Wolf . Hoose . Dauses Die Militarisierung des Weltraums Dieter O. A. ~olf Hubertus M. Hoose Manfred A. Dauses [Q)ö® WA1Ö~Ö~@)[fÖ®Ö®[fQJ][ffi@ cQ]®® ~®~11[f@)QJ]mm® Rüstungswettlauf in der vierten Dimension © Bernard & Graefe Verlag Koblenz 1983 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. Herstellung: Walter Amann, München Satz: Graphik + Satz GmbH, Bonn Druck und Bindung: Sulzberg-Druck GmbH, Sulzberg im Allgäu Printed in Germany ISBN 3-7637-5338-9 Inhalt Vorwort 7 Einleitung 8 I. Die Raumfahrt in historischer Perspektive 11 /I. Die zivilen Einsatzbereiche der Raumfahrt 24 1. Kommunikationssatelliten 25 2. Navigations- und Verkehrskontrollsatelliten 29 3. Wettersatelliten ' 30 4. Erderkundungssatelliten 34 5. Weltraumwissenschaftliche Missionen 36 6. Lunare und planetare Missionen 38 7. Blick in die Zukunft 42 IIl. Die militlirische Nutzung des erdnahen Raums 45 1. Beginnt der Krieg zwischen den Supermächten im Weltraum? 45 2. Ein wenig Himmelsmechanik oder: Was die Satelliten in der Umlaufbahn hält 48 3. AufklärungausdemWeltraum 52 a) Fotoaufklärung 56 b) Überwachung der Seeschiffahrt 71 c) Wetteraufklärung 73 d) Frühwarnung vor Raketenüberfällen 76 e) Elektronische Aufklärung aus dem Raum 77 o Überwachung von Atomversuchen im Raum 82 4. Raumflugkörper als ideale Fernmeldemittel 83 5. Navigation mit künstlichen Erdsatelliten 92 6. Geodäsie-Raumflugkörper 97 7. Raumwaffensysteme 98 a) Strategische Waffensysteme im Raum 100 b) Satellitenabwehrsysteme 105 8. Triebwerke für die militärische Raumfahrt 113 a) Raketentriebwerke im Einsatz 114 b) Mit dem Raumtransporter in eine neue Ära der Raumfahrt 117 9. Raumüberwachungs- und Führungssysteme 120 10. Krieg mit Unterstützung von Satelliten- ein hypothetisches Szenario 125 5 IV. Au/dem Wegzueinem Weltraumrecht 133 1. Die ersten Fühlungnahmen 133 2. Der Weltraumvertrag 138 a) Der Grundsatz der Weltraumfreiheit 140 b) Die Entmilitarisierung des Weltraums 143 3. Sonstige Abkommen, insbesondere der Mondvertrag 147 4. Entwicklungstendenzenim Weltraumrecht 153 a) Direktfernsehsatelliten 154 b) Erderkundung aus dem Weltraum 156 c) Die Abgrenzung des Weltraums 157 V. Der Weltraum im politischen KrO/te/eld 158 1. Die feindliche Bipolarität 160 2. Der »Sputnik-Schock« - Beginn des Vorstoßes in den Weltraum 168 3. Die Phase der »bedingten« Kooperation 174 4. Von der »Ära der Konfrontation« zur »Ära der Verhandlungen« 178 5. Eine »neue« Welt? 190 Anmerkungen 204 Literaturverzeichnis 210 Abkürzungsverzeichnis 215 Die Autoren 218 6 Vorwort Im August 1982 ist in Wien die zweite Konferenz der Vereinten Nationen über die Erforschung und friedliche Nutzung des Weltraums (UNI- SPACE) zu Ende gegangen. Die anhaltenden Debatten und der bis zuletzt heiß umkämpfte Schlußbericht haben die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit auf ein Phänomen gelenkt, das mit Fug und Recht als das zentrale Problem der heutigen Raumfahrt bezeichnet werden kann: die Militarisierung des Weltraums. Das Dilemma militärischer Raumfahrtun- temehmungen liegt auf der Hand. Sie sind für die freie Welt unerläßliche Garanten zur Sicherung des Weltfriedens, doch sie potenzieren auch die Risiken internationaler Konflikte. UNISPACE war ursprünglich als wissenschaftlich-technisches Diskus- sionsforum, nicht als ein Tribunal über das Wettrüsten im All einberufen worden. Jedoch sollte die Konferenz schon bald einen anderen Verlauf nehmen. Aufklärungssatelliten und Anti-Satellitensysteme gerieten auf die Anklagebank und wurden in den Rededuellen der rund tausend Dele- gierten aus 90 Staaten unmißverständlich mit den bewaffneten Konflikten der jüngsten Zeit in Verbindung gebracht. Der schließlich verabschiedete Text, der der Vollversammlung der Vereinten Nationen zugeleitet wurde, bezeichnet das Wettrüsten im All als schädlich für die gesamte Mensch- heit und fordert alle Staaten auf, aktiv zu seiner Verhinderung beizutra- gen. Den zuständigen UN-Organen, der Vollversammlung und dem Ab- rüstungsausschuß, wird nahegelegt, sobald wie möglich über Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Militarisierung des Weltraums zu bera- ten. Die Verfasser machen sich die Schlußfolgerungen von UNISPACE zu ei- gen und hoffen, mit dieser Studie einen bescheidenen Diskussionsbeitrag zu einem Problemkreis zu leisten, der uns alle vital betrifft. Das Buch ist in Zusammenarbeit mit dem European Center for International Relations der Boston University in Bonn entstanden. Die Autoren danken allen, die zum Gelingen beigetragen haben, insbesondere den Herren Dr. E. BarteIs und H. Rasper. Bonn und Luxemburg, Dieter O.A. Wolf im September 1983 HUbertus M. Hoose Manfred A. Dauses 7 Einleitung Die machtpolitische Kraftprobe zwischen den beiden Supermächten USA und Sowjetunion findet immer neue Betätigungsfelder. Die Dynamik die- ses Prozesses ist unverkennbar. Gestern standen die SAL T -(START -)Ver- handlungen im Mittelpunkt, heute wird die sowjetische Aufrüstung dis- kutiert, die Modernisierung der Mittelstreckenwaffen (lNF) in Europa, die Neutronenwaffe und der Bann chemisch-bakteriologischer Waffen. Noch ist nicht abzusehen, wann es zu auch nur einigermaßen befriedigen- den Vertragsabschlüssen auf diesen Sektoren kommt. Unterdessen gehen die militär-technologischen und strategischen Planungen weiter, von der WeltöffentIichkeit unbemerkt und in selbst für Experten kaum nachvoll- ziehbarem Tempo. Die Gretchenfrage drängt sich auf: Was nutzen alle derzeitigen Verhandlungen und Verträge, wenn hinter verschlossenen Türen bereits der Kampf um das zukünftige »Gleich-(Über?-)Gewicht« seinen Fortgang nimmt? Seit dem Start des ersten künstlichen Satelliten Sputnik 1 am 4. Oktober 1957 ist kaum ein Vierteljahrhundert verstrichen. Gleichwohl prägen Weltraumforschung und Raumfahrt bereits das Erscheinungsbild und die Lebensbedingungen des technischen Zeitalters. Ihr finanzieller Umfang und ihre wirtschaftliche, politische und militärische Bedeutung sind sprunghaft gestiegen. Ihr Schwergewicht hat sich von den wissenschaftli- chen Forschungsrnissionen auf die nutzorientierten Anwendungstechno- logien verlagert. Operative Einsätze im Rahmen kommerzieller Großpro- jekte sind in den Vordergrund getreten. Hand in Hand mit der zivilen WeItraumnutzung gehen die militär-strate- gischen Operationen der Großmächte. Die Einbeziehung des Weltraums in militärische Planungen ist längst ein fait etabli. Militärische Motive sind zu Haupttriebfedern für die Entwicklung neuer WeItraumtechnolo- gien geworden, die Streitkräfte zu ihren wichtigsten Nutznießern. Die militärischen Einsatzmöglichkeiten der Weltraumtechnologie reichen von passiven Operationen der Informationsbeschaffung und -übertra- gung über Navigations-, Frühwarn- und elektronische Kampfführungssy- sterne bis hin zu raumgestützten Angriffs- und Verteidigungswaffen. Zudem ist fast jede zivile Nutzung auch militärisch auswertbar. Der Welt- raum ist zu einem Gegenstand unmittelbarer militärischer Machtentfal- tung geworden. Hier werden neue MiIitärstrategien entwickelt. Erdge- bundene bewaffnete Konflikte können in den Weltraum getragen werden. Sie werden nach Maßgabe des jeweiligen Standes der Weltraumrüstung 8 entschieden werden, wenn nicht wirksame Normen des internationalen Rechts dem Einhalt gebieten. In kaum einem anderen Bereich wird die moralische Zwiespältigkeit fort- geschrittener Technologien so augenfällig wie im Weltraum. Kooperative Weltraumunternehmen fördern das Bewußtsein der allen Nationen ge- meinsamen Probleme. Sie eröffnen Perspektiven der friedlichen Verstän- digung und tragen zur Vertiefung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Staaten und Völkern bei. Dem stehen nie dagewesene Gefahren für die Menschheit gegenüber. Be- reits der Absturz des mit einer nuklearen Energiequelle ausgestatteten sowjetischen Satelliten Kosmos 954 im Januar 1978 hat drastisch vor Augen geführt, daß nuklearer Fallout unabsehbare Störungen des natürli- chen Umweltgleichgewichts nach sich ziehen kann. Bedrohlicher noch mutet der Stellenwert an, den Weltraumforschung und -nutzung in den letzten Jahren in globalen sicherheitspolitischen Überlegungen erlangt haben. Potentiale und Entwicklungstendenzen deuten darauf hin, daß beide Supermächte für nahezu alle raumfahrttechnologischen Kenntnisse militärische Anwendungsbereiche suchen. Bisher haben die verantwortlichen Staatsmänner nur wenig Phantasie und Entschlossenheit an den Tag gelegt, wenn es galt, Verhaltensregeln zu kodifizieren, um dem Rüstungswettlauf im Weltraum Einhalt zu gebie- ten. Die traurige Logik des Wettrüstens hat auf den Weltraum übergegrif- fen. Sie scheint zu erfordern, daß jede noch so furchtbare Massenvernich- tungswaffe entwickelt, produziert und für den Ernstfall bereitgestellt wird. Der Teufelskreis des Actio-Reactio-Musters läßt sich nicht unter- brechen. Bereits heute sind die technologischen Möglichkeiten der Super- mächte so weit fortgeschritten, daß sich die Produktion hochkomplizier- ter und hochwirkungsvoller Waffensysteme überschlägt. Experten und Politiker stehen vor der entscheidenden Frage, ob sie noch in der Lage sind, die Auswirkungen dieser Technologien nachzuvollziehen und ihre Entwicklung unter Kontrolle zu behalten. Der überstürzte Fortschritt der militärischen Weltraumnutzung hat zu einer Vertrauenskrise geführt. Er hat die Berechenbarkeit und Begrenz- barkeit bewaffneter Auseinandersetzungen in Frage gestellt und das Gespenst eines uneingeschränkten Rüstungswettlaufs heraufbeschworen. Dies bedeutet einen ernsten Rückschlag in dem Bemühen um allgemeine
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