Mitteleuropäische Orientbotanik des 19. Jahrhunderts am Beispiel des Österreichers Theodor Kotschy (1813–1866) Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf vorgelegt von Parissa Keshavarzi aus Teheran Düsseldorf, Oktober 2020 aus dem Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Gedruckt mit der Genehmigung der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Berichterstatter: 1. Prof. Dr. rer. nat. Frank Leimkugel 2. Prof. Dr. Dres. h. c. Peter Proksch Tag der mündlichen Prüfung: 09. Dezember 2020 Danksagung Viele Menschen haben mich bei der vorliegenden Arbeit unterstützt. Ihnen gilt mein besonderer Dank. Hierzu zählt als Erstes mein Betreuer, Herr Prof. Dr. rer. nat. Frank Leimkugel (Geschichte der Pharmazie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf), dem ich das Thema und seine langjährige Unterstützung zu verdanken habe. Insbesondere danke ich Herrn Prof. Dr. Lack (Berlin) für seinen Beistand und die wertvollen Beziehungen nach Berlin und Wien. Dankeswerterweise hat mich Herr Prof. Dr. Müller-Jahncke durch sein Ko-Lektorat unterstützt. Herrn Prof. Dr. Dres. h. c. Proksch gebührt gleichermaßen mein Dank für das freundliche Mentorat. Besonders zu Dank verpflichtet bin ich Frau Dr. Afsaneh Gächter (Wien) für die zeitaufwendige Begleitung und die Knüpfung von Kontakten in Österreich und im Iran. Frau Patricia Gerards (Waltrop) und Frau Laure Lecat (Le Cannet / F) leisteten mir Hilfe bei Korrekturen und Übersetzungen. Frau Wilhelmina Rechinger (Wien, gest. 2019) bereicherte meine Recherchen in einem freundlichen Telefonat mit wertvollen Informationen. Frau HR Prof. Mag. Dr. Christa Riedl-Dorn vom Naturhistorischen Museum Wien danke ich für Ihre Unterstützung bei der Suche nach Kotschys Pässen. Zudem gilt mein Dank allen Mitarbeitern*innen in den Archiven, die mir stets geduldig und freundlich Auskunft erteilt haben und auch weitere Tipps gaben: Herr Maisel (Archiv der Universität Wien), Frau Birkholz (Universitätsbibliothek Leipzig), Herr Rau (Universitätsbibliothek Freiburg), Herr Malicky (Oberösterreichisches Landesmuseum Biologiezentrum), Frau Seifert und Frau Hartleb (Universitätsarchiv der Friedrich-Schiller-Universität Jena), Herr Tauber (Wiener Stadt- und Landesarchiv), Herr Ballentin (Sammlung Perthes-Archiv, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha), Frau Dr. Hudler (Bibliothek der Zoologisch-Botanische Gesellschaft in Österreich), Frau Lorenz (Handschriftenabteilung, Referat, Nachlässe und Autographen Staatsbibliothek zu Berlin), Herr Christian Liedtke (Heinrich-Heine-Institut der Landeshauptstadt Düsseldorf Handschriftenabteilung, Archiv) und Herr Sienell sowie die Mitarbeiter*innen des Archivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Wien und der Bibliothek des Botanischen Gartens Wien. Nicht zuletzt waren mir Herr Pozdrawiam und Frau Beata Chlebek vom Kirchenamt Ustrón sowie Frau Fuhs vom Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf Wien außerordentlich behilflich. Frau Wioletta Mahooty stand mir freundlicherweise mit ihren polnischen Sprachkenntnissen zur Seite. Für ihre endlose Geduld und ihren Beistand danke ich meiner Familie. Zusammenfassung Mitteleuropäische Orientbotanik des 19. Jahrhunderts am Beispiel des Österreichers Theodor Kotschy (1813–1866) Theodor Kotschy wurde 1813 als ältester Sohn von zehn Kindern einer evangelischen Familie in Łódź im Schlesien der k. k. Monarchie geboren. Nach Schulabschluss begann er ein Theologiestudium an der Universität Wien, schlug jedoch nach gescheiterter Abschlussprüfung eine Laufbahn als Botaniker ein. Zunächst Volontär am botanischen Hofkabinett in Wien erhielt Kotschy 1847 eine Festanstellung. 1852 stieg er vom Assistenten zum Kustos-Adjunkt auf. Im Auftrag des Naturalienkabinetts wie auch auf Anweisung der Akademie der Wissenschaften unternahm er von 1836 bis 1862 insgesamt sechs (bzw. fünf) Reisen in den Orient – in zum Teil noch unerschlossene Gebiete, die er bewusst gewählt hatte. Sein Ziel war es nicht zuletzt, mit der Erforschung der Natur und fremder Ethnien in fernen Ländern, deren Geschichte weit zurückreichte, den eigenen Horizont zu erweitern. Im Orient sah er den Ursprung der klassischen Bildung und des Christentums, die „Wiege der westlichen Kultur“. Dass die vielfältige Landschaft, die Flora und Fauna der bereisten Länder eine besondere Faszination auf ihn ausübten, ist seinen Aufzeichnungen zu entnehmen. Auf seinen ausgedehnten Expeditionen kamen ihm sein sprachliches Talent – er beherrschte sechs Sprachen – und die ihm eigene Beharrlichkeit zugute. Sein Wissensdrang, seine Anpassungsfähigkeit und sein respektvoller Umgang mit der einheimischen Bevölkerung trugen zu seinem Finderglück bei. Mit seinen auf den Expeditionen angelegten Sammlungen und Notizen leistete Kotschy als Begründer der Orientbotanik am Wiener Naturhistorischen Museum einen wichtigen Beitrag zu den neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen seiner Zeit. Weder Strapazen noch Gefahren oder finanzielle Probleme konnten ihn davon abhalten, sich auf weitere Fernreisen zu begeben, um die Wissenschaft durch seine Forschungen zu bereichern. 1858 wurde er promoviert. Da erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts religiöse Minderheiten wie Juden und Protestanten eine staatliche Position bekleiden oder an einer Hochschule lehren durften, war es ihm aufgrund seines religiösen Bekenntnisses nicht möglich, in Österreich zu angemessenem Rang und Namen zu kommen. Folglich blieb er zeitlebens Kustos-Adjunkt und ging mit Blick auf seine Einkommenslage keine Ehe ein und blieb kinderlos. Unterstützung materieller und ideeller Natur fand er bei Kollegen und Vorgesetzten sowie bei einem Netzwerk von Schirmherren und Förderern wie u. a. dem Esslinger Botanischen Reiseverein. Kotschys Verdienste fanden nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen Beachtung, seine Kontakte und Bekanntschaften reichten von Botanikern und Forschern bis hin zu prominenten politischen Größen seiner Zeit. Er übertraf seine Mitstreiter durch das Ausmaß und die Qualität seiner Sammlungen, die Zahl an neu entdeckten Spezies sowie seine präzise Etikettierung. Hierbei beschränkte er sich nicht nur auf die Flora der bereisten Regionen, sondern befasste sich auch mit der Tiergeografie. Seine zoologischen Präparate zählen zu den bedeutendsten der Welt. Zudem wurde Kotschy durch seine Kartenverbesserungen, Höhenmessungen und Gebirgsstudien, die er in seinen Schriften dokumentierte, bekannt. Unter seinen Publikationen befinden sich beachtenswerte Werke. Theodor Kotschy zeichnete sich auch durch seine Bescheidenheit und Umgänglichkeit aus. Sein Charakter war laut Aufzeichnungen von Zeitgenossen energisch, aber tadellos. Da er durch seine Reisen als profunder Kenner des Orients galt, wohin er freundschaftliche Beziehungen und sowohl wissenschaftlich als auch politisch wertvolle Verbindungen unterhielt, trauten ihm einflussreiche Naturforscher wie Carl Ritter zu, eine Brücke der Zivilisation vom Orient zum Okzident schlagen zu können. Von Kotschys Eifer als Sammler zeugen heute noch u. a. die Bestände des Naturhistorischen Museums Wien und des Königlich Ungarischen Nationalmuseums. Abstract Central European oriental botany of the 19th century using the example of the Austrian botanist Theodor Kotschy (1813–1866) Theodor Kotschy was born in 1813 as the eldest son of ten children of a Protestant family in Łódź in Silesia of the k. k. Monarchy. After finishing school, he began studying theology at the University of Vienna, however, after failing the final exam, he started a career as a botanist. After starting out as a volunteer at the botanical court cabinet in Vienna, Kotschy received a permanent position in 1847. In 1852 he rose from assistant to curator-adjunct. On behalf of the Natural History Cabinet as well as following the instructions of the Academy of Sciences, he made a total of six (respectively five) trips to the Orient from 1836 to 1862 ‒ in areas that are still partially undeveloped and that he deliberately chose. Lastly, his aim was to broaden his own horizon by exploring nature and learning about foreign ethnic groups in distant countries with history going back centuries. In the Orient he saw the origin of classical education and Christianity, the "cradle of western culture". The fact that he was particularly fascinated by the diverse landscape, the flora and fauna of the countries he visited can be seen in his notes. On his extensive expeditions his linguistic talent, him speaking six languagesas well as his own perseverance benefited him. His thirst for knowledge, his adaptability and his respectful treatment of the local population contributed to his personal success. With his collections created on the expeditions and his notes Kotschy, as the founder of oriental botany at the Vienna Natural History Museum, made an important contribution to the new scientific knowledge of his time. Neither hardships nor dangers nor financial problems could stop him from going on further long-distance journeys to enrich science through his research. In 1858 he received his doctorate. Since he was part of a religious minority and those were only allowed to occupy a stately position to teach in university from the second half of the 19th century onward he was hindered from gaining a respectable rank and name in Austria. As a result, he remained custodian adjunct throughout his life and due to his income he did not marry and had no children.
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