Aus dem Institut für Geschichte der Medizin der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum Leiterin: Prof. Dr. rer. nat. Irmgard Müller Zur Geschichte des Mariannen-Hospitals in Werl unter besonderer Berücksichtigung der Armen- und Gesundheitsfürsorge dieser Stadt Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnmedizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Heike Niehrenheim aus Essen 2003 Dekan: Prof. Dr. med. Gert Muhr Referent: Prof. Dr. med. Irmgard Müller Korreferent: Prof. Dr. med. Herbert Neumann Tag der Mündlichen Prüfung: 20.04.2004 2 Meinen Eltern 3 Inhaltsverzeichnis1 Seite I. Einleitung 7 II. Werl – Ein geschichtlicher Überblick 9 III. Das Armenwesen 14 1. Die private Armenpflege 14 2. Die öffentliche Armenpflege 15 3. Das Armenwesen in Werl 18 IV. Die Ärzteschaft in Werl 20 1. Ehemann der Stifterin 20 2. Weitere Medizinalpersonen 21 V. Die Schwesternschaft 23 1. Die Krankenpflege in Deutschland 23 a) Die katholische Ordenspflege 23 b) Die evangelische Diakonie 24 c) Die Krankenpflege im Krieg 26 d) Die freiberufliche Krankenpflege 29 2. Vincenz von Paul 29 3. Die Verbreitung der Genossenschaften der Barmherzigen Schwestern in Europa 32 4. Die Barmherzigen Schwestern in Werl 35 1 Die Gliederung erfolgt in Anlehnung an V. Spanke (1996). 4 VI. Die Vorläufer des Mariannen-Hospitals 37 1. Die Antoniusklause 37 2. Das Stadt-Hospital 38 3. Das Georgs-Hospital 38 4. Das Vincenz-Hospital 39 VII. Gründe für den Bau des Mariannen-Hospitals 42 VIII. Trägerschaft und Verwaltung 45 1. Der Frauen- und Jungfrauenverein 45 2. Die Maria-Anna-Heese`sche Stiftung 48 3. Der Krankenhaus-Förderverein 50 IX. Die Stellung des Kreisphysikus- und Kreiswundarztes im preußischen Gesundheitssystem 52 1. Der Kreisphysikus und der Kreiswundarzt 52 2. Die Kreisphysikusstelle zu Soest 58 X. Zur Baugeschichte des Mariannen-Hospitals 60 1. Die Anfänge des Mariannen-Hospitals 1864 60 2. Erweiterungsbau 1880/81 65 3. Neubau 1900 – 1903 68 4. Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen 1911 – 1914 92 5. Das Mariannen-Hospital im Ersten Weltkrieg 94 6. Bau des Wasch- und Isolierhauses 1926/27 96 7. Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen 1928 99 8. Umbaumaßnahmen 1930 – 1938 101 9. Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen 1940 – 1960 102 10. Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen 1962 – 1978 110 11. Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen 1984 – 2001 113 5 XI. Die Ärzte des Mariannen-Hospitals 119 XII. Schlußbetrachtung 126 XIII. Anlagen und Tabellen 128 XIV. Quellen- und Literaturverzeichnis 144 1. Ungedruckte Quellen 144 2. Gedruckte Quellen 148 XV. Verzeichnis der wiedergegebenen Abbildungen 159 Marianne Heese – Eine Kurzbiographie 160 Danksagung 163 Lebenslauf 164 6 I. Einleitung Kleine Krankenhäuser sind aus historischer Sicht bis heute noch nicht ausreichend untersucht worden und dementsprechend fehlen Darstellungen hinsichtlich der Entwicklung von Krankenhäusern im 19. Jahrhundert in ländlichen Regionen.2 Im Gegensatz dazu gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen großer Krankenhäuser wie z.B. Universitätskliniken in größeren Städten. Die kleinen Krankenanstalten wurden vorwiegend von Privatpersonen wie Marianne Heese gegründet, da zur damaligen Zeit kein ärztlicher Versorgungsanspruch seitens des Staates bestand. Die finanziellen Mittel der Krankenhäuser waren trotz Spenden und Unterstützungen von Privatpersonen derart begrenzt, daß sich die Häuser am Rande des Existenzminimums bewegten. Demzufolge mußten ständig Kompromisse bezüglich einer optimalen Patientenversorgung und der steigenden Kosten gefunden werden. Das konfessionelle Mariannen-Hospital in Werl dient als Beispiel zur Darstellung von Möglichkeiten und Grenzen kleiner Krankenhäuser. Im Vordergrund stehen die bauliche, die personelle und die medizinische Entwicklung des Krankenhauses. Zur Verdeutlichung der lokalen medizinischen Versorgungsmöglichkeiten der Werler Bevölkerung erfolgt die Darstellung der Vorläufer des Hauses. Verbunden mit der Geschichte Werls, tragen sie zum Verständnis des Krankenhausbaus bei. Die Exkurse auf den Gebieten der Krankenpflege und des Armenwesens sollen dem Leser einen Eindruck in Hinblick auf die allgemeine Krankenpflegesituation in Deutschland im 19. Jahrhundert vermitteln. Das Gründungsjahr 1864 des Mariannen-Hospitals fiel in einen Zeitraum, der für die bauliche Entwicklung des deutschen Krankenhausbaus bedeutsam war. 2 Eine Ausnahme bildet die Untersuchung von V. Spanke (1996), die in Aufbau und Darstellung Vorbild für die vorgelegte Studie war. 7 Im 18. Jahrhundert herrschte die Meinung, daß Wundfieber und andere Epidemien durch regelmäßige Lüftung der Räume zu verhindern waren. Die Infektionsursache für diese Epidemien wurden in den „Miasmen“ und die „Kontagien“ gesehen. Die Lösung sah man in der dezentralisierten Pavillonbauweise, in der die gwöhnlichen Mehrgeschossbauten durch ein- und zweigeschossige Bauten, kombiniert mit großen länglichen Krankensälen ersetzt wurden. Durch die gegenüberliegenden Fensterreihen der Krankensäle wurde eine optimale Belüftung garantiert.3 In Hinblick auf diese baugeschichtliche Periode kam eine derartige Bauweise für das Mariannen-Hospital in finanzieller Hinsicht nicht in Frage. Neben der Ausarbeitung der Baugeschichte erfolgt der Versuch einer Einbindung in das Gesundheitswesen Preußens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, insbesondere durch die Hervorhebung der Stellung des Kreisphysikus. Ferner werden die mit der Führung des Hauses betrauten Ärzte und Schwestern aufgeführt, die an dem Fortbestand des Mariannen-Hospitals maßgeblichen Anteil hatten. 3 Murken (1995), S. 122. 8 II. Werl – Ein geschichtlicher Überblick Werl liegt in einem traditionell agrarisch geprägten Gebiet, am westlichen Rand der Soester Börde in Westfalen.4 Erste Siedlungsspuren lassen sich bereits aus der Zeit um 200 v. Chr. durch Funde aus der Eisenzeit hinsichtlich der Salzge- winnung belegen5, die vermutlich schon damals eine nicht unerhebliche Rolle in dieser Region spielte. Römische Münzen, gefunden im engeren Stadtgebiet, verweisen auf die späte römische Kaiserzeit (350 n. Chr.).6 Unter Karl dem Großen (747 - 814) wurde der Raum Werl, ausgehend von den Klöstern Wer- den an der Ruhr und Corvey an der Weser, missioniert.7 Um 900 verlegte das westfälische Adelsgeschlecht der Grafen von Werl seinen Wohnsitz von Meschede im Sauerland nach Werl.8 Die Herkunft des Ge- schlechts ist unbekannt, aber die erste urkundliche Nennung der Grafen von Werl datiert auf den 21. Mai 1000.9 In diese Zeit, nämlich 1024, fällt auch die erstmalige Erwähnung des Ortsnamens „Werla“.10 Die Herrschaft der Grafen von Werl endete, bedingt durch Erbteilung, schon wenig später im 11. Jahrhundert.11 Mit der Schenkung der Stadt Werl durch den Grafen Liupold von Werl an das Erzstift Köln kam die Stadt unter die Landesherrschaft des Erzbischofs und Kurfürsten von Köln.12 Unter dessen Herrschaft wurde nun das verwirklicht, was die Grafen von Werl bis dato nicht erreicht hatten:13 Werl wurde Stadt. Das genaue Datum der Verleihung der Stadtrechte steht 4 Deisting (1994), S. 1081. 5 Preising (1972), S. 6. 6 Preising (1972), S. 6. 7 Preising (1972), S. 7. 8 Nach Eroberung des Gebietes durch Karl den Großen, teilte dieser das Land in „Comitate“ (Bezirke) auf, die als erbliche Lehen an die Lehnsherren übertragen wurden. So besaßen auch die Grafen von Werl im Gebiet des Werler Hellwegs zahlreiche Comitate. Es ist zu vermuten, daß die Grafen ihren Wohnsitz zum Zwecke einer effizienteren Verwaltung der Comitate nach Werl verlegten. Preising (1972), S. 7. 9 Am 21. Mai 1000 erfolgte die urkundliche Nennung eines Werler Grafen Herimann und seiner Mutter Gerberga von Burgund. Preising (1963), S. 3. 10 Preising (1963), S. 3. 11 Hömberg (1967), S. 65, 137. 12 Handbuch der historischen Stätten Deutschlands (1963), S. 647. Bockhorst (1994), S. 95. 13 Preising (1972), S. 9. 9 urkundlich nicht fest. Vermutungen gehen dahin, das Gründungsdatum in den Zeitraum von 1216 - 1225 zu legen.14 Im Jahre 1271 erfolgte die Bestätigung des Werler Stadtrechts durch den Erzbischof Engelbert II. von Köln. Er bestätigte urkundlich15 die von seinen amtlichen Vorgängern verliehenen Rechte und Privilegien (sog. Soester Stadtrecht)16. Aufgrund von Werls exponierter Lage am Schnittpunkt zweier historischer Fern- straßen17, betrieb die Stadt intensiven Handel. Vier Gilden prägten das wirt- schaftliche Geschehen in Werl: Die Sälzer, die Bäcker, die Bauleute und die Kaufleute.18 Wie bereits erwähnt, spielte die Salzproduktion und Salzversorgung schon in der frühzeitlichen Geschichte eine wichtige Rolle. Da den Sälzern das Recht zur Salzgewinnung als Lehen zustand19, konnten sie daraus ein wirtschaftliches Monopol aufbauen. Dies führte zu einer wirtschaftlichen Vormachtstellung der Sälzer in Werl bis ins 20. Jahrhundert. Aber nicht nur die Zunft der Sälzer war für die Wirtschaft von Werl bedeutsam. Auch das Offizialatsgericht, welches in dem Zeitraum von 1478 bis 1483 von Soest nach Werl verlegt wurde20, stellte für die Stadt eine wichtige Institution dar. Dieses „geistliche Hofgericht“ des Erzstifts von Köln war nämlich die hierar- chisch höchste Behörde im Herzogtum Westfalen außerhalb von Arnsberg. Mit dem Umzug des Gerichts war auch der Wohnungswechsel zahlreicher Beamter und Angestellter sowohl des Gerichts selbst als auch damit im Zusammenhang stehender Behörden verbunden. Dies hatte zur Folge, daß sich v.a. 14 Mehler (1891), S. 50. Hömberg (1967), S. 130. 15 Die Urkunde der Bestätigung des Soester Stadtrechts für die Stadt Werl befindet sich noch heute im Stadtarchiv von Werl.
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