Geschichte, Wiederaufbau Und Vollendung Der Berliner Museumsinsel Peter-Klaus Schuster

Geschichte, Wiederaufbau Und Vollendung Der Berliner Museumsinsel Peter-Klaus Schuster

Объекты Всемирного наследия: Эрмитаж Санкт-Петербург и Остров Музеев Берлин 51 Geschichte, Wiederaufbau und Vollendung der Berliner Museumsinsel Peter-Klaus Schuster Die Museumsinsel in der Mitte Berlins ist das Herzstück fünf großen Universalmuseen weltweit. Im entscheidenden der Staatlichen Museen zu Berlin. Aber wie man das Herz Unterschied zu ihren Schwesterinstituten, – der Eremitage, nicht ohne den ihm zugehörigen Körper betrachten sollte, so dem British Museum, dem Louvre und dem Metropolitan kann man auch die Museumsinsel nicht aus dem Kosmos der Museum –, sind und waren die Staatlichen Museen jedoch Museumsinsel, Gesamtansicht, Zustand 2009 Остров Музеев, общий вид, состояние в 2009 г. Berliner Museen isolieren. Denn dieser Kosmos nahm auf nie ein ,Ein-Haus-Museum‹. Vielmehr wurden die Staatli- der Museumsinsel seinen Anfang, vergrößerte sich weit über chen Museen auf Grund der ständig anwachsenden Fülle die Insel hinaus und strebt doch immer wieder auf die Insel und Vielfalt ihrer Sammlungen bereits seit Stülers Master- zurück oder versucht sich an anderer Stelle in neuen Muse- plan von 1841 als eine Tempelstadt aus ganz unterschied- umsinseln zu konzentrieren. Die Berliner Museumsinsel ist lichen Museumsgebäuden auf der Spreehalbinsel im Zen- mithin keine bloß topographische Angabe, sondern sie ist trum Berlins vis-à-vis dem Königlichen Schloss konzipiert. eine Bedeutungsform, von der aus die Vielfalt – und richti- Dies war der Beginn der Berliner Museumsinsel! Aber die ger wäre zu sagen – die Vielteiligkeit der Berliner Museen Berliner Museen wuchsen weiter! Spätestens seit 1871, seit einzig als Sinneinheit zu begreifen ist. Errichtung des Völkerkundemuseums und des Kunstgewer- bemuseums in der Nähe des Potsdamer Platzes, waren die Staatlichen Museen zudem dezentral über mehrere Standorte I. Konzentration und Vielfalt – in Berlin verteilt. die Berliner Museumsquartiere Die Kriegszerstörungen, die Suche nach Ausweichgebäu- den und schließlich die Teilung Berlins haben dieser Zer- Mit inzwischen 16 Museen sind die 1830 als Königlich Preu- streuung der Berliner Museen weiteren Vorschub geleistet. ßische Museen begründeten Staatlichen Museen zu Berlin, So ist das Museumsquartier in Dahlem, einst von Wilhelm heute Teil der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, eines der von Bode 1920 als Asiatisches Museum begründet und dann 52 Welterbestätten: Eremitage St. Petersburg und Museumsinsel Berlin Museen Dahlem Mies van der Rohe, Neue Nationalgalerie Музеи в районе Далем Мис ван дер Роэ, Новая национальная галерея für die Präsentation nahezu sämtlicher in der Nachkriegs- eine neue zweite Museumsinsel für die europäische Kunst- zeit nach Westberlin verbrachter Sammlungen genutzt und geschichte mit Sammlungsgebäuden für die Gemäldegalerie, fortlaufend ausgebaut, noch heute der – leider etwas entle- das Kunstgewerbemuseum, das Kupferstichkabinett und die gene – Ort für unsere außereuropäischen Sammlungen. Also Kunstbibliothek großzügig ausgebaut. Mit Mies van der Ro- für jene großartigen Sammlungen der Künste und Kulturen hes 1968 eingeweihter Neuer Nationalgalerie, errichtet für Asiens, Afrikas, Altamerikas und Ozeaniens, die in weni- die im Westen geborgenen Bestände der Alten Nationalga- gen Jahren ihren zukünftigen Platz im wiederaufgebauten lerie sowie für eine neubegründete „Galerie der Moderne“, Schloss gegenüber der Museumsinsel finden und diese damit mit der man die von den Nationalsozialisten als „entartet“ als ganz einzigartigen Museumsort der Weltkunst vollenden zerstörte Sammlung moderner Kunst der Nationalgalerie werden. im einstigen Kronprinzenpalais zu ersetzen suchte, mit der Neben der ,Museumsinsel‘ und ,Dahlem‘ bildet schließlich Neue Nationalgalerie von Mies van der Rohe wurde dieses das ,Kulturforum‘, seit Ende der 1960er Jahre in der Nähe mit Blick auf die Teilung Berlins strategisch so wohlbe- des Potsdamer Platzes errichtet, unser drittes großes Muse- gründete ,Kulturforum‘ für die europäische Kunst mit einer umsquartier. Das ,Kulturforum‘ ist entstanden als Entlastung inzwischen als klassisch gefeierten Ikone der modernen Ar- von ,Dahlem‘ mit Blick auf die ,Museumsinsel‹. Denn all chitektur begonnen. die Sammlungen europäischer Kunst, die im Westberlin der Weniger ikonisch, weil weit weniger bildmächtig in ihrer Nachkriegszeit eine provisorische Unterkunft in Dahlem äußeren Erscheinung für ihren kostbaren kunsthistorischen und Charlottenburg gefunden hatten, bewegten sich infol- Inhalt, zeigten sich dann die nachfolgend entstandenen ge der bei den Berliner Museen nie aufgegebenen Hoffnung Sammlungsgebäude des ,Kulturforums‘. Dadurch geriet das auf eine Wiedervereinigung der Sammlungen aus der noblen weitläufige ,Kulturforum‘ in der Wahrnehmung des Publi- Peripherie von Dahlem und Charlottenburg zurück ins zu- kums, von Mies van der Rohes Neuer Nationalgalerie abge- künftig neue Zentrum. Auf jener durch die Stadtplanung der sehen, nach der Wiedervereinigung Berlins und der Vereini- Nationalsozialisten begonnenen und durch die Zerstörungen gung der Staatlichen Museen im Osten und Westen der Stadt des Krieges radikal vollendeten Tabula rasa im Westberliner sehr merklich ins Hintertreffen gegenüber den nun mühelos Tiergartenviertel ganz in der Nähe des Potsdamer Platzes, wieder zugänglichen Museumstempeln auf der historischen dem modernen Zentrum des einstigen und ebenso des wie- Museumsinsel. Gleichsam auf der Suche nach der wiederge- dervereinten Berlins, hat man das ,Kulturforum‘ mit Absicht fundenen Zeit pilgerten die Berliner und ihre Gäste millio- in fußläufiger Entfernung zur historischen Museumsinsel als nenfach mit stets zunehmender Neugierde, Begeisterung und Kulturforum Potsdamer Platz Kulturforum, Gemäldegalerie von außen Форум культуры на площади «Потсдамер платц» Форум культуры, картинная галерея снаружи Объекты Всемирного наследия: Эрмитаж Санкт-Петербург и Остров Музеев Берлин 53 Andacht in die inzwischen so glanzvoll wiederhergestellten klassischen Bildungsbauten auf der Museumsinsel. Dem wird man Rechnung tragen müssen, will man den so außerordentlichen Berliner Sammlungen zur europäischen Kunstgeschichte zukünftig jene Aufmerksamkeit sichern, die sie im internationalen Vergleich absolut verdienen. Eine internationale Aufmerksamkeit, welche die Berliner Samm- lungen – wie die sammlungsübergreifende Präsentation der Skulpturen mit ausgewählten Gemälden Alter Meister und Werken des Kunstgewerbes auf der Museumsinsel im 2006 wiedereröffneten Bode-Museum schlagend demonstrierte – an ihrem historisch angestammten Platz in der alten Mitte Berlins mühelos zu erreichen vermögen. Das ,Kulturforum‘ im Herzen des traditionell modernen Westens Berlins wird nach dieser Rückkehr der Alten Meister auf die historische Museumsinsel zu einer ,Museumsinsel der Moderne‘, zu ei- ner in der Besucherwahrnehmung dann wirklich funktionie- renden zweiten Museumsinsel mit Mies van der Rohes Neuer Nationalgalerie, dem Tempel der Moderne, als internationa- lem Ausstellungshaus im Zentrum. Die Gemäldegalerie von Hilmer & Sattler bietet hingegen endlich das lang vermisste geräumige Haus für die vielfältigen Berliner Sammlungen zur Kunst des 20. und des beginnenden 21. Jahrhunderts. Plötzlich erkennt man, wie aus dem Unglück der Teilung ein neues Glück wird. Da es im geteilten Berlin auch bei Hamburger Bahnhof den Staatlichen Museen alles doppelt gab, zwei Nationalga- Музей современности «Хамбургер Банхоф» lerien – die Alte Nationalgalerie auf der Museumsinsel und (Гамбургский вокзал) die Neue Nationalgalerie auf dem Kulturforum–, zwei Ge- mäldegalerien – die alte auf der Museumsinsel und die neue auf dem Kulturforum –, ergeben sich ganz zwanglos alle Möglichkeiten für die entscheidenden Rochaden zur Wie- derherstellung der alten neuen Sammlungszusammenhänge mit vollständiger Nutzung aller inzwischen neuerrichteten Museumsgebäude! Nichts war vergeblich, nichts umsonst! Damit ergibt sich die folgende Zukunftsperspektive für die Staatlichen Museen zu Berlin: ––Erstens: Die Museumsinsel mit ihren fünf Museumstem- peln in der Mitte Berlins ist der Ort der europäischen Kün- ste von der Vor- und Frühgeschichte über die Antike bis um 1900 mitsamt allen Voraussetzungen, Vorläufern und Parallelentwicklungen in Ägypten und Vorderasien. ––Zweitens: Das Schlossareal vis-à-vis der Museumsinsel wird nach dem Beschluss von Parlament und Regierung und des Landes Berlin zum prominenten Ort der außereu- ropäischen Künste und Kulturen. Dort präsentieren sich die bisher in Dahlem gezeigten außereuropäischen Samm- lungen nun in der einstigen Staatsmitte in einem nach Ku- batur und Fassaden am zerstörten Schloss orientierten, neu zu errichtenden ,Humboldt-Forum‘. Die außereuro- päischen Sammlungen stehen dort in ständigem Dialog mit den europäischen Sammlungen auf der Museumsin- sel, den Sammlungen der Humboldt-Universität sowie der Zentralen und Landesbibliothek Berlin. Das einstige Mu- seumsquartier in Dahlem geht in die Nutzung der Freien Universität in Dahlem über. ––Drittens: Das Kulturforum am Potsdamer Platz, der seit je- her Ort des modernen Berlin war, bleibt mit all seinen Bau- ten für die Künste der Moderne reserviert. Dabei stiftet das Charlottenburg, zwei Stüler-Pavillons ständig in die Gegenwart sich erweiternde Kupferstichka- Район Шарлотенбург, два павильона Штюлера 54 Welterbestätten: Eremitage St. Petersburg und Museumsinsel Berlin Friedrichswerdersche Kirche Schloss Köpenick Музей церковь «Фридрихсвердерше Кирхе» Дворец Кёпеник binett mit seinen historischen Beständen dort ebenso wie Skulpturensammlung des Berliner Klassizismus.

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