Leseprobe 978-3-86906-756-8.Pdf

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edition monacensia Herausgeber: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek Dr. Elisabeth Tworek Sabine Brantl, geboren 1969, ist Historikerin und Kuratorin am Haus der Kunst in München. Sie war freie Mitarbeiterin beim Bayerischen Fernsehen und am Jüdischen Museum München sowie wissenschaft- liche Mitarbeiterin an der Akademie der Bildenden Künste, München. 2004 erarbeitete sie für das Haus der Kunst ein Konzept für den Auf- bau des Historischen Archivs, das sie seit 2005 leitet. Sabine Brantl ku- ratierte unter anderem die Ausstellung »Geschichten im Konflikt: Das Haus der Kunst und der ideologische Gebrauch von Kunst 1937–1955« (2012) und ist verantwortlich für die Archiv Galerie, einen permanenten Ausstellungsraum zur Geschichte des Haus der Kunst (seit 2014). Sabine Brantl Haus der Kunst, München Ein Ort und seine Geschichte im Nationalsozialismus Herausgegeben vom Haus der Kunst, München Informationen über den Verlag und sein Programm unter: www.allitera.de Herausgegeben vom Haus der Kunst, München www.hausderkunst.de Gefördert vom Kulturreferat der Stadt München Landeshauptstadt München Kulturreferat September 2015 2. vollständig überarbeitete und verbesserte Auflage Allitera Verlag Ein Verlag der Buch&media GmbH, München © 2007 Buch&media GmbH, München Umschlaggestaltung unter Verwendung der Fotografie »Große Deutsche Kunstausstellung« 1938. Auswahl der Werke durch Adolf Hitler © Bayerische Staatsbibliothek München Printed in Germany isbn 978-3-86906-756-8 Inhalt Vorwort von Oberbürgermeister Dieter Reiter ................ 7 Einleitung von Sabine Brantl ............................. 10 1 Ein neuer Glaspalast ................................. 13 1.1 Der Glaspalastbrand ............................. 13 1.2 Das Vorprojekt Adolf Abels ........................ 23 2 Der »erste Baumeister des Führers« ...................... 29 2.1 Paul Ludwig Troost .............................. 29 2.2 Das Atelier Troost: Gerdy Troost und Leonhard Gall .... 36 3 Das »Haus der Deutschen Kunst« ....................... 44 3.1 Das städtebauliche Umfeld ......................... 44 3.2. Gestaltung und Ausführung ....................... 48 3.3 Finanzierung ................................... 56 4 »Hauptstadt der deutschen Kunst« ...................... 69 4.1 Die Grundsteinlegung am »Tag der Deutschen Kunst« ... 69 4.2 Der Festzug »2000 Jahre deutsche Kultur« ............ 74 5 Das Jahr 1937 ...................................... 81 5.1 Die erste »Große Deutsche Kunstausstellung« .......... 81 5.2 Die Femeausstellung »Entartete Kunst« ............... 88 6 Kunst und Propaganda . 97 6.1 Die »Deutsche Architektur- und Kunsthandwerk- Ausstellung« ................................... 97 6.2 Die Rolle Adolf Hitlers ........................... 100 6.3 Der Ausstellungsbetrieb und seine Bedeutung .......... 105 7 Nach 1945 ..................................... 114 8 Stiftung Haus der Kunst ........................... 124 Anhang Anmerkungen ...................................... 132 Chronik ........................................... 155 Literaturhinweise .................................... 158 Bildnachweis ....................................... 1 59 Vorwort Seiner historischen Last als »Hauptstadt der Bewegung« kann und will sich München nicht entziehen. Die Stadt weiß um diese Verantwortung und bekennt sich mit allem Nachdruck dazu. Münchens zentrale Rolle bei Entstehung und Aufstieg des Nationalsozialismus ist längst histo- rischer Common Sense. Hier fand antisemitische Hetze schon zur Jahr- hundertwende statt; hier fand die Ermordung des jüdischen Minister- präsidenten Kurt Eisner kultische Verehrung; hier feierte Adolf Hitler Triumphe in dumpfen Bierkellern und wurde von Geldgebern aus feins- ten Kreisen gefördert. München war die Wiege und Schaltzentrale der NSDAP, war Schauplatz des gescheiterten Putschversuchs vom 9. No- vember 1923 und des Hochverratsverfahrens gegen Hitler und Kon- sorten, das mit dem folgenschwersten Fehlurteil der deutschen Rechts- geschichte endete. 15 Jahre nach dem Marsch auf die Feldherrnhalle, am 9. November 1938, ging von München der Terror der Reichspo- gromnacht aus, der den Übergang von der Ausgrenzung, Entrechtung und Verfolgung zur planmäßigen Vernichtung der Juden markierte. Von Anfang an wurde der braune Ungeist hier mit größtem, vorauseilendem Eifer vollstreckt. In München wurde das erste KZ geplant und bereits im März 1933 in Dachau, vor den Toren der Stadt, errichtet; hier be- gann die systematische Erfassung der Sinti und Roma in mörderischer Absicht; hier stand das »Braune Haus« und hier erschien der »Völkische Beobachter«. Auch zur »Hauptstadt der Deutschen Kunst« hat man München damals bekanntlich gemacht. Dieser Titel wurde bei der Grundsteinlegung für das »Haus der Deutschen Kunst« verliehen und weist auf eine weitere Münchner Besonderheit hin: So war die Stadt auch ein zentraler Ort der nationalsozialistischen Kunst(re)präsentation. Hier wurden rassistische und nationalistische Ideale vorgeführt, Ikonen der »Volksgemeinschaft« geschaffen und damit alle anderen ausgegrenzt, die dem nationalsozialis- tischen Rassebild, Selbst- und Kunstverständnis nicht entsprachen oder 7 entsprechen wollten. Ihnen wurde erst in der »Kunst« und dann in der Realität das Existenzrecht abgesprochen. Umso wichtiger ist es, diesen Teil der Geschichte bewusst an den au- thentischen Ort zurückzuholen und dem Haus der Kunst damit einen wichtigen Platz in der Topographie des Erinnerns der Stadt zu geben. Das Bestreben des Hauses der Kunst, sich kontinuierlich mit der eige- nen Vergangenheit auseinanderzusetzen und diese Geschichte mit dau- erhaften und temporären Ausstellungsprojekten, der Präsentation im Internet und in der vorliegenden Publikation wieder in einen Zusam- menhang mit dem historischen und baulichen Erbe der heutigen Ein- richtung zu stellen, ist daher gar nicht hoch genug einzuschätzen. In ähnlicher Weise gelingt dies auch mit den anderen Bänden dieser Edi- tionsreihe über die Hochschule für Musik und Theater am Königsplatz (den einstigen »Führerbau«, in dem 1938 das »Münchner Abkommen« unterzeichnet wurde) und über das Hildebrandhaus in Bogenhausen (die heutige »Monacensia«). Damit sind sie ein wichtiger und notwen- diger Baustein in einem stadtübergreifenden Erinnerungsnetzwerk, das von Institutionen wie auch von der Bürgerschaft getragen wird und die verschiedensten Orte und Erinnerungsformen nach und nach in einen großflächigen Zusammenhang stellt. Aufgabe der Stadt ist es, eine solche verantwortungsbewusste, leben- dige Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit anzuregen, zu fördern und auch selbst zu leisten. Mit der Eröffnung des NS-Dokumentationszen- trums als Erinnerungs- und als zentraler historisch-politischer Lernort auf dem Grundstück des einstigen »Braunen Hauses« haben wir heuer eine über viele Jahrzehnte klaffende Lücke in der Münchner Erinne- rungslandschaft geschlossen. Dieses Haus, das nicht zuletzt der Initi- ative engagierter Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt zu verdanken ist, macht unmissverständlich klar, dass sich München seiner NS-Ge- schichte stellt. Und dazu gehören insbesondere auch die vermeintlichen Ehrentitel »Hauptstadt der Bewegung« und »Hauptstadt der Deutschen Kunst«. Damit wünsche ich dieser Veröffentlichung – die bereits in ihrer ersten Auflage eine überaus positive Resonanz erfahren hat – eine breite Le- serschaft, die sich offen und differenziert mit jenen Orten in unserer Stadt auseinandersetzt, die bis heute vom Terrorregime der Nationalso- 8 zialisten zeugen und uns daran erinnern, dass die Beschäftigung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit eine immerwährende Aufgabe und moralische Verpflichtung bleibt. München, im Juli 2015 Dieter Reiter Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München 9 Einleitung »Werden einstmals durch Ideologien oder Kommerz missbrauchte Ge- bäude für immer mit einem Makel behaftet sein oder sind Gebäude stär- ker als Ideologien?«, fragten Jacques Herzog und Pierre de Meuron im April 2006 im Zusammenhang mit ihrer im Haus der Kunst gezeigten Ausstellung. Seit vielen Jahren stellen sich zeitgenössische Künstler und Kulturschaffende der Geschichte des Hauses. Denn jede Ausstellung freier Kunst ist bereits Kommentar. Mauern tragen keine Schuld, doch bergen sie Erinnerungen und sind mit bestimmten Personen, Ereignissen und Funktionen fest verknüpft. Das Haus der Kunst gehört zu den wohl profilitertesten Orten für zeit- genössische Positionen in der Kunst. Durch sein Programm unterstreicht die Ausstellungsinstitution, dass die Entwicklungslinien der zeitgenös- sischen Kunst global und vielschichtig verlaufen und nicht durch ge- ografische, konzeptuelle und kulturelle Grenzen einzuschränken sind. Zugleich birgt das Gebäude Erinnerungen an die fatale Verbindung von Kunst, Politik und Propaganda im »Dritten Reich«. 1933 von Hitlers Lieblingsarchitekten Paul Ludwig Troost für die Präsentation »deut- scher« Kunst konzipiert, war das »Haus der Deutschen Kunst« das erste architektonische Vorzeigeprojekt der braunen Machthaber und ein zentraler Ort nationalsozialistischer Propaganda. Während sich hier die kulturelle »Erneuerung« Deutschlands zu vollziehen hatte, wurden die Freiheit der Kunst und die schöpferische Macht des Individuums außer Kraft gesetzt. Am 18. Juli 1937 hatte Adolf Hitler das Gebäude mit der ersten »Großen Deutschen Kunstausstellung« eröffnet. Am dar- auffolgenden Tag wurden in den benachbarten Hofgartenarkaden die heutige klassische Moderne und deren Schöpfer in einer beispiellosen Schau als »entartet« vorgeführt und ihr Schicksal für lange

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