Dr. Detlev Hüwel KARLKARL ARNOLDARNOLD StationenStationen eineseines PolitikerlebensPolitikerlebens KARL ARNOLD 1901-1958 Auszug aus der Schriftenreihe des nordrhein-westfälischen Landtages „Karl Arnold – Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident 1947 – 1956“ 1 Vorwort Karl Arnold gehörte zu den Gründervätern der CDU. Direkt nach Kriegsende arbeitete er für den Erfolg seiner Idee einer christlich-demokratischen Volkspartei, die konfessionelle Schranken überwindet und Angehörige der verschiedenen Schichten des Volkes zu einer gemeinsamen Kraft zusammenführt. 1945 gründe- te er in Düsseldorf die „Christlich-Demokratische Partei“. In der CDU verkörperte Karl Arnold die christlich-soziale Idee von Partnerschaft und Mitbestimmung. Er kämpfte für eine soziale und freiheitliche Wirtschaftsordnung und lehnte den Kapitalismus in seiner Reinform ebenso wie die sozialistische Staatswirtschaft ab. Karl Arnold setzte sich für eine breite Eigentums- und Vermögensbildung ein. Er war ein Verfechter des sozialen Wandels und des sozialen Fortschritts. Als Ministerpräsident baute Karl Arnold das junge Land Nordrhein-Westfalen aus Not und Trümmern auf. Das Zusammenwachsen von Rheinländern und Westfalen, die Eingliederung der Lipper, das Miteinander von Industrie und Landwirtschaft, die Abwehr und Beschränkung der Demontagen, das partner- schaftliche Verhältnis in den Betrieben, die Neuordnung des Verkehrs, die Schöp- fung des ersten Landesjugendplanes, die Wissenschaftspflege und die Förderung der Forschung sind Zeugen von Karl Arnolds Tatendrang und seiner politischen Vision. Karl Arnold war ein großer Anhänger des Föderalismus. Bei der Schaffung des Grundgesetzes setzte er sich für föderale Strukturen und für die Selbstverwal- tung der Gemeinden ein. Im September 1949 wurde Karl Arnold zum ersten Prä- sidenten des Bundesrates gewählt. Stil und Praxis der Arbeit des Bundesrates wurden von seinem ersten Präsidenten nachhaltig beeinflusst. Karl Arnold war auch ein großer Europäer und ein leidenschaftlicher Ver- fechter der Einigung eines freien Europas. Er hat früh erkannt, dass, wie er selbst sagte, „auf Dauer Frieden und Wohlfahrt nur in einer engen europäischen Gemeinschaft gesichert sind.“ Er stellte sich Europa als einen freiwilligen Zusam- menschluss derjenigen vor, „die zusammengehören wollen, ... ,weil sie verstan- den haben, dass nur ein geeintes Europa wahren Frieden und echten sozialen Fortschritt verbürgt.“ Karl Arnold gilt als einer der Väter der „Montanunion“. Als überzeugter Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime, Christ und Demokrat forderte Karl Arnold für alle Bevölkerungsschichten die Möglichkeit, sich an politischen Entscheidungsprozessen beteiligen zu können. Er trat für das uneingeschränkte Recht auf Bildung ein. 2 Um das politische Erbe von Karl Arnold in Erinnerung zu halten und Men- schen für seine politischen Ziele zu begeistern, wurde ein Jahr nach dem Tode von Karl Arnold im Oktober 1959 die Karl-Arnold-Stiftung gegründet. Die Karl- Arnold-Stiftung fühlt sich den Wertvorstellungen Karl Arnolds eng verbunden. Ihr Auftrag und Ziel ist es, junge und erwachsene Bürger für die Demokratie zu begeistern, sie mit ihren Rechten und Pflichten in Gesellschaft und Staat ver- traut zu machen und sie „im Sinne demokratischer Grundüberzeugung und der christlichen Werteordnung zu bilden, sowie zu motivieren, Verantwortung in Gesellschaft, Wirtschaft und Staat zu übernehmen“. Mit Seminaren, Tagungen und Studienfahrten erfüllt die Stiftung ihren Auf- trag, politisches Wissen zu vermitteln, Bürgerinnen und Bürger für die Demo- kratie zu begeistern und gleichzeitig zu befähigen, diese mit christlich-sozialen Ideen mitzugestalten. Die vorliegende kleine Festschrift soll mit der Nachzeichnung des Politikerle- bens von Karl Arnold an den ersten freigewählten Ministerpräsidenten des Lan- des Nordrhein-Westfalen und den Mitbegründer der Christlich Demokratischen Union erinnern. Bedanken möchte ich mich im Namen der Karl-Arnold-Stiftung beim Verfasser Dr. Detlev Hüwel und beim Landtag von Nordrhein-Westfalen, der dem Abdruck des Aufsatzes zugestimmt hat. Der Aufsatz von Dr. Hüwel ist in der Schriftenreihe des Landtages „Karl Arnold – Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident 1947-1956“ erschienen. Dr. Bernhard Worms Vorsitzender der Karl-Arnold-Stiftung 3 Ministerpräsident Karl Arnold bei einem Zechen- besuch im Ruhrgebiet Anfang Juni 1948. Die Demonstration hatte poli- tische Hintergründe: Um die Kohleförderung zu steigern, hatte Arnold am 5. Juni 1948 eine „Kohle- konferenz“ nach Düssel- dorf einberufen. Die Apel- le dieser Zusammenkunft – deutsche Zuständigkeit für den Kohlebergbau, Demontagestopp und Währungsreform – rich- teten sich in erster Linie an die Besatzungsbehör- den. Links im Bild: der damalige Chef der NRW- Landeskanzlei, Hermann Wandersleb. (Quelle: Landtagsarchiv) Auf einer Grenzlandkundgebung in Düren gab Karl Arnold am 13. März 1949 bekannt, dass er den britischen Außenminister Bevin zu einem Besuch Nordrhein-Westfalens eingeladen habe. Damals war der deutsch-niederländische Streit um die von Den Haag beanspruchten deutschen Grenzlande voll entbrannt. Ende April 1949 kam es trotz der massiven Abwehrkampagne Arnolds zu den „Grenzkorrekturen“, von denen Nordrhein-Westfalen besonders betroffen war. (Quelle: Landtagsarchiv) Karl Arnold mit seiner Frau, seinem Sohn Gottfried und seiner Schwägerin am 27, Juni 1954 bei der Stimmabgabe in einem Wahllokal in Düsseldorf-Oberkassel. Arnold kandidierte bei die- ser dritten Landtagswahl direkt im Wahlkreis 44 (Düsseldorf Nordost) und errang den höchsten Stimmenanteil. (Quelle: RP-Archiv) Karl Arnold – Stationen eines Politikerlebens von Dr. Detlev Hüwel Donnerstag, der 3. Juli 1958. Hunderttausend Menschen haben sich in Düsseldorf aufgemacht, um von einem Mann Abschied zu neh- men,der die Aufbauphase des noch jungen Landes Nordrhein-Westfa- len jahrelang an herausragender Stelle geprägt hat: Karl Arnold. Für ihn war eine christlich fundierte, auf den Menschen zielende Politik die Richtschnur seines Handelns. Deswegen erschüttert die Nachricht vom plötzlichen Tod des 57-Jähri- gen so viele Bürger weit über Nordrhein-Westfalens Grenzen hinaus.Auch Konrad Adenauer, der häufig mit dem „linken“ CDU-Ministerpräsidenten aneinander gera- ten war, zeigt sich betroffen: „Zwischen ihm und mir“, so der Bundeskanzler auf der Trauerfeier im Düsseldorfer Ständehaus, dem damaligen Sitz des Landtags, „ist eine wahre und echte Freundschaft gewachsen, wie sie sich in den späteren Lebensjahren nicht so leicht entwickelt.“ Draußen vor dem Landtag warten derweil ungezählte Menschen. Für sie ist im Ständehaus kein Platz. Stumm geben sie nach der Trauerfeier Karl Arnold das letz- te Geleit zum Düsseldorfer Südfriedhof. In den Fenstern brennen Kerzen. Hinter dem schlichten Holzsarg, der mit weißen Nelken geschmückt ist, gehen Arnolds Frau Liesel, sein Sohn Gottfried sowie die beiden Töchter Hildegard und Margret. Zu den Trauernden zählen der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings, „Ruhrbi- schof“ Franz Hengsbach, zahlreiche Bundesminister, u. a. Prof. Ludwig Erhard, NRW-Regierungschef Fritz Steinhoff (SPD) und fast das gesamte Landeskabinett sowie Vertreter aller Parteien, darunter der SPD-Vorsitzende Erich Ollenhauer. Mit dabei ist auch der Bürgermeister aus Herrlishöfen – Arnolds schwäbischem Geburtsort. Niemand kann es fassen: Eine Woche vor der Landtagswahl in Nordrhein-West- falen ist Arnold, der bis zuletzt für die Rückeroberung der Macht am Rhein gekämpft hatte, einem Herzinfarkt erlegen. Land und Bund haben einen Politiker verloren, der nicht müde wurde, für eine Politik des sozialen Ausgleichs einzutre- ten. Das Land Nordrhein-Westfalen, so hatte er 1950 in seiner Regierungserklärung verkündet, „will und wird das soziale Gewissen der Bundesrepublik sein.“ 5 Die Jugendjahre Arnolds ausgeprägtes sozialpolitisches Engagement, das sich wie ein Faden durch sein Politikerleben zieht, hat sehr viel mit den bescheidenen Lebensver- hältnissen zu tun, unter denen er groß geworden ist. Er wurde am 21. März 1901 im württembergischen Weiler Herrlishöfen (heute Warthausen-Höfen) bei Bibe- rach an der Riß geboren. Sein Vater war ein wenig begüterter Landwirt, die Mutter hatte sich um die vier Kinder zu kümmern.Nichts deutete darauf hin,dass er 1951 aus Anlass seines 50.Geburtstags zum Ehrenbürger der Gemeinde ernannt werden würde. Eine Gedenktafel zu Ehren des Mannes, der im „fernen“ Rheinland poli- tisch an vorderster Stelle wirkte und jetzt 100 Jahre alt geworden wäre, wurde vor dem ehemaligen Gemeindehaus angebracht. Der schlichte Text lautet: „Karl Arnold. Geboren in Herrlishöfen. 1901-1958. Mitbegründer der CDU. Ministerprä- sident von Nordrhein-Westfalen 1947-1956.“ Wäre ihm diese Karriere vorausgesagt worden, hätte Arnold sicherlich ungläu- big reagiert. Sein Weg war mühsam. Nach dem Besuch der Dorfschule ging er bei einem Schuster in die Lehre.Als Gesellenstück fertigte er ein Paar Damenschnür- stiefel an, wie die noch vorhandene Urkunde ausweist.Wir wissen nicht allzu viel über Arnolds Jugendzeit – er selbst hat nicht viel darüber gesprochen. In das bio- grafische Vakuum haben sich Legenden eingenistet – etwa jene,dass Arnold Pastor werden wollte oder dass er in politischen Versammlungen dem prominenten Zentrumspolitiker Matthias Erzberger aufgefallen sei. Tatsache dürfte sein, dass sich Arnold, getrieben von dem Wunsch, die Enge seiner dörflichen Heimat und seiner beruflichen Chancen zu überwinden, zu Beginn des Jahres 1920 an Erz- berger wandte, als dieser die seinem Heimatort nahegelegene Kurstätte „Jordan-
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