HEGEL-STUDIEN In Verbindung mit der Hegel-Kommission der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben von FRIEDHELM NICOLIN und OTTO PÖGGELER Band 31 FELIX MEINER VERLAG HAMBURG Inhaltlich unveränderter Print-On-Demand-Nachdruck der Originalausgabe von 1996, erschienen im Verlag Bouvier, Bonn. Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. ISBN 978-3-7873-1495-9 ISBN eBook: 978-3-7873-2953-3 ISSN 0073-1578 © Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 2016. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikro- verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruckpapier, hergestellt aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany. www.meiner.de/hegel-studien INHALT ABHANDLUNGEN OTTO PöGGELER (Bochum) Hegels Ästhetik und die Konzeption der Berliner Gemälde- galerie 9 ANDREAS GROSSMANN (Bochum) Weltgeschichtliche Betrachtungen in systematischer Absicht. Zur Gestalt von Hegels Berliner Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte 27 HEINZ EIDAM (Kassel) Die vergessene Zukunft. Anmerkungen zur Hegel-Rezeption in Cieszkowskis „Prolegomena zur Historiosophie" (1838) 63 Lu DE VOS (Löwen) Hegels Enzyklopädie 1827 und 1830: Die Offenheit des Systems? 99 BURKHARD LIEBSCH (Ulm) Probleme einer genealogischen Kritik der Erirmerung. Anmerkungen zu Hegel, Nietzsche und Foucault 113 LITERATURBERICHTE UND KRITIK G. W. F. Hegel: El „Fragmente de Tubinga" (MARIANO ALVAREZ- GOMEZ, Salamanca) 141 Myriam Bienenstock: Politique du jeune Hegel (ELISABETH WEISSER- LOHMANN, Hagen) 143 Bruno Coppieters: Kritik der reinen Empirie (FRANZ HESPE, Bergen) 148 Transzendentalphilosophie und Spekulation. Hrsg. v. W. Jaeschke (MIHäLY Szivös, Budapest) 151 Terry Pinkard: Hegel's Phenomenology: The Sociality of Reason (MARCOS BISTICAS-COCOVES, New York) 153 Andreas Luckner: Genealogie der Zeit (STEPHAN BAEKERS, Den Haag) 155 Reinhold im Lichte Kants und Hegels - Gerhard W. Fuchs: Karl Leonhard Reinhold; Pier Luigi Valenza: Reinhold e Hegel (MARTIN BONDELI, Bern) 159 Gabriella Baptist: II Problema della Modalitä nelle Logiche di Hegel (WILHELM METZ, Freiburg) 166 Petra Braitling: Hegels Subjektivitätsbegriff (FRIEDRICH HOGEMANN, Bochum) 168 Angelica Nuzzo: Logica e Sistema suUTdea Hegeliana di Filosofia (WILHELM METZ, Freiburg) 172 Karen Gloy und Rainer Lambrecht (Hrsg.): Bibliographie zu Hegels „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse" (HANS-CHRISTTAN LUCAS, Bochum) 173 Barbara Markiewicz: Lebende Bilder (JAN GAREWICZ, Warschau) 175 Angela Requate: Pragmatischer versus absoluter Idealismus (BRUNO COPPIETERS, Brüssel) 175 Hegel and Newtonianism. Ed. by Michael John Petry (WOLFGANG BONSIEPEN, Bochum) 176 Louk Eduard Fleischhacker: Beyond Structure. The Power and Limitations of Mathematical Thougt in Common Sense, Science and Philosophy (ACHIM ILCHMANN, Lübeck) 186 Giovanna Pinna: L'ironia metafisica (PAOLO D'ANGELO, Messina) 189 Eduard Gans: Chroniques fran^aises. Ed. par N. Waszek; E. Gans: Rückblicke auf Personen und Zustände (Lu DE Vos, Löwen) 191 Hans-Jürgen Gawoll: Nihilismus und Metaphysik (HANS-CHRISTIAN LUCAS, Bochum) 193 B. Bianco, M. Longo, G. Micheli, G. Santinello e L. Steindler: L'etä hegeliana (PAOLO GIUSPOLI, Bochum/Perugia) 195 Stefan Koslowski: Idealismus als Fundamentaltheismus (TOBIAS TRAPPE, Bochum) 199 Knut Wolfgang Nörr: Eher Hegel als Kant (R. CHENNOUFI, Tunis) .... 202 Idealismus mit Folgen. Die Epochenschwelle um 1800 in Kunst und Geisteswissenschaften. Festschrift zum 65. Geburtstag von Otto Pöggeler (CLEMENS MENZE, Köln) 203 Kommt das „Hegel-Jahrbuch" zu produktiver Ruhe? (HANS-CHRISTIAN LUCAS, Bochum) 208 Jahrbuch für Hegelforschung. Hrsg, von Helmut Schneider (KATHARINA COMOTH, Köln) 213 Phänomenologie im Schatten Hegels - Walter Biemel: Gesammelte Schriften (OTTO PöGGELER, Bochum) 214 BIBLIOGRAPHIE Abhandlungen zur Hegel-Forschung 1994 Zusammenstellimg und Redaktion: ANNETTE SELL, Bochum 223 OTTO PÖGGELER (BOCHUM) HEGELS ÄSTHETIK UND DIE KONZEPTION DER BERLINER GEMÄLDEGALERIE Als HEINRICH GUSTAV HOTHO 1835-38 Hegels Vorlesungen über die Ästhetik herausgab, hat er an einer Stelle Hegels Ausführungen auf den Vorlesungs- tag genau datiert. Danach sagte Hegel am 17. Februar 1829 über die Gemäl- degalerien: „Das zweckmäßigste für das Studium und den sinnvollen Ge- nuß wird deshalb eine historische Aufstellung sein. Solch eine Sammlung, geschichtlich geordnet, einzig und unschätzbar in ihrer Art, werden wir bald in der Bildergalerie des hier errichteten königlichen Museums zu be- wimdem Gelegerüieit haben, in welcher nicht nur die äußerliche Ge- schichte in der Fortbildung des Technischen, sondern der wesentliche Fort- gang der inneren Geschichte in ihrem Unterschiede der Schulen, der Ge- genstände und deren Auffassung und Behandlungsweise deutlich erkenn- bar sein wird."i HOTHO machte so deutlich, daß Hegel vor der Eröffnung des Berliner Museums im August 1830 die Konzeption der Gemäldegalerie genau karmte. In der Tat sind die Zeugnisse darüber zahllos, daß Hegel sich sofort nach seiner Ankunft in Berlin die dortigen Kunstschätze ansah, daß er überdies mit jenen verkehrte, welche für die Anlage der Gemäldega- lerie bestimmend wurden - so mit CARL FRIEDRICH VON RUMOHR und GUSTAV FRIEDRICH WAAGEN. Wenn Hegel von seiner Wohnung am Kupfergraben zur Universität ging, hatte er links neben sich auf der Spreeinsel den Neubau des Museums im Blick; trotzdem haben die Berliner es bis heute nicht für nötig gehalten, in der Trümmerstätte gegenüber dem Eingang zum Perga- monmuseum auf Hegels einstiges Haus am Kupfergraben hinzuweisen. Rechts sah Hegel das alte Zeughaus, und nach einer Wendung lagen Uni- versität, Akademie und Oper vor ihm. Wie die anderen europäischen Hauptstädte mußte nun auch die Hauptstadt Preußens, des neuen Mit- 1 Vgl. G. W. F. Hegel's Vorlesungen über die Ästhetik. Hrsg, von H. G. Hotho. Berlin 1835-38. 3. Band. 102. - Zum folgenden vgl. Kunsterfahrung und Kulturpolitik im Berlin Hegels. Hrsg, von O. Pöggeler imd A. Geüunann-Siefert. Bonn 1983. - Der hier mitgeteilte Beitrag entstand iimer- halb einer Kolloquiumsreihe der Fem-Universität Hagen, veranstaltet von A. Gethmarm-Sie- fert. 10 OTTO PöGGELER glieds der europäischen Pentarchie, sein Museum zu Kirche, Schloß und den älteren Bildungseinrichtungen stellen. Hegel hatte sich in seiner Jugend dem neuen Bild Griechenlands zuge- wandt, das maßgeblich durch WINCKELMANNS Liebe zu den plastischen Ge- stalten entworfen worden war. Doch konnte HOTHO am Anfang des Ästhe- tik-Abschnittes Die Malerei Hegels Äußerung mitteilen, daß ims die Skulp- turwerke der Alten zum Teil kaltlassen; „einheimischer" werde uns so- gleich bei der Malerei. In der Malerei trat nun aber nicht nur RAFFAEL neben die griechischen Bildhauer; vielmehr konnte das Berliner Museum den Flügeln des Genter Altars in der Gemäldegalerie einen zentralen Platz ge- ben. Hegel verglich diesen Altar mit dem Zeus von Olympia. Der Altar der Brüder VAN EYCK ist ein Allerheiligen- und Dreifaltigkeitsbild; Gott er- scheint nunmehr nicht als Herrschergestalt im Verein mit anderen Gestal- ten, sondern als ein Wir, das in der Gemeinde der Menschen, dem Reiche Gottes, wirkt. Hegel machte auf der Rückreise von Paris 1827 von Brüssel aus einen Abstecher nach Gent, um den dort verbliebenen Mittelteil dieses Altars zu sehen. Im Winter 1828/29 besuchte er noch während seiner Äs- thetik-Vorlesung, am 11. März 1829, die Aufführung von BACHS Matthäus- Passion, die sein Hörer FELIX MENDELSSOHN veranstaltete. Wie auf dem Mit- telstück des Genter Altars, so steht auch in dieser Passionsmusik das „Lamm" Gottes im Mittelpunkt; JESUS löst mit seinem Selbstopfer das Opfer unschuldiger Tiere ab und kann so als Christus die neue, die christliche Ge- schichte beginnen. Malerei und Musik bezeugen diesen Neubeginn und treten als „romantische" Künste zusammen.^ Der Genter Altar war als ganzer damals nur noch da in der kunsthistori- schen Rekonstruktion. Der Museumsdirektor WAAGEN hatte in einem ju- gendlichen Werk diese Rekonstruktion versucht; HOTHO, der dann sein Nachfolger werden sollte, trat später mit einem Album hervor, welches mittels der neuen fotografischen Möglichkeiten den Altar als ganzen vor Augen stellte. Hegel selbst mußte sich die Teile für die Anschauung noch in Gent und in Berlin zusammenholen. (Längst sind diese Teile wieder zu- sammengeführt worden, doch steht in der Kapelle des Stifterpaares in Gent nunmehr nur eine große, fotografieähnliche Reproduktion wie ein verblas- sendes Gespenst; um die Massenbesichtigung zu ermöglichen, steht der 2 Vgl. Vorlesungen über die Ästhetik. 3. Band. 38 f, 118. Zur Aufführung der Matthäus-Passion vgl. auch Hegel in Berichten seiner Zeitgenossen. Hrsg, von Günther Nicolin. Hamburg 1970. 392 ff. - Zum folgenden vgl. Gustav Friedrich Waagen: Über Hubert und Johann van Eyck. Breslau 1822. Hotho publizierte sein Eyck-Album 1861 nach den ersten Büchern über die altniederlän- dische Malerschule. Hegels Ästhetik und die Konzeption der Berliner Gemäldegalerie 11 Altar selbst in einer großen Kapelle am Turm von St. Bavo, und die Kunst hat endgültig über die Religion gesiegt.) In jedem Fall waren die alten Wer- ke als ganze oder eher in einzelnen Tafeln damals
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