Die altere Geschichte des Klosters Steinfeld, nebst Beilagen. Von Dr, (glitten, I n der Entwicklung der staatlichen und kirchlichen Verhältnisse des deutschen Reiches hatten einzelne Kaiser und weltliche Große die hohe Bedeutung erkannt, welche den klösterlichen Instituten für die Hebung der Sitten, die Verbreitung der Wissenschaften und die Förderung der Religion zuerkannt werden mußte. Darum hatten sie sich es angelegen sein lassen, auf einzelnen ihrer Allodialgüter Klöster für M änner oder Frauen zu gründen und dieselben mit zureichenden Einkünften und mannichfachen Rechten und Privilegien auszustatten Im Eifelgau, im Maienfeldgau, im Triergau, im Ardennengau, im Moselgan wurden in solcher Weise im 9 und 10. Jahrhunderte die Klöster ^Carden, Echternach, S t. Hubert, Stablo, Malmedy, Prüm , Münstermaifeld, Münstereifel, Münster bei Ottweiler, Medebach und Cornelimünster gegründet. Der mächtige Sibodo, Graf des Argaues, der Stammvater der Geschlechter von Neuenar, Nürberg, M alberg und Hochstaden, der zu gleicher Zeit auch den Eifelgau verwaltete, und dessen Allodialgüter sich weit in diesen Eifelgau hinein erstreckten, schien hinter den vielen Großeü, die auf ihren Territorien dem klösterlichen Leben und Wirken Freistätten gegründet hatten, an Opferwilligkeit nicht zurückstehen zu wol­ len. An der Nokdostseite des Eifelgaues, da wo zwischen den Thälern der Urft und Diefenbach ein zwischen der Erst, Ahr und Kill aufstei­ gender Höhenzug in eine einige Hundert Fuß über der Thalsohle sich erhebende Bergkuppe ausläuft, begann er im Jahre' 920 eine klöster­ liche Niederlassung für Nonnen und Mönche des Benediktinerordens zu erbauen. Nach einer im Jahre 1664 vom Abte Johann Lückerath dem pfälzischen Hofmeister und Amtmann zu Grevenbroich und Glad­ bach Johann von Hochstaden mitgetheilten Notiz befand sich im Chore der Kirche an einem Pfeiler eine alte Inschrift, welche da sagte: Anno incarnationis nongentisimo' vigesimo sub primo Henrico im- peratore constructa est ecclesia ista per Sybodonem comitem de Brought to you by | New York University Bobst Library Technical Services Authenticated Download Date | 7/16/15 11:28 AM Are et per Wicfridum archiepiscopum Colonienaem consecrata.Eine anbete nach der Ansicht des Abtes einige hundert Jahre alte Inschrift auf einer Fensterscheibe im Klostereingange sagte:Sibodo de Hochsta­ b il comes de Are primus fundator hujus monasterii.Der in der erstgenannten Inschrift als Consekrator angegebene Erzbischof Wichfried bestieg den Kölner S tuhl erst im Jahre 925, und es kann darum die bischöfliche Einweihung der Steinfelder Kirche nicht vor diesem Jahre stattgefunden haben. Sibodo, der auch in Carden an der Mosel begü­ tert war, erhielt vom dortigen Kloster zum H. Viktor die Reliquien des h Potentinus und überwies dieselben seiner neuen Steinfelder S tif­ tung. Von seinen Cardener Gütern schenkte er derselben ein Haus und verschiedene Ländereien. Wahrscheinlich war auch der dem Kloster Steinfeld zustehende Zehnte zu Ellenz unweit Carden eine Schenkung des Gaugrafen Sibodo. I n seiner unmittelbaren Nachbarschaft wurde Steinfeld vom genannten Grafen mit dem Besitz von Marmagen bis zum Kaiserstrauch nebst der Gerichtsbarkeit, dann mit Gütern zu Wehr, Nettesheim und Willerscheid begabt. Die Oberaufsicht über das Kloster in geistlicher Beziehung beanspruchte der Landbischof,choriepiscopus; wo derselbe seinen Sitz hatte, ist nicht nachzuweisen. Die Vertretung in weltliche», namentlich gerichtlichen Angelegenheiten und die Vertheidi­ gung gegen alle feindlichen Angriffe war Sache der Vogtei, welche der Graf Sibodo sich für seine Person, wie für seine Nachfolger in der Grafschaft vorbehielt. Sibodo wußte als Vogt und S tifter sein Ver­ hältniß zum Kloster so zu gestalten, daß er als unumschränkter Gebie­ ter über das Kloster und dessen Eigenthum angesehen wurde. I n den Zeiten der Zerrüttung, in welchen die Verweltlichung des Sterns zunahm und die Entsittlichung in den Klöstern, wie unter der Weltgeistlichkeit zu bedenklicher Höhe stieg, blieb auch Steinfeld in seiner Waldeinsamkeit von der allgemeinen Verwilderung, der sittlichen Erschlaffung und Verkommenheit nicht unberührt. Auch hier that eine Wiederherstellung der alten Zucht und eine Erneuerung des klösterlichen Lebens in hohem Maße Noth. Graf Dietrich von Are zweifelte an einem günstigen Erfolg jeglicher Reform, wenn es ihm nicht gelinge, das Kloster gänzlich umzugestalten, die Nonnen daraus völlig zu entfernen und dasselbe ausschließlich den Mönchen zu überlassen. M it Zustimmung des Erzbischofs versetzte er im Jahre 1094 die Nonnen nach Dünwald und überwies den Mönchen das Kloster Steinfeld zu alleinigem Besitz. Doch dieses M ittel hatte auf die Erneuerung der Klosterzucht und die Hebung der Sitten im Kloster Steinfeld nur Annalen deshist. Vereins; 23. H eft. 10 Brought to you by | New York University Bobst Library Technical Services Authenticated Download Date | 7/16/15 11:28 AM geringen Einfluß. I n der Einführung einer ganz neuen Regel und einer vollständigen Umgestaltung der ganzen klösterlichen Organisation glaubte man das einzige Mittel zur Erneuerung des ganzen geistigen Lebens in Steinfeld und die Emporhebung des durch den Leichtsinn und die Nachlässigkeit der seitherigen Pröpste tiefgesunkenen Vermögens, standes zu erkennen. Der Erzbischof Friedrich übernahm es in dieser Weise für die Reform des Klosters zu sorgen. Vom Grafen Dietrich von Are erwarb er dasselbe und entschloß sich nach vorheriger Bera­ thung mit seinen Lehnsmannen und seinem Clerus und unter Zustim­ mung der Laien, das Benediktinerkloster Steinfeld in ein S tift für regulirte Chorherren nach der Regel des H. Norbert umzuwandeln. Für eine durchgreifende Restauration an Kirche und Kloster trug Graf Dietrich Sorge. Anno 1121, sagt der zweite Theil der oben angege­ benen Inschrift,ecclesia per Theodoricum comitem de Are ampliata et in melius restaurata, und ein Glasgemälde im Kreuzgange zeigte die Worte: Theodoricus de Hochstaden comes de Are restaurator hujus monasterii. Den Stamm für das neue Prämonstratenserstift erbat sich Erzbischof Friedrich aus dem Kloster Springirsbach bei Witt- lich. Dem Grafen Dietrich oder dessen Nachfolgern gestand er zu, die gesammte Anstalt mit sämmtlichem Zubehör wieder an sich zu ziehen, im Falle das S tift die Prämonstratenserregel aufgeben und zu der Benediktinerregel zurückkehren werde. Kein Landbischof, kein aus­ wärtiger Propst oder Dechant sollte ixgend welche Jurisdiktion über das S tift oder irgend ein Recht an Abgaben und Reichnisien bean­ spruchen können. Den Stiftsmitgliedern wurde das Recht eingeräumt, ihren Vorsteher, der auch fortan wie bis dahin den Namen Propst führen sollte, frei zu wählen; nur die Bestätigung und Consekration sollte dem Erzbischof zustehen. Die Vogtei sollte bei den Grafen von Are verbleiben, der Pfarrdienst, der bis dahin in der Klosterkirche ge­ halten worden, sollte in die Vorhalle verlegt werden; hier sollten die Pfarrmesse celebrirt, die Taufe gespendet, das Altarssakrament ausge­ theilt und die Leichenbegängnisse gehalten werden. Papst Honorius II. bestätigte im Jahre 1124 die Umwandlung des Klosters Steinfeld in ein Canonikalstift, nahm dasselbe mit seinem ganzen Besitz in den Schutz des römischen Stuhles und bestimmte, daß daselbst immerdar die Regel des h. Augustinus beobachtet werden sollte. Einen ähnlichen Schutz­ brief erhielt das S tift 1130 von Papst Innozenz II. Von Alexander IV. erlangte es 1258 das Privileg, daß es nur von einem Abte seines Or­ dens, des Prämonstratenser Ordens, einer Visitation unterworfen werden Brought to you by | New York University Bobst Library Technical Services Authenticated Download Date | 7/16/15 11:28 AM föttite. Von Innozenz II. erhielt es 1276 das Privileg, Schenkungen aller Art, namentlich das Vermögen der in das Kloster Eintretenden annehmen zu dürfen. Neben dem Pfarrrechte über seine nächste Um­ gebung hatte das S tift auch die Parrochialrechte zu Sistig, Call, Reif­ ferscheid, Schleiden, Marmagen und Wehr. Die Kirche der drei ersten Dörfer waren Annexkirchen von Steinfeld, und zu bestimmten Zeiten war das S tift verpflichtet, eines seiner Mitglieder zur Abhaltung des Gottesdienstes oder zur Spendung der Sakramente dahin zu entsenden. Wegen dieses Verhältnisses zu den genannten Ortschaften erhoben sich mannigfache Streitigkeiten, die vor und nach durch gütliches Ueberein- kommen geschlichtet wurden. Sistig behauptete, die dortige Kapelle sei von jeher eine Taufkirche gewesen, und die in Sistig geborenen Kinder müßten auch daselbst getauft und brauchten nicht nach Steinfeld getra­ gen zu werden. Das S tift bestritt diese Behauptung und erklärte, außer Sonntags nur an einem einzigen Wochentage eine Messe in Sistig lesen lasten zu brauchen; zur Taufe müßten alle Kinder in die Pfarrkirche nach Steinfeld gebracht werden. Erst im Jahre 1310 einigten sich der Abt und der Herr von Schleiden dahin, daß vom Beginn der Fastenzeit bis Allerheiligen außer Sonntags noch zweimal in der Woche, von Allerheiligen bis zur Fastenzeit aber nur Sonntags in Sistig Messe gelesen werden sollte; ebenso sollte es in Call gehalten werden. Vor Weihnachten und vor Ostern sollte in beiden Kapellen den Gläubigen die Beichte abgenommen werden. I n Bezug auf Schlei­ den wurde 1317 vom Erzbischof Heinrich bestimmt, daß die Insassen nicht weiter anzuhalten seien, die neugeborenen Kinder zur Taufe nach Steinfeld zu tragen; Schleiden sollte fortan seine Kinder in einem eigenenbaptisterium taufen lassen, in keiner andern Beziehung aber den Rechten der Mutterkirche zu nahe treten. Reifferscheid
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