocratic government left over from the communist era, which brings elements of secrecy, 1 | Staudacher, Wilhelm: „Preface ”, in: Media and Democracy. The KAF Democracy Report 2005 , Bonn 2005, S. 7 –9, hier S. 7. 2 | Schlindwein, Simone: „Zwischen Propaganda und Kommerz: Medien(un)freiheit in Südost-, Mittelost- und Osteuropa ”, 2007, S. 13. 44 Von einer konsolidier - unaccountability, and intolerance to public debates, limiting ten Medienlandschaft pluralism and criticism. This makes the newly-established ist Rumänien noch ent - democracies vulnerable to undue prosecution of free speech, fernt. Gewiss, die Pres - sefreiheit hat sich nach especially in the media field. Hence, the related laws and 2004 verbessert und practices take on an even greater importance than in West - die Verfassung spricht ern democracies.” 3 von Gewissens-, Mei - nungs- und Religions - Dass heißt: Trotz einer Verbesserung der Pressefreiheit nach freiheit, verbietet Zen - sur und sichert das den Wahlen von 2004 ist die Medienlandschaft in Rumänien Recht auf Information. noch lange nicht konsolidiert. Die Nichtregierungsorganisa- Doch hört „freie Mei - tion Freedom House attestiert der rumänischen Medienland - nungsäußerung” da schaft einen „teilweise freien Status”, 4 was sich auch durch auf, wo „die Ehre” an - den EU-Beitritt zum 1.1.2007 nicht verändert hat. Immerhin derer und die „nationa - 5 le Sicherheit” betroffen sind die Medien nicht nur der dynamischste Beruf im Land, sind. Die Medienland - sondern werden von den Menschen als vertrauenswürdigste schaft des Landes Informationsquelle nach der Armee und der Kirche betrach - selbst ist vielfältig: tet. 6 Lokal und regional gibt es ein breites Angebot an Tages- und Wo - GESETZLICHE LAGE chenzeitungen. Im TV- Bereich sind die Priva - Medienfreiheit steht in einem Spannungsverhältnis zwischen ten im Kommen. Der dem Recht auf Information und Freiheit der Meinungsäuße - öffentlich-rechtliche Hörfunk hat zahlreiche rung einerseits sowie dem Recht auf Schutz der persönlichen Kanäle sowie interna - Integrität andererseits. So enthält Artikel 29 der rumänischen tionale, lokale und re - Verfassung Bestimmungen über die Gewissens-, Meinungs- gionale Sender. Noch sowie die religiöse Glaubensfreiheit. Artikel 30 bestimmt die kaum verbreitet ist das Freiheit der Meinungsäußerung und verbietet jede Zensur, Internet. Bei den Be - sitzverhältnissen sind während Artikel 31 das Recht auf Information enthält und die Korruption und „oligo - öffentlichen Institutionen verpflichtet, jede gesellschaftlich polistische” Markt - relevante Information herauszugeben. 2001 folgte ein Ge - strukturen kennzeich - setz, das noch einmal Bestimmungen über den Zugang zu nend. Die Werbung für öffentlicher Information ausführt. 7 Staatsfirmen und die Subventionierung vie - ler Medien schaffen wirtschaftlich-politi - 3 | Kashumov, Alexander: Summary of the Country Reports and schen Druck, setzen Discussion of Defamation, in: Freedom of Speech in South East journalistischer Unab - Europe: Media Independence and Self-Regulation , Sofia 2007, hängigkeit Grenzen. S. 8–18 , hier S. 9. Soll Medienfreiheit in 4 | www.freedomhouse.org Rumänien Wurzeln fin - 5 | Ulmanu, Alex: „Impressive Media Offer, Particularly in Broadcast den, wäre eine Reform and Written Media Field ”, in: South East European Media Journal 16.04.2002, URL: http://www.mediaonline.ba/en/?ID=206 (17.06. der institutionellen 08), S. 1. Voraussetzungen eben - 6 | Avad ani, Ioana: „Romania ”, in: Media Self-Regulation Practices so vonnöten wie eine and Decriminalization of Defamation in the Countries of Southeast Rückbesinnung auf Europe , Sofia 2006, S. 160–178, hier S. 160. ethische Standards. 7 | European Journalism Centre: Media Landscape – Romania, URL: www.ejc.net 45 Gleichzeitig bestimmt Artikel 30 aber auch, dass die freie Meinungsäußerung weder die Ehre und Würde noch das Pri - vatleben anderer schädigen darf: Darüber hinaus verbietet es die Beleidigung des Landes und der Nation. Artikel 31 zufol - ge findet die Meinungs- und Medienfreiheit ihre Grenze in Be - langen, die die nationale Sicherheit betreffen. Letzteres wird als mögliche Gefahr für den Journalismus angesehen, da die Gratwanderung zwischen nationaler Sicherheit und dem Recht auf Informationsfreiheit manchmal sehr schwierig ist. 8 Inzwischen wurden positive Entwicklungen sogar wieder zu - rückgenommen: So waren 2006 Verleumdung, üble Nach- rede und Beleidigung der Nation entkriminalisiert worden, was als großer Erfolg für die Medienfreiheit gefeiert wurde. Im Handbuch über journalistische Selbstregulierung in Süd- osteuropa hieß es damals: „By eliminating insult and libel from the Penal Code, Romania has removed one of the most serious limitations to press freedom. […] The recent develop - ments that led to decriminalization of insult and libel repre - sent probably the last big breakthrough in shaping up a libe- ral and supportive legal environment for the practice of jour - nalism.” 9 Deshalb verwundert es nicht, dass die Entscheidung des Verfassungsgerichts vom 18.01.2007, diese Gesetzesän - derung als verfassungswidrig zu erklären und damit rückgän - gig zu machen, 10 von OSZE-Vertretern als „Rückschlag in der Schaffung eines freundlichen Arbeitsklimas für Journalis- ten” 11 bezeichnet wurde. Auch NGOs protestierten heftig ge - gen diese Entscheidung des Verfassungsgerichts. Ende 2007 gefällte Urteile in Verleumdungsverfahren basierten wieder auf dem härteren StGB ,12 das harte Sanktionen (inklusive Freiheitsentzug ) für Journalisten vorsieht, gegen die der Vor - wurf der Verleumdung und Beleidigung erhoben wurde .13 Ein separates Presserecht existiert nicht in Rumänien. Das kann unter anderem darauf zurückgeführt werden, dass vie - le Printmedien eine Einschränkung der Pressefreiheit be - fürchten und einem solchen Gesetz ablehnend gegenüber stehen. Dabei würde ein Pressegesetz keinesfalls die journa - 8 | Schlindwein, a.a.O., S. 65. 9 | Avadani, a.a.O., S. 169, 176. 10 | Press Freedom in Romania 2007, S. 20. 11 | Zit. nach Comanescu, Iulian: „Romania ”, in: Freedom of Speech in South East Europe: Media Independence and Self-Regulation , Sofia 2007, S. 554 – 575, hier S. 558. 12 | Press Freedom in Romania 2007, S. 20. 13 | Schlindwein, a.a.O., S. 65. 46 listische Freiheit einschränken. Vielmehr könnten bei ent - sprechender Ausarbeitung wichtige Aspekte wie Quellen - schutz, Sicherheit der Journalisten, Arbeitsbedingungen und ähnliches geregelt werden, was angesichts der negativen Entwicklungen im Bereich der Medienfreiheit hilfreich wäre (siehe unten). Dagegen ist die Rundfunklandschaft durch das 1992 ange - nommene Rundfunkgesetz geregelt. Dieses schränkt den Marktzugang für Medienbesitzer auf 30 Prozent Der Rundfunkrat, welcher das alleini - ein. Der Rundfunkrat, welcher das alleinige Li - ge Lizenzvergaberecht besitzt, setzt zenzvergaberecht besitzt, setzt sich aus Vertre - sich aus Vertretern der wichtigsten tern der wichtigsten Institutionen zusammen Institutionen zusammen und gilt als und gilt als eine autonome, politisch unabhän - eine autonome, politisch unabhängige Institution. gige Institution: Die insgesamt elf Mitglieder werden vom Parlament/Abgeordnetenkammer und Senat (6), der Regierung (3) sowie dem Präsidenten (2) ernannt, womit eine bessere Repräsentanz der Parteien be - absichtigt ist. 1994 regelte das Gesetz über die Organisation und Arbeit der Rumänischen Radio- und Fernsehgesellschaft die Aufspaltung des ehemals staatlichen Rundfunks in zwei unabhängige öffentlich-rechtliche Gesellschaften: die Rumä - nische Radiogesellschaft (SRR) und die Rumänische Fernseh - gesellschaft (SRTV). Das letztgenannte Gesetz sowie die Ar - tikel über die Schaffung des Rundfunkrats definieren den Staat als Haupteigentümer der öffentlichen Rundfunkanstal - ten. 14 Im Bereich der journalistischen Interessenvertretung sind der Rumänische Presseklub, in dem die Interessen der Eigen- tümer nationaler Druckmedien vertreten werden, sowie die Assoziation der lokalen Pressebesitzer zu erwähnen. Hin- zu kommen das Zentrum für unabhängigen

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