Zionismus Und Antisemitismus Im Dritten Reich

Zionismus Und Antisemitismus Im Dritten Reich

Francis R. Nicosia Zionismus und Antisemitismus im Dritten Reich 1057 Nicosia ZionismusAntisemitismus.indd 1 09.05.12 10:09 Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden Für die Stiftung Institut für die Geschichte der deutschen Juden herausgegeben von Andreas Brämer und Miriam Rürup Bd. XL 1057 Nicosia ZionismusAntisemitismus.indd 2 09.05.12 10:09 Francis R. Nicosia Zionismus und Antisemitismus im Dritten Reich Aus dem Englischen von Karin Hanta WALLSTEIN VERLAG 1057 Nicosia ZionismusAntisemitismus.indd 3 09.05.12 10:09  GedrucktmitUnterstützung derBehördefürWissenschaftundForschung,Hamburg Bearbeiter:BjörnSiegel Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinder DeutschenNationalbibliografie;detailliertebibliografischeDaten .sindimInternetüberhttp://dnb.d-nb.deabrufbar Titel der englischen Originalausgabe: Zionism and Anti-Semitism in Nazi Germany Thiseditionwasfirstpublishedby CambridgeUniversityPress Francis R. Nicosia 2008© Für die deutsche Ausgabe: WallsteinVerlag,Göttingen1© www.wallstein-verlag.de VomVerlaggesetztausderAdobeGaramond Umschlaggestaltung:BastaWerbeagentur,SteffiRiemann :UmschlagbildunterVerwendungfolgenderAbbildungen .(sieheBildnachweisaufS.395(Abb.1undAbb.3)sowieS.191undS.79) Druck:Hubert&Co,Göttingen ISBN (print): 978-3-353-157-5 ISBN(eBook,pdf ):97-3-353-11-6 Inhalt Einleitung . 9 I. Das Zeitalter der Emanzipation im Deutschen Reich . 25 Der Zionismus in der antisemitischen Vorstellungswelt . 25 Antisemitismus im zionistischen Denken . 48 II. Die Weimarer Republik . 67 Deutscher Zionismus und der Erste Weltkrieg . 67 Deutscher Zionismus und die NS-Gefahr . 71 Erste nationalsozialistische Ansichten zum Zionismus . 90 III. NS-Verwirrung, zionistische Illusion, 1933 . 105 Auf der Suche nach einer angemessenen Politik . 105 Das Ha’avara-Abkommen . 110 Zwischen Illusion und Realität . 125 IV. Zionismus in der NS-Judenpolitik, 1934-1938 . 146 Staatsdienststellen und Zionismus . 146 Polizei und Zionismus . 153 Ein Judenstaat . 172 Die SS und die zionistische Option des Jahres 1938 . 182 V. Deutscher Zionismus, 1934-1938: Konfrontation mit der Wirklichkeit . 195 Optimismus und Expansion . 195 Wirtschaftlicher Niedergang . 207 Beziehungen in der jüdischen Gemeinschaft . 217 Zerfall und Isolierung . 232 5 1057 Nicosia ZionismusAntisemitismus.indd 5 09.05.12 10:09 inhalt VI. Zionismus-Revisionismus in Deutschland, 1934-1938 . 240 Zerfall der Einheit . 240 Die Staatszionistische Organisation . 246 Staatszionisten, ZVfD und das NS-Regime . 251 VII. Die jüdische Umschulung und die NS-Judenpolitik . 274 Jüdische Umschulungsprogramme . 274 Jüdische Umschulung in der NS-Judenpolitik . 297 VIII. Von der Auflösung zur »Endlösung«, 1938-1941 . 320 Radikalisierung und Kontinuität im Jahre 1938 . 320 Fortsetzung der Auswanderung . 332 Zionismus und Palästina . 342 Umsiedlung, Auswanderung, Massenmord . 358 Schlussbemerkungen . 364 Anhang . 378 Abkürzungen . 378 Quellen- und Literaturverzeichnis . 379 Bildnachweis . 395 Danksagung . 396 Personenregister . 398 6 1057 Nicosia ZionismusAntisemitismus.indd 6 09.05.12 10:09 Wir haben beide uns unser Volk nicht auserlesen. Sind wir unser Volk? Was heißt denn Volk? Sind Christ und Jude eher Christ und Jude, als Mensch? Gotthold Ephraim Lessing, Nathan der Weise: (Ausgabe: Stuttgart 1990, S. 50) Schmeißt hinaus die ganze Judenbande, Schmeißt sie ’naus, schmeißt sie ’naus, aus unserm Vaterlande, Schickt sie wieder nach Jerusalem, Dann sind sie wieder unter sich bei ihrem Stamme Sem. Schmeiß hinaus die ganze Judenblase, Schmeißt sie ’naus mit ihrer krummen Nase, Schickt sie wieder nach Jerusalem, Dann sind sie wieder unter sich bei ihrem Stamme Sem. »Lied der Nationalsozialisten«, BArch: R1501, 26053, Reichsinnenministerium, 1931. Die Antisemiten haben recht behalten. Gönnen wir es ihnen, denn auch wir werden glücklich. Theodor Herzl, Theodor Herzls Tagebücher, Bd. 1, Berlin 1922, S. 209. 1057 Nicosia ZionismusAntisemitismus.indd 7 09.05.12 10:09 Für Ellen, Tim und Alex 1057 Nicosia ZionismusAntisemitismus.indd 8 09.05.12 10:09 Einleitung Obwohl dieses Buch wie viele andere das Verhältnis zwischen Deutschen und Juden in der Neuzeit – von der Aufklärung bis zum Holocaust – beleuchtet, setzt es einen anderen Schwerpunkt als frühere Werke. Die meisten historischen Studien bezogen sich bisher auf die philosophische Kluft, die zwischen dem modernen, säkularen Ethnonationalismus und Antisemitismus der Deutschen und dem politischen Liberalismus der Mehrheit der deutschen Juden bestand. Gemäß der ethnonationalis- tischen und antisemitischen Weltanschauung basiert jeder National- staat auf religiöser, ethnischer und rassischer Ausschließlichkeit. Der politische Liberalismus lehnt dagegen eine solche Ansicht ab. Frühere Arbeiten untersuchten die Spannung zwischen einer rigiden völkischen1 Ideologie, die eine einheitliche deutsche und christliche Volksgemein- schaft als Grundlage für den deutschen Staat anstrebte, und dem Drän- gen des rechtlich emanzipierten und sich rapide assimilierenden deut- schen Juden tums auf die Einbeziehung und Gleichstellung der Juden als Staatsbürger und »Deutsche jüdischen Glaubens« im öffentlichen Leben. Diese Studien konzentrierten sich daher auf die gegensätzlichen und un- vereinbaren Weltanschauungen der meisten nichtjüdischen Deutschen und der Mehrheit der liberalen und »nach Assimilation strebenden«2 1 In dieser Arbeit wird der Begriff »völkisch« als ein organisches, ethnonatio- nalistisches Konzept der Staatsangehörigkeit definiert, das in Mitteleuropa in der Neuzeit vorherrschte. 2 In diesem Buch verwende ich den Begriff »Assimilation«, um all jene nichtreligiö- sen, nichtzionistischen oder antizionistischen deutschen Juden zu bezeichnen, die sich aufgrund ihrer konfessionellen oder kulturellen Identität und Lebensweise als Juden betrachteten, aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit und Nationalkultur jedoch Deutsche waren. Sie waren in das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben ihres deutschen Heimatlandes stark eingebunden. Wir sollten uns vor Au- gen halten, dass diese Juden und ihre Organisationen in den Augen von Zionisten und Nationalsozialisten »auf Assimilation drängten«. Der Großteil dieser Juden verleugnete die eigene Identität nicht und glaubte fest daran, dass man gleichzei- tig jüdisch und deutsch sein könne. Ruth Gays Unterscheidung zwischen »Assi- milation« (totale Eliminierung aller Unterscheidungen zwischen Juden und der nichtjüdischen Mehrheit) und dem relevanteren Begriff »Akkulturierung« (An- nahme einer Sprache, Kultur und sozialer Konventionen unter Beibehaltung einer spezifischen religiösen historischen Identität) ist in dieser Hinsicht sehr hilfreich. Vgl. Ruth Gay, The Jews of Germany: A Historical Portrait, New Haven 1992, S. 202. Vgl. auch Saul Friedländer, The Years of Extermination: Nazi Germany and the Jews, 1939-1945, New York 2007, S. 5. 9 1057 Nicosia ZionismusAntisemitismus.indd 9 09.05.12 10:09 einleitung jüdischen Deutschen hinsichtlich der Stellung der Juden in der deut- schen Gesellschaft. Diese unvereinbaren Ansichten fußten auf konträren Überzeugungen: Einerseits glaubten Nichtjuden, dass Juden aus religiö- sen, kulturellen, biologischen oder anderen Gründen nicht gleichzeitig Juden und Deutsche sein konnten. Viele Juden waren hingegen davon überzeugt, dies sei möglich. Die vorliegende Arbeit untersucht eine etwas anders gelagerte Kon- frontation, die vielleicht weniger direkt war und in einem geringeren Maße in der Öffentlichkeit ausgetragen wurde. Sie existierte aber und zeitigte schwerwiegende Folgen für die deutschen Juden im Dritten Reich. Dieses Buch beleuchtet das Verhältnis des völkischen deutschen Nationalismus und Antisemitismus und ihren politischen Bewegungen zum Zionismus, einer völkischen nationalistischen Ideologie und Bewe- gung, die mit dem deutschen Nationalismus durchaus einige Ansichten über Staatsangehörigkeit und Staatsleben sowie die Definition und Or- ganisation von Völkern und Staaten in der modernen Welt teilte. Bisher wurde relativ selten untersucht, wie der deutsche Nationalismus und der Zionismus angesichts der »Judenfrage« in Deutschland vor dem Holo- caust aufeinander reagierten. Theodor Herzl und andere auf ihn fol- gende zionistische Führungspersönlichkeiten in Deutschland und ande- ren Ländern nahmen offensichtlich an, dass der Zionismus das wirklich greifbare und immer stärker grassierende Problem des Anti semitismus letzten Endes neutralisieren würde. Auch Nichtjuden, Liberale wie An- tisemiten und eine Zeitlang sogar das NS-Regime, teilten die Meinung, der Zionismus würde ein nützliches Instrument zur Lösung ihres »jüdi- schen Problems« darstellen. Diese Arbeit untersucht die ideologischen Elemente des deutschen Antisemitismus und des modernen Zionismus, zu dessen Entstehung Ersterer beitrug. Sie beleuchtet deren Verhältnis in der modernen deut- schen Geschichte vor dem Holocaust.3 Beide Ideologien stellten sich zu verschiedenen Zeitpunkten und in unterschiedlichem Ausmaß als die praktischste Lösung des »Problems« der anderen Seite dar, ja als an- 3 Gegenwärtige Diskussionen über die Beziehung zwischen Zionismus und Anti- semitismus stehen in einem anderen Kontext als diese Arbeit. Sie sind in einen Zeitrahmen eingebunden, der nach dem Holocaust in einer postkolonialen Welt beginnt, und beziehen sich auf Ereignisse im Nahen Osten und Südasien, auf Themen wie Terrorismus, die amerikanische Außenpolitik und spezifische

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