Universität Zu Köln Philosophische Fakultät Kunsthistorisches Institut

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UNIVERSITÄT ZU KÖLN PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT KUNSTHISTORISCHES INSTITUT Abhandlung zur Erlangung des Doktorgrades der philosophischen Fakultät der Universität zu Köln Korrelationen des Polaroids: Über das mediale Dispositv der Sofortbildfotografie vorgelegt von Denise Wiedner geboren in Haltern am See angenommen auf Antrag von Frau Prof. Dr. Ursula Frohne Herrn Prof. Dr. Stefan Grohé Herrn Prof. Dr. Nobert Nußbaum Herrn Prof. Dr. Hanjo Berressem Köln, August 2016 Die Dissertation ist auf dem Kölner Universitäts Publikations Server (KUPS) http://kups.ub.uni-koeln.de abrufbar. In dieser Ausgabe wird aus rechtlichen Gründen auf Abbildungen verzichtet. Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 1 1.1 Darstellung und Konzeption der Arbeit 1 1.2 Forschungsstand 10 1.3 Geschichtlicher Einblick in die Entstehung der Polaroidfotografie 15 2 Polaroid 19 2.1 Firmengeschichte 19 2.2 Polaroid Collection 23 2.3 Funktionalität und technische Gegebenheiten 31 3 Konstitutive Merkmale des Polaroids und Konsequenzen des Gebrauchs 38 4 ZEIT – RAUM – UNMITTELBARKEIT 50 4.1 Überlegungen zur Zeitlichkeit der Polaroidfotografie 50 4.2 Polaroids im Kontext performativer Künste 60 4.2.1 Dieter Roth – Instantane Selbstbefragungen 60 4.2.2 Erwin Wurm – One Minute Sculptures 70 4.3 Oliviero Toscani – Der doppelte „Es-ist-So-gewesen“-Effekt 85 4.4 David Hockney – Sehen in Etappen 97 5 ORIGINAL – UNIKAT – EINMALIGKEIT 109 5.1 Das Polaroid als Unikat – Die mediale Logik der Singularität 109 5.2 Andy Warhol – Das Polaroid als „mini-factory“ 119 Exkurs: Automaten und die Spur des Apparats – ein Vergleich der Mediensysteme Fotofix und Polaroid 137 5.3 Ansel Adams – Die Abkehr vom Unikat 151 5.4 Ming Wongs manipulierte Nostalgie 166 Exkurs: Techniknostalgie und Respektabiltät eines tot gedachten Mediums 174 5.5 Das Abbild als Konstrukt – John O’Reillys Polaroidmontagen 184 Exkurs: Mediale Verfremdungen und Manipulationen 197 5.6 Lucas Samaras – Photo-Transformations 202 6 ÄUßERE ERSCHEINUNG – KÖRPERLICHKEIT – PLASTIZITÄT 213 6.1 Das Polaroid als Objekt – Format und Rahmen 213 6.2 Horst Ademeits Medienkombinationen 222 6.3 Vom Zerlegen der Bilder – Hannah Villigers Skulpturen mit Fotografie 232 7 INNERE ERSCHEINUNG – BILDÄSTHETIK 244 7.1 Stefanie Schneider – Dekonstruktion und Kopie als Strategie 245 7.2 Marlene Dumas – Das Polaroid als Krücke 256 8 Conclusio 271 9 Literaturverzeichnis 278 10 Abbildungsnachweis 305 11 Abbildungen 1 Einführung 1.1 Darstellung und Konzeption der Arbeit Das medienwirksame Insolvenzverfahren der Firma Polaroid im Jahr 2008 gab einen entscheidenden Anstoß für die vorliegende Erarbeitung, da neben dem Interesse an den medialen Bedingungen per se zunächst auch eine feste Zeitspanne für die Untersuchung des Sofortbildmediums gegeben schien.1 Die Firma Polaroid konnte zu diesem Zeitpunkt ebenso auf eine fast 70-jährige Erfolgsgeschichte mit zahlreichen Entwicklungssträngen und innovativen Verbesserungen der technischen Möglichkeiten zurückblicken, wie auf unzählige Menschen jeden Kontinents, die sich der Sofortbildfotografie sowohl laienhaft als auch künstlerisch bedient hatten. In den frühen Jahren zählten Ansel Adams und Philippe Halsman zu den begeisterten Anhängern, in der Folgezeit schlossen sich etwa Andy Warhol, David Hockney oder Lucas Samaras an und bis heute scheint die Reihe der künstlerischen Positionen – verkörpert etwa durch Stefanie Schneider oder Ming Wong – nicht enden zu wollen. Der künstlerisch ambitionierte Umgang mit der Polaroidfotografie, die sich verstärkt ab den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts offenbart, steht im Zentrum vorliegender Arbeit. Dabei liegt die Präferenz zum einen auf dem „neuen Interesse an der Schnappschussästhetik“2 des Polaroids, dem nicht selten nostalgische Ansprüche zugrunde liegen3, zum anderen aber rückt die wissenschaftliche Auseinandersetzung in den Fokus, die ein bereits tot geglaubtes Medium betrachtet.4 Das Polaroid ist mit verschiedenen Funktionen – von der Vorlage über die Dokumentation oder die fotografische Selbsterkundung bis hin zum konstitutiven Bindeglied beim performativen Akt – belegt, sodass seine Gebrauchsweisen und Erscheinungsformen aufzeigen, wie ein technisch vereinfachtes Medium, das auf formaler Ebene grundsätzlich simultane Ergebnisse liefert, in facettenreiche Strategien und künstlerische Konzepte eingebunden wird. Und obwohl der „digital turn“, der die Fotografie konsensuell verändert 1 Tatsächlich konnte die Firma Polaroid eine vollständige Insolvenz abwenden und vertreibt seit dem Produktionsstopp 2010 erneut sämtliche Instantprodukte. 2 Greta Lorez: Comeback des Polaroids, in: http://www.monopol-magazin.de/artikel/20103057/polaroid- ausstellunge-analoge-digitale-fotografie.html [20.12.2011]. 3 Der grundlegende Impuls der mit Polaroid arbeitenden Künstler kann jedoch nicht allein darin liegen einen Renaissance-Gedanken zu verfolgen. 4 Vgl. Rolf Nohr: A Dime – A Minute – A Picture. Polaroid & Fotofix, in: Leander Scholz/Petra Löffler (Hg.): Das Gesicht ist eine starke Organisation, Tagungsband der Konferenz des SFB 427 zur Medialität des Gesichts, Köln 2004, S. 160-180. 1 und dazu geführt hat, dass nicht wenige Stimmen von der „Fotografie nach der Fotografie“ 5 sprechen, unlängst stattgefunden hat, ist die rückwärtsgewandte Auseinandersetzung mit der in heutigen Tagen nahezu antiquiert wirkenden Technik der Sofortbildfotografie vor allem daher von Bedeutung, als dass sie nicht nur auf die Fotografiegeschichte verweist, indem ihre Kunstwürdigkeit – vor allem im Konkurrenzverhältnis zur Malerei, eine Debatte die bereits im 19. Jahrhundert virulent war – erneut befragt wird, sondern in einer medialen Simplizität ebenso die theoretischen und rhetorischen Figuren wie Index, Original und Unikat sowie den Akt des Fotografierens an sich aufs Neue tangiert. Mit der Historizität des Polaroids wird ein erweitertes Bewusstsein auf diese fototheoretischen Echo-Effekte ausgelöst, das zudem von der stets aufflackernden Legitimierungsdebatte um die Kunstwürdigkeit der Fotografie respektive der Polaroidfotografie flankiert wird. Dabei ist der Disput um die Nobilitierung der Fotografie zwar ebenso alt wie die Fotografie selbst, denn mit ihrer Entstehung und Verbreitung im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts beginnen die Diskussionen um den Stellenwert und die Bewertungen im künstlerischen Kontext, doch „kommen die Maßstäbe der kunstkritischen Beurteilung der Fotografie nicht erst durch die Fotografie in die Welt“, sondern sind vielmehr „Ergebnis einer breiten Bewegung gleichgerichteter Energien in Weltanschauung, Kunst, Wissenschaft und Ökonomie“ 6 . Letztendlich ist es nicht die Fotografie als Resultat eines fotografischen Aktes, sondern die Apparatur, die Kamera selbst, eine von Menschenhand bediente Maschine, welche eine erste Angriffsfläche auf den Kunstcharakter der Fotografie bietet und Quintessenz jeder diesbezüglichen Auseinandersetzung zwischen 1835 und der Mitte des 20. Jahrhunderts zu sein scheint. „Ungeachtet der Intentionen der Fotografen, haftete dem fotografierten Bild das Stigma technischen Machwerks an“7, das mit der Sofortbildfotografie in so vielfach potenzierter Weise in Erscheinung tritt. Möglicherweise aus diesem Grund haben nur wenige Künstler8 die Polaroidfotografie „wirklich ernst genommen und seriös damit gearbeitet“9. Vordergründig ist es natürlich das Instantane, auf das bereits der Name der Sofortbildfotografie verweist, das den Blickwinkel der Untersuchung verändert und gerade 5 Exemplarisch: Hubertus v. Amelunxen: Fotografie nach der Fotografie, München 1995. 6 Wolfgang Kemp: Theorie der Fotografie 1839-1912, in: Ders./Hubertus v. Amelunxen, Theorie der Fotografie, Bd. I, München 1980, S. 13-45, S. 13. 7 Enno Kaufhold: Bilder des Übergangs, Zur Mediengeschichte von Fotografie und Malerei in Deutschland um 1900, Marburg 1986, S. 11. 8 Im Sinne der besseren Lesbarkeit und der Einheitlichkeit sind Begrifflichkeiten wie "Künstler", „Fotograf“ oder "Betrachter" zwar ausschließlich in der männlichen Form aufgeführt, inkludieren aber immer auch die weibliche Form. 9 Thomas Weski, zit. nach: Sandra Danicke: Goodbye, Polaroid, in: art – Das Kunstmagazin, Nr. 7, 2008, S. 20-27, S. 27. 2 die indexikalische Präsenz des Polaroids als mediales Surplus hervortreten lässt. Vor allem ist es der Umstand einer nicht vorhandenen Negativität10 des Mediums – unter diesem Aspekt der Digitalfotografie nicht unähnlich –, die weder der Dunkelkammer noch einem exklusierten Entwicklungsprozess bedarf und somit das, was „an der Fotografie Verfahren ist – Präparation, Ausführung, Prozessierung etc. –, der Zuständigkeit des Operators“11 gänzlich entzieht und dessen Aktivität einzig auf den Druck auf den Auslöser beschränkt. Polaroid- und Digitalfotografie ist neben der Möglichkeit des „vergleichenden Sehens“12 gemein, dass ihnen kein Negativ antezediert, sie sich gleich als Positiv offenbaren. Der Sofortbildfotografie bleibt dabei aber, divergent jeglicher digitaler Fotografietechniken, eine auf Chemikalien beruhende Transformation inhärent, die sich wiederum in Abgrenzung zur herkömmlichen Analogfotografie unweigerlich in Gang setzt. Während der Digitalfotografie jegliches „Werden“ fehlt und Veränderungen nur noch im „Danach“ vorgenommen werden können, bietet das Polaroid – wenn auch nur für einen überschaubaren und zugleich auch beschaubaren Moment – die Möglichkeit einer Manipulation im „Dazwischen“. Das Polaroid verkörpert mitunter durch seine sichtbare Bildwerdung den ultimativen Abdruck „talbotscher Prägung“13, indem es nicht nur den vom englischen Fotografiepionier geäußerten Anspruch

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