Wie Kam Der Elefant in Das Wappen Von Hilfikon? Rolf Kälin

Wie Kam Der Elefant in Das Wappen Von Hilfikon? Rolf Kälin

Wie kam der Elefant in das Wappen von Hilfikon? Rolf Kälin Er ist und bleibt in der Schweizer Wappen­ schen Personennamen Helfini. Der zweite Teil, landschaft öffentlich­rechtlicher Körperschaften wilari, wurde schon früh aus dem Romanischen ein einzigartiges Motiv, der Elefant im Wappen ins Althochdeutsche entlehnt und diente zur der ehemaligen Gemeinde Hilfikon.1 Wie aber Benennung neu erstellter Hofsiedlungen und fand dieser den Weg in den Wappenschild? Wir Weiler. Als Grundform ist also unter dem alt­ begeben uns auf Spurensuche. hochdeutschen Hilfiniswilare das «Hofgut des Helfini» zu verstehen.6 Möglich wäre allerdings Das Dorf Hilfikon auch der «Hof des Hilfin(i)», denn wenn Hilfin Die Angaben zur ersten urkundlichen ein Genitiv wäre, dann hieße der Nominativ Erwähnung von Hilfikon sind unterschied­ Helfo oder Hilfo.7 lich. Bereits im Jahre 893 wird gemäss der im 1261 bis 1264 finden wir dann Bezeich­ Jahre 2010 erschienenen Publikation von Dieter nungen wie Hilfinchon oder Hilfichon, 1281 Kuhn das Dorf Hilfikon im Rodel des Zürcher den hof ze hilfikon. Endungen wie -(i)kofen oder Fraumünsters erwähnt.2 Auch im Historisch­ -(i)kon, ursprünglich -ing-hoven, also «bei den Biographischen Lexikon der Schweiz von 1927 Höfen der Leute des …», finden sich überwie­ findet sich für die Ersterwähnung das Jahr 893.3 gend in den Kantonen Aargau, Luzern und Peter Felder gibt allerdings in seinem im Jahre Zürich.8 1967 erschienenen Band IV der aargauischen Kunstdenkmäler erst 924 als erste Erwähnung Die Herren von Hilfikon an.4 Dem schliesst sich auch der Eintrag Südlich des Dorfes Hilfikon befindet von Anton Wohler im neuen Historischen sich an strategisch guter Lage auf einem Lexikon der Schweiz an.2 Ebenfalls sind im Hügelsporn das gleichnamige Schloss. Die Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen ursprüngliche Burg war Stammsitz der Ritter aus dem Jahr 2002 historische Belege erst ab von Hilfikon. Der heutige Bau entspricht 924 erwähnt und hier wird dann auch die allerdings kaum mehr dieser ursprünglichen Namensentwicklung detailliert beschrieben. Burganlage. Verschiedene Umbauten veränder­ Offenbar ist man sich da mit der Interpretation ten das Aussehen stark.9 Das heutige Schloss der vorliegenden Quellen bis heute nicht ganz Hilfikon umschliesst die mittelalterliche Burg, einig. Für die vorliegende Arbeit ist dies indes­ die damit einzige noch erhaltene im Freiamt. sen nicht von entscheidender Bedeutung. Über die Bauzeit der Burg kursieren verschie­ Der ursprüngliche Name von Hilfikon ist dene Angaben. Seriöse Quellen geben das späte Helfenswil (Hilfiniswilare). Weitere alte Bezeich­ 13. Jahrhundert an (Abb. 1).10 nungen sind Hilffineswilare und Helfineswilari. Die Wahl eines Bauplatzes für eine Burg Wie wir lesen können, entspricht der erste erfolgte aus strategischen Motiven. Die Bau ten Teil des Ortsnamens dabei dem althochdeut­ dienten einerseits zur Sicherung und Vertei­ digung der Herrschaft und andererseites 1 Rüegg Hans, Schweizer Wappenbuch – Die Wappen auch der Verwaltung. Diese Aufgabe konnte aller Kantone, Bezirke und Gemeinden, Triesen FL 2016, der Hochadel nicht alleine leisten: Es entwi­ S. 184; Hilfikon war bis am 31. Dezember 2009 eine eigen­ ständige Gemeinde, seither gehört das Dorf zur Gemeinde Villmergen, http://www.villmergen.ch/de/portrait/ 6 Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen, Frau­ geschichte/welcome.php?action=showinfo&info_id=2068, en feld 2002, S. 442. Zugriff am 23. April 2020. 7 Nach Brechenmacher Josef Karlmann, Etymologisches 2 Kuhn Dieter, Hilfikon – Geschichte von Dorf und Wörterbuch der Deutschen Familiennamen, Limburg a. d. Schloss am Rietenberg, Hilfikon 2010, S. 12. Lahn 1927, S. 716 unter «Hilfle» = Koseform von «Helfo». 3 Historisch­Biographisches Lexikon der Schweiz So z. Bsp. Jakob Hilfli, Vikar zu Elgg ZH, 1424. Diesen (HBLS), Bd. IV, Neuenburg 1927, S. 222. Hinweis verdanke ich Herrn Dr. Horst Boxler, Bannholz. 4 Felder Peter, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, 8 Gemeindenamen, wie Anm. 6, S. 442. Band IV, Der Bezirk Bremgarten, Basel 1967, S. 267. 9 Hunziker Robert, Von Burgen, Rittern und Bürgern 2 Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Bd. 6, 2006, der aargauischen Heimat, Aarau 1943, S. 203. S. 322. 10 Kuhn, wie Anm. 2, S. 44. Archivum Heraldicum 2021 22 und Herrschaft 1218 an Melchior zur Gilgen von Luzern verkaufte.13 Auch über die folgenden Jahrhunderte folg­ ten unzählige Besitzerwechsel, was an ent­ sprechender Stelle nachzulesen ist. 1961 dann kaufte die Unternehmerin Louise Schellenberg­ Kölliker das Schloss. Heute gehört das Schloss einer privaten Stiftung (Abb. 2).14 Das Wappen der Herren von Hilfikon Der Elefant im Wappen der Herren von Hilfikon ruft uns Hannibals berühmten Zug über die Alpen in Erinnerung. Mit dem Elefanten im Wappen von Hilfikon hat dies aber natürlich nichts zu tun. Diese Geschichte spielte sich schliesslich im Jahr 218 v. Chr., und damit auch lange vor der eigentlichen Wappenentstehung ab.12 Wie aber kam der Elefant denn nun in den Wappenschild? Eine Erklärung liefert uns eine der ältesten bekannten Quellen, in der sich für ein Wappen die gemeine Figur des Elefanten finden lässt, die Wappenrolle von Zürich, ent­ standen um 1332/1342. Hier präsentiert sich uns das Wappen der Helfenstein mit diesem aussergewöhnlichen Motiv. Die Grafen von Helfenstein (Helfenstain) waren ein schwäbisches Adelsgeschlecht, Abb. 1: Ansicht der mittelalterlichen Burganlage Hilfikon benannt nach der gleichnamigen Burg im von Süden aus gesehen im Hilfiker Urbar von 1271. württembergischen Geislingen an der Steige. Um 1113 tritt Eberhart von Helfenstein, um ckelte sich ein so genannter Dienstadel, auch 1140 dessen gleichnamiger Sohn auf, «deren Ministeriale genannt.11 Geschlecht sowohl hinsichtlich seines Ur­- Die erste urkundliche Erwähnung der Burg sprungs als der Art seines Erlöschens urkund­ erfolgte im Habsburger Urbar von 1303/07. lich nicht feststeht». Im Wappen führten Gemäss diesem waren im Jahr 1290 Arnoldus diese in Rot auf einem schwebenden goldenen und Marchwardus von Hilfikon die Besitzer Vierberg einen silbernen Elefanten.16 der Burg sowie dazugehörender Grund­ und Und – das Wappen ist redend. Redende, Niedergerichtsherrschaft über das gleichna­ oder auch Namenwappen (franz. «armes par­ mige Dorf. Die Herren von Hilfikon waren lantes»), nennt man bekannterweise solche, ein Ministerialengeschlecht im Dienste der die auf den Namen des Inhabers entweder Habsburger und verwalteten in ihrem Namen anspielen, oder ihn rebusartig darstellen. Die den kleinen Herrschaftsbereich.12 Anspielung liegt meist in der Figur, seltener in Dann erscheinen noch vereinzelte Träger der Farbe. Die Grafen von Henneberg führten dieses Namens, die genealogisch aber nicht beispielsweise eine Henne auf einem Dreiberg, einzureihen sind. Mit «Herr Johans von Hilfi­ die von Aufenstein einen «Auf» oder Uhu, kon, Priester des Ordens und (Benediktiner­) die von Olvenstedt ein Kamel, welches man Conventes von Tr ˚uba» verschwindet 1326 das Geschlecht. Die Besitzer der Burg im 14. 13 Schnyder F. J., Heraldische Denkmäler des Seetals und 12. Jahrhundert sind nicht bekannt. 1472 und Umgebung (9. Fortsetzung) – II. Der abgegangene war das Schloss vorübergehend im Besitze Wappenzyklus im Schlosse Hilfikon (AG.), in: Schweizer Berchtolds VII. Schwend von Zürich, kam dann Archiv für Heraldik, A° LXXVII, 1963, S. 40. 1489 an Hans von Seengen, welcher Schloss 14 Kuhn, wie Anm. 2, S. 59. 12 Lüscher Geneviève, Hannibals Weg über die Alpen, in: Neue Zürcher Zeitung, 16. Juni 2010. 11 Ebd., S. 29. 16 Merz Walther/Hegi Friedrich, Die Wappenrolle von 12 Ebd., S. 18, 29. Zürich, Zürich und Leipzig 1930, S. 41 u. Tf. VI. 26 Archivum Heraldicum 2021 Abb. 2: Blick von Süden auf das heutige Schloss Hilfikon. im Mittelalter olfent nannte, und die Grafen Elefant – Helfant – Helfenstein: Diese rein von Helfenstein eben einen Elefanten, was sich lautliche Ähnlichkeit gilt heute als der wahr­ auf die althochdeutsche Form helfant bezieht.17 scheinlichste Grund dafür, wie der Elefant ins Im Grimm’schen Wörterbuch lesen wir: «vil helfensteinische Wappen gekommen ist. Es helfant hond mit ainem wald genug, dar inne handelt sich dabei eigentlich nur um einen si waiden.»18 Und Adam Reissner schreibt «volksetymologischen» Bezug, keine tatsäch­ diesbezüglich im Jahre 1262: «Ein Helfant ist liche sprachwissenschaftliche Verwandtschaft.20 vnder allen Thiern das gröst, das verstendigst, Zurück zu den Herren von Hilfikon. Diese vnd sterckest, vnd ein gehorsam Thier, Wann Erklärung können wir nun auch auf den er schläfft, leint er sich an ein Baum, da wirt Elefanten im Wappen der Herren von Hilfikon er von den Jägern gestellt vnd gefangen, Er hat übertragen. Auch diese dürften also auf ent­ ein starcken Zan, der ist von natur weiß vnd sprechende Weise zu ihrem Wappensymbol poliert, den braucht er wie ein hand, Diser Zan gekommen sein, in dem die lautliche Ähnlich­ wirt Helfenbein genannt.»19 keit von Helfini/Helfo und helfant Pate gestanden hatte.21 Also leider wohl keine legendenumwo­ bene Herkunft, wonach «ein Schlossherr als Kreuzritter oder ein späterer Jerusalempilger einen Elefanten nach Hause gebracht haben 17 Meyers Konversations­Lexikon, 4. Auflage, Band 11, soll», wie wir auf der Infotafel vor dem Schloss Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1882– lesen können.22 1892, S. 994. 18 Grimm Jacob und Wilhelm, Deutsches Wör ter­ buch (DWB), Bd. III, Leipzig 1862, Sp. 403. http:// 20 Schmauz Roderich, Der Elefant der Helfensteiner, in: woerterbuchnetz.de/cgi­bin/WBNetz/wbgui_ Südwest Presse Online,

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