Wolfgang Schäfer Entwicklung Und Struktur Der Staatspartei Des Dritten Reiches

Wolfgang Schäfer Entwicklung Und Struktur Der Staatspartei Des Dritten Reiches

WOLFGANG SCHÄFER Hannover • Coedel o. ENTWICKLUNG UND STRUKTUR DER STAATSPARTEI DES DRITTEN REICHES Sehriflenreihe des Inntituies für »rissenscltafilivhe Politik Ularhiirff/ ¡.ahn Joseph Buttinger ■ Bibliothek Geschenk an die Bibliothek der Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt Juni 1971 í .SIÍS % ^v T# ííf A Im vr' ;iA \ gf 4% i rtj W» m % íV*.'' fí' '• Äf ï> & kW •í«!«* •lU 'm i».W iPy *f^ 'M .# i» í*‘i^ flTií ifé V % % # /V ge 'M ta i.3 efe ^ i ñ f # %v Jk/ 'V4Ï »T>íí'4« a 'f '»¡r- ífí íi -Itiï tv' »< :á Ë *x JV í# m 1f«rfk. ^#0; ■& m m Yg "i / OA ' - I SCHRIFTENREIHE DES INSTITUTS FÜR WISSENSCHAFTLICHE POLITIK IN MARBURG/LAHN - HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. WOLFGANG ABENDROTH 5 Nr. 3 5 NSDAP ENTWICKLUNG UND STRUKTUR DER STAATSPARTEI DES DRITTEN REICHES wafSi % DR. WOLFGANG SCHÄFER 4 \% /l^" ZZO \ ZD' ’\ UB KLAGENFURT 19 5 7 +L59611009 NORDDEUTSCHE VERLAGS ANST ALT 0. GOEDEL ■ HANNOVER UND FRANKFURT/M Goedelbuch 122 EINLEITUNG -ie beiden Beiträge, die bisher in der Schriftenreihe des Marburger Instituts für sensdiaftliche Politik veröffentlicht wurden, waren der Überprüfung von national- ialistischen Massenorganisationen gewidmet, die dem totalitären Staat des Dritten iches die Machtgrundlage gaben und ihn gegen die Möglichkeit der Bedrohung durch imokratische Tendenzen schützen sollten. Auch die vorliegende Untersuchung steht n gleichen Zusammenhang. Sie ist der NSDAP, der staatstragenden Monopolpartei elbst, gewidmet. Es ist ihr Anliegen, einerseits Material zur Sozialstruktur dieser Partei und ihres Führerkorps in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien zu bieten und damit aufhellen zu helfen, welche Sozialgruppen für antidemokratische Tendenzen besonders anfällig sind, andererseits einen Beitrag dazu zu liefern, die h unktion der Monopolpartei in einem dezisionistisch-totalitären System erkennbar zu machen. Die¬ ser Untersuchung wird in Kürze eine Arbeit über die DAh folgen. Das Institut ist sich bewußt, daß die hier publizierten Dissertationen und Mono¬ graphien die Machtstruktur und die Entstehungsbedingungen des Dritten Reiches nicht in vollem Umfang erfassen und klären können. Der immer noch bei weitem besten Darstellung der nationalsozialistischen Diktatur in der internationalen wissenschaft¬ lichen Literatur, Franz Neumanns Behemoth, The Structure and Practice of National- Socialism, New York 1942, kann bisher weder die deutsche Wissenschaft der Politik noch die deutsche Geschichtswissenschaft eine auch nur annähernd gleichwertige Ver¬ öffentlichung zur Seite stellen. Leider ist dem deutschen Leser das Buch Franz Neu¬ manns noch nicht durch eine Übersetzung zugänglich geworden. Doch lassen sich die Vorarbeiten zu einer néuen Gesamtdarstellung, die auch die Tatbestände einbezieht, die erst durch den Zusammenbruch des Dritten Reiches der Forschung zugänglich geworden sind, wohl nur in Deutschland durchführen. Zudem ist für das deutsche Volk und die deutsche Wissenschaft die kritische Bewältigung seiner jüngsten Ver¬ gangenheit - die es allzu leicht entweder aus dem Gedächtnis zu verdrängen oder zu verharmlosen geneigt sein könnte - zur Voraussetzung dafür geworden, daß es die auch seiner gegenwärtigen Lage immanenten Tendenzen überwinden kann, die Demo¬ kratie nochmals in autoritäre oder totalitäre Herrschaftsformen umzuwandeln. Des¬ halb hält sich der Herausgeber für verpflichtet, diejenigen Teilarbeiten des Marburger Instituts für wissenschaftliche Politik der Öffenlichkeit zugänglich zu machen, die neue Materialien zur Geschichte des Dritten Reiches erschließen oder durch neue Frage¬ stellungen zur Klärung seiner Machtstruktur beitragen. Marburg, den 10. September 1956 W. Abendroth Hergestellt bei Dr. Alexander Krebs, Bad Homburg vor der Höhe INHALTSVERZEICHNIS Seite 2 Einleitung Erster Teil: DIE ENTWICKLUNG DER NSDAP 5 I. Die NSDAP in der Weimarer Republik 1. Die Entwicklung der NSDAP von 1919 bis 1923 . 5 2. Die NSDAP im Prozeß der Desintegration der Gesellschaft 1925—1933 8 Neugrnndung und Aufbau der Partei . ■ • • 8 Die Verfestigung der Machtstellung Hitlers und die Entwicklung der 10 Parteiorganisation 1925—1928 . Die NSDAP in der Wirtschaftskrise . • • • ■ • 12 3. Die organisatorischen Vorbereitungen zur Machtübernahme 16 Aufbau und Struktur der vertikalen Organisation. 16 Der Aufbau der Reichsleitung. 20 II. Die NSDAP als Herrschaftspartei 1. Die politischen Voraussetzungen. 24 2. Die Aufgaben der NSDAP in der „Nationalen Revolution“ 25 Die Besetzung der staatlichen und kommunalen Verwaltung . 25 Die Gleichschaltung der Verbände. 32 3. Die Auswirkungen der Machtübernahme auf die innere Struktur der NSDAP . • • • 35 Der Mitgliedereinbruch 1933—1935 . 35 Die Beseitigung der innerparteilichen Rebellion . • ■ 40 Struktur und Aufbau von Führungskader und Reichsleitung . 44 4. Die NSDAP als Betreuungsapparatur. 50 Zweiter Teil: DIE ORGANISATION DER NSDAP I. Die horizontale Organisation der NSDAP 1. Die theoretischen Zentralämter. Der Stab des Stellvertreters des Führers .... Zentralämter ohne Massenbetreuung in der Reichsleitung 3 2. Die „Ständische Organisation“ der NSDAP . 57 Das Hauptamt für Technik.•* . 58 Das Hauptamt für Beamte . 59 Das Hauptamt für Erzieher.59 Das Rechtsamt.60 Das Volksgesundheitsamt.61 Studenten- und Dozentenbund.62 3. Die Organisation der sozialen Massenbetreuung durch die NSDAP . 62 Die NSV .62 Die NSKOV..64 4. Die parteiinternen Organisations- und Kontrollämter .... 64 Das Organisations- und Personal amt.65 Der Reichsschatzmeister. 66 Die Kanzlei des Führers. 67 5. Die Organisation des Schulungswesens und der Propaganda . 68 Das Hauptschulungsamt .. 68 Das Propaganda- und Presseamt.70 II. Die vertikale Organisation 1. Die Hoheitsbereiche. 72 Die Verbindung von Partei und Gesellschaft durch Block und Zelle . 72 Die vertikalen Mittelinstanzen Ortsgruppe, Kreis und Gau . 74 2. Zuständigkeit und Willensbildung in der vertikalen Organisation . 78 Die „totale Verantwortung“ des Hoheitsträgers ..79 Die „Führerbesprechung“.80 Zusammenfassung.82 Anmerkungen und Nachweise ..85 Literaturnachweis.95 Namen- und Sachregister.100 4 Erster Teil DIE ENTWICKLUNG DER NSDAP 1. DIE NSDAP IN DER WEIMARER REPUBLIK I9I9-I933 Die Entwicklung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) verlief in der Zeit der Weimarer Republik bis zur Beauftragung Hitlers mit der Regierungsbildung in zwei deutlich voneinander abgesetzten Phasen: Vom Eintritt Hitlers in die Deutsche Arbeiterpartei (DAP) bis zum November-Putsch 1923 — dem Versuch, die Macht auf revolutionärem Wege zu erobern — und von der Neu¬ gründung der NSDAP am 27. Februar 1925 bis zum 30. Januar 1933 - dem Zeit¬ raum, der von den Nationalsozialisten als „Machteroberung auf legalem Wege“,be¬ zeichnet wurde (1). 1. Die Entwicklung der NSDAP von 1919 bis 1923 Die NSDAP ging aus der DAP hervor, die am 5. Januar 1919 in München von dem Schlosser Anton Drexler und dem Schriftsteller Karl Harrer gegründet wurde. Drexler hatte am 17. März 1918 den „Freien Arbeiterausschuß für einen deutschen Frieden“ als Münchener Ortsgruppe des seit 1915 bestehenden „Freien Ausschusses für einen guten Frieden“ ins Leben gerufen und war Leiter des im Winter 1918/19 gebildeten „Politischen Arbeiterzirkels“. Während Harrer — ein Mitglied der „Völkischen Thule-Gesellschaft“ (2) — den Vorsitz der „Reichsorganisation“ der DAP innehatte, stand Drexler der Münchener Ortsgruppe vor. Zu dieser politisch und sozial heterogenen, vornehmlich kleinbürgerlichen und gutmeinenden, aber in vagen und romantischen Vorstellungen zur Lösung der sozialen und staatlichen Fragen verhafteten Gruppe stieß im September 1919 der damalige „Bildungsoffiziçr“ des „1. Bayerischen Schützenregimentes Nr. 41“, Adolf Hitler. Hitlers Beitritt zur DAP und zum „Politischen Arbeiterzirkel“ erfolgte nach reif- iiher Überlegung (3) und erklärt sich aus den Möglichkeiten, die diese politisch gewichtlose Partei einem sozial entwurzelten, aber hemmungslos ehrgeizigen Manne zu bieten schien. Die zahlenmäßig kleine DAP verfügte nur über Ansätze zu einer Organisation, war programmatisch kaum profiliert (4), so daß der noch unbekannte Hitler in ihr im Gegensatz zu anderen alten, trotz des Umsturzes immer noch in sich verfestigten Parteien dadurch schnell zu bestimmendem Einfluß aufsteigen konnte, daß er versuchte, sich die Kontrolle über den aufzubauenden Parteiapparat von vornherein zu sichern. Aktivität und demagogisches Talent machten ihn so auch unentbehrlich und innerhalb kurzer Zeit zum eigentlichen Mittelpunkt der Partei. Auf Grund dieser Stellung gelang es ihm, schon im Januar 1920 den Vorsitzenden Harrer durch den leichter lenkbaren Drexler zu ersetzen, so daß die Partei praktisch zu seiner Verfügung stand. Am 24. Februar veröffentlichte sie ihr Programm, das die Voraussetzung für die öffentliche Agitation und damit für den Ausbau der DAP zur Massenorganisation schuf. Wenn auch das Verdienst, innerhalb eines Vierteljahres aus einem — seiner eigenen Darstellung nach (5) — „spießigen Verein“ eine handlungsfähige politische Organisation geschaffen zu haben, in erster Linie bei Hitler selbst liegt, so wäre doch 5 dieser schnelle Aufbau kaum möglich gewesen ohne Unterstützung von im Hinter¬ grund stehenden Reichswehrkadern, die nach dem Zusammenbruch - mehr oder minder planmäßig - versuchten, den mit der Niederlage verlorenen politisch-macht¬ mäßigen Einfluß durch Gründung von Kampfverbänden oder durch Kontrolle von ihnen unterstützter politischer Organisationen zurückzugewinnen (6). Inwieweit hüh rungsgrupp en der Münchener Reichswehr den Entschluß Hitlers zum Eintiitt in die DAR beeinflußten,

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