Rhein-Neckar-Kreis)

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BEITRÄGE ZUR VORGESCHICHTE HEIDELBERGS UND DER SCHAUENBURG IN DOSSENHEIM (RHEIN-NECKAR-KREIS) Peter König EINLEITUNG des noch Unbearbeiteten herausgegriffen wur- Die folgenden drei Beiträge beruhen auf ver- den. Der Beitrag zu den mittel- und spätbron- schiedenen Voraussetzungen, die kurz zu erläu- zezeitlichen Siedlungsfunden des Heidelberger tern sind. Im Oktober 2012 begannen Katrin Stadtgebiets wiederum hängt vorrangig mit Ludwig und Verfasser mit der Neubearbeitung den persönlichen Interessen des Verfassers zu- des 1967 erschienenen Kataloges zu den archäo- sammen und wäre auch dann erschienen, wenn logischen Fundstellen des Unteren Neckarlan- es eine Arbeit an der geplanten Neuauflage des.1 Bald stellte sich heraus, dass es trotz vieler nicht gegeben hätte. Wenn hier nur die spät- seitdem erschienener Aufsätze und Monogra- bronzezeitlichen Funde vorgelegt werden und phien noch eine Fülle an Themen gibt, die zu die mittelbronzezeitlichen einer späteren Ver- bearbeiten sich jeweils lohnt. Das betrifft nicht öffentlichung vorbehalten bleiben, so deshalb, nur das seit 1967 immens angewachsene Mate- weil Aufnahme und Auswertung der letzteren rial, sondern auch Altbestände, die allmählich noch nicht abgeschlossen sind.2 in Vergessenheit zu geraten drohen. Wesentli- ches Ziel der Neubearbeitung war es also, allen Interessierten ein Werkzeug in die Hand zu ge- SPÄTNEOLITHISCHE LESEFUNDE ben, um Forschungsdesiderate bestimmen zu VON HEIDELBERG-KIRCHHEIM können. Die Beiträge zu den spätneolithischen Obwohl das Neckarmündungsgebiet zu den Lesefunden von Heidelberg-Kirchheim und fundreichsten Regionen Südwestdeutschlands den vorgeschichtlichen Funden von der Dos- zählt, fallen die archäologischen Zeugnisse senheimer Schauenburg entspringen allein der mancher Abschnitte der Vorgeschichte bis- Arbeit an der geplanten Neuauflage und sollen lang nur dürftig aus oder fehlen sogar ganz. zeigen, wie groß das Potenzial selbst weniger Eine dieser Epochen ist das immerhin rund Scherben sein kann. Es sind nur Beispiele, die 700 Jahre währende Spätneolithikum, also der mehr oder weniger willkürlich aus dem Fundus Zeitraum zwischen der jungneolithischen Mi- 1 Dauber u. a., Archäologische Karte. Neben Herrn Publikation der Funde, ferner Herrn Einhard Kem- Dr. Günther Wieland (LAD Dienstsitz Karlsruhe) als met für Auskünfte zu stattgefundenen Grabungen, Initiator und Leiter des Ende des Jahres 2015 vorläu- Herrn Karl Fricke-Pälzer für das Zusammenkleben fig eingestellten Projekts wirkten als Autoren Frau zahlreicher Scherben und Frau Cornelia Jaegele Katrin Ludwig M. A. (Landesmuseum Württem- M. A. für oftmalige Hilfe beim Entziffern der nicht berg, Stuttgart), Herr Dr. Elmar Christmann (Hei- immer leicht zu lesenden Handschrift Ernst Wah- delberg) und Verf. mit. Das ursprüngliche Vorhaben, les. Frau Dr. Britta Rabold, Frau Dr. Anita Gau- dass alle an dem Projekt Beteiligten mit einzelnen batz-Sattler und Herrn Dr. Günther Wieland (LAD Beiträgen zu einer Veröffentlichung beisteuern, Dienstsitz Karlsruhe) sei für die vielfältige Unter- konnte nicht realisiert werden. Der Aufsatz von stützung gedankt, ebenso Frau Patricia Schlemper Herrn Christmann zu den römischen Befunden M. A. (Archäologisches Landesmuseum Baden- Dossenheims (Rhein-Neckar-Kreis, Baden-Würt- Württemberg, Arbeitsstelle Rastatt) für die Erlaub- temberg) soll in einem der nächsten Bände dieser nis zur Einsichtnahme der in Heidelberg ergrabe- Zeitschrift erscheinen. nen Funde und die Möglichkeit, einige von ihnen 2 An dieser Stelle sei den Mitarbeitern der Archäo- zwecks eingehender Bearbeitung nach Heidelberg logischen Abteilung des Kurpfälzischen Museums auszuleihen. Herrn Ludwig Mann (München) ver- Heidelberg ein herzlicher Dank ausgesprochen: dankt Verf. die auf Abb. 2 wiedergegebenen Foto- Frau Dr. Renate Ludwig für die uneingeschränkte grafien. Einsichtnahme in das Archiv und die Erlaubnis zur 77 FUNDBERICHTE AUS BADEN-WÜRTTEMBERG 36, 2016 und eine Auswahl darstellen, da dort weiteres und unterschiedlich datierendes Material auf- gefunden worden war, wobei eine Stratigraphie oder geschlossene Befunde nicht zu erkennen gewesen waren.4 Petrasch wies die meisten der von ihm veröffentlichten Funde der Glocken- becherkultur zu. Für zwei mit Leisten verzierte und durchlochte Scherben konnte er jedoch eine frühere Datierung in einen „vorbecher- zeitlichen Horizont“ nicht ausschließen, inso- fern Vergleichsfunde nicht nur aus schnurkera- mischen und glockenbecherzeitlichen Zusam- menhängen vorliegen, sondern beispielsweise auch aus der Horgener Kultur oder der Wart- berg-Gruppe bekannt sind.5 Kurz nach dem Erscheinen dieses Aufsatzes ging Dirk Spen- nemann erneut auf das Material von Mann- heim-Seckenheim ein, indem er neben den bei- den mit Leisten verzierten und durchlochten Scherben noch auf zwei Gefäßfragmente mit gekehlten Rändern hinwies und die Fundstelle als „Horgener“ bzw. „horgenoide“ Siedlung charakterisierte.6 Relativchronologisch ord- nete er sie in das späte Jungneolithikum 2 (JNL 2 B) ein.7 Weitere Fundvorlagen blieben jedoch aus und es entstanden zum Spätneolithikum im Neckarmündungsgebiet zwei abweichende Forschungsmeinungen. Die eine besagt, dass Funde dieser Zeit noch nicht erkannt worden sein dürften und im Hinblick auf umliegende Regionen von der Existenz einer Regional- 1 Verbreitung neolithi- chelsberger Kultur und der endneolithischen gruppe auszugehen sei.8 Die andere geht von scher Fundstellen in Schnurkeramik und der Glockenbecherkultur.3 einer tatsächlich bestehenden Besiedlungslü- Heidelberg-Kirchheim. Vor knapp über 30 Jahren veröffentlichte Jörg cke aus und beruft sich dabei besonders auf die Grundlage: Topografi- sche Karte 1 : 50 000. Petrasch einige Scherben und Steinartefakte, in dieser Region schon seit langem andauernde ● Siedlungsfunde die aus einer im Jahre 1970 in Mannheim-Se- und intensive Forschungstätigkeit, die zur Ent- siedlungsanzei- ckenheim ergrabenen Kulturschicht stammen deckung entsprechenden Materials hätte füh- gen de Lesefunde ▲ Einzelfunde Grabfund. 3 Die hier in Anlehnung an J. Lüning, Erneute Gedan- ger Tageblatt vom 21. Februar 1903; ders., Neolithi- ken zur Benennung der neolithischen Perioden. sche Siedlungen in und um Heidelberg. Korrbl. Ge- Germania 74, 1996, 234 f. verwendete Terminologie samtver. Gesch.- u. Altver. 51, 1903, 214; Wahle, Un- ist nicht allgemeinverbindlich. Ausdrücklich ver- teres Neckarland 9; H. Quitta, Zur Frage der ältes- wiesen sei hier auf die Schlussdiskussion in ten Bandkeramik in Mitteleuropa. Prähist. Zeitschr. Schlichtherle/Strobel, Süddeutschland 96 f., in der 38, 1960, 32 f. Abb. 20,v–y; Dauber u. a., Archäologi- das „Spätneolithikum als Summe von Jung- und sche Karte 24; B. Heukemes, Aus der Vorzeit der Ge- Endneolithikum“ aufgefasst wird. markung Kirchheim. In: Zwölfhundert Jahre Kirch- 4 J. Petrasch, Endneolithisches und frühbronzezeit- heim. 767–1967 (Heidelberg 1967) 6 f. Taf. 1 A; B. Siel- liches Siedlungsmaterial aus Mannheim-Secken- mann, Der Einfluß der Umwelt auf die neolithische heim. Arch. Korrbl. 13, 1983, 41. Besiedlung Südwestdeutschlands unter besonde- 5 Ebd. 43–46 Abb. 2,16.17. rer Berücksichtigung der Verhältnisse am nördli- 6 Spennemann, Bernburger Kultur 148 Anm. 5; ders., chen Oberrhein. Acta Praehist. et Arch. 2, 1971, 81 Burgerroth 118 mit Anm. 153. Abb. 4 Nr. 10; 191 Nr. 10; 195 Nr. 10; H.-P. Kraft, Line- 7 Ebd. (Bernburger Kultur) 132 f. Abb. 1,8; 146 Abb. 11; arbandkeramik aus dem Neckarmündungsgebiet 150 Abb. 12; 152. und ihre chronologische Gliederung. Antiquitas 3/21 8 J. Maran, Jungsteinzeit. In: Heidelberg, Mannheim (Bonn 1977) 20; 153 Taf. 3,4–9.11–14.18.21; 4,1–3.6.7.10; und der Rhein-Neckar-Raum. Führer Arch. Denk- 119,5; 130,4 (Phase I). mäler Deutschland 36 (Stuttgart 1999) 41. 11 Heukemes (Anm. 10); Sielmann (Anm. 10) 81 Abb. 4 9 Hecht, Atzelberg 97. Vgl. jedoch die Ausführungen Nr. 9; 191 Nr. 9; 195 Nr. 9 („Birstäcker“), Kraft (Anm. ebd. 85 f. zur Fundstelle von Mannheim-Secken- 10) 152 f. Taf. 16,21; 52,15 (Phasen II und IV); 102,8; heim, in denen in Anlehnung an Petrasch (Anm. 4) 117,15; 118,2 („Birstäcker“). Tatsächlich stammen die von möglichen Hinweisen „auf Elemente eines vor- von Kraft abgebildeten Funde aus dem Gewann becherzeitlichen Horizonts“ gesprochen wird. ‚Heuaue 1‘, zudem wurde das bei dieser Maßnahme 10 K. Pfaff, Städtische Ausgrabungen in und um Hei- geborgene Material nur in Auswahl veröffentlicht. delberg (August 1901 – Februar 1903). Heidelber- 78 Beiträge zur Vorgeschichte Heidelbergs und der Schauenburg in Dossenheim (Rhein-Neckar-Kreis) ren müssen.9 Wie noch zu zeigen sein wird, Siedlung weiter nordwestlich in den schon er- ist beiden Standpunkten in gewisser Hinsicht wähnten Gewannen ‚Heuaue 1‘ und ‚Heuaue zuzustimmen, falls noch einige Überlegungen 2‘ existiert hat, muss offenbleiben. Unter den hinzugefügt werden. Funden der dort zu Beginn des 20. Jahrhun- Gemessen an seiner Fläche verzeichnet Hei- derts entdeckten neckar swebischen Siedlung delberg-Kirchheim eine beachtliche Anzahl befindet sich jedenfalls ein Schalenfragment neolithischer Fundstellen (Abb. 1). Ihre Entde- mit gekerbtem Rand, das der Rössener Kul- ckung reicht bis an den Anfang des 20. Jahrhun- tur angehören dürfte.13 Womöglich jung- oder derts zurück, als beim Sandabbau in den Ge- spätneoli thisch ist ein trapezförmiges Beil, das wannen ‚Heuaue 1‘ und ‚Heuaue 2‘ Siedlungs- 1990 bei einer Begehung im Gewann ‚Heuaue gruben der ältesten Bandkeramik entdeckt 3‘ aufgelesen wurde (Abb. 1,4).14 Vielfach zitiert, wurden (Abb. 1,1).10 In unmittelbarer Nähe, doch bis

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