Anhang: Liste von Textsortenbezeichnungen Die Untersuchung von Textsorten wird oft mit der großen praktischen Relevanz dieses Kon- zepts begründet, die sich nicht zuletzt in der großen Zahl von alltagssprachlichen Textsorten- bezeichnungen niederschlägt. Dimter (1981: 20) hat die Anzahl im Deutschen auf 5000 ge- schätzt und selbst 1650 Ausdrücke gesammelt, von denen er allerdings nur sehr wenige in seiner Studie ausführlicher behandelt und im Anhang aufführt. Eine umfangreiche Liste von Textsortenbezeichnungen im Deutschen stellt daher bislang ein Desiderat dar und soll hiermit vorgelegt werden. Grundlage der nachfolgenden Liste bildet zunächst die Kompilation bereits vorhandener Li- sten von Textsortenbezeichnungen. Am Anfang der Arbeit stand dabei die Sammlung von Rolf (1993). Eckard Rolf hat mir freundlicherweise das sechste Kapitel seiner Arbeit, in dem ca. 2100 Textsortenbezeichnungen klassifiziert werden, auf Diskette zur Verfügung gestellt, so daß daraus eine alphabetische Liste zusammengestellt werden konnte. Diesen Arbeitsschritt hat Dorothea Fischer (Genf) übernommen. Beiden möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich für ihre Hilfe danken. In der Sammlung von Rolf, der sich im wesentlichen auf die Auswertung allgemeinsprachli- cher Wörterbücher gestützt hat, sind im Prinzip die folgenden Bereiche nicht berücksichtigt: literarische Gattungen, Gesprächssorten wie z.B. Interview sowie 'Textsammlungen', die mehrere Texte (gleicher oder unterschiedlicher Textsorten) enthalten, also z.B. Zeitschrift, Lexikon. So erklärt sich leicht, daß die Menge der Bezeichnungen weit unter der von Dimter geschätzten liegt. Meine Absicht bestand nun darin, eine umfangreichere Liste zusammenzustellen, die als Grundlage für Untersuchungen unter unterschiedlichsten Gesichtspunkten dienen kann und daher auch die von Rolf ausgeschlossenen, aber in vielen Arbeiten behandelten Bereiche ab- deckten sollte. Bei diesem Vorhaben Vollständigkeit anzustreben scheint mir jedoch aus mehreren Gründen weder möglich noch sinnvoll: 1. Wegen der vielen 'abgeleiteten Textklassenkonzepte' im Sinne Dimters, also der Kom- posita, in denen Spezifizierungen grundlegenderer Konzepte (z.B. Ausweis, Buch, Ord- nung, Bericht usw. und natürlich auch Text) erfolgen, und der nach diesem Prinzip bildba- ren Ad-hoc-Komposita scheint es mir grundsätzlich unmöglich, eine geschlossene Liste von Textsortenbezeichnungen anzulegen. 2. Es dürfte eine außerordentlich große Menge von fachspezifischen Textsortenbezeich- nungen geben, also Ausdrücken etwa aus der Verwaltungssprache, dem Rechtswesen, der – 255 – Anhang: Liste von Textsortenbezeichnungen Bibliothekswissenschaft und Dokumentalistik, der Literaturwissenschaft usw.usf., die auch in größeren allgemeinsprachlichen Wörterbüchern nicht verzeichnet sind. Die Auf- nahme solcher zum Fach- und Sonderwortschatz gehörigen Ausdrücke dürfte kaum zu bewältigen und wohl auch kaum nützlich sein. Überdies hilft die Auflistung solcher Aus- drücke wenig, wenn keine Erklärung beigegeben wird. 3. Es scheint mir kaum möglich, überhaupt Einigung darüber zu erzielen, welche Aus- drücke in eine solche Liste Eingang finden müßten. Dafür spricht auch, daß in der umfangreichen Liste von Rolf diverse der wenigen Ausdrücke, die Dimter anführt, nicht erscheinen. Zu besonders problematischen Grenzbereichen dürften folgende Ausdrücke gehören: Lexeme, die eher die materielle Gestalt oder Herstellung von Texten oder sonstige Ei- genschaften betreffen, die nicht oder kaum auf den Inhalt und/oder die Funktion schließen lassen (Kopie, Wiederabdruck, Auszug, Heft), Lexeme in Form von Syntagmen (letztwillige Verfügung, psychotherapeutische Bera- tung), Lexeme, die eigentlich Sprech- oder Denktätigkeiten o.ä. bezeichnen, sekundär aber auch auf Texte bezogen werden (Darlegung, Plan), Lexeme, die größere Bereiche (Sparten, Themenbereiche u.ä.) abdecken (Feuilleton, Tendenzdichtung). Ich möchte an dieser Stelle nicht in die Diskussion über diese Problemfälle eintreten, und die vorgelegte Liste ist auch nicht als mein Vorschlag für eine sinnvolle Auswahl zu betrachten. Sie hat lediglich dokumentarische Funktion und soll als erste Zusammenstellung von Aus- drücken dienen, die für Textsortenuntersuchungen potentiell relevant sind. Zugrundegelegt wird daher ein sehr weiter Begriff von Textsorte. Das heißt zunächst, daß sowohl gesproche- ne als auch geschriebene Sprache und sowohl nicht-fiktionale als auch fiktionale Texte be- rücksichtigt werden. 'Textsammlungen' sind ebenso einbezogen wie das, was vielfach nicht als Textsorte, sondern als 'Kommunikationsform' o.ä. bezeichnet wird, nämlich so all- gemeine Ausdrücke wie Brief, Telefongespräch u.ä., die weder thematisch noch funktional spezifiziert sind. Schließlich wurden auch Ausdrücke für Teiltexte (z.B. Titel, Lead, Einlei- tung) aufgenommen, weil diese in vielen Arbeiten als (eigenständige) Textsorten behandelt werden. Dagegen sind nur sehr wenige Syntagmen (letztwillige Verfügung, weiche Nachricht) und Ausdrücke für Einzeltexte nur dann aufgenommen, wenn sie bereits üblicherweise im übertragenen Sinn, also als Bezeichnung für einen Typ von Text benutzt werden, wie es etwa für Bibel (die Bibel der Vegetarier) oder Knigge (der Öko-Knigge) gilt. Da jedoch die Liste von Rolf – als bislang einzige umfangreiche, die einem Klassifikationsversuch unterworfen wurde – als Bezugspunkt bestehen und auch erkennbar bleiben sollte, welche Ausdrücke er klassifiziert hat, wurde seine Liste praktisch unverändert übernommen, wenngleich dies zu einer Reihe von Durchbrechungen der eben erläuterten Auswahlprinzipien führt. So enthält Rolfs Liste z.B. auch Bezeichnungen für Einzeltexte (Köchelverzeichnis), insbesondere für einzelne Gesetze (z.B. Betriebsverfassungsgesetz, Ladenschlußgesetz), aber natürlich nicht für alle. Diese Ausdrücke wurden also beibehalten, – 256 – Anhang: Liste von Textsortenbezeichnungen aber nicht etwa systematisch um weitere dieser Art ergänzt. Um die Erkennbarkeit zu gewährleisten, wurden die Ausdrücke aus der Liste von Rolf kursiv gedruckt. Zur Erweiterung der Ausgangsliste habe ich zunächst die Listen von Dimter (1981) und Franke (1990) ausgewertet (die dort verzeichneten Ausdrücke wurden allerdings nicht vollständig übernommen). Sehr ergiebig war dann weiter die Konsultation von onomasiologischen und rückläufigen Wörterbüchern. Letztere dienten der systematischen Suche nach Komposita auf -brief, -zeitung, -bericht etc. Die entsprechendne Ausdrücke wurden allerdings auch nicht vollständig übernommen, vor allem deswegen, weil rückläufige Wörterbücher, die auf Textkorpora basieren, viele Ausdrücke anführen, die kontextlos unverständlich und in semasiologischen Wörterbüchern nicht verzeichnet sind. Zur Zusammenstellung der Ausdrücke für literarische Gattungen habe ich das Sachwörterbuch der Literatur von Gero von Wilpert ausgewertet. Auch hier habe ich aber auf die Übernahme einer ganzen Reihe von Ausdrücken verzichtet, die zum Spezialwortschatz der Literaturwissenschaft gerechnet werden müssen und bei denen es sich um (großenteils) fremdsprachige Ausdrücke für spezifische Gattungen der verschiedenen Nationalliteraturen (Âkhyâna, Hokku, Menippea, Stornello etc.) handelt. Für Ausdrücke aus dem Bereich der Publizistik war der Rückgriff auf die Sachregister einschlägiger Handbü- cher hilfreich. Da mir ein entsprechendes Hilfsmittel zur systematischen Erfassung gängiger Textsorten aus dem Bereich der Bürger-Verwaltungs-Kommunikation nicht zur Verfügung stand, gehe ich davon aus, daß hier die Lücken am größten sind. Dafür spricht auch, daß in diesem Bereich die Anzahl der Lexeme besonders groß war, auf die ich zufällig stieß, d.h. einerseits bei der Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften und im Alltagsleben, andererseits aufgrund von spontanen Assoziationen, die sich bei der Arbeit mit Listen von Textsortenbe- zeichnungen unweigerlich einstellen. Viele der auf diesem unsystematischen Wege gefunde- nen Ausdrücke – die fast alle gängig und allgemeinverständlich sind – waren weder in den benutzen Listen noch in allgemeinen Wörterbüchern verzeichnet, so daß es m.E. keinen Grund zu der Annahme gibt, irgendein Wörterbuch könne oder wolle die Menge gängiger Textsortenbezeichnungen vollständig erfassen. Abschließend sei erwähnt, daß natürlich die Arbeit an der Bibliographie eine reiche Quelle für Textsortenbezeichnungen war. Insgesamt enthält die nun vorgelegte Liste knapp 4000 Ausdrücke. Eine Reihe von Bezeichnungen wurden mit kurzen Erläuterungen versehen, zum Teil nur um deutlich zu machen, woran jeweils gedacht ist oder in welchem Sachbereich der Ausdruck üblich ist, zum Teil um die Bedeutung zu umschreiben. Zur Erläuterung von (nicht allgemeinverständlichen) Ausdrücken aus bestimmten Fach- und Kommunikationsbereichen und/oder historischen Epochen wurden folgende Abkürzungen verwendet: Bank Bankwesen hist historisch, auch: veralteter Ausdruck Jur Rechtswesen Kirch Kirche, Religion, Liturgie Liwi Literaturwissenschaft (auch zu lesen als: erläutert bei Wilpert) MA, ma Mittelalter, mittelalterlich Ökon Wirtschaft Pol Politik Publ Publizistik – 257 – Anhang: Liste von Textsortenbezeichnungen Abänderungsantrag Abrüstungsverhandlungen Adversaria [vor Augen liegende Abbestellung Absage Kladde mit ungeordneten Kon- Abbruchgenehmigung Absatz zepten, Notizen] Abdankungserklärung Absatzgarantie Agenda [Notizbuch] Abecedarium Abschiedsbrief Agende [Kirch] Abendblatt Abschiedsgespräch Agentenroman Abendgebet Abschiedsrede Agenturbericht Abendgespräch Abschilderung Agenturmeldung Abendnachrichten Abschlußarbeit Agitpropstück
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